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1. Für Oberklassen - S. VIII

1893 - Altenburg : Bonde
vm Kt# schäm' dich, rat' ich allermeist, Daß man dich lehr', was du nicht weißt, Wer etwas kann, den hält man wert, Wer ungeschickt, wird nicht begehrt. 'Oft scheint etwas ein Glück zu sein, Was hinterher schafft große Pein, Und umgekehrt ist manche Not Der nahen Freude Morgenrot. Putz und neumod'sche Kleiderpracht Die Menschen oft zu Thoren macht. Demut und Herzensreinigkeit, Das ist das schönste Ehrenkleid. Cwit dich der Vorwurf einer Schuld, So such' in Christi Gnad' und Huld Für dem Gewissen Trost und Rat, Er tilgt all' deine Missethat. O^icht' deine Blicke himmelwärts Und häng' nicht an die Welt dein Herz, Denn ihre Lust währt kurze Frist. Du aber such', was ewig ist. ^ieh' nicht mit Neid auf andrer Glück, Nimm teil an fremdem Mißgeschick, Die Schadenfreude flieh' und meid', Sie bringt dir selbst das größte Leid. 2w' nicht dem Schimmer eitler Ehr', Sie läßt das Herz an Frieden leer. Die wahre Ehre giebt nur Gott, Der falschen folgt oft Schand' und Spott. Dm ird'sche Dinge sorg' dich nicht, Der Herr weiß schon, was dir gebricht, Der beste Freund in aller Not Giebt auch dem Leib sein Kleid und Brot. Rergieb, wenn du beleidigt bist, Von Herzen als ein wahrer Christ. Wer nicht läßt seinen Zorn und Groll, Auch keine Gnade finden soll. Eöarum dir Gott dein Kreuz auflegt, Frag' nicht, wenn seine Hand dich schlägt Trag's nur getrost und ohne Scheu Und glaube fest, Er meint es treu. Zuletzt bedenk' mit Ernst dein End', Befiehl dich stets in Gottes Händ', Vertrau' auf Christi Kreuz und Blut, Er macht's mit deinem Ende gut. —

2. Für Oberklassen - S. 1

1893 - Altenburg : Bonde
Erster Teil 1. Der Tag. 1. Mit Gott! Ich weiß zwei Wörtlein; wenn die in deinem Herzen wohnen für und für, so hast du Ruhe im Leben, Trost am Grabe und Hoffnung über das Grab hinaus. Die beiden Wörtlein heißen: Mit Gott! Mit Gott steh' auf, so wird der Tag ins Buch des Lebens geschrieben; mit Gott schlaf' ein, so schlummerst du sanft und kummerlos. Mit Gott zur Schule, so lernst du Worte des Lebens; mit Gott in die Fremde, so kehrst du wohlbehalten heim. Mit Gott fang' an, so gelingt dein Werk; mit Gott hör' auf, so folgt es dereinst dir nach. Mit Gott in Freuden, so sind sie dir doppelt und ewig süß; mit Gott in Leiden, so sind sie ertragbar und segensreich. Mit Gott in den Tod, so wird er ein friedlicher Heimgang zum Vater; mit Gott ins Grab, so ruhst du im Herrn bis zur herrlichen Auferstehung. Mit Gott fang' an, mit Gott hör' auf, das ist der beste Lebens- lauf. — Gott walt' es! ist aller Bitte Mutter. — Fang' dein Werk mit Beten an, es ist um die Hälfte dann gethan. Kurfürst Friedrich Iii., der Fromme, sagte seinem Sohne beim Abschiede: „Gedenk' in allem deinen Thun an Gott: geht dir's wohl, so dank's ihm; geht dir's übel, so klag's ihm!" Das Blatt grünt, so lange es am Zweige haftet; die Feder erhebt sich zur Sonne, so lange sie am Adler hastet; Mensch und Engel sind in dem Maße frei, selig und herrlich, je nachdem sie an Gott haften. Kindlein, bleibet bei ihm! 2. Gott grüße dich! Gott grüße dich! Kein andrer Gruß Gleicht dem an Innigkeit. Gott grüße dich! Kein andrer Gruß Paßt so zu aller Zeit. Iii. Gott grüße dich! Wenn dieser Gruß So recht vom Herzen geht, Gilt bei dem lieben Gott der Gruß So viel wie ein Gebet. 1

