Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
20
Beispiele: aus der Geschichte; — z. B. die Folgen des 30jähr.
Krieges?
b) Welcher Einrichtung verdanken wir es, wenn feindselige
Nachbarvölker unser Land nicht anzugreifen wagen?
e) Was ist kostspieliger: ein gutes Dach auf dem Hause, oder ein
schlechtes, oder gar keins? (Warum?)
Eine tüchtige Landeswehr oder eine ungenügende,
oder gar keine? (Warum?)
2. Rechtsschutz.
a) Wie würde es um die 5 andern Lebensgüter stehen, wenn
es keine Richter, Polizeibeamte rc. gäbe?
Ein paar Beispiele. Das Räuberunwesen in Griechen-
land und Italien, früher auch in Deutschland: — die Raub-
ritter, — das Femgericht im Mittelalter; — die sog. Frei-
stätten (auch in der bibl. Geschichte): — die Falschmünzerei.
— In der Türkei, in einigen Gegenden Rußlands und in manchen
andern Ländern muß man für geliehene Kapitalien häufig 15, 20
und noch mehr % Zinsen zahlen: woher kommt dies?
d) Wobei steht sich ein Land besser: bei einer guten Rechts-
pflege, welche viel kostet, oder bei einer schlechten,
welche wenig kostet?
3. Volkswirtschaft.
a) Zählet die äußeren Güter auf, welche auf jedem der
5 andern Lebensgebiete nötig sind (vgl. § 3. Fr. 16) und
durch die wirtschaftlichen Arbeiten beschafft werden!
1. Beim Landesschutz — z. B. Festungsbauten rc.
2. Beim Rechtsschutz — z. B- Gerichtsgebüude rc.
3. Bei der Leibespflege — z. B. Essen und Trinken rc.
4. Bei der Bildung — z. B. Schulhäuser, Bücher rc.
5. Bei der Seelsorge — z. B. Kirchen, Orgeln rc.
d) Gebt noch besonders an, wie die Verbesserungen im
Transportwesen jedem der 5 Gebiete zu gute kommen!
e) Warum müssen alle Arbeitsklassen wünschen, daß die
Wohlstandsarbeiten blühen — und fortschreiten?
4. Leibespflege.
a) Warum leiden alle 5 andern Lebensgebiete durch eine
mangelhafte Leibespflege Schaden?
b) Für welche einzelnen Stücke hat die Leibespflege zu sorgen?
Wann ist die Leibespflege eines Menschen zu dürftig?
— warum ist eine reichliche Leibespstege nicht immer
eine gute (oder richtige)?
Das Wort „gut" begreift also hier zwei Eigenschaften (Erforder-
nisse) der Leibespflege, — das Wort „mangelhaft" ebenfalls:
welche sind es?
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Ortsnamen: Griechen- Italien Deutschland Türkei
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
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c) für den Wohlstand?
ä) für die Bildung?
[e) für das Seelenheil?)
Was für freiwillige Dienste können auch ohne Amt geschehen
lz. B- im Kriege u. f. w.)?
18. a) An welchem persönlichen Dienst können alle Bürger sich
beteiligen?
Warum sollten sie es auch von Rechts wegen? (Spr. 18, 1)
was hängt davon ab? — Unverständige oder gewissenlose Volks-
vertreter können über ihr Land großen Schaden und arges
Unheil bringen — wie z. B. die französische Revolution von
1789 gezeigt hat.
d) Welchen stillen segenbringenden Dienst können und
sollten alle gottesfürchtigen Herzen — Kleine und Große
— dem Könige und dem Vaterlande leisten? (i Tim.
2, 1—4.)
19. a) Wie nennt man die allgemeinen Geldbeiträge der
Mitglieder zur Staatskasse?
Wonach bemißt sich die Höhe dieses Beitrages bei jedem Bürger?
d) Welche sog. indirekten Steuern sind in unserm Lande
eingeführt, um die allgemeine Staatssteuer zu erleichtern?
