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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 37

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Alboins Zug nach Italien. 37 zu weit nördlich, und die Erzählung von Alboins Ausschau, so anziehend sie ist, wird doch wohl erst entstanden sein, um den schon bestehenden Namen des Berges zu erklären. Tie Wanderung durch das Gebirge hatte einen Monat gedauert. Schon im Mai überschritt Alboin die Grenze des erstrebten Landes und durchzog Venetien, fast ohne Widerstand zu finden. Doch lirß er sich durch die Leichtigkeit der Eroberung nicht zur Übereilung verführen. Trotz des glücklichen Anfangs mußte er sich auf die Möglichkeit eines Rückzugs gefaßt machen. Deshalb suchte er als kluger Feldherr den Teil Venetiens, den er zuerst betreten hatte, die heutige Landschaft Friaul, die auch als Grenzprovinz gegen Avaren, Slaven und Byzantiner eines besonders starken Schutzes bedurfte, zu sichern, indem er den damaligen Hauptort der Landschaft Forum Julii (jetzt Cividale), nach dem sie noch heute den Namen (Forojuli, Friuli, Friaul) führt, stark befestigte und eine Art Schutzmark daselbst errichtete. Er überlegte nämlich, wie Paulus Diakonus berichtet, wem er diese erste eroberte Provinz, die das nordöstliche Thor Italiens bildet, anvertrauen sollte, und entschloß sich endlich, seinen Neffen Gisulf, einen sehr tüchtigen Mann, der zugleich sein Stallmeister oder, aus Lango-bardisch, sein Marpais*) war, zum Herzog über die Burg Forojuli und die ganze Gegend zu setzen. Gisulf erklärte aber, er könne das schwere Ehrenamt, das der König ihm anbiete, nur dann annehmen, wenn er sich selbst die langobardischen „Faren" d. h. Geschlechter oder Familien auswählen dürfe, die mit ihm das Land beschützen würden. So geschah es auch, denn der König erfüllte ihm seinen Wunsch; Gisulf erhielt nach seiner Wahl einige besonders tüchtige Sippen, die zu seinem Beistand im Lande blieben, und übernahm nun erst das Amt eines Herzogs von Friaul. Auch eine Anzahl edler Stuten zur Aufzucht erbat er sich vorn König; denn vortreffliche Rosse und wohl eingeübte Reiter waren notwendig, um rasch im Fall feindlicher Bedrohung eine Verbindung zwischen den einzelnen Grenzwachen und Wohnorten herzustellen. Vorsichtig stets das Eroberte sichernd und außerdem vielfach aufgehalten durch die zahllosen Wasseradern des Landes, rückte der König langsam nach Westen vor. Während der Patriarch von Aguileja mit dem Kirchenschatze auf die Lagunen an der Jfonzomündnng floh, zog der Bischof Felix von Treviso ihm feierlich entgegen und übergab ihm freiwillig die Stadt. Der Erfolg zeigte, daß er nicht umsonst aus Alboins edlen Sinn vertraut hatte. Der König nahm die Übergabe freundlich an, ließ dem Bischof — „wie er denn höchst freigebigen Sinnes war," sagt Paulus — auf seine Bitte *) Das Wort ist aus mar (Mär, Pferd) und paizan (das Gebiß anlegen) zusammengesetzt.

