280
wirtschaftlichen Fragen dem Könige gleichgesinnte Fürst Leopold von Dessau sich große Verdienste erworben. Er führte die eisernen Ladestöcke, den Gleichschritt, das Bajonett und eine weniger tiefe Aufstellung der Truppen ein.
ad b) Für die Unterhaltung des Heeres war die größte Ordnung iu deu Staatseinnahmen und die Hebuug der Kräfte des Landes notwendig.
A. Die Finanzen. Die Einnahmen bestanden ans den Kriegs-gefallen njib Domänengefällen. Zu ersteren gehörten die Kavalleriegelder der ländlichen Bevölkerung, die Accise der Städte, die Ritterpferdegelder der Ritterschaft, die Kontributionssteuer (eine Grundsteuer iti Stadt und Land) und Rekrutenkassengelder (für Beförderung im Amte). Letztere umfaßten die Erträge der Stempelsteuer, Zölle, der Post-, Domänen- und Forstverwaltung und des Salzhandels, der königliches Monopol war.
B. Die Verwaltung der Finanzen erhielt das „General-Direktorium," dessen Präsident der König war, der auch für dasselbe selbst eine Instruktion ausgearbeitet hatte. Mit der Einrichtung dieser Kontrollbehörde war die innere Einheit des Staates vollendet.
C. Die Hebung"der Kraft des Landes. Die Spuren des dreißigjährigen Krieges waren im Lande noch nicht ausgetilgt.
1. Um die Zahl der Bewohner zu vergrößern, nahm der König böhmische Einwanderer und 17 000 vertriebene Salzburger auf, die er in Preußen ansiedelt^ Daselbst entstanden 12 neue Städte und 332 Dörfer.
2. Das Havelländifche Luch ließ er austrocknen; in „Holländereien" wurde die Butter- und Käsebereitung gründlich gelehrt.
3. Um die inländischen Fabriken zu schützen, erhöhte er den Steuersatz für ausländische Waren. Die auf dem Lande lebenden Handwerker wurden in die Städte versetzt, in deueu sie notwendig waren. Die Einführung gleichen Maßes und Gewichtes kam ebenfalls dem Handel zu gute. Der König scheute es nicht, persönlich das Volk zur äußersten Arbeitsamkeit anzuhalten.
4. Die geistigen Interessen fanden an dem nur auf praktischen Nrttzen bedachten König wenig Pflege. Doch gab er dem Medizinalwesen eine neue Gestaltung, und vor allem hat er deu Grund zur preußischen Volksschule gelegt.
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Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Dessau Leopold C.
326
Franzosen beleuchtet und die Ursache ihrer Erfolge in den Mängeln des deutschen Heerwesens gefunden.
Gneisen au wollte sich anfangs der Wissenschaft widmen und betrat erst später die militärische Laufbahn. Sein Name ist mit den Waffenthaten Preußens von 1806 bis 1815 eng verflochten. Er stand zu dem stillen Wesen Scharnhorsts mit seiner ritterlichen, lebhaften Persönlichkeit in vollem Gegensatze.
Diese beiden Männer entwarfen in großen Zügen die Umgestaltung des Heerwesens, wovon freilich manche Gedanken, wie die Nationalbewaffnung, die Landwehr, die militärische Erziehung des Volkes" nicht bald verwirklicht werden konnten. Die hervorragendsten Veränderungen waren:
a) Die Armee sollte künftig nur aus Inländern zusammengesetzt sein; dadurch sollte der feindliche Gegensatz zwischen Bürgerschaft und Armee ausgeglichen werden.
b) Alle entehrenden Strafen wurden verboten.
c) Dem Adel ward das Vorrecht in der Besetzung der Offiziers-stellen genommen. Anspruch auf letztere sollten fortan in Friedenszeiten nur Kenntnisse und Bildung, in Kriegszeiten Tapferkeit und Umsicht gewähren.
ä) Durch eine neue Einteilung der Armee, andere Bekleidung und Vereinfachung des Gepäckswesens wurde eine größere Beweglichkeit der Truppenkörper erzielt.
6) Obgleich Preußen nur 42000 Mann Militär halten durfte, wurde doch durch Entlassung der eingeübten Soldaten und Einziehung neuer Rekruten bald ein schlagfertiges Heer von 120000 Mann geschaffen.
