Von der ersten französischen Revolution bis zur Gegenwart. 265
Walachei, wo der Sohn eines ehemaligen Hospodars der Walachei, Alexander Dpsilanti, ein russischer Generalmajor, die Griechen zur Ab-werfung des türkischen Joches aufforderte. Von allen Seiten strömten heldenmüthige Scharen zu seinen Fahnen, mit denen Dpsilanti die Türken zu bezwingen hoffte. Im Peloponnes, in Hellas und Thessalien, auf den Inseln entbrannte zu gleicher Zeit der Aufruhr. Allein die Griechen fanden nirgends Beistand, im Gegentheil erklärten die auf dem Congresse zu Laibach (1821) versammelten Monarchen auf Metternichs Rath, daß sie die revolutionäre Bewegung der Griechen nicht unterstützen würden. Bei Galacz und bei Dragetschan ward die heilige Schar der Hetäristen aufgerieben; Apsilanti floh nach Siebenbürgen, wo er verhaftet wurde, um 6 Jahre lang in österreichischer Gefangenschaft zu schmachten. Der Sultan richtete nach diesen Vorgängen unter den zu Konstantinopel wohnenden Griechen ein surcht-bares Blutbad an, weil er sie mit den revolutionären Bewegungen ihrer Glaubensbrüder einverstanden erklärte. Viele Familien wurden ermordet oder beraubt und verbannt, der 72jährige Patriarch von Konstantinopel am Ostertage 1821 vom Hochaltare gerissen und mit seinen Bischöfen am Haupteingange seiner Kirche aufgehängt, diese selbst nebst 15 anderen dem Boden gleichgemacht. Die Fürsprache Rußlands und Oesterreichs blieb unbeachtet.
Die Wuth der Türken gegen die Griechen fachte den Aufstand nur noch heftiger an. Zu Wasser und zu Lande brach der Krieg aus und wurde auf beiden Seiten mit der heftigsten Erbitterung und der furchtbarsten Grausamkeit geführt. Am glücklichsten waren die Griechen zur See. Mit ihren kleinen, gefährlichen Brandern fuhren sie an die feindlichen Schiffe heran und steckten sie in Brand; unter Canaris Sachturis und Miaulis verrichteten sie Thaten, welche ihrer Vorfahren würdig waren. Der Kapudan Pascha, Admiral der türkischen Flotte, hatte auf der Insel Ehios fast alle Griechen, Männer, Frauen, Greife und Kinder, ermorden lassen. Er ward von der griechischen Flotte angegriffen und mit feinem Admiralschiffe in die Luft gesprengt. Gleiches Schicksal traf seinen Nachfolger. Im Landkriege zeichneten sich Demetrius Ipsilanti, Odysseus, Niketas, die Brüder Marko und Noto Bozzaris, Guras, Kolokotroni und Maurokordato aus und entrissen den Türken den größten Theil von Morea.
Der Heldenmuth und die Selbstverleugnung der Griechen erregte in ganz Europa neben hoher Bewunderung innige Theilnahme. Es bildeten sich allenthalben Vereine zur Unterstützung der Griechen mit Waffen, Geld und anderen Bedürfnissen, und viele für die griechische
Die Befreiung Griechenlands vom türkischen Joche
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Dpsilanti Alexander Canaris_Sachturis Kapudan_Pascha Demetrius_Ipsilanti Niketas Marko Noto_Bozzaris Morea
Griechenland.
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(Zeugen davon sind vorzugsweise Jerusalem, der Athos, überhaupt die
griechischen Klöster und Kirchen). Napoleon erkannte es ganz gut, daß
Rußland durch die christliche Bevölkerung die Türkei allmählig zerbröckle,
wie die Wurzeln von Sträuchern und Kräutern im Laufe der Zeit ein
Gemäuer sprengen, und als er über Italien gebot, auch Dalmatien und
die jonischen Inseln inne hatte, entwarf er den Plan die Türken aus
Europa zu vertreiben; allein weil er Rußland einstweilen noch gegen Eng-
land und Oesterreich brauchen wollte, überließ er die Türkei dem Kaiser
Alerander, und nach seinem Sturze hatte Rußland das entschiedene
Uebergewicht in Europa. Deßwegen kehrten sich die Hoffnungen der
Griechen wieder ausschließlich nach St. Petersburg und unmittelbar
nach dem zweiten Pariser Frieden organisierte sich die Hetärie, die
griechische Nachahmung des deutschen Tugendbundes gegen Napoleon.
