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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Staats- und Bürgerkunde - S. 58

1910 - Wittenberg : Herrosé
58 29. Die Rechte und Pflichten des Staats- bürgers. Jeder Bürger im Staate hat den Schutz für seine persönliche Freiheit, sein Vermögen, seine Teilnahme an der Arbeit für die Wohlfahrt des Staates zu beanspruchen. Diese Rechte fallen mit der Staatsangehörigkeit zusammen. Seine bürgerlichen Rechte können durch richterliches Urteil aberkannt werden. Dadurch verliert der Betreffende die aus öffentlichen Wahlen hervorgehenden (Stadtverordneter, Landtags- und Reichstags- abgeordneter usw.) Rechte, Ämter, Würden, Titel, Ehrenzeichen und für die Dauer das Recht, 1. die Landeskokarde zu tragen, 2. in das Heer einzutreten, 3. öffentliche Ämter, Würden, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen, 4. in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben, 5. Zeuge bei der Aufnahme von Urkunden zu sein, 6. Vormund, Rebenvormund, Pfleger, gerichtlicher Beistand zu sein. Wer Zuchthausstrafe gehabt hat, ist ohne weiteres vom Heeresdienste und der Bekleidung öffentlicher Ämter ausgeschlossen. Daher hüte sich ein jeder vor Missetaten, die den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben, er ist für sein ganzes Leben gebrandmarkt. Die Rechte nach der Verfassung sind im einzelnen: a) Gleichheit vor dem Gesetz. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind für alle dazu Befähigten zugänglich. b) Gewährleistung der persönlichen Freiheit. Jeder Bürger ist frei und darf nur auf Grund eines richter- lichen Befehls in seiner Freiheit beschränkt, d. h. verhaftet verden. Rur in Ausnahmefällen hat die Polizei das Recht, eine sofortige Verhaftung vorzunehmen. Wer einen anderen widerrechtlich in seiner persönlichen Freiheit beschränkt, wird wegen Freiheits- beraubung bestraft, also auch der Polizeibeamte, der jemand unberechtigterweise verhaftet. Mit der persönlichen Freiheit hängt die Freizügigkeit, die Freiheit der Auswanderung zusammen. Sie kann nur im Inter- esse der Sicherheit des Landes, also in bezug auf den Heeres- dienst beschränkt werden.

2. Staats- und Bürgerkunde - S. 61

1910 - Wittenberg : Herrosé
61 der Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus in Halle, welches der fromme Francke gestiftet hat, der aucf) nicht sagte: „Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" »■ H°r». c) Unverletzlichkeit der Wohnung. Auch die Wohnung ist unverletzlich. Man nennt dies das Hausrecht. Haussuchungen dürfen nur in Ausnahmefällen auf richterliches Urteil vorgenommen werden. Dagegen darf die Wohnung durchsucht werden, wenn es gilt, einen Verbrecher 31t ergreifen oder Straftaten zu ermitteln. d) Freiheit des religiösen Bekenntnisses. Wir haben in unserem Vaterlande evangelische und katholische Christen, wir haben eine Menge religiöser Sekten, dazu eine Menge Juden. Alle dienen Gott in ihrer Weise. Das religiöse Bekenntnis ist vollständig frei, wie Friedrich der Große sagte: „In meinem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden." Voraussetzung dabei ist, daß nicht etwa der Staat durch das Religionsbekenntnis leidet, indem beispielsweise die Religion ihren Bekennern den Waffen- und Kriegsdienst verbietet (Mennoniten). e) Freiheit der Wissenschaft und Lehre. Hieraus darf noch nicht gefolgert werden, daß ein jeder nach Belieben Unterricht erteilen, Schulen einrichten darf, sondern nur, wer die sittliche und wissenschaftliche Befähigung dazu hat. Der Staat beaufsichtigt das ganze Unterrichtswesen, die Lehrer sind öffentliche Beamte. Für den grundlegenden Unterricht ist der Schulzwang vor- gesehen, alle Eltern bzw. Vormünder sind verpflichtet, die Kinder in die Volksschule zu schicken. Wenn die Wissenschaft und Lehre gegen die Strafgesetze verstößt, so muß sie verboten werden. f) Recht der freien Meinungsäußerung. Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Druck, Schrift, Bild usw. frei zu äußern. Die Zensur ist aufgehoben. Die Preßfreiheit ist für das gesamte Deutsche Reich gestattet. Damit ist aber doch nicht schrankenlose Freiheit gemeint, sondern wenn die Reden, Schriften, Bilder usw. gegen den Bestand des Staates, gegen Ehre und Ansehen regierender Personen, gegen Religion und gute Sitten verstoßen, kommen sie mit den Straf- gesetzen in Berührung, und das Recht der freien Meinungs- äußerung ist beschränkt. Auf jeder Schrift muß daher Druckerei und Verleger an- gegeben sein, bei jeder Zeitung auch der verantwortliche Redakteur. Der Polizeibehörde muß ein Exemplar zugestellt werden. i?) Das Versammlungs- und Vereinsrecht. In der Verfassung wird uns das Recht eingeräumt, Vereine zu bilden und Versammlungen abzuhalten. Während bis jetzt

