166 Französische Re volutions kriege. Kosziu Sko.
n.c.g.mit Belgien frei werden, zu den Oesterreichern. Uebcrall die
Verbündeten im Vortheile, und im Innern Frankreichs die
Vendee, Bretagne (Wimpfen), Toulon, Marseille und Lyon
gegen den Convent im Aufruhr. Daher durch die Jakobiner
die Sch recken s regi e run g ; allgemeines Aufgebot in Masse;
ganz Frankreich ein Feld - und Waffenlagcr unter Carnot.
Darauf Siege der Franzosen gegen die im Innern Empörten
unter gräßlicher Rache; eben so in Belgien durch Iiouchard
und Jourdan, am Oberrhein durch Pickegru und Iiocle j
indessen sättigt sich die Revolution durch ihre Blntgerichte
1794. überall in Frankreich; ihre Häupter stürzen sich selbst; Ende
des Terrorismus.
In den Niederlanden siegt Pickegru bei Tournal, und
1795. ^onrdan bei Fleums; Holland wird erobert — batavische
Republik, verbunden mit Frankreich. Am Oberrhein müssen
die Preussen, nach ihrem Siege bei Kaiserslautern, weichen,—
Frieden zu Basel zwischen Preussen und Frank-
reich (das nördliche Deutschland neutral), etwas später mit
Spanien ( St. Domingo an Frankreich ) *).
*) Um dieselbe Zeit blutige Auftritte in Pvlen: »ach dem russisch»
türkischen Kriege ( 1787—1792) suchte Katharina Ii. ihren Einfluß in
Polen durch eine Conföderatiou der unzufriedenen Polen zu Targowih
geltend zu machen; eine russische Armee dringt ein; die Polen unter
Thaddäus Kosziusko müssen weichen. Auch eine preussische Armee,
mit Katharina einverstanden, rückt unter Möllendorf 1793 in Polen
ein, und bald darauf erfolgt die zweite Theilung Polens. Aber
die Erbitterung der Polen bricht schon 1794 aus. Kosziusko Ober-
feldherr. Die Russen aus Warschau vertrieben, vereinen sich mit den
unter ihrem König eindringenden Preussen. Sieg der Verbündeten bei
Raffka. Warschau vergebens belagert. Auch Oesterreich schickt eine
Armee. Kosziusko bei Maciejowiee von den Russen unter Fersen
geschlagen und gefangen. Suwarvv erstürmt Prag a; Warschau kapi-
tulirt, — dritte Theilung Polens 1795; der König Poniatowsky
legt seine Würde nieder (Rußland gewinnt 2000 Quadratmeilen, Preus-
fen 990 Quadratmeilen und Oesterreich 834 Quadratmeilen). Katharina
stirbt im folgenden Jahre; ihr folgt ihr Sohn Paul I (1796—1801).
Auch Friedrich Wilhelm Ii. von Preussen stirbt im November 1797, und
ihm folgt sein Sohn Friedrich Wilhelm Hl
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Extrahierte Personennamen: Kosziu_Sko Katharina_Ii Katharina Kosziusko Raffka Kosziusko Poniatowsky Katharina Friedrich_Wilhelm_Ii Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Bretagne Toulon Marseille Lyon Frankreich Belgien Jourdan Frankreich Niederlanden Holland Frankreich Preussen Kaiserslautern Basel Preussen Frank- Deutschland Spanien Frankreich Polen Polen Polens Warschau Preussen Oesterreich Warschau Polens Oesterreich Preussen
87
Europäische Ereignisse Mischen dem spanischen Erbfolgeäriege
und den schlesischen Kriegen.
1. Der im Bunde mit Venedig (denen von den Osmanen
1715 Morea entrissen worden war) unternommene Türken-
krieg 1716—1718 führte Oesterreich unter des Prinzen
Eugen Leitung von Sieg zu Sieg (bei Peterwardein 1716,
Belgrad 1717) und zuletzt im Frieden von Passaro-
witz 1718 zum Besitz des Banats, eines Theiles von^is
Serbien mit Belgrad, von Croatien, Bosnien imb der
Walachei. Für den Verlust Moreas wurde Venedig durch
albanische und dalmatinische Plätze entschädigt.
