Das oströmische Reich bis zum Ende des elften Jahrhunderts- 279
Von dauernder Wirkung war, daß unter Constantin durch den Patriarchen
Michael Cärularius das Schisma erneuert wurde. Vergeblich suchte
Papst Leo Ix. denselben zur Einheit der Kirche zurückzuführen, und
obgleich der nächste Kaiser den Patriarchen absetzte, wurde die der Kirche
geschlagene Wunde nicht mehr geheilt. Die Trennung der griechischen
Kirche von der katholischen, die auch das kirchliche Schicksal Rußlands
entschied, war vollendet zu der Zeit, als der Islam durch die Seld-
schuken eine neue Macht erhielt.
5. Nachdem Constantin, der die Zoe überlebte, im Jahre 1054
gestorben war, bemächtigte sich Zoe's Schwester Theodora der Gewalt
und ernannte einen Nachfolger in der Person des Feldherrn Michael Vi.
Stratiotikus. Doch Unzufriedenheit in den Heeren des Ostens berief
in Paphlagonien den tapfern Feldherrn Isaak aus dem mächtigen Hause
der Komnenen zur Negierung, und ein Sieg bei Nicäa stürzte den Gegner,
worauf Isaak im Jahre 1057 in die Hauptstadt einzog und die Krönung
empfing. Das neue Haus, welches in Besitz der Kaiserwürde gekommen
war, befestigte sich in deren Besitz erst, nachdem die Reihe der aus ihm
stammenden Herrscher nach Isaak noch durch vier ihm fremde Herrscher in
Folge von Ereignissen, in welchen sich immer das alte Spiel von Ränken
im Palaste und Empörungen im Heere wiederholt, unterbrochen worden
war. In den Beginn der Begebenheiten, welche mit dem Schlüsse des
elften Jahrhunderts die Gestalt der Welt zu verändern anfangen, fällt die
Regierung des zweiten Komnenen Alerius (1081—1118), eines Neffen
Isaaks. In kleinliche Angelegenheiten verwickelt, steht er zwischen dem
Andrange des Sultans von Jkonium und des normannischen Herzogs
und sieht Italien ganz, Kleinasien fast ganz verloren. Zugleich wurde
nach Nordwesten hin, wo slavische Staaten nur in halber Abhängigkeit
von dem Reiche gestanden, durch zwei neu emporstrebende Mächte der
Einfluß und das Gebiet des Reiches geschmälert. Der König Ladislaw
von Ungarn streckte die Hand nach den Ländern der Kroaten und der
Slavonier. Diese Völker wohnten südwärts der Drau und an der
adriatischen Küste hin und durch ihre Sprache weisen sic sich aus als
Angehörige des servischen Stammes, obgleich der Name Kroatien sich
in der Folge auf einen Theil der zwischen Drau und Sau wohnenden
Bevölkerung beschränkt hat, der mit den Nachkommen der karantani-
schen Slaven eine besondere slavische Sprache, die slavonische, theilt.
Den ungarischen Ansprüchen auf diese Gebiete begegnete der venetianische
Staat. Dieser hatte, in die Mitte zwischen das westliche und östliche
Europa gestellt und durch Handel und Seemacht reich und mächtig ge-
worden, bei einer lange dem Namen nach fortdauernden Abhängigkeit von
dem oströmischen Reiche, endlich eine selbstständige Stellung erworben.
Der Doge, das Oberhaupt des Staates, hervorgegaugen aus dem kai-
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Extrahierte Personennamen: Constantin Michael_Cärularius Leo_Ix Leo Constantin Theodora Michael_Vi Isaak Isaak Isaak Isaak Isaak Isaak Alerius Isaaks Isaaks
Extrahierte Ortsnamen: Nicäa Jkonium Italien Kleinasien Ungarn Kroatien Europa
368 Das römisch-deutsche Reich im Zeitalter der Kreuzzüge.
einer Reise nach Bremen, wo er im Aufträge des Papstes Clemens Iii.
