— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
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— 96 —
von den Jonischen Inseln im W. entfernt, der Mittelpunkt der alten
griechischen Welt. Athen, Hauptstadt und Mittelpunkt eines neu
geschaffenen, nur das eigentliche Hellas nebst dem Spercheioschal
und den Peloponnes nebst Euböa, den Kykladen und Jonischen
Inseln umfassenden Königreichs, 910 Qm. mit kaum 1500000
Ew. (nur dreimal so viel, als Attika zur Zeit der Blüte hatte),
mehr der Sprache als der Nationalität nach Griechen (vgl. das
neue Königreich Italien und die Hauptstadt Rom.).
Ueberhaupt ist die Balkanhalbinsel die bunteste Völkertafel,
soweit der Sultan herrscht, voller Gegensätze der Sprache, Sitte,
Religion, ohne innere Einheit, nur äußerlich zusammengehalten durch
die herrschenden Muhamedaner, die überall zerstreut die Zwietracht
der Christen fördern. Vorherrschend, nur von den Küsten des
ägäischen Meeres zurückgehalten, die Slaven des Serbischen
und Bulgarischen Stammes. Beides Binnenvölker, am Alten
festhaltend: daher noch heute der Bulgar Ackerbauer, der Serbe ^
Viehzüchter, der Handel meist in fremden (besonders Griechen)
Händen. — Die Serben die hauptsächlichste Bevölkerung im Nw.,
die Bulgaren im O. bis tief in Maeedonien und Thraeien
hinein*). jjhueu zunächst die Albanesen, dann die Bevöl-
keruug im Königreich Griechenland; die Griechen in der Türkei
(auf Festland und Inseln) eben so zahlreich wie die herrschenden
Osmanen (1 Million). Dazwischen Armenische Handels-
lente, Zigeuner, Tscherkessen und Juden. Durch den
Uebertritt einer großen Zahl Bulgaren und Albanesen zum Islam
haben die Türken des Uebergewicht behauptet. Ihr Gebiet außer
den Vasallenstaaten Serbien, Rumänien und Montenegro: 6700
Qm. mit 9000000 Ew.
Das Türkische Reich umfaßt in Asien 35000 Qm.mit
nur 13000000 Ew.: Kleinasien, Syrien, Armenien, Mesopotamien
und die Außenseiten von Arabien. In Afrika erkennen die
Vasallenstaaten Aegypten, Tripolis und Tunis bis jetzt noch die
Oberhoheit des Sultans an. — Die europäische Kultur beginnt
auch in diesen unter der Türkenherrschast erstarrten Ländern
neues Leben zu wecken, nicht bloß die alten Ruinen mit ihren
scheu Kleinasien verbunden, die Grenzmarke der griechischen Welt. — Vergeb-
liche Versuche der schwachen christlichen Bevölkerung, sich an das verwandte
selbständige Griechenland anzuschließen.
*) Ueber die Slaven haben unter dem Schutze der Türken die Griechen
die geistige und geistliche Macht.
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Extrahierte Ortsnamen: Attika Italien Rom Bulgarischen_Stammes Maeedonien Griechenland Serbien Montenegro Asien Kleinasien Syrien Armenien Mesopotamien Afrika Tripolis Tunis Griechenland
618 Unsre Zeit.
Verfügung, die sich als Werkzeuge brauchen ließen, ihre Befehle zu vollstrecken.
4. Ju der neuesten Zeit geht Rußland so weit, sogar auf die in polnischer Sprache gedruckten Gebetbücher Jagd zu machen. Polizei-Offizianten dringen in die Kirchen, untersuchen die Gebetbücher und konfiszieren die in polnischer Sprache verfaßten. Aus allen Lehranstalten ist die polnische Sprache verbannt, aus allen Kreisen verdrängt. Nur wer der russischen Sprache vollkommen mächtig ist, kann eine Anstellung in Polen erhalten und darf nur dieser Sprache sich in seinen Amtshandlungen bedienen.
