176
Einigung. Politische Organisation. Soziale Verhältnisse.
Papst Silvester Ii., der seit April 999 den päpstlichen Stuhl innehatte, erteilte Stephan seinen Segen, hieß seine kirchlichen Einrichtungen gut und schickte ihm zur Belohnung für seine Tätigkeit im Jahre 1000 eine Königskrone, die noch heute den oberen Teil der ungarischen Krone bildet. „Unter dem Beifall der Kirchenfürsten und des Klerus, der Großen und des Volkes" ließ sich Stephan salben und krönen. Aber noch stand er erst in den Anfängen seiner Tätigkeit; für einen wahren König im europäischen Sinne konnte er doch erst gelten, wenn es ihm gelang, der Gewalten Meister zu werden, die sich in der Zeit der Verheerung^ züge neben der großherrlichen gebildet hatten und zu einem so gut wie unabhängigen Länderbesitz gekommen waren. Zuerst, im Jahre 1003, erhob er sich gegen den Gylas Prokni, den Sohn des Dewix, schlug ihn, vertrieb ihn aus dem Lande und führte seine Gemahlin und seine beiden Söhne gefangen fort. Das unterworfene Land, in welchem ein sehr zweifelhaftes. von Griechenland eingeführtes Christentum sich fortfriftete, wurde jetzt ernstlich christianisiert. Es blieb noch die Macht Achtums, des Fürsten von Csanad. Einer der angesehensten Männer an dessen Hose sah sich zur Flucht genötigt und fand Aufnahme bei König Stephan, den er von den Verhältnissen in Achtums Reiche in Kenntnis setzte. Ihm wurde der Befehl über die Truppen anvertraut, welche Achtum besiegten und erschlugen; sein Haupt wurde Stephan zugesandt, der es auf einem Turm seiner Residenz aufstecken ließ. Auch dieses Gebiet wurde hierauf dem abendländischen Christentum völlig gewonnen; später wurden die griechischen Mönche samt ihrem Abte aus der Hauptstadt in ein anderes Kloster gewiesen, ein Bischof der römischen Kirche wurde eingesetzt. Gegen Ende des Jahres 1008 konnte, wie es scheint, die Bekehrung als vollendet angesehen werden.
Jetzt ging Stephan an die politische Organisation seines Volkes, das bisher noch auf der niedrigsten staatlichen Stufe der patriarchalischen Stammesverfassung gestanden hatte. Es waren deutsche Einrichtungen und deutsche Gesetze, welche jetzt auf die Ordnung der ungarischen Verhältnisse Einfluß gewannen. Die von Stephan eingeführte Verwaltung beruht wesentlich auf deutscher Grundlage. Die ungarische Komitatsverfassung ist eine Nachahmung der deutschen Grafschaftsverfassung. In die Gesetze Stephans sind selbst in Beziehung auf privatrechtliche Verhältnisse Bestimmungen aus deutschen Volksrechten, Kapitularien und Konzilsbeschlüssen manchmal fast wörtlich aufgenommen. Die Grundlage der politischen Einteilung Ungarns ist nicht wie bisher die natürliche Gliederung des Volkes in Stämme, sondern der Boden, der Bezirk. Das ganze Land zerfällt in Grafschaften (Comitatus), bereit Mittelpunkt die königliche Burg ist, wobei man offenbar an administrative Einrichtungen der früheren slavischen Bewohner angeknüpft hat. An der Spitze der Grafschaft steht der Graf (comes), im Ungarischen nach der slavischen Bezeichnung zupan, später ispäny genannt, woraus die Deutschen dann Gespan und Gespanschaft gemacht haben. Wahrscheinlich hat Stephan auch schon nach deutschem Muster als seinen Stellvertreter namentlich bei Ausübung der Gerichtsbarkeit einen Pfalzgrafen (palatinus comes) eingesetzt, obwohl dieser erst unter dem König Andreas I. sich nachweisen läßt. Bezüglich der sozialen Verhältnisse unterscheiden die Gesetze Stephans zunächst Freie und Unfreie, die einem Herrn gehören. In der Mitte zwischen den Vollfreien und Unfreien oder Halbfreien stehen die milites, welche wahrscheinlich den deutschen Dienstmannen entsprachen. Eine besondere Klasse bilden in den ungarischen Gesetzen jahrhundertelang die Fremden oder „Gäste" (hospites), die Stephan in großer Zahl ins Land zu ziehen suchte. Als sehr bevorzugt erscheinen die Geistlichen. Es hängt dies mit der Begünstigung der christlichen Religion zusammen. Um die Ausbreitung derselben zu fördern, wird vorgeschrieben, daß je zehn Ortschaften eine Kirche bauen und ausstatten sollen, übrigens ein Beweis, wie dünn das Land noch bevölkert war. Besonders ließ sich der König
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
TM Hauptwörter (200): [T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester]]
Extrahierte Personennamen: Stephan Stephan Gylas_Prokni Csanad Stephan Stephan Stephan Stephan Stephan Stephan
Deutscher Bund
Oestreich.