C. Reform des Volksgeistes. Das Unglück des Staates ließ auch in der geistigen Stimmung des Volkes edlere Anschauungen reifen. Es fehlte in der jüngeren Nation nicht an einem tüchtigen wissenschaftlichen Kerne und an regem Eifer, aber die Bewunderung des Eroberers hielt die Talente vor der Öffentlichkeit zurück. Die Not durchbrach diese Schranke, und es begann in der Wissenschaft, wie in der Litteratur ein neues Leben.
a) In der Wissenschaft machte sich der Einfluß Kants geltend, dessen Philosophie einen streng sittlichen Ernst lehrte. Am meisten aber hat zur Erweckung eines vaterländischen Geistes damals Johann Gottlieb Fichte beigetragen, und zwar sowohl durch seine charaktervolle^Persönlichkeit, als durch den Inhalt seiner
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Extrahierte Personennamen: C. Ernst Johann_Gottlieb_Fichte Johann
295
Friedens. Dem Grundsätze gemäß: „Der König ist der erste Diener des Staates," lebte Friedrich ganz dem Wohle seines Staates und Volkes.
Die leitenden Gesichtspunkte in Friedrichs Politik waren:
a) den Staat durch die Bildung eines tüchtig geübten, disziplinierten und stets schlagfertigen Heeres in der Lage zu erhalten, die so rasch errungene Großmachtstellnng gegen die Eifersucht größerer Mächte verteidigen zu können;
b) die Mittel hierfür durch die möglichste Belebung und Entwickelung der wirtschaftlichen Kräfte des Landes zu gewinnen.
Bei der Universalität des großen Königs, der alles selbst ordnete und leitete, hat die Ausführung dieser Prinzipien Verbesserungen auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens zur Folge gehabt.
A. Das Heerwesen. Friedrich brachte die preußische Armee bis auf 200 000 Mann, deren Erhaltung etwa 2/3 der Staatseinkünfte in Anspruch nahm. Zur Aufbringung dieses starken Heeres wurde das Werbe- und Kantonsystem beibehalten. Friedrichs eigenstes Verdienst ist namentlich die vortreffliche Ausbildung der Reiterei und die Einführung der reitenden Artillerie. Die Offiziere wurden in Kadettenaustalteu ausgebildet und fast nur aus den Reihen des Adels entnommen, den der König überhaupt, besonders aber wegen seiner Opferfreudigkeit im siebenjährigen Kriege, begünstigte.
B. Die Finanzen. Die reinen Staatseinnahmen erhöhte Friedrich von 7 Millionen Thalern bis auf 20 Millionen; während seiner Regierung sammelte er einen Schatz von 55 Millionen. Die Hauptquelle der Einnahmen waren die indirekten Steuern, deren Eintreibung er nach französischer Art ordnete und auch Franzosen übertrug (Regie). Die Sparsamkeit des Königs schien die Mittel des Staates gleichsam zu verdoppeln. Er selbst verbrauchte von seinem Etat nur 1j6 und verwandte das Übrige für das Gemeinwohl.
C. Handel und Industrie. Um aus der Aeeise und den Zöllen größere Mittel zu gewinnen, richtete Friedrich seine volle Aufmerksamkeit auf die Hebung der Gewerbthätigkeit und des Handels.
a) Dem General-Direktorium wurde eine Abteilung für Manufakturen, Fabriken und Handel eingefügt.
b) Industrielle Unternehmungen wurden durch staatliche Beihilfen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrich Friedrich C. Friedrich Friedrich
315
bei Jemappes die österreichischen Niederlande. Die Preußen zogen sich über den Rhein zurück.
Ii. Der Krieg der großen Koalition, 1793—1797. Die
Hinrichtung Ludwigs Xvi. und die Besetzung der Niederlande durch die Franzosen, welche die Republik mit England entzweite, war die Veranlassung, daß sich auf Betreiben des englischen Ministers Pitt England an die Spitze einer Koalition gegen Frankreich stellte, der fast alle europäischen Mächte angehörten.
