— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
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Vii. Die Ausbreitung des Deutschtums im Mittelalter.
89
Bauern in völlige Abhängigkeit zu bringen. Sie waren nunmehr „an die Scholle gebunden" und wurden in steigendem Maße zu Frondiensten verpflichtet. Aus dieser Lage sind sie erst durch die Bauernschutzpolitik der großen Lohenzollernkönige des 18. Jahrhunderts und durch die Äardenbergsche Reform befreit worden.
Das Dorfbild hatte auf dem Kolonialboden eine andere Gestalt als im alten Deutschland. Während hier infolge der un» regelmäßigen Gewanneinteilung das „Laufendorf" mit seiner regellosen Mannigfaltigkeit herrschte, wurde im Kolonialgebiet das Dorf entweder im Anschluß an die slavische Anlage als „Rundling" um einen Dorfplatz angelegt, oder aber die Gehöfte zogen sich in regelmäßigen Abständen an der Straße hin, die sich in der Mitte meist zu einem länglichen Platz erweiterte, auf dem die Kirche und die Dorfschmiede standen. In diesen Straßen- oder Fadendörfern lagen die Acker größtenteils in unmittelbarer Rahe des Äauses, ein großer Vorteil gegenüber der „Streulage", die im alten Deutschland herrschte; der Flurzwang fiel dadurch ohne weiteres fort.
Eine Ausrottung der slavischen Einwohner hat nicht stattgefunden. Teilweise mögen sie weiter nach Osten ausgewandert sein, zum größten Teil aber sind sie langsam zu Deutschen geworden. Im Anfang des 16. Jahrhunderts war in Brandenburg der Slave vom Deutschen noch deutlich zu unterscheiden, und noch nach der Einführung der Reformation ist in der Lickermark wendisch gepredigt worden. Brs heute hat sich ein Rest der alten Bevölkerung noch im Spreewald erhalten.
3u blutigen Kämpfen ist es nur an der Ostseeküste jenseits der Werchselmundung bis zum Finnischen Meerbusen hin gekommen. Die Preußen hat seit etwa 1230 der Deutsche Ritterorden zu Deutschen und Christen gemacht. Lier ist allerdings die eingesessene Bevölkerung, nachdem sie erbitterten Widerstand geleistet, zum Teil ausgerottet worden. Vom Kulmer Lande her drangen die Deutschen Äerren, die von den polnischen Grenzherzogen gegen die wilden Nachbarn zu Lilfe gerufen waren, allmählich vor, zunächst im Weichseltale, dann auch nach Nordosten zu. Jede neue Eroberung wurde durch den Bau einer Burg gesichert, von der aus ritterliche Brüder ine Herrschaft des Ordens hüteten und ausübten. Ringsum legten häufig Handel- und gewerbtreibende Bürger eine Stadt an, und das Land zwischen Weichsel und Memel wurde mit Rittern und Bauern aus allen deutschen Gauen besetzt. Seit 1309 war die Mantnbm Äochmeisterfitz. Zn Kurland und Livland, dem Sitze des ursprünglich hanseatischen Ordens der Schwertbrüder, der sich bald mit den Deutschstem vereinigte, kam es freilich zu keiner Ansiedlung
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Brandenburg Finnischen_Meerbusen Weichseltale Weichsel Kurland Livland
Preußen, Pommern, Mecklenburg in sich gegliedert durch die
parallelen Durchbrüche der Weichsel und Oder und durch deren
und des Pregel und Niemen breite und fette Niederungen. Die
bedeutendste Entwicklung im deutschen Ordenslande*).