2. Die Friedensstörung Spaniens (Philipp V, seine
zweite Gemahlin Elisabeth Farnese von Parma, der Car-
dinal Alberoni), das während des Türkenkrieges 1717
Sardinien, 1718 Sieilien angrisf, führte 1718 zur Qua-
druple-Allianz d. h. einem zur Aufrechterhaltung desl?i8
Utrechter Friedens geschlosserten Bündniß des Kaisers, Eng-
lands, Frankreichs, Hollands. Vertauschung Siciliens mit
Sardinien; Don Carlos, Sohn des spanischen Königspaares,
erhält die Anwartschaft auf die Herzogthümer Parma und
Piacenza, sowie aus Toskana, auf welche seine Mutter
Erbansprüche hatte.
3. Der polnische Erbfolgekrieg 1733—1735 nach 1733-1735
dem Tode Augusts Ii von Polen zwischen dem Kaiser, dem
Reich und Rußland, die für die Wahl Augusts Iii von
Sachsen auftraten, einer —, Frankreich, Spanien und Sar-
dinien, die für die Rechte des fast einstimmig gewählten
Stanislaus Lesezinskm) kämpften, andererseits. Der Schau-
platz dieses fast ereignislosen, für beit an tüchtigen Truppen
und Geld armen Kaiser im ganzen unglücklichen Krieges
am Rhein und in Italien; die greisen Feldherrn Eugen
mtb Villars noch einmal als Gegner. Der Wiener
Frieden: der Kaiser verliert Neapel mit Sieilien gegen
Parma und Piacenza an den Jnfanten Don Carlos;
Frankreich erkennt die pragmatische Sanction (s. Nr. 4.)
an und erhält die Anwartschaft auf das alte deutsche
Land Lothringen, das für seine Lebenszeit zunächst Stanis-
laus Lesezinski (h 1766) statt der polnischen Krone be-
*) Er führte noch immer den Königstitel und war der Schwiegervater
Ludwigs Xv von Frankreich.
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Extrahierte Personennamen: Morea Eugen Eugen Philipp_V Philipp Elisabeth_Farnese_von_Parma Carlos Augusts Augusts Stanislaus_Lesezinskm Eugen Carlos Ludwigs Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Oesterreich Belgrad Serbien Belgrad Bosnien Spaniens Frankreichs Hollands Sardinien Piacenza Toskana Polen Sachsen Frankreich Spanien Rhein Italien Neapel Piacenza Frankreich Lothringen Frankreich
— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
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Preußen, Pommern, Mecklenburg in sich gegliedert durch die
parallelen Durchbrüche der Weichsel und Oder und durch deren
und des Pregel und Niemen breite und fette Niederungen. Die
bedeutendste Entwicklung im deutschen Ordenslande*).
Sein Vorland an der Straße von Marienburg nach Königs-
berg und von da über Tilsit nach Livland reicher geschicht-
licher Boden, im Inneren noch nicht ausgeglichene Gegensätze der
Kultur zwischen den deutschen Städten und der lettischen und
slavischen (masurischeu) Landbevölkerung; ähnlicher Gegensatz an
der Grenze Pommerns (Kassuben) und Westpreußens, eine Nach-
Wirkung des der deutsch-evangelischen Kultur feindlich entgegen-
getretenen Thorner Friedens. Das übrige Küstenland vollständig
germanisiert.**) Im insularen***) Holstein und Schleswig
(Stecknitzkanal, Eiderkanal, Isthmus zwischen Schleswig und
Tondern, Dannewirk) begleitet die Seeplatte oft mit lieblichen
Waldlandschaften die Ostküste, dahinter die Geest, auf ihr die
Verbindung nach dem N., westlich zur Nordseeküste friesisches
Marschland bis Ditmarschen. Der Zusammenhang mit der
offenen Nordsee durch die Batten gehemmt, der Nordseehafeu
Altona neben Hamburg; der Schwerpunkt des Landes an
der den nahen dänischen Inseln ähnlichen Ostseeküste. Der durch
die Dynastie geförderte langdauernde Zusammenhang mit Däne-
mark durch Preußen gelöst. Stammland dieser Dynastie, die
auch in Rußland und Griechenland (eine Zeitlang auch in Schwe-
*) Die Bewohner des polnischen Sumpflandes kannten und nützten die
günstige Lage und Beschaffenheit ihres Mündungslandes Preußen nicht;
deutsche christliche Ritterschaft im Bunde mit den Seestädten zogen es in
das Bereich deutscher Kultur. Nach langer Störung durch die Polnische
Herrschaft wurde diese Aufgabe durch die Hohenzolleru wieder aufgenom-
men und auf das Hinterland ausgedehnt. Anfiedlung der evangelischen
Salzburger in Ostpreußen durch Friedr. Wilh. I., Kultur des Netzedistricts
durch Friedrich d. Gr.
