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1. Repetitorium der Gesellschaftskunde zur Ergänzung des Geschichtsunterrichts - S. 20

1890 - Gütersloh : Bertelsmann
20 Beispiele: aus der Geschichte; — z. B. die Folgen des 30jähr. Krieges? b) Welcher Einrichtung verdanken wir es, wenn feindselige Nachbarvölker unser Land nicht anzugreifen wagen? e) Was ist kostspieliger: ein gutes Dach auf dem Hause, oder ein schlechtes, oder gar keins? (Warum?) Eine tüchtige Landeswehr oder eine ungenügende, oder gar keine? (Warum?) 2. Rechtsschutz. a) Wie würde es um die 5 andern Lebensgüter stehen, wenn es keine Richter, Polizeibeamte rc. gäbe? Ein paar Beispiele. Das Räuberunwesen in Griechen- land und Italien, früher auch in Deutschland: — die Raub- ritter, — das Femgericht im Mittelalter; — die sog. Frei- stätten (auch in der bibl. Geschichte): — die Falschmünzerei. — In der Türkei, in einigen Gegenden Rußlands und in manchen andern Ländern muß man für geliehene Kapitalien häufig 15, 20 und noch mehr % Zinsen zahlen: woher kommt dies? d) Wobei steht sich ein Land besser: bei einer guten Rechts- pflege, welche viel kostet, oder bei einer schlechten, welche wenig kostet? 3. Volkswirtschaft. a) Zählet die äußeren Güter auf, welche auf jedem der 5 andern Lebensgebiete nötig sind (vgl. § 3. Fr. 16) und durch die wirtschaftlichen Arbeiten beschafft werden! 1. Beim Landesschutz — z. B. Festungsbauten rc. 2. Beim Rechtsschutz — z. B- Gerichtsgebüude rc. 3. Bei der Leibespflege — z. B. Essen und Trinken rc. 4. Bei der Bildung — z. B. Schulhäuser, Bücher rc. 5. Bei der Seelsorge — z. B. Kirchen, Orgeln rc. d) Gebt noch besonders an, wie die Verbesserungen im Transportwesen jedem der 5 Gebiete zu gute kommen! e) Warum müssen alle Arbeitsklassen wünschen, daß die Wohlstandsarbeiten blühen — und fortschreiten? 4. Leibespflege. a) Warum leiden alle 5 andern Lebensgebiete durch eine mangelhafte Leibespflege Schaden? b) Für welche einzelnen Stücke hat die Leibespflege zu sorgen? Wann ist die Leibespflege eines Menschen zu dürftig? — warum ist eine reichliche Leibespstege nicht immer eine gute (oder richtige)? Das Wort „gut" begreift also hier zwei Eigenschaften (Erforder- nisse) der Leibespflege, — das Wort „mangelhaft" ebenfalls: welche sind es?

2. Repetitorium der Gesellschaftskunde zur Ergänzung des Geschichtsunterrichts - S. 36

1890 - Gütersloh : Bertelsmann
36 c) für den Wohlstand? ä) für die Bildung? [e) für das Seelenheil?) Was für freiwillige Dienste können auch ohne Amt geschehen lz. B- im Kriege u. f. w.)? 18. a) An welchem persönlichen Dienst können alle Bürger sich beteiligen? Warum sollten sie es auch von Rechts wegen? (Spr. 18, 1) was hängt davon ab? — Unverständige oder gewissenlose Volks- vertreter können über ihr Land großen Schaden und arges Unheil bringen — wie z. B. die französische Revolution von 1789 gezeigt hat. d) Welchen stillen segenbringenden Dienst können und sollten alle gottesfürchtigen Herzen — Kleine und Große — dem Könige und dem Vaterlande leisten? (i Tim. 2, 1—4.) 19. a) Wie nennt man die allgemeinen Geldbeiträge der Mitglieder zur Staatskasse? Wonach bemißt sich die Höhe dieses Beitrages bei jedem Bürger? d) Welche sog. indirekten Steuern sind in unserm Lande eingeführt, um die allgemeine Staatssteuer zu erleichtern? Worin besteht der Unterschied zwischen direkten und indirekten Steuern — egenstandes? 20. a) Welche dritte Art von Einnahmequellen hat die Staatskasse in unserm Lande? (Rennt die einzelnen Quellen!) d) Wie groß ist die jährliche Haushaltungs-Rechnung (Einnahme und Ausgabe) unsers Staats? Wie hoch beläuft sich die Einnahme aus: e) den Zöllen u. eigenen Erwerbsquellen? Merke: Der Staat ist eine Bereinigung der Bürger zu gemeinsamen Arbeilen (durch persönliche und sachliche Leistungen) für das allgemeine Wohl. Darum: je mehr Gemeinsinn, desto mehr Gemein- wohl. Jak. 2, 8: — 1 Joh. 3, 18; - 1 Kor. 13, 1-7. a) der direkten Steuer? b) den indirekten Steuern?

