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1. Kaiser Friedrich III. - S. 11

1888 - Wittenberg : Herrosé
11 daß der Feind bei dem Feinde austauschte, und so mußte sich der eine Teil an der Sauce genügen lassen, während der andere die trockenen Klöße verschluckte. Die Schulknaben von Glienecke und Stolpe blieben aber auch nicht hinter dem Ofen hocken, wenn die Prinzen Manöver hatten; sie kamen auch nicht, um nur müßig zuzusehen, sondern jeder nahm Partei, der eine für Fritz, der andere für Friedrich Karl. Sie waren die Franktireurs, die denn auch für ihre Heldenthaten den Rest der Mahlzeit be- kamen, also je nachdem sie das Glück oder Unglück geleitet, Mehlklöße ohne Sauce oder Sauce ohne Mehlklöße. Daß aber die Erziehung der Prinzen nicht eine einseitige, nur eine militärische wurde, dafür sorgte die vortreffliche Mutter. Wir finden sie immer emsig bemüht, alle Anlagen des Sohnes, auch für die friedliche Thätigkeit, für die Künste und Wissen- schaften und deren Förderung zu verwerten, soweit nnr irgend eine solche Verwertung möglich gemacht werden konnte, seine Neigungen dafür stets wachzuerhalten, sie zu erweitern; und so sehen wir denn den Soldaten und den Beschützer und Freund der schönen Künste und Erzeugnisse des Friedens zugleich sich in dem Prinzen entwickeln, dessen ausgezeichnete Fähigkeiten ihm die Studien wesentlich erleichterten. Der Prediger Godet und seit 1844 der Professor Curtius wurden die Erzieher des Prinzen. Eine Reihe anderer Lehrer unterrichteten ihn in den verschiedensten Fächern. Die Musikstudien leitete der Musikdirektor Taubert, während Rohrlich und Reichardt, der Komponist des Liedes: „Was ist des Deutschen Vaterland?" Gesangstunde gaben. Der Religionsunterricht wurde in die Hände des Rektors Bormann gelegt, Geschichte lernte der Prinz bei dem Professor Heydemann, Erdkunde beim Hauptmann von Ratzmer vom Kaiser-Franz-Garde- Grenadier-Regiment, Mathematik beim Professor Schellbach. Auch einer alten Sitte im Hohenzollernhause wurde genügt, welche vorschreibt, daß jeder preußische Prinz ein Handwerk lernen müsse. So wurde denn der Prinz dem Hoftischler Kunath in die Lehre gegeben. In einem Zimmer des Schlosses Babelsberg ist noch ein Gartenstuhl zu sehen, welchen der Prinz seinem Vater zum Geburtstage angefertigt hatte. Doch er hat es bei einem Handwerk nicht bewenden lassen, sondern vielmehr bei dem Hof- buchbinder Meßner auch noch die Buchbinderei erlernt. Als er einst als Kronprinz in Berlin eine Fortbildungsschule besuchte,