8 222.
Griechenland.
(Seit 1821.)
613) Mit ebenso großem Freiheitssinn, wie die Polen, aber mit mehr Unterstützung der Großmächte kämpften die Griechen 1770. wider die Türken um ihre Unabhängigkeit. L-chon 1770 waren sie, von den Russen verleitet, aufgestanden, aber im Stiche gelassen und der Rache der Pforte preisgegeben worden. Diese ließ Griechenland durch geworbene Albanesen furchtbar verwüsten. Aber immer wieder wurden die Hoffnungen der Griechen von den Russen genährt, da diese aus der Schwächung der Türkei für
sich selbst Vorteil zogen. Es entstand unter auswärtigen Griechen ein Verein (Hetärie), welcher sich zur Aufgabe machte, Hilfsmittel zum Kriege herbeizuschaffen. An den Klephten, den Bewohnern der Gebirgsgegenden, die stets mit den Türken im Kampfe lagen und in ihren Schlupfwinkeln nie^ unterworfen werden konnten, hatten die Griechen kriegsgeübte Häupter. S>o brach uach langer Vorbereitung der Anfstand an zwei Punkten zugleich aus. Der russische Generalmajor Alexander Apsilanti^, welcher sich (ohne Wissen der russischen Regierung) an die Dpitze der Hetärie gestellt hatte, versuchte in der Walachei mit griechischen Freiwilligen die Bevölkerung gegen die Türken aufzureizen. Aber sein Unternehmen mißglückte, und er geriet sogar in österreichische
i82i. Gefangenschaft. In Morea rief der Erzbischof German os
die Griechen zu den Waffen. Der Anführer der Mainoten,
der Nachkommen der Spartaner, Petro Manromichalis, erließ eine Proklamation an die europäischen Höfe, in der er um Hilfe bat. Da wurde in Konstantino'pel eine Verschwörung entdeckt. Der Sultan sollte ermordet, das Arsenal und die türkische Flotte in Brand gesteckt werden. Nun rief Mahmud Ii. alle Muselmänner wider die Griechen ans. Wo sich Griechen fanden, wurden dieselben von den Türken niedergemetzelt. In einer dreimonatlichen Schlächterei verloreu über 30 000 Griechen das Leben.
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Apsilanti^ Alexander Petro_Manromichalis
632 Unsre Zeit.
die Bewegung, so daß Ferdinand I. sich zweimal veranlaßt sah, Wien zu verlassen und das erste Mal nach Innsbruck, das zweite Mal nach Olmütz sich zu begeben. In Wien gestaltete sich unter den Augen des Reichstages eine Studenten- und Pöbelherrschaft, während welcher blutige Exzesse undstraßen-kämpfe vorfielen. Die Ruhe konnte erst wiederhergestellt werden, 28.Ok-nachdem der Fürst Windischgrätz in förmlicher Belagerung im die Stadt erobert hatte. Der Reichstag wurde nach Kremsier verlegt. Da derselbe aber ebensowenig etwas Lebensfähiges zustande brachte, als die konstituierende Versammlung in Berlin, so wurde er aufgelöst und eine neue Gesamtstaatsversas-sung aus kaiserlicher Machtvollkommenheit gegeben (oktroyiert). 2.De-Kaiser Ferdinand I. dankte zu guusten seines Neffen, Franz ^i8?8?Joseph I., ab.