3. Für Oberklassen - S. 2

1893 - Altenburg : Bonde
2 3. Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt. Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt, z. B.: Wenn dich früh die Sonne zu einem neuen, kräftigen Leben weckt, so bietet er dir: Guten Morgen! Wenn sich abends dein Auge zum erquick- lichen Schlummer schließt: Gute Nacht! Wenn du mit gesundem Appetite dich zur Mahlzeit setzest: Wohl bekomm's! Wenn du eine Gefahr noch zur rechten Zeit entdeckst, so sagt er: Nimm dich i n a ch t, junges Kind oder altes Kind, und kehre lieber wieder um! Wenn du am schönen Maitag im Blütendnft und Lerchengesang spazieren gehst, und es ist dir wohl, sagt er: Sei willkommen in meinem Schloßgarten! Oder du denkst an nichts, und es wird dir auf einmal wunderlich im Herzen und naß in den Augen und denkst: Ich will doch anders werden, als ich bin, so sagt er: Merkst du, wer bei dir ist? Oder du gehst an einem offenen Grabe vorbei, und es schauert dich, so denkt er just nicht daran, daß du lutherisch, oder reformiert bist, und sagt: Ge- lobt sei Jesus Christ! Also grüßt Gott manchen, der ihm nicht antwortet und nicht dankt. Gott begegnet dir überall, wo du ihn grüßen möchtest. 4. Friedrich der Große und sein Kammerdiener. Friedrich der Große arbeitete oft anhaltend bis in die Nacht hinein. Einst saß er noch arbeitend an seinem Pulte, als die Mitter- nachtsstunde schon geschlagen hatte. Da trat sein Kammerdiener Heise in das Zimmer. Dieser stand bei Friedrich in großer Gunst und konnte sich schon erlauben, was ein anderer nicht wagen durfte. Jetzt erinnerte er den König, daß es schon spät und Zeit zur Ruhe sei. Der König sagte: „Ich habe da eine wichtige Arbeit vor, die keinen Aufschub leidet. Wenn ich jetzt zu Bette gehe, so muß Er mich spätestens morgen früh um 4 Uhr wecken. Ich werde dann noch schläfrig sein und nicht ausstehen und Ihn wieder wegschicken wollen. Aber ich befehle Ihm, daß Er sich nicht abweisen läßt. Wenn ich nicht aufstehen will, so ziehe Er mir nur die Bettdecke weg. Hört Er?" Mit dem Schlage vier trat Heise ein. Der König schlief sanft und fest; aber der treue Diener weckte ihn mit lauter Stimme. Der König schlug die Augen auf und sprach: „Es ist mir leid geworden; ich muß noch zwei Stunden schlafen, komme Er um 6 Uhr wieder!" „Aber Ew. Majestät haben befohlen," sagte Heise. „Schäker!" rief der König, „Er hört es ja, ich will nicht." „Majestät, Sie müssen," antwortete Heise und zog die Bettdecke weg. Da stand der König auf. Schlaftrunken gähnte und reckte er sich und sprach: „Ach Gott, wäre ich doch ein Regierungsrat geworden!"

