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1. Erdkunde - S. 304

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 304 Mit Bethanien übersieht das Auge den Ölberg, die Stätte der heiligen Erinnerungen. Nahe am Ölberge liegt Gethsemane, unten an seinem Fuße der Olivengarten und oben auf dem Gipfel die Himmelfahrtskirche. Ich konnte mein Auge fast nicht wenden von den heiligen Hügeln. Noch einmal trank ich in vollstem Zuge das heilige Schauspiel und wandte mich dann mit dem Wunsche des heimatlichen Dichters ab: „Bleibt mir nah mit eurem heil'gen Walten, Hohe Bilder, himmlische Gestalten!" (Nach F. W. Hackländer u. a.) Die Überschwemmungen des Wits. Schon im Altertum wurde Ägypten ein „Geschenk des Nils" genannt, und das mit Recht; denn der Nil ist es, der das Land bewässert und fetten Schlamm auf demselben ablagert, dadurch unter einem fast regenlosen Himmel üppige Fruchtbarkeit erzeugeud. Zwar haben auch andere Ströme jährliche Überschwemmungen; aber bei keinem derselben treten diese mit solcher Regelmäßigkeit auf und lassen sich so genan und so weit zurück verfolgen. Wir wissen, daß der Nil von den mächtigen Wassermassen angeschwellt wird, welche zur Zeit der tropischen Regen in seinem Quellgebiet, besonders in Abessinien, herabstürzen. Gegen Schluß des Juni verrät der steigende Strom den gewaltigen Zuwachs des Wassers. Diese Schwellung nimmt nun in gleichmäßiger Folge so zu, daß um die Mitte des Augusts der Fluß iu Ägypten seine Ufer überschreitet und allmählich das ganze Thal bis zum Fuße der Berge überflutet, um während des Oktobers in seine Grenzen zurückzukehren und ebenso gleichmäßig, wie er gewachsen, auf den niedrigsten Wasserstand herabzusinken. Das höchste, aber gewöhnliche Maß der Steigung beträgt für das Delta heute noch wie schon im Altertum 5 m, und die Wassermenge, welche der Strom in dieser Zeit dem Meere zuwälzt, ist zwanzigmal größer als zuvor. Zuweilen bleibt er auch uuter dem angegebenen Maße zurück. Dann aber trifft Hungersnot oder doch Mangel die Be- völkeruug, welche eben den Überschwemmungen allein ihre reichen

2. Erdkunde - S. 162

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 162 — oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham". — Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel. — Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge- legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig. 2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.) ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow (175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und Wolle. Universität. 3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak- baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.), ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel- Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew (92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien. 4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste Stadt Litauens. 5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor- orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie. 6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa- Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels- platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt (60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat, rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. — Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten 283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee, wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.

3. Dichtung der Neuzeit - S. 76

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
76 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Jetzt entwölkte sich fern silberner Alpen Höh', Und der Jünglinge Herz schlug schon empfindender, Schon verriet es beredter Sich der schönen Begleiterin. Hallers „Doris" \ die sang, selber des Liedes wert, Hirzels Daphne den Kleist innig wie Gleimen liebt; Und wir Jünglinge sangen Und empfanden wie Hagedorn. Jetzo nahm uns die Au' in die beschattenden Kühlen Arme des Waldes, welcher die Insel krönt; Da, da kämest du, Freude, Vollen Maßes auf uns herab! Göttin Freude, du selbst! Dich, wir empfanden dich! Ja, du wärest es selbst, Schwester der Menschlichkeit, Deiner Unschuld Gespielin, Die sich über uns ganz ergoß! Süß ist, fröhlicher Lenz, deiner Begeisterung Hauch, Wenn die Flur dich gebiert, wenn sie dein Odem sanft In der Jünglinge Herzen Und die Herzen der Mädchen gießt. Lieblich winket der Wein, wenn er Empfindungen, Besfire, sanftere Lust, wenn er Gedanken winkt. Im sokratischen Becher Von der tauenden Ros' umkränzt; Wenn er dringt bis ins Herz und zu Entschließungen, Die der Säufer verkennt, jeden Gedanken weckt, Wenn er lehret verachten, Was nicht würdig des Weisen ist. Reizvoll klinget des Ruhms lockender Silberton In das schlagende Herz, und die Unsterblichkeit Ist ein großer Gedanke, Ist des Schweißes der Edlen wert! Durch der Lieder Gewalt bei der Urenkelin Sohn und Tochter noch sein, mit der Entzückung Ton Oft beim Namen genennet. Oft gerufen vom Grabe her, 1 1 Hallers Trauerode auf seine früh gestorbene Gattin. s Die Gattin des vr Hirzel; mit ihr in Begleitung von Freundinnen und Freunden machte Klopstock am 30. Juli 1750 eine Fahrt auf dem Züricher See. Dieselbe wurde vom frühen Morgen bis zum späten Abend ausgedehnt, hin und wieder unterbrochen durch Wanderungen an den Ufern des Sees.

