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1. Erdkunde - S. 304

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 304 Mit Bethanien übersieht das Auge den Ölberg, die Stätte der heiligen Erinnerungen. Nahe am Ölberge liegt Gethsemane, unten an seinem Fuße der Olivengarten und oben auf dem Gipfel die Himmelfahrtskirche. Ich konnte mein Auge fast nicht wenden von den heiligen Hügeln. Noch einmal trank ich in vollstem Zuge das heilige Schauspiel und wandte mich dann mit dem Wunsche des heimatlichen Dichters ab: „Bleibt mir nah mit eurem heil'gen Walten, Hohe Bilder, himmlische Gestalten!" (Nach F. W. Hackländer u. a.) Die Überschwemmungen des Wits. Schon im Altertum wurde Ägypten ein „Geschenk des Nils" genannt, und das mit Recht; denn der Nil ist es, der das Land bewässert und fetten Schlamm auf demselben ablagert, dadurch unter einem fast regenlosen Himmel üppige Fruchtbarkeit erzeugeud. Zwar haben auch andere Ströme jährliche Überschwemmungen; aber bei keinem derselben treten diese mit solcher Regelmäßigkeit auf und lassen sich so genan und so weit zurück verfolgen. Wir wissen, daß der Nil von den mächtigen Wassermassen angeschwellt wird, welche zur Zeit der tropischen Regen in seinem Quellgebiet, besonders in Abessinien, herabstürzen. Gegen Schluß des Juni verrät der steigende Strom den gewaltigen Zuwachs des Wassers. Diese Schwellung nimmt nun in gleichmäßiger Folge so zu, daß um die Mitte des Augusts der Fluß iu Ägypten seine Ufer überschreitet und allmählich das ganze Thal bis zum Fuße der Berge überflutet, um während des Oktobers in seine Grenzen zurückzukehren und ebenso gleichmäßig, wie er gewachsen, auf den niedrigsten Wasserstand herabzusinken. Das höchste, aber gewöhnliche Maß der Steigung beträgt für das Delta heute noch wie schon im Altertum 5 m, und die Wassermenge, welche der Strom in dieser Zeit dem Meere zuwälzt, ist zwanzigmal größer als zuvor. Zuweilen bleibt er auch uuter dem angegebenen Maße zurück. Dann aber trifft Hungersnot oder doch Mangel die Be- völkeruug, welche eben den Überschwemmungen allein ihre reichen

2. Erdkunde - S. 162

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 162 — oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham". — Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel. — Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge- legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig. 2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.) ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow (175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und Wolle. Universität. 3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak- baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.), ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel- Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew (92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien. 4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste Stadt Litauens. 5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor- orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie. 6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa- Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels- platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt (60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat, rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. — Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten 283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee, wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.

3. Erdkunde - S. 272

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 272 — Kuppeln umgeben ist. Sie wurde im 6. Jahrhuudert von dem oströmischeu Kaiser Justinian der göttlichen Weisheit (soplüir) zu Ehren erbaut. Am 29. Mai 1453 hatten sich Tausende in den Dom geflüchtet und beteten da verzweifelnd um Rettung. Vergebens! Die Türken eroberten die Stadt, und Mohammed Ii. weihte die Kirche dem Islam mit den Worten: „Nur Allah ist Gott und Mohammed sein Prophet." Die Christen wurden in einem furcht- baren Blutbade niedergemetzelt. Die alte Pracht verschwand, die herrlichen Mosaikbilder wurden übertüncht und an ihrer Stelle riesige Schilder mit Koran-Jnschriften aufgehängt. Von außen macht der berühmte Tempel keinen großartigen Eindruck. Überraschend, ja über- Wältigend wirkt er dagegen von innen. Gleich beim Eintritte über- schaut man den ganzen Raum, welcher an 30 000 Menschen faßt. „Wie muß dieser Tempel in der alten Pracht gewirkt haben, wenn die goldenen Mosaiken rings von den Wänden leuchteten, wenn die Edelsteine schimmerten und die edlen Metalle an Gefäßen und Ge- räten, die reichen Gewänder und die Menge von Ampeln und Kan- delabern! Damals konnte Kaiser Jnstinian, der für diesen Bau die großen Heidentempel geplündert hatte, triumphierend ausrufen: ,Salomen, ich habe dich besiegt!'" Im Mittelpunkte des östlichen Stambuls liegt der große Bazar, welcher fast eine Stadt für sich bildet und aus einem Labyrinthe von Straßen, Gassen, Durchgängen und Kreuzwegen be- steht, iu welchen es selbst vielen Einheimischen schwer wird, sich zurechtzufinden. Alle Straßen sind überwölbt, und das Licht fällt durch eine Anzahl kleiner Kuppelu, welche auf dem platten Dache des Bazars aufgesetzt sind, ins Innere. Hier haben Orient und Occident ihre Waren aufgestapelt. Jedes Gewerbe nimmt eine Straße für sich ein. Da sind z. B. die Juweliere, Goldschmiede und Stein- schleifer, die Schuhmacher, welche goldgestickte Pantoffeln feilbieten; dort kann man Kaftane und Spitzen kaufen und hier feideue Kopf- tücher, Tischdeckeu und Teppiche. Einen großen Platz nimmt der Waffenbazar ein, wo unter den Tausenden von orientalischen Gegen- ständen schöne, altpersische, edelsteinbesetzte Waffen zur Schau liegen.

