— 304
Mit Bethanien übersieht das Auge den Ölberg, die Stätte der
heiligen Erinnerungen. Nahe am Ölberge liegt Gethsemane, unten
an seinem Fuße der Olivengarten und oben auf dem Gipfel die
Himmelfahrtskirche. Ich konnte mein Auge fast nicht wenden von
den heiligen Hügeln. Noch einmal trank ich in vollstem Zuge das
heilige Schauspiel und wandte mich dann mit dem Wunsche des
heimatlichen Dichters ab:
„Bleibt mir nah mit eurem heil'gen Walten,
Hohe Bilder, himmlische Gestalten!"
(Nach F. W. Hackländer u. a.)
Die Überschwemmungen des Wits.
Schon im Altertum wurde Ägypten ein „Geschenk des Nils"
genannt, und das mit Recht; denn der Nil ist es, der das Land
bewässert und fetten Schlamm auf demselben ablagert, dadurch unter
einem fast regenlosen Himmel üppige Fruchtbarkeit erzeugeud. Zwar
haben auch andere Ströme jährliche Überschwemmungen; aber bei
keinem derselben treten diese mit solcher Regelmäßigkeit auf und lassen
sich so genan und so weit zurück verfolgen. Wir wissen, daß der
Nil von den mächtigen Wassermassen angeschwellt wird, welche zur
Zeit der tropischen Regen in seinem Quellgebiet, besonders in Abessinien,
herabstürzen. Gegen Schluß des Juni verrät der steigende Strom
den gewaltigen Zuwachs des Wassers. Diese Schwellung nimmt
nun in gleichmäßiger Folge so zu, daß um die Mitte des Augusts
der Fluß iu Ägypten seine Ufer überschreitet und allmählich das
ganze Thal bis zum Fuße der Berge überflutet, um während des
Oktobers in seine Grenzen zurückzukehren und ebenso gleichmäßig, wie
er gewachsen, auf den niedrigsten Wasserstand herabzusinken. Das
höchste, aber gewöhnliche Maß der Steigung beträgt für das Delta
heute noch wie schon im Altertum 5 m, und die Wassermenge, welche
der Strom in dieser Zeit dem Meere zuwälzt, ist zwanzigmal größer
als zuvor. Zuweilen bleibt er auch uuter dem angegebenen Maße
zurück. Dann aber trifft Hungersnot oder doch Mangel die Be-
völkeruug, welche eben den Überschwemmungen allein ihre reichen
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Extrahierte Personennamen: F._W._Hackländer Augusts
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 225
Der Natur furchtbare Stimme siege.
Und der Freude Wange werde bleich,
Und der heil'gen Sympathie erliege
Das Unsterbliche in euch!
Aber in den heitern Regionen,
Wo die reinen Formen wohnen,
Rauscht des Jammers trüber Sturm nicht mehr.
Hier darf Schmerz die Seele nicht durchschneiden,
Keine Träne fließt hier mehr dem Leiden,
Nur des Geistes tapfrer Gegenwehr.
Lieblich, wie der Iris Farbenfeuer
Auf der Donnerwolke duft'gem Tau,
Schimmert durch der Wehmut düstern Schleier
Hier der Ruhe heitres Blau.
Ties erniedrigt zu des Feigen Knechte,
Ging in ewigem Gefechte
Einst Alcid des Lebens schwere Bahn,
Rang mit Hydern und umarmt' den Leuen,
Stürzte sich, die Freunde zu befreien.
Lebend in des Totenschiflers Kahn.
Alle Plagen, alle Erdenlasten
Wälzt der unversöhnten Göttin List
Auf die will'gen Schultern des Verhaßten,
Bis sein Lauf geendigt ist —
Bis der Gott, des Irdischen entkleidet,
Flammend sich vom Menschen scheidet
Und des Äthers leichte Lüfte trinkt.
Froh des neuen, ungewohnten Schwedens,
Fließt er aufwärts, und des Erdenlebens
Schweres Traumbild sinkt und sinkt und sinkt.
