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29. Die Rechte und Pflichten des Staats-
bürgers.
Jeder Bürger im Staate hat den Schutz für seine persönliche
Freiheit, sein Vermögen, seine Teilnahme an der Arbeit für die
Wohlfahrt des Staates zu beanspruchen. Diese Rechte fallen mit
der Staatsangehörigkeit zusammen.
Seine bürgerlichen Rechte können durch richterliches Urteil
aberkannt werden.
Dadurch verliert der Betreffende die aus öffentlichen Wahlen
hervorgehenden (Stadtverordneter, Landtags- und Reichstags-
abgeordneter usw.) Rechte, Ämter, Würden, Titel, Ehrenzeichen
und für die Dauer das Recht,
1. die Landeskokarde zu tragen,
2. in das Heer einzutreten,
3. öffentliche Ämter, Würden, Orden und Ehrenzeichen zu
erlangen,
4. in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen
oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte
auszuüben,
5. Zeuge bei der Aufnahme von Urkunden zu sein,
6. Vormund, Rebenvormund, Pfleger, gerichtlicher Beistand
zu sein.
Wer Zuchthausstrafe gehabt hat, ist ohne weiteres vom
Heeresdienste und der Bekleidung öffentlicher Ämter ausgeschlossen.
Daher hüte sich ein jeder vor Missetaten, die den Verlust
der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben, er ist für sein
ganzes Leben gebrandmarkt.
Die Rechte nach der Verfassung sind im einzelnen:
a) Gleichheit vor dem Gesetz.
Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte
finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind für alle dazu
Befähigten zugänglich.
b) Gewährleistung der persönlichen Freiheit.
Jeder Bürger ist frei und darf nur auf Grund eines richter-
lichen Befehls in seiner Freiheit beschränkt, d. h. verhaftet verden.
Rur in Ausnahmefällen hat die Polizei das Recht, eine sofortige
Verhaftung vorzunehmen. Wer einen anderen widerrechtlich in
seiner persönlichen Freiheit beschränkt, wird wegen Freiheits-
beraubung bestraft, also auch der Polizeibeamte, der jemand
unberechtigterweise verhaftet.
Mit der persönlichen Freiheit hängt die Freizügigkeit, die
Freiheit der Auswanderung zusammen. Sie kann nur im Inter-
esse der Sicherheit des Landes, also in bezug auf den Heeres-
dienst beschränkt werden.
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TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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61
der Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus in Halle,
welches der fromme Francke gestiftet hat, der aucf) nicht sagte:
„Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" »■ H°r».
c) Unverletzlichkeit der Wohnung.
Auch die Wohnung ist unverletzlich. Man nennt dies
das Hausrecht. Haussuchungen dürfen nur in Ausnahmefällen
auf richterliches Urteil vorgenommen werden. Dagegen darf die
Wohnung durchsucht werden, wenn es gilt, einen Verbrecher 31t
ergreifen oder Straftaten zu ermitteln.
d) Freiheit des religiösen Bekenntnisses.
Wir haben in unserem Vaterlande evangelische und katholische
Christen, wir haben eine Menge religiöser Sekten, dazu eine
Menge Juden. Alle dienen Gott in ihrer Weise. Das religiöse
Bekenntnis ist vollständig frei, wie Friedrich der Große sagte:
„In meinem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden."
Voraussetzung dabei ist, daß nicht etwa der Staat durch das
Religionsbekenntnis leidet, indem beispielsweise die Religion ihren
Bekennern den Waffen- und Kriegsdienst verbietet (Mennoniten).
e) Freiheit der Wissenschaft und Lehre.
Hieraus darf noch nicht gefolgert werden, daß ein jeder nach
Belieben Unterricht erteilen, Schulen einrichten darf, sondern nur,
wer die sittliche und wissenschaftliche Befähigung dazu hat. Der
Staat beaufsichtigt das ganze Unterrichtswesen, die Lehrer sind
öffentliche Beamte.
Für den grundlegenden Unterricht ist der Schulzwang vor-
gesehen, alle Eltern bzw. Vormünder sind verpflichtet, die Kinder
in die Volksschule zu schicken. Wenn die Wissenschaft und Lehre
gegen die Strafgesetze verstößt, so muß sie verboten werden.
f) Recht der freien Meinungsäußerung.
Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Druck,
Schrift, Bild usw. frei zu äußern. Die Zensur ist aufgehoben.
Die Preßfreiheit ist für das gesamte Deutsche Reich gestattet.
