Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Bei Bingen wendet sich der Rhein nach Nordwesten und durchfließt in einem tiefen, engen Tale das Schiefergebirge. Da, wo der Fluß die Biegung beginnt, liegt mitten im Rhein auf einem Felsen der Mäuseturm = Mautsturm (Maut — Zoll). Mit diesem Turme bringt die Sage zu Unrecht den Erzbischof Hatto von Mainz in Verbindung. Zwischen meist steilen und oft 300 m hohen Felswänden wälzt der Rhein seine Fluten dahin. Wein- und Obstgärten bedecken die Bergabhänge; altersgraue Ruinen, weinumrankte Schlösser und Landhäuser sind entweder gleich Schwalbennestern an die Felsen geklebt, oder sie schauen vom hohen Bergesrand ins tiefe Tal herab. Am Fuße der Bergwände bleibt mitunter kaum Platz für die Eisenbahnen, die sich an beiden Ufern entlang ziehen. Häufig müssen sie in langen Tunnels die Felsenvorsprünge durchbrechen. Der bekannteste ist der am rechten Ufer gelegene Loreleyfelsen. Der Sage nach erscheint auf ihm in mondhellen Nächten die schöne, aber den Schiffern so gefährliche Stromnixe Lore. Wo die Felswände ein wenig zurücktreten, füllen den Raum zwischen Fluß und Fels malerisch gelegene Städtchen aus.
Unterhalb Bonns tritt der Rhein in die Norddeutsche Tiefebene ein. Er fließt an der größten und wichtigsten Handelsstadt des Rheintales, an Köln, vorbei, wendet sich nach Westen, betritt Holland und mündet in die Nordsee.
Rückblick: Der Rhein und seine Nebenflüsse.
Vii. Jas Kesfische und das Weserbergland.
1. Das Hessische Bergland erstreckt sich vom Rheinischen Schiefergebirge bis zur Werra. Seine höchsten Erhebungen, Vogelsgebirge und Rhön, liegen im Süden; beide werden durch das Fuldatal getrennt.
Vogelsgebirge und Rhön sind kalte und unfruchtbare Gebiete. Die Abhänge sind mit Wald bedeckt, auf den Höhen dagegen wechseln kahle Felsen mit Sümpfen und sauren Wiesen. Mit Ausnahme der Täler ist das Bergland durchweg unfruchtbar; es ist daher dünn bevölkert, und seine Bewohner sind arm. Neben dem Ackerbau und der Viehzucht bildet die Leinenweberei eine Hauptbeschäftigung.
2. Das Weserbergland. Nördlich des Hessischen Berglandes verläuft auf beiden Seiten der Weser das Weserbergland. Zu den Weserbergen, welche den südwestlichen Teil Braunschweigs durchziehen, gehören der sandsteinreiche Solling (Sollinger Platten), der waldreiche Hils und der schmale Ith. In einiger Entfernung vom linken Weserufer zieht in nordwestlicher Richtung der Teutoburger Wald. Sein nordwestlicher Teil birgt im Innern Kohlen und Eisen. (Hermannsdenkmal bei Detmold.)
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Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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der Lüneburger Heide, die zwischen Unterelbe und Aller liegt, und aus großen Mooren, die sich besonders im Flußgebiete der Ems vorfinden.
Die Lüneburger Heide bildet eine wellige, sandige Flüche. Weite Heideflächen wechseln mit Kiefernwäldern und Mooren. Wo aber ein Heidebach fließt, da breiten sich freundliche Dörfer aus. In den letzten Jahrzehnten sind durch große Anpflanzungen und durch Bewässerungsanlagen weite, einst unfruchtbare Flächen in Kiefernwald und ergiebige Wiesen verwandelt.
Die Moore waren einst stehende Gewässer. Sumpfmoos und andere Wasserpflanzen haben im Laufe der Jahrtausende die Gewässer in einen gewaltigen Morast, in die Moore verwandelt. Heute gewinnt man aus ihnen den Torf, der in der holz- und kohlenarmen Küstengegend als Heizmaterial dient.
Den Nordrand der westelbischen Tiefebene bildet die Nordseeküste mit ihren Deichen und Marschen.