Des Olympus Harmonien empfangen
Den Verklärten in Kronions Saal,
Und die Göttin mit den Rosenwangen
Reicht ihm lächelnd den Pokal.
6. Las Glück.
(1798.)
Selig, welchen die Götter, die gnädigen, vor der Geburt schon
Liebten, welchen als Kind Venus im Arme gewiegt,
Welchem Phöbus die Augen, die Lippen Hermes gelöset,
Und das Siegel der Macht Zeus aus die Stirne gedrückt!
Ein erhabenes Los, ein göttliches ist ihm gefallen,
Schon vor des Kampfes Beginn sind ihm die Schläfen bekränzt.
Hense, Lesebuch. Ii. 4. Aufl. 15
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236
Siebte Periode ober zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
2.
(1799.)
Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohiu Unterlaß
Strebt die Länge; fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite;
Grundlos senkt die Tiefe sich.
Dir ein Bild find sie gegeben:
Rastlos vorwärts mußt du streben,
Nie ermüdet stille stehn.
Willst du die Vollendung sehn;
Mußt ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe mußt du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahr-
heit.
20. örrite und Liefe.
(1795.)
Es glänzen viele in der Welt,
Sie wissen von allem zu sagen,
Und wo was reizet und wo was gefällt,
Man kann es bei ihnen erfragen;
Man dächte, hört man sie reden laut.
Sie hätten wirklich erobert die Braut.
Doch gehn sie aus der Welt ganz still,
Ihr Leben war verloren.
Wer etwas Treffliches leisten will,
Hätu gern was Großes geboren,
Der sammle still und unerschlafft
Im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
Der Stamm erhebt sich in die Lust
Mit üppig prangenden Zweigen;
Die Blätter glänzen und hauchen Duft,
Doch können sie Früchte nicht zeugen;
Der Kern allein im schmalen Raum
Verbirgt den Stolz des Waldes, den Baum.
21. 8cr Kaufmann.
(1795.)
Wohin segelt das Schiff? Es trägt sidonische Männer,
Die von dem frierenden Nord bringen den Bernstein, das Zinn.
Trag es gnädig, Neptun, und wiegt es schonend, ihr Winde,
In bewirtender Bucht rauscht ihm ein trinkbarer Quell!
Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter zu suchen
Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an.
22. Oie Johanniter.
(1795.)
Herrlich kleidet sie euch, des Kreuzes furchtbare Rüstung,
Wenn ihr, Löwen der Schlacht, Akkon und Rhodus beschützt.
Durch die syrische Wüste den bangen Pilgrim geleitet
Und nlit der Cherubim Schwert steht vor dem heiligen Grab.
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346
Achte Periode.
Was schreibest. Dichter, du? „In Glutbuchstabeu
Einschreib' ich mein' und meines Volkes Schande,
Das seine Freiheit nicht darf denken wollen."
5.
Wer sind die Jünglinge, die mit unwilligen
Glutblicken über ihren Feind, den Buben,
Von ihren Sitzen plötzlich sich erhuben,
Dem Vaterland sich bietend zu Freiwilligen?
Sie kommen, o ein Tausch setzt hoch zu bill'gen,
Sie kommen aus der Musen stillen Stuben,
Wo sie in ernster Weisheit Schachten gruben,
Und wollen setzt im Feld sich pflücken Liligen.
O würd'ges Schauspiel, o erhabne Szenen,
O wahrhaft feierliche Katastrophe,
Wie nur sie sah das Land einst der Hellenen!
Mit in die Reihin gestellt gehn Philosophen,
Und vor den Reihin, trunken von Hippokrenen,
Gehn auch die Dichter her und wirbeln Strophen.
6.
Frau'n Preußens, nehmt für eure Opfergaben
Das Opfer an des Lieds, das ich euch bringe;
Ihr, die ihr gabt vom Finger eure Ringe,
So wie ihr gabt vom Busen eure Knaben
Dem Vaterland! In Erzschrift sei gegraben
Eu'r Preis, daß ihn kein Mund der Zeit bezwinge!
Des Ruhms, den eurer Männer blut'ge Klinge
Erfechten wird, sollt ihr die Hälfte haben.
