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Kt# schäm' dich, rat' ich allermeist,
Daß man dich lehr', was du nicht weißt,
Wer etwas kann, den hält man wert,
Wer ungeschickt, wird nicht begehrt.
'Oft scheint etwas ein Glück zu sein,
Was hinterher schafft große Pein,
Und umgekehrt ist manche Not
Der nahen Freude Morgenrot.
Putz und neumod'sche Kleiderpracht
Die Menschen oft zu Thoren macht.
Demut und Herzensreinigkeit,
Das ist das schönste Ehrenkleid.
Cwit dich der Vorwurf einer Schuld,
So such' in Christi Gnad' und Huld
Für dem Gewissen Trost und Rat,
Er tilgt all' deine Missethat.
O^icht' deine Blicke himmelwärts
Und häng' nicht an die Welt dein Herz,
Denn ihre Lust währt kurze Frist.
Du aber such', was ewig ist.
^ieh' nicht mit Neid auf andrer Glück,
Nimm teil an fremdem Mißgeschick,
Die Schadenfreude flieh' und meid',
Sie bringt dir selbst das größte Leid.
2w' nicht dem Schimmer eitler Ehr',
Sie läßt das Herz an Frieden leer.
Die wahre Ehre giebt nur Gott,
Der falschen folgt oft Schand' und Spott.
Dm ird'sche Dinge sorg' dich nicht,
Der Herr weiß schon, was dir gebricht,
Der beste Freund in aller Not
Giebt auch dem Leib sein Kleid und Brot.
Rergieb, wenn du beleidigt bist,
Von Herzen als ein wahrer Christ.
Wer nicht läßt seinen Zorn und Groll,
Auch keine Gnade finden soll.
Eöarum dir Gott dein Kreuz auflegt,
Frag' nicht, wenn seine Hand dich schlägt
Trag's nur getrost und ohne Scheu
Und glaube fest, Er meint es treu.
Zuletzt bedenk' mit Ernst dein End',
Befiehl dich stets in Gottes Händ',
Vertrau' auf Christi Kreuz und Blut,
Er macht's mit deinem Ende gut. —
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Erster Teil
1. Der Tag.
1. Mit Gott!
Ich weiß zwei Wörtlein; wenn die in deinem Herzen wohnen für
und für, so hast du Ruhe im Leben, Trost am Grabe und Hoffnung
über das Grab hinaus. Die beiden Wörtlein heißen: Mit Gott!
Mit Gott steh' auf, so wird der Tag ins Buch des Lebens
geschrieben; mit Gott schlaf' ein, so schlummerst du sanft und
kummerlos. Mit Gott zur Schule, so lernst du Worte des Lebens;
mit Gott in die Fremde, so kehrst du wohlbehalten heim. Mit
Gott fang' an, so gelingt dein Werk; mit Gott hör' auf, so folgt
es dereinst dir nach. Mit Gott in Freuden, so sind sie dir doppelt
und ewig süß; mit Gott in Leiden, so sind sie ertragbar und
segensreich. Mit Gott in den Tod, so wird er ein friedlicher
Heimgang zum Vater; mit Gott ins Grab, so ruhst du im Herrn
bis zur herrlichen Auferstehung.
Mit Gott fang' an, mit Gott hör' auf, das ist der beste Lebens-
lauf. — Gott walt' es! ist aller Bitte Mutter. — Fang' dein Werk
mit Beten an, es ist um die Hälfte dann gethan.
Kurfürst Friedrich Iii., der Fromme, sagte seinem Sohne beim
Abschiede: „Gedenk' in allem deinen Thun an Gott: geht dir's wohl,
so dank's ihm; geht dir's übel, so klag's ihm!"
Das Blatt grünt, so lange es am Zweige haftet; die Feder
erhebt sich zur Sonne, so lange sie am Adler hastet; Mensch und
Engel sind in dem Maße frei, selig und herrlich, je nachdem sie an
Gott haften. Kindlein, bleibet bei ihm!
2. Gott grüße dich!
Gott grüße dich! Kein andrer Gruß
Gleicht dem an Innigkeit.
Gott grüße dich! Kein andrer Gruß
Paßt so zu aller Zeit.
Iii.