2. Kaiser Friedrich III. - S. 34

1888 - Wittenberg : Herrosé
- 34 — Kaiser fiel ihm in die Rede: „Was?" „Mich übertreffen wird," vollendete der Lehrer. „Das ist brav, Wilhelm, das freut mich, das höre ich gern. Doch seien Sie ohne Sorge," sprach der Kaiser scherzend zum Lehrer gewandt, „Konkurrenz soll Ihnen der Wilhelm nicht machen, das garantiere ich Ihnen!" Von 9—12 Uhr des Morgens unterrichtete den zwölfjährigen Prinzen Wilhelm ein Dr. D. Um 11 Uhr trat eine viertelstündige Frühstückspause ein. Der Prinz erhielt dann regelmäßig ein Stück Weißbrot und einige Äpfel, Birnen oder anderes Obst; dem Lehrer Dr. D. dagegen wurde ein warmes Frühstück, ge- bratenes Fleisch, Kartoffeln und dergleichen, aufgetragen. Der Duft des Gebratenen ließ den jungen Prinzen niemals ohne eine gewisse Erregung, und er schaute gar häufig sehnsuchtsvoll von seinem Brot und Obst auf die dampfende Schüssel des Lehrers. Dem letzteren that das leid; ja er fürchtete sogar, bei feinem Zög- ling den Neid zu erregen, konnte jedoch die Sache nicht ändern, da die Eltern die Anordnung getroffen hatten und sich so leicht nicht dreinreden ließen. Eines Tages fand eine größere Wiederholung des früher Gelernten statt, und alles ging ganz vortrefflich, sodaß der Lehrer sich reich belohnt fühlte für feine Mühe, die er an seinem Zög- ling verwandt hatte. Es schlug nun 11 Uhr, der Diener brachte auf einer kostbaren Schüssel das Frühstück des Doktors, dem unter dem silbernen Deckel her ein köstlicher Duft entströmte, für den Prinzen aber den Korb mit Brot und einigen Weintrauben. Prinz Wilhelm hob, ehe er anfing zu essen, doch noch einmal den Blick nach der vielversprechenden Schüssel, dann wollte er sich über die Weintrauben hermachen. „Prinz," sagte da der Doktor plötzlich, „ich bin ein großer Freund von Weintrauben, könnten wir nicht einmal mit dem Frühstück tauschen? Sie essen meinen Braten und ich. . .Der Lehrer war mit seiner Rede noch nicht soweit gekommen, als der überglückliche Prinz bereits seine Schale mit Brot und Trauben vor den Platz des Doktors geschoben und sich mit vielem Dank und freudestrahlender Miene dessen Schüssel herbeigezogen hatte. Beiden schmeckte es vortrefflich. Der Lehrer freute sich herzlich, dem jungen Prinzen ein Verlangen befriedigt zu haben, das er schon hundertmal in seinen Augen gelesen hatte. Noch waren sie bei bester Thätigkeit, da trat der Kronprinz ein, wie er dies öfter während der Unterrichtsstunden that. Beide

3. Kaiser Friedrich III. - S. 65

1888 - Wittenberg : Herrosé
65 Dienst der Wache selbst ob. Es war bereits spät abends, als der Kronprinz in Begleitung seines Adjutanten am Wachtlokal vorüberkam. Er winkte dem Posten zu, die Ehrenbezeugungen (Wache herausrufen, präsentieren rc.) zu unterlassen und trat an das Fenster des Wachthauses, um zu sehen, was im Innern vorginge. Der dienstthuende Fähnrich saß im Osfizierszimmer am Tische und war, vorschriftsmäßig gekleidet, eingenickt; die Anstrengungen des Tages forderten von dem jungen Krieger ihre Rechte. Der Kronprinz trat leise ein und sah auf dem Tische, an welchem der Fähnrich saß, ein beschriebenes Papier, auf welchem stand: „Liebe Mutter! Heute nach der Parade habe ich erfahren, daß ich in den nächsten Tagen zum Offizier befördert werde. Freue Dich mit mir! Doch wie wird's mit der Beschaffung der Offiziers-Equipierung (Uniform, Pferd rc.)? Du hast alles Dr mich gethan, bist arm, und ich muß mir ander- weitig Rat verschaffen. Schulden, ein herbes Wort, und wer wird sie bezahlen? . . . ." So weit war der Brief an die Mutter gediehen, worauf der Fähnrich, wohl in der Sorge um die Antwort auf diese schwermütige Frage und in der Ermüdung von den Anstrengungen des Tages, mit der Feder in der Hand eingeschlummert war. Der Kronprinz nahm ihm behutsam die Feder aus der Hand und schrieb unter die Frage seinen Namen: „Friedrich Wilhelm, Kronprinz." Dann entfernte er sich, ohne den Fähnrich zu wecken und auf jede Ehrenbezeugung verzichtend. Man denke sich nun beim Erwachen des jungen Helden sein Erstaunen, als er als Beant- wortung seiner Frage den Namen Seiner Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen las, und von dem Posten und der übrigen Mannschaft hörte, wer ihm einen Besuch abgestattet hatte. Als der Fähnrich wieder in seine Garnison einrückte, fand er eine Anweisung des Hofmarschallamts vor, nach Beschaffung seiner Offiziersausrüstung die Rechnung einzureichen, auf daß der Kronprinz sein Ver- sprechen einlösen könne. Dies geschah denn auch; aber von einem Dank wollte der edle Geber nichts wissen. Der Invalide von Soor. Der Kronprinz ging Ende Februar 1882 über die Fenn- brücke bei Moabit, als der entlassene invalide Postbeamte M. Wolter, Kaiser Friedrich Hi. .... 5