Damit ist aber doch nicht schrankenlose Freiheit gemeint, sondern
wenn die Reden, Schriften, Bilder usw. gegen den Bestand des
Staates, gegen Ehre und Ansehen regierender Personen, gegen
Religion und gute Sitten verstoßen, kommen sie mit den Straf-
gesetzen in Berührung, und das Recht der freien Meinungs-
äußerung ist beschränkt.
Auf jeder Schrift muß daher Druckerei und Verleger an-
gegeben sein, bei jeder Zeitung auch der verantwortliche Redakteur.
Der Polizeibehörde muß ein Exemplar zugestellt werden.
i?) Das Versammlungs- und Vereinsrecht.
In der Verfassung wird uns das Recht eingeräumt, Vereine
zu bilden und Versammlungen abzuhalten. Während bis jetzt
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Extrahierte Personennamen: Francke Friedrich_der_Große Friedrich
69
zur Rechenschaft gezogen werden. Durch „Resolutionen" werden
ihnen die Wünsche zur Befolgung mitgeteilt. Sie haben aber
dann unbedingt Folge zu leisten, wenn der König es genehmigt.
Jeder Minister ist in seinen Anordnungen unabhängig.
Jedes Ministerium ist in mehrere Abteilungen geteilt. An der
Spitze jeder Abteilung steht ein Ministerialdirektor, dem zur Seite
eine Reihe von Geheimräten stehen.
Das Staatsministerium ist das Kollegium der Minister, das
unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten Beratungen hält.
Für diese Verhandlungen sind bestimmt:
1. Entwürfe zu neuen Gesetzen und deren Abänderung, Ver-
waltungspläne. Es mutz vollständige Übereinstimmung herrschen;
2. Begründung einer Regentschaft;
3. Erlatz der Notverordnungen (Verordnungen im Falle einer
Notlage des Staats);
4. Verhängung des Belagerungszustandes über einen Ort
bzw. über ein Gebiet;
5. Auflösungen von Gemeindevertretungen;
6. Letzte Entscheidung über Disziplinarstrafen für Beamte.
Wenn das Staatsministerium unter dem Vorsitze des Königs
tagt, so heitzt es Kronrat.
Gegenwärtig haben wir folgende Ministerien:
1. Der auswärtigen Angelegenheiten. Dieses Ministerium
regelt die Beziehungen unseres Staates zu den anderen Mächten.
Daher sind diesem Minister die Botschafter, Gesandten, Konsuln usw.
unterstellt.
2. Des Krieges. Ihm ist die Verwaltung des ganzen Heer-
wesens übertragen.
3. Des Kultus der geistlichen, Unterrichts- und^Medizinal-
Angelegenheiten.
Hier werden sämtliche Angelegenheiten der Kirchen, Schulen
und Medizinal- oder Gesundheitsangelegenheiten erledigt.
4. Der Justiz. Ihm gehört die Rechtspflege im Staate;
sämtliche Gerichte, Rechtsanwälte usw. hat es in ihrer Tätigkeit
zu überwachen und zu leiten.
5. Des Innern. Hier werden sämtliche Verwaltungs-
angelegenheiten, die das innere Wohl des Staates betreffen, das
Polizeiwesen, das Verwaltungswesen erledigt.
6. Der Finanzen. Zu dem Arbeitsgebiet dieses Ministeriums
gehört das gesamte Steuerwesen.
7. Für Handel und Gewerbe. Ihm gehört die Pflege
des Handels und des Gewerbes mit allen Einrichtungen. Für
das Gewerbe ist besonders das Landes-Gewerbeamt eingerichtet,
welches besonders das gewerbliche Fach- und Fortbildungsschul-
wesen leitet und überwacht.
8. Der Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Aus dem
Namen geht schon der Kreis seiner Tätigkeit hervor.
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TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
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Falle muß aber innerhalb 60 Tagen eine Neuwahl von der
Regierung ausgeschrieben werden.
Jeder Abgeordnete hat ein Recht auf Ersatz der Reise-
kosten und die Auszahlung von Tagegeldern. Ein Verzicht
darauf ist unstatthaft.
Er genießt ferner das Recht der Redefreiheit und darf
wegen Äußerungen, die er bei den Beratungen macht, nicht zur
Rechenschaft gezogen werden, ebensowenig wegen der Abstimmungen.