Denn wenn sie selbst, im Sturm des Feindes, Wunden
Erbeuteten, so habt ihr mit dem Kleide
Von euren Schultern ihnen sie verbunden;
Und wenn der Freiheit Tempel aus dem Leide
Nun steigt durch sie, so soll's die Welt erkunden,
Daß ihn zu schmücken ihr gabt eu'r Geschmeide.
7.
Es steigt ein Geist, umhüllt von blankem Stahle,
Des Friedrich Geist, der in der Jahre sieben
Einst tat die Wunder, die er selbst beschrieben.
Er steigt empor aus seines Grabe Male
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Geist Friedrich
§ 23. Walther von der Vogelweide.
195
Von der Elbe unz an den Rin
und her wider unz an der Ttnger lant
mugen wol die besten sin,
die ich in der werlte hän erkant.
kan ich rehte schouwen
guot geläz und lip,
sam mir got, so swüere ich wol,
daz hie diu wip
bezzer sint dann’ ander frouwen.
Tiusche man sint wol gezogen,
rehte als engel sint diu wip getan.
swer sie schiltet, der’st betrogen:
ich enkan sin anders niht verstän.
tugent und reine minne,
swer die suochen wil,
der sol körnen in unser lant: da
ist wünne vil.
lange müeze ich leben dar inne!
Von der Elbe bis zum Rhein
Und zurück bis an der Ungarn Land,
Da mögen wohl die besten sein.
Die ich irgend auf der Erde fand.
Weiß ich recht zu schauen
Schönheit, Huld und Zier,
Hilf mir Gott, so schwör' ich, daß sie
besser hier
Sind als andrer Länder Frauen.
Züchtig ist der deutsche Mann,
Deutsche Fraun sind engelschön und rein;
Töricht, wer sie schelten kann.
Anders wahrlich mag es nimmer sein;
Zucht und reine Minne,
Wer die sucht und liebt,
Komm' in unser Land, wo es noch
Wonne gibt;
Lebt' ich lange nur darinne!
(Sirnrock.)
Ungünstige politische Verhältnisse ließen den Dichter bald wieder
Klage- und Mahnlieder anstimmen. Nach der Ermordung Philipps
(1208) war das Reich ohne Widerstreit dem Gegenkönige Otto zugefallen,
der im folgenden Jahre auch zum Kaiser gekrönt wurde. Aber schon
1210 belegte ihn der Papst wegen Zurückhaltung der Mathildischen Güter
mit dem Banne. Dieser Vorgang rief aufs neue den ganzen Grimm
Walthers hervor, der gleich den Rittern und Fürsten nach Philipps Tode
sich an Otto angeschlossen hatte. Aber mag der Dichter auch, vornehmlich
als politischer Parteimann, mit den schärfsten Waffen gegen Papst und
Hierarchie kämpfen, in seinem Innern bleibt er guter Christ; als solcher
fordert er den Kaiser auch zum Kreuzzuge auf. Seine Mahnung blieb
jedoch ebenso ohne Erfolg, wie seine Hoffnung, von Otto ein Lehen zu
erhalten, ohne Verwirklichung.
Fluch und Segen.
Rer badest, ich mac wol genesen,
wan ich wil iu gehorsam wesen,
wir hörten iuch der kristenheit ge-
bieten,
wes wir dem keiser1 selten pflegen,
dö ir im gäbent gotes segen,
Herr Papst, ich fürchte mich noch nicht.
Denn ich gehorch' Euch, wie es Pflicht.
Wir hörten Euch der Christenheit ge-
bieten.
Dem Kaiser untertan zu sein;
Ihr selber segnetet ihn ein.
* Kaiser Otto Iv.
13*
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Extrahierte Personennamen: Walther Philipps Philipps Otto Grimm
Walthers Philipps Otto Otto Otto
§ 16. Oden und Lieder von Klopstock.
Der Pilot kennet ihn. Immer steigender hebst, Woge, du dich!
Ach, die letzte, letzte bist du! Das Schiff geht unter.