3. Staats- und Bürgerkunde - S. 69

1910 - Wittenberg : Herrosé
69 zur Rechenschaft gezogen werden. Durch „Resolutionen" werden ihnen die Wünsche zur Befolgung mitgeteilt. Sie haben aber dann unbedingt Folge zu leisten, wenn der König es genehmigt. Jeder Minister ist in seinen Anordnungen unabhängig. Jedes Ministerium ist in mehrere Abteilungen geteilt. An der Spitze jeder Abteilung steht ein Ministerialdirektor, dem zur Seite eine Reihe von Geheimräten stehen. Das Staatsministerium ist das Kollegium der Minister, das unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten Beratungen hält. Für diese Verhandlungen sind bestimmt: 1. Entwürfe zu neuen Gesetzen und deren Abänderung, Ver- waltungspläne. Es mutz vollständige Übereinstimmung herrschen; 2. Begründung einer Regentschaft; 3. Erlatz der Notverordnungen (Verordnungen im Falle einer Notlage des Staats); 4. Verhängung des Belagerungszustandes über einen Ort bzw. über ein Gebiet; 5. Auflösungen von Gemeindevertretungen; 6. Letzte Entscheidung über Disziplinarstrafen für Beamte. Wenn das Staatsministerium unter dem Vorsitze des Königs tagt, so heitzt es Kronrat. Gegenwärtig haben wir folgende Ministerien: 1. Der auswärtigen Angelegenheiten. Dieses Ministerium regelt die Beziehungen unseres Staates zu den anderen Mächten. Daher sind diesem Minister die Botschafter, Gesandten, Konsuln usw. unterstellt. 2. Des Krieges. Ihm ist die Verwaltung des ganzen Heer- wesens übertragen. 3. Des Kultus der geistlichen, Unterrichts- und^Medizinal- Angelegenheiten. Hier werden sämtliche Angelegenheiten der Kirchen, Schulen und Medizinal- oder Gesundheitsangelegenheiten erledigt. 4. Der Justiz. Ihm gehört die Rechtspflege im Staate; sämtliche Gerichte, Rechtsanwälte usw. hat es in ihrer Tätigkeit zu überwachen und zu leiten. 5. Des Innern. Hier werden sämtliche Verwaltungs- angelegenheiten, die das innere Wohl des Staates betreffen, das Polizeiwesen, das Verwaltungswesen erledigt. 6. Der Finanzen. Zu dem Arbeitsgebiet dieses Ministeriums gehört das gesamte Steuerwesen. 7. Für Handel und Gewerbe. Ihm gehört die Pflege des Handels und des Gewerbes mit allen Einrichtungen. Für das Gewerbe ist besonders das Landes-Gewerbeamt eingerichtet, welches besonders das gewerbliche Fach- und Fortbildungsschul- wesen leitet und überwacht. 8. Der Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Aus dem Namen geht schon der Kreis seiner Tätigkeit hervor.