4. Für Oberklassen - S. 3

1893 - Altenburg : Bonde
3 S. Nach dem Aufstehen. Nein gehalten dein Gewand, rein gehalten Mund und Hand! Rein das Kleid von Erdcnputz, rein von Erdenschmutz die Hand! Sohn, die äuß're Reinlichkeit ist der innern Unterpfand. 6. Von der Seife. Gewiß kennst du das Märchen von Rupert, dem Bärenhäuter. Der Fürst dieser Welt verspricht ihm, die Taschen allezeit mit Thalern und Dukaten zu füllen, wenn er sieben Jahre lang sich nicht wasche, nicht kämme, den Bart nicht abschere und die Nägel nicht abschneide. Ein sonderbares Verlangen! meinst du. Wie mag er nur auf diese Bedingung gekommen sein? Die Sache ist einfach. Ein Mensch, der Jahr für Jahr seinen Leib so gut wie gar nicht Pflegt, sinkt am Ende zum Tiere herab. Im Gesichte wird er dem Uhu ähnlich, er bekommt Hände wie Adlersklauen, und mit der Zeit wird ihm wie dem be- kannten Haustiere der Schmutz das Element, in welchem er sich so wohl fühlt, wie der Fisch im Wasser. Er vergißt, daß er eine Seele hat, und es ist ihm einerlei, ob nach dem Tode die Seele zurückkehrt zu dem, der sie gegeben hat, oder ob sie an den Ort der Qual kommt. Derjenige hingegen, welcher seinem Leibe die gehörige Pflege und Ehre anthut, wird sich dann und wann doch darauf besinnen, daß der Mensch zum Bilde Gottes geschaffen ist; wer die Augen wäscht und die Ohren rein hält, wird leichter imstande sein, etwas von der Herrlichkeit Gottes in der Natur und in seinem Worte zu spüren, und wer keinen Schmutz an seinem Körper duldet, wird mitunter auch einen Ekel haben vor dem Schmutze, welcher sich in der Sünde an seine Seele hängt. Merke: Auch das Stückchen Seife, welches die Mutter in den Waschtisch legt, will der liebe Gott dazu brauchen, dich bei ihm zu erhalten, zu ihm zurückzuführen. Siehe dir nun den äußerlichen Dienst an, welchen dir die Seife leistet. Worin besteht er? Hauptsächlich in der Reinigung deiner Haut. Der menschliche Leib ist nämlich einem geheizten Ofen nicht unähnlich. Mund und Nase sind die Esse, durch welche der Rauch ausströmt, die Haut aber ist der Ort, wo sich die Asche und die Schlacken ablagern. Von dem Schweiße, welchen Wärme und Luft auflecken, bleibt auf der Haut eine Menge salziger Stoffe zurück. Von ihrem Vorhandensein kannst du dich leicht überzeugen, wenn du mit der Zungenspitze über einen deiner Finger hinwegführst. Aus den Drüsen und Zellen der Unterhaut sondern sich fettige Stoffe ab, welche auf der Oberhaut zu Talg sich verhärten. Willst du auch dafür den Beweis haben? Tauche deinen Finger in das Wasser! Ziehst du ihn wieder heraus, so wirst du manchmal bemerken, daß er nicht gleichmäßig naß ist, sondern daß das Wasser nur hier und da in größeren oder kleineren Tropfen hängen geblieben ist; an allen den- jenigen Stellen, welche fettig waren, konnte es nicht haften. Mit den salzigen und fettigen Teilen verbindet sich Staub aller Art, und so ent-