zum Bischöfe Liflands geweiht worden war, zurückkehrte, fand er die
junge Pflanzung von dem Grimme der Heiden zertreten. Papst Cöle-
stinus Iii. ließ das Kreuz gegen die nordischen Heiden predigen und
unter dem Schutze der Waffen konnte das Bekehrungswerk von Neuem
beginnen. Doch da die Heere immer bald wieder heimkehrten, entschloß
sich Meinhards Nachfolger zur Gründung eines Ritterordens, der,
während die Kreuzzüge fortdauerten, stets zum Schutze des Christen-
thums bereit wäre. So entstanden die Brüder des Ritterdienstes Christi,
nach dem Schwerte, dessen Zeichen sie neben einem schwarzen Kreuze
auf weißem Mantel trugen, die Schwertbrüder genannt. Als fester
Stützpunkt ward im Jahre 1200 die Stadt Riga gegründet. Die
Eroberung des Landes gelang ungeachtet der Angriffe, welche die benach-
barten Lithauer, Eftheu und Russen machten, und ungeachtet der zwi-
schen dem Bischöfe und dem Orden eintretenden Mißhelligkeiten. Selbst
das nördlich benachbarte Efthland, von einem Volke finnischen Stammes
bewohnt, ward bis zum Jahre 1217 mit Hülfe des Dänenkönigs Wal-
demar Ii. unterworfen, der dem Orden nur einzelne Striche abtrat.
Durch die Begründung des Christenthums in Lifland wurden die Preußen,
an deren Bekehrung von Polen aus schon lange ohne nachhaltigen
Erfolg gearbeitet worden war, von christlichem Gebiete umschlossen, zu-
mal sich die südwestlich von Lifland wohnenden Kuren ebenfalls dem
Christenthume unterwarfen. Es erwachte ein neuer Eifer für die Be-
kehrung dieses heidnischen Volkes. Der Mönch Christian aus dem
pommerischen Kloster Oliva trat als Glaubeusbote auf und erfreute sich
der Unterstützung des Herzogs Konrad, der in dem vielfach getheilten
Polen Masovien als besonderes Gebiet beherrschte. Christian, der von
Innocenz Iii. zum Bischöfe des Landes geweiht worden, fand aber bald
gleichen Widerstand, wie Meinhard in Lifland, und suchte auf demselben
Wege eine Hülfe, indem er einen Ritterorden stiftete, der die Regel der
Templer erhielt und nach einer mit Hülfe Herzog Konrads erbauten
Burg der Orden von Dobrin genannt wurde. Doch die furchtbaren
Preußen vertilgten in einer Schlacht fast den ganzen Orden und machten
nicht bloß in Masovien, sondern auch in Pommern, wo das Kloster
Oliva ihnen im Jahre 1224 erlag, Raubzüge. Nun warf der Bischof
Christian seinen Blick auf die deutschen Ritter, und in seinem und Herzog
Konrads Namen ging eine Gesandtschaft nach Italien zu Hermann von
Salza, erhielt gegen das Versprechen, dem Orden ein an der Nordwest-
grenze Masoviens gelegenes Gebiet, das Land nördlich von dem Flusse
Drewenz, abzutreten, dessen Zusage sowie die päpstliche Einwilligung,
und Kaiser Friedrich bestätigte im Voraus dem Orden den Besitz aller
zu machenden Eroberungen, wie es vorher Philipp und Otto Iv. den
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Extrahierte Personennamen: Clemens_Iii Meinhards Christian Konrad Konrad Christian Innocenz_Iii Innocenz Meinhard Konrads Konrads Christian Konrads Konrads Hermann_von
Salza Friedrich Friedrich Philipp Philipp Otto
550 Die pyrenäische Halbinsel, Skandinavien und Rußland rc.
die seine Alleinherrschaft über die Russen außer Zweifel setzte. Die
Vollendung seines Werkes erheischte Sorgfalt für die Ausbildung aller
Thätigkeiten des Volkes, durch welche das Bedürfniß der Ordnung ge-
steigert, und dem Herrscher größere Mittel zur Verfügung gestellt wer-
den. Er bemühte sich daher aus der Fremde Leute zu gewinnen, welche
Landbau und Gewerbe in lebhafteren Betrieb brachten. Eine Menge
von Familien aus Nowgorod wurde nach Moskwa versetzt, um hier
unter slavische Bevölkerung gemischt ihrer Vaterstadt, wo sie durch
slavische Ansiedler ersetzt wurden, die Kraft des Widerstrebens zu ent-
ziehen, und den neuen Wohnort zu einem Ausgangspunkte für Civilisation
machen zu helfen. Für die Zukunft sorgte ein Gesetz über die Untheilbar-
keit des Reiches, und da Conftantinopel die Hauptstadt des griechischen
Reiches und die Metropole der griechischen Kirche zu sein aufgehört
hatte, ward der Selbstherrscher aller Russen, der zu Moskwa in dem
von ihm erbauten Schlosse des Kreml wohnte, nicht allein der mächtigste
Fürst des Ostens, sondern auch der Schirmherr der Kirche seines Landes,
so daß die griechische Kirche für den Umfang des russischen Reiches ihr
geistliches Oberhaupt nun nicht mehr in dem Erzbischöfe von Kiew,
sondern in dem Patriarchen von Moskwa hatte, und für den russischen
Zweig der griechischen Kirche der Wille des neuen Schirmherrn so be-
stimmend wurde, als es einst für die gesammte griechische Kirche der
Wille des Kaisers zu Conftantinopel gewesen war.
