Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
11
daß der Feind bei dem Feinde austauschte, und so mußte sich
der eine Teil an der Sauce genügen lassen, während der andere
die trockenen Klöße verschluckte. Die Schulknaben von Glienecke
und Stolpe blieben aber auch nicht hinter dem Ofen hocken,
wenn die Prinzen Manöver hatten; sie kamen auch nicht, um
nur müßig zuzusehen, sondern jeder nahm Partei, der eine für
Fritz, der andere für Friedrich Karl. Sie waren die Franktireurs,
die denn auch für ihre Heldenthaten den Rest der Mahlzeit be-
kamen, also je nachdem sie das Glück oder Unglück geleitet,
Mehlklöße ohne Sauce oder Sauce ohne Mehlklöße.
Daß aber die Erziehung der Prinzen nicht eine einseitige,
nur eine militärische wurde, dafür sorgte die vortreffliche Mutter.
Wir finden sie immer emsig bemüht, alle Anlagen des Sohnes,
auch für die friedliche Thätigkeit, für die Künste und Wissen-
schaften und deren Förderung zu verwerten, soweit nnr irgend
eine solche Verwertung möglich gemacht werden konnte, seine
Neigungen dafür stets wachzuerhalten, sie zu erweitern; und so
sehen wir denn den Soldaten und den Beschützer und Freund
der schönen Künste und Erzeugnisse des Friedens zugleich sich in
dem Prinzen entwickeln, dessen ausgezeichnete Fähigkeiten ihm die
Studien wesentlich erleichterten. Der Prediger Godet und seit
1844 der Professor Curtius wurden die Erzieher des Prinzen.
Eine Reihe anderer Lehrer unterrichteten ihn in den verschiedensten
Fächern. Die Musikstudien leitete der Musikdirektor Taubert,
während Rohrlich und Reichardt, der Komponist des Liedes:
„Was ist des Deutschen Vaterland?" Gesangstunde gaben. Der
Religionsunterricht wurde in die Hände des Rektors Bormann
gelegt, Geschichte lernte der Prinz bei dem Professor Heydemann,
Erdkunde beim Hauptmann von Ratzmer vom Kaiser-Franz-Garde-
Grenadier-Regiment, Mathematik beim Professor Schellbach.
Auch einer alten Sitte im Hohenzollernhause wurde genügt,
welche vorschreibt, daß jeder preußische Prinz ein Handwerk lernen
müsse. So wurde denn der Prinz dem Hoftischler Kunath in die
Lehre gegeben. In einem Zimmer des Schlosses Babelsberg ist
noch ein Gartenstuhl zu sehen, welchen der Prinz seinem Vater
zum Geburtstage angefertigt hatte. Doch er hat es bei einem
Handwerk nicht bewenden lassen, sondern vielmehr bei dem Hof-
buchbinder Meßner auch noch die Buchbinderei erlernt. Als er
einst als Kronprinz in Berlin eine Fortbildungsschule besuchte,
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief]]
Extrahierte Personennamen: Stolpe Fritz Friedrich Godet Curtius Taubert Reichardt Heydemann Schellbach Hoftischler_Kunath
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- 34 —
Kaiser fiel ihm in die Rede: „Was?" „Mich übertreffen wird,"
vollendete der Lehrer. „Das ist brav, Wilhelm, das freut mich,
das höre ich gern. Doch seien Sie ohne Sorge," sprach der Kaiser
scherzend zum Lehrer gewandt, „Konkurrenz soll Ihnen der Wilhelm
nicht machen, das garantiere ich Ihnen!"
Von 9—12 Uhr des Morgens unterrichtete den zwölfjährigen
Prinzen Wilhelm ein Dr. D. Um 11 Uhr trat eine viertelstündige
Frühstückspause ein. Der Prinz erhielt dann regelmäßig ein
Stück Weißbrot und einige Äpfel, Birnen oder anderes Obst;
dem Lehrer Dr. D. dagegen wurde ein warmes Frühstück, ge-
bratenes Fleisch, Kartoffeln und dergleichen, aufgetragen. Der
Duft des Gebratenen ließ den jungen Prinzen niemals ohne eine
gewisse Erregung, und er schaute gar häufig sehnsuchtsvoll von
seinem Brot und Obst auf die dampfende Schüssel des Lehrers.