A. Der Krieg bis zum Separatfrieden zu Basel, 1793—95. Die Österreicher begannen den Krieg
mit der Wiedereroberung Belgiens. Dumouriez wurde bei Neerwinden geschlagen und flüchtete sich, da er von seinen Trnppen verlassen wurde, ins österreichische Lager. Der Mangel an Einheit in der Koalition ließ aber der Jakobinerregierung in Frankreich Zeit genug, umfassende Rüstungen vorzunehmen, die Carnot mit seltenem Organisationstalente leitete. Die Anwendung einer neuen Kriegstaktik (Deckung des Fußvolks durch die Artillerie) verschaffte den begeisterten Republikanern bald das Übergewicht. Jonrdan vertrieb die Österreicher durch den Sieg bei Fleurus aus den Niederlanden, Pichegru machte Holland zur batavifchen Republik. Die Preußen mußten sich trotz des dreimaligen Sieges bei Kaiserslautern über den Rhein zurückziehen. Rußland, das fortwährend auf Fortsetzung des Krieges drang, um freie Hand gegen Polen zu behalten, hatte unterdessen mit Österreich ein Bündnis wegen der Teilung Polens geschlossen. Daher schloß Preußen mit der französischen Regierung den Frieden zu Basel, 1795, demzufolge es seine Besitzungen auf dem linken Rheinufer an Frankreich überließ.
L. Verteidigungskrieg Österreichs, 1796 — 1797. Die Republik stellte nun gegen Österreich 3 Heere auf, deren gemeinsames Ziel Wien war: Jonrdan
I
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Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Rhein England England Frankreich Basel Belgiens Frankreich Niederlanden Holland Kaiserslautern Rhein Basel Frankreich Wien
58 Das Zeitalter des Absolutismus
schlu an den Kaiser zu finden meinte. Seinem Einflsse ist es zuzu-schreiben, da sich Georg Wilhelm von den protestantischen Bundes-genossen und den Schweden ganz lossagte und im Jahre 1635 zu Prag mit dem Kaiser endgltig Frieden schlo, wozu ihn die Aussicht auf eine kaiserliche Hilfeleistung bei der Erwerbung Pommerns lockte; denn im Jahre 1637 starb, wie lange erwartet, das pommersche Herzogsgeschlecht aus; aber trotz alter Erbvertrge gaben die Schweden die pommerschen Eroberungen nicht heraus.
Der milungene Feldzug, den Georg Wilhelm im Jahre 1638 gegen die Schweden zur Eroberung Pommerns unternahm, ist nicht blo ein Beweis der Schwche und Hilflosigkeit des brandenburgischen Staates; er ist das traurigste kriegerische Unternehmen, das in Brandenburgs Ge-schichte aufgezeichnet ist, in dem auch nicht ein einziger Zug von dem fehlt, was spter in dem heldenmtigen, vortrefflich geschulten preuischen Heere unmglich, ja kaum denkbar gewesen ist. Ein an Zahl und Aus-rstuug mangelhaftes Heer, von unzuverlssigen Offizieren geleitet, die selbst vor den grbsten Veruntreuungen nicht zurckschrecken, flieht beim Anblick des Feindes und luft auseinander, weil ihm der Sold nicht ge-zahlt wird; es hlt sich schadlos und raubt und plndert die Bewohner des Landes, die es schtzen soll; es leistet gezwungen dem Kaiser den Eid des Gehorsams, nachdem der ursprngliche Herr, der Kurfürst, vom Kriegsschauplatze geflohen ist; nun in der eigentmlichen Lage, zwei Herren dienen zu mssen, gehorcht es keinem und macht sich selbst zum Herrn. So brachte schlielich die militrische Zuchtlosigkeit mit ihrer heillosen Verwirrung den brandenbnrgischen Staat an den Rand des Abgrundes; aber schon war der Retter da, der dem unglcklichen Lande Hilfe bringen konnte.
eigener politischer Ohnmacht sei der Anschlu an sterreich notwendig gewesen, ja, angesichts der imperialistischen Plne Gustav Adolfs, wie sie sich im Winter 1631/32 in Frankfurt bei ihm entwickelten, sei das auf Schwarzenberg zurckzufhrende Ver-sagen Brandenburgs, der Verzicht auf die schwedische Heirat und der Prager Sonder-friede eine nationale Tat gewesen. Vgl. auch Bd. I, 43, S. 295.