Ihr Stifter war der russische Minister Kapo d'jstria (er schrieb sich
Kabodistria), ein Grieche aus Korfu, ihr angeblicher Zweck die Beför-
derung der Bildung unter den Griechen, und sie breitete sich vom Pruth
bis in den Peloponnes (Morea) und über die Inseln aus. Der Aus-
bruch erfolgte im Januar 1821 in der Walachei durch einen Gutsbesitzer
Wladimiresko, einen ehemaligen russischen Offizier, der aber mit der
Hetärie in keiner Verbindung gestanden haben soll. Den Anlaß gab
der eben ernannte Hospodar Kalimachi, von dem nach dem gewöhn-
lichen Gange der Dinge die Erpressungen gefürchtet wurden, durch welche
sich die neu ernannten Hospodare für die zur Bestechung der türkischen
Großen verwendeten Summen (den Weg zum Hospodariate) schadlos
zu halten pflegten. Wladimircskos Haufen wuchs auf 4000 Mann und
den Hetäristen schien der Augenblick zum Losschlagen sehr günstig. Sie
rechneten so: „Die christliche Bevölkerung wird sich allgemein gegen die
Türken erheben und da sie denselben an Zahl wohl dreifach überlegen
ist, muß der Aufstand gelingen, um so leichter, da auch den mohamme-
danischen Albanesen und Bosniaken die Türken kaum weniger verhaßt
sind als den Griechen, der Pascha von Janina aber gegen die Pforte
in offener Empörung begriffen und mit den christlichen Bergbewohnern
Aetoliens, den Sulioten, im Bündnisse ist. Es ist daher nicht schwer,
die zerstreuten Türken in den Provinzen zu überfallen und in die schlecht
oder gar nicht befestigten Städte einzuschlicßen, ein großes christliches
Heer zu sammeln und mit demselben vor Konstantinopel zu marschieren,
dessen Eroberung durch den Aufstand der zahlreichen Griechen in der
Stadt möglich wird." Allein die ganze Berechnung schlug fehl. Ale-
xander Ipsilanti, ein mit den Komnenen verwandter Fanariote
(Grieche von adeliger Abkunft, in Konstantinopel wohnend), General
in russischen Diensten, und ein anderer Fanariote, Kantukazeno, über-
schritten mit etwa 30 Griechen die russische Gränze und riefen zu Jassy
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Kabodistria Wladimiresko Hospodar_Kalimachi Wladimircskos Janina
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Jerusalem Italien Dalmatien Europa Oesterreich Europa Petersburg Korfu Konstantinopel
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Die Zeit von 1815 bis 1857.
alle Christen auf das türkische Joch zu zerbrechen. In Jassy und Ga-
lacz wurden auch sogleich einige hundert dort wohnende Türken umge-
bracht, aber die große, stumpfe Bauernmasse nahm so wenig an dem
Aufstande Antheil, als ihre Herren, die schwelgenden Bojaren. Apsilanti
brachte kaum 5000 Mann zusammen, ließ zwar den ungehorsamen Wla-
dimiresko erschießen, aber die im türkischen Solde stehenden Albanesen gin-
gen nicht zu ihm über, er verzweifelte, daß die Griechen sich allein be-
freien könnten und flehte den Kaiser Alexander von Rußland um Hilfe an.
Dieser versagte sie in strengen Worten, denn eben waren auf dem Kon-
gresse zu Laibach die Revolutionen in Spanien und Italien verurtheilt wor-
den und hatten sich die Monarchen des Festlandes aufs neue das Wort ge-
geben, jede revolutionäre Bewegung zu unterdrücken, und als eine solche
wurde auch die griechische betrachtet. Sie fand in der Moldau und
Walachei bald ein blutiges Ende; die Türken hieben die aufständischen
Schaaren zusammen (im Juni 1821; am 19. wurde bei Dragaschan
die heilige Schaar aufgerieben, etwa 300 griechische Jünglinge, die größ-
tentheils auf deutschen Hochschulen studiert hatten); Ipsilanti flüchtete nach
Siebenbürgen, und wurde auf Befehl der österreichischen Regierung bis
1827 auf der Bergfestung Munkacz in Haft gehalten.