4. Dichtung der Neuzeit - S. 88

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Hesiod, Theokrit, Äschylus und Aristophcmes; verfehlt ist die Shakespeares. Voß hat sich durch diese Übersetzungen ein unleugbares Verdienst um die Literatur erworben, denn abgesehen davon, daß er den größten Epiker des Altertums und die altklassischen Dichter weiteren Kreisen des Volkes zugänglich machte, gab er der deutschen Prosodie und Metrik eine größere Festigkeit und bereicherte die Sprache durch eine Reihe volkstümlicher und trefflicher Wortbildungen. Orr siebzigste Geburtstag. Auf die Postille gebückt, zur Seite des wärmenden Ofens, Saß der redliche Tamm in dem Lehnstuhl, welcher mit Schnitzwerk Und braunnarbigem Jucht voll schwellender Haare geziert war: Tamm, seit vierzig Jahren in Stolp, dem gesegneten Freidorf', Organist, Schulmeister zugleich und ehrsamer Küster. Der fast allen im Dorf, bis auf wenige Greise der Vorzeit, Einst Taufwasser gereicht und Sitte gelehrt und Erkenntnis, Dann zur Trauung gespielt und hinweg schon manchen gesungen. Oft nun faltend die Händ' und oft mit lauterem Murmeln 10. Las er die tröstenden Sprüch' und Ermahnungen. Aber allmählich Starrte sein Blick, und er sank in erquickenden Mittagsschlummer. Festlich prangte der Greis in gestreifter kalmankener^ Jacke; Und bei entglittener Brill' und silberfarbenem Haupthaar Lag aus dem Buche die Mütze von violettenem Sammet, Mit Fuchspelze verbrämt und geschmückt mit goldener Troddel. Denn er feierte heute den siebzigsten frohen Geburtstag, Froh des erlebeten Heils. Sein einziger Sohn Zacharias, Welcher als Kind auf dem Schemel gepredigt und, von dem Pfarrer Ausersehn für die Kirche, mit Rot vollendet die Laufbahn 20. Durch die Lateinische Schul' und die teuere Akademie durch, Der war jetzt einhellig erwähleter Pfarrer in Merlitz Und seit kurzem vermählt mit der wirtlichen Tochter des Vorfahrs. Fernher hatte der Sohn zur Verherrlichung seines Geburtstags Edlen Tabak mit der Fracht und stärkende Weine gesendet, Auch in dem Briefe gelobt, er selbst und die freundliche Gattin, Hemmeten nicht Hohlweg' und verschneiete Gründe55 die Durchfahrt, Sicherlich kämen sie beide, das Fest mit dem Vater zu feiern Und zu empsahn den Segen von ihm und der würdigen Mutter. Eine versiegelte Flasche mit Rheinwein hatte der Vater 30. Froh sich gespendet zum Mahl und mit Mütterchen auf die Gesundheit Ihres Sohns Zacharias geklingt und der freundlichen Gattin, 1 2 1 Ein Dorf, welches keinen Gutsherrn hat. 2 Wollener, nach Damastart gewebter Stoff. ^ Enges Tal.

