— 304
Mit Bethanien übersieht das Auge den Ölberg, die Stätte der
heiligen Erinnerungen. Nahe am Ölberge liegt Gethsemane, unten
an seinem Fuße der Olivengarten und oben auf dem Gipfel die
Himmelfahrtskirche. Ich konnte mein Auge fast nicht wenden von
den heiligen Hügeln. Noch einmal trank ich in vollstem Zuge das
heilige Schauspiel und wandte mich dann mit dem Wunsche des
heimatlichen Dichters ab:
„Bleibt mir nah mit eurem heil'gen Walten,
Hohe Bilder, himmlische Gestalten!"
(Nach F. W. Hackländer u. a.)
Die Überschwemmungen des Wits.
Schon im Altertum wurde Ägypten ein „Geschenk des Nils"
genannt, und das mit Recht; denn der Nil ist es, der das Land
bewässert und fetten Schlamm auf demselben ablagert, dadurch unter
einem fast regenlosen Himmel üppige Fruchtbarkeit erzeugeud. Zwar
haben auch andere Ströme jährliche Überschwemmungen; aber bei
keinem derselben treten diese mit solcher Regelmäßigkeit auf und lassen
sich so genan und so weit zurück verfolgen. Wir wissen, daß der
Nil von den mächtigen Wassermassen angeschwellt wird, welche zur
Zeit der tropischen Regen in seinem Quellgebiet, besonders in Abessinien,
herabstürzen. Gegen Schluß des Juni verrät der steigende Strom
den gewaltigen Zuwachs des Wassers. Diese Schwellung nimmt
nun in gleichmäßiger Folge so zu, daß um die Mitte des Augusts
der Fluß iu Ägypten seine Ufer überschreitet und allmählich das
ganze Thal bis zum Fuße der Berge überflutet, um während des
Oktobers in seine Grenzen zurückzukehren und ebenso gleichmäßig, wie
er gewachsen, auf den niedrigsten Wasserstand herabzusinken. Das
höchste, aber gewöhnliche Maß der Steigung beträgt für das Delta
heute noch wie schon im Altertum 5 m, und die Wassermenge, welche
der Strom in dieser Zeit dem Meere zuwälzt, ist zwanzigmal größer
als zuvor. Zuweilen bleibt er auch uuter dem angegebenen Maße
zurück. Dann aber trifft Hungersnot oder doch Mangel die Be-
völkeruug, welche eben den Überschwemmungen allein ihre reichen
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: F._W._Hackländer Augusts
— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
— 272 —
Kuppeln umgeben ist. Sie wurde im 6. Jahrhuudert von dem
oströmischeu Kaiser Justinian der göttlichen Weisheit (soplüir) zu
Ehren erbaut. Am 29. Mai 1453 hatten sich Tausende in den
Dom geflüchtet und beteten da verzweifelnd um Rettung. Vergebens!
Die Türken eroberten die Stadt, und Mohammed Ii. weihte die
Kirche dem Islam mit den Worten: „Nur Allah ist Gott und
Mohammed sein Prophet." Die Christen wurden in einem furcht-
baren Blutbade niedergemetzelt. Die alte Pracht verschwand, die
herrlichen Mosaikbilder wurden übertüncht und an ihrer Stelle riesige
Schilder mit Koran-Jnschriften aufgehängt. Von außen macht der
berühmte Tempel keinen großartigen Eindruck. Überraschend, ja über-
Wältigend wirkt er dagegen von innen. Gleich beim Eintritte über-
schaut man den ganzen Raum, welcher an 30 000 Menschen faßt.
„Wie muß dieser Tempel in der alten Pracht gewirkt haben, wenn
die goldenen Mosaiken rings von den Wänden leuchteten, wenn die
Edelsteine schimmerten und die edlen Metalle an Gefäßen und Ge-
räten, die reichen Gewänder und die Menge von Ampeln und Kan-
delabern! Damals konnte Kaiser Jnstinian, der für diesen Bau die
großen Heidentempel geplündert hatte, triumphierend ausrufen:
,Salomen, ich habe dich besiegt!'"