Gott grüße dich! Wenn dieser Gruß
So recht vom Herzen geht,
Gilt bei dem lieben Gott der Gruß
So viel wie ein Gebet.
1
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich Gott
2
3. Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt.
Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt, z. B.: Wenn dich
früh die Sonne zu einem neuen, kräftigen Leben weckt, so bietet er
dir: Guten Morgen! Wenn sich abends dein Auge zum erquick-
lichen Schlummer schließt: Gute Nacht! Wenn du mit gesundem
Appetite dich zur Mahlzeit setzest: Wohl bekomm's! Wenn du
eine Gefahr noch zur rechten Zeit entdeckst, so sagt er: Nimm dich
i n a ch t, junges Kind oder altes Kind, und kehre lieber
wieder um! Wenn du am schönen Maitag im Blütendnft und
Lerchengesang spazieren gehst, und es ist dir wohl, sagt er: Sei
willkommen in meinem Schloßgarten! Oder du denkst
an nichts, und es wird dir auf einmal wunderlich im Herzen und
naß in den Augen und denkst: Ich will doch anders werden, als ich
bin, so sagt er: Merkst du, wer bei dir ist? Oder du gehst
an einem offenen Grabe vorbei, und es schauert dich, so denkt er just
nicht daran, daß du lutherisch, oder reformiert bist, und sagt: Ge-
lobt sei Jesus Christ! Also grüßt Gott manchen, der ihm nicht
antwortet und nicht dankt.
Gott begegnet dir überall, wo du ihn grüßen möchtest.
4. Friedrich der Große und sein Kammerdiener.
Friedrich der Große arbeitete oft anhaltend bis in die Nacht
hinein. Einst saß er noch arbeitend an seinem Pulte, als die Mitter-
nachtsstunde schon geschlagen hatte. Da trat sein Kammerdiener Heise
in das Zimmer. Dieser stand bei Friedrich in großer Gunst und
konnte sich schon erlauben, was ein anderer nicht wagen durfte. Jetzt
erinnerte er den König, daß es schon spät und Zeit zur Ruhe sei.
Der König sagte: „Ich habe da eine wichtige Arbeit vor, die keinen
Aufschub leidet. Wenn ich jetzt zu Bette gehe, so muß Er mich
spätestens morgen früh um 4 Uhr wecken. Ich werde dann noch
schläfrig sein und nicht ausstehen und Ihn wieder wegschicken wollen.
Aber ich befehle Ihm, daß Er sich nicht abweisen läßt. Wenn ich
nicht aufstehen will, so ziehe Er mir nur die Bettdecke weg. Hört
Er?" Mit dem Schlage vier trat Heise ein. Der König schlief sanft
und fest; aber der treue Diener weckte ihn mit lauter Stimme. Der
König schlug die Augen auf und sprach: „Es ist mir leid geworden;
ich muß noch zwei Stunden schlafen, komme Er um 6 Uhr wieder!"
„Aber Ew. Majestät haben befohlen," sagte Heise. „Schäker!" rief
der König, „Er hört es ja, ich will nicht." „Majestät, Sie müssen,"
antwortete Heise und zog die Bettdecke weg. Da stand der König auf.
Schlaftrunken gähnte und reckte er sich und sprach: „Ach Gott, wäre
ich doch ein Regierungsrat geworden!"
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Extrahierte Personennamen: Gott Jesus_Christ Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Heise
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S. Nach dem Aufstehen.
Nein gehalten dein Gewand, rein gehalten Mund und Hand!
Rein das Kleid von Erdcnputz, rein von Erdenschmutz die Hand!
Sohn, die äuß're Reinlichkeit ist der innern Unterpfand.
6. Von der Seife.
Gewiß kennst du das Märchen von Rupert, dem Bärenhäuter.
Der Fürst dieser Welt verspricht ihm, die Taschen allezeit mit Thalern
und Dukaten zu füllen, wenn er sieben Jahre lang sich nicht wasche,
nicht kämme, den Bart nicht abschere und die Nägel nicht abschneide.