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Extrahierte Personennamen: Georg_Wilhelm Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Schwarzenberg
76 Das Zeitalter des Absolutismus
Staatseinheit nur durch das Heer verwirklicht hat, das eine gemeinsame Schule des Volkes geworden ist. Wenn es darum wahr ist, da die Er-folge der inneren und ueren Politik des Groen Kurfrsten, seines Sohnes und Enkels nur durch das Heer mglich gewesen sind, so mu hier an erster Stelle die Einrichtung und Entwicklung des Heerwesens behandelt werden.
1. Die Heereseinrichtnngen von 16401740.
a) Ein jammervolles Heer hatte Kurfürst Georg Wilhelm seinem Sohne hinterlassen. Im Jahre 1638 sollte es die Schweden aus Pommern vertreiben, das nach dem Aussterben des Herzogshauses (1637) infolge der Bestimmungen des Erbfolgevertrages zu Grimnitz (1529) an Brandenburg fallen mute, aber von schwedischen Truppen besetzt gehalten wurde. Doch dieser Feldzug verlief gar klglich. Der Kurfürst selbst verlie nach der ersten Niederlage den Kampfplatz. Die Offiziere hatten einen Teil der Werbegelder unterschlagen und nur eine kleine Truppenzahl zusammen-gebracht. Die Soldzahlungen erfolgten nicht pnktlich, und die Soldaten liefen davon. Wie Schaum auf dem Wasser", schrieb Schwarzenberg, zergehen die Regimenter." Eine neue Zeit fr das Heerwesen in der Mark begann mit der Regierung des Groen Kurfrsten.
Der erste Reichstag nach dem Westflischen Frieden, zu Regensburg (165257), hatte vieles geordnet und bestimmt, das 1648 nicht zum Abschlu gelangt war, und in einem Reichstagsabschied auch die Heeres-Verfassung der deutschen Territorien festgesetzt, nach der den Landes-Herren das Recht eingerumt wurde, eine bestimmte Truppenzahl aus Landeskosten und zwar ohne Bewilligung und Zustimmung der Landstnde dauernd zu halten. Dieses Gesetz, zu Nutzen des Landfriedens und der Machtvergrerung der Landesherren erlassen, war von groer Bedeutung fr das Verhltnis von Fürst und Landstnden; es hat die unumschrnkte Gewalt der Monarchie gehoben und ihre Selbstndigkeit gefrdert. Dieser Reichstagsabschied bedeutet alfo den Anfang der stehenden Heere (miles perpetuus).
Friedrich Wilhelm hat nun von dem neuen Recht der Landesfrsten Gebrauch gemacht und im schwedisch-polnischen Kriege ein Heer zusammen-gebracht von ursprnglich etwa 1518000 Mann (die Zahl ist heute nicht sicher festzustellen), dessen Besoldung, Verpflegung und Ausbildung er sich selbst angelegen sein lie. Die zur Unterhaltung des Heeres er-forderliche Summe (12000 Mann kosteten monatlich etwa 88 000 Taler) mute das Land unter heftigem Widerstreben der Stnde aufbringen. Die Armee war ursprnglich nur fr den Krieg aufgestellt und mute nach den Anschauungen der damaligen Zeit nach dessen Beendigung wieder
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Extrahierte Personennamen: Georg_Wilhelm Wilhelm Schwarzenberg Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Geschichte des brandenburgisch-preuischen Mittelstaates von 16481740 77
entlassen werden; man suchte auch den Unterhalt des Heeres mglichst auf fremde Kosten und in fremden Quartieren. Mit migen Waffen ruiniert man seine eigenen Lande", sagte einer der Rte des Kurfrsten. Es war deshalb fr jene Zeit etwas ganz Neues, fast Unerhrtes, als der Kurfürst nach Beendigung des schwedisch-polnischen Krieges das Heer nicht entlie, sondern im eigenen Lande behielt. Wie groß mu der Unwille, die Emprung und der Ha der Stnde und insbesondere der Unter-tauen gegen den Herrscher gewesen sein, wenn sie schon die Kriegssteuern fr das Heer unwillig gaben und nun auch im Frieden gezwungen waren, das Heer zu unterhalten! Wie fest mu andererseits Kurfürst Friedrich Wilhelm von der Notwendigkeit eines stehenden Heeres berzeugt gewesen sein, wie willensstark, es gegen alle Schwierigkeiten zu erhalten. Doch sah der Kurfürst klar ein, da die Unterhaltung der Truppen unsicher sei, so-lange er auf die Geldbewilligungen der Stnde angewiesen war. Er hat deshalb dann die Steuerreform durchgefhrt, die eine vollstndige nderung in den Finanzen herbeifhrte und nicht nur die Unterhaltung, sondern auch die Vergrerung des Heeres ermglichte, so da das Heer bei seinem Tode 28000 Mann, darunter 5000 Reiter zhlte.