**) Die den Littanern verwandten, den Reußen anwohnenden Preußen
haben durch ihren ruhmvollen Widerstand ihren Namen verewigt; auch das
treue deutsche Pommerland ist stolz'auf seinen Namen (am Meere); Meck-
lenbnrg hat Slavisches in dem Dienstverhältniß der Landbevölkerung bewahrt,
Wagrien (östliches Holstein) selbst den Namen Stargard in Oldenburg über-
setzt. Ratzeburg-Ratibor.
***) Daher zum Theil der Partikularismus der Bewohner. Die Knicks
Erinnerungen an altsächsische Abgeschlossenheit. Altsächsisches auch im
Bau der Bauernhäuser, die wie in Westfalen auch das Vieh unter ihrem
Dache bergen: engste Concentration des freien Besitzes (weit verschieden
von den Wohnungen der slavischen Bauern).
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438 Die neue Zeit.
Soliman stellte den Seeräubern seine Flotte zur Verfügung', um der Christenheit desto empfindlicher schaden zu können. Mulei Hassau wandte sich an den Kaiser um Hilfe. Dieser landete vor Tunis, eroberte die Stadt und befreite 22 000 Christeu-1538. sklaveu aus der Gefangenschaft. Mulei Hassau erhielt Tunis zurück, aber als spanischer Vasall. Der Menschenraub wurde ihm untersagt. Aber ein zweiter Zng, den Karl neun Jahre später gegen Hayreddin Barbarossa nach Algier unter* 1541. nahm, lief sehr unglücklich ab, da ein Sturm die Flotte zertrümmerte und nur ein kleiner Teil des Heeres gerettet wurde.
443) Das Unglück Karls in Algier bot Franz I. eine zu günstige Gelegenheit dar, um seinem Verlangen nach Rache widerstehen zu können. Er verband sich mit Schweden, Dänemark und den Türken, um Karl an fünf verschiedenen Punkten auf einmal anzugreifen. Doch Karl faud an Genua und England wieder die alten Bundesgenossen. Die Genuesen unter dem Dogeu (Dodschen) Andreas Doria blieben Meister zur See, Heinrich landete in Calais und drang von da aus gegen Paris vor; Karl aber zog durch die Champagne und trieb das Heer des Dauphin (Dofäng) vor sich her. 1544.Franz mußte sich zum Frieden von Crespy (Kräpi) herbeilassen, durch welchen der italienische Zwist dauerud beseitigt wurde.
Anmerkungen.
1. Sultau Solimau Ii. der Große oder der Prächtige belagerte 1522 Rhodus sechs Monate lang. Endlich fiel es durch Berrat, worauf Karl V. den Rhodiser-Rittern die Insel Malta znm Aufenthalte anwies. Mit 100 000 Mann und 300 Kanonen brach der Sultan 1526 in Ungarn ein. Der König von Ungarn Lndwig Ii. ging ihm entgegen, wurde aber vou dem Fürsten von Siebenbürgen Johann Zapolya, der mit seinen Truppen zu ihm stoßen sollte, im Stiche gelassen und fiel in der Schlacht von Moha cs (Mohatsch) nebst vielen Adeligen, Bischöfen und dem größern Teile des Heeres, worauf Pest und Ofen den Türken ihre Thore öffneten (29. Ang. 1526). Lndwig hinterließ keinen Sohn. Nach „den Verträgen sollte jetzt Ungarn an den Erzherzog Ferdinand von Österreich, den Bruder Karls V., fallen. Allein Zapolya ließ sich auf einer Reichsversammlung zu Stuhl-weißeuburg zum König von Ungarn wählen, während Ferdinand zu Preßburg gewählt wurde. Als Zapolya bei Tokay geschlagen wurde, rief er selbst Soliman Ii. zu Hilfe und lieferte ihm sogar die heilige Krone und die Reichsinsignien Ungarns aus. Dafür unterstützte ihn Soliman und nannte ihn Freund, Bruder und Lehensmann. Die Türken erfochten einen großen Sieg bei Essek gegen Ferdinand, welcher nicht in den Besitz Ungarns zu gelangen vermochte und zu Großwar de in (1538) einen Frieden eingehen mußte, wonach er Ungarn bis an die Theiß dem Zapolya überließ. Auch behielt dieser Siebenbürgen und den Titel König von Ungarn. Nach dessen Tode je-