5. Für Oberklassen - S. 4

1893 - Altenburg : Bonde
4 steht auf der Haut Schmutz, auch ohne daß du mit Pech oder Kohle in Berührung gekommen bist. Die salzigen Teile lassen sich ohne Mühe durch Wasser entfernen, nicht aber die fettigen. Gegen diese muß ein anderer Feind in das Feld geführt werden, entweder die Pottasche, die aus Holz- und Pflanzen-Asche oder die Soda, welche aus dem gewöhnlichen Kochsalze gewonnen wird. Sobald das eine oder das andere dieser zwei Salze mit Fett zusammen kommt, wird letzteres von dem Salze bis in die feinsten Ritzen und Poren der Haut hinein verfolgt und vollständig verschluckt, so daß vom Fette am Ende so wenig zu spüren ist, wie von der Maus, welche mit den Krallen und Zähnen der Katze Bekanntschaft gemacht hat. Ist nun Pottasche oder Soda die Mutter der Seife, so ist der Rindstalg oder das Palmöl, ihr anderer Hauptbestandteil, als der Vater anzusehen. Von ihm hat die Seife die Eigenschaft zu schäumen, und jede Waschfrau weiß, daß das Geld, welches für Seife ausgegeben wird, die nicht schäumt, so gut wie auf die Gasse geworfen ist. Durch den Schaum wird nämlich jedem einzelnen Gliede, das gewaschen werden soll, von der Soda oder Pottasche so viel zugeteilt, als dasselbe zu seiner Reinigung braucht; er verhindert, daß von diesen ätzenden Stoffen zu viel auf einen Fleck komnit, und so zwar der Schmutz, aber mit dem Schmutze zu- weilen die Haut selbst weggenommen wird; er läßt es aber auch nicht zu, daß ein Teil des Gesichtes oder der Hand ganz leer ausgeht und den Schmutz nach wie vor behält. Aber deine Haut dünkt dem Schmutze ein gar weiches und warmes Bett zu sein; darum möchte er, hinausgeworfen und fortgejagt, sehr gern zur alten Wohnung zurückkehren. Auch hier erweist dir der Schaum einen großen Dienst: er hält die losgerissenen Schmutzteilchen in der Schwebe und erlaubt ihnen nicht, sich wieder an die gereinigte Haut anzuhängen. Seifenblasen hast du vielleicht schon manchmal in deinem Leben gemacht und dich an ihrem Steigen und Fallen in der Luft, an ihren wunderschönen Farben ergötzt. Sie sind das Bild des Trügerischen und weisen so aus ihren Ursprung wie mit Fingern zurück; denn mit fast keinem Stoffe wird in der jetzigen Zeit so viel Betrug getrieben, wie mit der Seife. Manche Hausfrau denkt: Je schöner die Seife aussieht, desto besser muß sie sein, und greift darum nach marmorierter. Wenn sie nur wüßte, daß alle die blauen und roten Adern nichts sind, als Verräter unreiner Beimengungen, welche sich entweder von selbst bei dem Sieden der Seife aus den einzelnen Stoffen abgesondert babcn, oder absichtlich vom Seifensieder durch Zusatz von Eisenvitriol, Farben und anderen Sachen bewirkt worden sind! Halt! denkt eine andere, ich gehe sicher, ich nehme weiße Seife, und ahnt nicht, daß sie eben so betrogen ist, wie ihre Nachbarin. Denn woher hat die Seife ihre gleichmäßige weiße Farbe und ihre Elastizität? Von Porzellanerde oder Stärkemehl, welche der Seifensieder ihr zugesetzt hat. Aber der schlimmste Feind aller Hausfrauen, welche Seife kaufen, ist das Wasser. So lange mau bloß Talg zur Bereitung . der Seife nahm, konnte man aus 50 kg Fett höchstens 75 bis 80 kg Seife machen. Jetzt ist man so weit gekommen, daß man aus 50 kg