563
Salzburg und dem benachbarten Salzkammergute, und viele kleinere, liefern
jährlich an 6 Mill. Ctr., also auf den Kopf 17% Pfd. Rechnet man als zum
Berbrauch nöthig 12 Pfd. auf den Kopf, so können %7 des ganzen Salzertrags
ausgeflihrt werden. Des Eisenö in Steyermark ist schon im Kap. über die
Alpen Erwähnung geschehen. Der Gesammtertrag an Eisen in der Monarchie
beläuft sich auf 1688000 Ctr., und der Steinkohlen, die indeß in noch größerer
Menge zu gewinnen sind, ans 4500000 Ctr. Das Quecksilberbergwerk zu Jdria
ist schon erwähnt. Mineralquellen zählt man 1500, worunter höchst berühmte,
wie Baven unweit Wien. Gastein im Salzburgischen, Carlsbad und Töplitz in
Böhmen n. a. m
Das Gewerbwesen hätte bei so großer Fülle von Produkten Anlaß genug
zur bedeutendsten Thätigkeit; auch rühmt man Quantität und Qualität von
Leinwand, Tüchern, Seiden-, Banmwoll-, Stahl- und Eisenwaaren, Papier, Por-
cellan, Glas, Lederarbeiten, Quincarllerie- und Galanteriewaaren, namentlich die
glänzenden Fabrikate aus Wien, Mailand, Prag, Pesth u. s. w. Dennoch be-
findet sich die Industrie noch lange nicht im Verhältniß zur Mannigfaltigkeit der
Naturprodukte. Die Ostprovinzen besonders sind hinter den deutschen und itali-
schen zurück. Da aber die vorhandenen Hindernisse allmählig weggeräumt wer-
den , so steht dem östreich. Gewerbwesen noch eine größere Entwickelung bevor.
Wie mit der Industrie, so ists mit dem Landhandel, dem fahrbare Flüsse,
vermehrte Straßen, einige Kanäle, jetzt auch Dampfschiffe und Eisenbahnen zu
Hülfe kommen. Früher hemmten inne-e Zolllinien ven gegenseitigen Verkehr der
Provinzen. Es gab Mauthen zwischen ven deutschen, ungrischen und italischen
Landestheilen, ja sogar zwischen Oestreich und Tprol; auch Dalmatien hotte ein
eignes Zollsystem. — Zum S eeha nd e l, nainentlich auf dem Mittelmeere, ermun-
tert der adcialische Golf. Trieft ist der wichtigste Hafen, außerdeni Venedig,
Fiume, Ragusa, Caltaro. Man zählt ohne die kleinen Küstenschiffe und Fischer-
barken 1100 Kauffahrer von 100 bis 500 Tonnen.
Die Bevölkerung beläuft sich fast aus 38 Mill. Menschen in 798
Städten, 2290 Marktflecken und 67680 Dörfern, mit 5300000 Wohnhäusern, ist
also größer als die von Frankreich. Allein der östreichische Staat ist kein
gleichartiger, er umfaßt Völker verschiedenen Stammes, sowohl nach
Sprachen und Gesittung, als nach Geschichte und Verfassungen. Es sind: Deutsche
fast 8 Mill., Slawen 15% (nämlich Tschechen, Wenden, Moraven. Slowaken,
Polen, Ruthenen, Croaten, Serben, Slawonier, Dalmatiner, Schokazen u. Jstrier),
Magyaren 5% , Rumänen oder Walachen 2690000, Juden 730000, Friauler
394000, Zigeuner 94000, Italiener 5 Mill., und zerstreut noch mehrere tausend
Griechen, Armenier u. s. w. Bei weitem die Mehrheit ist römisch-katholisch;
Protestanten gibt es 3% Million. meist in Ungarn. Zu bemerken ist, daß die
staatsbürgerlichen Rechte der verschiedenen christlichen Confessionen nicht, wie in
andern deutschen Staaten, einander gleich sind; nur in Ungarn und Siebenbürgen
stehen die Protestanten den Katholiken ziemlich gleich, in den andern Provinzen,
also auch im eigentlichen Oestreich, wurden sie bisher nur geduldet, während in
36*
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Personennamen: Caltaro Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Salzburg Steyermark Wien Carlsbad Wien Mailand Prag Oestreich Dalmatien Venedig Fiume Ragusa Frankreich Polen Ungarn Ungarn