— 58
Neu-Orsova endet, und durchzieht die walachische Niederung in einem
flachen, nach Norden offenen Bogen. Durch die hügelige Platte der
Dobrudscha wird der Strom noch einmal auf eine kurze Strecke
nordwärts gedrängt und biegt dann rechtwinklig nach Osten.
Von den drei Hauptmündungen, die ein sumpfiges Delta einschließen,
ist nur die mittlere, die Sülina, schiffbar.
Nebenflüsse der Donau siud:
a) rechts: 1. die Jller, 2. der Lech, 3. die Isar links mit den
Abflüssen des Ammer- und Starnbergersees, 4. der Inn, der links die
Gewässer des Tegern- und rechts die des Chiemsees sowie die Salzach
aufnimmt, 5. die Traun aus den Seen des Salzkammerguts, 6. die
Enns, 7. die Leitha, 8. die Raab, 9. die Drau links mit der Mur,
10. die Save vom Terglou. Alle diese Nebenflüsse kommen von den
Alpen und führen der Donau gewaltige Waffermengen zu. Vom Balkan-
system strömen noch zur Douau: 11. die Morawa und 12. der Jsker;
b) links: 1. die Wörnitz, 2. die Altmühl, 3. die Naab und
4. der Regen münden in der Nähe von Regensburg, wo die Dampf-
fchiffahrt auf der Donau beginnt, 5. die March, 6. die Waag,
7. die Gran, 8. die fischreiche Theiß, der größte Nebenfluß (so
lang wie der Rhein), 9. der Alt, 10. der Seret und 11. der Prut.
Der Rhein.
Der Rhein, „Deutschlands Strom, nicht Grenze", ist wirklich
ein ganz deutscher Strom, denn wenn auch das Quell- und
Mündungsgebiet nicht zum Deutschen Reiche gehören, so haben sie
doch deutsche Bevölkerung.
Der Rhein entsteht auf der Ostseite des St. Gotthard aus dem
Vorder- und Mittelrhein, fließt zuerst nach Nordosten und ver-
einigt sich bei Reichenau mit dem Hinterrhein vom Rheinwaldgletscher.
Bei Chur wendet er sich nach Norden, durchströmt den grünen Boden-
see und den Untersee, durchbricht westwärts den Jura und bildet bei
Schaffhausen den 24 in hohen Rheinfall. Bei Basel nach Norden
umbiegend, fließt er, immer noch ein reißender Strom, durch die
oberrheinische Tiefebene. Von der Münduug des Mains ab wendet
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— 100 —
die zweitgrößte Stadt Ungarns, ein sehr lebhafter Handelsplatz.
Nördlich vom Franzens-Kanal, welcher die Donau mit der
Theiß verbindet, liegt Maria-Theresiopel (75 000 E.), der
Marktplatz für die Produkte der getreide- und viehreichen Umgebung.
•—- Östlich der Theiß, zwischen Maros und Donan liegt Temesvar
(40 000 E.). — An der Grenze gegen Rumänien, am „Eisernen
Thor", der nunmehr für die Schiffahrt regulierten Stromschnelle der
Donau (Bild S. 57), ist Alt-Orsova. In der Nähe die warmen
Schwefelquellen (Herkulesbad) von Mehadia.
Siebenbürgen hat zum Teil deutsche Bevölkerung (etwa V^Mill.),
die sogenannten Sachsen, deren wichtigste Orte das gewerbreiche
Kronstadt (33 000 E.) und Hermannstadt sind. — In dem
von Magyaren bewohnten Gebiete liegt Klausenburg (34000 E.).
Universität. — Die im Westen lebenden Rumänen, über die
Hälfte der Bevölkerung, haben keine größere Stadt.
2. Fiume samt Gebiet. Die Stadt Fiume (31000 E.) am
Busen vou Quarnero ist der Hauptplatz für den ungarischen
Seeverkehr.
3. Kroatien und Slavonien. Die Hauptstadt Agram unfern
der Save hat 38 000 E. Universität. —- Esseg ist eine Festuug
oberhalb der Draumündung.
(Bosnien und die Herzegowina siehe S. 125.)
Die Schweiz.