Sein Vorland an der Straße von Marienburg nach Königs-
berg und von da über Tilsit nach Livland reicher geschicht-
licher Boden, im Inneren noch nicht ausgeglichene Gegensätze der
Kultur zwischen den deutschen Städten und der lettischen und
slavischen (masurischeu) Landbevölkerung; ähnlicher Gegensatz an
der Grenze Pommerns (Kassuben) und Westpreußens, eine Nach-
Wirkung des der deutsch-evangelischen Kultur feindlich entgegen-
getretenen Thorner Friedens. Das übrige Küstenland vollständig
germanisiert.**) Im insularen***) Holstein und Schleswig
(Stecknitzkanal, Eiderkanal, Isthmus zwischen Schleswig und
Tondern, Dannewirk) begleitet die Seeplatte oft mit lieblichen
Waldlandschaften die Ostküste, dahinter die Geest, auf ihr die
Verbindung nach dem N., westlich zur Nordseeküste friesisches
Marschland bis Ditmarschen. Der Zusammenhang mit der
offenen Nordsee durch die Batten gehemmt, der Nordseehafeu
Altona neben Hamburg; der Schwerpunkt des Landes an
der den nahen dänischen Inseln ähnlichen Ostseeküste. Der durch
die Dynastie geförderte langdauernde Zusammenhang mit Däne-
mark durch Preußen gelöst. Stammland dieser Dynastie, die
auch in Rußland und Griechenland (eine Zeitlang auch in Schwe-
*) Die Bewohner des polnischen Sumpflandes kannten und nützten die
günstige Lage und Beschaffenheit ihres Mündungslandes Preußen nicht;
deutsche christliche Ritterschaft im Bunde mit den Seestädten zogen es in
das Bereich deutscher Kultur. Nach langer Störung durch die Polnische
Herrschaft wurde diese Aufgabe durch die Hohenzolleru wieder aufgenom-
men und auf das Hinterland ausgedehnt. Anfiedlung der evangelischen
Salzburger in Ostpreußen durch Friedr. Wilh. I., Kultur des Netzedistricts
durch Friedrich d. Gr.
**) Die den Littanern verwandten, den Reußen anwohnenden Preußen
haben durch ihren ruhmvollen Widerstand ihren Namen verewigt; auch das
treue deutsche Pommerland ist stolz'auf seinen Namen (am Meere); Meck-
lenbnrg hat Slavisches in dem Dienstverhältniß der Landbevölkerung bewahrt,
Wagrien (östliches Holstein) selbst den Namen Stargard in Oldenburg über-
setzt. Ratzeburg-Ratibor.
***) Daher zum Theil der Partikularismus der Bewohner. Die Knicks
Erinnerungen an altsächsische Abgeschlossenheit. Altsächsisches auch im
Bau der Bauernhäuser, die wie in Westfalen auch das Vieh unter ihrem
Dache bergen: engste Concentration des freien Besitzes (weit verschieden
von den Wohnungen der slavischen Bauern).
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— 111 —
Gora)*) an die Karpathen anlehnend, im N. durch die Depression
des Narew von der baltischen Seenplatte geschieden, dazwischen
etwas gehoben der Getreide- und Waldboden, in dessen Mitte
Warschau.
b. Das Gebiet des schwarzen Meeres. Das Quell-
gebiet des Dnjepr (Borysthenes), den Pripät entlang (Rokit-
nofümpfe) bis zu deu höhern Sandufern der Beresina ein uuge-
heuerer waldiger Morast, dessen Wassermassen der Dnjepr durch
die niedere, aber hügelige Ukrain e (Pultawa) von Kijew, dem
hochgelegenen Mittelpunkte dieses Flußgebietes an über lange
und gefährliche Stromschnellen den pontischen Steppen und dem
Meere zuführt. Mit der Stadt Kijew steigt auf dem rechten
Ufer wieder der Landrücken an, der nun ohne Steppen durch
das fruchtbare Podolien und Wolyuieu in das verwandte
Galizien und Polen zieht. Zwischen Dnjester und Pruth
das walachische Bessarabieu (Bender), die äußerste Karpa-
theuterrasse bis zur Küste. Im Mündungsgebiet zwischen Dnje-
ster und Bug (mit deutschen Kolonieen) Odessa, die neue
politische Großstadt, und hinter dem Bug verdeckt der seit Seba-
stopols Fall gegründete Kriegshafen Nikolajew. — Die über
den schmalen Isthmus von Perekop durch die Krim (Cherson-
nesus Taurica) ziehende tanrisch e Steppe endigt im S. in
einer lieblichen, seit ältester Zeit besungenen, malerischen Gebirgs-
landschast, mit mehrern vor den pontischen Stürmen gesicherten
Häsen, den Emporien für das skythische Hinterland, daher von
Griechen, Gothen, Genuesen, Tataren und Russen**) besetzt, ein
farbenreiches Geschichtstableau in eintöniger Umgebung. — Der
Don (Tanais) fast ein Nebenfluß der Wolga; uur die schmale
Wolgahöhe in der Nähe der Herrnhuterkolouie Sarepta hin-
dert das Zusammenströmen und zwingt ihn, die palus Maeotis
immer weiter mit seinem Schlamme auszufüllen. Sein Ufer-
*) Höchster Theil des südlichen Landrückens überhaupt, bis 2000' auf-
steigend , mit wirklichem Gebirgscharakter. Er nöthigt die Weichsel zu der
großen östlichen Ausbiegung. Im Westen ^begrenzt ihn die Warta, im
Norden die Pilica.