4. Staats- und Bürgerkunde - S. 75

1910 - Wittenberg : Herrosé
75 Falle muß aber innerhalb 60 Tagen eine Neuwahl von der Regierung ausgeschrieben werden. Jeder Abgeordnete hat ein Recht auf Ersatz der Reise- kosten und die Auszahlung von Tagegeldern. Ein Verzicht darauf ist unstatthaft. Er genießt ferner das Recht der Redefreiheit und darf wegen Äußerungen, die er bei den Beratungen macht, nicht zur Rechenschaft gezogen werden, ebensowenig wegen der Abstimmungen. Damit die Abgeordneten unbehindert und unbehelligt an den Beratungen teilnehmen können, sollen sie während der ^itzungs- zeit wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung nicht verfolgt werden, es sei denn, daß sie auf frischer Tat ertappt oder am Tage nachher ergriffen werden. Ist das Strafverfahren bereits vor Eröffnung des Landtags eingeleitet, so muß es auf Antrag des Hauses bis zum Ablauf der Sitzungsperiode aufgeschoben werden. Die Mitglieder beider Häuser des Landtages haben bei ihrem Eintritt das eidliche Gelübde abzulegen, daß sie dem Könige Treue und Gehorsam bewahren und die Verfassung gewissenhaft beobachten werden. B.: Wie entstehen in Preußen Gesetze? 36. Aus der Verfaffungsurkuude für den Preußischen Staat. Vom 31. Januar 1850. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen rc. k. thun kund und fügen zu wissen, daß Wir, nach- dem die von Uns unterm 6. Dezember 1848 vorbehaltlich der Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung verkündigte und von beiden Kammern Unseres Königreichs anerkannte Verfassung des Preußischen Staats der darin angeordneten Revision unter- worfen ist, die Verfassung in Übereinstimmung mit beiden Kam- mern endgültig festgestellt haben. Wir verkünden demnach dieselbe als Staatsgrundgesetz, wie folgt: Titel I. Vom Staatsgebiete. Artikel 1. Alle Landesteile der Monarchie in ihrem gegen- wärtigen Umfange bilden das Preußische Staatsgebiet. Ärtikel 2. Die Grenzen dieses Staatsgebiets können nur durch ein Gesetz verändert werden. Titel Ii. Von den Rechten der Preußen. _ Artikel 4. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind,

5. Staats- und Bürgerkunde - S. 76

1910 - Wittenberg : Herrosé
76 unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen, für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Artikel 6. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. Die Bedingungen und Formen, unter welchen eine Beschränkung derselben, insbesondere eine Verhaftung zulässig ist, werden durch das Gesetz bestimmt. Artikel 6. Die Wohnung ist unverletzlich. Artikel 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter ent- zogen werden. Artikel 9. Das Eigentum ist unverletzlich. Artikel 11. Die Freiheit der Auswanderung kann von Staats wegen nur in bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden. Artikel 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häus- lichen und öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet. Der Genutz der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unab- hängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religions- freiheit kein Abbruch geschehen. Artikel 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Artikel 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffent- liche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Minder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Artikel 23. Alle öffentlichen und Privatunterrichts- und Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate er- nannter Behörden. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staatsdiener. Artikel 27. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Zensur darf nicht eingeführt werden; jede andere Be- schränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung. Artikel 28. Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach den all- gemeinen Strafgesetzen zu bestrafen. Artikel 29. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vor- gängige obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln. Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter freiem Himmel, welche auch in bezug auf vorgängige obrigkeit- liche Erlaubnis der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind. Artikel 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen

6. Staats- und Bürgerkunde - S. 77

1910 - Wittenberg : Herrosé
77 Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesell- schaften zu vereinigen. Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden Artikel (29) gewährleisteten Rechts. Artikel 32. Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu. Petitionen unter einem Gesamtnamen sind nur Behörden urtb Korporationen gestattet. Artikel 33. Das Briefgeheimnis ist unverletzlich. Artikel 34. Alle Preußen sind wehrpflichtig. Den Um- fang und die Art dieser Pflicht bestimmt das Gesetz. Titel Hi. Vom Könige. Artikel 43. Die Person des Königs ist unverletzlich. Artikel 44. Die Minister des Königs sind verantwortlich. Alle Regierungsakte des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines^ Ministers, welcher dadurch die Verantwort- lichkeit übernimmt. Artikel 45. Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die Minister. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Aus- führung nötigen Verordnungen. Artikel 46. Der König führt den Oberbefehl über das Heer. Artikel 47. Der König besetzt alle Stellen im Heere, so- wie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, sofern nicht das Gesetz ein anderes verordnet. Artikel 48. Der König hat das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, auch andere Verträge mit fremden Regierungen zu errichten. Letztere bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Kammern, sofern es Handelsverträge sind, oder wenn dadurch dem Staate Lasten oder einzelnen Staats- bürgern Verpflichtungen auferlegt werden. Artikel 49. Der König hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung. Artikel 50. Dem Könige steht die Verleihung von Orden und anderen mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeich- nungen zu. Er übt das Münzrecht nach Maßgabe des Gesetzes. Artikel 61. Der König beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen. Er kann sie entweder beide zugleich oder nur eine auflösen. Es müssen aber in einem solchen Falle innerhalb eines Zeitraums von 60 Tagen nach der Auflösung die Wähler, und innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen nach der Auf- lösung die Kammern versammelt werden.