Worin besteht der Unterschied zwischen direkten und indirekten
Steuern — egenstandes?
20. a) Welche dritte Art von Einnahmequellen hat die
Staatskasse in unserm Lande? (Rennt die einzelnen Quellen!)
d) Wie groß ist die jährliche Haushaltungs-Rechnung
(Einnahme und Ausgabe) unsers Staats?
Wie hoch beläuft sich die Einnahme aus:
e) den Zöllen u. eigenen Erwerbsquellen?
Merke: Der Staat ist eine Bereinigung der Bürger zu
gemeinsamen Arbeilen (durch persönliche und
sachliche Leistungen) für das allgemeine Wohl.
Darum: je mehr Gemeinsinn, desto mehr Gemein-
wohl.
Jak. 2, 8: — 1 Joh. 3, 18; - 1 Kor. 13, 1-7.
a) der direkten Steuer?
b) den indirekten Steuern?
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
38
so ist der Unterricht in der Social-Ethik gar ratlos. Soll nun doch etwas ge-
schehen, so muß er entweder in abstrakten Allgemeinheiten sich ergehen, die
keinen deutlichen Sinn haben (1 Kor. 14, 8), oder er setzt sich der Gefahr aus,
solche Detailweisungen zu geben, welche allerlei Mißverständnissen ausgesetzt sind.
In letzterer Beziehung mögen ein paar Beispiele sprechen. Es giebt bekanntlich
mehrere sonst ehrenhafte christliche Sekten, welche — vermeintlich auf Grund ver-
heil. Schrift — die Pflicht des Kriegsdienstes nicht anerkennen; und es giebt
andere ernstgesinnte christliche Kreise, welche — wiederum unter Berufung auf
die heil. Schrift — sich grundsätzlich an den politischen Wahlen nicht beteiligen,
so lange die Regierung dies nicht ausdrücklich befiehlt; indem sie sagen: der
Christ habe außer seinem persönlichen Berus sich nur um das „Reich Gottes"
zu bekümmern, wozu die politischen Dinge nicht gehörten; den Staat zu regieren,
sei Sache der Obrigkeit, nicht der Unterthanen. Wie es um die Anwendung
der Sittenlehre auf die socialen Verhältnisse wirklich steht, namentlich hinsichtlich
der Klarstellung und Begründung, zeigen die üblichen Katechismen. Ich gehe
absichtlich nicht näher auf diese Frage ein; es wäre auch ein gar langes Kapitel.*)
Genug, der Religionsunterricht steht gegenüber seiner social-ethischen Aufgabe
beim besten Willen sehr unberaten und hülflos da, so lange die elementare Ge-
sellschaftskunde nicht vor- und mitarbeitet. Was diese Lücke an dieser wichtigen
Stelle bei der dermaligen socialen Unruhe und Verwirrung zu bedeuten hat,
brauche ich nicht näher auszuführen.
Roch eins darf nicht unerwähnt bleiben. Will der Leser aus der vorstehen-
den Abhandlung zusammenrechnen, was der gesellschaftskundliche Unterricht, wie
ihn das Repetitorium fordert, zu leisten vermag — vorab für die allgemeine
Bildung, sodann speciell für Kenntnis und Verständnis der socialen Ver-
hältnisse und endlich zur Zurechtrückung des ethischen Blickes — so wird
er sich gestehen müssen, daß die pädagogische Bedeutung dieses Lehrstoffes eine
überraschend weitreichende ist. Diese vielseitige Wirkungsfähigkeit hängt aber da-
von ab, daß der Unterricht sich streng aus dem Boden der Thatsachen halte,
also nicht ins technisch Theoretische hinübergreife, und daß die 5 Abschnitte ver-
eint bleiben, damit sie mit ihrem Licht einander dienen können. Was will das
hier sagen? Es will sagen: die bezeichnete vielseitige Bildungskrast der Gesell-
schaftskunde liegt gerade in ihrem elementaren Stoffe, nicht in den Theorien
der einzelnen Zweige. Das mag manchen Freunden der Sache befremdlich
klingen, ist aber buchstäblich wahr. Das Warum läßt sich nach dem früher
Gesagten leicht nachweisen.