**) Der Besitz der Krim (Sinope gegenüber) eine Lebensfrage für Ruß-
lands Macht. — Von hier gieng die venetianische und genuesische Karawa-
neustraße über Sarepta (den Tragplatz) in die Steppen Asiens nach Indien
und China. Damals zahlte Kaffa um asowschen Meere 100000 Ew., in
derselben Zeit, wo auf der nördlichen Handelsstraße zwischen Byzanz und
der Ostsee Kijew 200000, Nowgorod 400000 Ew. hatte.
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— 100 —
entwickelt ist. Sie beschränkt sich namentlich auf die Verarbeitung von
Wolle, Baumwolle und Leder (Juchten- und Saffianleder).
e) Handel und Verkehr. Der Handel Rußlands wird durch die große Zahl
schiffbarer Flüsse und Kanäle, die sogar den Schiffsverkehr von einem Meer zum
andern ermöglichen, begünstigt. Er wird gehemmt: L durch die allzu großen Ent-
fernungen und die weiten Umwege, 2. durch die Einmündung der Flüsse in ent-
legene Binnenmeere und 3. durch die im Winter eintretende Vereisung der nörd-
lichen Meere. Ebenso bereiten Sümpfe, Wälder und Steppen in einzelnen Landes-
teilen dem Verkehr große Hindernisse. In den letzten Jahrzehnten hat man jedoch
durch Straßen und Eisenbahnbauten viel für die Erschließung des Landes getan.
Es ist durch die sibirische Bahn selbst mit der fernen Ostküste Asiens verbunden. —
Rußland erhält von Asien hauptsächlich Baumwolle, Rohseide und Tee; es liefert
an Westeuropa seine Rohprodukte und bezieht von diesem — namentlich von Deutsch-
land, England, Belgien und Holland — Maschinen, Fabrikate und Kolonialwaren. —
f) Bevölkerung. Im Innern und im Süden des Landes wohnen die Russen
und das Reitervolk der Kosaken. Sie sind (wie die Polen im Weichselgebiet)
Slawen. — An den Grenzen finden wir ein buntes Völkergemisch: Deutsche
an der Ostsee, in den großen Städten des Landes und in den Ackerbaukolonien
Südrußlands und des Wolgagebiets, Mongolen im Norden und Osten, tür-
kische Stämme im Südosten. — Die Russen sind durchweg griechisch-katholisch,
die Polen römisch-katholisch, die Deutschen lutherisch.
§ 103. Das Königreich Rumänien.
<So groß wie Süddeutschland und die Provinz Hessen-Nassau. 6,3 Mill. Einw.)
Es nimmt den südwestlichen Teil des russischen Tieflands ein und
zerfällt in zwei Provinzen: die Moldau mit der Hauptstadt Jassy
(laschi) und die Walachei mit der Hauptstadt Bukarest, 300000 Einw.
Das Land ist fruchtbar und bringt infolge der reichlichen Sommerregen
gute Ernten an Mais, Weizen, Wein und Obst. Der Hauptausfuhr-
Hafen für Getreide ist Galatz an der Donau. Die noch nicht bebauten
großen Weideflächen dienen der Viehzucht. An Mineralien ist Rumänien
arm; daher fehlt es ihm auch an einer regen Industrie.
E. Güdeuropa.
§ 109. Die Balkanhalbinsel.
(Nicht ganz so groß wie Deutschland mit ungefähr 18 Mill. Einw.)
Die Balkanhalbinsel wird durch die Donau von dem Rumpfe
Europas getrennt. Sie reicht vom Golf von Fiume bis zum Schwarzen
Meer und erstreckt sich zwischen dem Adriatischen und dem Ägäischen
Meer weit in das Mittelländische Meer hinein. Sie gliedert sich in
die Gebirgslandschaften der Westküste, das Bosnifch-Ser-
bische Gebirge, das eigentliche Balkangebiet (Bulgarien), die
Türkei und Griechenland.
A. Landschaften und Staaten.
a) Die an der Westküste in südöstlicher Richtung verlaufenden
Dinarischen Alpen und die Gebirge der Herzegowina und
Montenegros sind als Fortsetzung der Kalkalpen anzusehen. Sie
sind stark zerklüftet und höhlenreich. Durch das schwaminartlg durch,
löcherte Gestein lauft das Regenwasser rasch ab. Deshalb sind die
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Extrahierte Personennamen: Güdeuropa
Extrahierte Ortsnamen: Asiens Asien Westeuropa England Belgien Holland Polen Ostsee Ackerbaukolonien
Südrußlands Bukarest Donau Deutschland Donau Europas Fiume Bulgarien Griechenland Montenegros
Vii. Die Ausbreitung des Deutschtums im Mittelalter.
