Europa.
und Siebenbürgen; die Schweinezucht in Ungarn, die Geflügel-
zu cht in Böhmen und Ungarn. — Die Wälder haben große Ausdeh-
nnng (3300 □ Meilen), sind zum Teil noch urwaldartig und nicht rationell
genug bewirtschaftet. Die Nadelhölzer herrschen in den nördlichen Gebieten
und in den Gebirgsgegenden vor, die Eichenwälder in Ungarn und Slavonien,
die Buchenwälder in den Karpaten, in der Bukowina und in Siebenbürgen,
die Birkenwälder in Galizien. Die Wälder bergen zahlreiches Wild, darunter
Wölfe und Bären. Die Flüsse und Seen sind voll schmackhafter Fische (ua-
mentlich die Theiß).
Die Industrie findet in dem Reichtum an Naturprodukten eine reiche
Anregung und hat sich daher auch auf der westlichen Reichshälste mächtig
gehoben, dennoch steht sie noch nicht aus ihrem Höhepuukte; Ungarn kommt
sür dieselbe wenig in Betracht. Am gewerbfleißigsten sind Böhmen, Mähren,
Niederösterreich, Schlesien und Vorarlberg; der Hauptfih der Industrie
ist jedoch Wien. Man erzeugt namentlich Leinen-, Baumwollen- (1 560 000
Spindeln), Wollen-, Seiden-, Leder-, Gold-, Silber-, Eisen-, Stahl-, Glas-
und Thonwaren, außerdem Chemikalien, Maschinen, musikalische Jnstru-
meute, Holzwaren, Bier, Branntwein, Zucker. Für Stahlwaren ist beson-
ders Steier in Oesterreich zu ueunen; die Textilindustrie blüht in Nord-
böhmen (Reichenberg), in Mähren (Brünn) und West galizien (Bielitz-
Biala); die Glas- und Porzellanindustrie iu Böhmen (namentlich im Pilsener
Bezirk und in der Gegend von Karlsbad).
Oesterreich-Ungarn treibt lebhaften Handel im Lande selbst und mit
dem Auslande. In Industrie Produkten ist die Ausfuhr bereits zu gleicher
Höhe mit der Einfuhr gestieaen; in Naturprodukten hat die Ausfuhr die
Einfuhr fast durchweg überflügelt. Zur Ausfuhr gelangen besonders Me-
tallwaren (namentlich steierische Eisenwaren), Wollen- und Baumwollen-Er-
zeuguisse; Leinwand, Glas, Holzarbeiten; Getreide, Wein, Obst, Vieh, Felle,
Flachs, Hanf, Wolle, Tabak, Metalle, Salz, Brenn - und Werkholz. Die
wichtigsten Handelsplätze im Laude sind Wien, Pest, Brünn, Prag, Brody,
Bozen, Kronstadt, Debreezin; an der See Trieft und Finme (Freihäfen).
Der österreichische Handel kann sich wegen der kontinentalen Lage des
Staates weniger leicht am Weltverkehr beteiligen, als der deutsche; ganz
außerordentlich wichtig sür denselben sind die Küstengebiete am adriati-
schen Meere, deren Verlust kaum zu verschmerzen wäre. Der Handel nimmt
seine Richtung von hier aus nach der Levante; außerdem folgt er Haupt-
sächlich der Donau abwärts nach dem fchwarzen Meere und dem Laufe der
Elbe nach Sachsen und Preußen. — Die Handelsflotte des Staates beträgt
den dritten Teil der deutschen; doch ist der „Oesterreichische Lloyd" zu
Triest mit e. 80 großen Schissen im Welthandel von hoher Bedeutung. Auch
die Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft nimmt mit c. 700 Schiffen
(worunter c. 150 Dampfer) eine bedeutende Stellung ein. — 1879 befaß der
Staat über 14 000 km Eisenbahnen. Die Gesamteinfuhr betrug 1876 551^2
Million Gulden; die Gesamtausfuhr 540 Million Gulden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie enthält mehrere einander wider-
strebende Nationalitäten, unter denen sich noch besondere Stämme uuterfchei-
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Extrahierte Personennamen: Brody
Extrahierte Ortsnamen: Europa Ungarn Ungarn Ungarn Bukowina Siebenbürgen Galizien Ungarn Niederösterreich Vorarlberg Wien Oesterreich Reichenberg Karlsbad Oesterreich-Ungarn Wien Prag Bozen Kronstadt Donau Sachsen
146 Europa.
(Bären, Zobeln. Hermelinen, Füchsen, Bibern ze.) einen solchen Ueberflnß,
wie kein anderes Land von Europa.