628) Die Bedrängnisse, in welche der Kaiser durch die Wiener Revolution geraten war, benützten sowohl die Böhmen als die Ungarn, um ihre Ansprüche durchzusetzen. In Prag kam es ebenfalls zu einem Volksaufstande, den der Fürst Windischgrätz nur dadurch unterdrücken konnte, daß er Prag bombar-i2. feierte. Noch ernsthafter standen die Dinge in Ungarn, dem ms! gestattet worden war, durch einen eigenen Vizekönig in Ofen regiert zu werden. Die Ungarn bestanden auch darauf, daß die Nebenländer (Kroatien, Slawonien, Siebenbürgen, Militärgrenze) mit Ungarn vereinigt bleiben sollten, wogegen die Kroaten unter dem Ban Jellachich (—tschitsch) sich wehrten. Der Advokat io.ok-Ludwig Kossuth wurde zum Diktator gewählt und das Haus 184& Habsburg der ungarischen Krone verlustig erklärt. Gegen die ^^kaiserliche Streitmacht, welche die Revolution bekämpfen sollte, er-1849. fochten die ungarischen Generale, namentlich Görgey und die Polen Bem und Dembinski, um so leichter glänzende Siege, als sie aus Ungant alle Hilfsmittel zum Kriege in reichlichem Maße bezogen. Da die Armee, welche unter Radetzky in Italien kämpfte, nicht abgerufen werden konnte und in Deutschland, Böhmen und Galizien ebenfalls bedeutende Streitkräfte notwendig waren, nahm der Kaiser, der sich selbst an die Spitze der in Ungarn operierenden Armee gestellt hatte, die Intervention Rußlands an. Der Generalfeldmarschall Fürst Paskewitsch führte eine russische Armee über die Karpathen nach der obern Donau. Nach mehrfachen Niederlagen trat Kossuth seine Diktatur an Görgey ab, der aber vor dem russischen General Rüdiger i3.Au-bei Vilagos die Waffen streckte. Die ungarische Verfassung 1849. wurde aufgehoben und Ungarn den übrigen Kronländern eingereiht. Da wenige Tage vor dem Siege bei Vilagos Viktor
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_I. Ferdinand_I. Franz_^i8?8?Joseph_I. Franz Kossuth Radetzky Fürst_Paskewitsch Kossuth Görgey
Extrahierte Ortsnamen: Wien Olmütz Wien Berlin Ungarn Prag Prag Ungarn Kroatien Slawonien Haus_184&_Habsburg Italien Deutschland Galizien Ungarn Donau Ungarn
158
Zweite Periode der neueren Geschichte.
Karl Xii.
rückt ins In-
nere von
Rußland
und wird bei
Pultawatotal
geschlagen
1709.
Karl flieht in
die Türkei,
erhält Hülfe
vom Sultan
an dem mühsamen Bau in morastigem Boden; viele erlagen dem
Sumpfsieber und den übermäßigen Strapazen. Da man anfangs nur
hölzerne Häuser baute, so konnte die Stadt schon im zweiten Jahre
nach der Gründung bewohnt und befestigt werden. Die Versuche der
Schweden, den Bau zu stören, blieben erfolglos. Da erschien (1708)
Karl nach seinem Abzüge aus Sachsen aus russischem Gebiet, nachdem
er die unwegsamsten Moräste unter Entbehrungen aller Art mit seinen
Truppen durchwatet hatte. Er gedachte zuerst graden Weges auf
Moskau loszugehen, um sich im Herzen Rußlands festzusetzen, allein
der Plan des ehrgeizigen Kosaken-Hetmans Mazeppa brachte ihn hiervon
wieder ab. Dieser war bisher dem Czaren zinsbar gewesen und hoffte
nun mit Karls Beistand sich in den unumschränkten Besitz der Ukraine *),
seines Gebietes, zu setzen. Er bot Karl X!k. ein Hülfscorps und Le-
bensmittel an, wenn er ihm die Ukraine verschaffe. Karl ging auf
diesen Vorschlag ein und brach nach der Ukraine auf, ohne seine frischen
Truppen abzuwarten, welche ihm der tapfere General Löwenhaupt zu-
führte. Peter der Große griff dieselben an, als sie über den Dniepr
gegangen waren, und trieb sie nach argen Verlusten vor sich her, bis
sie sich mit Karl vereinigten. Die Nachricht, daß der Czar mit einem
ungeheuren'heere herannahe, hatten Mazeppas Bemühungen, das Volk
der Ukraine aufzuwiegeln, gänzlich vereitelt. Noch wäre es Zeit für
Karl gewesen, umzukehren, aber Karl mochte nichts unternehmen, was
einer Flucht ähnlich sah, und marschirte auf Pultawa los. Wegen
Mangel an Geschütz konnte er jedoch nichts ausrichten; er verlor noch
obendrein die polnischen Hülfstruppen, welche zum Feinde übergingen,
und erhielt bei einem Ausfalle der russischen Besatzung einen gefähr-
lichen Schuß durch den Knöchel des linken Fußes. Zu allem Unglück
erschien noch Peter der Große mit 65,000 Mann. Jetzt kam es zur
unglücklichen Schlacht bei Pultawa, in welcher General Löwenhaupt mit
16,000 Mann das Gewehr strecken mußte und Karls Armee sich auflöste.