6. Für Oberklassen - S. 5

1893 - Altenburg : Bonde
5 Fett an oder über 150 Kz Seife gewinnt. Dies macht das Kokns- nuß- oder Palmöl, welches man jetzt vielfach statt des Talges an- wendet. Es hat dasselbe die Eigenschaft, eine Menge Wasser in sich aufzunehmen, trotzdem aber der Seife das Aussehen und die Festigkeit einer guten Kernseife zu geben. Daher kommt es heutiges Tages vor, daß eine Frau, die 1\ kg Seife gekauft hat, sich einbilden kann, etwa 1 kg Fett nach Hanse zu bringen, wie dies das gute alte Verhältnis war; in der That aber trägt sie 1 kg Wasser in ihrem Korbe, und braucht natürlich nicht erst ein Herr Professor aus Paris zu kommen, um ihr zu sagen, daß sie aus jedem Brunnen oder Teiche das Wasser billiger haben kann, als im Laden des Seifen- sieders. 7. Vom Brote, das wir essen. In der Erklärung der vierten Bitte rechnet Or. Luther zum täglichen Brote zweiundzwanzig Stücke, ja er fügt, damit noch nicht zufrieden, noch „und desgleichen" hinzu, so daß der Schneider bei dem Beten der vierten Bitte an Kunden denken kann, welche die Röcke auch bezahlen, die sie zerreißen, und dem Schuhmacher die Fabrik in den Sinn kommt, aus welcher gutes Leder zu beziehen ist. Was ist der Grund, daß Luther so viele Sachen in den Begriff des täglichen Brotes hineingepackt hat? Alle die genannten Stücke dienen dazu, das Brot, das wir essen, uns zu verschaffen, zu erhalten, uns dasselbe genießen zu lassen. Wie wollte der Bauer ohne Acker und Vieh zu ' Getreide kommen? Und wird des täglichen Brotes nicht täglich weniger in einem Hause, wo die Frau wohl fleißig, der Mann aber liederlich ist? Oder verhält es sich nicht so, daß der Kranke vor vollen Flaschen und vollen Schüsseln sitzt wie mit zugebundenem Munde, und daß durch Zank und Neid die herrliche Gottesgabe sich in Gift und Galle verwandelt? Du siehst, das tägliche Brot ist die Sonne, um welche sich im irdischen Leben alles dreht; daher hat denn auch der Herr der Bitte um dasselbe einen Platz im heiligen Vater Unser angewiesen. Weil es so großen Wert hat, so möchte es sich wohl der Mühe lohnen, dasselbe etwas genauer anzusehen. Wir nehmen ein Weizenkorn und schneiden mit einem scharfen Messer mitten hindurch. Wir bemerken unter der Kleie, der harten äußeren Hülle, eine dünne Schicht von graulichem Ansehen, während das Innere des Kornes weiß aussieht. Dieselbe Verschiedenheit tritt uns entgegen, wenn Weizenkörner gemahlen sind. Sie zerfallen in Kleie und Mehl, im Mehle selbst aber können wir leicht zwei von einander geschiedene Stoffe erkennen. Bringen wir nämlich das Mehl in ein feines Sieb und kneten es hier unter fortwährendem Zugießen von Wasser so lange mit der Hand, als das Wasser getrübt durch- fließt, so bleibt zuletzt im Siebe ein Stoff übrig, der weißlich aussieht, ganz klebrig sich anfühlt und dem gewöhnlichen Vogelleime sehr ähnlich ist. Dies ist der sogenannte Kleber. Hat das wie Milch aussehende Wasser einige Zeit ruhig in der Schüssel gestanden, so wird es hell,

7. Für Oberklassen - S. 6

1893 - Altenburg : Bonde
6 und es setzt sich auf dem Boden ein weißes Pulver nieder. Das ist die gewöhnliche Stärke, wie sie die Hausfrauen anwenden, um feines Weißzeug steif zu machen. Kleber und Stärke sind demnach die Hauptbestandteile eines Getreidekornes, aber sie sind nicht die einzigen. Verbrennt man nämlich Getreidekörner, so lösen sich Kleber und Stärke in Luft auf, als zurückbleibende Asche aber finden sich mineralische Stoffe vor, Pottasche, Soda, Kalk, Eisen, Salz u. s. w., welche die Pflanze dem Acker entnommen hat, auf welchem sie wuchs. Ein solches Getreidekorn ist seinem Inhalte nach nichts mehr und nichts weniger, als ein Menschenleib im kleinen. Der liebe Gott hat es nüntlich in seiner Weisheit so eingerichtet, daß der Kleber des Ge- treidekornes nach dem Genusse in unserem Körper zu Fleisch und Blut sich umwandelt; die Stärke dagegen bildet Fett, und die mineralischen Stoffe dienen dazu, die Knochen imstande zu erhalten. Hierin liegt der Grund, warum schwarzes Brot nahrhafter ist, als das weiße; jenes hat mehr Kleber, denjenigen Stoff, welcher Fleisch und Blut bildet, während der Hauptbestandteil von diesem die Fett bildende Stärke ist. Die Kleie enthält ebensowenig Nahrungsstoff, als z. B. Kalk oder Kreide, und wenn sie zum Futter, ja zur Mästung des Rindviehs, der Schweine. Gänse u. s. w. gebraucht wird, so ist das. was fett macht und Fleisch giebt, nicht die Kleie, sondern vielmehr der auch in der besten Mühle von ihr nicht ganz loszulösende Kleber. Auch das zum Leben ganz unentbehrliche Wasser fehlt im Brote nicht; 50 kg Rvggenmehl geben nämlich ungefähr 65 kg Brot, und dieser Überschuß kommt zum größten Teile auf Rechnung des Wassers, das bei dem Backen zum Mehle hinzugesetzt wird. Aber warum, könnte jemand fragen, geben wir uns überhaupt die Mühe, das Getreide zu mahlen und aus dem Mehle Brot zu backen? Es wäre ja viel einfacher, wenn wir die Getreidekörner, wie sie sind, in den Mund steckten und durch diesen in den Magen beförderten. Wäre unser Magen von der Art, wie ihn die Hühner und Tauben haben, so ließe der Vorschlag sich hören. Der scharfe Magensaft der Vögel löst auch die harte, zumeist aus mineralischen Stoffen bestehende Kleie leicht und rasch auf; aber in unserem Magen würden die un- gemahlenen Körner lange unverdaut liegen, und der Körper würde daher von ihnen kaum die Hälfte des Nutzens haben, welchen gut ge- backenes Brot giebt; denn so viele Veränderungen auch durch das Mahlen und Backen mit dem Getreide vorgehen, so dienen diese doch alle dazu, dasselbe für unseren Mund genießbarer und für unseren Magen verdaulicher zu machen. Bei dem Mahlen bestehen sie einfach darin, daß das Getreidekorn von der Schale befreit und zu Mehl zerrieben wird. Aber welches sind die Veränderungen, welche durch das Backen bewirkt werden? Sie beginnen, sobald der Bäcker das Mehl mit warmem Wasser angemacht hat, und sind, obgleich unsichtbar, doch ganz gewaltiger Art. Der Kleber greift mit seinem Bundes- genossen, dem Wasser, die Stärke an und nötigt diese zu verschiedenen Verwandlungen. Zuerst wird aus ihr ein Körper, welcher dem Gummi sehr ähnlich ist, jenem Pflanzensafte, welcher an der Luft zu einem