Dem letzteren that das leid; ja er fürchtete sogar, bei feinem Zög-
ling den Neid zu erregen, konnte jedoch die Sache nicht ändern,
da die Eltern die Anordnung getroffen hatten und sich so leicht
nicht dreinreden ließen.
Eines Tages fand eine größere Wiederholung des früher
Gelernten statt, und alles ging ganz vortrefflich, sodaß der Lehrer
sich reich belohnt fühlte für feine Mühe, die er an seinem Zög-
ling verwandt hatte. Es schlug nun 11 Uhr, der Diener brachte
auf einer kostbaren Schüssel das Frühstück des Doktors, dem unter
dem silbernen Deckel her ein köstlicher Duft entströmte, für den
Prinzen aber den Korb mit Brot und einigen Weintrauben. Prinz
Wilhelm hob, ehe er anfing zu essen, doch noch einmal den Blick
nach der vielversprechenden Schüssel, dann wollte er sich über die
Weintrauben hermachen. „Prinz," sagte da der Doktor plötzlich,
„ich bin ein großer Freund von Weintrauben, könnten wir nicht
einmal mit dem Frühstück tauschen? Sie essen meinen Braten
und ich. . .Der Lehrer war mit seiner Rede noch nicht soweit
gekommen, als der überglückliche Prinz bereits seine Schale mit
Brot und Trauben vor den Platz des Doktors geschoben und sich
mit vielem Dank und freudestrahlender Miene dessen Schüssel
herbeigezogen hatte. Beiden schmeckte es vortrefflich. Der Lehrer
freute sich herzlich, dem jungen Prinzen ein Verlangen befriedigt
zu haben, das er schon hundertmal in seinen Augen gelesen hatte.
Noch waren sie bei bester Thätigkeit, da trat der Kronprinz
ein, wie er dies öfter während der Unterrichtsstunden that. Beide
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
65
Dienst der Wache selbst ob. Es war bereits spät abends, als
der Kronprinz in Begleitung seines Adjutanten am Wachtlokal
vorüberkam. Er winkte dem Posten zu, die Ehrenbezeugungen
(Wache herausrufen, präsentieren rc.) zu unterlassen und trat an
das Fenster des Wachthauses, um zu sehen, was im Innern
vorginge. Der dienstthuende Fähnrich saß im Osfizierszimmer
am Tische und war, vorschriftsmäßig gekleidet, eingenickt; die
Anstrengungen des Tages forderten von dem jungen Krieger
ihre Rechte. Der Kronprinz trat leise ein und sah auf dem
Tische, an welchem der Fähnrich saß, ein beschriebenes Papier,
auf welchem stand:
„Liebe Mutter! Heute nach der Parade habe ich erfahren,
daß ich in den nächsten Tagen zum Offizier befördert werde.
Freue Dich mit mir! Doch wie wird's mit der Beschaffung
der Offiziers-Equipierung (Uniform, Pferd rc.)? Du hast
alles Dr mich gethan, bist arm, und ich muß mir ander-
weitig Rat verschaffen. Schulden, ein herbes Wort, und
wer wird sie bezahlen? . . . ."
So weit war der Brief an die Mutter gediehen, worauf
der Fähnrich, wohl in der Sorge um die Antwort auf diese
schwermütige Frage und in der Ermüdung von den Anstrengungen
des Tages, mit der Feder in der Hand eingeschlummert war. Der
Kronprinz nahm ihm behutsam die Feder aus der Hand und schrieb
unter die Frage seinen Namen: „Friedrich Wilhelm, Kronprinz."