Karl überschritt nach dieser Niederlage die türkische Grenze und
bewog den Sultan, den Russen den Krieg zu erklären. Sobald diese
in die Moldau einrückten, traten ihnen 200,000 Türken entgegen und
umzingelten sie. Peter der Große sah den Augenblick herankommen,
wo er mit seinen Truppen entweder verhungern oder sich ergeben muffe.
Aus dieser Noth befreite ihn seine Gemahlin Katharina, eine kluge
Frau, welche eine Leibeigene gewesen und durch ihre Schönheit, sowie
*) Die Ukraine ist eine Landschaft in Rußland links am Dniepr; ihre be-
deutenste Stadt ist Charkow.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Karl Karl Karl Karl Mazeppa Karls Karl_X!k Karl Karl Karl Löwenhaupt Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karls Karl Karl Katharina
Extrahierte Ortsnamen: Rußland Schweden Sachsen Moskau Karls Ukraine Ukraine Pultawa Karls Rußland Charkow
264
Dritte Periode der neueren Geschichte.
Der Aufstand
der Griechen
1821-1827.
Die
Befreiung
Griechen,
lands vom
türkischen
Joche
Bundestag zu Frankfurt den 13. Artikel der Bundesacte von der Ein-
führung landständischer Verfassungen zur Berathung empfahl. Dieser
letzte schwierige Punkt veranlaßte noch im nämlichen Jahre einen be-
sonderen Ministereougreß sämmtlicher deutscher Bundesstaaten zu Wien,
dessen Beschlüsse als die Schlußakte des deutschen Bundes einstimmig
angenommen wurden. Sie zielten hauptsächlich dahin, den Landständen
der einzelnen Staaten, welche allmählich ins Leben traten, jegliche Ein-
mischung in allgemeine deutsche Angelegenheiten zu entziehen, sowie die
Souverainität den Ständen gegenüber durch Verheißung der Bundes-
hülfe zu heben.
Schon seit der Eroberung Constantincpels schmachteten unsere
Glaubensbrüder, die Griechen, unter dem Joche der Türken, des Erb-
feindes des Christenthums. 1814 war zu Wien zur Zeit des Congresses
von dem russischen Staatssecretär Grafen Capodistrias und dem in
Pisa lebenden Erzbischof Ignatius unter dem Namen Hetäria ein ge-
heimer Bund gestiftet worden, welchem nicht nur die angesehensten
Griechen, sondern auch einflußreiche Männer anderer Nationen ange-
hörten. Dem ursprünglichen Zwecke, das griechische Volk durch wissen-
schaftliche Lehranstalteu und Volksschulen zu bilden, gesellte sich bald
ein anderer bei, das türkische Joch von Griechenland abzuschütteln.
Man baute auf Hülfe von Rußland und auf die Ohnmacht der Türken.