b) Da stehende Heere auch in anderen Territorien errichtet wurden, dazu hat neben dem oben erwhnten Reichstagsabschied und dem Vorbilde des Groen Kurfrsten auch die neue Reichskriegsverfassung beigetragen, die oft beraten und im Jahre 1681 endlich zum Abschlu gebracht worden ist. Nach Reichstagsbeschlu erhielt wieder im Jahre 1681 das Deutsche Reich ein stehendes Heer mit einem vorschriftsmigen Bestand von 40000 Mann, nmlich 28000 Mann Infanterie, 10000 Mann Reiteret und 2000 Mann Dragoner. Dieser Bestand sollte im Kriege und nach Bedrfnis auf Reichstagsbeschlu vergrert werden. Die zu stellenben Mannschaften wrben auf die 10 Reichskreise verteilt und die Kreisbehrben mit der Ausbringung, Einrichtung, Bewaffnung uitb Einbung der Truppen beauftragt. Die grte Schwierigkeit bereitete die Reichskriegsverfassung den groen Reichsstnden wie Knrbranbenburg, Bayern, Sachsen, die verschobenen Kreisen angehrten. Aber sie bernahmen gegen Zahlungen auch die Stellung der Truppen fr kleinere Reichs- und Kreisstnde, die kein eigenes Heer unterhalten konnten und vergrerten nach und nach ihre stehenden Heere, von denen sie dann einen Teil bent Kreisheere zusandten. Die Bedeutung der Reichskriegsverfassung liegt darin, da die Ausbilbung und Entwicklung des deutschen Heerwesens doch nicht Sache des Reichs, sondern der einzelnen Territorien wurde, unter denen Brandenburg-Preuen auf diesem Gebiete das bedeutendste geleistet hat. Von dem Reichsheere, das aus Truppen der verschiedenen Staaten zusammengewrfelt war, konnte natrlich keine groe militrische Ausgabe gelst werden, da
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Reichstagsbeschlu
Geschichte des brandenburgisch-preuischen Mittelstaates von 16481740 79
erst durch Werbungen, meistens im Auslande, zusammengebracht, da die gewaltsamen inlndischen Werbungen die Auswanderung befrderten und den lndlichen und gewerblichen Berufsklassen zu viel Krfte entzogen. Da aber in dem gewaltsam geworbenen und mit Grausamkeit zusammen-gehaltenem Heere eine hhere Auffassung von Soldatenpflicht und mili-trischem Dienst nicht durchzusetzen war und berdies das Werbegeschft dem Staate jhrlich an 12 Millionen Taler kostete, so hat Friedrich Wilhelm, begeistert fr den Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht, in den letzten Jahren ein neues Rekrutierungssystem durchzufhren gesucht, nm-lieh durch das bekannte Kantonreglement (1733). Das Land wurde nach Bezirken eingeteilt und diese den einzelnen Regimentern zur Ergnzung angewiesen mit der Bestimmung, da jeder Brger und Bauer mit ge-wissen Ausnahmen und mit Bercksichtigung der Abkmmlichkeit beim brgerlichen Gewerbe und dem Landbau kriegsdienstpflichtig sei. Wer und wie viele wirklich ausgehoben wurden, war allerdings gnzlich will-krlich und unbestimmt, und die unvollkommene Einrichtung hatte sehr viele Mibruche und Unbilligkeiten im Gefolge, war aber ein verheiungs-voller Anfang, an Stelle des Sldnerwefens ein nationales Wehrfystem zu setzen.