Der Gewinn an allgemeiner Bildung rührt, wie wir oben sahen,
daher, daß der Stoff der vier ersten Abschnitte eine ausgedehnte Dentthätig-
keit zuläßt, namentlich, was die Hauptsache ist, ausgedehnte Anwendungs-
*) Vgl. meine Abhandlungen: „Einige Grundfragen der Ethik". Ev Schulbl.
188?, Nr- 4 und Nr. 6.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
22
Der Schlüssel zum Verständnis des Gemeinschaftslebens liegt in dem, was
ich die 5 Hauptstücke einer Gesellschaft genannt habe: Zweck, Statut, Vor-
stand, Anstalten und Leistungen der Mitglieder. Wer die Einleitungs-
fragen des Iv. Abschnittes durchsieht und die dazu gehörigen Übersichtstabellen
im Anhang, wird finden, daß das Erfassen dieser fünf Begriffe, wenn sie an
einem bekannten kleinen Verein schulgerecht entwickelt werden, für 12—14jährige
Schüler nicht die geringste Schwierigkeit macht, — ja eben so leicht ist wie das
Erfassen der sechs Arbeitsklassen, was doch selbst 10—12jährigen Kindern keine
Anstrengung kostet?) Hat nun der Schüler irgend einen kleinen und einfachen
Verein zergliedern gelernt, d. i. die 5 Hauptstücke desselben begriffen: so wird
er dieselben auch an jeder andern ihm bekannten einfachen Gemeinschaft unschwer
auffinden und zwar jetzt schon selbständig, ohne Hülfe des Lehrers. Die
Schwierigkeit dieses Kapitels beginnt überhaupt erst bei den größeren und zu-
sammengesetzteren Gesellschaften, namentlich (abgesehen Non der Kirche) bei der
bürgerlichen Gemeinde und vollends beim Staate. Hier will aber näher zu-
gesehen sein, wo denn die Schwierigkeit steckt und wo nicht.
Sie liegt nicht in dem, was zum Wesen einer Gesellschaft gehört, sondern
lediglich in der Zusammengesetztheit dieser Gemeinschaften. Als Gemein-
schaften ist ihr Wesen genau so einfach wie das der kleinen Vereine: es besteht
eben aus den nämlichen 5 Hauptstücken. Für den Blick des Kindes sind die-
selben aber anfänglich etwas verhüllt, nämlich dadurch, daß sie kompliziert sind,
namentlich beim Staate: der Zweck ist zusammengesetzt, das Statut ist zusammen-
gesetzt, der Vorstand, vollends sind es die Anstalten und ähnlich die Leistungen
der Mitglieder. Aus Geschichte und Geographie, aus den Gesprächen der Er- -
wachsenen und durch eigenes Sehen sind ihm so viele und vielerlei Dinge und
Namen aus dem Gebiete des Staatswesens bekannt geworden, daß diese Menge
und Mannigfaltigkeit seinen Blick verwirrt. Es geht hier gerade wie bei den
6 Arbeitsklassen und beim Seelenleben: weil das ihm bekannte Thatsachenmate-
rial so groß und vielgestaltig ist, eben darum kaun sein Verstand sich in dem-
selben nicht zurechtfinden. Wüßte es weniger von den staatlichen Dingen, so
würde ihm das begriffliche Ordnen eher gelingen. Hier muß man daher seinem
Denken anfänglich wieder ein wenig zu Hülfe kommen. Es geschieht dies da-
durch, daß der Lehrer aus der Masse der bekannten Thatsachen einige wenige
heraushebt, welche die 5 Hauptstücke repräsentieren und deutlich kenntlich machen.