7. Staats- und Bürgerkunde - S. 80

1910 - Wittenberg : Herrosé
80 37. Übersicht über die Verwaltung des Preußischen Staates. Staatliche Verbände: An der Spitze steht: Diesem zur Seite stehen: Selbstverwal- tungsorgane : Der Geschäfts- träger ist: Der Guts- bezirk: Der Gutsvor- steher. Die Dorfge- meinde: Der Gemeinde- vorsteher. Die Schöffen. Die Gemeinde- versammlung. Der Gemeinde- vorsteher. Die Stadt- gemeinde: Der Bürger- meister. Der Magistrat. Die Stadtver- ordneten- versammlung. Der Stadtver- ordnetenvor- steher. Der Stadt- kreis: Der Erste (Ober-) Bürgermeister. Der Magistrat. Der Stadt- ausschutz. Der Stadtver- ordnetenvor- steher. Der Land- kreis : Der Landrat. Der Kreis- ausschutz. Der Kreistag. Kreis-Aussch.- Sekretär. Der Regie- rungsbezirk: Der Reg.- Präsident. Der Bezirks- ausschutz. Handels- u. Ge- werbekammer. Der Syndikus. Die Provinz: Der Ober- Präsident. Der Provin- zialrat. Provinzial- Landtag. Der Landes- direktor. Der Staat: Der König. Staatsrat, Ministerien, Herrenhaus. Landtag. Das Prä- sidium. Aus Schenks Merkbuch. Vm. Der Beamte. 38. Der Beamte. Die Helfer des Staates bei der Ausführung der nützlichen Maßnahmen find die Beamten. Gehören die einzelnen Beamten einer größeren Gruppe an, die ein gemeinsames Gebiet zu be- arbeiten haben, so haben wir es mit einer Behörde zu tun. Jedem Beamten ist ein ganz bestimmter Teil der Ausübung der Staatsgewalt zugeteilt. Er steht mit dem Staate in einem Ver- trags- und Dienstverhältnis. Bei ihm besteht eine besondere Gehorsams-, Treue- und Dienstpflicht. Daher leistet er seinen Diensteid dem Könige auf die Verfassung. Der Amtseid enthält das ausdrückliche Gelöbnis, daß sie die Verfassung gewissenhaft