Dann entfernte er sich, ohne den Fähnrich zu wecken und
auf jede Ehrenbezeugung verzichtend. Man denke sich nun beim
Erwachen des jungen Helden sein Erstaunen, als er als Beant-
wortung seiner Frage den Namen Seiner Kaiserlichen Hoheit des
Kronprinzen las, und von dem Posten und der übrigen Mannschaft
hörte, wer ihm einen Besuch abgestattet hatte. Als der Fähnrich
wieder in seine Garnison einrückte, fand er eine Anweisung des
Hofmarschallamts vor, nach Beschaffung seiner Offiziersausrüstung
die Rechnung einzureichen, auf daß der Kronprinz sein Ver-
sprechen einlösen könne. Dies geschah denn auch; aber von
einem Dank wollte der edle Geber nichts wissen.
Der Invalide von Soor.
Der Kronprinz ging Ende Februar 1882 über die Fenn-
brücke bei Moabit, als der entlassene invalide Postbeamte M.
Wolter, Kaiser Friedrich Hi. .... 5
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wolter Friedrich_Hi Friedrich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
66
und seine drei Knaben, den hohen Herrn erkennend, militärische
Ehrenbezeugungen machten. Freundlich dankend trat der Kron-
prinz an den stramm stehenden Invaliden mit den Worten heran:
„Sie waren Soldat, ich sehe es, haben Sie noch mehr solche
Jungen?" „Nein, Kaiserliche Hoheit, bin Invalide und infolge
der Strapazen beim Feldpostdienst 1870 und 71 Jahre lang
bettlägerig gewesen. Meine Knochen sind morsch, und das häus-
liche Elend raubt mir den Mut!" Fest dem so Klagenden in die
Augen sehend, fragte der Kronprinz weiter: „Wo verwundet?"
„Gefecht bei Soor, am 28. Juni 1866, Schuß durch die Schulter,
linker Arm gelähmt!" „Reichen Sie mir Ihre Hand, bedaure
Ihr Schicksal, schreiben Sie sofort an mich, legen Sie Ihre
Papiere bei und schreiben Sie auf den Briefumschlag: Soor."
Sprachlos stand der Invalide vor dem hohen Herrn, der ihm
herzlich die Hand schüttelte und sich dann entfernte. Nach einigen
Tagen ging das geforderte Gesuch ab, und nach Verlauf von
weiteren fünf Tagen befand sich der Absender im Besitze einer
bedeutenden Geldsumme mit dem erfreuenden Bescheide, daß
dem M. in kürzester Zeit eine seinem körperlichen Zustande ent-
sprechende Stellung nachgewiesen werden solle. Große Freude
herrschte natürlicherweise in der sonst so armen, jetzt beglückten
Familie.
Eine Reiseunlerstützung.
Im Schulgarten zu Langensulzbach in Elsaß liegt ein
Schlesier, der Lehrer Püschel, welcher an seinen bei Wörth em-
pfangenen Wunden starb, begraben. Er war der einzige Sohn
seiner Eltern, die gern den Ort besucht hätten, wo ihr Kind
gebettet lag, aber es fehlten ihnen dazu die Reisemittel. Als
dies der Kronprinz erfuhr, schickte er dem Vater vierzig Thaler
Reisegeld, und bald standen die alten Eltern im Schulgarten
zu Langensulzbach und weinten sich am Grabe ihres geliebten
Sohnes aus.
Die Inspizierung.
Welchen Ernst der Kronprinz Friedrich Wilhelm als militärischer
Befehlshaber zeigte, wie sehr ihm das Wohl der Mannschaft am
Herzen lag, beweist folgende Geschichte aus dem Jahre 1878,
welche damals in der ganzen deutschen Armee Aufsehen erregte.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Wörth Ernst Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: M. Langensulzbach Elsaß Langensulzbach
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
68
nicht. Anscheinend gleichgültig erkundigte sich der hohe Besucher
des Lazaretts nach der Lebensstellung und dem Wohnorte der
Eltern, faßte den Kranken noch einmal scharf ins Auge und
setzte dann seinen Gang durch die Krankenzimmer fort. Der
Fall schien hiermit erledigt, da der Kronprinz wohl wußte, daß
dem ertappten Sünder nach seiner Entlassung aus dem Lazarett
noch eine Arreststrafe in Aussicht stand.
Am Weihnachtsabend finden wir den jungen Vaterlands-
verteidiger im traulichen Familienzimmer der guten Mama.
