1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Brunnen und Oasen bestimmt, die man immer auf kürzestem Wege zu er-
reichen sucht.
Sechs Hauptstraßen durchziehen die Sahara von N. nach S.: 1. von Mogador (Fes,
Marokko), 2. vom s. Algerien über Tuat, 3. von Tripolis über Ghadames nach Timbuktu,
4. von Tripolis über Mursuk, 5. von Beughasi über Kusra zum Tsadsee, 6. von ©tut
im Nilgebiet nach Kordofan. ' Die kürzeste und zugleich wichtigste ist die von Tripolis
zum Tsadsee, die etwa 90 Tage beansprucht.
Der Karawauenhandel liegt hauptsächlich in den Händen arabischer und ägyptischer
Kaufleute. Um die Gefahren zu vermindern, sehen sie darauf, daß möglichst große Kara-
wanen zusammenkommen. Ost zählt eine solche 50)—1000 Kamele, ja von Alschier ging
1906 eine mit 3045 Kamelen ab. Die Tiere werden hoch mit den wohlverpackten Waren
beladen. Außerdem muß man sich mit Lebensmitteln versehen, besonders Brot, das aller-
dings bald steinhart wird, und Datteln. Dazu kommt ein reichlicher Vorrat an Wasser,
das in Schläuchen von Ziegenfell, die innen geteert sind, mitgeführt wird. Zum Schutze
gegen räuberische Überfälle sind die Mitglieder der Karawanen bewaffnet. In besonders
unsicheren Zeiten wird ihnen auch noch eine militärische Bedeckung mitgegeben. An der
Spitze der Karawane reitet der Führer, ein mit der Wüste vertrauter Mann. Dann
folgt in fast endloser Reihe, oft über eine Wegstuude lang, ein Kamel hinter dem
anderen. Die schwer beladenen Tiere schreiten ziemlich langsam, etwa 4 km in der
Stunde. Täglich legt man 40—50 km zurück. Wird Rast gemacht, so sammeln sich die
Kamele wieder zuhauf, die Reisenden bereiten sich bei einem Feuer aus getrocknetem
Kamelmist ihr Mahl und errichten Zelte, in denen sie die Nacht verbringen. „So verfließt
ein Tag wie der andere, bis einige Raben oder Krähen die Quelle verkünden und am
Horizont die Wipfel der königlichen Palmen auftauchen. Dann eilt alles mit schnellem
Schritt dem Wasser zu, und Menschen und Tiere löschen ihren Durst in langen Zügen,
als ob sie nimmer aufhören wollten. Am Brunnen wird einige Tage gerastet, in größeren
Oasen verweilt man wochenlang und tauscht mit seinen Waren". Dann wird die Reise
fortgesetzt, bis endlich das Ziel erreicht ist.
Die Karawanen versorgen die Oasen mit Getreide u. a. Bedarf und tauschen dafür
hauptsächlich Datteln ein. Auch holen sie in der Wüste Salz, das besonders nach dem Sudan
gebracht wird. Viel bedeutender ist der Durchgangshandel. Die Karawanen, die von den
Mittelmeerländern kommen, führen hauptsächlich Industriewaren mit sich und bringen
dafür Elfenbein, Gummi, Straußenfedern, Goldstaub, Felle u. a; Erzeugnisse
des Sudans zurück. Der früher bedeutende Handel mit Negersklaven hat ganz aufgehört.
Überhaupt ist der Karawanenverkehr sehr zurückgegangen, seit der Senegal, der Niger und
der Venne der Schiffahrt erschlossen sind und eine bequemere und billigere Warenbeförde-
rung ermöglichen.
Staatliche Zugehörigkeit. Vor zwei Jahrzehnten noch war die Sahara größten-
teils freies Gebiet. Von Algerien und Tunis aus aber hat Frankreich, von Ägypten aus
England sein Machtbereich immer weiter auszudehnen versucht, bis sich beide Mächte 1899
durch den sog. Faschodaverlrag die Wüste teilten, soweit sie nicht schon im Besitze anderer
Staaten war. Frankreich erhielt den weitaus größeren w. Teil bis über das Bergland
von Tibesti hinaus (6,4 Mill. qkm, 11/1 Mill. E.), England als ägyptischen Anteil den
O. (die Libysche Wüste und Nubien, 1'/. Mill. qkm, 1 Mill. E.). Nicht in französischem
oder englichem Besitz sind das spanische Rio de Ora (190000 qkm, 130000 E.) an der
atlantischen Küste und als wertvollstes Gebiet das jetzt zu Italien gehörige Tripolitanien.
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nur Stricke angewendet. Leute, die besondere Vorsicht erheischten, gingen zu Zweien in
der Sklavengabel, einem Gabelholz, bei dem der Hals in die Gabel eingeschnürt ist. Es
ist kaum zu beschreiben, in welch elendem und erbärmlichem Zustande die schwarze Ware
war. Arme und Beine fast fleischlos, der eingezogene Bauch voller Runzeln, der Blick
matt, das Haupt gebeugt, so schlichen sie in eine ihnen unbekannte Zukunft, ostwärts und
immer ostwärts weg von ihrer Heimat, fortgerissen von Weib und Kind, von Vater und
Mutter, die sich vielleicht im Walde der Hätz entzogen hatten oder sich wehrend nieder-
gemacht waren. Ein furchtbar empörendes Bild bot im Lager einer solchen Karawane
die allabendliche Verteilung der Nahrungsmittel. Mit weit aufgerissenen Augen drängten
sich die Hungernden um den Platz, an dem einer der Wächter zum Verteile« der Lebens-
mittel stand, ab und zu die ihn vor Hunger dicht Umdrängenden mit einem Stocke
zurücktreibend; ein kleines Maß in der Große eines Wasserglases wurde mit Korn ange-
füllt, Mais oder Hirse, einem jeden in den Lappen oder die Ziegenhaut, mit der er seine
Blöße deckte, hineingeschüttet. Viele dieser Leute, zu müde, um das Korn zu reiben oder
zu stoßen, kochten es einfach in heißem Wasser oder rösteten es im Topfe auf dem Feuer
und schlangen es so hinab, um das schmerzhafte Gefühl des Hungers zu besänftigen. . . .