8. Staats- und Bürgerkunde - S. 84

1910 - Wittenberg : Herrosé
84 geteilte Arbeit gewonnen, „denn wir sie davor bezahlen, daß sie arbeiten sollen", sagte Friedrich Wilhelm l. So drangen im Interesse des Staates allmählich zwei Grund- sätze durch, die unserem Berufsbeamtentum das charakteristische Gepräge gegeben haben: die freie Verwendbarkeit und die freie Auswahl der Beamten. Zuerst wurde der Grundsatz der freien Versetzbarkeit durch- gedrückt; ganz allmählich, dann grundsätzlich kamen nur fremde Beamte in die Provinz. Die Beamten sollten nicht „mit den Junkers Bande machen", sagte Friedrich Wilhelm I. So kam endlich Ordnung in die Zustände. Der unbefähigte Junker durfte nicht mehr das Amt übernehmen, sondern der eigens dafür vor- gebildete und erzogene Beamte. Auf diese Weise entstand ein besonderer Stand der Beamten. Friedrich der Große sah es gerne, wenn Söhne von Beamten wieder Beamte wurden. So hat allmählich das Beamtentum den Preußischen Staat groß machen helfen. Aber in diesen Vorgängen stecken zugleich auch die Fehler, die darin bestehen, daß auf diese Weise der Beamte dem wirklichen Volksleben fremd wird, keinen Anteil mehr daran nimmt und die ganze Welt nach seiner Arbeit am Schreibpult einrichten möchte. Das hat zu bösen Folgen geführt. Der Zusammenbruch des Preußischen Staates 1806 wurde als ein Bankerott des Berufsbeamtentums erklärt. Die innere Ver- waltung hat ja die Schuld mit getragen, aber das lag nicht in dem Beamtentum, sondern darin, daß in der Verwaltung keine Einheitlichkeit mehr herrschte. Solange Friedrich der Große lebte, war die Einheit in seiner Person gegeben. Unter seinen Nach- folgern ging sie verloren. Freiherr v. Stein sieht darin den Hauptgrund des Verfalls: „In der Verwaltung", sagt er, „hat sich ein einseitiger Geist ausgebildet, es werden entgegengesetzte Grundsätze zu derselben Zeit, in demselben Geschäftszweig, an verschiedenen Orten angewendet, so daß es wegen dieser fehlenden Einheit unmöglich ist, allgemeine Maßnahmen zu ergreifen und auszuführen." Es sollte mit den neuen Gesetzen mehr Einheit in den Staatsbetrieb hineinkommen. Damit nun auch der praktische Gesichtspunkt des Laien zur Ausnutzung gelange, und den Theoretiker ergänze, sind auf dem Gebiete der Selbstverwaltung die Behörden mit Berufsbeamten und Laienchesetzt, damit die Arbeiten dem Leben nützlich und förderlich werden. Besonders ist von den Beamten die rechtliche und all- gemein nützliche Seite, von den Laien die praktisch durchführbare Seite zum Ausdruck zu bringen. Stein sagt: „Die Verwaltung soll nicht durch den toten Buchstaben des formalen Geschäftsganges allein, sondern auch durch Männer, welche die Behörden aus dem praktischen Leben und der Nation selbst in ihrer Mitte haben, lebendiger auf und für die Nation wirken." Zur Begründung sagt er: „Die Durchsetzung der Behörden

9. Staats- und Bürgerkunde - S. 86

1910 - Wittenberg : Herrosé
86 Gefühl, daß er es nicht nur vertrug, sondern sich gehoben fühlte durch den Gedanken, einen energischen und mächtigen Diener zu haben. Er war zu vornehm für das Gefühl eines Edelmanns, der keinen reichen und unabhängigen Bauern im Dorfe vertragen kann. Nicht einen Augenblick kam ihm der Gedanke einer Eifer- sucht auf seinen Diener und Untertanen in den Sinn, und nicht einen Augenblick verließ ihn das königliche Bewußtsein, der Herr zu sein, ebenso wie bei mir alle Huldigungen das Gefühl, der Diener dieses Herrn zu sein, und mit Freuden zu sein, in keiner Weise berührten. Diese Beziehungen und meine Anhänglichkeit hatten ihre Begründung in einer überzeugungstreuen Anhänglichkeit an das Königshaus; aber in der Art wie sie vorhanden war, ist sie doch nur möglich unter der Einwirkung einer gewissen Gegenseitigkeit des Wohlwollens zwischen Herrn und Diener, wie unser Lehnrecht die ,Xreue‘ auf beiden Seiten zur Voraussetzung hatte. Solche Beziehungen, wie ich sie zum Kaiser Wilhelm hatte, sind persönlich, und sie wollen von dem Herrn sowohl wie von dem Diener, wenn sie wirksam sein sollen, erworben sein." 23.: Eine Bismarckrede. Bismarck: Gedanken und Erinnerungen. Ii. 41. Der bekehrte Stiefelknecht. 2n der Schreibstube des Amtsmanns stand ein Stiefelknecht, der brummte unzufrieden vor sich hin: „Es ist doch ein jämmerlich Ding um das Leben, wenn man immer im Winkel stehen und auf die Herren Stiefel warten muß! Und wie beschmutzt kommen sie oft an, und wie grob behandeln sie mich armen Knecht! Wenn ich den einen ausziehe, so tritt mich der andere! Ja, die Stiefel haben's gut, die bekommen die Welt zu sehen! Während ich hier in der Ecke stehen muß, gehen sie spazieren im Sonnenschein, und wenn sie müde sind, dann heißt's: Stiefelknecht her! und ich muß die großen Herren ausziehen, und sie stellen sich bequem in eine Ecke." Die Stiefel, denen diese Rede galt, gehörten dem Schreiber, der sie ausgezogen hatte, um sich's leicht zu machen. Sie machten bei der Rede lange Schäfte, und der Stiefel des rechten Beines sprach zum Stiefel des linken Beines: „Bruder, wir sollen es gut haben! Wir sollen Herren sein! Der dumme Stiefelknecht weiß gar nicht, wie gut er's hat. Der Lump hat den leichtesten Dienst. Aber wir, wir werden den lieben Tag hindurch und oft genug durch dick und dünn gejagt: im Sommer ersticken wir fast vor Staub, im Winter frieren wir im Schnee, und wenn es regnet, dann sind wir immer in Gefahr zu ersaufen. Ach, und das Pflaster! Die scharfen Steine, die kein Erbarmen kennen! Ich möchte nur wissen, wie viel Haut sie mir heute abgerieben haben; ich bin unten ganz durchsichtig ge- worden. Es ist ein mühevolles Leben, wenn man dienen muß!" Der Stiefelknecht horcht hoch auf. „Bruder," sagte der Stiefel vom linken Beine, „das Treten wollt' ich mir noch gefallen