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Extrahierte Personennamen: Mulei_Hassau Mulei_Hassau Karl Karl Barbarossa Barbarossa Karls Franz_I. Franz_I. Karl Karl Karl Andreas_Doria Heinrich Heinrich Karl Crespy Karl_V. Karl_V. Johann_Zapolya Johann Ferdinand_von_Österreich Ferdinand Karls_V. Karls_V. Ferdinand Soliman_Ii Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Tunis Algier Karls Algier Genua England Paris Malta Ungarn Ungarn Ungarns Ungarn Ungarn
§ 227. Österreich. 633
Emmanuel ebenfalls Frieden geschlossen hatte und ein paar« Tage nachher Venedig, welches am längsten Widerstand leistete, kapitulierte, so war in Österreich die Ruhe wieder zurückgekehrt.:
Anmerkungen.
1. Die Studenten Wiens bildeten unter sich eine akademische Legion, von deren Hauptquartier iu der Aula die Befehle ausgingen. Als die Regierung diese Legion aufheben und mit der Nationalgarde verschmelzen wollte, entstanb ein Aufruhr, so daß das Ministerium diese Anordnung zurücknehmen mußte. Bei der Belagerung Wiens befehligte bei- Reichstagsabgeorbnete Robert Blum von Leipzig eine Kompanie und würde deshalb nach der Einnahme der Stadt stanbrechtlich erschossen. Der Pole Bem leitete die Verteibigung der Stadt. Den Aufruhr schürten ganz besonbers ungarische Agenten, welche von Kossuth bezahlt würden. Diesem lag baran, daß Wien die Truppen des Kaisers beschäftige, bamit er selbst in Ungarn sich freier bewegen konnte. Der Ban Jella-chich verließ auch wirklich seine Stellung bei Preßburg, wo er eine Schlacht annehmen wollte, und zog auf Wien zu, als er Nachricht von den Vorfällen in der Stadt erhalten hatte (7. Okt. 1848).
2. In Prag war das Volk vor das Haus des Fürsten Winbisch-grätz gezogen. Zum Schutze besselben hatte sich Militär aufgestellt. Da fiel aus einem gegenüberstehenben Hause eiu Schuß, der die Fürstin Winbischgrätz, die am Fenster stand, tötete. Das Militär schritt nun ein und es entwickelte sich ein Straßenkampf, der das Bombardement zur Folge hatte. In Wien wurde der Kriegsminister Latour von einem Pöbelhaufen an einen Laternenpfahl gehenkt, in Pest der General Graf La mb erg auf der Brücke getötet und durch die Stadt geschleift.
3. Zugleich mit dem Kaiser Ferdinand I. verzichtete dessen Bruder, der Erzherzog Franz Karl, auf die Thronfolge und es gelangte nun nach dem Erbfolgerecht Franz Joseph, der Sohn bieses Erzherzogs und der Prinzessin Sophie von Bayern, an die Regierung. Derselbe ist geboren am 18. August 1830 und mußte vor der Abdankung Ferdinands erst für volljährig erklärt werden.
4. Joseph Freiherr von Jellachich war beim Ausbruche der ungarischen Revolution nur Oberst, wurde aber auf ausdrückliches Verlangen bet Kroaten, die beshalb eine Deputation an den Kaiser schickten, zum Banus des vereinigten Königreichs Kroatien, Dalmatien und Slavonien, zum geheimen Rat und Felbmarfchallleutnant und zum Inhaber zweier Regimenter ernannt. Als der Banus gegen Ungarn marschierte, zwang der ungarische Kriegsminister dem Kaiser zwar ein Manifest ab, in welchem Jellachich aller seiner Ämter und Würden entsetzt wurde, aber dieser gehorchte nicht, behielt das Kommando und half so das Kaiserreich retten.