Sieht nun der Schüler, daß bei der bürgerlichen Gememde und selbst bei dem
noch komplizierteren Staate sich dieselbigen 5 Hauptstücke finden, welche ihm von *)
*) Ich brauche wohl kaum darauf aufmerksam zu machen, daß das Repetitorium
keine eigentlichen Entwicklungsfragen enthält, sondern nur Wiederholungsfragen.
Wie das Entwickeln der Begriffe auf Grund von Anschauungsbeispielen zu geschehen
hat, wird jeder praktische Schulmann selber wissen.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Regionen (OPAC): Sachsen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
das Geschlecht ober das Volk oerbindlichen Bestimmungen, die
ursprünglich ungeschrieben waren und nur durch die Sitte über-
liefert wurden, später aber aufgezeichnet worden sind, nennen wir
Sitten, Gesetze oder staatliche Ordnungen.
Gesetze und staatliche Ordnung sind also notwendig, und
wenn sie auch dem einzelnen bisweilen lästig und unbequem er-
scheinen, so ist es doch durchaus töricht und ungerechtfertigt,
ihre Notwendigkeit zu bestreiten und von einem Zustande der
Herrschastslosigkeit oder Anarchie zu träumen, in dem jeder
Mensch ganz nach seinem Belieben und seinem Vorteil leben und
handeln könne.
Auf den niedrigsten Kulturstufen (S. 166 ff.) lebt der
Mensch nur mit den Gliedern seiner Familie oder verwandter
Familien zusammen und ernährt sich durch Früchte und Eier,
Fischfang, Jagd oder Viehzucht. Derartige miteinander lebende
Familien nennen wir noch nicht Staaten, sondern Stämme
oder Horden; sie wechseln von Zeit zu Zeit ihre Wohnsitze,
sind also mehr oder weniger Nomaden, und ihre Gesetze und
Ordnungen sind höchst einfach und gering an Zahl.
Ist dagegen der Stamm seßhaft geworden, hat er sich also
dem Ackerbau zugewendet, so muß solch ein seßhafter Stamm
— und natürlich ebenso das aus einer Mehrzahl von Stämmen
bestehende Volk — allerlei feste Ordnungen schaffen, sein Gebiet
gegen die Angriffe der Nachbarn schützen und bildet nun einen
Staat.
Demnach ist ein Staat ursprünglich ein in einem be-
stimmten Gebiete seßhaftes, nach festen Ordnungen lebendes,
nach außen als Einheit auftretendes Volk.
3. Der Staat ist also nicht ein künstliches, willkürliches
Erzeugnis, sondern das natürliche und notwendige Er-
gebnis langer Entwicklung, entstanden aus dem Wesen, der
Natur des Menschen.
Diese Erkenntnis lehrte schon Ar ist vieles, aber sie ging im Mittel-
alter völlig verloren, da die theologischen Rechtslehrer dieser Zeit den
Staat auf göttlrche Einsetzung zurückführten. Als mit dem Beginn
der Neuzeit die Wissenschaft das Wesen des Staates zu ergründen ver-
suchte, ging man von der Ansicht aus, daß alle Menschen von Natur
gleich und frei seien und ursprünglich ohne staatliche Ordnung gelebt
hätten; von diesem Grundgedanken ans wollte das „Naturrecht" aus
reiner Vernunft die Entstehung des Staates erklären. Zunächst meinte
man, der Staat sei allein durch Gewalt und List, durch die Herrschaft
der Stärkeren über die Schwächeren entstanden. Da aber diese
Gewaltlehre den Rechtszustand des Staates nicht erklärte, so trat
ihr im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, die durch
Locke und Rousseau (contrat social) begründete Vertrags lehre ent-
gegen, nach der die Menschen sich auf Grund eines freien, jederzeit lös-
baren Vertrages zu bestimmten Staaten vereinigt haben sollten; sie
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
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Regionen (OPAC): Sachsen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
20
Volkes sorgen. Damit sie diesen Zweck erfüllen könne, sind ihr
weitgehende Rechte eingeräumt:
a) das Recht der Zustimmung zu allen neuen Gesetzen,
b) das Recht, jährlich sin manchen Staaten alle zwei
Jahre) alle Einnahmen und Ausgaben des Staates fest-
zustellen,
c) das Recht, neue Steuern zu bewilligen,
d) das Recht, in unbeschränkter Redefreiheit alle Maß-
regeln der Regierung zu erörtern und durch Anfragen (Jnter-
pellationen) Rechenschaft über sie zu fordern (Recht der
parlamentarischen Kontrolle),
o) das Recht, Petitionen entgegenzunehmen und selbst
Anträge und Gesetze aller Art vorzuschlagen (Recht der
Initiative).