Die Nordsee dringt im Dollart und Jadebusen in das deutsche Tiefland ein. Ihr Wasser hat einen bittersalzigen Geschmack und ist daher nicht trinkbar. Zweimal täglich steigt und fällt das Wasser der Nordsee, wie das der Meere überhaupt. Das Steigen nennt man Flut, das Sinken Ebbe. Zur Zeit der höchsten Flut ist das Wasser 1—3 m höher als zur Zeit der Ebbe. Die sturmreiche Nordsee ist den Schiffern sehr gefährlich. (Nord = Mordsee.) Deshalb sind längs der Küste zahlreiche Rettungsstationen errichtet.
Die deutsche Nordseeküste ist durchweg recht flach. Sie hat deshalb viel von den andringenden Wogen zu leiden gehabt, und häufig sind große, fruchtbare Gebiete vom Lande fortgerissen worden. So bilden die Friesischen Inseln den ehemaligen Rand des Festlandes, der durch das Meer zerrissen wurde. Jetzt sind zum Schutze gegen die wilden Wogen 5—10 m hohe Dämme oder Deiche errichtet. Das Gebiet zwischen den Deichen und den Friesischen Inseln heißt das W a t t. Zur Flutzeit ist es ein Teil des Meeres, zur Zeit der Ebbe tritt das Land hervor.
Hinter den Deichen landeinwärts liegen die M a r s ch e n. Sie bestehen aus fruchtbarer Erde, die vom'meere angeschwemmt ist. Üppige Getreidefelder wechseln hier mit weitausgedehnten Wiesen, die von großen Rinderherden belebt sind. Auf künstlichen Erhebungen liegen die Dörfer und Gehöfte. — Den Übergang von der Marsch zur Heide bildet die Geest, die teils aus unfruchtbarem Sand-, teils aus fruchtbarem Lehmboden besteht.
Klima. Die feuchten Westwinde führen zahlreiche Niederschläge herbei; außerdem mildert das Meer im Sommer die Hitze, im Winter die Kälte. Die westelbische Tiefebene hat daher mäßig warme Sommer und mäßig kalte Winter.
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Extrahierte Ortsnamen: Lüneburger_Heide Nordsee Nord Mordsee
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Ii. Landschaftskunde.
die Gunst der Lage durch Anlegung von Häfen ausgenutzt, die wenigstens mittel-
großen Seeschiffen zugänglich sind. Es ist gleichsam ein Vorort Hamburgs, von dem
es durch mehrere Elbarme und die große Insel Wilhelmsburg getrennt ist. Elb-
brücken, großartiger Blick auf die Elbe und Hamburg-Altona. Die Mündung des
Köhlbrand, des Hauptzuwegs zur Elbe, ist verlegt worden, damit für die Hamburger
Hafenanlagen links von ihm Platz gewonnen wurde. Harburg war 1910 mit einem
Verkehr von 307000 aus- und einlaufenden Registertonnen der dritte Hafen der Provinz
und besitzt eine außerordentlich rührige Fabriktätigkeit. 67025 Einw. (1850:3000). —
Der noch weit zerstreute Ort Wilhelmsburg auf der gleichnamigen Insel ist durch
die Hamburger Industrie zu 28225 Einw. angewachsen.
3. Das Mündungsgebiet von Elbe und Weser.
b) Mit dem Alten Lande, zwischen Harburg und der Schwinge bei
Stade, beginnen die Marschen des Herzogtums Bremen, die wie „ein goldener
Saum den abgeschabten Purpurmantel der Heide umrändern".