3. Die Gesellschaftskunde, eine notwendige Ergänzung des Geschichtsunterrichts - S. 38

1891 - Gütersloh : Bertelsmann
38 so ist der Unterricht in der Social-Ethik gar ratlos. Soll nun doch etwas ge- schehen, so muß er entweder in abstrakten Allgemeinheiten sich ergehen, die keinen deutlichen Sinn haben (1 Kor. 14, 8), oder er setzt sich der Gefahr aus, solche Detailweisungen zu geben, welche allerlei Mißverständnissen ausgesetzt sind. In letzterer Beziehung mögen ein paar Beispiele sprechen. Es giebt bekanntlich mehrere sonst ehrenhafte christliche Sekten, welche — vermeintlich auf Grund ver- heil. Schrift — die Pflicht des Kriegsdienstes nicht anerkennen; und es giebt andere ernstgesinnte christliche Kreise, welche — wiederum unter Berufung auf die heil. Schrift — sich grundsätzlich an den politischen Wahlen nicht beteiligen, so lange die Regierung dies nicht ausdrücklich befiehlt; indem sie sagen: der Christ habe außer seinem persönlichen Berus sich nur um das „Reich Gottes" zu bekümmern, wozu die politischen Dinge nicht gehörten; den Staat zu regieren, sei Sache der Obrigkeit, nicht der Unterthanen. Wie es um die Anwendung der Sittenlehre auf die socialen Verhältnisse wirklich steht, namentlich hinsichtlich der Klarstellung und Begründung, zeigen die üblichen Katechismen. Ich gehe absichtlich nicht näher auf diese Frage ein; es wäre auch ein gar langes Kapitel.*) Genug, der Religionsunterricht steht gegenüber seiner social-ethischen Aufgabe beim besten Willen sehr unberaten und hülflos da, so lange die elementare Ge- sellschaftskunde nicht vor- und mitarbeitet. Was diese Lücke an dieser wichtigen Stelle bei der dermaligen socialen Unruhe und Verwirrung zu bedeuten hat, brauche ich nicht näher auszuführen. Roch eins darf nicht unerwähnt bleiben. Will der Leser aus der vorstehen- den Abhandlung zusammenrechnen, was der gesellschaftskundliche Unterricht, wie ihn das Repetitorium fordert, zu leisten vermag — vorab für die allgemeine Bildung, sodann speciell für Kenntnis und Verständnis der socialen Ver- hältnisse und endlich zur Zurechtrückung des ethischen Blickes — so wird er sich gestehen müssen, daß die pädagogische Bedeutung dieses Lehrstoffes eine überraschend weitreichende ist. Diese vielseitige Wirkungsfähigkeit hängt aber da- von ab, daß der Unterricht sich streng aus dem Boden der Thatsachen halte, also nicht ins technisch Theoretische hinübergreife, und daß die 5 Abschnitte ver- eint bleiben, damit sie mit ihrem Licht einander dienen können. Was will das hier sagen? Es will sagen: die bezeichnete vielseitige Bildungskrast der Gesell- schaftskunde liegt gerade in ihrem elementaren Stoffe, nicht in den Theorien der einzelnen Zweige. Das mag manchen Freunden der Sache befremdlich klingen, ist aber buchstäblich wahr. Das Warum läßt sich nach dem früher Gesagten leicht nachweisen. Der Gewinn an allgemeiner Bildung rührt, wie wir oben sahen, daher, daß der Stoff der vier ersten Abschnitte eine ausgedehnte Dentthätig- keit zuläßt, namentlich, was die Hauptsache ist, ausgedehnte Anwendungs- *) Vgl. meine Abhandlungen: „Einige Grundfragen der Ethik". Ev Schulbl. 188?, Nr- 4 und Nr. 6.