45
Bauern in völlige Abhängigkeit zu bringen. Sie waren nunmehr „an die Scholle gebunden" und wurden in steigendem Maße zu Frondiensten verpflichtet. Aus dieser Lage sind sie erst durch die Bauernschutzpolitik der großen Lohenzollernkönige des 18. Jahrhunderts und durch die Lardenbergsche Reform befreit worden.
Das Dorfbild hatte auf dem Kolonialboden eine andere Gestalt als im alten Deutschland. Während hier infolge der unregelmäßigen Gewanneinteilung das „Haufendorf" mit seiner regellosen Mannigfaltigkeit herrschte, wurde im Kolonialgebiet das Dorf entweder im Anschluß an die slavische Anlage als „Rundling" um einen Dorfplatz angelegt, ober aber die Gehöfte zogen sich in regelmäßigen Abständen an der Straße hin, die sich in der Mitte meist zu einem länglichen Platz erweiterte, auf dem die Kirche und die Dorfschmiebe stauben. In biesen Straßen- ober Fabenborfern lagen die Äcker größtenteils in unmittelbarer Nähe des Hauses, ein großer Vorteil gegenüber der „Streulage", die im alten Deutschland herrschte; der Flurzwang fiel baburch ohne weiteres fort.
Eine Ausrottung der slavischen Einwohner hat nicht statt* gef und en. Teilweise mögen sie weiter nach Osten ausgewanbert fein, zum größten Teil aber sinb sie langsam zu Deutschen geworben. Im Anfang des 16. Iahrhunberts war in Branbenburg der Slave vom Deutschen noch beutlich zu unterschoben, und noch nach der Einführung der Reformation ist in der Ackermark wenbifch geprebigt worben. Bis heute hat sich ein Rest der alten Bevölkerung noch im Spreewalb erhalten.
Zu blutigen Kämpfen ist es nur an der Ostseeküste jenseits der Weichselmünbung bis zum Finnischen Meerbusen hin gekommen. Die Preußen hat seit etwa 1230 der Deutsche Ritterorden zu Deutschen und Christen gemacht, iöier ist allerbings die eingesessene Bevölkerung, nachbem sie erbitterten Wiberstanb geleistet, zum Teil ausgerottet worben. Vom Kulmer Lanbe her brangen die Deutschen Herren, die von den polnischen Grenzherzogen gegen die witben Nachbarn zu Hilfe gerufen waren, allmählich vor, zunächst im Weichsel-tale, dann auch nach Norbosten zu. Iebe neue Eroberung würde durch den Bau einer Burg gesichert, von der aus ritterliche Brüber die Herrschaft des Orbens hüteten und ausübten. Ringsum legten häufig hanbel- und gewerbtreibenbe Bürger eine Stadt an, und das Laub zwischen Weichsel und Memel würde mit Rittern und Bauern aus allen deutschen Gauen besetzt. Seit 1309 war die Marienburg Hochmeistersitz. In Kurlcmb und Livlanb, dem Sitze des ursprünglich hanseatischen Orbens der Schwertbrüber, der sich balb mit den Deutschrittern vereinigte, kam es freilich zu keiner Ansiebtung
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Finnischen_Meerbusen Marienburg_Hochmeistersitz Kurlcmb
308
Sechster Zeitraum.
habt werden konnte, wie über das nähere Böhmen. Es
wechselten daher von 1025 bis gegen das Ende des drei-
zehnten Jahrhunderts Herzoge und Titularkönige in Polen
mit einander ab, so wie das Kriegsglück der Teutschen und
der Polen in ihren beständig erneuerten Kämpfen wechselte.
Boleslav starb kurz nach angenommener Königswürde
(1025). Mit ihm sank die polnische Macht auf lange Zeit.