Im 12. Iahrh. wurde das Alte Land von eingewanderten Flamändern (Holländern)
besiedelt, und dieser stattliche Menschenschlag hat bis heute zum Teil seine Volkstracht,
so die Frauen ihren reichen Silberschmuck, noch nicht ganz abgelegt. Saubere, von
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Es ist der alte sächsische Lohengau, in welchem wir uns hier befinden. Der Name, welcher in unserer jetzigen Sprache etwa jo viel wie „Waldgau" bedeutet, weist darauf hin, daß die Gegend hier früher sehr waldreich gewesen sein muß. Und in der That finden sich bis auf den heutigen Tag noch Spuren des früheren Waldreichtums vor. An den Ufern der Böhme und Soltau dehnten sich aber auch wohl schon damals liebliche Wiesengründe aus, den Anwohnern Futter bietend für ihre Schaf- und Rinderherden. -------
Es war im Jahre 919. Sieghaft stieg die Frühlingssonne am Himmel empor, vergoldete mit ihren Strahlen die braune Heide und spiegelte sich in den Wellen des Flüßleins, das die Neuern einer noch im Bau begriffenen Burg bespülte. Dort, wo die Soltau sich mit der Böhme vereinigt, erhob sich das Mauerwerk; über die Umfassungsmauer ragte das Dach eines Kirchleins empor, an dessen First noch die Werkleute beschäftigt waren. Auch das Wohnhaus harrte noch der Vollendung, und nur notdürftig waren erst die Räume hergestellt, in denen der Burgvogt mit seinen Knechten einstweilen ein Unterkommen gefunden hatte. Aber auch in das Gesicht eines Sachsenjünglings schien die helle Frühlingssonne, welcher, auf seinen Stab gelehnt, dem murmelnden Bache zuschaute, an dessen Ufern seine Herde weidete. Es war eine hohe, reckenhafte Gestalt. Dichtes, blondes Haar, durch ein Stirnband aus dem Gesichte zurückgehalten, fiel in natürlichen Wellen über die breiten Schultern herab; die Brust war in ein Lederwams gehüllt, welches jedoch die Arme bloß ließ, so daß der kräftige Muskelbau des Oberarms deutlich zu sehen war; die Schenkel waren mit Beinkleidern aus dunkelm Leinenstoff, mit roten Bändern eingefaßt, bekleidet, und die Füße staken in Schuhen aus ungegerbten Ochsenfellen. Unter der hohen, freien Stirn glänzten zwei feurige, blaue Augen, die Nase war etwas gebogen und um Mund und Kinn sproßte der erste Flaum. Wer den Jüngling so dort stehen sah, der konnte ihm gleich an der ganzen Haltung anmerken, daß er nicht ein Leibeigener,
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Uebergang über den Fluß erzwingen wollten und scharten sich hier dicht zusammen, um keinen über denselben zu lassen. In dem Eifer des Gefechtes merkten sie es nicht, daß ein Teil der feindlichen Reiterei ihnen in den Rücken fiel und sich ihres Lagers bemächtigte; als sie nun aber auch von der Seite angegriffen wurden, erlahmte bald der Widerstand. Auch Hermann ging über den Fluß, und von zwei Seiten bedrängt fiel der größte Teil der Wenden unter den Streichen der Deutschen. Auch Jaczo wurde au diesem Tage von seinem Geschicke ereilt. Auf seinem schnellen Pferde hoffte er auch dieses Mal noch zu entkommen; aber einige sächsische Jünglinge hatten seine Flucht bemerkt und verfolgten ihn. Sie drängten ihn immer näher an den Fluß, und es blieb ihm keine andere Wahl, als sich zu ergeben oder in die Wellen des Flusses zu stürzen. Da fluchte er den Göttern, welche ihn wiederum im Stiche gelassen, und stürzte sich hinein in die trüben Fluten der Peene. Dumpfgrollenb schloffen sich die Wellen über dem nimmer müben Aufrührer, und trugen den Leichnam des Wenbenfürsten den Fluten der Ostsee zu.