4. Dichtung der Neuzeit - S. 175

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
34. Goethes Werke. — Die lyrischen Dichtungen. 175 Wie er den schlanken Leib umfaßt, Von aller Mühe findet Rast; Wie er ins liebe Ärmlein sinkt, Reue Lebenstag' und Kräfte trinkt. Und dir kehrt neues Jugendglück, Deine Schalkheit kehret dir zurück. Mit Necken und manchen Schelmereien Wirst ihn bald nagen, bald erfreuen. So wird die Liebe nimmer alt, Und wird der Dichter nimmer kalt! Wie er so heimlich glücklich lebt, Da droben in den Wolken schwebt Ein Eichkranz, ewig jung belaubt, Den setzt die Nachwelt ihm aufs Haupt, In Froschpfuhl all das Volk verbannt, Das seinen Meister je verkannt. f) Elegien. 1. Die siebte römische Elegie. O wie fühl' ich in Rom mich so froh, gedenk' ich der Zeiten, Da mich ein graulicher Tag hinten im Norden umsing, Trübe der Himmel und schwer auf meinen Scheitel sich senkte, Färb- und gestaltlos die Welt um den Ermatteten lag. Und ich über mein Ich, des unbefriedigten Geistes Düstre Wege zu spähn, still in Betrachtung versank! Nun umleuchtet der Glanz des helleren Äthers die Stirne; Phöbus rufet, der Gott, Formen und Farben hervor. Sternhell glänzet die Nacht, sie klingt von weichen Gesängen, Und mir leuchtet der Mond heller als nordischer Tag. Welche Seligkeit ward mir Sterblichem! Träum' ich? Empsünget Dein ambrosisches Haus, Jupiter Vater, den Gast? Ach, hier lieg' ich und strecke nach deinen Knieen die Hände Flehend aus. O vernimm, Jupiter Genius, mich! Wie ich hereingekommen, ich kann's nicht sagen; es faßte Hebe den Wandrer und zog mich in die Hallen heran. Hast du ihr einen Heroen heraufzuführen geboten? Irrte die Schöne? Vergib! Laß mir des Irrtums Gewinn! Deine Tochter Fortuna, sie auch, die herrlichsten Gaben Teilt als ein Mädchen sie aus, wie es die Laune gebeut. Bist du der wirkliche Gott? O, dann so verstoße den Gastfreund Nicht von deinem Olymp wieder zur Erde hinab! „Dichter, wohin versteigest du dich?" — Vergib mir, der hohe Kapitolinische Berg ist dir ein zweiter Olymp. Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später, Cestius' Mal vorbei, leise zum Orkus hinab! 2. Hermann und Dorothea. Also das wäre Verbrechen, daß einst Properz mich begeistert, Daß Martial sich zu mir auch, der verwegne, gesellt? Daß ich die Alten nicht hinter mir ließ, die Schule zu hüten. Daß sie nach Latium gern mir in das Leben gefolgt?