Ein sonderbares Verlangen! meinst du. Wie mag er nur auf diese
Bedingung gekommen sein? Die Sache ist einfach. Ein Mensch, der
Jahr für Jahr seinen Leib so gut wie gar nicht Pflegt, sinkt am Ende
zum Tiere herab. Im Gesichte wird er dem Uhu ähnlich, er bekommt
Hände wie Adlersklauen, und mit der Zeit wird ihm wie dem be-
kannten Haustiere der Schmutz das Element, in welchem er sich so
wohl fühlt, wie der Fisch im Wasser. Er vergißt, daß er eine Seele
hat, und es ist ihm einerlei, ob nach dem Tode die Seele zurückkehrt
zu dem, der sie gegeben hat, oder ob sie an den Ort der Qual kommt.
Derjenige hingegen, welcher seinem Leibe die gehörige Pflege und Ehre
anthut, wird sich dann und wann doch darauf besinnen, daß der
Mensch zum Bilde Gottes geschaffen ist; wer die Augen wäscht und
die Ohren rein hält, wird leichter imstande sein, etwas von der
Herrlichkeit Gottes in der Natur und in seinem Worte zu spüren, und
wer keinen Schmutz an seinem Körper duldet, wird mitunter auch einen
Ekel haben vor dem Schmutze, welcher sich in der Sünde an seine
Seele hängt. Merke: Auch das Stückchen Seife, welches die Mutter
in den Waschtisch legt, will der liebe Gott dazu brauchen, dich bei ihm
zu erhalten, zu ihm zurückzuführen.
Siehe dir nun den äußerlichen Dienst an, welchen dir die
Seife leistet. Worin besteht er? Hauptsächlich in der Reinigung
deiner Haut. Der menschliche Leib ist nämlich einem geheizten Ofen
nicht unähnlich. Mund und Nase sind die Esse, durch welche der
Rauch ausströmt, die Haut aber ist der Ort, wo sich die Asche und
die Schlacken ablagern. Von dem Schweiße, welchen Wärme und
Luft auflecken, bleibt auf der Haut eine Menge salziger Stoffe zurück.
Von ihrem Vorhandensein kannst du dich leicht überzeugen, wenn du
mit der Zungenspitze über einen deiner Finger hinwegführst. Aus den
Drüsen und Zellen der Unterhaut sondern sich fettige Stoffe ab,
welche auf der Oberhaut zu Talg sich verhärten. Willst du auch
dafür den Beweis haben? Tauche deinen Finger in das Wasser!
Ziehst du ihn wieder heraus, so wirst du manchmal bemerken, daß er
nicht gleichmäßig naß ist, sondern daß das Wasser nur hier und da
in größeren oder kleineren Tropfen hängen geblieben ist; an allen den-
jenigen Stellen, welche fettig waren, konnte es nicht haften. Mit den
salzigen und fettigen Teilen verbindet sich Staub aller Art, und so ent-
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steht auf der Haut Schmutz, auch ohne daß du mit Pech oder Kohle
in Berührung gekommen bist. Die salzigen Teile lassen sich ohne
Mühe durch Wasser entfernen, nicht aber die fettigen. Gegen diese
muß ein anderer Feind in das Feld geführt werden, entweder die
Pottasche, die aus Holz- und Pflanzen-Asche oder die Soda, welche
aus dem gewöhnlichen Kochsalze gewonnen wird. Sobald das eine
oder das andere dieser zwei Salze mit Fett zusammen kommt, wird
letzteres von dem Salze bis in die feinsten Ritzen und Poren der Haut
hinein verfolgt und vollständig verschluckt, so daß vom Fette am Ende
so wenig zu spüren ist, wie von der Maus, welche mit den Krallen
und Zähnen der Katze Bekanntschaft gemacht hat. Ist nun Pottasche
oder Soda die Mutter der Seife, so ist der Rindstalg oder das Palmöl,
ihr anderer Hauptbestandteil, als der Vater anzusehen. Von ihm hat
die Seife die Eigenschaft zu schäumen, und jede Waschfrau weiß, daß
das Geld, welches für Seife ausgegeben wird, die nicht schäumt, so
gut wie auf die Gasse geworfen ist. Durch den Schaum wird nämlich
jedem einzelnen Gliede, das gewaschen werden soll, von der Soda oder
Pottasche so viel zugeteilt, als dasselbe zu seiner Reinigung braucht;
er verhindert, daß von diesen ätzenden Stoffen zu viel auf einen
Fleck komnit, und so zwar der Schmutz, aber mit dem Schmutze zu-
weilen die Haut selbst weggenommen wird; er läßt es aber auch nicht
zu, daß ein Teil des Gesichtes oder der Hand ganz leer ausgeht und
den Schmutz nach wie vor behält. Aber deine Haut dünkt dem
Schmutze ein gar weiches und warmes Bett zu sein; darum möchte
er, hinausgeworfen und fortgejagt, sehr gern zur alten Wohnung
zurückkehren. Auch hier erweist dir der Schaum einen großen Dienst:
er hält die losgerissenen Schmutzteilchen in der Schwebe und erlaubt
ihnen nicht, sich wieder an die gereinigte Haut anzuhängen.