4. Kaiser Friedrich III. - S. 66

1888 - Wittenberg : Herrosé
66 und seine drei Knaben, den hohen Herrn erkennend, militärische Ehrenbezeugungen machten. Freundlich dankend trat der Kron- prinz an den stramm stehenden Invaliden mit den Worten heran: „Sie waren Soldat, ich sehe es, haben Sie noch mehr solche Jungen?" „Nein, Kaiserliche Hoheit, bin Invalide und infolge der Strapazen beim Feldpostdienst 1870 und 71 Jahre lang bettlägerig gewesen. Meine Knochen sind morsch, und das häus- liche Elend raubt mir den Mut!" Fest dem so Klagenden in die Augen sehend, fragte der Kronprinz weiter: „Wo verwundet?" „Gefecht bei Soor, am 28. Juni 1866, Schuß durch die Schulter, linker Arm gelähmt!" „Reichen Sie mir Ihre Hand, bedaure Ihr Schicksal, schreiben Sie sofort an mich, legen Sie Ihre Papiere bei und schreiben Sie auf den Briefumschlag: Soor." Sprachlos stand der Invalide vor dem hohen Herrn, der ihm herzlich die Hand schüttelte und sich dann entfernte. Nach einigen Tagen ging das geforderte Gesuch ab, und nach Verlauf von weiteren fünf Tagen befand sich der Absender im Besitze einer bedeutenden Geldsumme mit dem erfreuenden Bescheide, daß dem M. in kürzester Zeit eine seinem körperlichen Zustande ent- sprechende Stellung nachgewiesen werden solle. Große Freude herrschte natürlicherweise in der sonst so armen, jetzt beglückten Familie. Eine Reiseunlerstützung. Im Schulgarten zu Langensulzbach in Elsaß liegt ein Schlesier, der Lehrer Püschel, welcher an seinen bei Wörth em- pfangenen Wunden starb, begraben. Er war der einzige Sohn seiner Eltern, die gern den Ort besucht hätten, wo ihr Kind gebettet lag, aber es fehlten ihnen dazu die Reisemittel. Als dies der Kronprinz erfuhr, schickte er dem Vater vierzig Thaler Reisegeld, und bald standen die alten Eltern im Schulgarten zu Langensulzbach und weinten sich am Grabe ihres geliebten Sohnes aus. Die Inspizierung. Welchen Ernst der Kronprinz Friedrich Wilhelm als militärischer Befehlshaber zeigte, wie sehr ihm das Wohl der Mannschaft am Herzen lag, beweist folgende Geschichte aus dem Jahre 1878, welche damals in der ganzen deutschen Armee Aufsehen erregte.