5. Ludwig Kofsuth war bereits 1830 Advokat und Agitator für bte Sache der Polen. Als solcher staub er einmal wegen Veruntreuung anvertrauten Gutes in Untersuchung. Seine Bewerbung um ein Staatsamt hatte feinen Erfolg und ba er das Vertrauen als Abvokat verloren hatte, so verfaßte er politische Schriften, die ihm eine vierjährige Haft zuzogen. Nach feiner Entlassung würde er Rebafteur. Er griinbete den Schutzverein, der sich verpflichtete, nur ungarische Erzeugnisse zu gebrauchen.
Rolfus, Weltgeschichte. 3. Aufl. 27
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Extrahierte Ortsnamen: Wiens Wiens Leipzig Wien Ungarn Wien Prag Wien Ferdinands Kroatien Dalmatien Ungarn Polen
§ 94. Das östliche Flachland (Rußland).
307
borener Kaufmann. Darum antwortete Peter der Große holländischen Juden, die ihn um Erlaubnis baten in Rußland Handel treiben zu dürfen, und eine große Summe boten: „Freunde, behaltet euer Geld: ein Russe ist so pfiffig wie vier Juden." Zu dem allen gesellt sich eine lebhafte Vaterlandsliebe. Getadelt hat man mit Recht das knechtisch-kriechende Benehmen gegen Vorgesetzte und Gewaltige. Mit diesem Fehler verbindet sich oft eine weitgehende Bestechlichkeit und Käuflichkeit, ja eine auffallende Mißachtung fremden Eigentums. Ihrer Kirche sind die Russen mit großem Eifer zugetan. Mit großer Strenge halten sie z. B. ihre häufigen Fasten; am härtesten sind die Fasten vor Ostern. Darum ist die Butterwoche, welche in dieselbe einleitet, ein großes Fest, wo sich das Volk seinen nationalen Belustigungen ganz überläßt (Schaukeln, Eisrutschberge usw.). Der Ostertag ist ein hoher Feiertag der Kirche, aber anch des Volkes. Hier eigentlich ist die Sitte des Ostereierschenkens zu Hause, jeder begrüßt und küßt den andern mit den Worten: „Christus ist auserstanden", und erhält den Gegengruß: „Er ist wahrhaftig auferstanden." Ein anderes Kirchen- und Volksfest ist die Wasserweihe am Feste Epiphanias.
Rußland befindet sich gegenwärtig in einer Periode der Reform und umfassenden Neugestaltung. Die Leibeigenschaft ist 1861 ausgehoben, der Eisenbahnbau in großartiger Ausdehnung begonnen und die allgemeine Wehrpflicht hat in einer wichtigen Hinsicht den Unterschied der Stände ausgehoben; doch liegt die Volksbildung noch sehr danieder.
Ackerbau, Waldwirtschaft, Viehzucht, Fischfang und Handel bilden die Hauptbeschäftigung der Bevölkerung. Im Ural bedeutender Bergbau. Getreide, Flachs, Hanf, Vieh, Holz, Pelz und Leder, Metalle sind die wichtigsten Ausftchrprodukte. Eingeführt werden hauptsächlich Fabrik-erzeugnisse (aus Deutschland, Österreich und England).
In der Verwaltung wird kein Unterschied zwischen dem europäischen und asiatischen Rußland gemacht. Das europäische umfaßt 60 Gouvernements; dazu kommt das Großfürstentum Finnland, welches nur durch Personalunion mit Rußland verbunden ist und bislang seine eigene Verfassung und Verwaltung hatte, jetzt aber immer mehr russifiziert wird. Wir wollen diese Gouvernements, in größere natürliche Gruppen sie zusammenfassend, durchwandern.
1) Rußland hat zwei Hauptstädte: die eine liegt in des Landes Mitte, hat alle geschichtlichen und nationalen Erinnerungen und einen schon orientalischen Charakter; die aridere (nach Westen schauend) ist erst von Peter dem Großen an der Ostsee in Jngermanland seit 1703 angelegt, zur Residenz erhoben und den Städten des westlichen Europa ähnlich gemacht. Beide sind 604 Werst (1 Werst — 1,067 km) voneinander entsernt.