Im Mittelpunkte des östlichen Stambuls liegt der große
Bazar, welcher fast eine Stadt für sich bildet und aus einem
Labyrinthe von Straßen, Gassen, Durchgängen und Kreuzwegen be-
steht, iu welchen es selbst vielen Einheimischen schwer wird, sich
zurechtzufinden. Alle Straßen sind überwölbt, und das Licht fällt
durch eine Anzahl kleiner Kuppelu, welche auf dem platten Dache
des Bazars aufgesetzt sind, ins Innere. Hier haben Orient und
Occident ihre Waren aufgestapelt. Jedes Gewerbe nimmt eine Straße
für sich ein. Da sind z. B. die Juweliere, Goldschmiede und Stein-
schleifer, die Schuhmacher, welche goldgestickte Pantoffeln feilbieten;
dort kann man Kaftane und Spitzen kaufen und hier feideue Kopf-
tücher, Tischdeckeu und Teppiche. Einen großen Platz nimmt der
Waffenbazar ein, wo unter den Tausenden von orientalischen Gegen-
ständen schöne, altpersische, edelsteinbesetzte Waffen zur Schau liegen.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
Hesiod, Theokrit, Äschylus und Aristophcmes; verfehlt ist die Shakespeares.
Voß hat sich durch diese Übersetzungen ein unleugbares Verdienst
um die Literatur erworben, denn abgesehen davon, daß er den größten
Epiker des Altertums und die altklassischen Dichter weiteren Kreisen
des Volkes zugänglich machte, gab er der deutschen Prosodie und
Metrik eine größere Festigkeit und bereicherte die Sprache durch
eine Reihe volkstümlicher und trefflicher Wortbildungen.
Orr siebzigste Geburtstag.
Auf die Postille gebückt, zur Seite des wärmenden Ofens,
Saß der redliche Tamm in dem Lehnstuhl, welcher mit Schnitzwerk
Und braunnarbigem Jucht voll schwellender Haare geziert war:
Tamm, seit vierzig Jahren in Stolp, dem gesegneten Freidorf',
Organist, Schulmeister zugleich und ehrsamer Küster.
Der fast allen im Dorf, bis auf wenige Greise der Vorzeit,
Einst Taufwasser gereicht und Sitte gelehrt und Erkenntnis,
Dann zur Trauung gespielt und hinweg schon manchen gesungen.
Oft nun faltend die Händ' und oft mit lauterem Murmeln
10. Las er die tröstenden Sprüch' und Ermahnungen. Aber allmählich
Starrte sein Blick, und er sank in erquickenden Mittagsschlummer.
Festlich prangte der Greis in gestreifter kalmankener^ Jacke;
Und bei entglittener Brill' und silberfarbenem Haupthaar
Lag aus dem Buche die Mütze von violettenem Sammet,
Mit Fuchspelze verbrämt und geschmückt mit goldener Troddel.
Denn er feierte heute den siebzigsten frohen Geburtstag,
Froh des erlebeten Heils. Sein einziger Sohn Zacharias,
Welcher als Kind auf dem Schemel gepredigt und, von dem Pfarrer
Ausersehn für die Kirche, mit Rot vollendet die Laufbahn
20. Durch die Lateinische Schul' und die teuere Akademie durch,
Der war jetzt einhellig erwähleter Pfarrer in Merlitz
Und seit kurzem vermählt mit der wirtlichen Tochter des Vorfahrs.
Fernher hatte der Sohn zur Verherrlichung seines Geburtstags
Edlen Tabak mit der Fracht und stärkende Weine gesendet,
Auch in dem Briefe gelobt, er selbst und die freundliche Gattin,
Hemmeten nicht Hohlweg' und verschneiete Gründe55 die Durchfahrt,
Sicherlich kämen sie beide, das Fest mit dem Vater zu feiern
Und zu empsahn den Segen von ihm und der würdigen Mutter.
Eine versiegelte Flasche mit Rheinwein hatte der Vater
30. Froh sich gespendet zum Mahl und mit Mütterchen auf die Gesundheit
Ihres Sohns Zacharias geklingt und der freundlichen Gattin, 1 2
1 Ein Dorf, welches keinen Gutsherrn hat.
2 Wollener, nach Damastart gewebter Stoff. ^ Enges Tal.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
42
Sechste Periode, von 1624—1748.
dem ersten Redakteur der Zeitschrift, dem Humoristen Zachariä, dem
Satiriker Raben er, verdient besondere Erwähnung
Christian Fürchtegott Gellert, geb. zu Hainichen bei Freiberg
in Sachsen 1715, seit 1751 außerordentlicher Professor der Poesie und
Beredsamkeit zu Leipzig, wo er 1769 starb. Mild und warm empfindend,
wurde er der beliebteste und einflußreichste Dichter seiner Zeit, bekannt
durch seine die sittliche Veredlung des Volkes bezweckenden Fabeln und
Erzählungen und durch geistliche Lieder. Unter seinem Einflüsse
standen auch die Fabeldichter Lichtwer, Willamov und Pfeffel
(Verfasser der „Türkenpfeife").
