Italien. 207
491.
Parma und Piacenza.
Die Städte Parma und Piacenza gehörten im
Mittelalter zum großen lombardischen Sradtebunde; reiche
und mächtige Familien strebten in denselben nach der Herr-
schaft. Die eine Parthei in Italien, die Gibellincn, stichtcu
beide Städte der kaiserlichen Hoheit zu erhalten ; die andere,
die Welfen, wollten sich dem Papste unterwerfen, weil beide
Städte ehemals, als Theile des Erarchats von Ravenna,
von Pipin und Karl dem Großen den Päpsten geschenkt
worden waren. Demungeachtet behauptete in Parma das
Haus Correggio und in Piacenza die Familie S c o t t i
den bedeutendsten Einstuß, bis der Herzog Johann Ga-
leazzo Viskonti in Mailand auch über diese Städte die
Oberlehushoheit erhielt. — Gekettet an Mailands Schicksal
eroberte sie 0499) der König Ludwig 12 von Frankreich;
wogegen sie der Papst Julius 2 als ehemaliges E i g e n-
t h u m der K i r ch e, in Anspruch nahm, und, wahrend
der Bewegungen der gegen Frankreich aufgeregten heiligen
Ligue, (1511) besetzte.
Zwar sielen sie nach dem Siege bei Marignano (1515)
wieder in französische Hände; als aber Karl 5 (1521) die
Franzosen in Italien angriff, und von da vertrieb, stand
der Papst Leo 10 auf seiner Seite, der sich als Entschädi-
gung für die Kriegskosten Parma und Piacenza ausbedungen
harte. — Doch Papst Paul 3 (aus dem Hause Farnese)
suchte ein F ü r ste n t h u m für seinen n a t ü r l i ch e n Sohn
Peter A lo y si u s F a r n e se, und als ihm Karl 5 Mailand,
nach dem Erlöscherk des Hauses Sforza, für diesen Zweck
verweigerte, erhob er eigenmächtig Parma und Piacenza
zu Herzogthümeru (1545), mit denen er seinen Sohn
belehnte, so sehr anch der damals in Teutschland beschäftigte
Kaiser mit diesem Schritte des Papstes nnzufrieden war.
Allein schon zwei Jahre daraus (1547) siel der neue Herzog
als das Opfer einer Verschwörung, und obgleich Parma
dessen Sohne Ottavio blieb; so besetzte doch der kaiserliche
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Extrahierte Personennamen: Karl_dem_Großen Karl Johann_Ga-
leazzo_Viskonti Johann Ludwig Julius Karl Karl Leo Leo Paul Peter_A Karl_5_Mailand Karl Sforza
Extrahierte Ortsnamen: Italien Piacenza Piacenza Italien Ravenna Parma Haus_Correggio Piacenza Mailand Mailands König_Ludwig Frankreich Frankreich Marignano Italien Piacenza Piacenza
4$
Krieg im Jahre 1814.
gegen Ferdinand versprach, daß er die Britten zur Räumung
Spaniens veranlaßen, allen Spaniern, welche dem Könige
Joseph gedient hatten, Amnestie ertheilen, den Jahresgehalt
seiner Äeltern übernehmen, mit Frankreich einen Handels-
vertrag abschließen, und gemeinschaftlich mit Napoleon die
Unabhängigkeit der Seerechte beider Reiche nach den Bedin-
gungen des Utrechter.vertrags gegen Großbritannien behaup-
te n wollte. Wie aber die einstweilige Regentschaft in Spa-
nien diesen Vertrag nicht anerkannte, weil sie gegen Groß-
britannien sich verpsiichtet habe, wahrend der Gefangenschaft
des Königs, und ohne Zusiimmmung Großbritanniens, keine
Unterhandlungen und keinen Waffenstillstand mit Frankreich
einzugehen; so ließ Napoleon den König Ferdinand ohne
alle Bedingungen nach Spanien abreisen, und rief das fran-
zösische Corps unter dem Marschall Suchet aus Spauien
nach Frankreich zurück. Auf gleiche Weise sandte er den
Papst, welcher bis dahin zu Fontainebleau gefangen gehal-
ten worden war, seit er das ihm abgedrungene Concordat
vom Jahre 1813 für ungültig erklärt hatte, nach Rom
(23. Januar i8l4), und gab ihm (ly. Marz) Rom und
Trasimeno zurück.