Sein Sohn Micceslav führte zwar den königlichen Titel
fort, und verdrängte seine Brüder von der Mitregiernng deö
Reiches; besiegt aber von dem teutschen Könige Kon rad 2
mußte er sich mit Polen und dem herzoglichen Titel
begnügen. Die Lausitz ging für Polen verloren. — Da
Mieceslav, seiner Rohheit wegen, von seiner Gemahlin Ri-
chenza, aus dem Ottonischen Kaiserhause, verlassen worden
war, welche ihren Sohn Kasimir nach Teutschland mit-
genommen hatte; so ward Polen, nach Mieceslav Tode
(1034), durch Anarchie zerrüttet, und der Herzog Bretis-
lav von Böhmen verbreitete sich siegreich und verheerend
über Polen. Wahrend dieser Stürme ging, nach dem Wun-
sche der Polen, der nach Teutschland mit seiner Mutter ge-
siüchtete Kasimir, unterstützt von dem Kaiser Heinrich 3,
nach Polen, vertrieb die Böhmen, zahlte an Teutschland
den festgesetzten Tribut von 500 Mark, und regierte als
Herzog bis 1058. Sein Sohn Boleslav 2 nahm,
während der Unruhen in Teutschland unter Heinrichs 4 Re-
gierung, von neuem den königlichen Titel an, wahr-
scheinlich mit Zustimmung des Papstes Gregor 7. 2lls er
aber den Bischoff Stanislaus von Cracau, der ihn mit der
Kirchendisciplin belegt hatte, am Altare der Kirche zu Cra-
cau tödtete (1079); so ward der König von Gregor 7 in
den Bann gethan, und über Polen das Jnterdict ausge-
sprochen. Boleslav floh mit seinem Sohne Mieceslav nach
Ungarn und starb 1081, ohne Polen wieder gesehen zu ha-
den. Sein Bruder W la di slav übernahm die Regierung,
doch ohne den königlichen Titel. Er mußte mit den Böh-
men kämpfen und sich zu einem Tribute an Böhmen ver-
stehen, weil der Kaiser (1086) den Herzog von Böhmen
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Boleslav Kasimir Kasimir Heinrich_3 Heinrich Heinrichs Heinrichs Gregor Bischoff_Stanislaus_von_Cracau Gregor_7 Gregor Boleslav
242
Sechster Zeitraum.
Erdtheile nicht befremden, von welchem alle wandernde Völ-
ker seit dem frühesten Alterthume ausgingen, und wo eine
Despotie die andere zerstörte. Dschingis Khan herrschte
von den Grenzen Chinas bis Rußland; denn er eroberte
binnen zwanzig Jahren die ganze Mongolei, einen Theil
des nördlichen China, die kleine und große Bucharei, zer-
störte das Sultanat der Chowaresmier, und beherrschte das
Land nordwärts vom kaspischen Meere. Nach seinem Tode
(1227) entstanden unter fortdauernden Völkerbewegungen,
fünf mongolische Khanate, in China, in Turan, das
von Tobolsk aus Sibirien umschloß, in Persien, das
vom Indus bis an den Euphrat reichte, das dschaga-
taische Khanat im Norden des Ganges und Indus an
der Ostseite, so wie das kaptschakische Khanat an
der Nordseite des kaspischen Meeres. Das letzte dehnte sich
von der Wolga bis an die Mündung der Weichsel, von
Derbent bis Liegnitz und Wienerisch-Neustadt aus. Denn
Batu machte die russischen Fürsten zinsbar, und drang in
verheerenden Zügen durch Polen bis Schlesien vor. Cra-
cau und Breslau wurden verbrannt. Von der schlesisch-
böhmischen Grenze zog (1242) die rohe Horde durch Ungarn
in die asiatischen Steppen zurück. Durch die Mongolen un-
ter Dschingiskhans Enkel Hulaku ward auch (1268) das
Khalifat zu Bagdad zerstört; der letzte Nachkömmling der
Abassiden sioh nach Aegypten zu den Mamlucken. Der
Flüchtling belehnte den Sultan der Mamlucken im Namen
des Propheten mit Aegypten, und lebte mit seinen Nach-
kommen, bis ihr Geschlecht erlosch, von den Wohlthaten
der Mamlucken.
Doch alle in wildem Eroberungssturme aufgethürmte
Reiche haben keine innere Haltung, und zerfallen bald nach
den Zeiten ihrer Gründung. So stiftete, aus den Trüm-
mern der westlichen mongolischen Khanate, Osman in
Vithynien (1320) das osmanische Reich, das sich bald
am schwarzen Meere hin über das westliche Asien aus-
dehnte, und, seit der Einnahme von Gallipoli (1368), sei-
nen künftigen Regierungssitz in der Mitte des veralteten
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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126
Fünfter Zeitraum.
mit den Thüringern grenzten; als Lu sitz er in der Lausitz;
als Heveller und Uckern in Brandenburg; als Obo-
tri ten, Milzen und Pommern im Mecklenburg und
Pommern; als Wag ri er im Holsteinischen; als Lechen
in Polen; als Wenden (seit 61t) jenseits der Donau in
Kram, Karnthen und Steyermark. — Sie waren der Ab-
kunft und der Sprache nach einander verwandt; ihre Macht
kam ihrer bedeutenden geographischen Ausdehnung gleich.