Hinter einem dampfenden Glase Punsch lehnte er behaglich im
Sessel und rauchte eine ganz bedeutende „Giftnudel," womit er
die Havannazigarren des älteren Bruders meinte. Die Lichter
am Christbaum waren schon verlöscht, als sich der Weihnachts-
engel noch einmal einstellte und eine verspätete Holzkiste auf den
Tisch stellte. Was war darin? Eine mächtige Zigarre, aber so
groß und hart wie eine Feldgranate und so schwer wie ein
Kommißbrot. Sonderbare Sorte! Aha, jetzt hatte er's. Es war
nur eine nachgemachte, hölzerne Zigarre, inwendig hohl! Und
aus dem Inneren derselben zog er eine — Milchflasche hervor,
eine Saugflasche in Lebensgröße, mit einem Gummi-Saugpfropfen
und gefüllt mit echter Kuhmilch. Auf der Flasche aber klebte ein
Zettel mit einer Aufschrift von wohlbekannter Hand: „Wohl
bekomncks! Friedrich Wilhelm." Die Beschämung war zu groß.
Die Sendung bedeutete doch nichts weiter, als daß für einen
Kadetten die Saugflasche besser passe als die Zigarre. „Heiliger
Brahma, ich möchte mich vor Scham gleich in den nächsten
Briefkasten stürzen!" Mit diesem Aufschrei warf der jugendliche
Kadett den Rest seiner Zigarre weg und stürzte in sein Schlaf-
zimmer.
Sieben Jahre später, nach der Schlacht bei Wörth, reitet
der Kronprinz durch die Vorposten und trifft den heimlichen Zi-
garrenfreund wieder. Aus dem jungen Burschen ist ein stattlicher
Offizier geworden. Der Kronprinz erkennt ihn, holt aus seiner
Satteltasche ein Päckchen Zigarren und überreicht es dem Offi-
zier lachend mit den Worten: „Nun, lieber S . . . ., die Sorte
von 1863 lagert wohl noch immer? Na, seien Sie nicht mehr
böse, jetzt habe ich einen besseren Lieferanten. Probieren Sie
einmal dieses Kraut, das ist eine andere Nummer."
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
— 75 —
Wollmarkt kutschiert war und im „Schweidnitzer Keller" demselben
schmucken, schlanken Offizier die Sehnsucht kund gegeben hatte,
„unsern Fritz" zu sehen, fast in Ohnmacht gefallen ist, als vor
ihrem willigen Wegweiser zum Königlichen Schlosse die Mann-
schaft auf der Hauptwache ins Gewehr gerufen wurde. Sie
selber hat es fünfzehn Jahre später mit wonnigem Stolze und
mit dem Bemerken erzählt: „Jemersch, jemersch, hat sich der
gemein gemacht!"
Wer hinter solcher Leutseligkeit Berechnung wittern wollte, der
irrte sich. Die Jungen hätten das bald herausgehabt und wären
dem Herrn gewiß aus dem Wege gegangen. Das Gegenteil fand statt.
Wo er sich blicken ließ, flogen die Mützendeckel vom Kopfe, mit
lauten, fröhlichen, der Tageszeit angepaßten Grüßen. Unter
diesen Grüßen belustigte den Prinzen kein anderer mehr, als der
dem Breslauer eigentümliche: „Speis ham" (d. h. Ich wünsche
wohl gespeist zu haben), womit er die Jugend weidlich neckte.
„Guten Morgen, Königliche Hoheit!" „Speis ham, Jungens!"
Bist du es, Fritze"?