5. Dichtung der Neuzeit - S. 216

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
216 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Mutter Cybele spannt an des Wagens Deichsel die Löwen, In das gastliche Tor zieht sie als Bürgerin ein. Heilige Steine! Aus euch ergossen sich Pflanzer der Menschheit, Fernen Inseln des Meeres sandtet ihr Sitten und Kunst, Weise sprachen das Recht an diesen geselligen Toren; 90. Helden stürzten zum Kampf für die Penaten heraus. Auf den Mauern erschienen, den Säugling im Arme, die Mütter, Blickten dem Heerzug nach, bis ihn die Ferne verschlang. Betend stürzten sie dann vor der Götter Altären sich nieder, Flehten um Ruhm und Sieg, flehten um Rückkehr für euch. Ehre ward euch und Sieg, doch der Ruhm nur kehrte zurücke; Eurer Taten Verdienst meldet der rührende Stein: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl." Ruhet sanft, ihr Geliebten! Von eurem Blute begossen, 1o0. Grünet der Ölbaum, es keimt lustig die köstliche Saat. Munter entbrennt, des Eigentums froh, das freie Gewerbe, Aus dem Schilfe des Stroms winket der bläulichte Gott. Zischend fliegt in den Baum die Axt, es erseufzt die Dryade, Hoch von des Berges Haupt stürzt sich die donnernde Last, Aus dem Felsbruch wiegt sich der Stein, vom Hebel beflügelt; In der Gebirge Schlucht taucht sich der Bergmann hinab. Mulcibers Amboß tönt von dem Takt geschwungener Hämmer, Unter der nervichten Faust spritzen die Funken des Stahls. Glänzend umwindet der goldene Lein die tanzende Spindel, 110. Durch die Saiten des Garns sauset das webende Schiff. Fern auf der Reede ruft der Pilot, es warten die Flotten, Die in der Fremdlinge Land tragen den heimischen Fleiß; Andre ziehn frohlockend dort ein mit den Gaben der Ferne, Hoch von dem ragenden Mast wehet der festliche Kranz. Siehe, da wimmeln die Märkte, der Krähn von fröhlichem Leben, Seltsamer Sprachen Gewirr braust in das wundernde Ohr. Auf den Stapel schüttet die Ernten der Erde der Kaufmann, Was dem glühenden Strahl Afrikas Boden gebiert, Was Arabien kocht, was die äußerste Thule bereitet, 120. Hoch mit erfreuendem Gut füllt Amalthea das Horn. Da gebieret das Glück dem Talente die göttlichen Kinder, Von der Freiheit gesäugt, wachsen die Künste der Lust. Mit nachahmendem Leben erfreuet der Bildner die Augen, Und, vom Meißel beseelt, redet der fühlende Stein. Künstliche Himmel ruhn auf schlanken ionischen Säulen, Und den ganzen Olymp schließet ein Pantheon ein. Leicht wie der Iris Sprung durch die Luft, wie der Pfeil von der Sehne, Hüpfet der Brücke Joch über den brausenden Strom.