I. Die Schweiz ist vorherrschend Gebirgsland. In der
südlichen Hälfte erheben sich gewaltige Massen der Alpen. An ihrem
nördlichen Abhang breitet sich die wellenförmige schweizerische
Hochebene aus, welche gegen Frankreich vom Jura, einem Wasser-
armen, bis zu 1700 m hohen Gebirge abgeschlossen wird. — Die
Schweizer Alpen sind alljährlich das Reiseziel Tausender von Frem-
den, die hierher eilen, die Wunder der Hochgebirgswelt stauneud
zu betrachten. Besonders besucht ist das sogeuannte Berner Ober-
land. In kühnen Formen erheben sich hier Gipfel wie das Finster-
aarhorn, die Jungfran u. a. zu einer Höhe von über 4000 m.
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Extrahierte Personennamen: Alt-Orsova Mehadia
Extrahierte Ortsnamen: Ungarns Donau Maros Donan Temesvar Donau Sachsen Kronstadt Hermannstadt Klausenburg Fiume Kroatien Agram Bosnien Frankreich
— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
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— 100 —
im W., und den in der Sprache romanisch gebliebenen dakischen.
Stamm der Walachen (Rumänen) im O. „wie eine Krebs-
scheere" umfaßt. — Der Donaustrom der Führer der Völker-
Wanderungen (vgl. S. 29). Zwischen der Pforte von Theben
(Deven) und dem eisernen Thore (Orsova), den beiden Grenz-
punkten des Mittlern Donaugebiets, die Karpathen, ein auf
jenen beiden Punkten ruhender, 180 Meilen langer Kreisbogen
(Ostspitze und höchster Theil des mitteleuropäischen Gebirgsdrei-
ecks), ein Gebirgssystem von ungleichartiger Coustruetion: zwei gra-
nitne Gebirgsmasseu mit Hochgebirgscharakter (aber ohne Firn
und Gletscher) die Centralkarpathen mit den aus einer
kleiueu Hochebene sich schroff und zackig erhebenden Spitzen der
Tatra (Gerlsdorfer Spitze 8374'), und die ein großes Hoch-
landsviereck einschließenden transsyldänischen Alpen, beide
durch einen leicht übersteigbareu breiten Kaum: von nur 3000',
das karpathische Waldgebirge, mit einander verbuuden.
Abdachung der Außenseiten zu den Thälern der March und
Oder gegenüber den Sudeten (vgl. S. 24), der Weichsel, des
Dujeftr und Pruth gegenüber dem süduralifcheu Landrücken,
und zum Tieflande der nntern Donau. Steiler fallen die in-
nern Wände*) zur ober- und niederungarischen Tief-
ebene ab. An das rechte Ufer der Mittlern Donau treten die
Ausläufer der Alpen dreimal: 1) mit dem Leithagebirge,
gegenüber den kleinen Karpathen (westliches Thor: Theben),
2) mit dem Bakonywalde, gegenüber dem Neograder Kar-
parthenzweige (mittleres Thor: Waizen), 3) mit den Hügeln vou
Syrminm (Syrmische Halbinsel), der Fortsetzung des Wa-
rasdiner Gebirges. Das illyrisch-serbische Bergland
erreicht die Donau gegenüber dem Banaler Gebirge (östliches
Thor: Orsova) **). Hier der Eintritt der untern Donau (Ister)
in die große Walachische Tiefebene***); zunächst ein brei-
*) In Siebenbürgen ist die Außenwand gegen das Walachische
Tiefland am steilsten, vgl. die Südränder der Aequatorialgebirge vom Hima-
laya bis zu den Alpen und Pyrenäen.
**) In der Nähe dieser Thore übertrifft der aufgeschwemmte Boden die
Tragfähigkeit des lombardischen, namentlich auf der Insel Schütt (zwischen
Presburg und Komorn) und im Mündungsgebiet der Theiß.
***) Hier überschritt auch Trajan die Donaugrenze: das nördliche Gebirge
lockte zu den Aquae Herculis, der Schwefelquelle von Mehadia (noch
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64
Mitteleuropa.