Seifenblasen hast du vielleicht schon manchmal in deinem Leben
gemacht und dich an ihrem Steigen und Fallen in der Luft, an ihren
wunderschönen Farben ergötzt. Sie sind das Bild des Trügerischen
und weisen so aus ihren Ursprung wie mit Fingern zurück; denn mit
fast keinem Stoffe wird in der jetzigen Zeit so viel Betrug getrieben,
wie mit der Seife. Manche Hausfrau denkt: Je schöner die Seife
aussieht, desto besser muß sie sein, und greift darum nach marmorierter.
Wenn sie nur wüßte, daß alle die blauen und roten Adern nichts sind,
als Verräter unreiner Beimengungen, welche sich entweder von selbst
bei dem Sieden der Seife aus den einzelnen Stoffen abgesondert
babcn, oder absichtlich vom Seifensieder durch Zusatz von Eisenvitriol,
Farben und anderen Sachen bewirkt worden sind! Halt! denkt eine
andere, ich gehe sicher, ich nehme weiße Seife, und ahnt nicht, daß
sie eben so betrogen ist, wie ihre Nachbarin. Denn woher hat die
Seife ihre gleichmäßige weiße Farbe und ihre Elastizität? Von
Porzellanerde oder Stärkemehl, welche der Seifensieder ihr zugesetzt
hat. Aber der schlimmste Feind aller Hausfrauen, welche Seife kaufen,
ist das Wasser. So lange mau bloß Talg zur Bereitung . der Seife
nahm, konnte man aus 50 kg Fett höchstens 75 bis 80 kg
Seife machen. Jetzt ist man so weit gekommen, daß man aus 50 kg
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Fett an oder über 150 Kz Seife gewinnt. Dies macht das Kokns-
nuß- oder Palmöl, welches man jetzt vielfach statt des Talges an-
wendet. Es hat dasselbe die Eigenschaft, eine Menge Wasser in sich
aufzunehmen, trotzdem aber der Seife das Aussehen und die Festigkeit
einer guten Kernseife zu geben. Daher kommt es heutiges Tages vor,
daß eine Frau, die 1\ kg Seife gekauft hat, sich einbilden kann,
etwa 1 kg Fett nach Hanse zu bringen, wie dies das gute alte
Verhältnis war; in der That aber trägt sie 1 kg Wasser in ihrem
Korbe, und braucht natürlich nicht erst ein Herr Professor aus Paris
zu kommen, um ihr zu sagen, daß sie aus jedem Brunnen oder
Teiche das Wasser billiger haben kann, als im Laden des Seifen-
sieders.
7. Vom Brote, das wir essen.
In der Erklärung der vierten Bitte rechnet Or. Luther zum
täglichen Brote zweiundzwanzig Stücke, ja er fügt, damit noch nicht
zufrieden, noch „und desgleichen" hinzu, so daß der Schneider bei
dem Beten der vierten Bitte an Kunden denken kann, welche die Röcke
auch bezahlen, die sie zerreißen, und dem Schuhmacher die Fabrik in
den Sinn kommt, aus welcher gutes Leder zu beziehen ist. Was ist
der Grund, daß Luther so viele Sachen in den Begriff des täglichen
Brotes hineingepackt hat? Alle die genannten Stücke dienen dazu,
das Brot, das wir essen, uns zu verschaffen, zu erhalten, uns dasselbe
genießen zu lassen. Wie wollte der Bauer ohne Acker und Vieh zu '
Getreide kommen? Und wird des täglichen Brotes nicht täglich
weniger in einem Hause, wo die Frau wohl fleißig, der Mann aber
liederlich ist? Oder verhält es sich nicht so, daß der Kranke vor
vollen Flaschen und vollen Schüsseln sitzt wie mit zugebundenem
Munde, und daß durch Zank und Neid die herrliche Gottesgabe sich
in Gift und Galle verwandelt? Du siehst, das tägliche Brot ist die
Sonne, um welche sich im irdischen Leben alles dreht; daher hat denn
auch der Herr der Bitte um dasselbe einen Platz im heiligen Vater
Unser angewiesen. Weil es so großen Wert hat, so möchte es sich
wohl der Mühe lohnen, dasselbe etwas genauer anzusehen.