5. Kaiser Friedrich III. - S. 68

1888 - Wittenberg : Herrosé
68 nicht. Anscheinend gleichgültig erkundigte sich der hohe Besucher des Lazaretts nach der Lebensstellung und dem Wohnorte der Eltern, faßte den Kranken noch einmal scharf ins Auge und setzte dann seinen Gang durch die Krankenzimmer fort. Der Fall schien hiermit erledigt, da der Kronprinz wohl wußte, daß dem ertappten Sünder nach seiner Entlassung aus dem Lazarett noch eine Arreststrafe in Aussicht stand. Am Weihnachtsabend finden wir den jungen Vaterlands- verteidiger im traulichen Familienzimmer der guten Mama. Hinter einem dampfenden Glase Punsch lehnte er behaglich im Sessel und rauchte eine ganz bedeutende „Giftnudel," womit er die Havannazigarren des älteren Bruders meinte. Die Lichter am Christbaum waren schon verlöscht, als sich der Weihnachts- engel noch einmal einstellte und eine verspätete Holzkiste auf den Tisch stellte. Was war darin? Eine mächtige Zigarre, aber so groß und hart wie eine Feldgranate und so schwer wie ein Kommißbrot. Sonderbare Sorte! Aha, jetzt hatte er's. Es war nur eine nachgemachte, hölzerne Zigarre, inwendig hohl! Und aus dem Inneren derselben zog er eine — Milchflasche hervor, eine Saugflasche in Lebensgröße, mit einem Gummi-Saugpfropfen und gefüllt mit echter Kuhmilch. Auf der Flasche aber klebte ein Zettel mit einer Aufschrift von wohlbekannter Hand: „Wohl bekomncks! Friedrich Wilhelm." Die Beschämung war zu groß. Die Sendung bedeutete doch nichts weiter, als daß für einen Kadetten die Saugflasche besser passe als die Zigarre. „Heiliger Brahma, ich möchte mich vor Scham gleich in den nächsten Briefkasten stürzen!" Mit diesem Aufschrei warf der jugendliche Kadett den Rest seiner Zigarre weg und stürzte in sein Schlaf- zimmer. Sieben Jahre später, nach der Schlacht bei Wörth, reitet der Kronprinz durch die Vorposten und trifft den heimlichen Zi- garrenfreund wieder. Aus dem jungen Burschen ist ein stattlicher Offizier geworden. Der Kronprinz erkennt ihn, holt aus seiner Satteltasche ein Päckchen Zigarren und überreicht es dem Offi- zier lachend mit den Worten: „Nun, lieber S . . . ., die Sorte von 1863 lagert wohl noch immer? Na, seien Sie nicht mehr böse, jetzt habe ich einen besseren Lieferanten. Probieren Sie einmal dieses Kraut, das ist eine andere Nummer."

6. Kaiser Friedrich III. - S. 75

1888 - Wittenberg : Herrosé
— 75 — Wollmarkt kutschiert war und im „Schweidnitzer Keller" demselben schmucken, schlanken Offizier die Sehnsucht kund gegeben hatte, „unsern Fritz" zu sehen, fast in Ohnmacht gefallen ist, als vor ihrem willigen Wegweiser zum Königlichen Schlosse die Mann- schaft auf der Hauptwache ins Gewehr gerufen wurde. Sie selber hat es fünfzehn Jahre später mit wonnigem Stolze und mit dem Bemerken erzählt: „Jemersch, jemersch, hat sich der gemein gemacht!" Wer hinter solcher Leutseligkeit Berechnung wittern wollte, der irrte sich. Die Jungen hätten das bald herausgehabt und wären dem Herrn gewiß aus dem Wege gegangen. Das Gegenteil fand statt. Wo er sich blicken ließ, flogen die Mützendeckel vom Kopfe, mit lauten, fröhlichen, der Tageszeit angepaßten Grüßen. Unter diesen Grüßen belustigte den Prinzen kein anderer mehr, als der dem Breslauer eigentümliche: „Speis ham" (d. h. Ich wünsche wohl gespeist zu haben), womit er die Jugend weidlich neckte. „Guten Morgen, Königliche Hoheit!" „Speis ham, Jungens!" Bist du es, Fritze"? Als im Jahre 1885 der damalige Kronprinz zur Jagd in Eberswalde anwesend war, näherten sich den vor dem Jagd- schlößchen stehenden Herrschaften, die wohl eben vom Jagen zurückgekehrt sein mochten, mehrere Knaben und drängten sich dicht an die Herren heran. Ein etwa zehnjähriger Bursche, welcher neben einem stattlichen Herrn in grauem Jagdanzug stand, äußerte ziemlich laut zu seinen Kameraden, er möchte doch gern den Kronprinzen einmal sehen. Da drehte sich plötzlich der vor ihm stehende, eben erwähnte Herr herum und hielt den Knaben, hinter denselben tretend, die Augen zu. Der auf solche Weise am Sehen Gehinderte mochte der Meinung sein, es wäre ein Schulkamerad von ihm, der sich den bekannten Scherz er- laubte, und rief aus: „Bist du es, Fritze?" da ertönte lachend eine Stimme hinter ihm: „Jawohl, mein Sohn, du hast recht, der „Fritz" ist es!" Es war der Kronprinz gewesen, der dem Knaben die Augen zugehalten hatte, und der nun dem Kleinen erklärte, daß er jetzt den Kronprinzen gesehen habe. Leutselig unterhielt sich der hohe Herr mit dem Knaben, der der Sohn eines Bürgers in Eberswalde war, fragte ihn, wo er wohne