4. Die Gesellschaftskunde, eine notwendige Ergänzung des Geschichtsunterrichts - S. 22

1891 - Gütersloh : Bertelsmann
22 Der Schlüssel zum Verständnis des Gemeinschaftslebens liegt in dem, was ich die 5 Hauptstücke einer Gesellschaft genannt habe: Zweck, Statut, Vor- stand, Anstalten und Leistungen der Mitglieder. Wer die Einleitungs- fragen des Iv. Abschnittes durchsieht und die dazu gehörigen Übersichtstabellen im Anhang, wird finden, daß das Erfassen dieser fünf Begriffe, wenn sie an einem bekannten kleinen Verein schulgerecht entwickelt werden, für 12—14jährige Schüler nicht die geringste Schwierigkeit macht, — ja eben so leicht ist wie das Erfassen der sechs Arbeitsklassen, was doch selbst 10—12jährigen Kindern keine Anstrengung kostet?) Hat nun der Schüler irgend einen kleinen und einfachen Verein zergliedern gelernt, d. i. die 5 Hauptstücke desselben begriffen: so wird er dieselben auch an jeder andern ihm bekannten einfachen Gemeinschaft unschwer auffinden und zwar jetzt schon selbständig, ohne Hülfe des Lehrers. Die Schwierigkeit dieses Kapitels beginnt überhaupt erst bei den größeren und zu- sammengesetzteren Gesellschaften, namentlich (abgesehen Non der Kirche) bei der bürgerlichen Gemeinde und vollends beim Staate. Hier will aber näher zu- gesehen sein, wo denn die Schwierigkeit steckt und wo nicht. Sie liegt nicht in dem, was zum Wesen einer Gesellschaft gehört, sondern lediglich in der Zusammengesetztheit dieser Gemeinschaften. Als Gemein- schaften ist ihr Wesen genau so einfach wie das der kleinen Vereine: es besteht eben aus den nämlichen 5 Hauptstücken. Für den Blick des Kindes sind die- selben aber anfänglich etwas verhüllt, nämlich dadurch, daß sie kompliziert sind, namentlich beim Staate: der Zweck ist zusammengesetzt, das Statut ist zusammen- gesetzt, der Vorstand, vollends sind es die Anstalten und ähnlich die Leistungen der Mitglieder. Aus Geschichte und Geographie, aus den Gesprächen der Er- - wachsenen und durch eigenes Sehen sind ihm so viele und vielerlei Dinge und Namen aus dem Gebiete des Staatswesens bekannt geworden, daß diese Menge und Mannigfaltigkeit seinen Blick verwirrt. Es geht hier gerade wie bei den 6 Arbeitsklassen und beim Seelenleben: weil das ihm bekannte Thatsachenmate- rial so groß und vielgestaltig ist, eben darum kaun sein Verstand sich in dem- selben nicht zurechtfinden. Wüßte es weniger von den staatlichen Dingen, so würde ihm das begriffliche Ordnen eher gelingen. Hier muß man daher seinem Denken anfänglich wieder ein wenig zu Hülfe kommen. Es geschieht dies da- durch, daß der Lehrer aus der Masse der bekannten Thatsachen einige wenige heraushebt, welche die 5 Hauptstücke repräsentieren und deutlich kenntlich machen. Sieht nun der Schüler, daß bei der bürgerlichen Gememde und selbst bei dem noch komplizierteren Staate sich dieselbigen 5 Hauptstücke finden, welche ihm von *) *) Ich brauche wohl kaum darauf aufmerksam zu machen, daß das Repetitorium keine eigentlichen Entwicklungsfragen enthält, sondern nur Wiederholungsfragen. Wie das Entwickeln der Begriffe auf Grund von Anschauungsbeispielen zu geschehen hat, wird jeder praktische Schulmann selber wissen.

