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1. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 28

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 28 — nach der Besiegung Attilas zu mächtig und ihm selber gefährlich werden könnten, und beredete deshalb den jungen Thorismuud, den Sohn Theodorichs, rasch in sein Reich zurückzukehren, damit seine Brüder sich nicht der Krone bemächtigten. So entging Attila Der völligen Vernichtung, aber er gestand doch durch seinen Rückzug, daß er besiegt sei. Die Schlacht war furchtbar gewesen: 162,000 Leichen deckten das Schlachtfeld, und ein Bach, der mitten durch dasselbe floß, schwoll vom Blute der Erschlagenen hoch an, wie ein Bergstrom nach einem Gewitterregen. Lange Zeit noch blieb der Kampf im Andenken der Völker, und es bildete sich später die Sage, daß noch drei Tage nachher die Geister der Erschlagenen in den Lüften fortgekämpft hätten (451, Schlacht auf den catalaunischeu Feldern). Uebrigens war Attilas Macht durch diese Niederlage noch keineswegs gebrochen; denn er fiel schon im Frühling des nächsten Jahres (452) über die unbewachten Alpenpäsfe in Italien ein. Viele Städte öffneten ihm ihre Thore, um milder behandelt zu werden; nur das feste Aqutleja (nordwestl. von Triest) widerstand ihm längere Zeit, und er befahl in seinem Grimm, alle Einwohner zu tobten und keinen Stein auf dem anbetn zu lassen. Viele Bewohner der bortigen Ge-genb flüchteten sich bamals auf die benachbarten Inseln des Adriameeres und legten hier den Grund zu der Stadt Venedig, die später so mächtig und berühmt wurde. Jetzt schickte Attila sich zum Zuge gegen Rom selbst an, aber der Bischof von Rom, Leo der Große, ein ehrwürdiger Greis, zog selbst an der Spitze der Geistlichkeit dem schrecklichen Mann entgegen und bat um Schonung. Weil sein Heer durch -ansteckende Seuchen viel zu leiden hatte und vielleicht auch, weil der Boden des Landes seiner Reiterei nicht günstig war, schenkte er den Bitten Leos Gehör und zog sich zurück. Bald nach feiner Rückkehr (454) starb er plötzlich an einem Blulsturz. Seine Leiche würde in einen goldenen Sarg gelegt, biefer in einen silbernen und btefer wieber in einen eisernen. Nach feinem Tode brachen unter feinen Söhnen bittere Kämpfe um die Oberherrschaft aus; so zerfiel das mächtige Reich bald und die Hunnen zogen sich wieder in die Länder zurück, aus dcuen sie gekommen waren. „Wie eine Feuerkugel zuweilen vom nächtlichen Himmel herabschießt, die mit ihrem Glanze die Sterne überstrahlt und weithin das Dunkel erhellt, wie dann aber plötzlich ihr strahlenber Schein erlischt und keine Spur der Erscheinung zurückbleibt, nur daß die Menschen noch lange staunen und bavon sagen: so sank Attilas Macht plötzlich in das Nichts zurück und keine Spur blieb davon auf Erden; aber in Lied und Sage klang sein Name durch die Zeiten fort, und in den Jahrbüchern der Römer wie in unsern deutschen Heldenliedern lebt sein Ruf bis auf den heutigen Tag."

2. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 32

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 32 — und bezeichneten mit dem Worte „Vandalismus" die muthwillige Zerstörung solcher Kunstgegenstände. Wir könnten uns eigentlich nicht wundern, wenn die Vandalen, die keineswegs ein gebildetes Volk waren, manche Gegenstände, deren Werth sie vielleicht gar nicht kannten, verstümmelten oder verderbten; haben wir doch erlebt, daß die Franzosen noch zu Ansang dieses Jahrhunderts in Deutschland und andern Ländern nicht besser verfuhren! Mit den ungeheuren Schätzen verschönerte Geiserich nicht allein seine Hauptstadt, sondern vergrößerte auch besonders seine Flotte. Jahr _ aus Jahr ein plünderten seine Schiffe die Küsten Italiens, Spaniens und Griechenlands, und die Römer und die Westgothen rüsteten endlich im Hasen von Neu-Karthago (jetzt Carthagena) eine große Flotte gegen ihn, aber diese war kaum zur Abfahrt fertig, als der kühne Geiserich herbeikam und sie raubte. Später schickte der griechische Kaiser Leo 1100 Schiffe mit 100,000 Mann gegen ihn, aber der schlaue Mann wußte sich auch jetzt zu helfen. Er wartete so lange, bis die feindlichen Schiffe ihn dicht umzingelt hatten, und schickte daun plötzlich Brander unter sie, so daß fast alle Schiffe verbrannten. Geiserich starb im Jahre 477 in einem hohen Alter, und kurz nach seinem Tode verfiel schon sein Reich! (Siehe Seite 44!) Ix. Die Angelsachsen, Hengrst und Horsn. 449. Vor Christi Geburt lebten auf der Insel Großbritannien — der größten der Zinninseln, wie die Phönicier den ganzen britischen Archipel nannten — drei verwandte Völkerstämme, die Briten, die den ebenen und fruchtbaren Südtheil, und die Picten und Scoten, die den gebirgigen und weniger fruchtbaren Nordtheil bewohnten. Die Picten und Scoten vertrugen sich ziemlich gut mit einander, aber mit den Briten lagen sie fast beständig in Streit nnd machten sehr oft räuberische Einfälle in deren Gebiet. Wahrscheinlich wäre es ihnen zuletzt gelungen, die Briten ganz zu unterdrücken, wenn nicht die Römer gekommen wären. Nachdem schon Julius Cäsar im Jahre 55 v. Chr. Geb. einen vorübergehenden Einfall in Britannien gemacht hatte, gelang es dem Kaiser Claudius (43 n. Chr.), den ganzen Südtheil dem römischen Reiche hinzuzufügen. Die alten Briten wehrten sich allerdings verzweifelt, aber sie mußten sich trotz ihrer Tapferkeit und trotz wiederholter Aufstände in ihr hartes Schicksal fügen. Von England aus versuchten die Römer auch, das Land der Picten und Scoten (das jetzige Schottland) zu unterwerfen; aber es gelang ihnen nicht, weil sie auf dem gebirgigen Boden nicht mit einer großen Kriegsmacht

3. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 33

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 33 — auftreten konnten und weil die beiden genannten Völker zu tapfer waren. So begnügten sie sich denn schließlich mit bim eigentlichen England, und damit die Picten und Scoten aufhören möchten, durch ihre räuberischen Einfälle das Land zu verwüsten, bauten sie 81 n. Chr. Geb. (unter Domitian, 81 — 96) zwischen den beiden Flüssen Forth (Forßh) und Clyde (Kleid') — etwa 56° N. Br. — eine hohe Mauer. Die wilden Völker ließen sich ater dadurch nicht abschrecken, sondern machten nach wie vor ihre Streifzüge, und die Römer hielten cs zuletzt für gerathen, ihnen den nördlichen Theil ihres Besitzes preiszugeben und in der Gegend, wo jetzt die beiden Städte Newcastle (Njukässl und Carlislk (Klrrleil) liegen, eine neue Mauer zu bauen (120 n. Chr. Geb., unter Kaiser Hadrian), von der man noch heute Spuren sieht (Pictenmauer). Aber auch jetzt hörten die Einfälle der Picten und Scoten nicht auf; denn obwohl es ihnen nicht gelang, die gut bewachte Mauer selbst zu übersteigen, kamen sie doch häufig za Wasser auf ihren kleinen Kähnen, die aus Ochsenhäuten gemacht waren. Viel Unheil konnten sie freilich damals nicht anrichten, da die Römer sie stets rasch zurücktrieben; aber mit der Völkerwanderung wurde die Sache anders. Die römischen Kaiser hatten jetzt alle ihre Soldaten nöthig, um sich auf dem wankenden Throne zu erhalten, und sahen sich schließlich gezwungen, ihre Besatzungen ganz aus England wegzunehmen und diese Provinz ihrem Schicksale zu überlassen. Im Jahre 446 rief Aetius die letzten römischen Krieger ab, und nun waren die Briten schlimmer daran als früher. Unter der römischen Herrschaft waren sie nämlich ganz verweichlicht worden, hatten den Gebrauch der Waffen völlig verlernt und waren nicht im stände, sich ihrer wilden Nachbarn zu erwehren. Da kam einer ihrer Häuptlinge, Namens Vortiger, der im heutigen Kent (südlich vom Thamesbusen) lebte, auf den Gedanken, er wolle die Sachsen und Angeln, die damals in Holstein und Schleswig wohnten und mit denen sie schon seit langer Zeit in Handelsverkehr standen, zu Hilfe rufen. Der sächsische Häuptling, Witiger, war gern zur Hilfe bereit und fchickte (449) feine beiden Söhne, Hengist und Horsa, mit 1500 andern abenteuerlustigen Angel-Sachsen hinüber. Kaum waren sie gelandet, so zogen sie, durch Scharen von Briten verstärkt, gegen die Picten und Scoten, schlugen sie wiederholt und trieben sie auf immer in die Berge ihres eignen Landes zurück. Da freuten sich die Briten sehr, aber gewonnen hatten sie doch nichts; denn als die Angelsachsen sahen, wie schön und fruchtbar das Land und wie feige und unkundig der Waffen die Bewohner desselben seien, da beschlossen sie zu bleiben und sandten Boten in die alte Heimat, um immer mehr Landsleute herüber zu holen. Als die Briten das sahen, bereuten sie ihre Unvorsichtigkeit, rafften sich aus ihrer Weichlichkeit auf und versuchten, die Angelsachsen zu vertreiben. Aber was konnten sie, die seit vier Jahrhunderten des Gebrauchs Lahrssen, Weltgeschichte. Ii. 3

4. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 35

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 35 — der deutschen Miethtruppeu und ein tapferer, aber schlauer und gewalttätiger Mann war, die Herrschaft an sich zu reißen. Freilich machte er sich nicht selbst zum Kaiser, sondern er zog es vor, im Namen der Schattenkaiser zu herrschen, die er nach Belieben ein- und absetzte. Als er im Jahre 472 an der Pest starb und der letzte Kaiser, den er eingesetzt hatte, ihm bald ins Grab nachfolgte, stieg die Verwirrung aufs höchste, bis endlich (475) der ehrgeizige Feldherr Orestes einigermaßen Ordnung schaffte und seinen jungen Sohn Romulüs August ulus auf den Thron setzte. Aber die Herrlichkeit dauerte nicht lange; denn kaum ein Jahr später machte Odoaker, Anführer deutscher Hilfstruppen, dem Spiele schon ein Ende. Dieser Odoaker, ein Mann von riesenhafter Größe und von kräftigem Geiste, stammte aus Baiern, hatte aber schon in seiner Ju-genv mit mehreren Genossen, die gleich ihm ein abenteuerliches Leben liebten und ihr Glück in der Ferne suchen wollten, die Heimat verlassen. Unterwegs kehrten sie bei einem frommen Einsiedler ein, namens Severin, und als sie die Hütte betraten, mußte Odoaker sich tief bücken, weil die Thür so niedrig war. Als nun der Greis — so erzählt die Sage weiter — den hohen Jüngling sah, der einen schlechten Pelz um die kräftigen Glieder geschlagen hatte, da wurde er zur Weissagung begeistert und rief au«: „Zieh hin gen Italien, königlicher Jüngling, dort wird dein rauhes Vließ sich in Purpur und Gold verwandeln und vielen wirst du ein Herr sein!" — Odoaker zeichnete sich bald durch seine unwiderstehliche Tapferkeit aus, und es dauerte nicht lange, so war er Oberanführer aller deutschen Hilfsvölker und also, wenn auch nicht dem Namen, doch der That nach der Gebieter Roms. Als nun Orestes seinen Sohn mit dem Kaiserpurpur schmückte, verlangte Odoaker für sich und seine Deutschen den dritten Theil aller anbaufähigen Ländereien als freies Eigenthum. Orestes wollte dies nicht gewähren und konnte es auch wohl nicht, weil das Land ja seine rechtmäßigen Eigenthümer hatte und durch eine solche Ackeroertheilung große Unordnung und Unruhe entstehen mußte, und so brach zwischen ihm und dem mächtigen Odoaker Streit aus. Orestes wurde besiegt, gefangen genommen und dann hingerichtet. Odoaker zog als Sieger in Rom ein (476) und setzte den jungen Kaiser ab; doch that er dem harmlosen Jüngling kein Leid, sondern wies ihm ein Landgut in der Nähe Neapels und ein hinreichendes Gnadengehalt an. Odoaker verschmähte den Kaisertitel, nahm aber auf den Wunsch seiner Krieger den Titel eines Königs von Italien an. So sank das römische Weltreich, nachdem es über 1200 Jahre bestanden hatte, unter den Streichen der deutschen Krieger zu Boden. Der Untergang des ehemals so mächtigen Reiches mahnt uns an eine alte Wahrheit: Ein Reich kann nicht bestehen, wenn seine Bürger ohne Vaterlandsliebe, Tapferkeit und Frömmigkeit sind! 3*

5. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 36

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 36 — Von seinem Wohnsitze Ravenna aus beherrschte Odoaker ganz Italien mit Kraft und doch auch mit Milde. Seinen Soldaten gab er, wie es versprochen war, den dritten Theil des Landes; sonst aber schonte er die überwundenen Römer und sorgte auch für ihr Bestes durch gute Gesetze und durch die Herstellung einer strengen Ordnung. Da er mit seinen Nachbarn, namentlich mit den Vandalen und den Weftgothen, in Freundschaft lebte, so trat auch für Italien, das seit einem Jahrhundert fast fortwährend den Angriffen frcmder Völker ausgesetzt und das so lange ein Schauplatz wilden Kampfes gewesen war, eine Zeit glücklicher Ruhe ein; zerstörte Städte erstanden wieder aus ihren Ruinen, das Schwert verwandelte sich wieder in einen Pfluge öde Landstrecken in gesegnete Fruchtfelder. Nack einer 14jährigen ruhmvollen Regierung (476—489) unterlag Odoaker einem mächtigen Gegner, und dieser war der König der Ostgothen. Xi, Theodorrch der Grosse (Dietrich von Bern), 489—526. Als Attila gestorben war und unter seinen Söhnen Streit wegen der Herrschaft ausbrach, da benutzten die Oftgothen, welche bisher den Hunnen unterworfen gewesen waren, die Gelegenheit, sich frei zu machen. Die Hunnen wurden geschlagen und zogen sich an das schwarze Meer zurück, wo sie schon früher gewohnt hatten; die Ostgothen aber siedelten sich in Westungarn an, das damals Pannonien genannt wurde. Die oströmischen Kaiser sahen die Nachbarschaft des großen kriegerischen Volkes gar nicht gern; da sie aber zu machtlos waren, um sie zu vertreiben, schlossen sie mit ihnen ein Freundschasts-bündniß, gaben ihnen alljährlich Geschenke und sicherten so ihre Grenzen vor räuberischen Einfällen. Damit aber ihre Nachbarn gezwungen wären, das Bündniß unverbrüchlich zu halten, mußten ihnen einige Knaben aus den vornehmsten gothischen Familien als Geißeln gestellt werden. So kam denn auch Theodorich, der Sohn des ostgothischen Königs Th eodemir, in einem Alter von sieben Jahren an den Kaiserhof zu Constantinopel. Hier blieb er elf Jahre und lernte während dieser Zeit gar manches, wovon seine Ostgothen nichts wußten; doch hielt er sich fern von Weichlichkeit, Schwelgerei und andern Untugen-. Len, die sich für einen tüchtigen Menschen nicht ziemen, und blieb bei der strengen, mäßigen Lebensweise seines Volkes. Als er in einem Alter von 18 Jahren zu seinem Vater zurückkehrte, war er ein herrlicher Jüngling geworden, und das ganze Volk freute sich über ihn. Theodorich zeigte bald, daß in seinem schönen Körper eine kühne Seele lebe. Theodemir war nämlich mit den Sarmaten (die nordöstlich

6. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 37

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 37 — -von den Ostgothen, im jetzigen Polen lebten) in Streit gekommen, und es gelang dem jungen Theodorich, die Feinde vollständig zu schlagen und zum Frieden zu zwingen. Als Theodemir gestorben war, wählte ihn das Volk einstimmig zum König, und nun beschloß er, aus Pannonien, wo nicht genug Nahrung zu finden war, fortzuziehen und bessere Wohnsitze zu suchen. Er warf seine Augen auf das reiche, schöne Italien, das freilich ja schon, wie ihr wißt, einen Herrn hatte, den Odoaker. Theodorich begab sich nach Constantinopel zum Kaiser Zeno, und dieser war sehr erfreut, seine bisherigen Nachbarn loszuwerden, die ihm leicht gefährlich werden konnten. So brachen denn im Jahre 459 die Ostgothen — 200,000 streitbare Männer — nach Italien auf. Odoaker sah allerdings mit Be-sorgniß die ungeheuren Scharen anrücken, doch verlor er den Muth nicht, rüstete sein Heer und zog ihnen entschlossen entgegen. Nicht weit von den Trümmern der Stadt Aquileja (die Attila 452 gänzlich zerstört hatte) kam es zu einer großen Schlacht; Theodorich siegte und Odoaker mußte sich zurückziehen. Nachdem dieser im folgenden Jahre noch einmal bei Verona*) geschlagen und von seinen Bundesgenossen und Freunden verlassen worden war, flüchtete er sich in seine feste Hauptstadt Ravenna, während fast das ganze übrige Italien in die Hände feines Gegners fiel. Ovoaker vertheidigte sich hier drei Jahre lang und hätte den Widerstand gewiß noch länger fortgesetzt, wenn nicht in der Stadt die Hungersnoth aufs höchste gestiegen wäre. Als er endlich den Anblick seiner bleichen, abgemagerten Freunde und der jammernden Einwohner nicht länger ertragen konnte, schloß er mit Theodorich einen ehrenvollen Vertrag (493), in welchem dieser ihm Leben und Freiheit zusicherte. Leider hielt Theodorich sein Versprechen nicht; denn er stieß ihn bald hernach mit eigener Hand nieder, wahrscheinlich, weil er Verrath von ihm fürchtete. Von Ravenna aus beherrschte nun fortan Theodorich als König von Italien weise und gerecht das ostgothische Reich, das unter ihm von der Südspitze Siciliens bis über die Alpen an die Donau reichte. Kein einziger Herrscher Italiens hat je so viel für fein Land gethan, und es giebt unter allen jenen Königen deutscher Stämme, welche neue Reiche stifteten, nur einen Mann, der mit ihm verglichen werden kann, Karl den Großen, von dem ihr später hören sollt. Die unterworfenen Römer behandelte Theodorich gerecht und milde, ließ ihnen zwei Drittel aller Ländereien, wie auch ihre alten Gesetze und verbot ihnen nur, Waffen zu tragen. Ein Drittel des Landes, das schon Odoaker für sich in Anspruch genommen hatte, gab er seinen Kriegern, doch durften diese nicht bloße Ackerbauer werden, *) Verona wurde bei den Deutschen Bern genannt, und daher hieß Theodorich auch wohl „Dietrich von Bern".

7. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 38

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 38 — sondern mußten sich täglich in den Waffen üben, damit sie stets zur-Vertheidigung des Landes geschickt waren. In die Grenzländer (die Marken) seines Reiches sandte er weise, tapfere Männer als Statthalter und schuf auch eine zahlreiche Flotte, um die großen lüften strecken schützen zu können. Den Ackerbau suchte er überall zu befördern, ließ Felder, die jahrelang wüst gelegen hatten, wieder anbauen und unternahm es sogar, die pontinischen Sümpfe (südöstlich von Rom) auszutrocknen und in fruchtbare Weiden und Äecker umzuwandeln, was ihm freilich nicht ganz gelang. Auch Gewerbe und Handel blühten unter ihm wieder empor, da er zerstörte Städte und Dörfer aus ihrem Schutt erstehen, die alten Kunststraßen, die theilweise verfallen waren, wieder herstellen und noch neue dazu anlegen ließ und Raub und Diebstahl streng bestrafte. Besonders hielt er auch darauf, daß seine Gothen bei ihren guten alten Sitten blieben, dem herrlichen Erbtheil ihrer edlen Borfahren, da er recht wohl wußte, daß ein Volk nothwendig untergehen müsse, wenn es sich von der Zucht lossage und den Lastern hingebe. Auch die Römer suchte er von den Lastern, in die sie gesunken waren, zu befreien, weil sie jenen sonst durch ihr böses Bei-spiel gefährlich werden konnten. Damit aber jedermann wissen könne, was recht sei, ließ er ein neues Gesetzbuch anfertigen, das für alle seine Unterthanen gelten sollte, uuv bestellte tüchtige und gerechte Männer zu Richtern. Wenn ein Amt zu besetzen war, das besondere Kenntnisse verlangte, sah er nicht darauf, ob der Mann, dem er es übertrug, ein Gothe oder ein Römer war, sondern nur auf die Tüchtigkeit. Weil nun seine Gothen zwar tapfer das Schwert zu schwingen wußten, aber nicht gerade viele Kenntnisse besaßen, so war es wohl natürlich, daß seine Beamten und selbst seine vornehmsten Räthe größtentheils Römer waren. Wegen seiner hohen Eigenschaften erlangte Theodorich einen solchen Ruhm, daß die Könige anderer deutschen Völkerstämme ihn um Rath fragten, von ihm ihre Streitigkeiten schlichten ließen, und daß selbst Völker, die an der fernen Ostsee wohnten, ihm Geschenke brachten, um ihm ihre Ehrfurcht zu beweisen. Seine Lieblingsabsicht, alle deutschen Fürsten und Völker zu einem großen Bunde zu vereinigen und alle Streitigkeiten unter ihnen unmöglich zu machen, erreichte er nicht, weil namentlich der rohe, gewaltthätigefrankenkönig Chlodwig sich nicht fügen wollte. Man hätte meinen sollen, daß der große Theodorich auch von seinen römischen Unterthanen, die ihm doch so viel zu verdanken hatten, über alles geliebt und geehrt werden mußte; doch war das durchaus nicht der Fall. Sie haßten ihn vielmehr bitter, nicht allein, weil er in ihren Augen ein fremder „Barbar" war, sondern auch, weil er einen andern Glauben hatte. Die Christenheit spaltete sich nämlich damals in zwei Hauptpartelen: die katholischen und die ariani-

8. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 39

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 39 — schen Christen. Die Arianer behaupteten, daß Christus ein Geschöpf Gottes sei, erhabener als alle übrigen, aber doch immer ein Geschöpf und abhängig vom Vater?) Fast alle deutschen Völker bekannten sich zum Arianismus, der ihnen einfacher und begreiflicher vorkommen mochte, und so hingen auch die Ostgothen dieser Lehre an. Zwar störte Theodorich die katholischen Römer durchaus nicht in ihrem Glauben und ihrem Gottesdienst, aber sie verziehen es ihm nie, daß er ein „fluchwürdiger Ketzer" war, und vergalten ihm seine großen Wohlthaten mit schändlichem Undank. Natürlich wurde Theodorich dadurch mißtrauisch und behandelte manchmal auch ganz unschuldige Menschen und selbst solche, die es gut meinten, mit Härte. Noch gegen das Ende seines Lebens ließ er zwei der weisesten und edelsten Römer, Bo 6thins und Sy mm ach ns (Sümmachns) hinrichten, weil er sie in Verdacht hatte, daß sie eine Verschwörung gegen ihn stiften wollten. Als er im Jahre 526 als 71 jähriger Greis starb, da riefen die undankbaren Römer: „Seht, endlich hat Gott diesen Tyrannen gerichtet!" und gönnten ihm sogar seine letzte Ruhestätte nicht. Nicht lange nach seinem Tode wurde seine Asche aus dem Riesensteine zu Ravenna (seinem Denkmal) herausgeworfen und in alle Winde zerstreut, damit nichts von ihm übrig bleibe. Aber das Andenken an ihn konnte man nicht verwischen; denn Theodorich lebt noch heute in unserer deutschen Sage und sogar in unserm schönsten und größten Gedicht aus alter Zeit, in dem Nibelungenliede, wo er Dietrich von Bern heißt. Seine Schöpfung freilich, das Ost gothenreich in Italien, ging schon dreißig Jahre nach seinem Tode zu Grunde. Xii. Ähloddüg Oeubtotg), der Frunkmlwmg, 481—511. Wenn ich euch in der vorigen Geschichte von einem Fürsten erzählt habe, der in vielen Dingen ant er n Herrschern wohl ein Vorbild sein konnte, so sollt ihr nun von einem Manne hören, der sich vor keiner schnöden List, vor keiner blutigen Gewaltthat scheute, um seinen Ehrgeiz zu befriedigen. Dieser Mann war Chlodwig oder Ludwig, der Stifter des Frankenreichs. Wie ihr fchon wißt, waren die Franken ein Gemisch verschiedener deutscher Stämme und wohnten ursprünglich am rechten Ufer des Unterrheins, eroberten aber, gedrängt von ihren östlichen *) Arius, ein Presbyter oder Aeltester in Alexandrien, starb 336.

9. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 40

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 40 — Nachbarn, den Sachsen, auch Südbelgien und Nordfrankreich und ließen sich nun hier nieder. Da sie mit den Römern häufig in Berührung kamen, verloren sie viel von den Tugenden, welche sonst alle deutschen Stämme schmückten, und wurden hinterlistig und grausam, blieben aber tapfer. Die verschiedenen Stämme, welche den Franken-buud ausmachten, hatten eigene Könige, die unter einander häufig Krieg führten und sich wohl nur dann vereinigten, wenn ein gemeinschaftlicher Feind zu bekämpfen war. Einer der 5 Frankenkönige, die es gegen Ende des 5ten Jahrhunderts gab, war Childerich (nicht „Schilderich" zu sprechen', der seinen Sitz in Doornik oder Tournay (Tuhruä) a. d. Schelde hatte. Als er 481 starb, folgte ihm sein Sohn Chlodwig, der freilich erst 15 Jahre alt war, aber bett Untern hmungsgeist eines kräftigen Mannes besaß. Bald wurde ihm sein kleines väterliches Reich zu enge und er beschloß, alle Franken unter seine Herrscbast zu bringen und überbies bett Römern bett letzten Rest ihrer Besitzungen in Gallien zu nehmen. Weil er aber einsah, daß er nicht alles auf einmal thun könne, verbanb er sich mit zwei ctnbern fränkischen Königen gegen den römischen Statthalter Syä-grius, schlug ihn 486 bei der Stadt Soissons (ßoaßong), norb-Mich von Paris, und eroberte alles Land bis an die Loire (Loähr), die Nordgrenze des Westgothenreichs. Syägrius floh zu seinem Freunde, dem Westgothenkönig Manch Ii. in Toulouse, und suchte hier Schutz. Manch aber, ein feiger Mann, ließ sich von den Drohungen des Frankenkönigs einschüchtern und schämte sich nicht, den Gast auszuliefern, der auf feine Treue rechnete. Weil Chlodwig von Großmnth nichts wußte, ließ er seinen gefangenen Gegner, dessen. Tapferkeit er vielleicht fürchtete, sofort hinrichten. Die ungeheure Beute, die er durch den Sieg bei Soissons gewonnen hatte, vertheilte er unter seine Franken und machte diese dadurch geneigt, ihm bei seinen ferneren Unternehmungen beizustehen. Den Besiegten ließ er ihr Land gegen eine mäßige Abgabe und zeichnete besonders die Priester ans, weil er wohl wußte, welch große Gewalt sie über das Volk hatten. Ein Bischof bat um Rückgabe eines kostbaren Kruges, den ein gemeiner Franke auf seinen Antheil bekommen hatte, und Chlod-wig schickte sosort hin, damit sein Wunsch erfüllt werde. Freilich erreichte er seine Absicht nicht; denn der Franke weigerte sich, ihn wieder herauszugeben, und blieb auch dann hartnäckig, als Chlobwig selbst ihn dazu zu bewegen suchte. Trotzig ries er dem Könige zu: „In der Schlacht gehorche ich dir unweigerlich, aber nachher bin ich ein freier Mann, d'm du nicht befehlen darfst!" Chlodwig wurde über biefe Worte zornig, bürste sich indes nicht rächen, weil jener Recht hatte. Als sie aber später einmal wieber dem Fetttbe gegenüberstanben, ba erschlug er den Mann mit eigener Hand, ittbem er vorgab, daß dieser feine Waffen nicht in Ordnung habe.