Damit die Abgeordneten unbehindert und unbehelligt an den
Beratungen teilnehmen können, sollen sie während der ^itzungs-
zeit wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung nicht verfolgt
werden, es sei denn, daß sie auf frischer Tat ertappt oder am
Tage nachher ergriffen werden.
Ist das Strafverfahren bereits vor Eröffnung des Landtags
eingeleitet, so muß es auf Antrag des Hauses bis zum Ablauf
der Sitzungsperiode aufgeschoben werden.
Die Mitglieder beider Häuser des Landtages haben bei
ihrem Eintritt das eidliche Gelübde abzulegen, daß sie dem
Könige Treue und Gehorsam bewahren und die Verfassung
gewissenhaft beobachten werden.
B.: Wie entstehen in Preußen Gesetze?
36. Aus der Verfaffungsurkuude für den
Preußischen Staat.
Vom 31. Januar 1850.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von
Preußen rc. k. thun kund und fügen zu wissen, daß Wir, nach-
dem die von Uns unterm 6. Dezember 1848 vorbehaltlich der
Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung verkündigte und
von beiden Kammern Unseres Königreichs anerkannte Verfassung
des Preußischen Staats der darin angeordneten Revision unter-
worfen ist, die Verfassung in Übereinstimmung mit beiden Kam-
mern endgültig festgestellt haben.
Wir verkünden demnach dieselbe als Staatsgrundgesetz,
wie folgt:
Titel I.
Vom Staatsgebiete.
Artikel 1. Alle Landesteile der Monarchie in ihrem gegen-
wärtigen Umfange bilden das Preußische Staatsgebiet.
Ärtikel 2. Die Grenzen dieses Staatsgebiets können nur
durch ein Gesetz verändert werden.
Titel Ii.
Von den Rechten der Preußen.
_ Artikel 4. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich.
Standesvorrechte finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Gottes_Gnaden Kammern_Unseres_Königreichs
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unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen,
für alle dazu Befähigten gleich zugänglich.
Artikel 6. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet.
Die Bedingungen und Formen, unter welchen eine Beschränkung
derselben, insbesondere eine Verhaftung zulässig ist, werden durch
das Gesetz bestimmt.
Artikel 6. Die Wohnung ist unverletzlich.
Artikel 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter ent-
zogen werden.
Artikel 9. Das Eigentum ist unverletzlich.
Artikel 11. Die Freiheit der Auswanderung kann von
Staats wegen nur in bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden.
Artikel 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der
Vereinigung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häus-
lichen und öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet. Der
Genutz der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unab-
hängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und
staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religions-
freiheit kein Abbruch geschehen.
Artikel 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Artikel 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffent-
liche Schulen genügend gesorgt werden.
Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Minder oder
Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher
für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist.
Artikel 23. Alle öffentlichen und Privatunterrichts- und
Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate er-
nannter Behörden.
Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der
Staatsdiener.
Artikel 27. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort,
Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu
äußern.
Die Zensur darf nicht eingeführt werden; jede andere Be-
schränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung.
Artikel 28. Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck
oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach den all-
gemeinen Strafgesetzen zu bestrafen.
Artikel 29. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vor-
gängige obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in
geschlossenen Räumen zu versammeln.
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter
freiem Himmel, welche auch in bezug auf vorgängige obrigkeit-
liche Erlaubnis der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind.
Artikel 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesell-
schaften zu vereinigen.
Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der
öffentlichen Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem
vorstehenden Artikel (29) gewährleisteten Rechts.
Artikel 32. Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu.
Petitionen unter einem Gesamtnamen sind nur Behörden urtb
Korporationen gestattet.
Artikel 33. Das Briefgeheimnis ist unverletzlich.
Artikel 34. Alle Preußen sind wehrpflichtig. Den Um-
fang und die Art dieser Pflicht bestimmt das Gesetz.
Titel Hi.
Vom Könige.
Artikel 43. Die Person des Königs ist unverletzlich.
Artikel 44. Die Minister des Königs sind verantwortlich.
Alle Regierungsakte des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der
Gegenzeichnung eines^ Ministers, welcher dadurch die Verantwort-
lichkeit übernimmt.
Artikel 45. Dem Könige allein steht die vollziehende
Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die Minister. Er befiehlt
die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Aus-
führung nötigen Verordnungen.
Artikel 46. Der König führt den Oberbefehl über
das Heer.
Artikel 47. Der König besetzt alle Stellen im Heere, so-
wie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, sofern nicht das
Gesetz ein anderes verordnet.