5. Dichtung der Neuzeit - S. 42

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
42 Sechste Periode, von 1624—1748. dem ersten Redakteur der Zeitschrift, dem Humoristen Zachariä, dem Satiriker Raben er, verdient besondere Erwähnung Christian Fürchtegott Gellert, geb. zu Hainichen bei Freiberg in Sachsen 1715, seit 1751 außerordentlicher Professor der Poesie und Beredsamkeit zu Leipzig, wo er 1769 starb. Mild und warm empfindend, wurde er der beliebteste und einflußreichste Dichter seiner Zeit, bekannt durch seine die sittliche Veredlung des Volkes bezweckenden Fabeln und Erzählungen und durch geistliche Lieder. Unter seinem Einflüsse standen auch die Fabeldichter Lichtwer, Willamov und Pfeffel (Verfasser der „Türkenpfeife"). 1. Der ju Ein junger Mensch, der viel studierte Und, wie die Eltern ganz wohl sahn, Was Großes schon im Schilde führte, Sprach einen Greis um solche Schriften an. Die stark und sinnreich denken lehrten. Mit einem Wort, die zum Geschmack gehörten. Der Alte ward von Herzen froh Und lobt' ihm den Homer, den Plato, Cicero Und hundert mehr aus alt und neuer Zeit, Die mit den heil'gen Lorbeerkränzen Der Dichtkunst und Wohlredenheit, Umleuchtet von der Ewigkeit, 2. Die Geschilt Das ei Der erste, der mit kluger Hand Der Männer Schmuck, den Hut, er- fand, Trug seinen Hut unaufgeschlagen; Die Krempen hingen flach herab; Und dennoch wußt' er ihn zu tragen, Daß ihm der Hut ein Ansehn gab. Er starb und ließ bei seinem Sterben Den runden Hut dem nächsten Erben. Der Erbe weiß den runden Hut Nicht recht gemächlich anzugreifen; Er sinnt und wagt es, kurz und gut, Er wagt's, zwo Krempen auszusteifen. : Gelehrte. Den Jünglingen entgegenglänzen. „D!" hub der junge Mensch mit stolzem Lächeln an, „Ich habe sie fast alle durchgelesen; Allein" — „Nun gut", sprach der ge- lehrte Mann, „Sind sie nach seinem Sinn gewesen. So muß er sie noch zweimal lesen. Doch sind sie ihm nicht gut genug ge- wesen, So sag' er's ja den Klugen nicht; Denn sonst erraten sie, woran es ihm gebricht. Und heißen ihn die Zeimng lesen." von dem Hute. Buch. Drauf läßt er sich dem Volke sehn; Das Volk bleibt vor Verwundrung stehn Und schreit: „Nun läßt der Hut erst schön!" Er starb und ließ bei seinem Sterben Den ausgesteiften Hut dem Erben. Der Erbe nimmt den Hut und schmält. „Ich", spricht er, „sehe wohl, was fehlt." Er setzt darauf mit weisem Mute Die dritte Krempe zu dem Hute. „O", rief das Volk, „der hat Verstand! Seht, was ein Sterblicher erfand! Er, er erhöht sein Vaterland!"