Wir nehmen ein Weizenkorn und schneiden mit einem scharfen
Messer mitten hindurch. Wir bemerken unter der Kleie, der harten
äußeren Hülle, eine dünne Schicht von graulichem Ansehen, während
das Innere des Kornes weiß aussieht. Dieselbe Verschiedenheit tritt
uns entgegen, wenn Weizenkörner gemahlen sind. Sie zerfallen in
Kleie und Mehl, im Mehle selbst aber können wir leicht zwei von
einander geschiedene Stoffe erkennen. Bringen wir nämlich das Mehl
in ein feines Sieb und kneten es hier unter fortwährendem Zugießen
von Wasser so lange mit der Hand, als das Wasser getrübt durch-
fließt, so bleibt zuletzt im Siebe ein Stoff übrig, der weißlich aussieht,
ganz klebrig sich anfühlt und dem gewöhnlichen Vogelleime sehr ähnlich
ist. Dies ist der sogenannte Kleber. Hat das wie Milch aussehende
Wasser einige Zeit ruhig in der Schüssel gestanden, so wird es hell,
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und es setzt sich auf dem Boden ein weißes Pulver nieder. Das ist
die gewöhnliche Stärke, wie sie die Hausfrauen anwenden, um feines
Weißzeug steif zu machen. Kleber und Stärke sind demnach die
Hauptbestandteile eines Getreidekornes, aber sie sind nicht die einzigen.
Verbrennt man nämlich Getreidekörner, so lösen sich Kleber und Stärke
in Luft auf, als zurückbleibende Asche aber finden sich mineralische
Stoffe vor, Pottasche, Soda, Kalk, Eisen, Salz u. s. w., welche die
Pflanze dem Acker entnommen hat, auf welchem sie wuchs.
Ein solches Getreidekorn ist seinem Inhalte nach nichts mehr und
nichts weniger, als ein Menschenleib im kleinen. Der liebe Gott hat
es nüntlich in seiner Weisheit so eingerichtet, daß der Kleber des Ge-
treidekornes nach dem Genusse in unserem Körper zu Fleisch und Blut
sich umwandelt; die Stärke dagegen bildet Fett, und die mineralischen
Stoffe dienen dazu, die Knochen imstande zu erhalten. Hierin liegt
der Grund, warum schwarzes Brot nahrhafter ist, als das weiße;
jenes hat mehr Kleber, denjenigen Stoff, welcher Fleisch und Blut
bildet, während der Hauptbestandteil von diesem die Fett bildende
Stärke ist. Die Kleie enthält ebensowenig Nahrungsstoff, als z. B.
Kalk oder Kreide, und wenn sie zum Futter, ja zur Mästung des
Rindviehs, der Schweine. Gänse u. s. w. gebraucht wird, so ist das.
was fett macht und Fleisch giebt, nicht die Kleie, sondern vielmehr der
auch in der besten Mühle von ihr nicht ganz loszulösende Kleber.
Auch das zum Leben ganz unentbehrliche Wasser fehlt im Brote nicht;
50 kg Rvggenmehl geben nämlich ungefähr 65 kg Brot, und
dieser Überschuß kommt zum größten Teile auf Rechnung des
Wassers, das bei dem Backen zum Mehle hinzugesetzt wird.
Aber warum, könnte jemand fragen, geben wir uns überhaupt die
Mühe, das Getreide zu mahlen und aus dem Mehle Brot zu backen?