Artikel 48. Der König hat das Recht, Krieg zu erklären
und Frieden zu schließen, auch andere Verträge mit fremden
Regierungen zu errichten. Letztere bedürfen zu ihrer Gültigkeit
der Zustimmung der Kammern, sofern es Handelsverträge sind,
oder wenn dadurch dem Staate Lasten oder einzelnen Staats-
bürgern Verpflichtungen auferlegt werden.
Artikel 49. Der König hat das Recht der Begnadigung
und Strafmilderung.
Artikel 50. Dem Könige steht die Verleihung von Orden
und anderen mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeich-
nungen zu.
Er übt das Münzrecht nach Maßgabe des Gesetzes.
Artikel 61. Der König beruft die Kammern und schließt
ihre Sitzungen. Er kann sie entweder beide zugleich oder nur
eine auflösen. Es müssen aber in einem solchen Falle innerhalb
eines Zeitraums von 60 Tagen nach der Auflösung die Wähler,
und innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen nach der Auf-
lösung die Kammern versammelt werden.
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TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
80
37. Übersicht über die Verwaltung des
Preußischen Staates.
Staatliche Verbände: An der Spitze steht: Diesem zur Seite stehen: Selbstverwal- tungsorgane : Der Geschäfts- träger ist:
Der Guts- bezirk: Der Gutsvor- steher.
Die Dorfge- meinde: Der Gemeinde- vorsteher. Die Schöffen. Die Gemeinde- versammlung. Der Gemeinde- vorsteher.
Die Stadt- gemeinde: Der Bürger- meister. Der Magistrat. Die Stadtver- ordneten- versammlung. Der Stadtver- ordnetenvor- steher.
Der Stadt- kreis: Der Erste (Ober-) Bürgermeister. Der Magistrat. Der Stadt- ausschutz. Der Stadtver- ordnetenvor- steher.
Der Land- kreis : Der Landrat. Der Kreis- ausschutz. Der Kreistag. Kreis-Aussch.- Sekretär.
Der Regie- rungsbezirk: Der Reg.- Präsident. Der Bezirks- ausschutz. Handels- u. Ge- werbekammer. Der Syndikus.
Die Provinz: Der Ober- Präsident. Der Provin- zialrat. Provinzial- Landtag. Der Landes- direktor.
Der Staat: Der König. Staatsrat, Ministerien, Herrenhaus. Landtag. Das Prä- sidium.
Aus Schenks Merkbuch.
Vm. Der Beamte.
38. Der Beamte.
Die Helfer des Staates bei der Ausführung der nützlichen
Maßnahmen find die Beamten. Gehören die einzelnen Beamten
einer größeren Gruppe an, die ein gemeinsames Gebiet zu be-
arbeiten haben, so haben wir es mit einer Behörde zu tun.
Jedem Beamten ist ein ganz bestimmter Teil der Ausübung der
Staatsgewalt zugeteilt. Er steht mit dem Staate in einem Ver-
trags- und Dienstverhältnis. Bei ihm besteht eine besondere
Gehorsams-, Treue- und Dienstpflicht. Daher leistet er seinen
Diensteid dem Könige auf die Verfassung. Der Amtseid enthält
das ausdrückliche Gelöbnis, daß sie die Verfassung gewissenhaft
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84
geteilte Arbeit gewonnen, „denn wir sie davor bezahlen, daß sie
arbeiten sollen", sagte Friedrich Wilhelm l.
So drangen im Interesse des Staates allmählich zwei Grund-
sätze durch, die unserem Berufsbeamtentum das charakteristische
Gepräge gegeben haben: die freie Verwendbarkeit und die
freie Auswahl der Beamten.
Zuerst wurde der Grundsatz der freien Versetzbarkeit durch-
gedrückt; ganz allmählich, dann grundsätzlich kamen nur fremde
Beamte in die Provinz. Die Beamten sollten nicht „mit den
Junkers Bande machen", sagte Friedrich Wilhelm I. So kam
endlich Ordnung in die Zustände. Der unbefähigte Junker durfte
nicht mehr das Amt übernehmen, sondern der eigens dafür vor-
gebildete und erzogene Beamte. Auf diese Weise entstand ein
besonderer Stand der Beamten.
Friedrich der Große sah es gerne, wenn Söhne von Beamten
wieder Beamte wurden.