Der Aufstand begann unter den Griechen in der Moldau und
Wallachei, wo der Sohn eines ehemaligen Hospodars der Wallache!,
Alexander Apsilanti, ein russischer Generalmajor, die Griechen zur Ab-
werfung des türkischen Joches aufforderte. Vou allen Seiten stürmten
heldenmüthige Schaaren zu seinen Fahnen, mit denen Npsilauti die
Türken zu bezwingen hoffte. Im Peloponnes, in Hellas und Thessalien,
auf den Inseln entbrannte zu gleicher Zeit der Aufruhr. Allein die
Griechen fanden nirgends Beistand, im Gegentheil erklärten die auf
dem Congresse zu Laibach versammelten Monarchen auf Metternichs
Rath, daß sie die revolutionäre Bewegung der Griechen nicht unter-
stützen würden. Bei Galacz und bei Dragaschau ward die heilige
Schaar der Hetäristen aufgerieben; Npsilauti floh nach Siebenbürgen,
wo er verhaftet wurde und vier Jahre in östreichischer Gefangenschaft
schmachtete. Der Sultan richtete nach diesen Vorgängen unter den zu
Constantinopel wohnenden Griechen ein furchtbares Blutbad an, weil
er sie mit den revolutionären Bewegungen ihrer Glaubensbrüder ein-
verstanden erklärte. Viele Familien wurden ermordet oder beraubt und
verbannt, der 72jährige Patriarch von Constantinopel am Ostertage
vom Hochaltare gerissen und mit seinen Bischöfen am Haupteingange
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Extrahierte Personennamen: Constantincpels Capodistrias Ignatius Hetäria Alexander_Apsilanti Alexander Metternichs
Rath
160 Makedonien. Thessalien. Albanien. §. 49.
reichste und gewerbsamste Provinz der europäischen Türket enthält deren
zweite Handelsstadt, Saloniki (70,000 E.), außerdem Ser es, den
Mittelpunkt des türkischen Baumwollehandels.
3. Thessalien, südlich von Macedonien, hat ebenfalls nach allen
Weltgegenden hin sehr bestimmte Naturgrenzen und bildet nach seiner
jetzigen Begrenzung im S. durch den Othrys ein kesselartiges, an allen
Seiten durch steile, hohe Gebirgsmauern geschütztes, fruchtbares Becken,
welches ehemals ein See gewesen sein soll, bis eins der in Griechen-
land nicht seltenen, gewaltsamen Erdbeben den Ossa vom Olympus
trennte und der, alle Gewässer des Landes in sich ausnehmenden Salam-
brta (Peneus) durch das enge, malerische Thal Tempe einen Ausgang
verschaffte. In diesem Flußthale liegt Larissa (25,000 E.). die wich-
tigste Stadt dieser wohlangebauten und zugleich durch überseeischen Han-
del wie durch eine beschränkte Industrie blühenden Landschaft. Die Berg-
völker Thessaliens sind zum Theil räuberische Kriegerstämme, wie die
K l e p h t e n.
4. Albanien, bewohnt von dem halbcivilisirten, kriegerischen
Volke der Ar narrten (oder Skipetaren, d. h. Felsbewohner), welche
theils untereinander in beständigem Kriege leben (daher bestellt der Land-
mann seine Aecker mit dem Schwert in der Hand und verbirgt seine
Ernten unter der Erde), theils auswandern und den besten Theil der
ägyptischen und türkischen Heere ausmachen. Ihre fast vollständige Un-
abhängigkeit verdankt die Landschaft der erschwerten Zugänglichkeit der-
selben, da sie an drei Seiten von hohen Gebirgen umwallt ist und an
der vierten, der Seeseite, theils seichte Gewässer (in Oberalbanien), theils
steile, klippenreiche Küsten (in Niederalbanien) ebenfalls natürliche Schutz-
wehren bilden. In Oberalbanien (Jllyrien) liegt außer der Haupt-
stadt S k o d r a (Skutari am See gl. N.) die befestigte Hafenstadt
D u r a z z o (Dyrrachium) an der flachen Meeresküste, welche größeren
Fahrzeugen die Annäherung versagt, weshalb die Stadt früher, als man
noch weniger tiesekngehende Schiffe gebrauchte, bedeutender war. —
Niederalbanien (Epirus) wurde schon im Alterthum wegen seiner
wilden, schauerlichen Naturformen, der durch Erdbeben und vulkanische
Thätigkeit zerklüfteten Kalkgebirge mit verschwindenden und wieder er-
scheinenden Flüssen und mit Seen ohne Abfluß als das Land betrachtet,
wo der Eingang zur Unterwelt sei und daher epirotischen Flüssen die
Namen Achareon und Cocytus bcigelegt. Die Hauptstadt Janina liegt
in der Nähe eines solchen Sees ohne sichtbaren Abfluß, die Hafenstadt
Arta nahe am Busen gl. N. Ganze Districte sind verödet, wie der
der Sulioten am Acheron heute nur eine Felsenwüste ist.