Der Wiberstanb der Wenben war durch diese Nieberlage und den Tod Jaczos gebrochen. Die nicht in dem Treffen gefallen waren, kehrten freiwillig zum Gehorsam zurück und hüteten sich von jetzt an, wieberum die Waffen zu ergreifen. Ganz allmählich vollzotz sich von jetzt an die Verschmelzung der Wenden mit den eingewanderten Deutschen; sie nahmen nach und nach die Sprache, die Religion und die Sitten ihrer Unterdrücker an, und nur in einigen Gegenden haben sie ihre Sprache und Sitte bis auf den heutigen Tag bewahrt. Wer heute durch die blühenden Gefilde der ehemals wendischen Gebiete reist, der denkt wohl kaum daran, wie schwer es unseren Vätern geworden ist, dieses Land dem Deutschtum zu gewinnen, und er ahnt es nicht, daß das jetzt hier wohnende Volk, treu und deutsch in seiner Gesinnung, auch wendisches Blut in den Adern hat. Es ist, als ob die Nachkommen von ihren Vätern nur die guten Eigen-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Evangelium zu pflegen; er selbst aber machte sich auf, weiter ;n reisen, denn erst der kleinste Teil seiner Arbeit war vollbracht. — An der Stelle aber, wo Otto die ersten Wenden taufte, am Ottobrunnen, unweit Pyritz, erhebt sich, von dem frommen König Friedrich Wilhelm dem Dritten von Preußen errichtet, jetzt ein Denkmal zum ewigen Gedächtnis des wackeren Apostels der Wenden.
Von Pyritz wandte sich Bischof Otto nach Kammin, wo ein wendischer Häuptling, der fünfundzwanzig Weiber hatte, Hof hielt. Unter diesen Weibern befand sich eine, die auf einem Kriegszuge, den die Wenden gegen ihre christlichen Nachbarn unternommen, geraubt worden war; aber auch als Fürstin der Wenden hatte sie ihren Christenglauben treu bewahrt. Als nun Otto nach Kammin kam, bestimmte sie ihren Gemahl, daß er dem Heilsboten seinen Schutz gewährte, und ungefährdet konnte er auch dort das Wort vom Kreuz verkündigen. Und Gott der Herr lenkte es, daß das Herz des Häuptlings den Worten des Bischofs sich erschloß. Mit seinem ganzen Hofe begehrte er die Taufe und entließ auf Ottos Geheiß seine Weiber bis auf die eine, die ihn willig gemacht, der Heilsbotschaft sein Ohr zu leihen. Seinem Beispiele folgten viele Einwohner der Stadt, und Otto konnte auch hier eine Kirche bauen, welche der Häuptling reichlich ausstattete mit den Ländereien, die früher die heidnischen Priester besessen. Nach längerem Ausenthalt in Kammin wendete er sich nach der gegenüberliegenden Insel Wollin: dieselbe galt als ein Hauptbollwerk des Heidentums, und daher mußte es seine Sorge sein, auch hier dem Christentum eine Stätte zu bereiten.
Die Einwohner der Inseln Wollin und Usedom waren als ein rohes Schiffervolk bekannt und gefürchtet. Der Seeraub war ihre Haupterwerbsquelle, und wehe dem Schiffe, das hilflos an ihrer Küste strandete! Sie hatten schon von dem Wirken Ottos in Pyritz und Kammin gehört durch die heidnischen Priester, die bei ihnen Zuflucht gesucht hatten, und sie beschlossen, noch ehe
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Extrahierte Personennamen: Otto Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Apostels Otto Otto Ottos Otto Ottos
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
— 2 —
ausbreiten, weite, sumpfige Strecken, mit Röhricht und Rred bewachsen, sich ausdehnten, in welchen wilde Enten und Gänse ungestört ihr Wesen trieben. Nur hie und da erhob sich damals aus einer höher gelegenen Stelle, bis zu welcher das Flutwasser nicht drang, wenn der Nordweststurm die Salzflut der Nordsee in die Wesermündung peitschte und so den Fluß staute, eine ärmliche menschliche Wohnung; im übrigen glich das ganze Land einer weiten Einöde, die nur selten ein menschlicher Fuß betrat. Das Verdienst der Erzbischöfe von Bremen ist es, daß sie zuerst Ansiedler aus andern Gegenden Deutschlands und aus dem benachbarten Holland in diesen Gau riefen. Durch diese wurden nach und nach weite Strecken Landes eingedeicht, entwässert und urbar gemacht, und dort, wo vormals nur die Sumpfvögel sich wohl gefühlt, erhoben sich jetzt, breitspurig und behaglich, die Wohnungen der neuen Ansiedler. _ Ein Mischvolk war es also ursprünglich, welches hier zusammenströmte; aber die gemeinsame Arbeit gegen das tückische Element, welches nur zu oft versuchte, mit blinder Gewalt zu vernichten, was menschlicher Fleiß geschaffen, schlang um alle ein festes Band der Eintracht, so daß alle Bewohner des Stedingerlandes gar bald zu einem Volke sich vereinigten, von dem jeder einzelne bereit war, für die Freiheit des Ganzen einzustehen mit seinem Blute und seinem Leben. Wie wir es in unsern Tagen im größten Maßstabe bei dem Volke des großen amerikanischen Freistaates beobachten können, so sehen wir es hier im Stedingerlande im kleinen Maßstabe; obgleich von den verschiedensten Richtungen der Windrose zusammengeströmt, verschmolzen die Ansiedler doch bald zu einem einzigen Volke, mit gleichen Sitten, gleicher Sprache und gleichem, selbstgegebenem Gesetz.