Kein Staat Europas hat endlich solche Schätze im Gebiete des Mi-
neralreichs aufzuweisen, wie der russische. Dieselben finden sich besonders
im Ural auf einer Strecke von nahezu 140 Meilen. Es wurden 1871
2400 Pud *) Gold und 125 Pud Platin; 808 Pud Silber; 311786
Pud Kupfer; über 22 Million Pud Gußeisen; fast 15 ^2 Million Pud
anderes Eisen; 28^4 Mill. Pud Salz und über 24^2 Mill. Pud Stein-
und Brannkohlen prodnciert. — Großer Kohlenreichtum findet sich
namentlich an der obersch lesischen Grenze (Steinkohlen), in der Umgegend
von Moskau (Braunkohlen); am West ab hange des Ural (Steinkohlen)
und am Donetz (Steinkohlen). Die Kohlen finden sich ost in großer Mäch-
tigkeit und treten mehrfach zu Tage.
Hat sich auch die Industrie und der Handel im europäischen Rußland
in den letzten hnudert Jahren um ein bedeutendes gehoben, so steht doch
namentlich erstere, ungeachtet hoher Einfuhrzölle, noch der anderer europäischen
Länder bedeutend nach. Besondere Erwähnung verdient die Bereitung des
Leders in Rußland (Juchten, Saffian); dasselbe bildet nebst Holz, Metallen,
Getreide, Hanf, Flachs, Talg, Borsten, Wolle, Tierknochen, Häuten, Vieh und
Pelz einen bedeutenden Handelsartikel Rußlands. Nicht unerheblich ist die
Fabrikation von Wollen-, Baumwollen-, Leinen- und Seidenwaren, nament-
lich für den Export nach Asien. (1877 gab es für Tuchfabriken c. 14 000
Webstühle; für Baumwollenindustrie e. 23/4 Mill. Spindeln und 54 570 Web-
stühle.) — Das Eisenbahnuetz betrug 1878 über 23 000 km Länge.
Geschichtliches: Die Slaven wanderten verhältnismäßig spät in die ost-
europäische Tiefebene ein. Angeblich gründete Rnrik vom normannischen
Fürstenhause Ruß, von Slavenstämmen gerufen, zu Nowgorod amjlmen-See
862 n. Chr. das russische Reich; Hauptstädte waren Nowgorod und Kiew.
Nachdem das Christentum von Constantinopel her Eingang gefunden hatte
(durch Wladimir den Großen, Gemahl der Prinzessin Anna, einer
Schwester der deutschen Kaiserin Theophano, 988 n. Chr.), wurde in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts das Land unter das Joch der Mongolen
gebeugt. Iwan Iii. Wassiljewitsch, Großfürst von Moskau, wurde um 1480
der Wiederhersteller des russischen Reiches. Als 1598 die Ruriks aus-
starben, folgte eine Zeit der Verwirrung (der „falsche Demetrius") und 1613
das den Ruriks verwandte Haus der Romanows. Unter ihm stieg Ruß-
land allmählich zu seiner heutigen Größe. Peter der Große gewann (im
Kampfe mit Karl Xii.) die schwedischen Ostseeprovinzen Livland, Esth-
land, Jngermanland und einen Teil von Karelien (1721), außerdem
von Polen Kiew. Mit Peter Ii. folgte (1761) das Hans Holstein-
Gottorp. Seine Gemahlin, Katharina Ii. (ans dem Hause Anhalt-
Zerbst) gewann durch die drei Teilungen Polens (1774, 1793 und ^795)
Lithanen, die Ukräne, Volhynien, Podolien, sowie von der Türkei
bedeutende Gebiete am schwarzen Meere. Unter Alexander I. kam Finnland
von Schweden, außerdem Kongreßpolen und Bessarabien, sowie kaukasische
*) Ein $ub = 32,76 Zollpfund.
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Extrahierte Personennamen: Anna Theophano Wassiljewitsch Karl_Xii Karl Peter_Ii Hans_Holstein-
Gottorp Katharina_Ii Alexander_I.
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Europas Moskau Donetz Saffian Asien Kiew Constantinopel Moskau Livland Karelien Polen_Kiew Zerbst Polens Podolien Finnland Schweden Bessarabien
Europa —
Nußland.