Allein wahrend Napoleon auf diese Weise sich mit
Spanien und dem Papste versöhnet zu haben vermeinte,
um den neubeginnenden Kampf mit aller Kraft zu bestehen,
erwuchs ihm in seinem Schwager, dem Könige Joachim
von Neapel, ein neuer Gegner, als dieser (it. Januar
18k4) mir Oestreich ein Bündniß abschloß. In diesem
Bündnisse verpflichtete sich Oestreich, in Italien ein Heer
von 60/000 Mann, Murat ein Heer von 30-000 Mann zu
stellen. Oestreich übernahm die Garantie der gestimmten
gegenwärtigen Besitzungen des Königs von Neapel, und die
Verbindlichkeit, auch die Verbündeten zu dieser Garantie zu
vermögen. Beide aber garantirten sich gegenseitig die
Vertheidigung ihrer italischen Staaten, und wollten, in
Hinsicht des bevorstehenden Kampfes in Italien, die Waffen
nur gemeinschaftlich niederlegen. Zugleich unterhandelte
Murat mir Großbritannien, welchem er seine ganze
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Joseph Napoleon Napoleon Ferdinand Napoleon Joachim
von_Neapel Oestreich Murat Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Spaniens Frankreich Großbritanniens Frankreich Spanien Frankreich Fontainebleau Rom Rom Spanien Italien Neapel Italien
Frankreich. 359
berk hieß, bleibende Wohnsitze in einem Theile Frankreichs,
der nach ihnen die Normandie genannt wurde. Auch von
hier aus zogen mehrere glückliche Abenteurer in fremde Erd-
striche^ nicht ohne Glück mischten sie sich in die Angelegen hei-
ten Unteritaliens, und wurden bald daselbst einheimisch. Noch
kühner aber war die Landung des Normanns Wilhelm in
England, wo er das Panier seiner Siege (ic66) aufpflanzte,
und eine neue Dynastie stiftete.
In Frankreich geschah dasselbe durch Hugo Cap et,
nach des neunzehnjährigen Ludwigs 5 Tode (987)» denn Lud-
wigs Oheim, der Herzog von Lothringen, aus dem Geschlechte
der Karolinger, ward von Hugo Capet besiegt. So ver-
schwand, nach einer Regierung von 235 Jahren, das Haus
Karls des Großen vom fränkischen Throne, wie früher das
Haus der Merovinger von Pipin verdrängt worden war. Doch
Hugo Capets Macht war, ungeachtet seiner persönlichen Kraft,
durch die Großen des Reiches sehr eingeschränkt, und das
Reich selbst, das er beherrschte, nach seinem geographischen
Umfange nicht groß. Nur ein durch Jahrhunderte fortge-
führter Kampf mit den Großen des Reiches, die eben fo nach
^Unabhängigkeit, wie die in Teutschkand, strebten, sie aber
wegen der Erblichkeit der Königswürde, aller Ver-
suche und Anstrengungen ungeachtet, nicht erlangen konnten,
endigte sich zuletzt mit einer unbeschrankten Monarchie,
und führte also zu einem ganz andern Resultate als in Teutsch-
land. Die unabhängigen Großen des Reiches fühlten, bei
ihren Streitigkeiten unter sich selbst, das Bedürfniß, den Kö-
nig als ihren gemeinschaftlichen Richter anzuerkennen; und die
kluge Unterstützung der Städte von dem Könige, der die mäch-
tigen Corporationen der Städte zur Erhöhung und Steige-
rung seiner Macht gegen den Adel geschickt zu benutzen wuß-
te, leistete diesem in der Folge bei seinen Absichten gegen
die übermüthigen Vasallen den Dienst, den er den Städten
bei ihrem Cmporblühen erwiesen hatte. Besonders aber trug
die bestimmte und noch bei Lebzeiten der Vorgänger festge-
setzte Succession des Nachfolgers, so wie die lange Fortdauer
der Regierung in Einer Familie viel zu dem konsequenten Sy-
steme der Köuige bei, nach welchem sie die vereinzelten Theile
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Hugo_Cap Ludwigs Hugo_Capet Karls Hugo_Capets
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreichs England Frankreich Ludwigs Lothringen Haus
Karls
423 Sechste Periode^
henstaufischen Hauses gegen die Kraft desselben, kämpfte
Konrab 4, Friedrichs zweiter Sohn, einen zweideutigen
vierjährigen Kampf (1252—1254) mit seinen Feinden. Der
Papst dehnte den Bannfluch, der den Vater vernichten sollte,
auf den Sohn aus, und wollte den sicilischen Staat, als
erledigtes Lehen, an den päpstlichen Stuhl zurückbringen.