d) Welche Bedeutung hatten diese militrischen Ein-richtnngen Friedrich Wilhelms I. fr Staat und Volk? Sie sind von groem Einflu fr die Erziehung des Volkes, die Bildung des Offizierstandes und die Stellung des Knigs. Wenn die allgemeine Wehrpflicht auch noch nicht durchgefhrt wurde und das Heer sich noch lange aus zwei verschiedenartigen Bestandteilen zu-sammeusetzte, den ausgehobenen Landeskindern und den geworbenen Soldaten, so verbreitete sich doch allmhlich im ganzen Volke die Auf-fafsung, da die Dienstpflicht eine Ehrenpflicht ist. Ein gemeinsames Band umschlingt alle Shne des Landes, die die Waffen zusammen getragen, gemeinsame Erfahrungen und gemeinsame Erlebnisse in der Dienstzeit ge-macht haben, und ein Gefhl vaterlndischen Stolzes ist, wenn auch lang-sam, durch den Waffendienst im Volke verbreitet worden. Der Heeres-dienst wurde schon damit eine vortreffliche Erziehungsschule des Volkes. Da es meistens Shne des so sehr bedrckten Bauernstandes waren, die ausgehoben wurden, so bedeutet die zeitweise Entfernung aus den drcken-den heimatlichen Verhltnissen nicht nur eine geistige Frderung und per-snliche Befreiung, eine Erweiterung des Gesichtskreises und ein Kennen-lernen der staatlichen Einrichtungen, sondern auch eine sittliche Hebung der niederen Volksklasse durch die Strkung des Selbstgefhls und die Gewhnung an Zucht und Ordnung. Von der grten Wichtigkeit wurde ferner die Heereseinrichtung Friedrich Wilhelms I. fr den preui-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelms_I. Friedrich Wilhelms_I.
Preuens Fll und Erhebung 233
Krieg ist noch heute unbertroffen und jebem Offizier unentbehrlich fr feilte militrische Bilbung. Wie der Deutsche berhaupt feine Erfolge auf allen Gebieten seiner wissenschaftlichen Veranlagung bankt, die ihn geneigt und fhig macht, nichts praktisch zu versuchen, was nicht vorher in allen seinen Einzelheiten und nach allen seinen Mglichkeiten burchbacht wre, so ruht auch unser gegenwrtiges Heer auf Claufewitzfcher Kriegswissm-schaft. Scharnhorsts Verbienst aber ist es, dem Prinzip der Selbstttigkeit und Selbstnbigkeit im Heere die Bahn gebrochen zu haben. Er hat dem steifen und schwerflligen Mechanismus des altpreuifchen Drills Leben und Seele eingehaucht; er hat die ungebrauchten Krfte des Volkes in den Dienst der Verteibigung des Vaterlanbes gestellt. Von groer Be-beutung war die Aushebung jenes Vorrechtes des Abels, das biesem allein die Offizierstellen gewhrte. Es war eine ungeheure Khnheit, wenn Scharnhorst, der hannoversche Bauernsohn, den Grunbsatz auszustellen wagte, ba im Frieden nur Fhrung, Bilbung und Kenntnisse, im Kriege nur Tapferkeit und Auszeichnung vor dem Feinde zur Befrbernng zum Offizier berechtigten. Trotz dieser Khnheit ist aber auch die weise Migung bemerkenswert. Nicht allen wirb die Offizierslaufbahn geffnet fonbern nur den Gebilbeten, so ba die nieberen Stube und bamit bereit mehr ober weniger unvornehme Gesinnung und Lebensauffassung ferngehalten werben. Statt der Geburtsaristokratie wirb die Bilbnngs- und Gesinnungsaristokratie magebenb. Aus dem Unterosfizierstanbe hervorgegangene, von ihren vornehmeren Kameraben barum geringschtzig be-hanbelte Offiziere zweiter Klaffe gibt es bei uns nicht. Anbererfeits aber werben vor der ungeheuren Menge von Intelligenz, die von jeher gerabe im beutfchen' Brgertume vorhanben gewesen ist, die sperrenben Schranken niebergelegt und diese hohen Gaben der hohen Aufgabe der Vaterlanbs-verteibigung bienstbar gemacht. Nicht allein, ba die sittlichen und geistigen Krfte des Brgertums dem Heere nun unmittelbar zugute kamen, sie