5. Deutsche Bürgerkunde - S. 2

1910 - Leipzig : Voigtländer
das Geschlecht ober das Volk oerbindlichen Bestimmungen, die ursprünglich ungeschrieben waren und nur durch die Sitte über- liefert wurden, später aber aufgezeichnet worden sind, nennen wir Sitten, Gesetze oder staatliche Ordnungen. Gesetze und staatliche Ordnung sind also notwendig, und wenn sie auch dem einzelnen bisweilen lästig und unbequem er- scheinen, so ist es doch durchaus töricht und ungerechtfertigt, ihre Notwendigkeit zu bestreiten und von einem Zustande der Herrschastslosigkeit oder Anarchie zu träumen, in dem jeder Mensch ganz nach seinem Belieben und seinem Vorteil leben und handeln könne. Auf den niedrigsten Kulturstufen (S. 166 ff.) lebt der Mensch nur mit den Gliedern seiner Familie oder verwandter Familien zusammen und ernährt sich durch Früchte und Eier, Fischfang, Jagd oder Viehzucht. Derartige miteinander lebende Familien nennen wir noch nicht Staaten, sondern Stämme oder Horden; sie wechseln von Zeit zu Zeit ihre Wohnsitze, sind also mehr oder weniger Nomaden, und ihre Gesetze und Ordnungen sind höchst einfach und gering an Zahl. Ist dagegen der Stamm seßhaft geworden, hat er sich also dem Ackerbau zugewendet, so muß solch ein seßhafter Stamm — und natürlich ebenso das aus einer Mehrzahl von Stämmen bestehende Volk — allerlei feste Ordnungen schaffen, sein Gebiet gegen die Angriffe der Nachbarn schützen und bildet nun einen Staat. Demnach ist ein Staat ursprünglich ein in einem be- stimmten Gebiete seßhaftes, nach festen Ordnungen lebendes, nach außen als Einheit auftretendes Volk. 3. Der Staat ist also nicht ein künstliches, willkürliches Erzeugnis, sondern das natürliche und notwendige Er- gebnis langer Entwicklung, entstanden aus dem Wesen, der Natur des Menschen. Diese Erkenntnis lehrte schon Ar ist vieles, aber sie ging im Mittel- alter völlig verloren, da die theologischen Rechtslehrer dieser Zeit den Staat auf göttlrche Einsetzung zurückführten. Als mit dem Beginn der Neuzeit die Wissenschaft das Wesen des Staates zu ergründen ver- suchte, ging man von der Ansicht aus, daß alle Menschen von Natur gleich und frei seien und ursprünglich ohne staatliche Ordnung gelebt hätten; von diesem Grundgedanken ans wollte das „Naturrecht" aus reiner Vernunft die Entstehung des Staates erklären. Zunächst meinte man, der Staat sei allein durch Gewalt und List, durch die Herrschaft der Stärkeren über die Schwächeren entstanden. Da aber diese Gewaltlehre den Rechtszustand des Staates nicht erklärte, so trat ihr im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, die durch Locke und Rousseau (contrat social) begründete Vertrags lehre ent- gegen, nach der die Menschen sich auf Grund eines freien, jederzeit lös- baren Vertrages zu bestimmten Staaten vereinigt haben sollten; sie

6. Deutsche Bürgerkunde - S. 20

1910 - Leipzig : Voigtländer
20 Volkes sorgen. Damit sie diesen Zweck erfüllen könne, sind ihr weitgehende Rechte eingeräumt: a) das Recht der Zustimmung zu allen neuen Gesetzen, b) das Recht, jährlich sin manchen Staaten alle zwei Jahre) alle Einnahmen und Ausgaben des Staates fest- zustellen, c) das Recht, neue Steuern zu bewilligen, d) das Recht, in unbeschränkter Redefreiheit alle Maß- regeln der Regierung zu erörtern und durch Anfragen (Jnter- pellationen) Rechenschaft über sie zu fordern (Recht der parlamentarischen Kontrolle), o) das Recht, Petitionen entgegenzunehmen und selbst Anträge und Gesetze aller Art vorzuschlagen (Recht der Initiative). Es ist kein Zweifel, daß die mit solchen Rechten ausgestattete, in voller Öffentlichkeit verhandelnde Volksvertretung überaus er- sprießlich wirken kann, viel besser als die Volksversammlungen des Altertums, in denen doch häufig die große Mehrzahl der Un- fähigen, Eitlen und Schlechten das Wort führte und die Dema- gogen (Volksverführer) ein leichtes Spiel hatten. Da die Volks- vertretung in ihrer Mitte Männer aus den verschiedenen Klassen und Berufen zählt, kann sie alle Maßregeln des Staates aus allen möglichen Gesichtspunkten betrachten, sie kann die Freiheit der Bürger vor Übergriffen aller Art schützen, kann die Wünsche und die Stimmungen der einzelnen Volksgruppen zur Geltung bringen und nützliche Vorschläge wirksam vortragen. Freilich wird sie alles dies nur dann zu tun vermögen, wenn jeder ein- zelne der Volksvertreter auch wirklich allein das wahre Wohl seines Volkes im Auge hat. Leider ist aber dies durchaus nicht immer der Fall; in Republiken wie in Monarchien kommt es vor, daß die Volksvertreter ihren eigenen Vorteil oder den Vorteil be- stimmter Volkskreise höher stellen als das Gemeinwohl, und deshalb ist die Einrichtung des Parlaments keineswegs ein un- trügliches Mittel, ein Volk zufrieden und glücklich zu machen. Nicht selten hat ein König oder ein Staatsmann, der ein warmes Herz für sein Volk hatte und einen offenen Blick für die Be- dürfnisse der Zeit besaß, besser für das Wohl des Landes gesorgt als die Volksvertretung. Um wirklich die jeweilige Meinung des Volkes darzustellen, und auch, um nicht bestimmten Personen einen zu großen Ein- fluß zu gestatten, darf die Volksvertretung nicht für einen allzu langen Zeitraum gewählt werden. Anderseits darf dieser aber auch nicht zu kurz sein, da jede Wahl Geldkosten und Aufregungen aller Art verursacht. Aus diesen Gründen hat man in den meisten