In Deutschland strikt der Gegenkönig Wilhelm gegen
Konrad.— Kaum hatte Konrad sich in Italien als Sie-
ger behauptet; so wollte er nun auch in Deutschland feine
königlichen Rechte geltend machen; er starb aber zu früh
für seine bisher gezeigte Thätigkeit (1254) an dem Gifte,
das sein Stiefbruder Manfred (Friedrichs 2 natürlicher
Sohn) gemischt hatte, der mit einem Brudermorde den Be-
sitz Siclliens erkaufen wollte. Konrads nachgelassener min-
derjähriger Sohn, Konradin, der rechtmäßige Erbe von
Sictlien und Neapel und der teutschen Herzogthümer
Schwaben, Franken und Elsaß, war der einzige übrige
Sprosse des hohenstaufischen Hauses.
Alles war in diesem Zeiträume in Gährung und Unord-
nung. Nach Wilhelms von Holland Tode (1256) führten
zwei auswärtige Fürsten, der König Alphons von Ka-
stilien, und Richard von Cornwallis (Bruder des
Königs von England) den teutschen Königstitel (bis 1272).
Nur der letztere kam selbst nach Deutschland, doch ohne die-
ses Reich zu beruhigen. Mit Recht verdient dieser Zeit-
raum den Namen des großen Zwischenreiches.
Recht, Ordnung und Gesetzmäßigkeit waren aus der Mitte
der teutschen Staatsverwaltung geflohen; die allgemeine
Anarchie diente blos zur Landervergrößerung und üsurpirten
Unabhängigkeit der mächtigen teutschen Fürsten; das Faust-
recht verbreitete sich von neuem mit seinen Greueln, und
selbst die mindermächtigen teutschen Ritter und Grafen streb-
ten jetzt in kühnen Versuchen nach Unabhängigkeit.
Unterdessen hatte der Papst den französischen Prinzeß
Karl von Anjou (1265) nach Italien eingeladen, und
mit Neapel und Sicilien belehnt. Der Usurpator Manfred
blieb gegen ihn in der Schlacht bei Benevent. — Als aber
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Wilhelm Konrad Konrad Konrad Konrad Manfred Friedrichs Konrads Konradin Konradin Wilhelms Wilhelms Alphons_von_Ka- Richard_von_Cornwallis Karl_von_Anjou Karl Manfred
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Deutschland Italien Deutschland Friedrichs Neapel Holland England Deutschland Italien Neapel Sicilien
r
442 Sechste Periobe:
ganzen Nation das Gefühl der Kraft und des Muthes ein-
hauchte. Selbst die Universität Paris, die erst in dieser
Zeit als literarische Corporation sich ausbildete, stand unter
den Einflüssen dieses Zeitgeistes.