Als im Jahre 1885 der damalige Kronprinz zur Jagd in
Eberswalde anwesend war, näherten sich den vor dem Jagd-
schlößchen stehenden Herrschaften, die wohl eben vom Jagen
zurückgekehrt sein mochten, mehrere Knaben und drängten sich
dicht an die Herren heran. Ein etwa zehnjähriger Bursche,
welcher neben einem stattlichen Herrn in grauem Jagdanzug
stand, äußerte ziemlich laut zu seinen Kameraden, er möchte
doch gern den Kronprinzen einmal sehen. Da drehte sich plötzlich
der vor ihm stehende, eben erwähnte Herr herum und hielt den
Knaben, hinter denselben tretend, die Augen zu. Der auf solche
Weise am Sehen Gehinderte mochte der Meinung sein, es wäre
ein Schulkamerad von ihm, der sich den bekannten Scherz er-
laubte, und rief aus: „Bist du es, Fritze?" da ertönte lachend
eine Stimme hinter ihm: „Jawohl, mein Sohn, du hast recht,
der „Fritz" ist es!" Es war der Kronprinz gewesen, der dem
Knaben die Augen zugehalten hatte, und der nun dem Kleinen
erklärte, daß er jetzt den Kronprinzen gesehen habe. Leutselig
unterhielt sich der hohe Herr mit dem Knaben, der der Sohn
eines Bürgers in Eberswalde war, fragte ihn, wo er wohne
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
18
auffallend ehrfurchtsvoll gegrüßt wurde und deshalb einsamere
Wege aufsuchte. Da fühlte er sich plötzlich am Rockschöße erfaßt.
Er blickte um sich und sah ein blasses Mädchengesicht, das flehend
zu ihm emporschaute.
„Wer schickt dich betteln, mein Kind?" fragte der Fremde.
„Meine kranke Mutter!" antwortete die Kleine.
„Wo ist dein Vater?"
„Der ist tot — ach, uns hungert so sehr!" setzte sie schluch-
zend hinzu.
Der Herr, der schon seine Börse gezogen hatte, steckte sie
wieder ein.
„Führe mich zu deiner Mutter- Kleine," sagte er und folgte
dem Mädchen, das ihn durch mehrere Straßen und Gäßchen bis
zu einem kleinen, baufälligen Hause führte. Sie schritten zwei
schmale, alte, knarrende Treppen hinauf. Dann öffnete die Kleine
eine Bodenthür, und der Herr hatte nun einen Einblick in eine
halbfinstere, unheimliche Dachkammer. Der Verschlag war feucht
und kalt, und in der Ecke lag auf ärmlichem Lager eine junge
Frau, der das Unglück in den Augen zu lesen war. Sie richtete
sich stöhnend auf, als der Fremde eintrat.
„O, Herr Doktor," sagte sie, „es ist nicht recht, daß meine
Tochter Sie heimlich gerufen hat. Ich habe keinen Heller und
kann nichts bezahlen."
Der fremde Herr winkte einen Diener herbei, der ihm ge-
folgt war, und sagte ihm einige Worte, worauf sich dieser so-
gleich entfernte.
„Haben Sie niemanden, der für Sie sorgt?" fragte er dann.
„Ich habe keinen Verwandten, der sich um mich bekümmern
könnte, und meine Wirtsleute sind selber arm. Mein Mann
war Arbeiter. Solange er lebte, ging es uns gut; seit er tot
ist, habe ich Tag und Nacht gearbeitet, um uns zu ernähren.
Dann wurde ich krank, und so kamen wir in Not und Elend."
Der Herr gab dem Mädchen Geld und sagte: „Geh und
hole Brot und Wein."
Schnell eilte das Mädchen davon und kehrte bald mit freude-
strahlendem Gesicht zurück, ein Brot im Arm und eine Flasche
Wein in der Hand.
„Das lohne Ihnen Gott!" sagte die Frau mit Thränen in
den Augen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
— 19 —
Da trat ein Arzt in das Zimmer, den der Diener herbei-
gerufen hatte. Ehrfurchtsvoll verneigte er sich vor dem fremden
Herrn, der diesen Augenblick benutzte, um still eine Kassenan-
weisung auf den Tisch zu legen und sich unbemerkt zu entfernen.
Der Arzt untersuchte den Zustand der Kranken, gab seine
Verordnungen und bemerkte, daß er seinen Besuch jeden Tag
wiederholen werde. Wegen der Zahlung dürfe sie sich keine
Sorge machen, zumal er sogar die Anweisung habe, die Rech-
nung in der Apotheke zu bezahlen.