Die Verbindung der Stediuger mit den Erzbischöfen von Bremen war eine sehr lockere. Freilich gehörte ihr Land zu dem Sprengel des Erzbistums, aber ihre ganze Abhängigkeit bestand darin, daß sie von gewissen Feldsrüchten und vom Vieh den Zehnten gaben, und auch diesen Abgaben wußten sie sich allmählich zu entziehen, so
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Extrahierte Ortsnamen: Nordweststurm Bremen Deutschlands Holland
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
— 4 —
An einem schönen Märztage im Jahre 1204 waren bte Stebinger der „Rechterfeite", b. H. des Landes, welches an der „(echten" (linken) Seite der Weser von biefent Ltrome, der Ochtum, Ollen und Hunte, begrenzt wirb
und so fast eine Insel bilbet, hinausgezogen an die Deiche, um die durch die Sturmfluten des Winters entftanbenen schabhaften Stellen in benselben auszubessern. An biefer Arbeit, welche als Ehrensache galt, beteiligten sich alle erwachsenen männlichen Bewohner der nmliegenben Ortschaften, die bamals noch mehr wie heute an die Deiche gebaut waren. Silberhaarige Greise sah man mit kräftigen Jünglingen wetteifern, die oft unmerklichen Riffe und Höhlungen, welche das nimmer rnhenbe Flnt-wasser ober Maulwürfe, Ratten und Mäuse in das schützende Erbreich gewühlt hatten, wieber dicht zu machen und mit Rasenstücken zu bebeckeu, so daß die nach der Flußseite sanft abfallenbe Böschung erneut weichen, grünen Teppich glich.^ Einige stattliche Eschen, vielleicht angepflanzt, vielleicht auch durch ein einsames Samenkorn
hier angesiebelt, erhoben sich an der nach der Lanbseite etwas steiler abfallenbett Böschung des Deiches. Diese Eschen, „Schutzbäume" genannt, würden als heilig und unverletzlich gehalten, und es galt als arger Frevel, auch nur ein Blatt von einem solchen Schutzbaum abzureißen. Fast lautlos ging die Arbeit von statten; bte Stebinger waren von jeher nicht Freunbe von vielen Worten, wenn es galt zu hanbeln. Anwerbern war es Gesetz, daß bei der Deicharbeit jebet: Fluch, jeber Unfrtebe, Zank und Streit permi eben werben mußten; bettn biefe Arbeit war eilte heilige, und die frommen Bauern fürchteten, durch Flüche und leichtfertige Reben den Segen Gottes von berfelben zu vertreiben.