Freilich hatten die Könige mit den mächtigsten ihrer Va-
sallen, mit den Herzogen der Normandie, die seit 1066
zugleich Könige von England waren, einen harten Kampf
zu bestehen; aber Ludwigs 7 Sohn, Philipp (2) August
(nzo—1223), erkämpfte gegen den wüthigen Richard Lö-
wenherz von England, mit dem er auf einem Krenzznge in
Palästina zerfallen war, den Besitz der Normandie (1205).
In diesem Zeitraume bildete sich das Corps der Pairs von
Frankreich aus den zwölf größten und unmittelbaren, sechs
geistlichen und sechs weltlichen, Kronvasallen, so wie
mehrere einzelne Grafschaften und Baronieen mit den könig-
lichen Besitzungen vereinigt wurden. Unter Ludwig 8 (1223
— 1226) wurden die Albigenser bekämpft, eine Secte in
Südfrankreich, deren Daseyn einen unzweideutigen Beleg der
in jenen Gegenden, von Italien aus, sich entwickelnden höhern
Kultur enthält. — Wichtiger für Frankreich war die Regie-
rungszeit Ludwigs (9) des Heiligen (1226 — 1270).
Nicht nur, daß unter ihm mehrere beträchtliche Grafschaften mit
der Krone vereinigt wurden; er beschränkte auch die Gottes-
urtheile und die willkührliche Befehdung der mächtigen Vasal-
len durch die bessere Gerechtigkeitspflcge, mit welcher er die
Stiftung eines Appellationsgerichtes verband, das in letzter
Instanz die Streitigkeiten der Vasallen entschied, wodurch die
Gerichtshöfe der großen Barone stillschweigend dem Gerichts-
höfe des Königs untergeordnet wurden. Zugleich ließ Lud-
wig von dem Iustiniancischen Codex eine Uebersctzung verferti-
gen, durch welche der lebhafteregebrauch des römischen Rechts
befördert, und mit demselben die höhere Meinung von der Macht
des Königs immer mehr verbreitet wurde. Der König
ward zwar auf einem Kreuzzuge gegen Aegypten (1249) gefan-
gen und mußte sich ranzioniren; demungeachtet unternahm ec
in spätern Jahren (1270) einen neuen Kreuzzug gegen Tunis,
das er belagerte, aber wahrend der Belagerung (25 Aug. 1270)
starb, -ü- Sein Bruder, Karl von Anjou, ward von dem
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Philipp_( Philipp August Ludwig Ludwig Ludwigs Karl_von_Anjou Karl
Extrahierte Ortsnamen: Paris England England Palästina Frankreich Italien Frankreich Tunis
Teutschlarid. 423
schcn Prinzessin Constantia vermahlte, der nächsten Erbin
des normannischen Reiches, da ihr Vetter, der König Wil-
helm 2, keine Kinder hatte. Doch eben diese auf die politi-
sche Vergrößerung des hohenstauslschen Hauses berechnete
Verbindung ward nach 80 Jahren der Grund seines Unter-
ganges.
Noch ehe Friedrich, ein Greis von beinahe siebcnzig Iah.
ren, den romanhaften Entschluß eines Kreuzzugcs ausführte
(1189), von welchem er nicht zurückkehrte, errichtete er (n88)
zu Nürnberg einen Landfrieden, der alle Befehdungen
auf eine drei Tage denselben vorausgehende Ankündigung ein-
schränkre.
Bei einem Bade in einem syrischen Flusse fand er (1190),
wahrscheinlich vom Schlage getroffen, seinen Tod.
347«
Heinrich 6.