Seehandelsstadt des Staates am Mittelmeer. — Krakau, starke Festung in
Galizien au der Weichsel; in der Nähe das berühmte Salzbergwerk von
Wieliczka (wjilitschka). — *Lemberg, Laudes-Hst. von Ostgalizieu.
b) In Ungarn. Eosen-Pest, vereinigte Reichs-Hst. ans Heiden
Seiten der Donau. Mittelpunkt des gesamten ungarischen Handels. Tokay
an der Theiß, berühmter Weinbau. Debreczi n (debretzin), echte Magyaren-'
stabt inmitten ddr Pußta, große vielbesuchte Markte. Preß bürg, frühere
ungarische Krönüngsstadt an der Donau; an der Pforte, die hier von Oester-
reich nach Ungarn führt, *Szegedin. zweite Stadt Ungarns und bedeutende
Handelsstadt an der Theiß. — In Siebenbürgen: Her mann st adt und
Kronstadt. Sachsenstädte. Klausenburg. Magyarenstadt.
4. Rumänien.
(130000 gkm, 5,5 Mill. E-)
(Eckert. Schulatlas S. 18—20)
Das Königreich Rumänien umfaßt die 8.- und O.-Abdachung der 8.- und
O.-Karpaten, die ihnen vorgelagerte, weite, frinchtbare Tiefebene und das
Donaudelta. Es liefert große Mengen Getreide, besonders Weizen und Mais,
auf den europäischen Markt. — Die Bevölkerung ist r omani scher Abstam-
mung und gehören der griechischen Kirche an. Hst.: ^Bukarest.
5. Frankreich.
(536000 schm. 39 Mill. E.. mit Kolonien über 4 Mill. schm, 80 Mill. E.)
(s. Eckert. Schnlatlas S. 13.)
1. Pas Land. Lage und Grenzen nach der Karte. —
Bodengestaltung. Im 8. zieht sich ans der Grenze von Spanien und
Frankreich das Hochgebirge der Pyrenäen hin (s. S. 67), das Quellgebiet
der Garonne. Der Südosten des Landes wird von den französischen Alpen
erfüllt, auf denen die französisch-italienische Grenze hinläuft. Das wildeste und
rauheste der französischen Alpenländer ist Savoyen. Hier erhebt sich auch der
höchste Berg Europas, der Montblanc (4800 m). Etwa in der Mitte des
Gebirgszuges der Westalpen liegt der Mont Cenis (mong ßeni). Der Mont
Cenis-Tunnel ist für den Verkehr zwischen Frankreich und Italien, sowie
England und Ostindien sehr wichtig. Alls der Grenze zwischen Frankreich und
der Schweiz zieht sich der Schweizer Jura hin, ein rauhes, wasserarmes
Kalkgebirge. Das Thal der Rhone und Saöne (ßön) trennt dieses Grenz-
gebirge von dem Gebiet der französischen Mittelgebirge, die sich im Innern
Frankreichs hinziehen, steil zum Thal der Rhone und Saöne abfallen und sich
allmählich nach Nw. und W. abdachen. Sie sind das Quellgebiet zahlreicher
Flüsse.
Die Rhone ebene erstreckt sich zwischen den Westalpen und den fran-
zösischen Mittelgebirgen von N. nach 8. und erweitert sich im s. Teile zur
Ebene der Provence (prowangs). Beschreibe den Lauf der Rhone!
Warum gehen ihr von links die wasserreichsten Nebenflüsse zu? Ihr Mün-
dungsgebiet ist ein mit Sümpfen und Steingeröll angefülltes Delta mit flacher,
versandeter Küste. Daher liegen denn auch die großen Seestädte weiter
östlich, an dem höheren, buchtenreichen Gestade. Die Ebene selbst zeigt eine
reiche Bodenkultur von Reben, Öl-, Maulbeer- und Mandelbäumen. — Die
Niederung der Rhone fetzt sich n. im Thal der Saöne und der niedrigen
Hochfläche von Burgund fort, die durch die burgundische Pforte
offen mit der Rheinebene zusammenhängt.
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Extrahierte Ortsnamen: Mitteleuropa Krakau Galizien Ungarn Eosen-Pest Donau Donau Oester- Ungarn Ungarns Siebenbürgen Kronstadt Klausenburg Donaudelta Frankreich Spanien Frankreich Europas Frankreich Italien England Ostindien Frankreich Schweiz Frankreichs Burgund Rheinebene
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Extrahierte Personennamen: Abdul_Aziz Alexander_Ii Alexander
58
öffentlicher Erörterung (steigende Wichtigkeit des Zeitungs-
wesens); lebhafte Parteiung überall. Die Freiheitsideen ver-
binden sich überall mit nationalen, für den Augenblick
niedergehalten, nur scheinbar besiegt. Diesen Zeitpunkt
glaubte der Czar Nikolaus I. von Russland, berauscht von
seinen Erfolgen in Ungarn und Deutschland, sich fühlend als
Hort und Haupt der „konservativen Interessen", günstig um in
der Theilung der Türkei ein Seitenstück zur Theilung Polens
zu liefern.