Und den Totengesang heult dumpf fort
Auf dem großen, immer offenen Grabe der Sturm.
4. Die Frühlingsfeirr.
(1759.)
Nicht in den Ozean der Welten alle
Will ich mich stürzen, schweben nicht.
Wo die ersten Erschaffnen, die Jubelchöre der Söhne des Lichts,
Anbeten, tief anbeten und in Entzückung vergehn!
Nur um den Tropfen am Eimer,
Um die Erde nur will ich schweben und anbeten!
Halleluja! Halleluja! der Tropfen am Eimer
Rann aus der Hand des Allmächtigen auch!
Da der Hand des Allmächtigen
Die größeren Erden entquollen.
Die Ströme des Lichts rauschten und Siebengestirne wurden.
Da entrannest du, Tropfen, der Hand des Allmächtigen!
Da ein Strom des Lichts rauscht und unsre Sonne wurde,
Ein Wogensturz sich stürzte, wie vom Felsen
Der Wölk' herab, und den Orion gürtete,
Da entrannest du, Tropfen, der Hand des Allmächtigen!
Wer sind die Tausendmaltausend, wer die Myriaden alle.
Welche den Tropfen bewohnen und bewohnten? Und wer bin ich
Halleluja dem Schaffenden! Mehr wie die Erden, die quollen!
Mehr wie die Siebengestirne, die aus Strahlen zusammenströmten
Aber du, Frühlingswürmchen,
Das grünlichgolden neben mir spielt.
Du lebst und bist vielleicht
Ach! nicht unsterblich!
Ich bin herausgegangen, anzubeten.
Und ich weine? Vergib, vergib
Auch diese Träne dem Endlichen,
O du, der sein wird!
Du wirst die Zweifel alle mir enthüllen,
O du, der mich durch das dunkle Tal
Des Todes führen wird! Ich lerne dann,
Ob eine Seele das goldene Würmchen hatte.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
254
Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
Kein Blut vergießt's und macht doch
tausend Wunden,
Niemand beraubtes und macht doch reich:
Es hat den Erdkreis überwunden,
Es macht das Leben sanft und gleich.
Die größten Reiche hat's gegründet.
Die ältesten Städte hat's erbaut;
Doch niemals hat es Krieg entzündet.
Und Heil dem Volk, das ihm vertraut!
5. (Der Fcuerfunke.)
Ich wohn' in einem steinernen Haus,
Da lieg' ich verborgen und schlafe;
Doch ich trete hervor, ich eile heraus,
Gefordert mit eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und
klein.
Mich kann dein Atem bezwingen,
Ein Regentropfen schon saugt mich ein;
Doch mir wachsen im Siege die Schwingen.
Wenn die mächtige Schwester sich zu mir
gesellt.
Erwachs' ich zum surchtbarn Gebieter
der Welt.
6. (Das Schiff.)
Ein Vogel ist es, und an Schnelle
Buhlt es mit eines Adlers Flug;
Ein Fisch ist's und zerteilt die
Welle,
Die noch kein größres Untier trug;
Ein Elefant ist's, welcher Türme
Aus seiuem schweren Rücken trägt;
Der Spinnen kriechendem Gewürme
Gleicht es, wenn es die Füße
regt;
Und hat es fest sich eingebissen
Mit seinem spitz'gen Eisenzahn,
So steht's gleichwie auf festen Füßen
Und trotzt dem wütenden Orkan.
li) Dichtungen epischen tzharakters.
1. Pompeji und Hrrkutanum.
(1796.)
Welches Wunder begibt sich? Wir flehten um trinkbare Quellen',
Erde, dich an, und was sendet dein Schoß uns herauf!
Lebt es im Abgrund auch? Wohnt unter der Lava verborgen
Noch ein neues Geschlecht? Kehrt das entflohne zurück?
Griechen, Römer, o kommt! O seht, das alte Pompeji
Findet sich wieder, aufs neu' bauet sich Herkules' Stadt.
Giebel an Giebel steigt, der räumige Portikus öffnet
Seine Hallen; o eilt, ihn zu beleben, herbei!