1. Der ju
Ein junger Mensch, der viel studierte
Und, wie die Eltern ganz wohl sahn,
Was Großes schon im Schilde führte,
Sprach einen Greis um solche Schriften an.
Die stark und sinnreich denken lehrten.
Mit einem Wort, die zum Geschmack
gehörten.
Der Alte ward von Herzen froh
Und lobt' ihm den Homer, den Plato,
Cicero
Und hundert mehr aus alt und neuer Zeit,
Die mit den heil'gen Lorbeerkränzen
Der Dichtkunst und Wohlredenheit,
Umleuchtet von der Ewigkeit,
2. Die Geschilt
Das ei
Der erste, der mit kluger Hand
Der Männer Schmuck, den Hut, er-
fand,
Trug seinen Hut unaufgeschlagen;
Die Krempen hingen flach herab;
Und dennoch wußt' er ihn zu tragen,
Daß ihm der Hut ein Ansehn gab.
Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den runden Hut dem nächsten Erben.
Der Erbe weiß den runden Hut
Nicht recht gemächlich anzugreifen;
Er sinnt und wagt es, kurz und gut,
Er wagt's, zwo Krempen auszusteifen.
: Gelehrte.
Den Jünglingen entgegenglänzen.
„D!" hub der junge Mensch mit stolzem
Lächeln an,
„Ich habe sie fast alle durchgelesen;
Allein" — „Nun gut", sprach der ge-
lehrte Mann,
„Sind sie nach seinem Sinn gewesen.
So muß er sie noch zweimal lesen.
Doch sind sie ihm nicht gut genug ge-
wesen,
So sag' er's ja den Klugen nicht;
Denn sonst erraten sie, woran es ihm
gebricht.
Und heißen ihn die Zeimng lesen."
von dem Hute.
Buch.
Drauf läßt er sich dem Volke sehn;
Das Volk bleibt vor Verwundrung stehn
Und schreit: „Nun läßt der Hut erst
schön!"
Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den ausgesteiften Hut dem Erben.
Der Erbe nimmt den Hut und schmält.
„Ich", spricht er, „sehe wohl, was fehlt."
Er setzt darauf mit weisem Mute
Die dritte Krempe zu dem Hute.
„O", rief das Volk, „der hat Verstand!
Seht, was ein Sterblicher erfand!
Er, er erhöht sein Vaterland!"
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
§ 12. Gellert.
43
Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den dreifach spitzen Hut dem Erben.
Der Hut war freilich nicht mehr rein;
Doch sagt! wie konnt' es anders sein?
Er ging schon durch die vierten Hände.
Der Erbe färbt ihn schwarz, damit er
was erfände.
„Beglückter Einfall!" ries die Stadt,
„So weit sah keiner noch, als der ge-
sehen hat.
Ein weißer Hut ließ lächerlich;
Schwarz, Brüder, schwarz, so schickt
es sich."
Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den schwarzen Hut dem nächsten Erben.
Der Erbe nimmt ihn in sein Haus
Und sieht, er ist sehr abgetragen;
Er sinnt und sinnt das Kunststück aus.
Ihn über einen Stock zu schlagen.
Durch heiße Bürsten wird er rein,
Er faßt ihn gar mit Schnüren ein.
Nun geht er aus, und alle schreien:
„Was sehn wir? Sind es Zaubereien?
Ein neuer Hut! O glücklich Land,
Wo Wahn und Finsternis verschwinden!
Mehr kann kein Sterblicher erfinden,
Als dieser große Geist erfand."
Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den umgewandten Hut dem Erben.
Erfindung macht die Künstler groß
Und bei der Nachwelt unvergessen;
Der Erbe reißt die Schnüre los.
Umzieht den Hut mit goldnen Tressen,
Verherrlicht ihn durch einen Knopf
Und drückt ihn seitwärts auf den
Kopf.
Ihn sieht das Volk und taumelt vor
Vergnügen.
Nun ist die Kunst erst hoch gestiegen.