7. Kaiser Friedrich III. - S. 18

1888 - Wittenberg : Herrosé
18 auffallend ehrfurchtsvoll gegrüßt wurde und deshalb einsamere Wege aufsuchte. Da fühlte er sich plötzlich am Rockschöße erfaßt. Er blickte um sich und sah ein blasses Mädchengesicht, das flehend zu ihm emporschaute. „Wer schickt dich betteln, mein Kind?" fragte der Fremde. „Meine kranke Mutter!" antwortete die Kleine. „Wo ist dein Vater?" „Der ist tot — ach, uns hungert so sehr!" setzte sie schluch- zend hinzu. Der Herr, der schon seine Börse gezogen hatte, steckte sie wieder ein. „Führe mich zu deiner Mutter- Kleine," sagte er und folgte dem Mädchen, das ihn durch mehrere Straßen und Gäßchen bis zu einem kleinen, baufälligen Hause führte. Sie schritten zwei schmale, alte, knarrende Treppen hinauf. Dann öffnete die Kleine eine Bodenthür, und der Herr hatte nun einen Einblick in eine halbfinstere, unheimliche Dachkammer. Der Verschlag war feucht und kalt, und in der Ecke lag auf ärmlichem Lager eine junge Frau, der das Unglück in den Augen zu lesen war. Sie richtete sich stöhnend auf, als der Fremde eintrat. „O, Herr Doktor," sagte sie, „es ist nicht recht, daß meine Tochter Sie heimlich gerufen hat. Ich habe keinen Heller und kann nichts bezahlen." Der fremde Herr winkte einen Diener herbei, der ihm ge- folgt war, und sagte ihm einige Worte, worauf sich dieser so- gleich entfernte. „Haben Sie niemanden, der für Sie sorgt?" fragte er dann. „Ich habe keinen Verwandten, der sich um mich bekümmern könnte, und meine Wirtsleute sind selber arm. Mein Mann war Arbeiter. Solange er lebte, ging es uns gut; seit er tot ist, habe ich Tag und Nacht gearbeitet, um uns zu ernähren. Dann wurde ich krank, und so kamen wir in Not und Elend." Der Herr gab dem Mädchen Geld und sagte: „Geh und hole Brot und Wein." Schnell eilte das Mädchen davon und kehrte bald mit freude- strahlendem Gesicht zurück, ein Brot im Arm und eine Flasche Wein in der Hand. „Das lohne Ihnen Gott!" sagte die Frau mit Thränen in den Augen.