5. Bosnien erhält (wie Serbien) seine Bedeutung als schützen-
des Vorland der Türkei (gegen Oesterreich) durch die gedrängte Anhäu-
fung vielfach verzweigter Bergmassen. Als solches wurde diese verhält-
nißmäßig stark bevölkerte Provinz von der türkischen Regierung stets
mit besonderer Schonung behandelt und den Bosniaken eine Selbstver-
waltung unter (36) eingebornen Häuptlingen gelassen. Die Hauptstadt
ist Bosna Serai oder Serajewo (70,000 E.), der.mittelpunkt
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 157
nun mit Karls Beistand sich in den unumschränkten Besitz der Ukraine*), seines Gebietes, zu setzen. Er bot Karl Xii. ein Hülfscorps und Lebensrnittel an, wenn er ihm die Ukraine verschaffe. Karl ging auf diesen Vorschlag ein und brach nach dort auf, ohne feine frischen Truppen abzuwarten, welche ihm der tapfere General Lewenhaupt zuführte. Peter der Große griff diese an, als sie über den Dniepr gegangen waren, und trieb sie nach argen Verlusten vor sich her, bis sie sich mit Karl^vereinigten. Die Nachricht, daß der Czar mit einem ungeheuren Heere herannahe, hatte Mazeppa's Bemühungen, das Volk der Ukraine aufzuwiegeln, gänzlich vereitelt. Noch wäre es Zeit für Karl gewesen, umzukehren, aber er mochte nichts unternehmen, was einer Flucht ähnlich sah, und marfchirte auf Poltawa los. Wegen Mangels an Geschütz konnte er jedoch nichts ausrichten ; er verlor noch Pm^^iotal obendrein die polnischen Hülsstruppen, welche zum Feinde übergingen, geschlagen und erhielt bei einem Ausfalle der russischen Besatzung einen gefähr= 1709' liehen Schuß durch den Knöchel des linken Fußes. Zu allem Unglück erschien nun Peter der Große mit 65,000 Mann. Jetzt kam es zur unglücklichen Schlacht bei Poltawa, in welcher General Lewenhaupt mit 9000 Mann das Gewehr strecken mußte und Karls Armee sich auflöste.
Karl überschritt nach dieser Niederlage die türkische Grenze und 1^"’ bewog den Sultan, den Russen den Krieg zu erklären. Sobald diese erhält Hülfe in die Moldau einrückten, traten ihnen 200,000 Türken entgegen und com <Suitan' umzingelten sie. Peter der Große sah den Augenblick herankommen, wo er mit seinen Truppen entweder verhungern oder sich ergeben müsse.