hatten auch auf den sich bisher unentbehrlich fhlenben abtigen Offizier eine bebeutenbe Wirkung ausgebt. Er war nicht mehr unentbehrlich, und bamit ist alles gesagt. Wollte er Offizier bleiben, fo mute er wohl ober bel den Wettbewerb mit dem brgerlichen Offizier aufnehmen. Wollte er in biefem Kampfe nicht unterliegen, fo mute er bemht fein, sich die sittlichen und geistigen Krfte des Brgertums anzueignen. Da er dazu fhig war, beweist uns der Siebenjhrige Krieg, der fr alle Zeiten ein feuchtenbes Denkmal der Opferwilligkeit, Vaterlanbsliebe und Pflichttreue unseres Abels sein wirb; ba er wieber dazu fhig wrbe, verbankt er aber unserem Brgertume, das ihm durch Preuens Erhebung ebenbrtig an die Seite getreten ist. Aus der glcklichen Verbinbung von Abel und Brgertum, wie sie bamals begrnbet wrbe, ist der preuische
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Preuens Fall und Erhebung 235
aus gedankenlosem Pflichtgefhl oder angeborner Tapferkeit, sondern aus Liebe zu seinem Vaterlande. Mochten viele dabei auch nur ihre engere und engste Heimat oder gar nur ihre Scholle, der Landwehrmann dazu Weib und Kind im Sinne haben, gleichviel, auch dieser beschrnktere Stand-Punkt war ein idealer gegenber dem des Sldners.
Es hat aber nicht nur das Heer einen ungeheuren Gewinn von dieser Einrichtung, sondern auch das ganze Volk. Das Heer ist fr unser Volk eine Erziehungsanstalt ersten Ranges geworden. Den jungen Leuten der hheren Stnde wird die Dienstzeit eine Schule der Pflicht-erfllung, der Selbstverleugnung und Selbstbeherrschung, des Gehr-sams, der Einfachheit und Gengsamkeit, der Ausdauer, Strammheit und Festigkeit. Es schadet dem schneidigen und eleganten Corpsstudenten nichts, wenn er vor dem derben und ungebildeten Unteroffizier die Knochen zusammennehmen" mu. Es schadet dem verwhnten Mutter-shnchen nichts, wenn es als Korporalschaftsfhrer" wochenlang in der Kaserne schlafen oder im Biwak seinen Hunger mit Erbswurst und Kommibrot stillen mu; es schadet dem gelehrten Kandidaten nichts, wenn ihm bedeutet wird, da er keine Ahnung habe und von vorne, mit dem Gehenlernen", anfangen msse. Die harte, aber mann-hafte militrische Zucht ist bis jetzt noch jedem heilsam gewesen. Von noch grerer Bedeutung ist aber die militrische Schule sr den ge-meinen Mann. Aus ihm macht sie alles, was in zwei Jahren aus solchem Stoffe berhaupt gemacht werden kann. Sie weckt seine geistigen Krfte, die nach der Schulzeit hinter dem Pfluge und am Dngerhaufen oder in den Werksttten sanft eingenickt waren; sie lehrt ihn Umsicht, Geistes-gegenwart, Entschlossenheit, Beobachtung, Aufmerksamkeit, Regsamkeit und Findigkeit. Sie bildet auch seine krperlichen Krfte, die im Berufs-leben nur einseitig zur Geltung kommen, allseitig aus und bringt ihm Ausdauer, Gewandtheit, Strammheit und Sicherheit des Auges und der Hand bei.
Das Dienstjahr wird aber dem gemeinen Manne auch in sittlicher Hinsicht zu einer Schule; es bildet seine Gesinnung und seinen Charakter, es weckt die nach der Schulzeit im Erwerbsleben verkmmerten idealen Gefhle und Willensregungen, soweit der Ungebildete solcher berhaupt fhig ist. Insbesondere erfhrt seine Vaterlandsliebe hierdurch eine be-deutende Steigerung, weil ihr durch das stolze Bewusein der Zugehrig-keit zu dem ruhmreichen Heere eine solide Grundlage gegeben wird. Da-neben lernt er auch kameradschaftliches Verhalten mit allen den Tugeu-den, die dazu gehren. Er nimmt dann das alles mit hinaus ins Leben, fhlt sich allen Nichtgedienten mit Recht berlegen und wird ihnen ein Vorbild.
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