„Ihm", schrie es, „ihm allein ist Witz
und Geist verliehn;
Nichts sind die andern gegen ihn!"
Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den eingefaßten Hut dem Erben.
Und jedesmal ward die erfundne Tracht
Im ganzen Lande nachgemacht.
(Ende des ersten Buches.)
Was mit dem Hute sich noch ferner zugetragen,
Will ich im zweiten Buche sagen.
Der Erbe ließ ihm nie die vorige Gestalt.
Das Außenwerk war neu; er selbst, der Hut, blieb alt.
Und daß ich's kurz zusammenzieh':
Es ging dem Hute fast wie der Philosophie.
Zu dem Leipziger Dichtervereine gehörte auch Klopstock, der 1748
in den „Bremer Beiträgen" die drei ersten Gesänge seines „Messias" er-
scheinen ließ, mit deren Herausgabe die neue Periode der Literatur anhebt.
Liebte Periode oder zweite Ltüteperiode, von 1748 ab.
8 13.
Auf allen Gebieten der Wissenschaften und Künste zeigte das deutsche
Volk in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein emsiges Arbeiten
und Vorwärtsstreben, ein überraschendes Fortschreiten; so in der klassischen
Philologie, in der Altertumswissenschaft, besonders in der Geschichte der
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
§ 34. Goethes Werke. — Die lyrischen Dichtungen.
173
Des täten die Musen sich erfreun,
Wollten ihn zum Meistersäuger * weihn.
4. Da tritt herein ein junges Weib
Mit Hellem Aug' und schönem Leib;
Kräftig sie auf den Füßen steht,
Grad, edel vor sich hin sie geht.
Sie trägt einen Maßstab in ihrer Hand,
Ihr Gürtel ist ein gülden Band,
Hätt auf dem Haupt einen Kornähr-
kranz,
Ihr Auge war lichten Tages Glanz;
Man nennt sie tätig Ehrbarkeit,
Sonst auch Großmut, Rechtfertigkeit.
5. Die tritt mit gutem Gruß herein,
Er drob nicht mag verwundert sein;
Denn wie sie ist, so gut und schön,
Meint er, er hätt sie lang gesehn.
Die spricht: „Ich hab dich auserlesen
Vor vielen in dem Weltwirrwesen,
Daß du sollst haben klare Sinnen,
Nichts Ungeschicklichs magst beginnen.
Wenn andre durcheinander rennen.
Sollst du's mit treuem Blick erkennen;
Wenn andre bärmlich sich beklagen,
Sollst schwankweis deine Sach' sür-
tragen;
Sollst halten über Ehr' und Recht,
In allen Ding sein schlicht und schlecht,
Frummkeit und Tugend bieder preisen.
Das Böse mit seinem Namen heißen.
Nichts verlindert und nichts verwißelt,
Nichts verzierlicht und nichts verkrihelt;
Sondern die Welt soll vor dir stehn,
Wie Albrecht Dürer sie hat gesehn,
Ihr festes Leben und Männlichkeit,
Ihre inn're Kraft und Ständigkeit.
Der Natur Genius an der Hand
Soll dich führen durch alle Land',
Soll dir zeigen alles Leben,
Der Menschen wunderliches Weben,
Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und
Treiben,
Schieben, Reißen, Drängen und Reiben,
Wie kunterbunt die Wirtschaft tollert.
Der Ameishauf' durcheinander kollert;
Mag dir aber bei allem geschehn,
Als tatst in einen Zauberkasten sehn.
Schreib das dem Menschenvolk auf Erden,
Ob's ihm möcht' eine Witzung werden."
Da macht sie ihm ein Fenster aus,
Zeigt ihm draußen viel bunten Haus,
Unter dem Himmel allerlei Wesen,
Wie ihr's mögt in seinen Schriften lesen.
6. Wie nun der liebe Meister sich
An der Natur freut wunuiglich.
Da seht ihr an der andern Seiten
Ein altes Weiblein zu ihm gleiten;
Man nennet sie Historia,
Mythologia, Fabula;
Sie schleppt mit keuchend-wankenden
Schritten
Eine große Tafel in Holz geschnitten;
Darauf seht ihr mit weiten Ärmeln
und Falten,
Gott Vater Kinderlehre halten,
Adam, Eva, Paradies und Schlangt,
Sodom und Gomorrhas Untergangs
Könnt auch die zwölf durchlauchtigeu
Frauen
Da in einem Ehrenspiegel schauen
Dann allerlei Blutdurst, Frevel und
Mord,
Der zwölf Tyrannen Schandenport 2,
Auch allerlei Lehr und gute Weis.