Es wäre ja viel einfacher, wenn wir die Getreidekörner, wie sie sind,
in den Mund steckten und durch diesen in den Magen beförderten.
Wäre unser Magen von der Art, wie ihn die Hühner und Tauben
haben, so ließe der Vorschlag sich hören. Der scharfe Magensaft der
Vögel löst auch die harte, zumeist aus mineralischen Stoffen bestehende
Kleie leicht und rasch auf; aber in unserem Magen würden die un-
gemahlenen Körner lange unverdaut liegen, und der Körper würde
daher von ihnen kaum die Hälfte des Nutzens haben, welchen gut ge-
backenes Brot giebt; denn so viele Veränderungen auch durch das
Mahlen und Backen mit dem Getreide vorgehen, so dienen diese doch
alle dazu, dasselbe für unseren Mund genießbarer und für unseren
Magen verdaulicher zu machen. Bei dem Mahlen bestehen sie einfach
darin, daß das Getreidekorn von der Schale befreit und zu Mehl
zerrieben wird. Aber welches sind die Veränderungen, welche durch
das Backen bewirkt werden? Sie beginnen, sobald der Bäcker das
Mehl mit warmem Wasser angemacht hat, und sind, obgleich unsichtbar,
doch ganz gewaltiger Art. Der Kleber greift mit seinem Bundes-
genossen, dem Wasser, die Stärke an und nötigt diese zu verschiedenen
Verwandlungen. Zuerst wird aus ihr ein Körper, welcher dem Gummi
sehr ähnlich ist, jenem Pflanzensafte, welcher an der Luft zu einem
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schwach gelblichen Stoffe verhärtet, im Wasser zu einer dicklichen, ge-
schmacklosen Flüssigkeit sich auflöst und besonders als Klebmittels be-
nutzt wird. Durch weiteren Einfluß des Klebers und des Wassers
verwandelt sich dieser gummiartige Körper in Zucker; aber auch dieser
hat noch keine Ruhe. Jene beiden arbeiten so lange an ihm herum,
bis er in Gührung tritt und dabei in Weingeist, den Hauptbestandteil
des Branntweins, und in Kohlensäure sich verwandelt, die Luftart,
die unter anderem im schäumenden Biere sich findet und diesem den
säuerlichen, prickelnden Geschnmck giebt. Um die Gährung rascher
herbeizuführen, setzt der Bäcker bei dem Schwarzbrote Sauerteig, bei
dem Weißbrote Hefe hinzu. Den weiteren Verwandlungen, zu denen
Kleber und Wasser die Stärke drängen möchten, macht der Bäcker mit
einem Male durch das Eiuschieben der Brote in den Ofen ein Ende;
denn durch die Hitze werden im Teige die Gährungsstoffe getötet. Die
äußere Schicht des Teiges, welche der ganzen Hitze ausgesetzt ist, ver-
härtet sich zur Rinde. Ihre braune Farbe rührt daher, daß der im
Teige befindliche Zuckerstoff zum Teile verkohlt; ihren Glanz aber
verdankt sie dem Bäcker, der die obere Seite des eben aus dem Ofen
genommenen Brotes mit Wasser bestreicht und dadurch den gummi-
artigen Körper auflöst. Der Weiugeist und ein Teil des im Teige
enthaltenen Wassers bahnen sich, von der Hitze geängstigt, gewaltsam
einen Weg auch durch die Rinde hindurch und verfliegen in der Luft;
die Kohlensäure aber muß im Teige zurückbleiben, so gern sie auch
jenen nachfolgen möchte: der Kleber hält sie fest, in vielen tausend
Bläschen sammelt sie sich im zähen Teige an und bewirkt die Auf-
lockerung und dadurch die größere Verdaulichkeit des Brotes.
8. Vom Wasser, das wir trinken.
Ja und Rein sind Widersprüche, von denen der eine den anderen
aufhebt; und doch haben es manche Menschen so weit gebracht, daß
sie Ja und Nein in einem Atem sagen, daß sie in der nächsten
Minute leugnen, was sie in dieser behauptet haben, mit der linken Hand
nehmen, was sie mit der rechten geben. Was diese Leute in der
Menschenwelt, das ist in der Natur das Wasser: so voll Widersprüche,
daß man denken sollte, es müßte sich selber vernichten.