Unterdessen war auch im eigentlichen Griechenland der Aufstand
ausgebrochen, im Peloponnese zu Kalavrita am 18. März, wo Erzbischof
Germanos demselben eine religiöse Weihe ertbeilte, und von da ver-
breitete er sich über Mittelgriechenland und Thessalien; überall wurden
die Türken überfallen und umgebracht, wenn sie sich nicht in die Festun-
gen retten konnten. Die Hauptstärke der Griechen waren die Berg-
bewohner, welche den Türken nie gehorcht hatten, z. B. die Mainoten in
Lakonien, die Sulioten in Aetolien re. und die sogenannten Klephten
oder Palikaren, d. h. bewaffnete Banden unter Häuptlingen, die vor
dem Aufstande griechische wie türkische Dörfer ausplünderten, um Sold
dem einen Pascha gegen den andern dienten, wohl auch einander selbst
befehdeten. Im April folgten die meisten Inseln dem von Morea ge-
gebenen Beispiele, namentlich Hydra, Spezzia, Jpsara, deren Namen
im Alterthum kaum genannt wird, welche aber in der letzten Zeit durch
Seehandel zu großem Reichthume gelangt waren. Zur Zeit der Kon-
tinentalsperre hatten sie bald unter türkischer, bald unter russischer Flagge
segelnd den größten Theil des Zwischenhandels auf dem mittelländischen
Meere an sich gebracht und besaßen 1815 bereits 600 Schiffe, die zum
Schutze gegen Seeräuber (durch ein von dem Sultan ertheiltes Privi-
legium) mit Kanonen bewaffnet waren. Der griechische Aufstand stützte
sich daher auf eine Seemacht und mit um so größerem Erfolge, als die
türkische Flotte wohl große Schiffe, aber eine um so schlechtere Beman-
nung hatte. Als griechische Seehelden zeichneten sich aus: Sachturi,
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Extrahierte Personennamen: Apsilanti Alexander_von_Rußland Alexander Morea
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gemischt. Die Türken reden einen tatarischen Dialect, doch
hört man unter den Vornehmen Conftantinopess auch arabisch.
An der Mündung der Donau und in der Krim wohnen tatarische
Nogaier. — Eigenthümlich scheint das lithauische zu sein,
obgleich man behauptet, der Urstamm desselben sei slawisch mit
deutschen Formen. In Ostpreußen vertilgt, wird es noch im
Gebiet des Niemen, also in Lithauen und Schamaitcn, auch
unter den Bauern Kur- und Lieftands gesprochen. — Finnisch
od. tschudisch sind die Finnländer (mit Ausnahme der südwestl.
Küstenbewohner und der Gebildeten, welche schwedisch reden),
viele Efthcn und Liewen, die Lappen, und verschiedene Volkschaf-
ten des östl. Rußlands, von welchen die Wogulen am meisten
uord-, und die Tscheremiffen und Mordwinen am meisten südwärts
(zwischen den mogolischen Baschkiren an der Wolga) Hausen. Ob
ungrisch od. magyarisch mit der finnischen Sprache verwandt
sei, wird noch bezweifelt. — Wir gehen nun zur Uebersicht der
einzelnen Länder und Staaten. —
§. 2. Griechenland und Türkei.
Lage und Gestalt des Ganzen.
Die europäische Türkei, wovon erst in den letzten Jahren der südlichste
Theil als eigner Griecheustaat wieder getrennt ist, grenzt im N. an Rußland,
Siebenbürgen, Ungarn, Slawonien, und im Nw. an Dalmatien. Mit Aus-
nahme des leztern umfaßt es das ganze Land, das von einer zwischen Donau-
mündung und Golf Quarnero gezogenen Linie sich 120 M. weit nach Süden
ins Meer streckt und fast 9000 Qm. enthält. Nordwärts der untern Donau ge-
hören nur Wallachei und Moldau dazu, übrigens läuft die Grenze von dort an
der Donau und Same zu den kroatischen Bergen hin.
Die Küsten, fast ringsum steil, haben unzählige Buchten neben Zungen und
Halbinseln. Die wichtigsten Buchten, im W. : Bai von Aulona, wo
das acroceraunische Cap an der Enge von Otranto, die vom adriat. ins ionische
M. führt. Bai v. Arta, ebm. Ambracia, wo C. Actium. Golf v. Patras
und Leponto, ehm. v. Korinth. Im O. :'Golf v. Athen u. Aegina (ehm.
saronischer Busen), der vom vorigen durch den Isthmus od. Enge v. Korinth ge-
trennt ist. Bai v. Zeituni (woran ehm. Thermopylä) am Nordende der Ins.
Euböa ob. Negroponte; und westl. davon die Bai v. Dolo (Iolkos, Pagasä).
Im Nw. des Archipels'die Golfe v. Salonichi (Thessalonich, ehm. Therma)
und vom Fluß Strymon. — Die lezteren gestalten die Halb in sel Chal
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