„Wer war der Fremde?" fragte die Frau. „Ich hielt ihn
für einen Arzt."
„Das war der Kronprinz von Preußen!" sagte der Doktor.
Da faltete die Frau still ihre Hände und richtete ein Dank-
gebet aus innigem Herzen zu dem, der die Geschicke der Menschen
zum Besten lenkt.
Während der Studienzeit war auch die militärische Ausbil-
dung nicht versäumt worden, vielmehr hatte der Prinz inzwischen
zu verschiedenen Malen kürzere oder längere Zeit in Reih und
Glied gestanden und war am 16. Oktober 1851 zum Haupt-
mann befördert worden. Nach dem Verlassen der Universität,
Ostern 1852, traten die soldatischen Übungen wieder in den
Vordergrund und wurden jetzt auch auf die anderen Waffen-
gattungen, auf die Artillerie und die Kavallerie ausgedehnt.
Diesen stets regen Geist und Eifer belohnte der König Friedrich
Wilhelm Iv. dadurch, daß er am 16. Oktober 1854 seinen
Neffen zum Major und Kommandeur des 1. Bataillons vom
2. Garde-Landwehrregiment ernannte und ihn am 3. Juli 1856
mit der Führung des 1. Garderegiments z. F. als dessen Oberst
betraute.
So war Prinz Friedrich von Stufe zu Stufe gestiegen,
vom Rekruten hatte er sich nach einer fünfzehnjährigen Dienstzeit
zum Oberst und Regimentskommandeur hinaufgearbeitet. Die
strenge militärische Schule der preußischen Armee bildete ihn vor
zu dem gewaltigen, ruhmgekrönten Feldherrn, als welchen wir
ihn zehn Jahre später wiederfinden; die treue Sorge der liebe-
vollen Mutter, die unermüdlich an seinem Herzen, seinem Gemüte,
seiner Gesinnung gearbeitet, bildete ihn heraus zu dem edlen
Menschen, als welchen wir ihn in den vorerwähnten Erzählungen
kennen gelernt haben. Und doch, ein Prinz, der berufen ist,
2*
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Garderegiments Friedrich_von_Stufe Friedrich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
31
recht sehr geeignet ist, Dünkel und Anmaßung in den jungen
Herzen wachzurufen. Von früher Jugend an wurden die kron-
prinzlichen Kinder in den Verkehr mit Kindern aus anderen
Ständen eingeführt und bei den Kinderfesten auf dem Landgute
des Vaters in Bornstädt vereinigten sie sich sogar mit den
Kindern des Dorfes zum fröhlichen Spiele, zum gemeinsamen
Kaffee und Abendessen. Aber nicht die Kinder allein mischten sich
unter die Dorfjugend, auch der Kronprinz und seine hohe Ge-
mahlin nahmen herzlichen und thätigen Anteil an den fröhlichen
Spielen.
Der vortreffliche Vater, der Kronprinz, wurde daheim unter
seinen Lieben ein Kind mit den Kindern. Man erzählt sich von
dem großen Dichter Schiller, daß ein Freund, der ihn einst be-
suchen wollte, ihn an der Erde unter seinen Kindern fand, mit
denen er „Hund" spielte. Ein ähnliches Bild bot sich eines
Tages dem Hausvater der „Herberge zur Heimat" dar, der in
das kronprinzliche Palais gekommen war, um Beiträge für seine
Anstalt zu sammeln. Der Kronprinz lag auf der Erde und spielte
mit seinen ihm zujauchzenden Kindern. Das Eintreten des alten,
ehrwürdigen Herrn störte ihn durchaus nicht, und als derselbe
sein Anliegen vorbrachte, machte der hohe Herr eine abweisende
Geberde und sagte im scherzenden Tone mit einer Miene, die ihm
vortrefflich stand: „Ja, sehen Sie, meine Frau und meine Kinder
wollen alle essen, da habe ich nichts übrig." Selbstverständlich
erhielt der Hausvater bald darauf einen Beitrag, mit dem er wohl
zufrieden sein konnte.