6. Dichtung der Neuzeit - S. 219

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 219 Keine Frucht der süßen Ähren Lädt zum reinen Mahl sie ein; Nur ans gräßlichen Altären Dorret menschliches Gebein. Ja, soweit sie wandernd kreiste, Fand sie Elend überall, Und in ihrem großen Geiste Jammert sie des Menschen Fall. „Find' ich so den Menschen wieder, Dem wir unser Bild geliehn, Dessen schöngestalte Glieder Droben im Olympus blühn? Gaben wir ihm zum Besitze Nicht der Erde Götterschoß, Und aus seinem Königssitze Schweift er elend, heimatlos? „Fühlt kein Gott mit ihni Erbarmen? Keiner aus der Seligen Chor Hebet ihn mit Wunderarmen Aus der tiefen Schmach empor? In des Himmels sel'gen Höhen Rühret sie nicht fremder Schmerz; Doch der Menschheit Angst und Wehen Fühlet mein gequältes Herz. „Daß der Mensch zum Menschen werde, Stift' er einen ew'gen Bund Gläubig mit der frommen Erde, Seinem mütterlichen Grund, Ehre das Gesetz der Zeiten Und der Monde heil'gen Gang, Welche still gemessen schreiten Im melodischen Gesang." Und den Nebel teilt sie leise, Der den Blicken sie verhüllt: Plötzlich in der Wilden Kreise Steht sie da, ein Götterbild. Schwelgend bei dem Siegesmahle Findet sie die rohe Schar, Und die blutgefüllte Schale Bringt man ihr zum Opfer dar. Aber schaudernd, mit Entsetzen Wendet sie sich weg und spricht: „Blut'ge Tigermahle netzen Eines Gottes Lippen nicht. Reine Opfer will er haben, Früchte, die der Herbst beschert. Mit des Feldes frommen Gaben Wird der Heilige verehrt." ' Und sie nimmt die Wucht des Speeres Aus des Jägers rauher Hand: Mit dem Schaft des Mordgewehres Furchet sie den leichten Sand, Nimmt von ihres Kranzes Spitze Einen Kern, mit Kraft gefüllt, Senkt ihn in die zarte Ritze, Und der Trieb des Keimes schwillt. Und mit grünen Halmen schmücket Sich der Boden alsobald, Und soweit das Auge blicket. Wogt es wie ein goldner Wald. Lächelnd segnet sie die Erde, Flicht der ersten Garbe Bund, Wählt den Feldstein sich zum Herde, Und es spricht der Göttin Mund: „Vater Zells, der über alle Götter herrscht in Äthers Höh'n, Daß dies Opfer dir gefalle, Laß ein Zeichen setzt geschehn! Und dem unglücksel'gen Volke, Das dich, Hoher, noch nicht nennt, Nimm hinweg des Auges Wolke, Daß es seinen Gott erkennt!" Und es hört der Schwester Flehen Zeus auf seinem hohen Sitz; Donnernd aus den blauen Höhen Wirft er den gezackten Blitz. Prasselnd fängt es an zu lohen. Hebt sich wirbelnd vom Altar, Und darüber schwebt in hohen Kreisen fein geschwinder Aar. Und gerührt zu der Herrscherin Füßen Stürzt sich der Menge freudig Gewühl, Und die rohen Seelen zerfließen In der Menschlichkeit erstem Gefühl,

7. Dichtung der Neuzeit - S. 221

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 88. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 221 Und die neuen Bürger ziehen, Von der Götter seligem Chor Eingeführt, mit Harmonien In das gastlich offne Tor; Und das Priesteramt oerwaltet Ceres am Altar des Zeus, Segnend ihre Hand gefaltet, Spricht sie zu des Volkes Kreis: „Freiheit liebt das Tier der Wüste, Frei im Äther herrscht der Gott, Ihrer Brust gewaltige Lüste Zähmet das Naturgebot; Doch der Mensch in ihrer Mitte Soll sich an den Menschen reihn. Und allein durch seine Sitte Kann er frei und mächtig sein." Windet zum Kranze die goldenen Ähren, Flechtet auch blaue Cyanen hinein! Freude soll jedes Auge verklären. Denn die Königin ziehet ein. Die uns die süße Heimat gegeben. Die den Menschen zum Menschen gesellt. Unser Gesang soll sie festlich erheben, Die beglückende Mutter der Welt! 3. 2 lias. (1795.) Immer zerreißet den Kranz des Homer und zählet die Väter Des vollendeten, ewigen Werks! Hat es doch eine Mutter nur und die Züge der Mutter, Deine unsterblichen Züge, Natur! b) Dichtungen, die Kunst betreffend. 4. Die Macht des Gesanges. (1795.) Ein Regenstrom aus Felsenriffen, Er kommt mit Donners Ungestüm, Bergtrümmer folgen seinen Güssen, Und Eichen stürzen unter ihm; Erstaunt, mit wollustvollem Grausen Hört ihn der Wanderer und lauscht, Er hört die Flut vom Felsen brausen, Doch weiß er nicht, woher sie rauscht: So strömen des Gesanges Wellen Hervor aus nie entdeckten Quellen. Verbündet mit den surchtbarn Wesen, Die still des Lebens Faden drehn, Wer kann des Sängers Zauber lösen, Wer seinen Tönen widerstehn? Wie mit dem Stab des Götterboten Beherrscht er das bewegte Herz; Er taucht es in das Reich der Toten, Er hebt es staunend himmelwärts Und wiegt es zwischen Ernst und Spiele Auf schwanker Leiter der Gefühle. Wie wenn auf einmal in die Kreise Der Freude mit Gigantenschritt, Geheimnisvoll, nach Geisterweise, Ein ungeheures Schicksal tritt; Da beugt sich jede Erdengröße Dem Fremdling aus der andern Welt, Des Jubels nichtiges Getöse Verstummt, und jede Larve fällt, Und vor der Wahrheit mächtigem Siege Verschwindet jedes Werk der Lüge. So rafft von jeder eiteln Bürde, Wenn des Gesanges Ruf erschallt, Der Mensch sich auf zur Geisterwürde Und tritt in heilige Gewalt; Den hohen Göttern ist er eigen, Ihm darf nichts Irdisches sich nahn, Und jede andre Macht muß schweigen. Und kein Verhängnis fällt ihn an; Es schwinden jedes Kummers Falten, Solang des Liedes Zauber walten.