20*
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220
Mittel - Europa.
2. Drei Hauptgebirge durchziehen das Land: 1) die Alpen, welche
sich von Graubündten und den nördlichen Theilen Italiens durch Tirol,
Salzburg, Oesterreich, Steiermark, Jllyrien theils nach Ungarn hinein,
theils südöstlich am Adriatischen Meere entlang nach der Europäischen
Türkei ziehen. 2) Die Karpathen, in ihrer Längenerftreckung von Pres-
burg aus in einem ungeheuren Bogen das Ungarische Donautief-
land gegen W., N. und O. abschließend, besitzen auf diesem Wege eine
Länge von mehr als 160 geographischen Meilen, und das Bergland, welches
entweder von ihnen unmittelbar oder doch von ihren zahlreichen Ausläufern
gebildet wird, also in ihr System gehört, beträgt in Ungarn und Sieben-
bürgen, in Mähren, Schlesien, Galizien und der Bukowina über 4000
geographische Ouadratmeilen. Außerdem bilden die Karpathen die Haupt-
wasserscheide zwischen der nordeuropäischen Ebene und dem Südosten
Europa's. Der Knotenpunkt dieses Gebirges ist die Hohe Tatra, ein
mauerartiger Bergwall von ca. 8 Meilen Länge, welcher mit zahlreichen,
oft mehr als 8000 Fuß über die Meeresfläche emporgehobenen Fels-
gipfeln, Hörnern und Thürmen besetzt ist, über dessen Kamm theilweise
die europäische Hauptwasserscheide zieht. 3) Die Hereynischen Ge-
birge, welche Böhmen, Mähren und Schlesien durchziehen. Im Osten
der Monarchie ist Tiefland, im Westen Gebirgsland.
Der Hauptfluß der Monarchie ist die Donau, welche das Land von
Passau bis Orsowa, an der türkischen Grenze, an 180 Meilen weit durchströmt
und 120 Nebenflüsse (darunter Inn, Traun, Enns, Leitha, Raab, Drave
und Save am rechten, March oder Morawa, Waag, Gran und Theiß
am linken Ufer) aufnimmt. Die Elbe (mit der Moldau und Eger),
die Oder, die Weichsel und der Dnestr haben ihren weitern Lauf
und ihre Mündungen außerhalb der Monarchie. Der Rhein berührt
Oesterreich nur auf einer 3 V? Meilen langen Strecke. Oesterreich und
Ungarn besitzen viele und bedeutende Seen. Das Adriatische Meer, dessen
westliche Küste flach und sumpfig, desse:: östliche aber gebirgig ist, bietet
für den Handel große Vortheile dar.
3. Das Klima ist sehr gesund, mit Ausnahme der Sumpfgegen-
den. Das Land ist sehr reich an Produkten aller Art. Gold findet sich
in Siebenbürgen; Silber in Ungarn, Siebenbürgen und Böhmen; Queck-
silber bei Idria; Kupfer, Eisen und Blei allgemein; Zinn in Böhmen,
Arsenik, Edelsteine, Marmor, Gips, Thonarten, Schwefel, Braun-und
Steinkohlen, Erdöl in Galizien; Stein- und Ouellsalz in Salzburg.
Oesterreich ist gesegnet an Getreide aller Art, Mais, Reis, Garten- und
Küchengewächsen, Obst, Südfrüchten; Wein und Holz in Ungarn, Tabak,
in Ungarn und Siebenbürgen, Hans und Flachs. Das Land hat vor-
treffliches Vieh, Pferde, Schweine, Schafe, Ziegen, Esel, Bären, Luchse,
Wölfe, Murmelthiere, Gemsen, Schildkröten, Vögel, Fische, Bienen,
Seidenraupen, Blutegel. Ausfuhrprodukte sind: Getreide, Mehl,
Obst, Vieh, Felle und Häute, Flachs und Hanf, Wolle, Kurz-, Baum-
wollen-, Leinen-, Seiler- und Wollenwaaren, Wein, Glaswaaren, Salz,
Tabak, Farbholz, Blei, Stahl, Eisen und Eisenwaaren, Holz und Holz-
waaren, Papier. Einfuhr 233,3, Ausfuhr 273 Mill. Thaler.