8. Kaiser Friedrich III. - S. 19

1888 - Wittenberg : Herrosé
— 19 — Da trat ein Arzt in das Zimmer, den der Diener herbei- gerufen hatte. Ehrfurchtsvoll verneigte er sich vor dem fremden Herrn, der diesen Augenblick benutzte, um still eine Kassenan- weisung auf den Tisch zu legen und sich unbemerkt zu entfernen. Der Arzt untersuchte den Zustand der Kranken, gab seine Verordnungen und bemerkte, daß er seinen Besuch jeden Tag wiederholen werde. Wegen der Zahlung dürfe sie sich keine Sorge machen, zumal er sogar die Anweisung habe, die Rech- nung in der Apotheke zu bezahlen. „Wer war der Fremde?" fragte die Frau. „Ich hielt ihn für einen Arzt." „Das war der Kronprinz von Preußen!" sagte der Doktor. Da faltete die Frau still ihre Hände und richtete ein Dank- gebet aus innigem Herzen zu dem, der die Geschicke der Menschen zum Besten lenkt. Während der Studienzeit war auch die militärische Ausbil- dung nicht versäumt worden, vielmehr hatte der Prinz inzwischen zu verschiedenen Malen kürzere oder längere Zeit in Reih und Glied gestanden und war am 16. Oktober 1851 zum Haupt- mann befördert worden. Nach dem Verlassen der Universität, Ostern 1852, traten die soldatischen Übungen wieder in den Vordergrund und wurden jetzt auch auf die anderen Waffen- gattungen, auf die Artillerie und die Kavallerie ausgedehnt. Diesen stets regen Geist und Eifer belohnte der König Friedrich Wilhelm Iv. dadurch, daß er am 16. Oktober 1854 seinen Neffen zum Major und Kommandeur des 1. Bataillons vom 2. Garde-Landwehrregiment ernannte und ihn am 3. Juli 1856 mit der Führung des 1. Garderegiments z. F. als dessen Oberst betraute. So war Prinz Friedrich von Stufe zu Stufe gestiegen, vom Rekruten hatte er sich nach einer fünfzehnjährigen Dienstzeit zum Oberst und Regimentskommandeur hinaufgearbeitet. Die strenge militärische Schule der preußischen Armee bildete ihn vor zu dem gewaltigen, ruhmgekrönten Feldherrn, als welchen wir ihn zehn Jahre später wiederfinden; die treue Sorge der liebe- vollen Mutter, die unermüdlich an seinem Herzen, seinem Gemüte, seiner Gesinnung gearbeitet, bildete ihn heraus zu dem edlen Menschen, als welchen wir ihn in den vorerwähnten Erzählungen kennen gelernt haben. Und doch, ein Prinz, der berufen ist, 2*

9. Kaiser Friedrich III. - S. 31

1888 - Wittenberg : Herrosé
31 recht sehr geeignet ist, Dünkel und Anmaßung in den jungen Herzen wachzurufen. Von früher Jugend an wurden die kron- prinzlichen Kinder in den Verkehr mit Kindern aus anderen Ständen eingeführt und bei den Kinderfesten auf dem Landgute des Vaters in Bornstädt vereinigten sie sich sogar mit den Kindern des Dorfes zum fröhlichen Spiele, zum gemeinsamen Kaffee und Abendessen. Aber nicht die Kinder allein mischten sich unter die Dorfjugend, auch der Kronprinz und seine hohe Ge- mahlin nahmen herzlichen und thätigen Anteil an den fröhlichen Spielen. Der vortreffliche Vater, der Kronprinz, wurde daheim unter seinen Lieben ein Kind mit den Kindern. Man erzählt sich von dem großen Dichter Schiller, daß ein Freund, der ihn einst be- suchen wollte, ihn an der Erde unter seinen Kindern fand, mit denen er „Hund" spielte. Ein ähnliches Bild bot sich eines Tages dem Hausvater der „Herberge zur Heimat" dar, der in das kronprinzliche Palais gekommen war, um Beiträge für seine Anstalt zu sammeln. Der Kronprinz lag auf der Erde und spielte mit seinen ihm zujauchzenden Kindern. Das Eintreten des alten, ehrwürdigen Herrn störte ihn durchaus nicht, und als derselbe sein Anliegen vorbrachte, machte der hohe Herr eine abweisende Geberde und sagte im scherzenden Tone mit einer Miene, die ihm vortrefflich stand: „Ja, sehen Sie, meine Frau und meine Kinder wollen alle essen, da habe ich nichts übrig." Selbstverständlich erhielt der Hausvater bald darauf einen Beitrag, mit dem er wohl zufrieden sein konnte. So fröhlich und zärtlich die Eltern mit ihren Kindern sein konnten, so streng waren sie auch in bezug auf ihre Erziehung und ihren Unterricht, und in dieser Hinsicht wurden sie von dem guten Großvater, dem ehrwürdigen Könige Wilhelm, eifrigst unterstützt. Eines Morgens wollte sich einer der kleinen Prinzen nicht waschen lassen. Er sträubte sich und schrie. Das hörte der Kron- prinz, der eben an der Thür vorüberging. Er trat ein und fragte, was es gäbe. Die Kammerfrau gab den Grund an, und der Vater sagte, indem er das Zimmer wieder verließ: „Wenn er sich nicht waschen lassen will, dann mag er ruhig ungewaschen bleiben." So wurde denn der kleine Prinz angekleidet. Es fuhr eine Kutsche vor; die Kinder sollten mit der Kammerfrau spazieren