6. Dichtung der Neuzeit - S. 43

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 12. Gellert. 43 Er starb und ließ bei seinem Sterben Den dreifach spitzen Hut dem Erben. Der Hut war freilich nicht mehr rein; Doch sagt! wie konnt' es anders sein? Er ging schon durch die vierten Hände. Der Erbe färbt ihn schwarz, damit er was erfände. „Beglückter Einfall!" ries die Stadt, „So weit sah keiner noch, als der ge- sehen hat. Ein weißer Hut ließ lächerlich; Schwarz, Brüder, schwarz, so schickt es sich." Er starb und ließ bei seinem Sterben Den schwarzen Hut dem nächsten Erben. Der Erbe nimmt ihn in sein Haus Und sieht, er ist sehr abgetragen; Er sinnt und sinnt das Kunststück aus. Ihn über einen Stock zu schlagen. Durch heiße Bürsten wird er rein, Er faßt ihn gar mit Schnüren ein. Nun geht er aus, und alle schreien: „Was sehn wir? Sind es Zaubereien? Ein neuer Hut! O glücklich Land, Wo Wahn und Finsternis verschwinden! Mehr kann kein Sterblicher erfinden, Als dieser große Geist erfand." Er starb und ließ bei seinem Sterben Den umgewandten Hut dem Erben. Erfindung macht die Künstler groß Und bei der Nachwelt unvergessen; Der Erbe reißt die Schnüre los. Umzieht den Hut mit goldnen Tressen, Verherrlicht ihn durch einen Knopf Und drückt ihn seitwärts auf den Kopf. Ihn sieht das Volk und taumelt vor Vergnügen. Nun ist die Kunst erst hoch gestiegen. „Ihm", schrie es, „ihm allein ist Witz und Geist verliehn; Nichts sind die andern gegen ihn!" Er starb und ließ bei seinem Sterben Den eingefaßten Hut dem Erben. Und jedesmal ward die erfundne Tracht Im ganzen Lande nachgemacht. (Ende des ersten Buches.) Was mit dem Hute sich noch ferner zugetragen, Will ich im zweiten Buche sagen. Der Erbe ließ ihm nie die vorige Gestalt. Das Außenwerk war neu; er selbst, der Hut, blieb alt. Und daß ich's kurz zusammenzieh': Es ging dem Hute fast wie der Philosophie. Zu dem Leipziger Dichtervereine gehörte auch Klopstock, der 1748 in den „Bremer Beiträgen" die drei ersten Gesänge seines „Messias" er- scheinen ließ, mit deren Herausgabe die neue Periode der Literatur anhebt. Liebte Periode oder zweite Ltüteperiode, von 1748 ab. 8 13. Auf allen Gebieten der Wissenschaften und Künste zeigte das deutsche Volk in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein emsiges Arbeiten und Vorwärtsstreben, ein überraschendes Fortschreiten; so in der klassischen Philologie, in der Altertumswissenschaft, besonders in der Geschichte der

7. Dichtung der Neuzeit - S. 173

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 34. Goethes Werke. — Die lyrischen Dichtungen. 173 Des täten die Musen sich erfreun, Wollten ihn zum Meistersäuger * weihn. 4. Da tritt herein ein junges Weib Mit Hellem Aug' und schönem Leib; Kräftig sie auf den Füßen steht, Grad, edel vor sich hin sie geht. Sie trägt einen Maßstab in ihrer Hand, Ihr Gürtel ist ein gülden Band, Hätt auf dem Haupt einen Kornähr- kranz, Ihr Auge war lichten Tages Glanz; Man nennt sie tätig Ehrbarkeit, Sonst auch Großmut, Rechtfertigkeit. 5. Die tritt mit gutem Gruß herein, Er drob nicht mag verwundert sein; Denn wie sie ist, so gut und schön, Meint er, er hätt sie lang gesehn. Die spricht: „Ich hab dich auserlesen Vor vielen in dem Weltwirrwesen, Daß du sollst haben klare Sinnen, Nichts Ungeschicklichs magst beginnen. Wenn andre durcheinander rennen. Sollst du's mit treuem Blick erkennen; Wenn andre bärmlich sich beklagen, Sollst schwankweis deine Sach' sür- tragen; Sollst halten über Ehr' und Recht, In allen Ding sein schlicht und schlecht, Frummkeit und Tugend bieder preisen. Das Böse mit seinem Namen heißen. Nichts verlindert und nichts verwißelt, Nichts verzierlicht und nichts verkrihelt; Sondern die Welt soll vor dir stehn, Wie Albrecht Dürer sie hat gesehn, Ihr festes Leben und Männlichkeit, Ihre inn're Kraft und Ständigkeit. Der Natur Genius an der Hand Soll dich führen durch alle Land', Soll dir zeigen alles Leben, Der Menschen wunderliches Weben, Ihr Wirren, Suchen, Stoßen und Treiben, Schieben, Reißen, Drängen und Reiben, Wie kunterbunt die Wirtschaft tollert. Der Ameishauf' durcheinander kollert; Mag dir aber bei allem geschehn, Als tatst in einen Zauberkasten sehn. Schreib das dem Menschenvolk auf Erden, Ob's ihm möcht' eine Witzung werden." Da macht sie ihm ein Fenster aus, Zeigt ihm draußen viel bunten Haus, Unter dem Himmel allerlei Wesen, Wie ihr's mögt in seinen Schriften lesen. 6. Wie nun der liebe Meister sich An der Natur freut wunuiglich. Da seht ihr an der andern Seiten Ein altes Weiblein zu ihm gleiten; Man nennet sie Historia, Mythologia, Fabula; Sie schleppt mit keuchend-wankenden Schritten Eine große Tafel in Holz geschnitten; Darauf seht ihr mit weiten Ärmeln und Falten, Gott Vater Kinderlehre halten, Adam, Eva, Paradies und Schlangt, Sodom und Gomorrhas Untergangs Könnt auch die zwölf durchlauchtigeu Frauen Da in einem Ehrenspiegel schauen Dann allerlei Blutdurst, Frevel und Mord, Der zwölf Tyrannen Schandenport 2, Auch allerlei Lehr und gute Weis. Könnt sehn Sankt Peter mit der Geiß Uber der Welt Regiment unzufrieden, Von unserm Herrn zurecht beschieden. Auch war bemalt der weite Raum Ihres Kleids und Schlepps und auch der Saum ' Vgl. Teil I, S. 215 f. 2 Hinweis auf einzelne Dichtungen Sachsens, b Siehe S. 6.