991 Meilen Eisenbahn, 3700 Meilen Telegraphenlinien. Liechten-
stein ist mit Oesterreich zollvereint; Trieft und Dalmatien liegen
außer dem österreichischen Zollgebiet.
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Ost-Europa.
(vergl. §. 134, 9); die Wolga und der Ural (vergl. §. 134, 2). Die
Wolga, ein majestätischer Strom, ist die Hauptverkehrsader des russischen
Reichs, sie durschneidet beinahe das ganze Europäische Rußland in diagonaler
Richtung von Nw. nach So.
Der Ladogasee', 324 Q.-M. groß, ist der größte Landsee in
Europa, welcher durch die Newa in den finnischen Busen abfließt. Der
Onegasee, 229 Q.-M., steht mit dem Ladogasee in Verbindung. Der
Peipussee, 65% Q.-M., liegt zwischen Livland und dem Petersburger
Gouvernement. Der I l m e u se e, bei Nowgorod, hängt mittels des Wol-
chow mit dem Ladoga zusammen.
Außer diesen natürlichen Wasserstraßen besitzt Rußland noch viele
künstliche Wasserverbindungen durch Canäle, wovon die wichtigsten schon
von Peter dem Großen ausgeführt oder doch entworfen worden sind.
3. Rußland liegt größtentheils in der gemäßigten Zone — mit
bedeutenden Gegensätzen des Klima's nach der großen Ausdehnung des
Landes. Im südlichen Theile, den unteren Gebieten des Dniestr, Dniepr,
Don, der Wolga und des Ural, gedeihen Wein, Oel, Südfrüchte und
Baumwolle, Getreide, Tabak, Maulbeerbäume. Diese Gegenden sind
reich an Pferden, Rindvieh, Schweinen und Schafen. Auch das Kameel
kommt vor. Im mittlern Theile Rußlands, zwischen der südlichen und
nördlichen Landhöhe, ist das Klima besonders dem Kornbau günstig, es
kommt vor Flachs, Hanf, Tabak und Hopsen, Gemüse. Die Bienenzucht
und die Rindviehzucht ist hier von Bedeutung. In den Gebieten der
Dwina und Petschora ist der Boden wenig angebaut. Auf die großen
Nadelwaldungen folgen Moorfläckeu, der Boden erzeugt nur noch Moose
und Flechten. Von Thieren kommen vor Elen- und Reunthiere, Zobel,
Füchse, Marder, Hermeline, Luchse, Bären, Biber; die Seen sind reich
an Lachsen und Forellen. Das Mineralreich liefert Gold, Silber, Platina
(imuralgebirge), Eisen, Kupfer, Steinkohlen und Marmor. Ausfuhr-
produkte sind: Getreide, rohe Wolle, Leinsaat, Flachs, Talg, Hanf,
Hanfgarn, Holz, Borsten, Heede, Knochen, Pottasche, Hanf- und Flachs-
samen, Hanf- und Leinöl, Tauwerk, Häute, Felle, Eisen, Kupfer, Pferde,
Roßhaare, Pech, Theer, Caviar, Hausenblasen. Einfuhr 243, Aus-
fuhr 275,8 Milk. Thaler.
4. Staatsausgabeu (für den Gesammtstaat): 521 Mill. Thaler,
Schuld: 2729 Mill. Thaler. Stehendes Heer: 575,000 Mann
(Kriegsfuß 978,000 Mann). Kriegsflotte 344 Schiffe mit 2178
Kanonen, Handelsflotte 2132 Schiffe mit 180,992 Tonnen.
5. Die große Mehrzahl der Bewohner sind Slaven, am zahl-
reichsten die Russen (Groß- und Kleinrussen), demnächst Polen und Letten
(am Niemen und an der Düna); außerdem finnische und lappische Bewohner
(in den nördlichen und nordöstlichen Gegenden, vergl. §. 146, 4), viele
andere Stämme und Völkerschaften (Deutsche und Juden, besonders in
den Ostseeprovinzen). Russisch ist die Hauptsprache, dann polnisch und
verwandte Mundarten. In den höheren Ständen wird viel französisch
und deutsch gesprochen (in Kurland). Die herrschende Kirche ist die
griechisch-katholische, außerdem kommen römisch-katholische und protestan-
tische Christen und im Süden Muhamedauer vor.