8. Dichtung der Neuzeit - S. 225

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 225 Der Natur furchtbare Stimme siege. Und der Freude Wange werde bleich, Und der heil'gen Sympathie erliege Das Unsterbliche in euch! Aber in den heitern Regionen, Wo die reinen Formen wohnen, Rauscht des Jammers trüber Sturm nicht mehr. Hier darf Schmerz die Seele nicht durchschneiden, Keine Träne fließt hier mehr dem Leiden, Nur des Geistes tapfrer Gegenwehr. Lieblich, wie der Iris Farbenfeuer Auf der Donnerwolke duft'gem Tau, Schimmert durch der Wehmut düstern Schleier Hier der Ruhe heitres Blau. Ties erniedrigt zu des Feigen Knechte, Ging in ewigem Gefechte Einst Alcid des Lebens schwere Bahn, Rang mit Hydern und umarmt' den Leuen, Stürzte sich, die Freunde zu befreien. Lebend in des Totenschiflers Kahn. Alle Plagen, alle Erdenlasten Wälzt der unversöhnten Göttin List Auf die will'gen Schultern des Verhaßten, Bis sein Lauf geendigt ist — Bis der Gott, des Irdischen entkleidet, Flammend sich vom Menschen scheidet Und des Äthers leichte Lüfte trinkt. Froh des neuen, ungewohnten Schwedens, Fließt er aufwärts, und des Erdenlebens Schweres Traumbild sinkt und sinkt und sinkt. Des Olympus Harmonien empfangen Den Verklärten in Kronions Saal, Und die Göttin mit den Rosenwangen Reicht ihm lächelnd den Pokal. 6. Las Glück. (1798.) Selig, welchen die Götter, die gnädigen, vor der Geburt schon Liebten, welchen als Kind Venus im Arme gewiegt, Welchem Phöbus die Augen, die Lippen Hermes gelöset, Und das Siegel der Macht Zeus aus die Stirne gedrückt! Ein erhabenes Los, ein göttliches ist ihm gefallen, Schon vor des Kampfes Beginn sind ihm die Schläfen bekränzt. Hense, Lesebuch. Ii. 4. Aufl. 15