983
man jährlich an 500000 Ctr. Auch der lebhafte Bergbau und Hütteubetrieb im Ural
gehört diesem mittleren Landgürtel an. — Im Junern sind Moskau und Nischnej
Nowgorod (wohin die ehemalige Makariew-Messe verlegt ist), Kasan, Oreuburg und
Charkow die bedeutendsten Handelsplätze; an der See: Petersburg und R'.ga,
Odessa, Astrachan, Archangel. Die meiste Ausfuhr besteht in Flachs und Flachs-
sameu, Häuf und Hanfsamen, Getreide, Nutzholz, Wolle, Talg,
Häuten, Pelzwerk, Schlachtvieh, Pferden, Graphit u. a. Rohprodukten,
ferner (besonders nach Asien hin) in Metall-, Webe- und S eilerw a aren,
Seifen und Kerzen, sowie Leder, letzteres vorzüglich als Saffian und als Insten,
das seinen Geruch durch Gerbung mit Birkentheer erhält. Der Handel zur See ist
übrigeus noch zum großen Theil in den Händen der Ausländer; die Haudelsstotte zählt
ca. 2600 Schiffe (hievon 750 Seeschiffe, 114 Dampfer) mit 230000 Tonnen (ä 1000
Kilogramm) Tragfähigkeit. Die Gesammtansfnhr von Rußland und Polen hat einen
Werth von 410, die Einfuhr von 384 Mill. vr. Thalern; dazu kommt noch Finnland
mit einer Ausfuhr von 10 und einer Einfuhr von 11 Mill. Thlr. Der innere
Verkehr hebt sich, da man die Flußsysteme durch Kanäle, besonders die Wolga mit
der Newa und Dwina, den Dnjepr mit Riemen und Düna in Verbindung gesetzt hat,
und gegenwärtig Schienenwege baut. Die kleine Eisenbahn von Petersburg nach
den nahen kaiserlichen Schlössern war der Anfang, worauf die von Libau zum Riemen
folgte; in den Jahren von 1867 bis 1872 hat sich das russische Eisenbahnuetz um
1255 Mln. verlängert, und der größte Theil dieser Linien entfällt auf die Verbindung
mit Südrußland. Deutlich bekundet Rußland durch diese Bahubanten das Streben,
durch die Verbindung des Westens und Nordens mit dem Süden seine politische und
wirtschaftliche Entwicklung immer mehr gegen das schwarze Meer hin zu verlegen und
anf diesem Wege die orientalische Frage in Europa, die kaukasische in Asien einer Lösung
entgegenzuführen. Durch diese Bahubauteu steht einerseits Petersburg mit Königsberg
und (über Warschau) mit Krakau in Verbindung, anderseits führt eine Hauptlinie von
Libau und Riga nach Odessa, eine andere von Finnland und Petersburg uach Moskau
und von da nach Odessa, nach Sewastopol und auch zur Wolga und nach Astrachan.
(Selbst jenseit des Kaukasus wird zur Verbindung von Poli und Baku, also des
schwarzen und des kaspischeu Meeres eiue Bahu gebaut und ist durch dieselbe bereits
Tiflis mit dem Pontus verbunden). Die Länge der russischen Bahnen betrug schon
1872 ca. 1900 Mln. — Obwohl die Zahl der Schulen sich vergrößert, ist der Volks-
Unterricht (mit Ausnahme der Ostseeproviuzeu und Finnlands) doch noch sehr Mangel-
Haft, da vonseiten der griechischen Kirche gar nichts für Hebung desselben geschieht.
Kaum Vio der Bevölkerung des Reiches genießt Elementarunterricht; i. I. 1869 konnten
von der Gesammtzahl der eingestellten Rekruten 30^o °/o weder lesen noch schreiben. Es
gibt unter den Grundbesitzern und Kanflenten Millionäre, die nicht lesen und nicht
schreiben können. Gymnasien sind zwar jetzt in jedem Gouvernement; doch werden
nurv gewisse Stände zum höhern Unterricht zugelassen, und es herrscht (wie auch an
andern Mittelschulen und an den Universitäten) an den meisten großer Lehrermangel.
Universitäten hat das Reich 8: zu Moskau, Petersburg, Dorpat, Kiew, Kasan, Char-
kow, Odessa, Helsingfors. Sehr hart war es, daß Kaiser Nikolaus die 1816 gestiftete
Warschauer Universität 1832 wieder aufhob und den Polen nur die medicinifch-chirur-
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Kasan Oreuburg Charkow Petersburg Odessa Astrachan Asien Webe- Polen Finnland Petersburg Libau Europa Asien Petersburg Königsberg Warschau Krakau Libau Riga Odessa Finnland Petersburg Moskau Odessa Sewastopol Astrachan Baku Tiflis Ostseeproviuzeu Finnlands Moskau Petersburg Dorpat Kiew Kasan Odessa Helsingfors
656
Russisches Reich. — Jetziger Bestand.