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Extrahierte Ortsnamen: Skandinavien Moskwa Moskwa Kiew Moskwa
6. Der deutsche Handel u. d. Reichtum d. deutschen Städte z. Zeit d. Hansa. 59
wurden in der Regel von der Stadt bewaffnete Schiffe, Orlogschiffe oder
Friedenskoggen genannt, zum Schutze beigegeben.
Die meisten Geschäfte nach dem Auslande betrieb Danzig in Ver-
bindung mit Lübeckern oder wenigstens unter Mitwirkung von Lübeck,
dessen Handelsblüte vornehmlich auf seinem lange Zeit hindurch fast aus-
schließlichen Handel über Riga, Reval, Dorpat, Nowgorod und andere
Niederlassungen der Russen beruhte. Unter Lübecks Vermittlung wurden
die russischen Rohprodukte, vereint mit den Erzeugnissen der polnischen
und litauischen Ebenen, Holz, Asche, Teer, feinere und gröbere Pelz-
waren, Felle und Leder, Wachs und Honig, Fettwaren und Fleisch, Ge-
treide, Flachs und anderes in den Westen vertrieben, und dagegen die
Natur- und Kunsterzeugnisse Deutschlands, Flanderns und Englands
zurückgebracht. Das berühmte lübische Bier wurde durch den ganzen
Norden verschickt. Der Fremden- und Geschäftsverkehr in Lübeck belebte
sich immer mehr, weil Lübeck unter allen baltischen Plätzen der Haupt-
hafen war für die großen Züge von Kaufleuten, Handwerkern, Rittern
und anderen Reisenden, welche bis ins 16. Jahrhundert hinein jährlich
nach Livland gingen oder von dort zurückkehrten. Lübeck allein, rühmte
Äneas Sylvius im Jahre 1458, sei „an Reichtum und Macht so gewaltig,
daß die Königreiche Dänemark, Schweden und Norwegen gewohnt wären,
auf seinen Wink Könige anzunehmen und abzusetzen".
Sehr bedeutend war z. B. auch der Handel von Breslau. Durch
seine Handelslinien auf Wien und Preßburg übernahm Breslau die Ver-
mittlung zwischen der Ostsee und der Donau, knüpfte zugleich durch
Böhmen und Sachsen über Prag und Dresden bis nach Leipzig das Ober-
elbgebiet und mit diesem die aus Oberdeutschland herabziehenden Linien
an die Oder, und gewann mit Stettin für den gesamten Handel des
Odergebietes eine hervorragende Stellung.
Nicht minder großartig war die Stellung der sächsischen, rheinischen,
oberalemannischen und süddeutschen Handelsstädte. „Köln ist durch seinen
ausgebreiteten Handel und seine unermeßlichen Reichtümer", schreibt Wim-
pheling, „die Königin des Rheins. Was soll ich von Nürnberg sagen,
welches fast mit allen Ländern Europas Handelsverbindungen unter-
hält und seine kostbaren Arbeiten in Gold und Silber, Kupfer und
Bronze, Stein und Holz massenhaft in allen Ländern absetzt? Es
strömt dort ein Reichtum zusammen, von dem man sich kaum eine rechte
Vorstellung machen kann. Ein Gleiches gilt von Augsburg. Das viel
kleinere Ulm nimmt jährlich, sagt man, mehr als eine halbe Million
Gulden an Handelsgefällen ein. Auch die elsässischen Städte treiben
einen äußerst gewinnreichen Handel, und insbesondere ist Straßburg un-
gemein reich."
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]