9. Dichtung der Neuzeit - S. 228

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
228 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Mein Auge hing an deinem Angesichte, An deines Himmels Harmonie mein Ohr; Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte Berauscht, das Irdische verlor!" „Was tun ?" spricht Zeus, — „die Welt ist weggegeben, Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein. Willst du in meinem Himmel mit mir leben, So oft du kommst, er soll dir offen sein." c) Dichtungen, das menschliche Leben betreffend. 8. Das vrrfchlrierte 6itd ;u Zins K (1795.) Ein Jüngling, den des Wissens heißer Durst Nach Sais in Ägypten trieb, der Priester Geheime Weisheit zu erlernen, hatte Schon manchen Grad mit schnellem Geist durcheilt; Stets riß ihn seine Forschbegierde weiter. Und kaum besänftigte der Hierophant^ Den ungeduldig Strebenden. „Was hab' ich, Wenn ich nicht alles habe?" sprach der Jüngling, „Gibt's etwa hier ein Weniger und Mehr? Ist deine Wahrheit, wie der Sinne Glück, Nur eine Summe, die man größer, kleiner Besitzen kann und immer doch besitzt? Ist sie nicht eine einz'ge, ungeteilte? Nimm einen Ton aus einer Harmonie, Nimm eine Farbe aus dem Regenbogen: Und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang Das schöne All der Töne fehlt und Farben." Indem sie einst so sprachen, standen sie In einer einsamen Rotunde still. Wo ein verschleiert Bild von Riesengröße Dem Jüngling in die Augen fiel. Verwundert Blickt er den Führer an und spricht: „Was ist's, Das hinter diesem Schleier sich verbirgt?" — 1 1 Plutarch berichtet: „Das Heiligtum der Minerva in Sais (welche von einigen für die Isis gehalten wird) hatte folgende Inschrift: ,Jch bin das All, das gewesen, das ist und das sein wird; noch nie hat ein Sterblicher meinen Schleier gelüftet?" — Die Idee des Ganzen, verwandt mit der des Baumes der Erkenntnis, wird vom Hierophanten und vom Jüngling deutlich ausgesprochen. ^ Oberpriester des, Geheimdienstes.

10. Dichtung der Neuzeit - S. 230

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
230 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Versuchen den Allheiligen willst du? Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund, Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe. Doch setzte nicht derselbe Mund hinzu: Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen? — „Sei hinter ihm, was will! Ich heb' ihn auf." Er ruft's mit lauter Stimm': „Ich will sie schauen." Schauen! Gellt ihm ein langes Echo spottend nach. Er spricht's und hat den Schleier aufgedeckt. „Nun", fragt ihr, „und was zeigte sich ihm hier?" Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich, So fanden ihn am andern Tag die Priester Am Fußgestell der Isis ausgestreckt. Was er allda gesehen und erfahren, Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig War feines Lebens Heiterkeit dahin, Ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe. „Weh dem", dies war fein warnungsvolles Wort, Wenn ungestüme Frager in ihn drangen, „Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld!' Sie wird ihm nimmermehr erfreulich fein." 9. Kassandra. (1802.) Freude war in Trojas Hallen, Eh die hohe Feste siel. Jubelhymnen hört man schallen In der Saiten goldnes Spiel; Alle Hände ruhen müde Von dem trünenvollen Streit, Weil der herrliche Pelide Priams schöne Tochter freit. Und, geschmückt mit Lorbeerreisern, Festlich wallet Schar auf Schar Nach der Götter heil'gen Häusern, Zu des Thymbriers Altar. Dumpf erbrausend durch die Gassen Wälzt sich die bacchant'sche Lust, Und in ihrem Schmerz verlassen War nur eine traur'ge Brust. * Freudlos in der Freuden Fülle, Ungesellig und allein Wandelte Kassandra stille In Apollos Lorbeerhain. In des Waldes tiefste Gründe Flüchtete die Seherin; Und sie warf die Priesterbinde Zu der Erde zürnend hin. „Alles ist der Freude offen, Alle Herzen sind beglückt. Und die alten Eltern hoffen, Und die Schwester steht geschmückt. Ich allein muß einsam trauern; Denn mich flieht der süße Wahn, Und geflügelt diesen Mauern Seh' ich das Verderben nahn." * Vgl. den Baum der Erkenntnis im Paradiese.
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