8. Für Oberklassen - S. 7

1893 - Altenburg : Bonde
7 schwach gelblichen Stoffe verhärtet, im Wasser zu einer dicklichen, ge- schmacklosen Flüssigkeit sich auflöst und besonders als Klebmittels be- nutzt wird. Durch weiteren Einfluß des Klebers und des Wassers verwandelt sich dieser gummiartige Körper in Zucker; aber auch dieser hat noch keine Ruhe. Jene beiden arbeiten so lange an ihm herum, bis er in Gührung tritt und dabei in Weingeist, den Hauptbestandteil des Branntweins, und in Kohlensäure sich verwandelt, die Luftart, die unter anderem im schäumenden Biere sich findet und diesem den säuerlichen, prickelnden Geschnmck giebt. Um die Gährung rascher herbeizuführen, setzt der Bäcker bei dem Schwarzbrote Sauerteig, bei dem Weißbrote Hefe hinzu. Den weiteren Verwandlungen, zu denen Kleber und Wasser die Stärke drängen möchten, macht der Bäcker mit einem Male durch das Eiuschieben der Brote in den Ofen ein Ende; denn durch die Hitze werden im Teige die Gährungsstoffe getötet. Die äußere Schicht des Teiges, welche der ganzen Hitze ausgesetzt ist, ver- härtet sich zur Rinde. Ihre braune Farbe rührt daher, daß der im Teige befindliche Zuckerstoff zum Teile verkohlt; ihren Glanz aber verdankt sie dem Bäcker, der die obere Seite des eben aus dem Ofen genommenen Brotes mit Wasser bestreicht und dadurch den gummi- artigen Körper auflöst. Der Weiugeist und ein Teil des im Teige enthaltenen Wassers bahnen sich, von der Hitze geängstigt, gewaltsam einen Weg auch durch die Rinde hindurch und verfliegen in der Luft; die Kohlensäure aber muß im Teige zurückbleiben, so gern sie auch jenen nachfolgen möchte: der Kleber hält sie fest, in vielen tausend Bläschen sammelt sie sich im zähen Teige an und bewirkt die Auf- lockerung und dadurch die größere Verdaulichkeit des Brotes. 8. Vom Wasser, das wir trinken. Ja und Rein sind Widersprüche, von denen der eine den anderen aufhebt; und doch haben es manche Menschen so weit gebracht, daß sie Ja und Nein in einem Atem sagen, daß sie in der nächsten Minute leugnen, was sie in dieser behauptet haben, mit der linken Hand nehmen, was sie mit der rechten geben. Was diese Leute in der Menschenwelt, das ist in der Natur das Wasser: so voll Widersprüche, daß man denken sollte, es müßte sich selber vernichten. Es ist flüssig, wie die Luft, und doch sind die Brücken, welche es zur Winterszeit über Teiche und Flüsse schlügt, fester, als wenn sie aus Quadersteinen gewölbt wären. Es trägt unsere Schiffe, und doch können wir nicht auf dasselbe treten, ohne zu versinken. Es schwebt als Nebel und Wolke über den höchsten Bergen und steigt hinunter bis in die unermeßlichen Tiefen des Meeres. Es ist so verbreitet, daß es drei Vierteile der Oberfläche unserer Erde bedeckt, und doch von den meisten Menschen nur wenig gekannt. Es ist so notwendig, daß keine einzige Pflanze, kein einziges Tier ohne dasselbe leben kann; denn wäre die uns umgebende Luft nicht beständig mit Wasserdampf angefüllt, so würde durch die Blätter das in der Pflanze befindliche Wasser viel rascher verdunsten, als dasselbe ans der Erde durch die Wurzeln er-