Kaum der vierte Teil dieser Armen erreicht die Küstenländer, in denen sie verkauft oder
zur Ausfuhr bereitgehalten werden oder auf die Pflanzungen der Küstenleute gehen."
Staatliche Verhältnisse.
1. Französisch-Kongo (1,5 Mill. qkm, 10 Mill. E.) erstreckt sich zwischen
Belgisch-Kongo, gegen das Kongo und Nbangi die Grenzen bilden, und Deutsch-
Kamerun von der atlantischen Küste nach N.-O. bis über 'die schon besprochenen
Landschaften ö. vom Tsadsee (S. 48). Das Gebiet wird aber jetzt an zwei
Stellen von Zipfeln Kameruns, die an den Kongo und Ubangi heranreichen,
unterbrochen. (S. Kamerun). Die Sudanlandschaften abgerechnet, ist das Gebiet
größtenteils mit Urwäldern bedeckt, auf weite Strecken hin noch völlig unerforscht
und wirtschaftlich wenig entwickelt. Die Wälder werden durch Gesellschaften auf
Kautschuk, Ebenholz, Farbholz, Palmöl usw. ausgebeutet. Neuerdings hat man
auch mit der Anlage von Pflanzungen begonnen (Kaffee, Tabak, Vanille usw.).
Die Ausfuhr betrug 1910 13 Mill. Mk. Der Sitz des Gouverneurs ist
Libreville (3000 E.), an der geräumigen Gabunbucht. Am Stanley Pool
liegt die Station Brazzaville.
2. Ein spanisches Gebiet (nur 25000 qkm mit 140000 E.) liegt am Flusse Muni
in Kamerun und ist bis jetzt ziemlich bedeutungslos.
3. Angola (1270000 qkm, 4,2 Mill. E.), portugiesischer Besitz, erstreckt
sich vom Kongo bis Deutsch-Südwestafrika und weit ins Innere hinein, wo es
von Belgisch-Kongo und englischem Gebiet begrenzt wird. Der größere Teil ge-
hört dem Südafrikanischen Hochlande an. Die etwa 150 km breite Küstenebene
ist im n. Teile ziemlich fruchtbar und zum Anbau tropischer Gewächse geeignet
aber auch sehr ungesund. Die Hochländer sind grasreich und können einmal
ein wichtiges Gebiet für die Viehzucht werden.
Die Küste ist schon seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Portugiesen, die Grenzen
des Hinterlandes sind aber erst 1896 durch Verträge festgelegt worden. Jahrhunderte lang
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Geschmack und ein widerliches Aussehen hatten, Kochsisch, Klößchen aus Fischfleisch, ein
gemeinsamer Napf mit einer durch Seetang oder Gallerttiere verdickten Suppe, Quallen,
Fischgekröse, Taubeneier mit geschmorten Pilzen, Bambussprossen, Seeschnecken in Hühner-
brühe mit Schinken, geschmorte Lilienwurzeln, wilde Enten mit Schantungkohl, fettes,
knusperig gebratenes Ferkelfleifch und Entenbraten. Und dazu keine Kartoffel, kein Brot!"
(Exner). — Geistige Getränke spielen beim chinesischen Volke keine Rolle, dagegen sind Tabak-
rauchen und Schnupfen weit verbreitet. Ein schlimmes Laster ist das Körper und Geist
zerrüttende Opiumrauchen, auf dessen Ausrottung aber die Regierung jetzt eifrig bedacht ist.
Der Chinese ist außerordentlich höflich und zuvorkommend. Die Begrüßungen und
Verbeugungen, womit er seinen Gast empfängt, nehmen gar kein Ende. Rühmenswert ist
die Ehrfurcht und Achtung der Kinder vor den Eltern, überhaupt vor Erwachsenen. Un-
gehorsam gegen die Eltern ist nach chinesischer Anschauung eine Sünde, für die es keine
Vergebung gibt. Die überaus starke Betonung der Pflichten der Kinder den Eltern, aller den
Vorgesetzten gegenüber ist für China von großem Segen gewesen und eine der Hauptursachen
für das Jahrtausende lange Bestehen des Chinesischen Reiches. Die Verehrung erstreckt sich auch
auf die Vorfahren, denen man Ahnenhallen errichtet und Opfer darbringt wie den Göttern.
Den Lichtseiten entsprechen dunkle Schattenseiten. Der Chinese ist ein geborner Ge-
schästsmann, gewandt und geschickt im Handel, aber auch im höchsten Grade gerieben, voller
Lug und Trug, so daß im geschäftlichen Verkehr mit ihm die höchste Vorsicht am Platze ist.
Dazu kommt Lieblosigkeit und Hartherzigkeit gegen die Mitmenschen. Ein Reisender beobachtete
auf einem Schiffe eine Schar chinesischer Arbeiter, die in ihre Heimat zurückkehrten, rauchten,
spielten und lärmten. Einer lag schwer krank zwischen ihnen. „Aber niemand kümmerte
sich um ihn, seine Kameraden umlagerten gefühllos sein Sterbelager, spielten weiter, ohne
sich um sein Todesröcheln zu kümmern, und rückten höchstens ein wenig beiseite, wenn sie
der Sterbende im Zusammenzucken mit den Gliedern stieß." In der Familie nimmt die
Frau eine durchaus untergeordnete Stellung ein, und vom öffentlichen Leben ist sie ganz
ausgeschlossen. Neugeborene Mädchen werden häufig ausgesetzt, ins Wasser oder auf die
Straße geworfen, wo sie den herrenlos umherschweifenden Hunden zur Beute werden. Die
christlichen Missionare suchen, so weit möglich, solche Kinder zu retten, kaufen sie auch
wohl zu diesem Zwecke den Eltern ab und bringen sie in den von ihnen errichteten Findel-
Häusern unter, wo sie zu Christen erzogen werden. Arme Leute werfen auch Kinder, die
ihnen sterben, auf die Straße, um die Beerdigungskosten zu sparen. „In Peking", berichtet
Ehlers, „fahren täglich in der Frühe Karren durch die Stadt, um die aus den Häusern
geworfenen Leichen der über Nacht verstorbenen Kinder armer Leute aufzusammeln und in
eine gemeinsame Grube abzuliefern." Eine sehr unangenehme Eigenschaft der Chinesen ist
.ihre Unsauberkeit. Sie betrifft nicht nur den Körper, sondern zeigt sich auch in den
Wohnungen und Straßen, die von Schmutz starren und voll widriger Gerüche sind.