Nie aber waren sie an Kultur mit den Teutschen zu ver-
gleichen, welchen die angrenzenden slavischen Stamme in
der Folge zinsbar wurden, obgleich in Böhmen und in der
Lausitz ihre Sprache und ihre Sitten sich größtenteils er-
halten haben.
Neben ihnen, im europäischen und asiatischen Norden,
wohnten die Finnen, von dem finnischen Meerbusen bis
an die Wolga und das kaspische Meer. In ihnen gehörten
die Lappen, E st h e n, L i v e n, P e r m i e r, I n g r i e r
und die Magyaren (Ungarn), wenn diese nicht kalmü-
ckischer Abkunft sind (wie Andere behaupten). — Von
ungewisser Abkunft waren die L e t te n, L i tth au er und
Kuren, die in der Mitte zwischen germanischen, slavischen
und finnischen Völkern lebten.
Die Avare» und Bulgaren, wahrscheinlich dem
finnischen Stamme zugehörig, erschienen in Europa in
der Nahe des byzantinischen Reiches; die erster»
wurden aber bald aufgerieben, und die letzter« vermisch-
ten sich mit den Slaven.
Türkischenomadenhorden in Osteuropa sind
späterhin die Chazarem, die (680) von der Wolga bis
an den Bog wohnten; die Petschenegen, die im neun-
ten Jahrhunderte am Don erschienen, und die Uzen, die
im eilften Jahrhunderte als Feinde der Petschenegen
auftraten. Diese Horden zogen entweder nach Asien zurück,
oder sie verschmolzen mit andern Völkern, ohne bleibende
Reiche zu stiften, welches erst den o smani sehen Tür-
ken seit der Auflösung des byzantinischen Reiches in Eu-
ropa gelang.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Pommern Pommern Polen Donau Ungarn Europa Osteuropa Asien
162
Fünfter Zeitraum.
nach langen innern Bewegungen und blutigen Kämpfen
zwischen den vornehmsten Stammanführern, (750) die Fami-
lie der Abbassi den mit Al Ab das in der Behauptung
des Khalifats. Das Reich gewann unter dieser Dynastie,
und erhohlte sich von dem Drucke der Ommijaden; beson-
ders ragten zwei Regelten aus diesem Hause durch ihre
Weisheit, Tapferkeit und Gerechtigkeit hervor: die Zeitge-
nossen Karls des Großen, Harun al Raschid (786),
und Al Mamum (813). Unter Al Mansur ward das
neugebaute Bagdad (762) der Sitz der arabischen Welt-
herrschaft.
Mehr, als es das oströmische Reich vermochte, die
Siege der Araber aufzuhalten, warfen sich die Chazaren,
ein türkischer Volksstamm, den Arabern in den Weg. Diese
Chazaren erschienen von der Wolga bis an den Bog am
Ausgange dieses Zeitraumes; sie besiegten die Slaven am
Dnepr, und die Ungarn, und machten öfters Streifzüge
nach Armenien und in andere asiatische Lander. Mit dem
byzantinischen Reiche standen sie in gutem Vernehmen, weil
sie die Vormauer dieses Reiches gegen die Angriffe waren,
welche demselben von Asien her drohten. Seit 780 beherrsch-
ten sie die Krimm, und von da erweiterte sich ihr Reich
von den kaspischen Passen über die kaukasische Landenge,
über den südlichen Theil von Rußland, bis in die Moldau
und Walachei.
303.
Zustand der Wissenschaften in diesem Zeit-
' raume.
Die Wissenschaften und die literarische Kul-
tur waren seit den Zeiten der Auflösung des abendländi-
schen Reiches unaufhaltbar gesunken. Wahrend der ersten
Begründung des Lehnssystems konnte weder unter den rohen
Siegern, noch unter den entnervten und unglücklichen Be-
siegten das Licht der Kultur und Aufklärung sich verbreiten.
In dem Zeitalter der ostgothischen Herrschaft über Ita-
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TM Hauptwörter (100): [T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Harun_al_Raschid Mansur
Extrahierte Ortsnamen: Al_Mamum Bagdad Ungarn Armenien Asien Moldau