9. Für Oberklassen - S. 8

1893 - Altenburg : Bonde
8 jetzt werden könnte, und infolge davon die ganze Pflanze verdorren; unsere Haut würde zusammenschrumpfen, und unser dürrer, saftloser Leib würde, von Fiebern geschüttelt, gar bald dem Durste erliegen — und wie wenig wird ein Wassertropsen geachtet! Es ist farblos und bringt im Regenbogen das schönste Farbenbild des Himmels hervor. Es ist ohne Geschmack und doch in der Hitze des Sommers für den Durstigen das größte Labsal. Ein Mann, welcher 74 kg wiegt, hat 58 kg Wasser und nur 19 kg feste Stoffe. Das Wasser ist also dein nächster Bekannter, der sich mit dir zu Tische setzt und ins Bett legt, der dich auf allen Wegen und Stegen begleitet, und welch' ein trügerisches, von dir gefürchtetes Element! Teilst du ein Stück Wasser in neun Teile, so sind acht Teile Lebenslust, und doch kann kein Landtier länger, als 3 bis 4 Sekunden darinnen leben. Wasser! Wasser! schreien die Leute bei einer Feuersbrunst, um mit ihn: die Flamme zu löschen, und in der Luft entzündet sich der Wasser- stoff an einem glühenden Körper und^ verbrennt mit dem Sauerstoffe, der Lebenslust, zu Wasser; das bekannte Knallgas ist eine Mischung von zwei Teilen Wasserstoff mit einem Teile Sauerstoff. Reines Wasser besteht aus Sauerstoff und Wasserstoff. Beides sind Lnftarten, welche sich in großer Menge in der Luft vor- finden, die wir einatmen, und welche, wie diese, ohne Farbe, ohne Geruch und ohne Geschmack sind. Würde die gewöhnliche Luft, die uns auf allen Seiten unigiebt, in lauter Sauerstoff verwandelt, so würde die Erde mit einem Male ein großes Narrenhaus werden. Die Menschen würden singen, was die Stimme hergiebt, und wie toll über Tische und Bänke springen. Freilich würde die Lust nur von kurzer Dauer sein; die übermäßige Aufregung, in welche der Sauerstoff Menschen und Tiere versetzt, würde ihnen einen baldigen Tod bringen, gerade wie dem Lichte, das in reinem Sauerstoffe noch einmal so hell, aber nur halb so lange, als in gewöhnlicher Lust brennt. Der Wasserstoff, obwohl im Wasser des Feuers ärgster Feind, ist selbst sehr feuriger und entzündlicher Natur; er ist der leichteste unter allen Körpern und daher imstande, schwere Gegenstände, z. B. einen Ballon, der mit ihm gefüllt ist, in die Höhe zu heben. Werden Wasserstoff und Sauerstoff mit einander gemischt, so ändern beide vollständig ihre Naturen; sie verbinden sich zu einem neuen Körper, dem Wasser, das manche Eigenschaften des Wasserstoffes und des Sauerstoffes nicht mehr hat, dafür aber wieder andere besitzt, welche in jenen Elementen nicht zu finden sind. Ganz reines Wasser kommt in der Natur niemals vor. Als das am wenigsten unreine haben wir das Regenwasser anzusehen; aber auch dieses ist vielfach mit Stoffen versetzt, welche die herunterfallenden Tropfen in der Lust an sich reißen. Ihm zunächst kommt das. Fluß- wasser, das, mitunter schon für das Auge erkeunbar, mancherlei Teile und Teilchen der Erde, in welcher es dahin stießt, mit sich führt. Im Quell- und Brunnenwasser findet sich häufig Kalk; durchsichtiger und wohlschmeckender, als anderes Wasser, setzt es in den Töpfen, in welchen es gekocht wird, eine graulichweiße Rinde ab. Du darfst aber