8. Dichtung der Neuzeit - S. 174

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
174 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Mit weltlich Tugend und Laster Ge- schicht. 7. Unser Meister das all erficht Und freut sich dessen wundersam; Denn es dient sehr in seinen Kram. Von wannen er sich eignet sehr Gut Exempel und gute Lehr', Erzählt das eben fix und treu, Als wär er selbst gesin 1 dabei. Sein Geist war ganz dahin gebannt. Er hätt kein Auge davon verwandt, Hätt er nicht hinter seinem Rucken Hören mit Klappern und Schellen spuken. 8. Da tät er einen Narren spüren Mit Bocks- und Affensprüng' hofieren, Und mit ihm Schwank und Narreteiden Ein lustig Zwischenspiel bereiten. Schleppt hinter sich an einer Leinen Alle Narren, groß und kleinen, Dick und hager, gestreckt und krumb, Allzu witzig und allzu dumb. Mit einem großen Farrenschwanz Regiert er sie wie ein'n Affentanz. Bespöttet eines jeden Fürm* 2, Treibt sie ins Bad, schneidet ihnen die Würm' Und führt gar bitter viel Beschwerden, Daß ihrer doch nicht wollen wen'ger werden 3. 9. Wie er sich sieht so um und um, Kehrt ihm das fast den Kopf herum, Wie er wollt' Worte zu allem finden. Wie er möcht' so viel Schwall ver- binden. Wie er möcht' immer mutig bleiben, So fort zu singen und zu schreiben. Da steigt auf einer Wolke Saum Herein zu 's Oberfeusters Raum Die Muse, heilig anzuschauen, Wie ein Bild unsrer lieben Frauen. Die umgibt ihn mit ihrer Klarheit Immer kräftig wirkender Wahrheit. Sie spricht: „Ich komm', um dich zu weihn; Nimm meinen Segen und Gedeihu! Ein heilig Feuer, das in dir ruht, Schlag aus in hohe, lichte Glut! Doch daß das Leben, das dich treibt, Immer bei holden Kräften bleibt. Hab' ich deinem innern Wesen Nahrung und Balsam auserlesen, Daß deine Seel' sei wonnereich. Einer Knospe im Taue gleich." 10. Da zeigt sie ihm hinter seinem Haus Heimlich zur Hintertür hinaus In dem eng umzäunten Garten Ein holdes Mägdlein sitzend warten Am Bächlein, beim Holunderstrauch; Mit abgesenktem Haupt und Aug' Sitzt's unter einem Apfelbaum Und spürt die Welt rings um sich kaum, Hat Rosen in ihren Schoß gepflückt Und bindet ein Kränzlein sehr geschickt ' Mit hellen Knospen und Blättern drein: ' Für wen mag wohl das Kränzel sein? So sitzt sie in sich selbst geneigt. In Hoffnungsfülle ihr Busen steigt, Ihr Wesen ist so ahndevoll, ! Weiß nicht, was sie sich wünschen soll, Und unter vieler Grillen Lauf Steigt wohl einmal ein Seufzer auf. 11. Warum ist deine Stirn so trüb? Das, was dich dränget, süße Lieb', Ist volle Wonn' und Seligkeit, Die dir in einem ist bereit. Der manches Schicksal wirrevoll An deinem Auge sich lindern soll; Der durch manch wunniglichen Kuß Wiedergeboren werden muß; * = gewesen. 2 Fürm — Form. 2 Bezug aus des Dichters „Narrenbad".