Aus dieser Noth befreite ihn seine Gemahlin Katharina, eine kluge Frau, welche eine Leibeigene gewesen und durch ihre Schönheit, sowie durch ihr einnehmendes Wesen zur Kaiserin erhoben worden war. Sie übersandte, um ihren Gemahl zu retten, ihre Juwelen nebst einer roirb a6er bedeutenden Summe Geldes dem Großvezier und bewog ihn zum v. Katharina Frieden. Karl tobte vor Wuth, als er den Abschluß des Friedens uberilftet vernahm, vermochte jedoch nichts mehr wider den Czaren. $ie ^
Auf die Nachricht von Karls Niederlage bei Poltawa regten sich u. Sachsen brauch seine Feinde in Sachsen und Dänemark aufs neue. König August ^Niederla^ bemächtigte sich der polnischen Krone wieder, allein die Dänen fanden tapferen Widerstand. Auch neue Feinde rüsteten sich, Preußen, England und Holland. Peter der Große versuchte den Sultan durch fünf Mil-
*) Die Ukraine ist eine Landschaft in Rußland links am Dniepr; ihre bedeutendste Stadt ist Charkow.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
Extrahierte Personennamen: Karls Karl_Xii Karl Karl Karl Karl Peter_der_Große Karls Karl Katharina Katharina Karl Karl Karls August
Extrahierte Ortsnamen: Karls Poltawa Poltawa Karls Karls Poltawa Sachsen Sachsen England Holland Charkow
Von der ersten französischen Revolution bis zur Gegenwart. 265
Walachei, wo der Sohn eines ehemaligen Hospodars der Walachei, Alexander Dpsilanti, ein russischer Generalmajor, die Griechen zur Ab-werfung des türkischen Joches aufforderte. Von allen Seiten strömten heldenmüthige Scharen zu seinen Fahnen, mit denen Dpsilanti die Türken zu bezwingen hoffte. Im Peloponnes, in Hellas und Thessalien, auf den Inseln entbrannte zu gleicher Zeit der Aufruhr. Allein die Griechen fanden nirgends Beistand, im Gegentheil erklärten die auf dem Congresse zu Laibach (1821) versammelten Monarchen auf Metternichs Rath, daß sie die revolutionäre Bewegung der Griechen nicht unterstützen würden. Bei Galacz und bei Dragetschan ward die heilige Schar der Hetäristen aufgerieben; Apsilanti floh nach Siebenbürgen, wo er verhaftet wurde, um 6 Jahre lang in österreichischer Gefangenschaft zu schmachten. Der Sultan richtete nach diesen Vorgängen unter den zu Konstantinopel wohnenden Griechen ein surcht-bares Blutbad an, weil er sie mit den revolutionären Bewegungen ihrer Glaubensbrüder einverstanden erklärte. Viele Familien wurden ermordet oder beraubt und verbannt, der 72jährige Patriarch von Konstantinopel am Ostertage 1821 vom Hochaltare gerissen und mit seinen Bischöfen am Haupteingange seiner Kirche aufgehängt, diese selbst nebst 15 anderen dem Boden gleichgemacht. Die Fürsprache Rußlands und Oesterreichs blieb unbeachtet.
Die Wuth der Türken gegen die Griechen fachte den Aufstand nur noch heftiger an. Zu Wasser und zu Lande brach der Krieg aus und wurde auf beiden Seiten mit der heftigsten Erbitterung und der furchtbarsten Grausamkeit geführt. Am glücklichsten waren die Griechen zur See. Mit ihren kleinen, gefährlichen Brandern fuhren sie an die feindlichen Schiffe heran und steckten sie in Brand; unter Canaris Sachturis und Miaulis verrichteten sie Thaten, welche ihrer Vorfahren würdig waren. Der Kapudan Pascha, Admiral der türkischen Flotte, hatte auf der Insel Ehios fast alle Griechen, Männer, Frauen, Greife und Kinder, ermorden lassen. Er ward von der griechischen Flotte angegriffen und mit feinem Admiralschiffe in die Luft gesprengt. Gleiches Schicksal traf seinen Nachfolger. Im Landkriege zeichneten sich Demetrius Ipsilanti, Odysseus, Niketas, die Brüder Marko und Noto Bozzaris, Guras, Kolokotroni und Maurokordato aus und entrissen den Türken den größten Theil von Morea.