Aufgetan ist das weite Theater; es stürze durch seine
10. Sieben Mündungen sich flutend die Menge herein!
Mimen, wo bleibt ihr? Hervor! Das bereitete Opfer vollende
Atreus' Sohn, dem Orest folge der grausende Chor!
Wohin führet der Bogen des Siegs? Erkennt ihr das Forum?
Was für Gestalten sind das auf dem kurulischen Stuhl?
Traget, Liktoren, die Beile voran! Den Sessel besteige
Richtend der Prätor, der Zeug' trete, der Kläger vor ihn! *
* Der Prinz Elboeuf ließ im Jahre 1711 zu Portici einen Brunnen graben,
wobei man drei weibliche Statuen fand. Dieser Fund wurde 30 Jahre später die
Veranlassung zu weiteren Ausgrabungen.
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§ 45. Die Sänger der Freiheitskriege. Rückert. 359
gingen wir uns wund auf Dornen. — Der Tod bleibt unsere Zuflucht vor
Bedrängnis; — wir klagen an das säumende Verhängnis. — Oder ist hier ein
Beirätiger, — Menschenfreundlicher, Guttätiger, — der einen Kraftlosen, Haft-
losen stütze, — ein Tröpflein der Milde auf einen Saftlosen spritze? — Bei
dem, der mich hat entsprossen lassen von Kaile!1 — der den Mangel mir gab
zu teile! — ich habe nicht, wo ich die Nacht verweile?"
Hareth Ben Hemmam spricht: „Um seine Notdurft zu letzen — und zugleich
seinen Witz auf eine Probe zu setzen, — nahm ich ein Goldstück und wies es
— und sagte: Dein ist dieses, — wenn du uns in Versen sein Lob lässest
hören. — Und auf der Stelle ließ er sprudeln seine Brunnenröhren:
,Gesegnet sei der Gelbe mit dem lichten Rand,
Der wie die Sonne wandelt über Meer und Land,
In jeder Stadt daheim, zu Haus an jedem Strand,
Gegrüßt mit Ehrfurcht, wo sein Name wird genannt.
Er geht als wie ein edler Gast von Hand zu Hand,
Empfangen überall mit Lust, mit Leid entsandt.
Er schlichtet jedes menschliche Geschäft gewandt.
In jeder Schwierigkeit ist ihm ein Rat bekannt.
Er pocht umsonst nicht an die taube Felsenwand,
Und etwas fühlt für ihn ein Herz, das nichts empfand.
Er ist der Zaubrer, dem sich keine Schlang' entwand.
Der Schöne, welchem keine Schönheit widerstand,
Der Held, der ohne Schwertstreich Helden überwand,
Der Schwachen Kräfte gibt und Törichten Verstand,
Und Selbstvertraun einflößet, das mit Stolz ermannt.
Wer ihn zum Freund hat, ist den Fürsten anverwandt,
Wenngleich sein Stammbaum auf gemeinem Boden stand.
Der trifft des Wunsches Ziel, dem er den Bogen spannt,
Er ist des Königs Krön' und seiner Herrschaft Pfand,
Er ist der Erde Kern, und alles sonst ist Tand?
Und wie er war am Ende, — streckte er seine Hand nach der Spende — und
ries: ,Wer verspricht, muß segnen; —die Wolke, die donnert, muß regnen? —
Da gab ich ihm das Goldstück hin — und sprach: Sei es dir zum Gewinn!
— Er schob es in seinen Mund — und sprach: ,Gott erhalte mir's gesund!‘ —
Dann macht' er sich auf, von dannen zu wanken, — mit Grüßen und Danken.
— Doch der Dust des Geistes, den er verstreute, — berauschte mich so, daß ich
nicht Aufwand scheute. — Ein zweites Goldstück nahm ich aus der Tasche —
und sprach: Da hasche! — Dieses ist dein, wenn du nach seinem Adel — uns
nun auch hören lässest seinen Tadel. — Da ließ er auf der Stelle — noch
einmal rauschen die Welle:
1 Name eines arabischen Stammes.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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