Es ist kein Zweifel, daß die mit solchen Rechten ausgestattete,
in voller Öffentlichkeit verhandelnde Volksvertretung überaus er-
sprießlich wirken kann, viel besser als die Volksversammlungen
des Altertums, in denen doch häufig die große Mehrzahl der Un-
fähigen, Eitlen und Schlechten das Wort führte und die Dema-
gogen (Volksverführer) ein leichtes Spiel hatten. Da die Volks-
vertretung in ihrer Mitte Männer aus den verschiedenen Klassen
und Berufen zählt, kann sie alle Maßregeln des Staates aus
allen möglichen Gesichtspunkten betrachten, sie kann die Freiheit
der Bürger vor Übergriffen aller Art schützen, kann die Wünsche
und die Stimmungen der einzelnen Volksgruppen zur Geltung
bringen und nützliche Vorschläge wirksam vortragen. Freilich
wird sie alles dies nur dann zu tun vermögen, wenn jeder ein-
zelne der Volksvertreter auch wirklich allein das wahre Wohl seines
Volkes im Auge hat. Leider ist aber dies durchaus nicht immer
der Fall; in Republiken wie in Monarchien kommt es vor, daß
die Volksvertreter ihren eigenen Vorteil oder den Vorteil be-
stimmter Volkskreise höher stellen als das Gemeinwohl, und
deshalb ist die Einrichtung des Parlaments keineswegs ein un-
trügliches Mittel, ein Volk zufrieden und glücklich zu machen.
Nicht selten hat ein König oder ein Staatsmann, der ein warmes
Herz für sein Volk hatte und einen offenen Blick für die Be-
dürfnisse der Zeit besaß, besser für das Wohl des Landes gesorgt
als die Volksvertretung.
Um wirklich die jeweilige Meinung des Volkes darzustellen,
und auch, um nicht bestimmten Personen einen zu großen Ein-
fluß zu gestatten, darf die Volksvertretung nicht für einen allzu
langen Zeitraum gewählt werden. Anderseits darf dieser aber
auch nicht zu kurz sein, da jede Wahl Geldkosten und Aufregungen
aller Art verursacht. Aus diesen Gründen hat man in den meisten
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
21
Staaten einen Zeitraum von 3 bis 7 Jahren für die Erneuerung
der Vertretung bestimmt. Einen solchen Sitzungsabschnitt nennt
man eine Wahl- oder Legislaturperiode, den jähr-
lichen Zusammentritt eine Tagung oder Session und die
tägliche Versammlung eine Sitzung.