Geistig ist der Chinese gut beanlagt, aber er ist vorwiegend Verstandesmensch, nüchtern
und phantasielos, ohne Gemüt. Die Gelehrsamkeit steht in hohem Ansehen, aber nur,
soweit sie praktischen Nutzen gewährt und zu Amt und Würden berechtigt. Dazu fehlt
dem Chinesen die Beweglichkeit. Er hängt am Alten, Überkommenen und ist jedem Fort-
schritt, jeder Neuerung abgeneigt. Die Volksbildung steht ziemlich hoch. Überall gibt es
Schulen, die Lesen und Schreiben lehren und in die „klassischen Schriften" einführen. Die
Beamten müssen sich schweren und langwierigen Prüfungen unterziehen. Das chinesische Schrift-
tum ist sehr umfangreich und erstreckt sich auf alle Zweige des Wissens und der Dichtkunst.
Höchst eigentümlich ist die chinesische Sprache. Sie besteht aus 450 einsilbigen
Wörtern, die aber vermöge verschiedenartiger Aussprache und Betonung 1200 Lautgebilde
darstellen. Jedes dieser Wörter hat wieder mehrere, manche sogar 30—40 verschiedene
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90 cm breit). Die Größe eines Raumes wird daher in Matten angegeben. Man spricht
von einer Sechs-, Acht- oder Zehnmattenstube. Von Hausgerät ist nicht viel zu sehen.
Das Bett, aus einer gesteppten Matratze und einer Wolldecke bestehend, wird den Tag über
in Schränken aufbewahrt und erst abends auf dem Boden bereitet. Tische und Stühle
fehlen, da man auf dem Fußboden sitzt und die Speisen nur auf ein schemelartiges Gestell
setzt (Abb. 33). Zur Erwärmung des Zimmers dienen jetzt meist Kohlenbecken; früher befand sich
im Fußboden eine Vertiefung, in der man ein Feuer unterhielt. Da die Häuser keine Schorn-
steine haben, sind die Zimmer im Winter mit Rauch und Dunst erfüllt. Sonst aber machen
sie einen reinlichen und freundlichen Eindruck. Bei der Bauart der japanischen Häuser
entstehen oft Feuersbrünste, und in den Städten, wo die Wohnungen dicht aneinander gedrängt
stehen, fallen oft Taufende von Gebäuden dem Feuer zum Opfer, obwohl überall Feuerwachen
und Feuerwehren vorhanden sind und bei den Häusern Fässer mit Wasser bereitstehen.
Rein berichtet, er habe Japaner gekannt, die achtmal im Leben abgebrannt seien, und selten
vermöge ein Japaner sein Leben unter demselben Dache zu beschließen, unter dem er das
Licht der Welt erblickt habe. Kaufleute verwahren darum ihre wertvollen Güter außerhalb
des Hauses in Mauerhöhlen. In neuerer Zeit sieht man aber in den Städten schon ganze
Straßen, deren Häuser nach europäischer Art aus Steinen gebaut sind.
Die Hauptnahrung der Japaner ist der Reis. Werden doch die Hauptmahlzeiten
kurz als Morgen-, Mittag- und Abendreis bezeichnet. Dazu kommen, besonders in den
Gebirgsgegenden, Weizen, Buchweizen und Gerste, ferner Hülsen- und Knollenfrüchte; von
tierischer Nahrung Fische, Krebse und Weichtiere. Wie bei den Chinesen, ißt man mit
zwei Stäbchen ans Holz oder Elfenbein. Merkwürdig ist, daß den Japanern vor der
Berührung mit den Europäern Brot, Butter und Käse unbekannt waren. Hauptgetränke
sind Tee- und Reisbranntwein, und allgemein verbreitet ist das Tabakrauchen. Sven Hedin
beschreibt ein Frühstück in einem japanischen Gasthofe wie folgt: „Wir setzten uns nun auf
Kissen nieder, um zu frühstücken. Die Dienerinnen trugen kleine, rotlackierte Tische herein,
die nicht größer und höher waren als Schemel. Jeder Gast erhielt sein eignes Tischlein,
und auf jedem standen fünf Obertassen, Untertassen und Schüsselchen aus Porzellan und
lackiertem Holz, alle mit einem Deckel zugedeckt, der einer Untertasse glich. Es gab rohe
und gekochte Fische, verschieden zubereitet, Eierkuchen, Nudeln, Krebssuppe mit Spargel und
noch allerlei Leckerbissen. Als ich die fünf ersten Gerichte gekostet hatte, wurde ein Tisch
mit neuen Gerichten gebracht. Wird ein großes Gastmahl gegeben, so kann solch ein
„Tischlein, deck' dich" vier- bis fünfmal wechseln, ehe das Diner zu Ende ist."
Bis zur Umgestaltung des Staatswesens im Jahre 1868 (S. 181) gliederte sich die
japanische Bevölkerung in vier scharf voneinander geschiedene Stände: den Adel, die Krieger,
die Bauern und die Kaufleute. Seit diese Klassen ihre Vorrechte verloren haben, ist der
Unterschied ziemlich bedeutungslos geworden.