Könnt sehn Sankt Peter mit der Geiß
Uber der Welt Regiment unzufrieden,
Von unserm Herrn zurecht beschieden.
Auch war bemalt der weite Raum
Ihres Kleids und Schlepps und auch
der Saum
' Vgl. Teil I, S. 215 f. 2 Hinweis auf einzelne Dichtungen Sachsens,
b Siehe S. 6.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Goethes Albrecht_Dürer Albrecht Adam Eva Schandenport Peter
174
Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
Mit weltlich Tugend und Laster Ge-
schicht.
7. Unser Meister das all erficht
Und freut sich dessen wundersam;
Denn es dient sehr in seinen Kram.
Von wannen er sich eignet sehr
Gut Exempel und gute Lehr',
Erzählt das eben fix und treu,
Als wär er selbst gesin 1 dabei.
Sein Geist war ganz dahin gebannt.
Er hätt kein Auge davon verwandt,
Hätt er nicht hinter seinem Rucken
Hören mit Klappern und Schellen spuken.
8. Da tät er einen Narren spüren
Mit Bocks- und Affensprüng' hofieren,
Und mit ihm Schwank und Narreteiden
Ein lustig Zwischenspiel bereiten.
Schleppt hinter sich an einer Leinen
Alle Narren, groß und kleinen,
Dick und hager, gestreckt und krumb,
Allzu witzig und allzu dumb.
Mit einem großen Farrenschwanz
Regiert er sie wie ein'n Affentanz.
Bespöttet eines jeden Fürm* 2,
Treibt sie ins Bad, schneidet ihnen die
Würm'
Und führt gar bitter viel Beschwerden,
Daß ihrer doch nicht wollen wen'ger
werden 3.
9. Wie er sich sieht so um und um,
Kehrt ihm das fast den Kopf herum,
Wie er wollt' Worte zu allem finden.
Wie er möcht' so viel Schwall ver-
binden.
Wie er möcht' immer mutig bleiben,
So fort zu singen und zu schreiben.
Da steigt auf einer Wolke Saum
Herein zu 's Oberfeusters Raum
Die Muse, heilig anzuschauen,
Wie ein Bild unsrer lieben Frauen.
Die umgibt ihn mit ihrer Klarheit
Immer kräftig wirkender Wahrheit.
Sie spricht: „Ich komm', um dich zu
weihn;
Nimm meinen Segen und Gedeihu!
Ein heilig Feuer, das in dir ruht,
Schlag aus in hohe, lichte Glut!
Doch daß das Leben, das dich treibt,
Immer bei holden Kräften bleibt.
Hab' ich deinem innern Wesen
Nahrung und Balsam auserlesen,
Daß deine Seel' sei wonnereich.
Einer Knospe im Taue gleich."
10. Da zeigt sie ihm hinter seinem Haus
Heimlich zur Hintertür hinaus
In dem eng umzäunten Garten
Ein holdes Mägdlein sitzend warten
Am Bächlein, beim Holunderstrauch;
Mit abgesenktem Haupt und Aug'
Sitzt's unter einem Apfelbaum
Und spürt die Welt rings um sich
kaum,
Hat Rosen in ihren Schoß gepflückt
Und bindet ein Kränzlein sehr geschickt
' Mit hellen Knospen und Blättern drein:
' Für wen mag wohl das Kränzel sein?
So sitzt sie in sich selbst geneigt.
In Hoffnungsfülle ihr Busen steigt,
Ihr Wesen ist so ahndevoll,
! Weiß nicht, was sie sich wünschen soll,
Und unter vieler Grillen Lauf
Steigt wohl einmal ein Seufzer auf.
11. Warum ist deine Stirn so trüb?
Das, was dich dränget, süße Lieb',
Ist volle Wonn' und Seligkeit,
Die dir in einem ist bereit.
Der manches Schicksal wirrevoll
An deinem Auge sich lindern soll;
Der durch manch wunniglichen Kuß
Wiedergeboren werden muß;
* = gewesen. 2 Fürm — Form.
2 Bezug aus des Dichters „Narrenbad".
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 225
Der Natur furchtbare Stimme siege.