Unter bett Männern zeichnete sich ein wtirbiger Greis aus, der sich nicht an der Arbeit selbst beteiligte, obgleich auch er einen Spaten in der Hand trug. Er ging vielmehr unter den arbeitenben Männern und Jünglingen umher, balb mit sreunblichem, ermnnternbem Wort sie crntreibenb, balb beit Greifen ratettb, nicht zu eifrig zu
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
fl
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der Wmb war zum rafenben Sturm ausgeartet, und mit heiserem Kreischen schossen graue Möven durch die "nft, vergebens gegen beit Sturm ankämpfenb. Die Stebinger wußten, was solch ein Unwetter für sie zu bebeuten hatte, was babei für sie aus dem Spiele ftanb. Deshalb würde auf den Befehl des Freischöffen das Fest plötzlich geschlossen, Weiber und Kinder würden Heimgeschickt und die Männer und Jünglinge eilten an die Deiche, um zur Stelle zu sein, wenn Gefahr brohte. Und wahrlich, schon war die Gefahr groß genug! Wilb-auf schäumten die Wellen des Stromes, weiße Schaumkronen gleich Basiliskenkämmen auf ihren Gipfeln tragenb; lauter heulte der Sturm, höher und höher stieg die Flut- Zum ersten Male in seinem Leben stanb Johann ödn Olbenburg, der sich freiwillig den Bauern angeschlossen hatte, einer solchen Gefahr gegenüber, zum ersten Male lernte er erkennen, daß der Kampf gegen das entfesselte Element boch ein anberer ist, als der gegen den gewaffneten Feind. Mit Bewuubernng schaute er aus die Bauern, welche, mit keiner Miene zuckenb, stolz aufgerichtet auf der Höhe des Deiches dem Wachsen des Wassers zusahen. Noch war keine unmittelbare Gefahr vorhanben, noch hielten die Deiche dem Anbrang der Wogen staub. Aber immer höher, immer höher stieg das Wasser; jetzt war es nur noch einen Fuß von der Deichkappe entfernt; wenn es die Höhe des Deiches erreichte, wenn es benselben gar überflutete, dann wehe dem Lanbe, wehe den Bewohnern besselben! Und es schien, als wenn sich die Elemente verschworen hätten zum Verberben des Stebingerlanbes; benn plötzlich ertönte von einer Stelle der Schreckensruf: „Das Wasser überflutet beit Deich; M Hülse! zu Hülse!" Düngerhaufen, Sanbsäcke witrbert herbeigeschleppt, bett Deich zu erhöhen; große geflochtene Hürben, „Flaken" genannt, stemmte man den Fluten entgegen ; aber was vermag die Kraft der Menschen gegen die Wut der Elemente? Weggeschwemmt würden die Hinbernisse, und schon klatschte das Wasser über beit Deich uttb rann an der entgegengesetzten Böschung in
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Extrahierte Personennamen: Johann_ödn_Olbenburg Johann
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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breitem Strome hernieder. Da rief der Freischöffe: „Ihr Männer, folget mir, thut, was ich thue!" Und er warf sich oben auf dem Deiche in den schlammigen Boden, seinen Schild dem Wasser entgegenhaltend. Augenblicklich folgten alle seinem Beispiele, Schild an Schild stemmte sich der Flut entgegen, und so schützten die Stedinger den heiligen Boden des Vaterlandes mit ihren Leibern. Zwischen den Bauern aber lag, gleich als wäre er einer der Ihren, die Gefahr mit ihnen teilend, Johann von Oldenburg, der edelste der Ritter. Und es war, als wenn die Flut sich vor den Männern gefürchtet hätte; der Wind ließ nach, die Wolken zerrissen, und fast zusehends fiel das Wasser in dem riesigen Strombette. Die scheidende Sonne übergoß noch einmal mit mildem Lichte die Gruppe der Tapfern, welche, durchnäßt und schmutzig von dem aufgeweichten Boden, sich nun wieder erhoben, und ein stummes Dankgebet gen < Himmel schickten für diese wunderbare Rettung; der junge Ritter aber, von seinen Gefühlen überwältigt, sank dem Freischöffen in die Arme und weinte vor innerer Erregung. Solcher Thränen braucht sich ein Mann nicht zu schämen; auch viele der wettergebräunten und im steten Kampse mit dem Element gestählten Stedinger, die es sahen, wischten sich eine Thräne des Dankes und der Rührung aus dem Auge.
So endete der so festlich begonnene Tag — und schweigend schritten nun die Männer, als die Gefahr vorbei war, ihren Wohnungen zu, nur eine Wache auf dem Deiche zurücklassend.
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Extrahierte Personennamen: Johann_von_Oldenburg Johann