Die ursprüngliche Religion der Japaner ist der Schintoismus, der sich in der.
ältesten Zeit aus der Verehrung von Sonne und Mond entwickelt hat. Er besteht in der
göttlichen Verehrung der Kami. Als solche gelten insbesondere die Geister Verstorbener,
namentlich solcher, die sich um das Vaterland verdient gemacht haben, aber auch persönlich
gedachte Naturkräfte. Die Tempel sind einfache, mit Stroh oder Schindeln gedeckte Holz-
bauten mit geschwungenen, weit vorspringenden Dächern, ohne jeden Schmuck (Abb. 34).
Im Innern befindet sich ein blank polierter Metallspiegel und ein Bündel weißer Papier-
streifen, vielleicht Sinnbilder des Glanzes der Sonne und der Reinheit der Seele. Götzen-
bilder enthalten die Tempel nicht. Der Gottesdienst besteht in der Darbringung von Opfern.
Neben dieser Ahnenverehrung zählt der Buddhismus (S. 130) viele Anhänger. Er hat
aber auch hier von seiner ursprünglichen Lehre wenig bewahrt und ist zu einem groben
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hat die Regierung seitdem gegen 900 artesische Brunnen erbohrt, die in der
Minute über 260000 1 Wasser spenden. Ganze Oasengruppen mit Dattel-
Palmenwäldern sind dadurch entstanden, die der Regierung eine erhebliche Ein-
nähme bringen, da von jeder Palme eine Steuer von 10 Sous (0,40 M.)
erhoben wird. Die größten unter den Oasen sind die von Biskra mit 160000
Palmen, Wargla, Tnat und Tuggurt.
Die Bevölkerung besteht wie in Marokko aus Berbern, die hier Kabilen
heißen, Arabern, Mauren und Juden. Nur ist die Zahl der Europäer
bedeutend größer. Sie beträgt etwa 750000; darunter sind rund 450000
Franzosen, 120000 Spanier und 33000 Italiener.
Zwischen den Eingeborenen und den Fremden besteht eine tiefe Kluft: Sprache,
Sitten, Religion und Geschichte, alles trennt die Muslim von den verhaßten Christen.
Die französische Herrschast wird mit Unwillen ertragen. Die Regierung ist bemüht, durch
die Errichtung von höheren und Volksschulen die Bevölkerung zu gewinnen und mit abend-
ländischer Bildung zu durchdringen, wie es scheint, ohne großen Erfolg. Die Bande des
Blutes und der Religion erweisen sich als stärker, und die überall bestehenden, mit den
Moscheen verbundenen Koranschulen halten das Volk in den alten Anschauungen fest. Ein
anschauliches Bild von dem Unterricht in einer solchen Koranschule entwirft Schneller:
„In einer Fensternische sitzt der würdige Schulmonarch. Als Zeichen seiner Macht und
Würde hält er einen langen Stock in der Hand, der fast durch das ganze Zimmer reicht.
So kann er, wie die Kutscher auf den Alpenposten mit ihrer Peitsche auch die entferntesten
Pferde erreichen, auf jeden Schüler einwirken, ohne sich vom Platze zu erheben. Um ihn
herum sitzen auf dem mit Matten belegten Boden arabische Kinder, die den Koran lernen.
Jeder Knabe hält eine Tafel in der Hand, auf der ein Abschnitt aus dem Koran geschrieben
steht. Dies Pensum muß er in ungezählten Wiederholungen aufsagen oder vielmehr
brüllen, indem er mit übergeschlagenen Beinen auf dem Boden sitzt und den Kopf taktmäßig
nach vorn und hinten wiegt, eine Gymnastik, die gegen das lange Sitzen sehr heilsam sein
mag, nach Ansicht der mohammedanischen Schulmeister aber auch höchst geeignet ist, den
Geist rege zu erhalten. Sobald einer mit dem Schreien und Wiegen einhält, erhebt der
Schultyrann seinen Kopf und versetzt dem Säumigen eine wohlgezielte Aufmunterung auf
den Kopf, meist nur eine sanfte Berührung wie bei einem barmherzigen Kutscher, der
seinen Pferden nicht wehe tun will. Und die Berührung genügt, um den nachlassenden
Eifer sofort wieder auf die Normaltemperatur zu bringen." In einer andern Schule, die
Schneller in Tunis besuchte, ging es strenger her. Er sah dort, wie der Lehrer einem
Schüler, den mehrere andere festhielten, mit einem Bambusstock 8—10 wuchtige Hiebe auf
die nackten Sohlen versetzte und wie selbst ein 18 jähriger Student kräftige Stockhiebe auf
die Handflächen empfing.
Wirtschaftsverhältnisse. Algerien ist wirtschaftlich ungünstiger gestellt als
Marokko. Es grenzt nicht wie dieses an zwei Meere, und der anbaufähige
Boden nimmt eine bedeutend geringere Fläche ein. Aber die Hilfsquellen des
Landes werden in ganz andrer Weise ausgenutzt.
Frankreich hat in Algerien ein großes Kulturmerk vollbracht. Nicht weniger als
6 Milliarden Mk. sind von ihm im Laufe der Zeit für die Kolonie aufgewendet worden,
und noch bis in die letzten Jahre blieben die Einnahmen beträchtlich hinter den Ausgaben
zurück. Das Land hat jetzt eine geordnete Verwaltung; Eisenbahnen in einer Gesamtlänge
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zwängt werden. Bei den Reichen geschieht dies durch Umwicklungen, die von
fachkundigen Spezialisten angelegt und allmählich immer mehr verschärft werden.