So fröhlich und zärtlich die Eltern mit ihren Kindern sein
konnten, so streng waren sie auch in bezug auf ihre Erziehung
und ihren Unterricht, und in dieser Hinsicht wurden sie von dem
guten Großvater, dem ehrwürdigen Könige Wilhelm, eifrigst
unterstützt.
Eines Morgens wollte sich einer der kleinen Prinzen nicht
waschen lassen. Er sträubte sich und schrie. Das hörte der Kron-
prinz, der eben an der Thür vorüberging. Er trat ein und
fragte, was es gäbe. Die Kammerfrau gab den Grund an, und
der Vater sagte, indem er das Zimmer wieder verließ: „Wenn
er sich nicht waschen lassen will, dann mag er ruhig ungewaschen
bleiben." So wurde denn der kleine Prinz angekleidet. Es fuhr
eine Kutsche vor; die Kinder sollten mit der Kammerfrau spazieren
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
33
fahren. Sie gingen an dem Wachtposten vorbei, der vor dem
Hause aufgestellt war. Derselbe trat aber nicht wie sonst ins
Gewehr, um den kronprinzl.ichen Kindern seinen Respekt zu be-
zeugen. Sie setzten sich in den Wagen und kamen an der Haupt-
wache vorbei. Sonst hatte der Posten „Heraus" gerufen, die
Mannschaft war aus der Wachtstube geeilt, hatte das Gewehr
präsentiert und der Trommler die Trommel gerührt. Heute rief
der Soldat nicht „Heraus", und die Mannschaften blieben drinnen
im Hause. Dies fiel dem jungen Prinzen sehr auf, aber er be-
hielt die Verwunderung für sich, bis er nach Hause kam. So-
gleich ging er zu seinem Vater und beklagte sich bitter darüber,
daß die Wache nicht „Heraus" gerufen und der Trommler nicht
getrommelt habe. Da sagte aber der Vater: „Ja, mein Sohn,
vor einem ungewaschenen Prinzen tritt keine Wache ins Gewehr."
Seitdem hat sich der kleine Prinz immer gleich waschen lassen.
Einst war ein Berliner Schreiblehrer ins kronprinzliche Palais
befohlen, um dem Prinzen Wilhelm einige Unvollkommenheiten
im Schreiben zu benehmen. Der Unterricht wurde auf die Morgen-
stunden, und zwar auf früh 7 Uhr bestimmt. Beim Antritt der
ersten Unterrichtsstunde fand der Lehrer die Prinzen Wilhelm und
Heinrich bereits im Arbeitszimmer bei der Arbeit. Auf seine Frage,
ob ihnen die Stunde nicht zu früh fei, erwiderten sie lachend,
daß sie bereits seit 6 Uhr bei der Arbeit und gewohnt wären,
früh aufzustehen und sich zu beschäftigen. In der ersten Stunde
erschien der Kronprinz und, den Lehrer aufmunternd, meinte er:
„Seien Sie mir ja streng mit den Knaben, keine Rücksicht oder
Nachsicht, sie wollen etwas lernen und sie sollen es lernen. Setzen
sie mich ab und zu von ihren Fortschritten in Kenntnis." Wenige
Tage darauf kam schon kurz nach 7 Uhr die Frau Kronprinzessin
ins Zimmer und sah sich nach den Fortschritten ihrer Kinder im
Schönschreiben um. Die wißbegierige hohe Frau ließ sich die
Art und Weise des Unterrichts bis in die kleinsten Einzelheiten
erklären und war hoch erfreut, die Fortschritte beider Knaben selbst
in Augenschein nehmen zu können. Eines Tages in aller Frühe
trat unerwartet der Kaiser in das Zimmer seiner Enkel. Die
Knaben wollten ihm entgegenstürzen, der Kaiser rief jedoch: „Sitzen
bleiben. Stunde nehmen!" Der Kaiser fragte dann den Lehrer,
wie er mit seinen Schülern zufrieden sei. Der Lehrer begann:
„Ich befürchte, Majestät, daß der Prinz Wilhelm —." Der
Wolter, Kaiser Friedrich Iii. 3
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Heinrich Heinrich Wilhelm_— Wilhelm Friedrich_Iii Friedrich