I. Der Krimkrieg 1853—1856.
Der russische Kaiser versucht zuerst Verständigung mit
England; schickt im Verfolg der Verhandlungen über die
Frage der heiligen Stätten (Febr. 1853) den Fürsten Menzikoff
nach Constantinopel und verlangt eine Verbürgung der Privi-
legien des griechisch-russischen Cultus im türkischen Reich
durch förmlichen Vertrag — mit andern Worten ein russisches
Protektorat über die 10 Millionen türkischer Unterthanen grie-
chischen Bekenntnisses. Als die Pforte diese in brüsker Form
gestellten Forderungen ablehnt, lässt er ein Heer von 40,000
Mann in die Donaufürstenthümer einrücken. Vermittlungsver-
suche der zur wiener Konferenz zusammentretenden Mächte
scheitern; die Flotten Englands und Frankreichs erscheinen
im aegeischen Meer, es gelingt dem Czaren nicht, Oesterreich
und Preussen auf seine Seite zu ziehen.
Im Oktober 1853 erklärt die Pforte Krieg. Während an
der Donau russische und türkische Truppen in entscheidungs-
losen Gefechten sich messen, wird 30. November ein türkisches
Geschwader im Hafen von Sinope vernichtet. Erneuerte Vor-
schläge der wiener Konferenz von dem Czaren verworfen4, die
Flotten der beiden „Westmächte" England und Frankreich
laufen im schwarzen Meere ein und ihre Regierungen stellen
Russland eine Frist zur Räumung der Donaufürstenthümer,
während Oesterreich und Preussen dem heraufziehenden euro-
päischen Kriege gegenüber unter einander ein Schutzbündniss
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Deutschland England Constantinopel Donaufürstenthümer Englands Frankreichs Oesterreich Preussen Donau England Frankreich Russland Donaufürstenthümer Oesterreich
49
(7. März 1849). Dasselbe verkündet d. d. 4. März eine frei-
sinnige, aber nur auf Täuschung berechnete Gesammtstaats-
verfassung, nach welcher Oesterreich einschliesslich Italien und
Ungarn eine untheilbare und unauflösliche constitutionelle
Monarchie bilden solle. Um diesen Einheitsstaat zur Wirk-
lichkeit zu machen, galt es nunmehr Ungarn zu bezwingen,
dessen Reichstag die Thronbesteigung Franz Josephs nicht als
rechtsgültig anerkennt. Bei der erbärmlichen Führung der
österreichischen, der überlegenen'führung der ungarischen Trup-
pen (Görgey) erleiden die ersteren Niederlage auf Niederlage, so
dass der Kaiser Franz Joseph 1. Mai sich genöthigt sieht, die ihm
vom Kaiser Nikolaus von Russland „mit edelster Bereitwilligkeit“
angebotene russische Hülfe in ihrem vollen Umfang anzuneh-
men. Die Ungarn, in deren Reichstag der Führer der radi-
kalen Partei, Ludwig Kossuth, 14. April den Beschluss
der Absetzung des Hauses Habsburg durchgesetzt hat,
werden nun durch die Uebermacht erdrückt; nachdem der
Widerstand bis aufs äusserste fortgesetzt ist, streckt am
13. Aug. 1849 das ungarische Heer noch 22,000 Mann unter
Görgey vor den Russen unter Paskiewitsch bei Vilagos die
Waffen. „Ungarn liegt zu den Füssen Ew. Majestät“, schreibt
der letztere an den Kaiser Nikolaus.
5. Nunmehr wieder Herr seiner Entschlüsse, siegreich in
Italien (Venedig fällt 22. Aug. 1849), „siegreich“ in Ungarn,
von Russland gedeckt, nimmt Oesterreich den mattherzigen
preussisch-deutschen Unionsbestrebungen gegenüber Stellung.