10. Kaiser Friedrich III. - S. 33

1888 - Wittenberg : Herrosé
33 fahren. Sie gingen an dem Wachtposten vorbei, der vor dem Hause aufgestellt war. Derselbe trat aber nicht wie sonst ins Gewehr, um den kronprinzl.ichen Kindern seinen Respekt zu be- zeugen. Sie setzten sich in den Wagen und kamen an der Haupt- wache vorbei. Sonst hatte der Posten „Heraus" gerufen, die Mannschaft war aus der Wachtstube geeilt, hatte das Gewehr präsentiert und der Trommler die Trommel gerührt. Heute rief der Soldat nicht „Heraus", und die Mannschaften blieben drinnen im Hause. Dies fiel dem jungen Prinzen sehr auf, aber er be- hielt die Verwunderung für sich, bis er nach Hause kam. So- gleich ging er zu seinem Vater und beklagte sich bitter darüber, daß die Wache nicht „Heraus" gerufen und der Trommler nicht getrommelt habe. Da sagte aber der Vater: „Ja, mein Sohn, vor einem ungewaschenen Prinzen tritt keine Wache ins Gewehr." Seitdem hat sich der kleine Prinz immer gleich waschen lassen. Einst war ein Berliner Schreiblehrer ins kronprinzliche Palais befohlen, um dem Prinzen Wilhelm einige Unvollkommenheiten im Schreiben zu benehmen. Der Unterricht wurde auf die Morgen- stunden, und zwar auf früh 7 Uhr bestimmt. Beim Antritt der ersten Unterrichtsstunde fand der Lehrer die Prinzen Wilhelm und Heinrich bereits im Arbeitszimmer bei der Arbeit. Auf seine Frage, ob ihnen die Stunde nicht zu früh fei, erwiderten sie lachend, daß sie bereits seit 6 Uhr bei der Arbeit und gewohnt wären, früh aufzustehen und sich zu beschäftigen. In der ersten Stunde erschien der Kronprinz und, den Lehrer aufmunternd, meinte er: „Seien Sie mir ja streng mit den Knaben, keine Rücksicht oder Nachsicht, sie wollen etwas lernen und sie sollen es lernen. Setzen sie mich ab und zu von ihren Fortschritten in Kenntnis." Wenige Tage darauf kam schon kurz nach 7 Uhr die Frau Kronprinzessin ins Zimmer und sah sich nach den Fortschritten ihrer Kinder im Schönschreiben um. Die wißbegierige hohe Frau ließ sich die Art und Weise des Unterrichts bis in die kleinsten Einzelheiten erklären und war hoch erfreut, die Fortschritte beider Knaben selbst in Augenschein nehmen zu können. Eines Tages in aller Frühe trat unerwartet der Kaiser in das Zimmer seiner Enkel. Die Knaben wollten ihm entgegenstürzen, der Kaiser rief jedoch: „Sitzen bleiben. Stunde nehmen!" Der Kaiser fragte dann den Lehrer, wie er mit seinen Schülern zufrieden sei. Der Lehrer begann: „Ich befürchte, Majestät, daß der Prinz Wilhelm —." Der Wolter, Kaiser Friedrich Iii. 3
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