Und der Freude Wange werde bleich,
Und der heil'gen Sympathie erliege
Das Unsterbliche in euch!
Aber in den heitern Regionen,
Wo die reinen Formen wohnen,
Rauscht des Jammers trüber Sturm nicht mehr.
Hier darf Schmerz die Seele nicht durchschneiden,
Keine Träne fließt hier mehr dem Leiden,
Nur des Geistes tapfrer Gegenwehr.
Lieblich, wie der Iris Farbenfeuer
Auf der Donnerwolke duft'gem Tau,
Schimmert durch der Wehmut düstern Schleier
Hier der Ruhe heitres Blau.
Ties erniedrigt zu des Feigen Knechte,
Ging in ewigem Gefechte
Einst Alcid des Lebens schwere Bahn,
Rang mit Hydern und umarmt' den Leuen,
Stürzte sich, die Freunde zu befreien.
Lebend in des Totenschiflers Kahn.
Alle Plagen, alle Erdenlasten
Wälzt der unversöhnten Göttin List
Auf die will'gen Schultern des Verhaßten,
Bis sein Lauf geendigt ist —
Bis der Gott, des Irdischen entkleidet,
Flammend sich vom Menschen scheidet
Und des Äthers leichte Lüfte trinkt.
Froh des neuen, ungewohnten Schwedens,
Fließt er aufwärts, und des Erdenlebens
Schweres Traumbild sinkt und sinkt und sinkt.
Des Olympus Harmonien empfangen
Den Verklärten in Kronions Saal,
Und die Göttin mit den Rosenwangen
Reicht ihm lächelnd den Pokal.
6. Las Glück.
(1798.)
Selig, welchen die Götter, die gnädigen, vor der Geburt schon
Liebten, welchen als Kind Venus im Arme gewiegt,
Welchem Phöbus die Augen, die Lippen Hermes gelöset,
Und das Siegel der Macht Zeus aus die Stirne gedrückt!
Ein erhabenes Los, ein göttliches ist ihm gefallen,
Schon vor des Kampfes Beginn sind ihm die Schläfen bekränzt.
Hense, Lesebuch. Ii. 4. Aufl. 15
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer]]
230
Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
Versuchen den Allheiligen willst du?
Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund,
Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
Doch setzte nicht derselbe Mund hinzu:
Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen? —
„Sei hinter ihm, was will! Ich heb' ihn auf."
Er ruft's mit lauter Stimm': „Ich will sie schauen."
Schauen!
Gellt ihm ein langes Echo spottend nach.
Er spricht's und hat den Schleier aufgedeckt.
„Nun", fragt ihr, „und was zeigte sich ihm hier?"
Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich,
So fanden ihn am andern Tag die Priester
Am Fußgestell der Isis ausgestreckt.
Was er allda gesehen und erfahren,
Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig
War feines Lebens Heiterkeit dahin,
Ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe.
„Weh dem", dies war fein warnungsvolles Wort,
Wenn ungestüme Frager in ihn drangen,
„Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld!'
Sie wird ihm nimmermehr erfreulich fein."
9. Kassandra.
(1802.)
Freude war in Trojas Hallen,
Eh die hohe Feste siel.
Jubelhymnen hört man schallen
In der Saiten goldnes Spiel;
Alle Hände ruhen müde
Von dem trünenvollen Streit,
Weil der herrliche Pelide
Priams schöne Tochter freit.
Und, geschmückt mit Lorbeerreisern,
Festlich wallet Schar auf Schar
Nach der Götter heil'gen Häusern,
Zu des Thymbriers Altar.
Dumpf erbrausend durch die Gassen
Wälzt sich die bacchant'sche Lust,
Und in ihrem Schmerz verlassen
War nur eine traur'ge Brust. *
Freudlos in der Freuden Fülle,
Ungesellig und allein
Wandelte Kassandra stille
In Apollos Lorbeerhain.
In des Waldes tiefste Gründe
Flüchtete die Seherin;
Und sie warf die Priesterbinde
Zu der Erde zürnend hin.
„Alles ist der Freude offen,
Alle Herzen sind beglückt.
Und die alten Eltern hoffen,
Und die Schwester steht geschmückt.
Ich allein muß einsam trauern;
Denn mich flieht der süße Wahn,
Und geflügelt diesen Mauern
Seh' ich das Verderben nahn."
* Vgl. den Baum der Erkenntnis im Paradiese.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]