Furchtbar aber sind die Qualen, die die Mädchen armer Eltern zu erdulden
haben. Der Fuß des Kindes wird in eine Holzsorm getrieben, die so klein ist, daß
die gewaltsame Zerstörung von Muskeln und Zehen unter den gräßlichsten Schmerzen
eintreten muß, ja in der Regel pflegt man große Steine als Hämmer zu benutzen, um die
Formen an den Fuß zu treiben. In den höheren Ständen wird mit dieser Plage fortgefahren,
bis das arme Geschöpf wie auf Stelzen geht und sich außer dem Hause nicht mehr anders
als im Tragstuhle oder auf dem Rücken einer Dienerin bewegen kann. In den Niedern
Ständen geht man nicht so weit, hier bewegen sich die Frauen noch immer mit einiger
Freiheit." Der Schuh einer vornehmen Chinesin ist nicht größer als bei uns der Schuh
eines 5—6 jährigen Kindes. Neuerdings ist aber unter dem Einfluß europäischen Wesens
eine lebhafte Bewegung gegen die unnatürliche Sitte entstanden und hat sogar die Unter-
stützung des kaiserlichen Hofes gefunden. Ein Erlaß vom Jahre 1909 verbietet allen Beamten,
die Füße ihrer Töchter zu verstümmeln bei Strafe sofortiger Absetzung.
Der Chinese liebt weite und bequeme Kleidung. Das Hauptstück ist meist ein langer,
bis zu den Knien oder Knöcheln reichender kragenloser Rock mit weiten, langen Ärmeln, die
zugleich als Taschen dienen. Er besteht bei den Ärmeren aus Hanf- oder Baumwollstoffen,
bei den Reicheren aus Seide. Darüber wird im Winter noch ein kürzeres, häufig aus
Pelzwerk bestehendes Kleidungsstück getragen. Die Füße stecken in plumpen Zeugschuhen
mit ungewöhnlich dicken Filz- oder Ledersohlen. Doch geht die ärmere Bevölkerung im
Sommer meist barfuß. Den Kopf bedeckt eine bei den Vornehmen fein gearbeitete Mütze;
Landleute tragen zum Schutz gegen die Sonne einen großen Hut aus Bambusgeflecht.
Sehr beliebt ist der Schmuck. Vornehme Chinesen haben oft, um ihren Reichtum zu zeigen,
alle Finger voll von kostbaren Ringen. Die Wohnungen sind gewöhnlich klein, einstöckig,
aus Holz oder Backsteinen erbaut und stehen dicht zusammengedrängt in engen, winkligen
Gassen, nicht nur in den Städten, sondern auch in den Dörfern. Millionen wohnen auch
in Erdhöhlen (S. 159), und Hunderttausende auf Flößen oder Booten. Die Reichen haben
natürlich prächtige, mit Gärten und Parkanlagen umgebene Häuser.
Im Essen und Trinken ist der Chinese außerordentlich genügsam. Das Haupt-
Nahrungsmittel ist der Reis. Dazu kommen Brot, Hülsenfrüchte, Gemüse, Schweinefleisch,
Fische und Geflügel, als Getränk hauptsächlich Tee. Aber man verzehrt auch Pferde-,
Hunde-, Katzen- und Rattenfleisch und alle Meertiere, darunter mit Vorliebe Seegurken.
Abweichend von andern morgenländischen Völkern, wird nicht aus einer gemeinsamen
Schüssel und mit den Fingern gegessen, sondern jeder Tischgast hat seinen eignen Teller,
eine kleine Lackschale, aus der die Speisen mit zwei Holz- oder Elsenbeinstäbchen, die man
zangenartig zwischen den Fingern der rechten Hand hält, zum Munde geführt werden. Von einem
Gastmahl in einem vornehmen Hause berichtet ein Europäer u. a.: „Tischtücher waren nicht
landesüblich, wohl aber lag bei jedem Gedeck eine Papierserviette von der Größe eines Brief-
bogens, woran man die Lippen oder auch die Eßstäbchen zwischen den einzelnen Gängen
trocknen konnte. Bei jedem Gedeck lag ferner ein großer Löffel und stand eine kleine
Blechschale, nicht größer als ein Desserttellerchen; aus diesem Schälchen, das nie gewechselt
wurde, aß man alle 30—40 Gänge und warf etwaige Reste eines früheren Ganges einfach
unter oder gar auf den Tisch. Die Vorspeisen sollten offenbar die Eßlust anregen: Me-
lonenkerne, Rosinen, verzuckerte Nüsse, Ingwer, Krabben und Schnecken, kleine rot und
weiß überzuckerte Kuchen. Nachdem der Gaumen gereizt war, folgte Haifischsuppe, eine
Leckerei. Nun aber wechselten die Gerichte, so daß man Mühe hatte, alle im Gedächtnis
zu behalten: Schnecken, Enteneier, die infolge längeren Eingrabens einen senfartigen
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man aber in nenrer Zeit auf die Verbesserung der Wege bedacht gewesen ist,
zeigt die Zunahme der Räderfahrzeuge, deren Zahl zu Steuerzwecken festgestellt
wird. Sie stieg in der Zeit von 1875—1909 von 32 000 auf 2 056 000.
Bezeichnend für Japan ist, daß die weitaus meisten Fuhrwerke nicht von Pferden
und Ochsen, sondern von Menschen gezogen werden. Zur Personenbeförderung,
besonders in den Städten, dient die Jinrikfcha, ein leichter, zierlicher zwei-
rädriger Karren, in dessen Deichsel ein barfüßiger, mit einem blauen Kittel und
einem breitrandigen Strohhute bekleideter Kuli mit großer Schnelligkeit und uu-
glaublicher Ausdauer läuft. 1872 wurde zwischen Tokio und Iokohama die erste
Eisenbahn erbaut; 1910 hatte das Schienennetz, Korea eingeschlossen, bereits
eine Länge von 9800 km. Dazu kommen an andern Verkehrsmitteln noch
180 000 km Telegraphendrähte, 7500 km Unterseekabel und 6200 km Fern-
sprechleitungen. Die Handelsflotte zählte Ende 1910 2518 Dampf- und
6337 Segelschiffe europäischer Bauart mit einem Gehalte von 1,7 Mill. t,
doppelt soviel wie im I. 1900 (D. 2,9 Mill. t).