Heinrichs folgte (1190 —1197) dem Vater; ein
Mann, auf welchen nur die stolze Vergrößerüngs-und Be-
reicherungssucht des Vaters, nicht aber der Geist seiner Tu-
genden vererbt zu seyn schien. Seine kurze Regierung be-
zeichnete ein erneuerter Krieg gegen Heinrich den Löwen,
der nach seiner Rückkehr aus England in Sachsen viele An-
hänger fand; eine willkührliche Gefangenhaltung des Königs
Richards Löwenherz von England, Her auf seiner Rück-
reise von Palästina durch Sturm an die italische Küste ver-
schlagen, und auf dce heimlichen Durchreise durch das Land
seines Feindes, des Herzogs Leopold von Oestreich, erkannt,
gefangen genommen und dem Kaiser ausgeliefert wurde; und
die Uebernahme der reichen sicilischen Erbschaft, de-
ren sich Heinrich aber erst (1194) nach seines Vetters Tan-
ered Tode bemächtigen konnte. Er verfuhr in Neapel und
Sicilien mit einer Grausamkeit, die seinen Namen eben so in
der Geschichte schändete, wie sie die neuen Unterthanen gegen
ihn erbitterte.
Sein großes Project, die Erblichkeit des teut-
schen Throns bei seiner Familie zu begründen,
ward vereitelt. Zwar versprach er den Teutschen dafür
1
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Extrahierte Personennamen: Constantia Friedrich Friedrich Heinrich_6.
Heinrichs Heinrich Heinrichs Heinrich Heinrich Richards_Löwenherz Leopold_von_Oestreich Leopold Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: England Sachsen England Neapel Sicilien
4sechste Periode.
Ständen zusammentreten, und in der Unterschreibung der
¡magna charta dem Adel und der Geistlichkeit große Rechte
zusichern; ein Freiheitsbrief, der, aller spätern Modifrca-
tionen ungeachtet, doch die Basis der englischen Na-
tionalfreiheit wurde. Durch ihn erhielt die Geist-
lichkeit Befreiung von der weltlichen Gerichtsbarkeit,
die Ausschließung der Laien bei der Wahl der Bischöffe
und Aebte, und ungehinderte Appellation nach Rom. Der
Adel gewann dadurch eine nähere Bestimmung der Lehns-
verhältnisse, und die Abschaffung mehrerer druckenden Ge-
wohnheiten. Der Bürg erstand erhielt die Freiheit des
Handels, und völlige persönliche Freiheit bewilligt, bis bei
Anklagen ein Gericht von seines Gleichen über ihn entschieden
habe; nur für den Landmann ward in diesem Freiheits-
briefe nicht gesorgt. Eine Hauptbasis der politischen Frei-
heit Englands bestand in der Bedingung, daß der König
keine Abgabe erheben dürfe ohne Bewilligung der Erz-
bischöffe, Bischöffe, der Grafen und Barone, und der
Städte. Der Erzbischofs Lang ton, der als Primas des
Reiches die magna Charta hauptsächlich ausgewirkt hatte,
belegte die Verletzung derselben mit dem Banne. In die Lan-
dessprache übersetzt, kam sie zur Kenntniß des Volkes, und
ward jährlich einmal von den Kanzeln verlesen. Seit die-
ser Zeit erhob sich der dritte Stand, besonders durch die
Freiheit des Handels nach dem Auslande. Auch die Ge-
richtsverfassung gewann durch die Einführung der Ge-
schwornen, und durch die völlige Aufhebung der Orda-
lien. — Auf Johann folgte sein Sohn Heinrich 3 (1216
— 1273), dessen Bruder R i ch a r d von Cornwallis
(1257), nach dem Abgänge der Hohenstaufen in Deutsch-
land, teutscher König wurde,, ohne diesem Reiche neue
Haltung geben -u können. Heinrichs Verschwendung be-
wirkte einen innern Krieg, in welchem er mit seinem Bru-
der und dem Kronprinzen Eduard gefangen genommen
wurde. Der Chef der Opposition, der Graf von Leiee-
ster, berief ein Parle ment (1265) zusammen, an wel-
chem zum erstenmale städtische Deputirte Antheil nah-
men, eine Einrichtung die nach achtzehn Jährender Körn-
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Heinrich Heinrich Cornwallis Heinrichs Heinrichs Eduard Eduard
<300 \ Sechster Zeitraum.
den Kanzeln verlesen. Seit dieser Zeit hob sich der dritte
Stand, besonders durch die Freiheit des Handels nach dem
Auslande. Eben so gewann die Gerichtsverfassung
durch die Einfü hrung der Geschw ornen, durch die
völlige Aufhebung der Ordalien, besonders aber dadurch,
daß das d e n übrigen g e r m a n i s ch e n R e i ch e n a u f-
gedrungene römische Recht nie auf dem freien
Boden Englands feste Wurzel schlagen konnte.