3. In den meisten Staaten, und zwar auch in den Re-
publiken, besteht nach dem Vorbilde des uralten englischen Parla-
ments die Vertretung des Volkes aus zwei Kammern, so in
England aus Oberhaus und Unterhaus, in Frankreich aus Senat
und Deputiertenkammer, in Preußen aus Herrenhaus und Ab-
geordnetenhaus. Nur die eine von ihnen ist unmittelbar aus
Grund der Volkswahl gebildet. Es hat sich aber im Laufe der
Geschichte gezeigt, daß solche gewählten Versammlungen nicht
selten übereilt, ungerecht und tyrannisch handelten, und darum
hat man neben diese Kammer, die auch nach ihrem Ursprünge
von der großen Volksmasse und der wechselnden Volksgunst sehr
abhängig ist, eine andere gestellt, deren Mitglieder durch ihre
Bildung und ihren Besitz die Gewähr bieten, daß sie alle Maß-
regeln erst reiflich überlegen, jede Ungerechtigkeit abweisen und,
frei von jeder Neuerungssucht, eine besonnene und langsame Ent-
wicklung der staatlichen Einrichtungen erstreben. Da nun alle
Gesetze zu ihrer Gültigkeit der Übereinstimmung beider Kammern
bedürfen, so ist klar, daß sie durch eine Behandlung und Er-
örterung in zwei so verschieden zusammengesetzten Körperschaften
in der Regel nur gewinnen können, und daß besonders eine Über-
stürzung nur schwer möglich ist.
Der Abgeordnete ist, nachdem er gewählt ist, in seinen
Reden und Abstimmungen völlig frei und nicht, wie die
Ständevertreter des Mittelalters, an die Weisungen (Instruk-
tionen) der Wähler gebunden: er ist Vertreter des ganzen
Volkes und hat keinen bindenden Auftrag (impera-
tives Mandat). Denn wenn jeder Abgeordnete so gebunden
wäre, dann wäre jede Erörterung (Diskussion), ja die ganze
Tagung unnötig und überflüssig, und es brauchte nur abgestimmt
zu werden; aber gerade auf Grund der gemeinsamen und öffent-
lichen Erörterung soll jeder einzelne erst seine Meinung bilden
und danach seine Abstimmung einrichten. Jeder Abgeordnete hat
in den Sitzungen die vollste Redefreiheit und außerhalb
derselben das Recht der Immunität, d. h. er darf für keine
seiner Äußerungen vor Gericht verklagt werden: ein Vorrecht,
das freilich leicht mißbraucht werden kann, aber durchaus not-
wendig ist, wenn die Volksvertretung ihren Zweck erfüllen soll.
Aus demselben Grunde sind auch wahrheitsgetreue Zeitungs-
berichte über die Verhandlungen straffrei.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: England Oberhaus Frankreich
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Regionen (OPAC): Sachsen
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
27
zur Regierung gelangt und noch dazu von vielen in seiner
Stellung beneidet und angegriffen wird. Der erbliche Monarch,
dessen Vorfahren schon für das Wohl des Volkes tätig gewesen
sind, genießt das Vertrauen seines Volkes; Herrscher und
Volk halten auch in schlimmen Zeiten fest zusammen. Er kann
tüchtige Männer um sich versammeln und in seinem Dienste er-
halten, ohne daß Neid und Eifersucht sie, wie es häufig in
Demokratien geschieht, von ihrem Platze verdrängt.
2. Ist aber der Herrscher zu seinem Beruf recht ausgebildet,
geht er völlig in ihm auf, so erkennt er auch, daß seine Haupt-
tätigkeit gerichtet sein muß auf das Wohl der niederen
Klassen, des gemeinen Mannes. Es ist ein großer Irr-
tum, zu glauben, die Monarchie sorge am meisten für die oberen
Stände. Schon eine einfache Überlegung kann das Gegenteil
dartun, und die Geschichte beweist es.
Bevorzugt nämlich der König die höheren Stände,
z. B. den Adel, so wird er bald dessen Besitz und Einffuß so
stärken, daß er in allem auf ihn Rücksicht nehmen, ja nach seinem
Gefallen regieren muß, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen
will, von dem nun mächtigen und einflußreichen Stande seines
Ansehens beraubt oder gar seines Thrones entsetzt zu werden.