Es ist flüssig, wie die Luft, und doch sind die Brücken, welche es
zur Winterszeit über Teiche und Flüsse schlügt, fester, als wenn sie aus
Quadersteinen gewölbt wären. Es trägt unsere Schiffe, und doch
können wir nicht auf dasselbe treten, ohne zu versinken. Es schwebt
als Nebel und Wolke über den höchsten Bergen und steigt hinunter
bis in die unermeßlichen Tiefen des Meeres. Es ist so verbreitet, daß
es drei Vierteile der Oberfläche unserer Erde bedeckt, und doch von den
meisten Menschen nur wenig gekannt. Es ist so notwendig, daß keine
einzige Pflanze, kein einziges Tier ohne dasselbe leben kann; denn wäre
die uns umgebende Luft nicht beständig mit Wasserdampf angefüllt,
so würde durch die Blätter das in der Pflanze befindliche Wasser viel
rascher verdunsten, als dasselbe ans der Erde durch die Wurzeln er-
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund]]
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jetzt werden könnte, und infolge davon die ganze Pflanze verdorren;
unsere Haut würde zusammenschrumpfen, und unser dürrer, saftloser
Leib würde, von Fiebern geschüttelt, gar bald dem Durste erliegen —
und wie wenig wird ein Wassertropsen geachtet! Es ist farblos und
bringt im Regenbogen das schönste Farbenbild des Himmels hervor.
Es ist ohne Geschmack und doch in der Hitze des Sommers für den
Durstigen das größte Labsal. Ein Mann, welcher 74 kg wiegt,
hat 58 kg Wasser und nur 19 kg feste Stoffe. Das Wasser
ist also dein nächster Bekannter, der sich mit dir zu Tische setzt und
ins Bett legt, der dich auf allen Wegen und Stegen begleitet, und
welch' ein trügerisches, von dir gefürchtetes Element! Teilst du ein
Stück Wasser in neun Teile, so sind acht Teile Lebenslust, und doch
kann kein Landtier länger, als 3 bis 4 Sekunden darinnen leben.
Wasser! Wasser! schreien die Leute bei einer Feuersbrunst, um mit
ihn: die Flamme zu löschen, und in der Luft entzündet sich der Wasser-
stoff an einem glühenden Körper und^ verbrennt mit dem Sauerstoffe,
der Lebenslust, zu Wasser; das bekannte Knallgas ist eine Mischung
von zwei Teilen Wasserstoff mit einem Teile Sauerstoff.
Reines Wasser besteht aus Sauerstoff und Wasserstoff.
Beides sind Lnftarten, welche sich in großer Menge in der Luft vor-
finden, die wir einatmen, und welche, wie diese, ohne Farbe, ohne
Geruch und ohne Geschmack sind. Würde die gewöhnliche Luft, die
uns auf allen Seiten unigiebt, in lauter Sauerstoff verwandelt, so
würde die Erde mit einem Male ein großes Narrenhaus werden. Die
Menschen würden singen, was die Stimme hergiebt, und wie toll über
Tische und Bänke springen. Freilich würde die Lust nur von kurzer
Dauer sein; die übermäßige Aufregung, in welche der Sauerstoff
Menschen und Tiere versetzt, würde ihnen einen baldigen Tod bringen,
gerade wie dem Lichte, das in reinem Sauerstoffe noch einmal so hell,
aber nur halb so lange, als in gewöhnlicher Lust brennt. Der
Wasserstoff, obwohl im Wasser des Feuers ärgster Feind, ist selbst
sehr feuriger und entzündlicher Natur; er ist der leichteste unter allen
Körpern und daher imstande, schwere Gegenstände, z. B. einen Ballon,
der mit ihm gefüllt ist, in die Höhe zu heben. Werden Wasserstoff
und Sauerstoff mit einander gemischt, so ändern beide vollständig ihre
Naturen; sie verbinden sich zu einem neuen Körper, dem Wasser, das
manche Eigenschaften des Wasserstoffes und des Sauerstoffes nicht mehr
hat, dafür aber wieder andere besitzt, welche in jenen Elementen nicht
zu finden sind.