— Auf Johann folgte sein Sohn Heinrich 3 (1216 —
1273), dessen Bruder Richard von C o r n w a l l i s (1257),
nach dem Abgänge der Hohenstaufen in Teutschland, teut-
scher König ward, ohne diesem Reiche neue Haltung geben
zu können. Heinrichs Verschwendung bewirkte einen innern
Krieg, in welchem er mit seinem Bruder und dem Kron-
prinzen Eduard gefangen genommen ward. Der Anführer
der Gegenparthei, der Graf von Le ice st er, berief ein
Parlament (1265) zusammen, an welchem zum ersten-
male städtische Abgeordnete Antheil nahmen, eine Ein-
richtung, die nach achtzehn Jahren der König Eduard nach-
ahmte. Dieser Eduard entfloh, als Kronprinz, aus der
Gefangenschaft der Aristokraten, und befreite auch seinen
Vater aus derselben durch die Schlacht bei Evesham (1265),
in welcher Leicester siel.
365.
Fortsetzung.
Eduard 1 folgte seinem Vater im Jahre 1272; ein
Fürst von unternehmendem, kriegerischem Charakter, welchem
aber Züge von Harte und Grausamkeit nicht fremd waren.
Ihm gelang (1284) die völlige Besiegung des bis dahin in
beständigen Empörungen aufwogenden Wales; die gericht-
liche Verfassung des Reiches ward verbessert, und die Wis-
senschaften erhielten durch Roger Bacon (doctor mira-
bilis), der wahrend dieser Regierung lebte, einen neuen
und höher» Umschwung. — Eine willkührliche und traurige
Regierung unter Eduard 2 (1307—1317) trat zwischen
die kraftvolle Leitung Eduards 1 und Eduards 3, bis
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Eduard Eduard Eduard Eduard Eduard Eduard_1 Eduard Roger_Bacon Eduard Eduard Eduards Eduards Eduards Eduards
Kreuzzüge.
239
Tode des Grafen von Champagne ging das Recht des An»
führers, durch Wahl, auf den Markgrafen Bonifacius von
Montferat über. Die Kreuzfahrer kamen in Venedig an,
wo der erfahrne und kräftige, aber blinde Doge Dandolo
die meisten derselben zu dem Entschlüsse vermochte, den bei
einer Thronveränderung aus Konstantinopel geflüchteten
Prinzen Alerius Komnenus, dessen Vater Isaak durch
seinen Bruder Alerius verdrängt worden war, dahin zurück
zu führen. Die Lateiner erschienen vor Konstantinopel; der
Usurpator Alerius verliest heimlich die Stadt; der gefangen
gehaltene Isaak ward, nebst seinem Sohne'alerius, auf
dem Throne hergestellt. Allein beide vermochten nicht,
die den Kreuzfahrern versprochene Geldsumme auszumitteln,
und verweigerten die srüherhin zugesagte Vereinigung der
griechischen mit der lateinischen Kirche. In einem Aufstaude
der Griechen wurden Vater und Sohn ermordet, worauf
die Lateiner am 12 Apr. 1204 die Hauptstadt des morgen-
ländischen Reiches mit Sturm einnahmen, sie plünderten
und auf den Trümmern des byzantinischen Thrones ein
l a t e i n i s ch e s K a i se r t h u m in K 0 n st a n t i n 0 p e l er-
richteten, das 57 Jahre (von 1204 —1261) bestand. Durch
Wahl bestieg der Graf Balduin von Flandern und Hen-
ne»/ru den neuen Thron; nur ward die an sich schon unbe-
deutend Kraft desselben durch die Theilung des Landes noch
mehr ge je» wacht. An Venedig kamen Romanien, ein
Theil des P-loponnesus und die Inseln des Archipelagus;
der Markgraf von Montferat erhielt den königlichen
Titel, die asiatischen Provinzen und die Insel Kreta; der
G r a f v 0 n B l 0 i s das Herzogthum N i c ä a; Wilhelm
von C h a m p l i t t t das Fürstenthum A ch a j a, und Orto
de la Roche das Herzogthum Athen. Die andern Ritter
wurden mit Erbgütern abgefunden, das L e h n s sy st e m ward,
wie ehemals im Königreiche Jerusalem, eingeführt, rnrd die
griechische Kirche, dem Namen nach, mir der lateinischen
vereinigt. Durch Verkauf, Vertauschung und innere Ent-
zweiung ward aber bald der Besitzstand in diesen eroberten
Ländern verändert; nur Venedig gelaugte dadurch zu einem
Haudelsübergewichte, welches die Genueser und Pisaner aus
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Frankreich.