So hat allmählich das Beamtentum den Preußischen Staat
groß machen helfen. Aber in diesen Vorgängen stecken zugleich
auch die Fehler, die darin bestehen, daß auf diese Weise der
Beamte dem wirklichen Volksleben fremd wird, keinen Anteil
mehr daran nimmt und die ganze Welt nach seiner Arbeit am
Schreibpult einrichten möchte. Das hat zu bösen Folgen geführt.
Der Zusammenbruch des Preußischen Staates 1806 wurde als
ein Bankerott des Berufsbeamtentums erklärt. Die innere Ver-
waltung hat ja die Schuld mit getragen, aber das lag nicht in
dem Beamtentum, sondern darin, daß in der Verwaltung keine
Einheitlichkeit mehr herrschte. Solange Friedrich der Große lebte,
war die Einheit in seiner Person gegeben. Unter seinen Nach-
folgern ging sie verloren. Freiherr v. Stein sieht darin den
Hauptgrund des Verfalls: „In der Verwaltung", sagt er, „hat
sich ein einseitiger Geist ausgebildet, es werden entgegengesetzte
Grundsätze zu derselben Zeit, in demselben Geschäftszweig, an
verschiedenen Orten angewendet, so daß es wegen dieser fehlenden
Einheit unmöglich ist, allgemeine Maßnahmen zu ergreifen und
auszuführen." Es sollte mit den neuen Gesetzen mehr Einheit
in den Staatsbetrieb hineinkommen.
Damit nun auch der praktische Gesichtspunkt des Laien zur
Ausnutzung gelange, und den Theoretiker ergänze, sind auf dem
Gebiete der Selbstverwaltung die Behörden mit Berufsbeamten und
Laienchesetzt, damit die Arbeiten dem Leben nützlich und förderlich
werden. Besonders ist von den Beamten die rechtliche und all-
gemein nützliche Seite, von den Laien die praktisch durchführbare
Seite zum Ausdruck zu bringen. Stein sagt: „Die Verwaltung
soll nicht durch den toten Buchstaben des formalen Geschäftsganges
allein, sondern auch durch Männer, welche die Behörden aus dem
praktischen Leben und der Nation selbst in ihrer Mitte haben,
lebendiger auf und für die Nation wirken."
Zur Begründung sagt er: „Die Durchsetzung der Behörden
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TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich
86
Gefühl, daß er es nicht nur vertrug, sondern sich gehoben fühlte
durch den Gedanken, einen energischen und mächtigen Diener zu
haben. Er war zu vornehm für das Gefühl eines Edelmanns,
der keinen reichen und unabhängigen Bauern im Dorfe vertragen
kann. Nicht einen Augenblick kam ihm der Gedanke einer Eifer-
sucht auf seinen Diener und Untertanen in den Sinn, und nicht
einen Augenblick verließ ihn das königliche Bewußtsein, der Herr
zu sein, ebenso wie bei mir alle Huldigungen das Gefühl, der
Diener dieses Herrn zu sein, und mit Freuden zu sein, in keiner Weise
berührten. Diese Beziehungen und meine Anhänglichkeit hatten ihre
Begründung in einer überzeugungstreuen Anhänglichkeit an das
Königshaus; aber in der Art wie sie vorhanden war, ist sie doch
nur möglich unter der Einwirkung einer gewissen Gegenseitigkeit
des Wohlwollens zwischen Herrn und Diener, wie unser Lehnrecht
die ,Xreue‘ auf beiden Seiten zur Voraussetzung hatte.
Solche Beziehungen, wie ich sie zum Kaiser Wilhelm hatte, sind
persönlich, und sie wollen von dem Herrn sowohl wie von
dem Diener, wenn sie wirksam sein sollen, erworben sein."
23.: Eine Bismarckrede. Bismarck: Gedanken und Erinnerungen. Ii.
41. Der bekehrte Stiefelknecht.
2n der Schreibstube des Amtsmanns stand ein Stiefelknecht,
der brummte unzufrieden vor sich hin: „Es ist doch ein jämmerlich
Ding um das Leben, wenn man immer im Winkel stehen und auf
die Herren Stiefel warten muß! Und wie beschmutzt kommen sie
oft an, und wie grob behandeln sie mich armen Knecht! Wenn ich
den einen ausziehe, so tritt mich der andere! Ja, die Stiefel haben's
gut, die bekommen die Welt zu sehen! Während ich hier in der
Ecke stehen muß, gehen sie spazieren im Sonnenschein, und wenn
sie müde sind, dann heißt's: Stiefelknecht her! und ich muß die
großen Herren ausziehen, und sie stellen sich bequem in eine Ecke."