Der König kann also schon aus Gründen seiner eigenen Sicherheit
den oberen Ständen zu viel Gewalt und Macht nicht einräumen.
Im Gegenteil, er wird sich von Anfang an bemühen, in
der Zuneigung der unteren Klassen ein Gegengewicht gegen
die Machtgelüste der oberen Klassen sich zu schaffen, und er wird
sich daher bestreben, die Lage jener Klassen nach seinen Kräften
so zu gestalten, daß sie mit ihrem Lose möglichst zufrieden sind.
Freilich hat auch die erbliche Monarchie zuweilen diese ihre Aufgabe
vergessen oder vernachlässigt, z. B. im 18. Jahrhundert das franzö-
sisch e Königtum, das den Adel und die Geistlichkeit begünstigte und
die berechtigten Forderungen des dritten Standes zurückwies. Die furcht-
bare Folge dieser Kurzsichtigkeit war die Absetzung und Hinrichtung
Ludwigs Xvi. 1793. Als die restaurierten Bourbons wiederum die
Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit erneuern und die Macht des
Königtums stärken wollten, führfen sie dadurch i. I. 1830 endgültig den
Sturz ihrer Familie herbei. — Ähnlich war das Schicksal der Mero-
winger im Frankenreich und der Stuarts in England.
Eine Schwäche der Monarchie liegt darin, daß der Fürst minder-
jährig oder zur Regierung unfähig sein kann. In solchen Fällen wird
eine Regentschaft eingesetzt, wie jetzt in Bayern oder in Preußen von
1858—-1861.
3. Die erbliche Monarchie steht von allen Staatsformen
allein über dem Gegensatz der Klassen, sie ist daher in
der Lage, durch ihr Eingreifen die vorhandenen Gegensätze aus-
zugleichen und besonders das Wohl der niederen Volksschichten
zu fördern.
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TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Frankenreich England Bayern
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
50
lange gehalten werden, bis er durch freie Übereinkunft oder in-
folge eines neuen Krieges abgeändert wird.
3. In ähnlicher Weise ist auch der Seekrieg durch die
Pariser Deklaration von 1856 und die Londoner von 1909 ge-
ordnet. Jedoch wird das Privateigentum im Seekrieg
nicht geschont, die feindlichen Handelsschiffe werden vielmehr
weggenommen oder gekapert und heißen dann Prisen. Da-
gegen dürfen die Kriegführenden solche Schiffe, die die Flagge
eines neutralen Staates führen, nicht angreifen, außer wenn
siekriegskonterbande (Waffen, Munition) enthalten. Als
relative Konterbande gelten Lebensrnittel, Vieh, Kohlen u. dgl.;
sie unterliegen der Beschlagnahme, wenn bewiesen wird, daß sie
für den Gebrauch der Streitmacht des feindlichen Staates be-
stimmt sind, und wenn sich das Schiff auf der Fahrt nach dem
feindlichen Lande befindet. Besondere Prisengerichte ent-
scheiden darüber, ob die Wegnahme statthaft war oder nicht.
Feindliche Häfen kann die andere Partei sperrenoder blockieren,
doch brauchen die neutralen Schiffe solche Blockade nur dann
zu beachten, wenn sie effektiv ist, d. h. wenn sie nicht bloß
verkündet, sondern auch tatsächlich durch eine genügende Zahl
Schiffe durchgeführt wird.