Der Heldenmuth und die Selbstverleugnung der Griechen erregte in ganz Europa neben hoher Bewunderung innige Theilnahme. Es bildeten sich allenthalben Vereine zur Unterstützung der Griechen mit Waffen, Geld und anderen Bedürfnissen, und viele für die griechische
Die Befreiung Griechenlands vom türkischen Joche
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Dpsilanti Alexander Canaris_Sachturis Kapudan_Pascha Demetrius_Ipsilanti Niketas Marko Noto_Bozzaris Morea
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Wittgensteins Oberbefehl gegen die Türken über die Donau, eroberten 7 Donaufestungen und das noch nie genommene Varna am schwarzen Meere (1828). Im folgenden Jahre übernahm General Diebitsch das Commando der Russen, schlug den Großvezier bei Schumla, erstürmte Silistria, überstieg den Balkan und rückte nach Konstantinopel vor, während Fürst Paskiewitsch Eriwansky Erzerum in Kleinasien eroberte.
In dieser Noth bequemte sich der Sultan zum Frieden von Adrianopel (1829), worin er die Unabhängigkeit der Griechen anerkennen, den Russen aber die freie Schiffahrt auf der Donau und in den Dardanellen , sowie die Schutzherrschaft über die Donausürstenthümer einräumen mußte.
Noch waren die inneren Angelegenheiten Griechenlands nicht ge-ordnet. Das Volk war insbesondere mit der Strenge des Präsidenten wird Kömg Kapodistrias unzufrieden, welcher zuletzt (1831) ein Opfer des Meu- 6lie^*Iani) chelmordes wurde. Die Großmächte, welche Griechenlands Unabhängigkeit durchgesetzt hatten, ordneten nun auch die äußeren und inneren Verhältnisse des neuen Staates und bestimmten, daß der Peloponnes, die Inseln des Archipels mit Ausnahme von Samos und Candia, und Hellas vom Busen von Volo bis zu dem von Zeitun dazu gehören sollten. Nachdem der Prinz Leopold von Sachsen-Coburg die Krone des neu gegründeten Königreichs ausgeschlagen hatte, übertrugen sie dieselbe dem Prinzen Otto von Baiern, welcher sie 1833 unter höchst unglücklichen Verhältnissen übernahm. Er regierte bis 1862, wo ihn eine Empörung aus dem Lande vertrieb. Im Jahre 1863 bestieg Prinz Wilhelm Georg von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücks-burg, der zweite Sohn des jetzigen Königs von Dänemark, als Georg I. den erledigten griechischen Thron. Ihm trat auch England die bisher unter seinem Schutze stehenden jonischen Inseln ab; dagegen mißlang eine von den Griechen angestiftete und unterstützte Insurrektion der Insel Kreta (Candia), die somit den Türken erhalten blieb.
Auch auf der apenninischen Halbinsel war der Zeitraum von 1820 bis 1830 ein bedenklicher. Ueber Neapel und Sieilien herrschte nach ®ie Mec0lu’ Murats Vertreibung^) König Ferdinand Iv. aus dem bourbonischen pel und Stamme. Das Volk, mit der Regierung desselben höchst unzufrieden, @icuien-begehrte eine neue Verfassung, während der geheime Bund der Car-
*) Nach seiner Vertreibung hatte Mnrat den Versuch gemacht, mit einer zusammengerafften Schar sein Königreich wieder zu gewinnen; er ward jedoch ergriffen und als Aufrührer erschossen (15. Oktober
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Extrahierte Personennamen: Diebitsch Schumla Paskiewitsch_Eriwansky_Erzerum Kömg_Kapodistrias Leopold_von_Sachsen-Coburg Leopold Otto Wilhelm_Georg_von_Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücks-burg Wilhelm Ferdinand_Iv Ferdinand