10. Staats- und Bürgerkunde - S. 143

1910 - Wittenberg : Herrosé
die Ausfuhr einheimischer Waren abzuschließen, wenn Gesetze zum Schutze der Arbeiter erlassen werden oder sonst die gesetzlichen Vorschriften, die für den Handel, die Industrie, die gewerbliche Arbeiterschaft und den Verkehr von Einfluß sind, eine Änderung oder Neuregelung erfahren sollen. Die Erteilung derartiger sach- verständiger Auskünfte, wozu auch die Schilderung der tatsäch- lichen Verhältnisse gehört, ist die schwierigste und verantwortungs- vollste Aufgabe der Handelskammer." „Damit auch der dritte Erwerbsstand unserer Heimat," fuhr der Vater fort, „nicht ohne Vertretung bleibt, ist für die Landwirtschaft treibende Bevölkerung die Landwirtschafts- kammer ins Leben gerufen worden. 2hr Aufbau ist der Handwerkskammer insoforn ähnlich, als die Mitglieder der Landwirtschaftskammer nicht unmittelbar von den Land- wirten, sondern von den landwirtschaftlichen Vereinen gewählt werden. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie. Landwirt- schaft und Forstwirtschaft im Herzogtum zu unterstützen, den Landwirten bei der Wahl von Getreide- und der Gemüsesorten, bei der Aufzucht des Nutzviehs durch Rat und Tat beizustehen, Versuche mit neuen Sorten vorzunehmen, belehrende Vorträge und Winterschulen in den einzelnen Landgenieinden für alle Fragen des Acker- und Gemüsebaus, der Obstkultur, der Vieh- zucht und der Forstwirtschaft einzurichten. Daneben bemüht sie sich, den Landwirten bei der Beschaffung der notwendigen Arbeits- kräfte behilflich zu sein. Schließlich hat auch die Landwirtschafts- kammer die Aufgabe, die gesetzgebenden Körperschaften durch sach- verständige Gutachten bei denjenigen Fragen, die die Landwirt- schaft angehen, zu unterstützen." Wilhelm meinte darauf: „Vater, das Gesetzemachen kann doch nun nicht mehr schwer sein. Man braucht ja bloß eine der drei Kammern zu fragen, was sie wünsche und für richtig halte." „Ja," meinte der Vater, „wenn man nur eine Kammer zu fragen brauchte; aber sehr oft muß man alle drei fragen, und ihre Wünsche gehen mitunter weit auseinander. Was dann?" „Ja, was dann?" wiederholte der Sohn. „Dann hat eben die Regierung die schwierigste Aufgabe zu lösen: unter den ver- schiedenen Wünschen zu vermitteln und nicht bloß das Wohl eines Standes, sondern das Wohl des ganzen Volkes durch ihre Gesetzesvorschläge zu fördern." Aus Heinemann-Oppermann: Tagewerk. Or H. Kanter. 63. Vom Handwerk und der Zunft. Das Handwerk konnte sich als öffentliches Gewerbe nur bei Bölkern entwickeln, welche in der Kultur schon fortgeschritten wären und feste Ansiedlungen besaßen. Hirtenvölker und No- maden. welche arm an Bedürfnissen, ihre Lebenserfordernisse selbst
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