7. Deutsche Bürgerkunde - S. 21

1910 - Leipzig : Voigtländer
21 Staaten einen Zeitraum von 3 bis 7 Jahren für die Erneuerung der Vertretung bestimmt. Einen solchen Sitzungsabschnitt nennt man eine Wahl- oder Legislaturperiode, den jähr- lichen Zusammentritt eine Tagung oder Session und die tägliche Versammlung eine Sitzung. 3. In den meisten Staaten, und zwar auch in den Re- publiken, besteht nach dem Vorbilde des uralten englischen Parla- ments die Vertretung des Volkes aus zwei Kammern, so in England aus Oberhaus und Unterhaus, in Frankreich aus Senat und Deputiertenkammer, in Preußen aus Herrenhaus und Ab- geordnetenhaus. Nur die eine von ihnen ist unmittelbar aus Grund der Volkswahl gebildet. Es hat sich aber im Laufe der Geschichte gezeigt, daß solche gewählten Versammlungen nicht selten übereilt, ungerecht und tyrannisch handelten, und darum hat man neben diese Kammer, die auch nach ihrem Ursprünge von der großen Volksmasse und der wechselnden Volksgunst sehr abhängig ist, eine andere gestellt, deren Mitglieder durch ihre Bildung und ihren Besitz die Gewähr bieten, daß sie alle Maß- regeln erst reiflich überlegen, jede Ungerechtigkeit abweisen und, frei von jeder Neuerungssucht, eine besonnene und langsame Ent- wicklung der staatlichen Einrichtungen erstreben. Da nun alle Gesetze zu ihrer Gültigkeit der Übereinstimmung beider Kammern bedürfen, so ist klar, daß sie durch eine Behandlung und Er- örterung in zwei so verschieden zusammengesetzten Körperschaften in der Regel nur gewinnen können, und daß besonders eine Über- stürzung nur schwer möglich ist. Der Abgeordnete ist, nachdem er gewählt ist, in seinen Reden und Abstimmungen völlig frei und nicht, wie die Ständevertreter des Mittelalters, an die Weisungen (Instruk- tionen) der Wähler gebunden: er ist Vertreter des ganzen Volkes und hat keinen bindenden Auftrag (impera- tives Mandat). Denn wenn jeder Abgeordnete so gebunden wäre, dann wäre jede Erörterung (Diskussion), ja die ganze Tagung unnötig und überflüssig, und es brauchte nur abgestimmt zu werden; aber gerade auf Grund der gemeinsamen und öffent- lichen Erörterung soll jeder einzelne erst seine Meinung bilden und danach seine Abstimmung einrichten. Jeder Abgeordnete hat in den Sitzungen die vollste Redefreiheit und außerhalb derselben das Recht der Immunität, d. h. er darf für keine seiner Äußerungen vor Gericht verklagt werden: ein Vorrecht, das freilich leicht mißbraucht werden kann, aber durchaus not- wendig ist, wenn die Volksvertretung ihren Zweck erfüllen soll. Aus demselben Grunde sind auch wahrheitsgetreue Zeitungs- berichte über die Verhandlungen straffrei.