Es vereinbart mit Preussen das sogenannte Interim, eine ge-
meinsame Commission, in deren Hände der Erzherzog-Reichs-
verweser Dec. 1849 seine Schattengewalt niederlegt. Während
in den Einzelstaaten der reactionäre Umschwung immer voll-
ständigerwird, ein Märzministerium nach dem andern, eine „März-
errungenschaft“ nach der andern verschwindet, geht mit der Frei-
heit auch die Einheit rückwärts. Der „Verwaltungsrath der Union“
beruft Febr. 1850 einen Reichstag der Unionsstaaten nach Erfurt,
welchen jedoch Hannover und Sachsen, die das Dreikönigs-
bündniss nicht um es zu halten abgeschlossen hatten, nicht
beschicken und der 20. März zusammengetreten, ,am 29. April
„vertagt“ wird; Oesterreich aber, dem i|fverzagten Handeln
kecken Muth entgegensetzend,^ seines Russischen Verbündeten
Jäger ^Abriss der neuesten Geschichte. ^ 4
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Extrahierte Personennamen: März Franz_Josephs Franz Franz_Joseph Franz Nikolaus Ludwig_Kossuth Ludwig Nikolaus Muth
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Italien Ungarn Russland Ungarn Nikolaus Italien Venedig Ungarn Russland Oesterreich Erfurt Sachsen Oesterreich
264
Dritte Periode der neueren Geschichte.
Der Aufstand
der Griechen
1821-1827.
Die
Befreiung
Griechen,
lands vom
türkischen
Joche
Bundestag zu Frankfurt den 13. Artikel der Bundesacte von der Ein-
führung landständischer Verfassungen zur Berathung empfahl. Dieser
letzte schwierige Punkt veranlaßte noch im nämlichen Jahre einen be-
sonderen Ministereougreß sämmtlicher deutscher Bundesstaaten zu Wien,
dessen Beschlüsse als die Schlußakte des deutschen Bundes einstimmig
angenommen wurden. Sie zielten hauptsächlich dahin, den Landständen
der einzelnen Staaten, welche allmählich ins Leben traten, jegliche Ein-
mischung in allgemeine deutsche Angelegenheiten zu entziehen, sowie die
Souverainität den Ständen gegenüber durch Verheißung der Bundes-
hülfe zu heben.
Schon seit der Eroberung Constantincpels schmachteten unsere
Glaubensbrüder, die Griechen, unter dem Joche der Türken, des Erb-
feindes des Christenthums. 1814 war zu Wien zur Zeit des Congresses
von dem russischen Staatssecretär Grafen Capodistrias und dem in
Pisa lebenden Erzbischof Ignatius unter dem Namen Hetäria ein ge-
heimer Bund gestiftet worden, welchem nicht nur die angesehensten
Griechen, sondern auch einflußreiche Männer anderer Nationen ange-
hörten. Dem ursprünglichen Zwecke, das griechische Volk durch wissen-
schaftliche Lehranstalteu und Volksschulen zu bilden, gesellte sich bald
ein anderer bei, das türkische Joch von Griechenland abzuschütteln.
Man baute auf Hülfe von Rußland und auf die Ohnmacht der Türken.
Der Aufstand begann unter den Griechen in der Moldau und
Wallachei, wo der Sohn eines ehemaligen Hospodars der Wallache!,
Alexander Apsilanti, ein russischer Generalmajor, die Griechen zur Ab-
werfung des türkischen Joches aufforderte. Vou allen Seiten stürmten
heldenmüthige Schaaren zu seinen Fahnen, mit denen Npsilauti die
Türken zu bezwingen hoffte. Im Peloponnes, in Hellas und Thessalien,
auf den Inseln entbrannte zu gleicher Zeit der Aufruhr. Allein die
Griechen fanden nirgends Beistand, im Gegentheil erklärten die auf
dem Congresse zu Laibach versammelten Monarchen auf Metternichs
Rath, daß sie die revolutionäre Bewegung der Griechen nicht unter-
stützen würden. Bei Galacz und bei Dragaschau ward die heilige
Schaar der Hetäristen aufgerieben; Npsilauti floh nach Siebenbürgen,
wo er verhaftet wurde und vier Jahre in östreichischer Gefangenschaft
schmachtete. Der Sultan richtete nach diesen Vorgängen unter den zu
Constantinopel wohnenden Griechen ein furchtbares Blutbad an, weil
er sie mit den revolutionären Bewegungen ihrer Glaubensbrüder ein-
verstanden erklärte. Viele Familien wurden ermordet oder beraubt und
verbannt, der 72jährige Patriarch von Constantinopel am Ostertage
vom Hochaltare gerissen und mit seinen Bischöfen am Haupteingange
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Constantincpels Capodistrias Ignatius Hetäria Alexander_Apsilanti Alexander Metternichs
Rath
'
Von der ersten französischen Revolntion bis zur Gegenwart. 283
überschritt alsbald die ungarische Grenze, mußte sich aber wieder zurück-
ziehen. Kurz darauf ernannte der Kaiser, nachdem er die ungarische
Nationalversammlung aufgehoben hatte, den Banns zum Stellvertreter
des Kaisers in Ungarn und bekleidete ihn mit unumschränkter Gewalt. ®ic Otloßexi
Die Wiener widersetzten sich sofort dem Abmarsche der östreichischen Wie,-. 1848.
