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1. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 391

1888 - Habelschwerdt : Franke
391 denselben jedes Mittels sich beraubt sah, andere Staaten zu billigen Handelsverträgen zu zwingen. Der Reichskanzler ging daher an die Riesenausgabe heran, das Zoll- und Steuerwesen umzugestalten, und gab als Ziel derselben an, „durch Erhöhung der Verbrauchssteuern nicht nur die eigenen Bedürfnisse des Reiches zu decken, sondern auch die Einzelstaaten durch Überweisung eines Teils der Steuererträge in den Stand zu setzen, drückende Steuern zu beseitigen oder zu ermäßigen." Am 23. Mai 1879 nahm der Reichstag die Regierungsvorlage über die Getreidezölle an, worauf er auch die übrigen landwirtschaftlichen und indnstrieellen Schutzzölle bewilligte. — Au die Schutzzölle schlossen sich die Finanzzölle, welche zur Vermehrung der Finanzen einzelne vom Auslande eingehende Gegenstände allgemeinen Verbrauchs (Thee, Kaffee, Tabak u. a.) kräftig besteuerten. 6. Die Kolonialpolitik. Ein bisher ihm fremdes Gebiet betrat Deutschland im Jahre 1884 mit der Kolonialpolitik. Der Gedanke an deutsche Kolonieen war bei dem größten Teile des deutschen Volkes nicht unbeliebt; denn man bedauerte, daß so viele Auswanderer ihrer Nationalität verlustig gingen, daß Deutschland die Kolonialprodukte erst aus zweiter Hand kaufen mußte und daß dem deutschen Handel weite Absatzgebiete fehlten. Fürst Bismarck begann die kolonialen Bestrebungen damit, daß er berühmten Handelsfirmen, die in Afrika Faktoreien gegründet hatten, den Schutz des Deutschen Reiches in Aussicht stellte und gewährte. Deutsche Kanonenboote erschienen an der Küste der deutschen Niederlassungen, und zum Zeichen, daß das Deutsche Reich dieselben unter seinen Schutz nahm, wurde die deutsche Flagge aufgehißt. Auf diese Weise wurden Angra Pequena, Kamerun, Togoland, Kaiser-Wilhelmsland auf Neu-Guiuea, der Bismarck-Archipel und die Marschallinseln deutsche Schutzgebiete. Einen Beweis von der Energie, mit welcher der deutsche Reichskanzler auch die Kolouieenfrage behandelte und mit der er das Zurückweichen Englands bewirkte, das herrenlosen Gebieten gegenüber „legitime" Rechte geltend machen wollte, giebt die Kongokonferenz, die in der Hauptstadt des Deutschen Reiches 1884—1885 auf die Einladung Deutschlands und Frankreichs sich versammelt hatte und die Verhältnisse des neutralen Kongostaates regelte. 7. Die Sozialreform. Eine Ausgabe, für welche besonders der Kaiser persönlich eintrat und durch deren Übernahme Deutschland

2. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 307

1888 - Habelschwerdt : Franke
307 2. Die verderbliche Regierung Ludwigs Xv. a) Der König selbst hatte durch sein unwürdiges, sittenloses Leben jede Achtung vor der monarchischen Würde im Volke erstickt. b) Die äußere Politik war von den Maitressen des Königs beeinflußt. Die unnütze Beteiligung an Kriegen, die zum Teil der geschichtlichen Vergangenheit Frankreichs entgegen waren (österreichische Erbfolgekrieg, der siebenjährige Krieg und der Seekrieg mit England), hatten die Schuldenlast des Landes vermehrt und das Ansehen der Armee erschüttert. Ludwig Xiv. hatte eine Schuld von 3 Milliarden Frank hinterlassen; beim Regierungsantritte Ludwigs Xvi. betrug das jährliche Defizit 100 Millionen. Die Disziplin in der Armee war gelockert; die Regierung konnte sich auch aus die Offiziere nicht mehr verlassen, die meist durch Kaus in ihre Stellen gelangt waren. c) In der inneren Politik war die königliche Gewalt aufs straffste angespannt und hatte alle Selbstverwaltung und mit ihr den Sinn für politische Freiheit und Selbständigkeit vernichtet. In jeder Provinz übte ein königlicher Intendant eine starke polizeiliche Gewalt aus und trieb mit Strenge die drückenden Steuern ein. tl) Das Volk ermangelte auch eines sicheren Rechtsschutzes. Den Parlamenten, welche die obersten Gerichtshöfe bildeten, entriß der König die richterliche Befugnis. Jede Opposition wurde durch geheime Haftbriefe im Keime erstickt. 3. Der Einfluß der sogenannten Philosophen. Die Encyklopädisten Diderot und dälembert hatten für die Verbreitung der verschiedensten Kenntnisse unter dem Volke gewirkt. Die Litteratur der Philosophen war voll Spott und scharfer Angriffe auf die staatlichen und kirchlichen Zustände. Montesquieu stellte seinen Landsleuten die konstitutionelle Regierungsform als erstrebenswert hin, Rousseau forderte in dem „Gesellschaftsvertrage" demokratische Zustände. 4. Unter diesen Umständen mußte der Eindruck, den der Sieg der politischen Freiheit in Nordamerika bei den gebildeten Franzosen machte, ein mächtiger sein. B. Die nähere Veranlassung. Unter Ludwig Xvi., der im Jahre 1774 den Thron bestiegen hatte, war das jährliche Defizit bis auf 198 Millionen Frank gestiegen, und Frankreich stand vor dem Staatsbankerott. Der König selbst war sittenrein, sparsam, aber zu wenig energisch, um durchgreifende Maßregeln zur Beseitigung der Geldnot treffen zu können. Seine Gemahlin Marie Antoinette, die Tochter Maria Theresias, wurde bei ihrem arglos jugendlichen Benehmen inmitten eines verderbten Hofes das Opfer schamloser Verleumdungen; gegen sie besonders wandte sich der Haß des Volkes. Als die schnell wechselnden Finanzminister (Turgot, Necker, Calonne, de Brienne) sich in vergeblichen Versuchen zur Besserung der Finanzen erschöpft hatten, riet der zum zweitenmale ernannte Necker dein Könige zur Berufung der Reichsstünde, die seit 1614 nicht mehr versammelt worden waren. Mit dieser In- 20*

3. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 392

1888 - Habelschwerdt : Franke
392 den übrigen Staaten ebenfalls vorausging, war die Sozialreform, d. H. die Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen teils durch Befreiung von drückenden Steuern, teils durch positive Maßregeln. Während der Kanzler die Entlastung von den direkten Steuern durch die weitere Ausdehnung des indirekten Steuersystems zu erreichen suchte (Aushebung der Klassensteuer für die beiden untersten Steuerstufen, teilweiser Erlaß für die nächsten Stufen in Preußen), trat mit dem 1. Dezbr. 1884 zunächst das Krankenversicherungsgesetz ins Leben. Ferner stimmte der Reichstag im Sommer 1884 dem Unfallversicherungsgesetze zu, das den industriellen Arbeitern bei Unfällen eine Rente sichert. Mehrere Abänderungen der Gewerbeordnung zielten darauf hin, dem Handwerkerstande durch Begünstigung der Innungen aufzuhelfen. Eine noch unerledigte Aufgabe iu der Sozialreform ist die von der Reichsregierung projektierte Altersversorgung der Arbeiter. 8. Auswärtige Politik. Die auswärtige Polüik des deutschen Kaisers und seines Kanzlers war seit 1871 unausgesetzt auf den Frieden gerichtet. Das Ansehen, welches sich Deutschland im deutschfranzösischen Kriege erworben, gewährte ihm das Recht, für die Erhaltung des Friedens thätig zu sein. Allerdings muß es, namentlich gegen das unruhige Frankreich, dauernd eine bedeutende Wehrkraft unterhalten, deren Stärke seit 1874 immer auf 7 Jahre festgesetzt wurde (Septeunat). Die guten Beziehungen Deutschlands zu Rußland und Österreich fanden im Jahre 1872 ihren Ausdruck in dem zu Berlin geschlossenen Dreikaiserbündnisse. ' Wenn auch seitdem das Verhältnis Deutschlands zu Rußland oft ein kühleres gewesen ist, so merkte doch gauz Europa namentlich zur Zeit der Wirren auf der Balkanhalbinsel den Einfluß der weisen Diplomatie des deutschen Reichskanzlers, und es entsprach der hervorragenden Stellung Deutschlands, daß in Berlin unter dem Vorsitze des Fürsten Bismarck der Kongreß stattfand, der die Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel regelte (1878). Im übrigen haben die Monarchenzusammenkünfte zu Skier-uiewice (1884), Kremsier (1885) und Berlin (1887) den äußeren Beweis geliefert, daß die alten Beziehungen wieder erneuert worden sind. Trotzdem wiegt die Ansicht vor, daß der im Oktober 1887 erfolgte Beitritt Italiens zu dem festen deutsch--österreichische» Bündnisse wesentlich zur Erhaltung des europäischen Friedens beigetragen hat.

4. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 389

1888 - Habelschwerdt : Franke
389 schärfte den Gegensatz so, daß die Regierungen zu einem aggressiven Vorgehen veranlaßt tonrben („Kanzelparagraph," Ausweisung der Jesuiten, — Schulaufsichtsgesetz und Maigesetze in Preußen). Da-burch würde die katholische Kirche, ba sie biesen Gesetzen Wiberstanb entgegenstellte, in ihrer Thätigkeit zum Teil lahm gelegt. Der srieb-liebenbe Papst Leo Xiii. knüpfte aber tüieber Unterhanblungcn mit den Regierungen an und bewirkte vorzüglich in Preußen eine wesentliche Milberung der Gesetze. 2. Einignngsmiltel. Von einschneibenber Bebentnng auf das Leben des Volkes waren mehrere Reichsgesetze, welche das Gefühl der Einheitlichkeit und Zusammengehörigkeit zu beleben geeignet waren. a) Im Jahre 1874 würde die Münz-, Maß- und Gewichtsorb-nung durch ein Gesetz einheitlich gestaltet. b) An basselbe reihte sich ein Bankgesetz, das die Reichsbank in Berlin zum Mittelpunkte des deutschen Bankwesens machte. c) Am 1. Oktober 1879 trat zufolge eines Gesetzes vom Jahre 1875 die Justizreorganisation ins Leben, nachbem schon 1871 das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich eingeführt worben war. Der Sitz des Reichsgerichtes würde Leipzig. d) Vom 1. Januar 1876 an trat das Gesetz über die Einführung der obligatorischen Civilehe und die Beurkunbung des Personenstand in Kraft. 3. Soziale Folgen der Milliarden. Der Zufluß der Kriegs-entfchäbiguug Frankreichs hatte aus das wirtschaftliche Leben des deutschen Volkes einen ungeheuren Einfluß. Die bebeutenben Summen, welche an geschäbigte Privatleute verteilt würden, ferner biejenigen, welche die Regierung für die Komplettierung des Heerwesens und der Marine, für Festungsbauten und Eisenbahnen anlegte, hatten einen großen Aufschwung inbustrieller Thätigkeit zur Folge. Reue Fabriken und gewerbliche Etablissements würden angelegt, Aktiengesellschaften gegrünbet, Bauten ausgeführt^ und an den Börsen blühte der Gelbverkehr. Die gesteigerte Nachfrage nach Arbeitskräften erhöhte die Löhne der Arbeiter, die sich barum an Genüsse gewöhnten, bte thuen bisher jremb waren. Auch nach Österreich verbreitete sich der in-bustrielle Aufschwung. Sehr balb aber machte sich die Überprobuktion bemerkbar, und als int Mai 1873 in Wien bte Spekulationslust durch massenhafte Zahlungseinstellungen ein jähes Ende genommen

5. Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte - S. 222

1888 - Habelschwerdt : Franke
222 vermied auf den Reichstagen die Erörterung der religiösen Angelegenheiten. Wie schon unter seinem' Vorgänger, so bedrohten auch unter seiner Regierung die Türken das Reich. Dieselben wurden aber durch Zrinys tapfere Verteidigung der Festung Szigeth ausgehalten und durch einen Tribut beschwichtigt. 3. Rudolf Ii., 1576—1612, zeigte wenig Befähigung für die Regierung und gab sich lieber astronomischen und alchymistischen Studien hin. An seinem Hose lebten Keppler und Tycho de Brahe. Die während seiner Zeit ausbrechenden Streitigkeiten im Hause Habsburg, mit denen sich religiöse Bestrebungen vermischten, trugen dazu bei, den Gegensatz der Parteien Wiederaufleben zu lassen. Der Kaiser ging in diesem Streite (siehe unten Ii 1) aller Länder verlustig und starb verlassen 1612. Es folgte sein Bruder 4. Matthias, 1612—19. Während seiner Regierung brach der dreißigjährige Krieg aus, nachdem schon manche Ereignisse unter seinen Vorgängern auf einen gewaltsamen Austrag des religiösen und politischen Parteistreites hingedeutet hatten. Ii. Vorbereitende Ereignisse. Verschiedene Ereignisse unter den letzten Kaisern zeigten, daß die katholische Partei im Reiche wieder erstarkt und überhaupt der religiöse Gegensatz nur scheinbar erloschen war. 1. Der Streit im Hause Habsburg. Unter der schwachen Regierung Rudolfs Ii., die den Protestanten nicht geneigt war, kam es dieserhalb in Siebenbürgen und Ungarn zu Aufständen. Daher wurde die Regierung dieser Länder dem Bruder des Kaisers, Matthias, übertragen, der, auf den protestantischen Adel in Österreich und Ungarn gestützt, auch Mähren für sich erwarb. Uni wenigstens Böhmen für sich zu retten, bewilligte Rudolf Ii. in dem sogenannten Majestätsbriefe 1609 den Anhängern der Augsburgifchcn Konfession Religionsfreiheit und das Recht, Kirchen und Schulen zu errichten. Die Auslegung des Majestätsbriefes war aber bei Katholiken und Protestanten eine verschiedene. 2. Die Kölner Wirren, 1583. In Köln wollte der Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg die Reformation einführen. Er

6. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 95

1906 - Leipzig : Dürr
Geschichte des brandenburgisch-Preuischen Mittelstaates von 16481740 95 ihren nationalen Gottesdienst gestattete und ihnen Priester, Popen usw. hielt. König Friedrich I. hat sich von seinem kniglichen Recht in kirch-lichen Angelegenheiten nichts nehmen lassen; er wute die rechte Grenze fr die Duldung zu finden und erklrte des Papstes Protest gegen die neue Knigswrde fr ein impertinentes und lcherliches Vorgehen" und gab Befehl, die Jesuiten fleiig zu beobachten und darauf zu denken, wie man diese Leute auf gute Weise aus dem Lande los werden knnte. Aber er hat gegen die Gehfsigkeit und Unduldsamkeit der katholischen Kirche auch tatkrftig angekmpft. Seinem Gesandten in Kln wurde der resor-mierte Gottesdienst verweigert. Der ppstliche Gesandte in Kln war rooht wie Friedrich annahm dabei beteiligt. Deshalb befahl der König 1708, als alle Drohungen nichts fruchteten, da in den preuischen Landen der katholischen Geistlichkeit die Hlfte ihres Einkommens gesperrt werden sollte, und wenn in Kln nicht binnen sechs Wochen dem Könige Genugtuung gegeben wurde, sollte die andere Hlfte eingezogen werden. c) Doch nicht nur im eigenen Staate vertraten die Hohenzollern-frsten die protestantische Sache und die religise Duldsamkeit. Es ist einer der schnsten Zge des Groen Kurfrsten, wenn er im Deutschen Reiche und unter Deutschlands Fürsten offen die Unduldsamkeit be-kmpfte und fr die vollstndige, rechtliche Gleichheit der Bekenntnisse eintrat. Der Westflische Friede hatte fr die Reichsdeputation und die Kurfrstenkolleg die Gleichheit gefordert. Als sie auf dem ersten Reichstage nach dem Dreiigjhrigen Kriege zu Regensburg 1652 durchgefetzt werden sollte, erhob sich ein heftiger Widerstand unter den katho-tischen Fürsten und ihren Abgesandten. Aber infolge des nachdrcklichen Eintretens Brandenburgs erlangte die evangelische Partei den Sieg; denn es wurde beschlossen, da die drei protestantischen Kurfrsten auf Deputationstagen und Reichsversammlungen abwechselnd eine vierte Stimme abgeben sollten, damit die Gleichheit der Stimmen zwischen Evangelischen und Katholischen hergestellt werde. Auch die Neubegrndung des Direktoriums oder Corpus Evangeli-corum, jener Vereinigung smtlicher dentsch-evangelischen Stnde zum Zwecke gemeinsamer Beratung und gemeinsamen Vorgehens in evangeli-schen Angelegenheiten, die schon in den ersten Jahrzehnten der Resormations-zeit bestanden, aber sich im Dreiigjhrigen Kriege aufgelst hatte, ist durch Brandenburgs Mitwirkung aus dem erwhnten Reichstage durch-gesetzt worden. Den Vorsitz sollte der Kurfürst von Sachfen führen. Als Kurfürst Friedrich August zur katholischen Kirche bertrat (1697), wurde die Sammlung deutscher Verfassungs-Abnormitten durch die ungeheuerliche Tatsache vermehrt, da dieser Fürst auch jetzt sein Vorrecht behauptete, und da des Deutschen Reiches Corpus Evadgelicorum unter dem

7. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 14

1906 - Leipzig : Dürr
14 Das Zeitalter des Absolutismus schwankenden Regierung gegenber versuchten die adligen Barone den alten Lehnsstaat aufleben zu lassen und ihre frhere Selbstndigkeit wieder zu gewinnen. Der Prinz von (Sonde, die Herzge von Bouillon, Guise, Eperuon. der Graf von Soissons gebrdeten sich innerhalb ihres Gebietes wie selbstndige Herrscher; oft genug mute die Krone ihre Bezge erhhen, vielfach kam es zu kriegerischen Wirren. Dieser politische Gegensatz zwischen Knigtum und Aristokratie war aber zugleich ein religiser. Die Hugenotten, denen das Edikt von Nantes (1598) Gleichberechtigung und persnliche Sicherheit (Besitz fester Pltze: la Rochelle, Montauban n. a.) verbrgt hatte, erstrebten nach dem Tode des ihnen ja nahestehenden Knigs Heinrich Iv. eine Erweiterung dieser Rechte; vor allem sollte ihnen gestattet werden, politische Versammlungen aller zum franzsischen Staate gehrenden Reformierten abzuhalten, d. h. einen Staat im Staate zu bilden. Trotz mehrfacher Kmpfe (insbesondere 1620-22) gelang es der kniglichen Gewalt nicht, ihre Selbstndigkeit zu unterdrcken. Neben den Hugenotten und der Aristokratie des Schwertes" fand sich in Frankreich noch eine dritte, dem Absolutismus widerstrebende Einrichtung, die sog. Aristokratie der Robe", die Parla-mente. Diese Reichsgerichte waren aus dem alten Knigsgericht (curia regis seil palatii) hervorgegangen; das lteste war das zu Paris, das seit 1344 drei Prsidenten und 78 besoldete Rte hatte. Wurden diese Stellen anfnglich vom Könige besetzt, so bildete sich im Interesse des Staatssckels (seit Franz I.) die Kuflichkeit, ja sogar die durch Zahlung einer jhrlichen Steuer, der Paulette, zu erreichende Vererbbarkeit dieser Amter (seit Sully) heraus. Neben einer umfangreichen richterlichen Ttig-keit hatten die Parlamente auch einen nicht geringen politischen Einflu: erst dann erhielten knigliche Verordnungen Gesetzeskraft, wenn sie von diesen hchsten Gerichtshfen ( mit der Ausdehnung des Knigreiches wuchs natrlich die Zahl der Parlamente ) auf ihre Rechtmigkeit geprft und in ihre Register eingetragen worden waren, ein Akt, dessen Vor-nhme die Könige allerdings durch eine feierliche Sitzung (lit de justice) erzwingen konnten. Heinrich Iv. hatte ihr Eingreifen in die pottmchen Geschfte niemals geduldet: der Arm fhre nur aus, was der Kopf haben wolle. Whrend der Regierungszeit Marias und Ludwigs Xiii. wahrten sie jedoch eiferschtig und mit Geschick ihre verbrieften Rechte. Zu all diesen Zerklftungen kamen endlich noch soziale und finanzielle Notstnde. Obwohl die Einnahmen der Krone sich auf 10 Millionen Ecus beliefen (unter Franz I. 5 Millionen), reichten sie zur Zahlung der Staatsschuldenzinsen, zu den Gehltern, den Kriegskosten und dem fr den Hof ntigen Aufwand nicht hin; der jhrliche Fehlbetrag belief sich auf fast 6 Millionen. Da Adel und Geistlichkeit (letztere bis auf den Zehnten)

8. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 355

1906 - Leipzig : Dürr
Der Ausbau des neuen Deutschen Reiches 355 Glaubens- und Religionsfreiheit, die Prefreiheit, die Vereins- und Ver-sammlnngssreiheit, das Wahlrecht. Ihm liegen dementsprechend folgende Pflichten ob: Gehorsam gegen die Obrigkeit, die allgemeine Wehrpflicht, Steuerpflicht, Schulpflicht, die Pflicht zur bernahme brgerlicher mter. So ist harmonisch vereint das Streben des einzelnen nach grtmglichster Freiheit und die Rcksicht auf das Ganze, den Staat. Doch nicht nur in so allgemeinen Grundzgen, sondern auch in be-sonderen Gesetzen greift das Reich ein zwecks Frderung der Wohlfahrt; so steht nach Ordnung des Ma-, Mnz- und Gewichtssystems, des Ge-werbe- und Versicherungswesens, der Eisenbahnen, des Post- und Tele-graphenwesens, endlich nach Einrichtung der groartigen Arbeiterversiche-rung das gesamte wirtschaftliche Leben des deutschen Volkes unter einheil-Itcher Gesetzgebung. Die Reichseinnahmen setzen sich zusammen aus den Zllen und Ver-brauchssteuern (Bier, Branntwein, Salz, Tabak, Zucker), den Stempelsteuern, der Brsensteuer, der Fahrkartensteuer, der Erbschaftssteuer, vielleicht dem ersten Wegabschnitte zur Reichseinkommensteuer, und den Matrikularbei-trgen, die von den einzelnen Bundesstaaten nach der Kopfzahl der Be-vlkerung zur Deckung des jeweilig noch ntigen Bedarfs eingezogen werden (Reichsfinanzreform 1906). b) Kaiser und Bundesrat. Den Titel Deutscher Kaiser" fhrt als Inhaber des Bundesprsidiums der König von Preußen. Es ist politisch von der allergrten Bedeutung, da das Deutsche Reich in einer persnlichen Spitze gipfelt, nicht dem abstrakten Bundesprsidium", fr das sich so leicht niemand erwrmt, sondern in einer Person, die die Idee der nationalen Einheit verkrpert, in der die Einheit Deutschlands greifbar dem Aus- und Jnlande entgegentritt. Der Kaiser hat das Reich Vlker-rechtlich zu vertreten, in dessen Namen das aktive und passive Gesandt-schaftsrecht auszuben, Krieg zu erklären, Frieden zu schlieen und als Oberbefehlshaber der Heer und Flotte zu verfgen. Es ist wichtig, her-vorzuheben, da die Bedeutung der Kaiserwrde doch letztlich in der Person des Kaisers selbst begrndet liegt. Nicht das, was ihm die Ver-Fassung an Rechten gibt, macht seine Stellung zu einer berragenden, da sie sich gerade hier durch grte Migung und politischen Takt auszeichnet. Der Kaiser hat in keiner Weise die Stellung eines gesetzgebenden Faktors; nicht einmal ein suspensives Veto, wie es z. B. der Prsident der Union hat, gegen die vom Bundesrat und Reichstag beschlossenen Gesetze steht ihm zu. Auch ist ihm nicht einmal die gesamte vollziehende Gewalt im Reiche bertragen (sie steht vielmehr in erster Linie dem Bundesrat zu). Nur die Rechte, die auch in einer Republik einem einzelnen bertragen werden mssen, wie eben die vlkerrechtliche Vertretung und der Oberbefehl der die

9. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 370

1906 - Leipzig : Dürr
370 Das Neunzehnte Jahrhundert ziehenden Sorgen, seinen sittlichen Segnungen, seiner ausschlielichen Be-beutung fr die Kinbererziehung bebenklich? 8. Sinb die Menschen wirklich nicht nur religis und rechtlich aber geschlechtlich, wirtschaftlich, sozial und politisch nicht von Natur gleich? Die Unmglichkeit eines solchen Zukunftsstaates steht uns fest, weil er einmal allen Gesetzen geschichtlicher Entwicklung, dann aber auch letztlich jeder sittlich-religisen Weltanschauung wiber-spricht. e) Die Sozialreform. Der Staat mu angesichts der sozialbemokratischen Gefahr den Stanbpunkt der Abwehr einnehmen, wie er es nach den fluchwrbigen Attentaten eines Hbel und Nobiling (Mai und Juni 1878) durch das Sozialistengesetz (18781890) auch getan hat; er kann und wird, gesttzt auf ein starkes Heer, wirtschaftliche bergriffe, gewaltige Maffenbemon-strationen, enblich die revolutionre Inszenierung des Zukunftsstaates ver-hinbern. Anbererseits aber wirb er und wieber ist dazu am besten eine krftige Monarchie imstanbe der Krankheitsursache nachspren und sie durch energische Reformen abzustellen streben. Revolutionre Strmungen sind nur durch zielbewute Reformarbeit zu berwinden. Diese Bahn hat das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelms I. Segen und Bismarcks Leitung mit der Botschaft vom 17. November 1881 beschritten; auf ihr wandelt Kaiser Wilhelm Ii. und der Staatssekretr v. Posadowsky fort. Es gilt, einerseits die wirtschaftlich strkeren Klassen zu Opfern zu zwingen zugunsten der Arbeiterklasse, anbererseits die schwache Kraft der einzelnen Jnbivibnen, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, genossen-schaftlich zusammenzufassen, so ba sie leistungsfhig werben. So kann das beutsche Volk mit stolzer Freude auf feine Sozialgesetzgebung schauen. Sie gewhrt dem Arbeiter Besserung und Sicherung seiner Lebens-bebingungen und beseitigt so eine Unzahl von Anlssen zur Unzusriebenheit, zu Groll und Ha. Es sinb aus Grunb des Krankenversicherungsgesetzes von 18851901 ausgegeben worben 1840 Millionen Mark; an Unfall-renten sinb in der gleichen Zeit gezahlt worben 705 Millionen Mark, an Jnvaliben- und Altersrenten 518 Millionen, so da sich 3143 Millionen Mark in Summa ergeben. Durch die Beteiligung der Arbeiter an der Kassenverwaltung, ihre Mitwirkung in Rentensachen u. s. f. ist ihnen gleiches Recht und die Befhigung zur vollberechtigten Recht-Mitfinbung" auf biefem groen Gebiete verliehen, womit eine Strkung ihres Selbst- und Rechtgefhls, eine Minberung ihres Argwohns gegen die Arbeitgeber verbunben ist, enblich

10. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrerseminare - S. 115

1904 - Habelschwerdt : Franke
115 der inneren Verhltnisse infolge der Kmpfe Karls mit den Wittels-bachern in Bayern und Brandenburg kam noch das Auftreten der orientalischen Beulenpest. Man nannte sie damals den Schwarzen Tod" oder das groe Sterben". Die Krankheit forderte zahlreiche Opfer. Es starben z. B. in Erfurt 16 000, in Lbeck 9000, in Danzig 13 000 Menschen. Anfangs schob man die Schuld auf die Judeu und klagte sie der Brunnenvergiftung an. Sie wurden deshalb grausam verfolgt, obgleich der Papst bei Strafe des Bannes ihre Verfolgung verbot. Whrend sich in jener Schreckenszeit viele dem Simiengenu Hingaben, um das bedrohte Leben auszuntzen, hielten andere die Pest fr eine Strafe Gottes. Es taten sich Scharen von Benden zusammen, die von Ort zu Ort zogen, Bulieder saugen und sich mit Geielhieben den Rcken zerfleischten. Gegen^die Aus-schreitungen dieser Geielbrder oder Flagellanten ging7fchlielich die Kirche vor. 3. Karls Zug nach Italien. Ans einem Zuge nach Italien erwarb Karl die lombardische und die Kaiserkrone. Doch erfllte er nicht die Erwartungen der Patrioten, die Parteien zu vershnen und Recht und Ordnung herzustellen. Er begngte sich mit der uerlichen Anerkennung der Kaiserwrde, die ihm in Deutsch-land und den europischen Fürsten gegenber ein hheres Ansehen verlieh. 4. Die Goldene Bulle. Nach seiner Rckkehr aus Italien ver-handelte Karl auf den Reichstagen zu Nrnberg und Metz mit den Fürsten der die Verfassung des Reiches. Das Ergebnis dieser Ver-Handlungen war das Reichsgrundgesetz von 1356, das nach der goldenen Kapsel (bulla), in der das zu der Urkunde gehrende kaiserliche Siegel eingeschlossen war, den Namen Goldene Bnlle" erhielt. Durch diese wurde der Brauch, der sich allmhlich bei den Knigswahlen ausgebildet hatte, gesetzlich anerkannt und der einige strittige Punkte endgltig entschieden. Die Goldene Bulle enthlt in 30 Kapiteln Bestimmungen der die Wahl und Krnung des Knigs der die Rechte der Kurfrsten und den Landfrieden. Die Wahl des Knigs sollen unter dem Vorsitz des Erzbifchofs von Mainz drei Monate nach Erledigung des Thrones zu Frankfurt a. M. die sieben Kurfrsten, nmlich die Erzbifchfe von Mainz, Clu und Trier, der König von Bhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen-Wittenberg und der Markgras von Brandenburg vollziehe. Jedem Kurfrsten ist ein besonderes Aus der Chronik des Matthias von Neuenburg: Die Geielbrder in Straburg. Atzler, Qu. u. L. I. Nr. 50. Die Goldene Bulle. Atzler, a. a. O. Nr. 51. 8*
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