Nichts veranschaulicht den gewaltigen Fortschritt, den Japan in den letzten 4 Jahr-
zehnten gemacht hat, besser als die Entwicklung des Außenhandels. Dieser hatte 1868
einen Gesamtwert von nur 79 Mill. Mk., erreichte 1893, also nach 25 Jahren, bereits die
Summe von 378 Mill. und stieg 1911 auf 1970 Mill. Mk. (A. 912, E. 1058). Er ist
also in einem Zeitraum von 43 Jahren auf das 25 fache gestiegen. Ausgeführt werden
u. a. Rohseide und Seidenwaren '337 Mill. Mk.), Baumwollgarn und Baumwollwaren (126),
Kupfer (41), Kohlen (36), Tee (29), Strohwaren (21), Zündhölzchen (20). — Unter den
Handelsländern stehen England und China an erster Stelle, jenes namentlich für die Einfuhr,
dieses für die Ausfuhr. Der Handel Deutschlands mit Japan hatte 1911 einen Gesamt-
wert von 150 Mill. Mk. Es bezog von dort für 37 Mill. Mk. Ware und führte dahin
aus für 113 Mill., besonders Eisen und Eisenwaren, Maschinen und Farbstoffe.
Siedlungen. Die japanischen Städte ähneln den chinesischen, haben aber meist
keine Mauern, und die Straßen sind sauberer. Schön kann man sie nicht nennen. Die
Häuser sind meist klein und unansehnlich und haben fast alle dieselbe Bauart (S. 175).
Die schmalen, ungepslasterten Straßen werden durch die vorspringenden Dächer noch mehr
verengt. „Schwarz und Grau sind die vorherrschenden Farben. Nichts ist trauriger, als
eine solche Straßenansicht, aber man hat nicht Zeit, sich bei ihr aufzuhalten. Über dem
lebhaften Verkehr in den Gassen vergißt man die Häßlichkeit der Häuser. Man wünscht,
100 Augen zu besitzen, um den Reichtum, die Abwechslung, die Sonderbarkeit der Gegen-
stände zu betrachten, die feilgeboten werden, sowie die bunte, mannigfaltige Menge der
Kauflustigen. Tokios Geschäftsstraßen erinnern an die belebtesten Teile europäischer Groß-
städte, nur fehlt das laute Wagengerassel völlig, und selbst die Huse der Lasttiere sind mit
Slrohschuhen bekleidet. Wie in vielen von unsern Hafenorten sind hier und in andern
Seeplätzen Japans regelmäßig angelegte Straßen von breiten Kanälen durchzogen, auf
denen ein lebhaftes Treiben von Booten herrscht" (Ratzel).
a) Auf Hondo liegt Tokio (1,82 Mill. E.), die Hauptstadt Japans. Die weit-
läufig gebaute Siedlung breitet sich in einer großen Ebene an der nach ihr benannten
Bucht aus. Sie hat seit der Neugestaltung des Reiches eine große Umwandlung erfahren
und ist jetzt mit allen Einrichtungen europäischer Großstädte versehen. Sie hat elektrische
Straßenbahnen, Gas- und elektrisches Licht, Telegraphen- und Fernsprechleitungen, eine
1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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die englische Abkunft, in ihrer geistigen Eigenart aber stehen sie in vielem in scharfem
Gegensatz zu ihren Vettern in Europa. Ohne Zweifel haben mancherlei Umstände dazu
beigetragen, diese Wesensänderung herbeizuführen: das Klima, die schweren Kämpfe der
Kolonisten um ihr Dasein, die Mischung mit fremdem Blute.
Was beim Amerikaner zuerst auffällt, ist sein unruhiges, hastiges Wesen. „Es scheint
dem Amerikaner ganz unmöglich, seine Zeit ohne Beschäftigung zu verbringen. Er vermag
nicht ruhig auf einem Stuhle zu sitzen, sondern schaukelt sich darauf hin und her. Ihm
ganz unbewußt beschäftigen sich seine Hände mit irgend etwas, was sie gerade erfassen, sei
es auch nur ein Stück Papier, das sie zerknittern. Das in deutschen Städten zu beobachtende
bedächtig langsame Schlendern ist in Amerika nie zu sehen. Alles rennt. Doch glaube
man nicht, daß alle diese Leute ungeheuer beschäftigt seien. Im Gegenteile, viele hocken
sich urplötzlich auf einen Zaun, einen Pfahl oder sonstwo hin, wo sie sich nur durch fort-
währendes Balancieren, das die Beine beschäftigt, sitzend erhalten. Binnen kurzem ziehen
sie ein Messer aus der Tasche, und ihre Hände fangen an, was ihnen in den Wurf kommt,
sei es der Zaun selbst, zu zerschneiden." (von Hellwald.)
Eine zweite Eigentümlichkeit ist ein kühner, ja schrankenloser Unternehmungs-
g eist, gepaart mit Mut, Umsicht, Entschlossenheit. Keine Gefahr, kein noch so großes Hindernis
schreckt den Aankee zurück, das Wort unmöglich gibt es nicht in seinem Wörterbuche. Damit
hängt zusammen seine Borliebe für das Ungewöhnliche, Großartige, Übertriebene. Man
denke nur an die Riesenbauten mit ihren zwanzig, dreißig, vierzig und mehr Stockwerken.
Nicht mit Unrecht bezeichnet man Amerika als das „Land der unbegrenzten Möglich-
leiten".
Der Amerikaner ist in seiner Denkweise durchaus nüchtern und aus das
Praktische gerichtet und übertrifft darin noch weit seinen englischen Vetter. Viel Geld
verdienen, möglichst rasch reich werden, darum dreht sich sein ganzes Sinnen und Denken.