Truppen, welche zu Iellachichs Armee nach Ungarn aufzubrechen Befehl
erhalten hatten, und das gesammtc Proletariat der Kaiserstadt bewaffnete
sich. Der Kriegsminister Latour ward vom Volke grausam ermordet.
Da verhängte der Kaiser den Belagerungszustand über Wien, schloß die
Stadt ein und ließ sie durch den Fürsten Windischgrätz beschießen, den
Reichstag aber nach Kremsier in Mähren verlegen. Wien konnte sich
nicht lauge halten und fiel den Truppen in die Hände. Ein blutiges
Strafgericht ward über die Rädelsführer „der Wiener Oktoberrevolution"
gehalten. Robert Blum, ein Mitglied des Frankfurter Parlaments,
welcher auf die Kunde von diesen Vorgängen nach Wien geeilt war,
Ludwig Messenhauser, der Commandant der Wiener, und andere Führer
des Volkes, welche man ergriffen hatte, wurden standrechtlich erschossen.
Viele waren entflohen und hatten sich nach Ungarn gewandt, insbe-
sondere Pulsky, Bem und Fenueberg. Diese traurigen Verhältnisse Kaiser Fcrdi-
hatten die Bildung eines neuen Ministeriums zur Folge, dessen Seele
und Vorstand der Feldmarschalllieutenant Fürst Felix von Schwarzen- des Erzher-
berg wurde, und veranlaßten den Kaiser die Krone zu Gunsten des
jungen Erzherzogs Franz -Joseph niederzulegen. Da der Reichstag in
Kremsier den Grundsatz festhielt, daß alle Staatsgewalt vom Volke
ausgehen müsse, so ward er aufgelöst, und Oestreich erhielt eine Ver-
fassung (1849), welche für sämmtliche Kronländer gelten sollte, aber
1851 mit einer andern vertauscht wurde *). Doch dauern die Ver-
fassungsveränderuugen bis zur Gegenwart fort.
Der Aufstand in Ungarn war inzwischen planmäßig organisirt Derauistcmd
und über ganz Ungarn und Siebenbürgen ausgedehnt worden. Fürst
________________ sischer Hülse
unterdrückt.
*) In derselben ist die Gleichheit aller Staatsangehörigen vor dem Gesetze,
die Ablösbarkeit aller Feudallasten und jede in den Kronländern gesetzlich
anerkannte Kirche in dem Rechte gemeinsamer öffentlicher Religionsnbung
bestätigt. Die Minister sind nur dem Kaiser verantwortlich. Sie erkennt
der katholischen Kirche die kirchliche Disciplinargewalt und die Verwaltung
der geistlichen Güter zu, setzt die Jesuiten in ihre früheren Rechte ein
und ordnet statt der Censur ein strenges Preßgesetz an. Die Einheit des
Kaiserstaates soll unwandelbar erhalten und in allen Kronländern die
politische Verwaltung in gleicher Weise geordnet werden. Einen Reichs-
tag setzt sie nicht ein.
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Extrahierte Personennamen: Latour Robert_Blum Ludwig_Messenhauser Ludwig Felix_von_Schwarzen- Felix Franz_-Joseph Franz Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Wien Wien Wien Ungarn Ungarn Ungarn