Die vorzüglichsten Beschäftigungen sind: Ackerbau (im Innern und
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Extrahierte Personennamen: Peter Zobel
Extrahierte Ortsnamen: Ost-Europa Europa Livland Petersburger
Gouvernement Kurland
216
Die drei südlichen Halbinseln.
ebene. (Nicht weit davon in einem Eichenhaine das Orakel Dodona.)
Durazzo, 10,000 Einw., am Adriatischen Meer, Hafen, Handel mit
Oel, Früchten, Tabak. Suli, Bergfestung am Pindus, durch das kleine
Volk der Sulioten — aus Griechen und Arnauten gemischt — wegen
Tapferkeit gegen die Türken berühmt.
6. Bosnien, (mit der Herzegowina), die nordwestlichste Pro-
vinz des türkischen Reichs, ein terrassenartig gestaltetes Bergland, der
nordwestliche Theil des alten Jllyrien. Die Bosniaken gehören zu
dem kroato-serbischen Stamme; unter ihnen ca. 5000 früher aus Spanien
eingewanderte Juden.
Bosna Seraj, 21,000 Einw., Haupthandelsplatz der Provinz.
Mostar, 18,000 Einw., Hauptstadt der Herzegowina, mit Tabak- und
Weinbau, Eisenarbeiten in Klingen und Gewehren.
7. Insel Kandia (Kreta), 200 Q.-M. groß, liegt an der
Südgrenze des Archipels, ist von einer hohen Gebirgskette durchzogen und
producirt Wein, Baumwolle, Oel und Südfrüchte. Die Bevölkerung ist
zur Hälfte türkisch, zur Hälfte griechisch.
Hauptstadt Chania, 8000 Einw., mit wichtigem Handel, bester
Hafen der Insel.
B. Die mittelbaren Länder.
1. Fürstenthum Serbien auf dem rechten Donauufer, in welchen
Fluß hier die Save inündet, von der Morawa durchströmt (das obere
Mösien der Römer), hat 791 Q.-M. und 1,222,000 Einw., ist waldig
und gebirgig, voller Schluchten, Thäler und Ebenen. Der Fürst von
Serbien zahlt jährlich 0,13 Mill. Thaler Tribut als türkischer Vasall.
Ausfuhrartikel sind: Hornvieh, Schweine, Häute, Wolle, Talg,
Felle. Einfuhr 9,8, Ausfuhr 8,, Mill. Thaler.
Belgrad, 22,000 Einw., Residenz und Hauptstadt, am rechten
Donau- und rechten Save-Ufer, Stapelplatz zwischen Konstantinopel und
Salonich — und Wien und Pest. Waffen-, Teppich-, Seiden- und
Baumwollenwaaren und Lederfabriken. Die Einwohner sind Serben,
Armenier, Griechen und Juden. Die Citadelle gehörte bis 1867 un-
mittelbar zur Türkei. In den Kriegen zwischen Oesterreich und der Türkei
ist Belgrad öfter belagert worden. Krakujevac, 4000 Einw., frühere
Residenz des Fürsten; hier tagt die Skuptschina (— Volksvertretung).
Schabatz, 4000 Einw., an der Save, mit Weinbau und wichtigem Handel.
2. Die Donaufürftenthümer oder Rumänien bestehen aus
den jetzt unter einer Herrschaft vereinten Fürstenthümern die Walachei
und die Moldau, welche 4 Mill. Piaster an ihre türkische Oberherr-
schaftzahlen. Ansfuhrprodukte sind: Getreide, Wolle, Salz, Tabak,
Pferde, Vieh, Knochen, Ochsenhäute, Talg, Petroleum. 432 deutsche
Meilen Telegraphen. Einfuhr: 17,s, Ausfuhr: 34 Mill. Thaler.
Die Walachei (das alte Da eien) ist größtentheils Tiefland
zwischen der Donau und Siebenbürgen, mit Steppen und Weiden, auch
Ackerland. Sie wird durch die Aluta in die große und kleine Walachei
getheilt. 1330 Q.-M., 2'/-Mill. Einwohner. Außer Inden, Armeniern,
Griechen, Zigeunern, leben hier die Walachen oder Rumänen,
Mischlinge aus Slaven und Römern, ihre Sprache hat Aehnlichkeit mit
der französischen.
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