9. Dichtung der Neuzeit - S. 225

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 225 Der Natur furchtbare Stimme siege. Und der Freude Wange werde bleich, Und der heil'gen Sympathie erliege Das Unsterbliche in euch! Aber in den heitern Regionen, Wo die reinen Formen wohnen, Rauscht des Jammers trüber Sturm nicht mehr. Hier darf Schmerz die Seele nicht durchschneiden, Keine Träne fließt hier mehr dem Leiden, Nur des Geistes tapfrer Gegenwehr. Lieblich, wie der Iris Farbenfeuer Auf der Donnerwolke duft'gem Tau, Schimmert durch der Wehmut düstern Schleier Hier der Ruhe heitres Blau. Ties erniedrigt zu des Feigen Knechte, Ging in ewigem Gefechte Einst Alcid des Lebens schwere Bahn, Rang mit Hydern und umarmt' den Leuen, Stürzte sich, die Freunde zu befreien. Lebend in des Totenschiflers Kahn. Alle Plagen, alle Erdenlasten Wälzt der unversöhnten Göttin List Auf die will'gen Schultern des Verhaßten, Bis sein Lauf geendigt ist — Bis der Gott, des Irdischen entkleidet, Flammend sich vom Menschen scheidet Und des Äthers leichte Lüfte trinkt. Froh des neuen, ungewohnten Schwedens, Fließt er aufwärts, und des Erdenlebens Schweres Traumbild sinkt und sinkt und sinkt. Des Olympus Harmonien empfangen Den Verklärten in Kronions Saal, Und die Göttin mit den Rosenwangen Reicht ihm lächelnd den Pokal. 6. Las Glück. (1798.) Selig, welchen die Götter, die gnädigen, vor der Geburt schon Liebten, welchen als Kind Venus im Arme gewiegt, Welchem Phöbus die Augen, die Lippen Hermes gelöset, Und das Siegel der Macht Zeus aus die Stirne gedrückt! Ein erhabenes Los, ein göttliches ist ihm gefallen, Schon vor des Kampfes Beginn sind ihm die Schläfen bekränzt. Hense, Lesebuch. Ii. 4. Aufl. 15

10. Dichtung der Neuzeit - S. 230

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
230 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Versuchen den Allheiligen willst du? Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund, Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe. Doch setzte nicht derselbe Mund hinzu: Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen? — „Sei hinter ihm, was will! Ich heb' ihn auf." Er ruft's mit lauter Stimm': „Ich will sie schauen." Schauen! Gellt ihm ein langes Echo spottend nach. Er spricht's und hat den Schleier aufgedeckt. „Nun", fragt ihr, „und was zeigte sich ihm hier?" Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich, So fanden ihn am andern Tag die Priester Am Fußgestell der Isis ausgestreckt. Was er allda gesehen und erfahren, Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig War feines Lebens Heiterkeit dahin, Ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe. „Weh dem", dies war fein warnungsvolles Wort, Wenn ungestüme Frager in ihn drangen, „Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld!' Sie wird ihm nimmermehr erfreulich fein." 9. Kassandra. (1802.) Freude war in Trojas Hallen, Eh die hohe Feste siel. Jubelhymnen hört man schallen In der Saiten goldnes Spiel; Alle Hände ruhen müde Von dem trünenvollen Streit, Weil der herrliche Pelide Priams schöne Tochter freit. Und, geschmückt mit Lorbeerreisern, Festlich wallet Schar auf Schar Nach der Götter heil'gen Häusern, Zu des Thymbriers Altar. Dumpf erbrausend durch die Gassen Wälzt sich die bacchant'sche Lust, Und in ihrem Schmerz verlassen War nur eine traur'ge Brust. * Freudlos in der Freuden Fülle, Ungesellig und allein Wandelte Kassandra stille In Apollos Lorbeerhain. In des Waldes tiefste Gründe Flüchtete die Seherin; Und sie warf die Priesterbinde Zu der Erde zürnend hin. „Alles ist der Freude offen, Alle Herzen sind beglückt. Und die alten Eltern hoffen, Und die Schwester steht geschmückt. Ich allein muß einsam trauern; Denn mich flieht der süße Wahn, Und geflügelt diesen Mauern Seh' ich das Verderben nahn." * Vgl. den Baum der Erkenntnis im Paradiese.
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