Die Stiefel, denen diese Rede galt, gehörten dem Schreiber,
der sie ausgezogen hatte, um sich's leicht zu machen. Sie machten
bei der Rede lange Schäfte, und der Stiefel des rechten Beines
sprach zum Stiefel des linken Beines: „Bruder, wir sollen es gut
haben! Wir sollen Herren sein! Der dumme Stiefelknecht weiß gar
nicht, wie gut er's hat. Der Lump hat den leichtesten Dienst. Aber
wir, wir werden den lieben Tag hindurch und oft genug durch dick
und dünn gejagt: im Sommer ersticken wir fast vor Staub, im Winter
frieren wir im Schnee, und wenn es regnet, dann sind wir immer in
Gefahr zu ersaufen. Ach, und das Pflaster! Die scharfen Steine,
die kein Erbarmen kennen! Ich möchte nur wissen, wie viel Haut
sie mir heute abgerieben haben; ich bin unten ganz durchsichtig ge-
worden. Es ist ein mühevolles Leben, wenn man dienen muß!"
Der Stiefelknecht horcht hoch auf. „Bruder," sagte der
Stiefel vom linken Beine, „das Treten wollt' ich mir noch gefallen
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
die Ausfuhr einheimischer Waren abzuschließen, wenn Gesetze zum
Schutze der Arbeiter erlassen werden oder sonst die gesetzlichen
Vorschriften, die für den Handel, die Industrie, die gewerbliche
Arbeiterschaft und den Verkehr von Einfluß sind, eine Änderung
oder Neuregelung erfahren sollen. Die Erteilung derartiger sach-
verständiger Auskünfte, wozu auch die Schilderung der tatsäch-
lichen Verhältnisse gehört, ist die schwierigste und verantwortungs-
vollste Aufgabe der Handelskammer."
„Damit auch der dritte Erwerbsstand unserer Heimat,"
fuhr der Vater fort, „nicht ohne Vertretung bleibt, ist für die
Landwirtschaft treibende Bevölkerung die Landwirtschafts-
kammer ins Leben gerufen worden. 2hr Aufbau ist der
Handwerkskammer insoforn ähnlich, als die Mitglieder der
Landwirtschaftskammer nicht unmittelbar von den Land-
wirten, sondern von den landwirtschaftlichen Vereinen gewählt
werden. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie. Landwirt-
schaft und Forstwirtschaft im Herzogtum zu unterstützen, den
Landwirten bei der Wahl von Getreide- und der Gemüsesorten,
bei der Aufzucht des Nutzviehs durch Rat und Tat beizustehen,
Versuche mit neuen Sorten vorzunehmen, belehrende Vorträge
und Winterschulen in den einzelnen Landgenieinden für alle
Fragen des Acker- und Gemüsebaus, der Obstkultur, der Vieh-
zucht und der Forstwirtschaft einzurichten. Daneben bemüht sie sich,
den Landwirten bei der Beschaffung der notwendigen Arbeits-
kräfte behilflich zu sein. Schließlich hat auch die Landwirtschafts-
kammer die Aufgabe, die gesetzgebenden Körperschaften durch sach-
verständige Gutachten bei denjenigen Fragen, die die Landwirt-
schaft angehen, zu unterstützen."
Wilhelm meinte darauf: „Vater, das Gesetzemachen kann
doch nun nicht mehr schwer sein. Man braucht ja bloß eine der
drei Kammern zu fragen, was sie wünsche und für richtig halte."
„Ja," meinte der Vater, „wenn man nur eine Kammer zu
fragen brauchte; aber sehr oft muß man alle drei fragen, und
ihre Wünsche gehen mitunter weit auseinander. Was dann?"
„Ja, was dann?" wiederholte der Sohn. „Dann hat eben die
Regierung die schwierigste Aufgabe zu lösen: unter den ver-
schiedenen Wünschen zu vermitteln und nicht bloß das
Wohl eines Standes, sondern das Wohl des ganzen
Volkes durch ihre Gesetzesvorschläge zu fördern."
Aus Heinemann-Oppermann: Tagewerk. Or H. Kanter.
63. Vom Handwerk und der Zunft.
Das Handwerk konnte sich als öffentliches Gewerbe nur bei
Bölkern entwickeln, welche in der Kultur schon fortgeschritten
wären und feste Ansiedlungen besaßen. Hirtenvölker und No-
maden. welche arm an Bedürfnissen, ihre Lebenserfordernisse selbst
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm H._Kanter