Durch alle diese Ordnungen hat der Krieg schon viele von
den Härten verloren, die er im Altertum und noch bis in die
neuere Zeit gehabt hat. Auch bemüht man sich, die Kriege über-
haupt zu vermindern, und die Haager Friedenskonferenz
hat zu diesem Zweck ein internationales Schieds-
gericht eingesetzt, das freilich nur zur Schlichtung leichterer
Konflikte dient und auch nur fakultativ ist. Denn allerdings, die
Herstellung des ewigen Friedens (vgl. S. 10) ist ein der
Wirklichkeit völlig widersprechendes Phantasiegebilde, eine Un-
möglichkeit oder Utopie, ein vielleicht schöner, aber eitler
Traum.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
— 88
jetzt der Grundsatz der Gewerbefreiheit anerkannt, d. h. es
wurde jedem der Betrieb eines Gewerbes gestattet. Wer ein
stehendes Gewerbe selbständig betreiben will, braucht also dazu
keine Genehmigung, sondern muß es nur der Gemeindebehörde
anzeigen. Nur die Rücksicht auf das Gemeinwohl schränkt
diesen Grundsatz ein, und solche Beschränkungen sind notwendig.
So bedürfen gewerbliche Anlagen, die für die Nachbarschaft ge-
fährlich oder lästig find, der Genehmigung. Bei einigen Gewerben,
die zum Schutz des Publikums eine Aufsicht erfordern, wie bei den
Berufen der Arzte, Tierärzte und Apotheker, ist die Ausübung an eine
Approbation geknüpft, die nur nach erwiesener Befähigung erteilt
werden darf (S. 138); aus demselben Grunde ist die Genehmigung er-
forderlich für die Anlage von Privatheilanstalten und für theatratischc
Darstellungen ohne höheres Interesse. Auch für den Betrieb der Gast-
und Schankwirtschaft must die obrigkeitliche Genehmigung oder Kon-
zession nachgesucht werden, und sie muß versagt werden, wenn der
Unternehmer grobe sittliche Mängel hat, wenn die Räumlichkeiten nicht
genügen oder wenn zum Branntweinschank kein Bedürfnis vorliegt.
Bei den ungeheuren Ausgaben, die unser Volk für den Genuß des
Alkohols aufwendet — nicht weniger als 3250 Millionen Mark
werden jährlich in Deutschland für Branntwein, Bier und Wein aus-
gegeben —, und bei dem furchtbaren Schaden, den der Alkohol der leib-
lichen, geistigen und sittlichen Gesundheit und dem wirtschaftlichen Ge-
deihen des einzelnen, seiner Kinder und des ganzen Volkes bringt, ist
eine solche Prüfung dringend geboten: noch besser wäre es freilich, wenn
jeder einzelne so viel Einsicht und Willenskraft besäße, um dem Alkohol
ganz zu entsagen oder ihn doch nur mäßig zu genießen.
Der Gewerbebetrieb im Umherziehen (Hausierhandel) bedarf
der Genehmigung, des Wandergewerbescheins, und kann aus gesetzlich be-
stimmten Gründen versagt werden.
Die Preise der Waren werden nicht, wie es früher oft
geschah, von der Obrigkeit festgesetzt, sondern von den Verkäufern
und sind abhängig von Angebot und Nachfrage oder der freien
Konkurrenz (S. 189). Der unlautere Wettbewerb ist
bei Strafe verboten.
Obrigkeitliche Taxen gibt es nur im Straßenverkehr für Droschken
und Dienstmünner und für Schornsteinfeger.
Die alten Innungen, die durch ihre Mißbräuche viel
zum Niedergang des Handwerks beigetragen hatten, wurden
durch die Gewerbeordnung nicht beseitigt, wohl aber ihre Miß-
bräuche abgeschafft und der Beitritt zur Innung jedem freige-
stellt. Aber bald zeigte sich, daß man mit dieser Schwächung
der Innung dem Handwerk, das von der Großindustrie hart
bedrängt wurde, eine wichtige Stütze genommen hatte; denn nur
durch festen Zusammenschluß können schwache Kräfte stark
werden. Um daher das Handwerk in seinem Kampfe gegen die
Großindustrie zu stärken, hat man später die Rechte der Innungen
wieder erweitert und neben den freien Innungen auch die
Zwangsinnungen eingeführt, die gebildet werden müssen.
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