8. Deutsche Bürgerkunde - S. 27

1910 - Leipzig : Voigtländer
27 zur Regierung gelangt und noch dazu von vielen in seiner Stellung beneidet und angegriffen wird. Der erbliche Monarch, dessen Vorfahren schon für das Wohl des Volkes tätig gewesen sind, genießt das Vertrauen seines Volkes; Herrscher und Volk halten auch in schlimmen Zeiten fest zusammen. Er kann tüchtige Männer um sich versammeln und in seinem Dienste er- halten, ohne daß Neid und Eifersucht sie, wie es häufig in Demokratien geschieht, von ihrem Platze verdrängt. 2. Ist aber der Herrscher zu seinem Beruf recht ausgebildet, geht er völlig in ihm auf, so erkennt er auch, daß seine Haupt- tätigkeit gerichtet sein muß auf das Wohl der niederen Klassen, des gemeinen Mannes. Es ist ein großer Irr- tum, zu glauben, die Monarchie sorge am meisten für die oberen Stände. Schon eine einfache Überlegung kann das Gegenteil dartun, und die Geschichte beweist es. Bevorzugt nämlich der König die höheren Stände, z. B. den Adel, so wird er bald dessen Besitz und Einffuß so stärken, daß er in allem auf ihn Rücksicht nehmen, ja nach seinem Gefallen regieren muß, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, von dem nun mächtigen und einflußreichen Stande seines Ansehens beraubt oder gar seines Thrones entsetzt zu werden. Der König kann also schon aus Gründen seiner eigenen Sicherheit den oberen Ständen zu viel Gewalt und Macht nicht einräumen. Im Gegenteil, er wird sich von Anfang an bemühen, in der Zuneigung der unteren Klassen ein Gegengewicht gegen die Machtgelüste der oberen Klassen sich zu schaffen, und er wird sich daher bestreben, die Lage jener Klassen nach seinen Kräften so zu gestalten, daß sie mit ihrem Lose möglichst zufrieden sind. Freilich hat auch die erbliche Monarchie zuweilen diese ihre Aufgabe vergessen oder vernachlässigt, z. B. im 18. Jahrhundert das franzö- sisch e Königtum, das den Adel und die Geistlichkeit begünstigte und die berechtigten Forderungen des dritten Standes zurückwies. Die furcht- bare Folge dieser Kurzsichtigkeit war die Absetzung und Hinrichtung Ludwigs Xvi. 1793. Als die restaurierten Bourbons wiederum die Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit erneuern und die Macht des Königtums stärken wollten, führfen sie dadurch i. I. 1830 endgültig den Sturz ihrer Familie herbei. — Ähnlich war das Schicksal der Mero- winger im Frankenreich und der Stuarts in England. Eine Schwäche der Monarchie liegt darin, daß der Fürst minder- jährig oder zur Regierung unfähig sein kann. In solchen Fällen wird eine Regentschaft eingesetzt, wie jetzt in Bayern oder in Preußen von 1858—-1861. 3. Die erbliche Monarchie steht von allen Staatsformen allein über dem Gegensatz der Klassen, sie ist daher in der Lage, durch ihr Eingreifen die vorhandenen Gegensätze aus- zugleichen und besonders das Wohl der niederen Volksschichten zu fördern.

9. Deutsche Bürgerkunde - S. 50

1910 - Leipzig : Voigtländer
50 lange gehalten werden, bis er durch freie Übereinkunft oder in- folge eines neuen Krieges abgeändert wird. 3. In ähnlicher Weise ist auch der Seekrieg durch die Pariser Deklaration von 1856 und die Londoner von 1909 ge- ordnet. Jedoch wird das Privateigentum im Seekrieg nicht geschont, die feindlichen Handelsschiffe werden vielmehr weggenommen oder gekapert und heißen dann Prisen. Da- gegen dürfen die Kriegführenden solche Schiffe, die die Flagge eines neutralen Staates führen, nicht angreifen, außer wenn siekriegskonterbande (Waffen, Munition) enthalten. Als relative Konterbande gelten Lebensrnittel, Vieh, Kohlen u. dgl.; sie unterliegen der Beschlagnahme, wenn bewiesen wird, daß sie für den Gebrauch der Streitmacht des feindlichen Staates be- stimmt sind, und wenn sich das Schiff auf der Fahrt nach dem feindlichen Lande befindet. Besondere Prisengerichte ent- scheiden darüber, ob die Wegnahme statthaft war oder nicht. Feindliche Häfen kann die andere Partei sperrenoder blockieren, doch brauchen die neutralen Schiffe solche Blockade nur dann zu beachten, wenn sie effektiv ist, d. h. wenn sie nicht bloß verkündet, sondern auch tatsächlich durch eine genügende Zahl Schiffe durchgeführt wird. Durch alle diese Ordnungen hat der Krieg schon viele von den Härten verloren, die er im Altertum und noch bis in die neuere Zeit gehabt hat. Auch bemüht man sich, die Kriege über- haupt zu vermindern, und die Haager Friedenskonferenz hat zu diesem Zweck ein internationales Schieds- gericht eingesetzt, das freilich nur zur Schlichtung leichterer Konflikte dient und auch nur fakultativ ist. Denn allerdings, die Herstellung des ewigen Friedens (vgl. S. 10) ist ein der Wirklichkeit völlig widersprechendes Phantasiegebilde, eine Un- möglichkeit oder Utopie, ein vielleicht schöner, aber eitler Traum.