289
Freilich hatten die Könige mit den mächtigsten ihrer
Vasallen, mit den H erzogen der Normandie, die seit
1066 zugleich Könige von England waren, einen har-
ten Kampf zu bestehen; allein Ludwigs 7 Sohn, Philipp
(2) August (1180 — 1223), erkämpfte gegen den muthigen
Richard Löwen herz von England, mit dem er auf einem
Kreuzzuge in Palästina zerfallen war, den Besitz der Nor-
mandie (1205). In diesem Zeiträume bildete sich das
Corps der Pairs von Frankreich aus den zwölf größten
und unmittelbaren, sechs geistlichen und sechs welt-
lichen, Kronvasallen, so wie gleichzeitig mehrere einzelne
Grafschaften und Baronieen mit den königlichen Besitzungen
vereinigt wurden. Unter Ludwig 8 (1223 —1226) wurden
die Albigenser bekämpft, eine Secte in Südfrankreich,
deren Daseyn einen unzweideutigen Beleg der in jenen Ge-
genden, von Italien aus, sich entwickelnden höhern Kultur
enthalt. — Wichtiger für Frankreich war die Regierungs-
zeit Ludwigs (9) des Heiligen (1226 —1270). Nicht
nur, daß unter ihm mehrere beträchtliche Grafschaften mit
der Krone vereinigt wurden; er beschrankte auch die Gottes-
urtheile und die willkührliche Befehdung der mächtigen Va-
sallen durch die bessere Gerechtigkeitspssege, mit welcher er
die Stiftung eines Appellationsgerichtcs verband, das in
letzter Instanz die Streitigkeiten der Vasallen entschied, wo-
durch die Gerichtshöfe der großen Barone stillschweigend dem
Gerichtshöfe des Königs untergeordnet wurden. Zugleich
ließ Ludwig von dem Justinianeischen Gesetzbuche eine
Ucbersetzung verfertigen, durch welche der lebhaftere Ge-
brauch des römischen Rechts befördert, und Mit demselben
die höhere Meinung von der Macht des Königs immer mehr
verbreitet ward. —, Der König ward zwar auf einem Kreuz-
zuge gegen Aegypten (1249) gefangen und mußte sich aus-
lösen; demungeachtet unternahm er in spätern Jahren (1270)
einen neuen Kreuzzug gegen Tunis, das er belagerte, aber
wahrend der Belagerung (25 Aug. 1270) starb. — Sein
Bruder, Karl von Anjou, ward von dem Papste (1265)
nach Neapel gerufen, und mit diesem Reiche, gegen die
gegründeten Rechte der Hohenstaufen auf dasselbe, belehnt.
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TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort]]
Extrahierte Personennamen: Ludwigs Philipp
( Philipp August Ludwig_8 Ludwig Ludwigs Ludwig_von_dem_Justinianeischen_Gesetzbuche Ludwig Karl_von_Anjou Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England England Palästina Frankreich Italien Frankreich Tunis Neapel