Um ideale Güter, Kunst und Wissenschast, soweit sie nicht dem praktischen Leben dienen,
kümmert er sich wenig. Rücksichtslos, ohne Bedenken darum, ob andere dabei zugrunde
gehen, verfolgt er sein Ziel. Man denke an die großen Eisenbahngesellschaften. Um
möglichst viel Gewinn heransznschlagen, werden die Bahnen schlecht und billig gebaut, und
selbst die notwendigsten Sicherheitsvorrichtungen zum Schutze der Reisenden fehlen. Bahn-
Wärter gibts natürlich auch nicht, die würden zu viel Geld kosten. So sind Unglücksfälle
an der Tagesordnung, aber man kümmert sich nicht viel darum. Man denke weiter an die
Trusts, die Verbände und Ringe der Fabrikanten und Großkaufleute, die die Erzeugung
und den Verkauf ganzer Warengattungen, wie des Eisens, des Petroleums, des Tabaks,
in ihre Hände gebracht haben und die Preise willkürlich zu ihrem Nutzen in die Höhe
treiben. Kein Wunder daher, daß in Amerika Summen verdient werden wie in keinem
andern Lande, und daß man den Reichtum vieler Personen nicht mehr nach Millionen,
sondern nach Milliarden berechnet.
Eine sehr anerkennenswerte Seite der amerikanischen Denkweise ist die Hochschätzung
aller Arbeit, auch der körperlichen. Der Industriearbeiter und der Bauer sind dort
nicht durch eine solche Kluft von den „höheren" Ständen geschieden wie in Europa. Es
ist darum auch Leuten geringer Herkunft viel leichter möglich, zu Reichtum, Ansehen und
hoher Stellung zu gelangen als bei uns. Man fragt dort nicht: Aus welchen Kreisen
stammst du? Welche amtlich beglaubigten Zeugnisse über deine Schulbildung kannst du
vorzeigen? sondern lediglich: Was kannst und was leistest du? Eine große Zahl nicht
nur der reichsten, sondern auch der geistig hervorragenden Männer Nordamerikas sind
Männer eigner Kraft, die sich aus den untersten Ständen emporgearbeitet haben.
Die großen Erfolge, die Nordamerika auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens
1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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(1,50-1,60 m), haben ein breites, plattes Gesicht mit vorstehenden Backenknochen, eine
braungelbe Hautfarbe und schwarzes, straffes Haar. Sie bewohnen nicht nur Grönland,
sondern auch die Randgebiete Nordamerikas, und ihre Gesamtzahl schätzt man auf 40000
Köpfe. Die Eskimo haben es in bewundernswerter Weise verstanden, sich in ihrer Lebens-
weise den unwirtlichen Gegenden, die sie bewohnen, anzupassen und die spärlichen Gaben
der nordischen Natur auszunutzen. Da es eßbare Pflanzen nur in geringer Zahl gibt, sind sie
hauptsächlich auf tierische Nahrung angewiesen. Sie machen Jagd auf Seehunde, Walrosse,
Fische, Seevögel und Renntiere und benutzen dabei Harpunen, Bogen, Schlingen und
Fallgruben. In einem langen, ganz mit Fellen überzogenen Einmannsboote, dem Kajak,
der nur in der Mitte eine Lffnung für den Körper des Ruderers hat, wagen sie sich
sogar weit auf das stürmische Meer hinaus. Das wichtigste Jagdtier ist der Seehund,
der ihnen fast alle Lebensbedürfnisse liefert: Fleisch als Nahrungsmittel, Speck zur
Heizung und Beleuchtung der Wohnung, Felle zur Bekleidung, Sehnen, die als Zwirn
benutzt werden, Därme, die man zu Segeln und Fensterscheiben zusammennäht, und
Knochen, aus denen man allerlei Geräte fertigt. Die Kleidung, die sich bei Männern und
Frauen nur wenig unterscheidet, besteht hauptsächlich aus Fellen, in den von europäischer
Kultur beeinflußten Gegenden auch aus dicken Wollstoffen. Als Wohnungen dienen im
Sommer Zelte mit Fellüberkleidung; die Winterhäuser liegen z. T. in der Erde, sind aus
Steinen und Rasen erbaut und haben zum Schutz gegen die Kälte häufig einen gang-
artigen Vorraum. „Doch gibt es in Westgrönland jetzt auch bessere Häuser, deren Wände,
Decken und Fußböden von Dielen sind, und in denen sich Tische, Stühle, Spiegel, Bilder,
Uhren und Lampen befinden." Als einzige Haustiere hält man Hunde, die zum Ziehen
der Schlitten verwendet werden.
Schon im Mittelalter hatten sich Normannen an der Küste Grönlands niedergelassen
und Ansiedlnngen gegründet, die aber später wieder eingingen. Da war es im 18. Jahr-
hundert ein norwegischer Pfarrer auf den Lofoten, Hans Egsde, in dem der Gedanke
erwachte, über die Schicksale seiner vor Jahrhunderten in Grönland verschollenen Lands-
leute Erkundigungen einzuziehen und den Eingeborenen das Evangelium zu bringen. Er
sand die nötige Unterstützung, segelte 1721 nach Grönland, gründete eine Niederlassung und
hat bis 1736 unter großen Entbehrungen selbstlos unter den Eskimo als Missionar und
Kulturförderer gewirkt. Andre, später auch Herrnhuter Missionare, haben sein Werk fort-
gesetzt. Das bewohnte Grönland gehört heute zu Dänemark. Um die Bewohner vor
Ausbeutung zu schützen, hat sich die Regierung das alleinige Handelsrecht gewahrt. Kein
fremdes Kaufmannsschiff darf an der Küste landen. Der Handel ist des Eises wegen auf
den Sommer beschränkt. Das Land liefert Robbenspeck, Fischleber, Felle von Seehunden,
Blaufüchsen und Bären, Eiderdaunen, Tran, Walfisch- und Walroßzähne, Stockfische und
auch einige Erze, Blei, Zink, Zinn, Eisen sowie Kryolith, das bei der Herstellung des
Glases verwendet wird. — Die Hauptanfiedlung ist Jnlianehaab (3000 E.).