10. Deutsche Bürgerkunde - S. 88

1910 - Leipzig : Voigtländer
— 88 jetzt der Grundsatz der Gewerbefreiheit anerkannt, d. h. es wurde jedem der Betrieb eines Gewerbes gestattet. Wer ein stehendes Gewerbe selbständig betreiben will, braucht also dazu keine Genehmigung, sondern muß es nur der Gemeindebehörde anzeigen. Nur die Rücksicht auf das Gemeinwohl schränkt diesen Grundsatz ein, und solche Beschränkungen sind notwendig. So bedürfen gewerbliche Anlagen, die für die Nachbarschaft ge- fährlich oder lästig find, der Genehmigung. Bei einigen Gewerben, die zum Schutz des Publikums eine Aufsicht erfordern, wie bei den Berufen der Arzte, Tierärzte und Apotheker, ist die Ausübung an eine Approbation geknüpft, die nur nach erwiesener Befähigung erteilt werden darf (S. 138); aus demselben Grunde ist die Genehmigung er- forderlich für die Anlage von Privatheilanstalten und für theatratischc Darstellungen ohne höheres Interesse. Auch für den Betrieb der Gast- und Schankwirtschaft must die obrigkeitliche Genehmigung oder Kon- zession nachgesucht werden, und sie muß versagt werden, wenn der Unternehmer grobe sittliche Mängel hat, wenn die Räumlichkeiten nicht genügen oder wenn zum Branntweinschank kein Bedürfnis vorliegt. Bei den ungeheuren Ausgaben, die unser Volk für den Genuß des Alkohols aufwendet — nicht weniger als 3250 Millionen Mark werden jährlich in Deutschland für Branntwein, Bier und Wein aus- gegeben —, und bei dem furchtbaren Schaden, den der Alkohol der leib- lichen, geistigen und sittlichen Gesundheit und dem wirtschaftlichen Ge- deihen des einzelnen, seiner Kinder und des ganzen Volkes bringt, ist eine solche Prüfung dringend geboten: noch besser wäre es freilich, wenn jeder einzelne so viel Einsicht und Willenskraft besäße, um dem Alkohol ganz zu entsagen oder ihn doch nur mäßig zu genießen. Der Gewerbebetrieb im Umherziehen (Hausierhandel) bedarf der Genehmigung, des Wandergewerbescheins, und kann aus gesetzlich be- stimmten Gründen versagt werden. Die Preise der Waren werden nicht, wie es früher oft geschah, von der Obrigkeit festgesetzt, sondern von den Verkäufern und sind abhängig von Angebot und Nachfrage oder der freien Konkurrenz (S. 189). Der unlautere Wettbewerb ist bei Strafe verboten. Obrigkeitliche Taxen gibt es nur im Straßenverkehr für Droschken und Dienstmünner und für Schornsteinfeger. Die alten Innungen, die durch ihre Mißbräuche viel zum Niedergang des Handwerks beigetragen hatten, wurden durch die Gewerbeordnung nicht beseitigt, wohl aber ihre Miß- bräuche abgeschafft und der Beitritt zur Innung jedem freige- stellt. Aber bald zeigte sich, daß man mit dieser Schwächung der Innung dem Handwerk, das von der Großindustrie hart bedrängt wurde, eine wichtige Stütze genommen hatte; denn nur durch festen Zusammenschluß können schwache Kräfte stark werden. Um daher das Handwerk in seinem Kampfe gegen die Großindustrie zu stärken, hat man später die Rechte der Innungen wieder erweitert und neben den freien Innungen auch die Zwangsinnungen eingeführt, die gebildet werden müssen.
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