Ganz reines Wasser kommt in der Natur niemals vor. Als das
am wenigsten unreine haben wir das Regenwasser anzusehen; aber auch
dieses ist vielfach mit Stoffen versetzt, welche die herunterfallenden
Tropfen in der Lust an sich reißen. Ihm zunächst kommt das. Fluß-
wasser, das, mitunter schon für das Auge erkeunbar, mancherlei Teile
und Teilchen der Erde, in welcher es dahin stießt, mit sich führt. Im
Quell- und Brunnenwasser findet sich häufig Kalk; durchsichtiger und
wohlschmeckender, als anderes Wasser, setzt es in den Töpfen, in
welchen es gekocht wird, eine graulichweiße Rinde ab. Du darfst aber
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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nicht denken, daß es im Magen eine gleiche Wirkung hervorbringt; im
Gegenteil, der im Wasser aufgelöste Kalk entfernt aus demselben einen
Teil der Säuren und kann so zu deiner Gesundheit beitragen. Auch
bedarf dein Leib zu seinem Bestehen und Wohlbefinden eine bestimmte
Menge Kalk; führen Brot, Fleisch, Gemüse denselben nicht in aus-
reichendem Maße ihm zu, so wird diesem Mangel durch das Trink-
wasser abgeholfen. Am schlechtesten ist das Brunnenwasser in größeren
Städten. Die durch den Regen aufgelösten Unreinigkeiten aller Art
sickern allmählich bis zum Wasserspiegel der Brunnen und sind schon
häufig die Veranlassung zu gefährlichen und weit um sich greifenden
Krankheiten geworden.
Aber das Wasser, welches uns der Brunnen giebt, ist nicht das
einzige, das wir trinken. Wäre dies der Fall, so würde es um manchen
Menschen gar schlimm stehen; denn auch der Reichste muß zu Grunde
gehen, wenn er nur ausgiebt, nie einnimmt. Viele trinken Jahr aus
Jahr ein nicht ein einziges Glas Wasser, und doch verliert der Leib des
Erwachsenen jeden Tag 2% bis 3*/z kg dieses flüchtigen Elementes;
es verdunsten nämlich 1 bis l1/* kg durch die Haut, 1/2 kg ver-
fliegt durch die Lungen beim Ausatmen, und andere 1 bis 11/2 kg
werden durch die Nieren abgesondert. In drei, höchstens vier Wochen
würde darum der Mensch zu einer ägyptischen Mumie eingetrocknet
sein, wenn sein Körper nicht anderwärts her Zuschuß bekäme. Daß
dies durch alle Getränke, als Bier, Kaffee u. s. w. geschieht, liegt auf
der Hand; aber auch alle die festen Stoffe, welche uns zur Nahrung
dienen, sind nicht bloß Speise, sondern auch Trank. Unser Brot be-
steht fast zur Hälfte aus Wasser. In 50 kg Mehl sind von
Natur schon 8 kg Wasser enthalten; aber jeder Bäcker weiß, daß
er zu 50 kg feinen Mehles noch 25 kg Wasser hinzuschütten
kann, ohne zu fürchten, daß das Brot mißrate; jedes 5 kg schwere
Brot ist demnach ein Brunnen, der fast 21/i kg Wasser hält.
Unter allen Obstarten haben die Kirschen die meisten festen Stoffe,
und doch stecken in 50 kg Kirschen 35 bis 40 kg Wasser. Be-
kannt ist, daß, wer 100 Säcke Kartoffeln erntet, 75 Säcke Wasser
nach Hause trägt, und daß die Gurken fast nichts als Wasser sind,
indem auf 50 kg Gurken 47 bis 48 y2 kg Wasser kommen.
9. Gottesdienst.
Sieh', keinen Tropfen Wasser schluckt das Huhn,
Ohn' einen Blick zum Himmel zu thun;
Und ohn' zuvor anbetend sich zum Staube
Gebückt zu haben, pickt kein Korn die Taube.
Was sie bewußtlos thun, thu' du bewußt,
Daß du vor ihnen dich nicht schämen mußt.
19. Drei Wünsche.
Dreierlei ist es, was sich die Menschen am häufigsten wünschen:
Klugheit, Macht, Reichtum, und wer herzhaft wünscht, der will kurz-
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TM Hauptwörter (100): [T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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