2. Die Nordische Inselwelt Amerikas (S. 245).
3. Spitzbergen (65000 qkm) liegt n. von Europa zwischen dem 76. und 80. Breiten-
kreise. Es besteht aus vier größeren und vielen kleinen gebirgigen Inseln, die von zahl-
reichen Fjorden zerrissen sind. Das Innere der Hauptinsel ist mit Eis bedeckt, von dem
sich Gletscher in die Fjorde hinabziehen. Die Westseite wird von einem Arm des Golf-
stroms berührt. Daher ist das Küstengebiet hier eisfrei. Die Inseln sind unbewohnt,
werden aber im Sommer von Walfisch-, Walroß- und Robbenjägern ausgesucht. Neuerdings
sind sie auch zu einem beliebten Reiseziel für Nordlandsreisende geworden. — 200 km s. von
Spitzbergen liegt vereinsamt die Bäreninsel (68qkm),noch weiter sw., zwischen Skandinavien
und Grönland, Jan Mayen (370 qkm), das einen 2550 m hohen erloschenen Vulkan trägt.
1905 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
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- Geschlecht (WdK): Jungen
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26. Die Schweiz.
(41000 qkm, 31/, Mill. E.)
a. Gebietsumfang.
Die Schweiz umfaßt die Schweizer Hochebene, einen Teil des Schweizer Juras und
den größten Teil der Schweizer Alpen. Im S. reicht sie im Gebiete des Ticino bis fast
an die Lombardische Tiefebene. Im O. gehört noch das Gebiet des oberen Inns dazu.
Ii. Nahrungsquellen.
In der Ebene wird vorzugsweise Ackerbau getrieben. Doch reicht der Ertrag an
Getreide nicht hin, die ganze Schweiz damit zu versorgen. Bedeutend ist der Obst- und
Weinbau. In den Alpen kann der Ackerbau nur spärlich betrieben werden. Die Be-
wohner leben hauptsächlich von der Viehzucht (S. 88). Besonderen Wert legt man auf
die Bereitung des Käses, der in alle Welt versandt wird. Eine reiche Einnahmequelle
bildet der Fremdenverkehr, der wohl in keinem Lande Europas so stark ist wie in
der Schweiz. Zählte man doch im Jahre 1899 allein in Luzern über 121000 Fremde,
wovon 40000 Deutsche, 21000 Engländer waren. Nach einer im Jahre 1893 angestellten
Berechnung brachte der Femdeuverkehr dem Laude eine Einnahme von 74 Mill. Jl
Hochentwickelt ist die Industrie der Schweiz. Sie hat vorzugsweise im W. und N.
des Landes ihren Sitz. Im Jura, in Gens und in Neuenburg ist besonders die
Uhren- und Schmucksachen-Industrie bedeutend. Sie verdankt ihre Entstehung der Un-
sruchtbarkeit des Gebirges. Die Bewohner konnten sich durch den Ackerbau nur kümmerlich
ernähren und waren daher gezwungen, noch andere Erwerbszweige nebenher zu treiben.
Bor ungefähr 200 Jahren fingen einfache Bauern an, Uhren zu verfertigen. Über die
Entstehung dieser Industrie wird folgendes erzählt: Im Jahre 1680 kehrte ein Mann, der
lange Zeit in der Fremde umhergewandert war, in sein Heimatdorf La Sagne zurück.
Unter andern Dingen hatte er auch eine Taschenuhr aus England mitgebracht. Noch nie
hatte man in der Gegend ein solches Wunderwerk gesehen, und stundenweit kamen die
Leute herbei, um es anzustaunen. Leider war die Freude nur von kurzer Dauer. Die
Uhr blieb stehen, und alle Versuche des Eigentümers, sie wieder in Gang zu bringen,
waren vergeblich. Nun lebte in jenem Dorfe ein junger Mann uamens Daniel Jean
Richard. Er war ein überaus geschickter Handarbeiter und fertigte aus Holz, Stein und
Metall allerlei zierliche Sachen. Schon früher hatte er sich eine Art Uhr zurechtgemacht,
ohne daß ihm jemals eine solche zu Gesicht gekommen war. Es war allerdings ein recht
ungeschlachter Mechanismus, ein hölzerner Kasten mit einigen Walzen und Schnüren.
Als Zifferblatt diente eine Schiefertafel, als Zeiger ein Stück Eisen. Die Taschenuhr aus
England erregte natürlich sein besonderes Interesse, und als sie den Dienst versagte, da
erklärte er, daß er das Ding wieder in Ordnung bringen wolle. Er hatte das Triebwerk
gleich durchschaut und auch den Fehler bald herausgefunden. Aber die Uhr auseinander
zu nehmen, dazu fehlten ihm die rechten Werkzeuge. Er mußte solche erst erfinden und
mit vieler Mühe anfertigen. Das schwierige Werk gelang, nach einiger Zeit hatte er die
Uhr wieder in Gang gebracht. Nun faßte er den Entschluß, selbst Uhrmacher zu werden,
aber er kam mit seinen unvollkommenen Werkzeugen nur langsam von der Stelle. Da
hörte er, daß man in Genf die kleinen Räder mit Maschinen anfertige. Er machte sich
gleich auf, um eine solche Maschine in seinen Besitz zu bringen. Jedoch der Erfinder hielt
das kostbare Werkzeug geheim, und Richard trat enttäuscht den Heimweg an. Die Sache
ließ ihm aber keine Ruhe, er arbeitete und versuchte, bis er selbst Mittel und Wege fand,