10. Alte deutsche und mittlere allgemeine Geschichte bis Ende der Hohenstaufenzeit - S. 42

1878 - Leipzig : Klinkhardt
— 42 sind, verlassen und dem Gott der Christen dienen, der uns bei Zülpich zum Siege verholfen hat?" Und das Heer rief freudig: „Ja, wir folgen dir; der Christengott ist stark und mächtig!" Nun "ließ Chlodwig sich mit 3000 seiner Edlen am Weihnachtsfest in der Kirche zu Rheims (Rähngs) taufen, und weil er nicht zum Arianismus übertrat, zu dem alle andern deutschen Könige sich bekannten, erhielt er den Beinamen „allerchristlichster König," den auch sämmtliche Herrscher Frankreichs bis etwa zu Ende des vorigen Jahrhunderts trugen. Sein Haupt wurde nach biblischer Weise gesalbt, und als das Salböl nicht gerade bei der Hand war, brachte eine weiße Taube ein Fläschchen mit kostbarem Oel vom Himmel — so erzählt wenigstens eine alte Sage und aus diesem Fläschchen, dessen Inhalt nie abnahm, wurden auch alle nachfolgenden Könige Frankreichs (bis zu Ende des voriaen Jahrhunderts) gesalbt. So war Chlodwig nun ein Christ geworden, aber mx äußerlich; von einer Aenderung seines Gemüthes und seiner Sitten war keine Rede, sondern er blieb eben so roh, grausam und habsüchtig, als er vorher gewesen war. Weil er aber der erste fränkische König war, der Christ wurde, und weil er besonders die Geistlichkeit sehr begünstigte, wurde er für einen ganz vorzüglichen Menschen erklärt, und ein Geschichtschreiber der damaligen Zeit schämte sich nicht zu sagen: „Gott aber warf Tag für Tag seine Feinde zu Boden und vermehrte sein Reich darum, daß er rechten Herzens vor ihm wandelte und that, was seinen Augen wohlgefällig war." Vielleicht denkt ihr, Chlodwig könne doch nicht so schlecht gewesen sein, weil er sein Gelübde, Christ zu werden, so treu hielt. Aber weshalb hielt er sein Gelübde? Nicht weil er von der Schönheit des christlichen Glaubens überzeugt war, sondern weil er zwei Vortheile davon erwartete: 1. alle katholischen Christen, die jetzt den arianischen Burgundern und Westgothen unterworfen waren, auf seine Seite zu bringen und dadurch leichter sein Reich vergrößern zu können; 2. sein Volk werde turch das Christenthum milder werden, leichter zum Gehorsam zu bringen sein und für seinen Glauben gegen die ketzerischen Nachbarn noch lieber streiten, als für seinen König. Nachdem Chlodwig (506) den König Gundobald, den Oheim seiner Frau, besiegt und zur Zahlung eines Tributs gezwungen hatte, beschloß er, sich gegen die Westgothen zu wenden, denen damals das Land von den Pyrenäen bis zur Loire, also der schönste Theil Frankreichs gehörte. Er ließ seine Edeln zusammen kommen und sagte: „Es verdrießt mich immer, wenn ich daran denke, daß diese ketzerischen Westgothen ein so schönes Land besitzen und unsere katholischen Brüder unterdrücken. Wir erweisen unserm Gott gewiß einen Dienst, wenn wir sie hinauswerfen! Rüstet euch also zum Kriege, aus daß wir bald ziehen können." Im Jahre 507 zog Chlodwig mit Heeresmacht gegen
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