10. Für Oberklassen - S. 9

1893 - Altenburg : Bonde
9 nicht denken, daß es im Magen eine gleiche Wirkung hervorbringt; im Gegenteil, der im Wasser aufgelöste Kalk entfernt aus demselben einen Teil der Säuren und kann so zu deiner Gesundheit beitragen. Auch bedarf dein Leib zu seinem Bestehen und Wohlbefinden eine bestimmte Menge Kalk; führen Brot, Fleisch, Gemüse denselben nicht in aus- reichendem Maße ihm zu, so wird diesem Mangel durch das Trink- wasser abgeholfen. Am schlechtesten ist das Brunnenwasser in größeren Städten. Die durch den Regen aufgelösten Unreinigkeiten aller Art sickern allmählich bis zum Wasserspiegel der Brunnen und sind schon häufig die Veranlassung zu gefährlichen und weit um sich greifenden Krankheiten geworden. Aber das Wasser, welches uns der Brunnen giebt, ist nicht das einzige, das wir trinken. Wäre dies der Fall, so würde es um manchen Menschen gar schlimm stehen; denn auch der Reichste muß zu Grunde gehen, wenn er nur ausgiebt, nie einnimmt. Viele trinken Jahr aus Jahr ein nicht ein einziges Glas Wasser, und doch verliert der Leib des Erwachsenen jeden Tag 2% bis 3*/z kg dieses flüchtigen Elementes; es verdunsten nämlich 1 bis l1/* kg durch die Haut, 1/2 kg ver- fliegt durch die Lungen beim Ausatmen, und andere 1 bis 11/2 kg werden durch die Nieren abgesondert. In drei, höchstens vier Wochen würde darum der Mensch zu einer ägyptischen Mumie eingetrocknet sein, wenn sein Körper nicht anderwärts her Zuschuß bekäme. Daß dies durch alle Getränke, als Bier, Kaffee u. s. w. geschieht, liegt auf der Hand; aber auch alle die festen Stoffe, welche uns zur Nahrung dienen, sind nicht bloß Speise, sondern auch Trank. Unser Brot be- steht fast zur Hälfte aus Wasser. In 50 kg Mehl sind von Natur schon 8 kg Wasser enthalten; aber jeder Bäcker weiß, daß er zu 50 kg feinen Mehles noch 25 kg Wasser hinzuschütten kann, ohne zu fürchten, daß das Brot mißrate; jedes 5 kg schwere Brot ist demnach ein Brunnen, der fast 21/i kg Wasser hält. Unter allen Obstarten haben die Kirschen die meisten festen Stoffe, und doch stecken in 50 kg Kirschen 35 bis 40 kg Wasser. Be- kannt ist, daß, wer 100 Säcke Kartoffeln erntet, 75 Säcke Wasser nach Hause trägt, und daß die Gurken fast nichts als Wasser sind, indem auf 50 kg Gurken 47 bis 48 y2 kg Wasser kommen. 9. Gottesdienst. Sieh', keinen Tropfen Wasser schluckt das Huhn, Ohn' einen Blick zum Himmel zu thun; Und ohn' zuvor anbetend sich zum Staube Gebückt zu haben, pickt kein Korn die Taube. Was sie bewußtlos thun, thu' du bewußt, Daß du vor ihnen dich nicht schämen mußt. 19. Drei Wünsche. Dreierlei ist es, was sich die Menschen am häufigsten wünschen: Klugheit, Macht, Reichtum, und wer herzhaft wünscht, der will kurz-
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