Metropolitanen, 28 Erz- und 38 Bischöfen, wird vom Kaiser durch die heilige
Synode oder obern Kirchenrath regiert. Im I. 1831 zählte man in Rußland
58000 orthodoxe (d. h. griechisch - katholische) Priester und 68000 Kirchendiener,
mit ihren Familien 330000 Köpfe; eben so groß war die Kaufmannschaft mit
ihren Familien. Der gesummte Adel aber bestand aus 375000 Männern und
345000 Frauen, und die Bürgerschaft (den Kausinannsstand abgerechnet) ans
3,200000 Köpfen. In Polen ist mau mehrentheils römisch-katholisch, unter den
Deutschen und Finnländern lutherisch, im Süden hängen viele (Tartaren n. a.)
noch am Islam und ganz im Norden (Lappen u. a.) am Heidenthum. Der
römisch-katholischen und armenischen Christen sollen 8 und der Protestanten
2 Millionen sein, Juden l4/s, Mnhamedaner über 23/10 Millionen und
Buddhisten 300000. —
Das Gewerbwesen ist sichtbar im Steigen, besonders im Gouvernement
Moskau, wo neben der älteren Stahlfabrikation die Bearbeitung der Baumwolle
so in Schwung gekommen ist, daß Rußland jetzt nur noch y6 feines Bedarfs an
Banmwollwaaren ans der Fremde bezieht. Die Fabrikation von Wollewaaren
konnte aber bedeutender sein als sie ist, denn immer noch geht eine große
Quantität (164000 Ctr.) der inländischen Wolle roh ins Ausland. Zucker aus
Runkelrüben verfertigt man jährlich fast 350000 Ctr. — Im Innern sind
Moskau und Nischnei Nowgorod (wohin die ehmalige Makariew - Messe verlegt
ist) Kasan und Orenbnrg die bedeutendsten Handelplätze; an der See:
Petersburg und Riga, Odessa, Archangel. Die meiste Ausfuhr besteht in Talg,
Flachs, Hanf, Getraide (über 57 Mill. Scheffel) Nutzholz für 2% Mill.
Silberrubel, Pelzwerk und Leder, letzteres vorzüglich als Saffian uno als
Jnfleu, das seinen Geruch durch Gerbung mit Birkentheer erhält. Der Handel
zur See ist übrigens noch meist in den Händen der Ausländer, wirft aber,
Ein- und Ausfuhr gegen einander gerechnet, einen jährlichen Gewinn von 6
Mill. Silberrubel ab. Der innere Verkehr hebt sich seit einiger Zeit, da
man die Flußsysteme durch Kanäle, besonders die Wolga mit der Newa und
Dwina, den Dnepr mit Niemeu und Duna, in Verbindung gesetzt hat, und
gegenwärtig Schienenwege baut. Die kleine Eisenbahn von Petersbnrg uach
den nahen kaiserlichen Schlössern war der Anfang, worauf die von Libau zum
Niemen, von Warschau bis zur Ferdinands Nordbahn, von Morschansk im
Gouvernement Tambow bis zur Mündung der Zna in die Mokscha, und zuletzt
als die wichtigste die von Petersbnrg nach Moskau folgte. — Der Volks-
unterricht ist noch sehr mangelhaft, obwohl sich die Zahl der Schulen ver-
größert. Gymnasien sind jetzt in jedem Gouvernement, doch werden nnr gewisse
Stände zum höhern Unterricht zugelassen; es gibt neue und strenge Vorschriften
darüber. Universitäten hat das Reich 7, zu Moskau, Petersburg, Dorpat, Kiew,
Kasan, Charkow, Helsingfors. Sehr bedeutsam ist es, daß der jetzige Kaiser die
1816 gestiftete Warschauer Universität 1832 wieder aufgehoben und den Polen
nur die medicinisch-chirurgiiche Facultät zu Wilna gelassen hat. — Die Finanzen
sind wenig bekannt; die Staatsansgabe beträgt in Friedenszeit etwa 162 Mill.
Thaler preußisch. Zu Anfang 1853 ward die Staatsschuld auf 400 Mill. Sil-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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