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 44

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
44 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. Weiler aber darf man nicht gehen; von einer wirklichen Verknechtung aller Römer im Reich ist nie, auch in den Stürmen der ersten Jahre nicht, die Rede gewesen. Auch geschahen die späteren Ausbreitungen nicht mehr gewaltsam. Es kam vielmehr jetzt zu einer geordneten Landteilung, wie sie auch bei Ost- und Westgoten und andern germanischen Völkern vorgenommen worden war, nach den Grundsätzen der sogenannten „Gastfreundschaft" (hospitalitas); d. H. jeder römische Grundbesitzer war als Wirt gezwungen, einem langobardischen selbständigen Freien als seinem Gast ein Dritt-teil seines Landbesitzes abzutreten. Doch auch diese Abtretung fand oft nicht wirklich statt; vielmehr begnügten sich die Langobarden, abgesehen von den ersten Eroberungen, bei ihrer späteren Ausbreitung damit, statt des Eigentums an Grund und Boden nur ein Drittel des Ertrags, der Früchte, zu erlangen; und da thatsächlich die römischen Großgrundbesitzer schon seit Jahrhunderten ihre Landgüter nicht selbst bewirtschafteten, sondern sie an Kolonen (persönlich freie, aber an die Scholle gebundene Zinspflichtige, die nur einen Teil des Ertrags für sich behielten, das Meiste dem Herrn ablieferten) zur Bewirtschaftung verliehen, so gestaltete sich das Verhältnis zwischen Wirt und Gast, Römer und Langobarde, meist so, daß der Römer dem Langobarden den dritten Teil seiner Kolonen, also auch den dritten Teil seiner Ansprüche gegen die Kolonen abtrat. Daher erklärt es sich auch, daß wir häufig Langobarden in den Städten lebend finden. Es war nicht notwendig für sie, auf dem Lande zu wohnen und selbst den Acker 31t bestellen; ihre Kolonen hatten ihnen den vertragsmäßigen Teil des Ertrags, in Früchten oder in Geld, abzuliefern. Freilich eignete sich der Langobarde solche Anteile an Früchten oder Kolonatsrechten oft noch außer dem Grundbesitz an, den er bei der ersten Ansiedelung als seinen ursprünglichen Anteil vom eroberten Lande erhalten hatte. Ging es auch sicher nicht ohne vielfache Bedrückung und Vergewaltigung der römischen Bevölkerung ab, so wurden doch nur die im Kriege gefangenen und nicht ausgelösten Römer verknechtet, alle übrigen blieben frei und lebten unter sich nach römischen und zwar justinianischen Gesetzen, während bei den Langobarden natürlich langobardisches Recht galt. In gemischten Fällen, d. h. überall, wo Verhältnisse zwischen Römern und Langobarden obwalteten, wurde, mit einigen notwendigen Änderungen und Zusätzen (die aber erst feit 584 festgestellt wurden), auch nach langobardischem Rechte verfahren. Daß inan den Römern ein Wergelt) zubilligte, das Recht der Fehde aber untersagte, ist selbstverständlich. Von einer Verschmelzung von Römern und Langobarden zu dem Mischvolke der Lombarden konnte natürlich erst die Rede fein, als die Einwanderer allmählich das katholische Bekenntnis annahmen, was erst im zweiten Viertel des siebenten Jahrhunderts geschah. Von den Schichten 6er langobardischen Bevölkerung stand der alte Volksadel oben an; ihm

3. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 179

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Rückblick und Vorschau, zugleich Einleitung in die fränkische Geschichte. 179 manen zur römischen Bevölkerung, die ihre neuen Herren verhältnismäßig früh zu romanisieren wußte. Obgleich sich ihre Lage in den einzelnen Staaten verschieden gestaltete, so behielt sie doch allenthalben ihre persönliche Freiheit, ihr Recht und ihr bewegliches Vermögen. Und wenn sie sich auch eine Landteilung gefallen lassen mußte, so erfolgte diese doch im Anschluß an Grundsätze des römischen Verwaltungsrechtes, nämlich nach dem Vorbilde des römischen Einquartierungssystems, welches kennen zu lernen die Germanen im römischen Dienste reichliche Gelegenheit gefunden hatten. Und auch die innern Einrichtungen der neuen Reiche knüpfen in wesentlichen Punkten an die vorgefundenen römischen Institutionen an. Die Bur-gunden, Westgoten und Wandalen haben sie freilich bald in selbständiger Weise umzubilden begonnen. Dagegen fungierte in Italien die alte römische Verwaltungsmaschine bis zur langobardischen Eroberung ohne erhebliche Störungen fort. Odowakar ließ den Senat und den ganzen römischen Beamtenapparat bestehen, und Theoderich liebte es, die althergebrachten Formen fast mit Ängstlichkeit zu wahren. Sieht man aber nicht auf die Formen, sondern auf das Wesen der Dinge, so wird man sich freilich der Wahrnehmung nicht verschließen, daß sich nichtsdestoweniger mit dem Entstehen der ostgermanischen Staaten eine Veränderung von weltgeschichtlicher Tragweite vollzogen hat. Der springende Punkt ist, daß in ihnen zuerst der römische Westen neue Herren empfangen hat. Das haben die Römer lebhaft empfunden, und die Germanen haben es ihnen deutlich zum Bewußtsein gebracht. Und wenn der germanische König von jenen „der Herr des Staats" genannt wird, so haben sie damit eben den Widerspruch ausgedrückt, der zwischen dem wahren Sachverhalt und dem abgelebten Gedanken des römischen Imperiums obwaltete. Übrigens bildeten die Staaten der Ostgermanen nur den Übergang zu einer gründlichen Umformung der abendländischen Welt, welche durchzuführen den Franken befchieden war. In Italien wurde den Franken durch einen andern westgermanischen Stamm, die Langobarden, tüchtig vorgearbeitet, ein schneidiges Volk aus härterem Stoff als die bildsamen und duldsamen Ostgoten. (I) Die Langobarden. Die Langobarden, deren Geschichte, wie wir annehmen dürfen, noch frisch vor dem Gedächtnis unsrer Leser steht, sind das einzige westgermanische Volk, das sich, wie die gotisch-wandalischen, bei seiner Wanderung zuerst nach Südosten wandte,*) ja das einzige, das überhaupt völlig aus- *) Von den Markomannen abgesehen, die hier nicht in Betracht kommen, weil sie in viel frühem Zeit wanderten und ihre Wanderung aus ein viel kleineres Gebiet beschränkten. 12*

4. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 196

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
196 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. durch zahlreiche Landsleute verstärkt zurückzukehren und das schöne Land, dessen Reichtum sie kennen gelernt hatten, gründlich zu plündern. Im Jahre 264 überschritten gleichzeitig diese alamannischen und fränkischen Scharen den Rhein, durchzogen verheerend das gallische Land, überstiegen die Pyrenäen, erstürmten die Stadt Tarraco, plünderten in Spanien und setzten dann zum Teil nach Afrika über. Ihre weiteren Schicksale sind unbekannt. Am Rhein gelang es inzwischen dem Postumus, die Grenze gegen die Franken und Alamannen wieder herzustellen; nach seinem Tode (269) zerstörten sie freilich die Kastelle, die er auf dem rechten Ufer erbaut hatte, und drangen wieder in Gallien ein, aber Kaiser Aurelian (270—275) schlug sie siegreich zurück, und fein Nachfolger Probus, der Besieger der Alamannen, wahrte auch gegen die Franken die Rheingrenze. Aber schon damals suchten fränkische und sächsische Seeräuber die Meeresküste von Gallien heim, und was fränkischer Waghalsigkeit zuzutrauen war, das mußten im Jahre 280 sogar die Küstenbewohner des Mittel-meers erfahren. In diesem Jahre nämlich erhob sich plötzlich eine Schar Franken, die auf ihren eigenen Wunsch von Probus an der Küste des Schwarzen Meeres angesiedelt worden war. Die kecken Abenteurer be< mächtigten sich einiges Schiffe und beschlossen, aus ihnen^ in ihre ferne Heimat, nach der sie sich sehnten, zurückzukehren — vom Pontus nach der Nordsee! Und sie vollendeten das tolle Heldenstück. Das ganze Mittelmeer durchsegelten sie, landeten hier und dort, in Griechenland, Kleinasien und Afrika und plünderten fleißig. Selbst an große Städte wagten sie sich; so hatte Syrakus schwer von ihnen zu leiden; und nur schnelle Heranziehung von Truppen bewahrten Karthago vor gleichem Schicksal. Die Römer, durch deren Reich die kühne Seefahrt mitten hindurchging, waren starr vor Entrüstung über solche Frechheit und vor Bewunderung über solchen Wagemut. Glücklich gelaugten die tapferen Seefahrer durch die Säulen des Herkules in das offene Weltmeer, fuhren die Küsten Spaniens und Galliens entlang und erreichten endlich beutebeladen die Mündungen des Rheines und die liebe Heimat. Hier dauerten nach dem Tode des Probus vom Jahr 2b2 an die Kämpfe zwischen Franken und Römern ununterbrochen fort. Maximian, der Mitkaiser Diokletians, erfocht einen Sieg über eine Schar, die^ den Rhein überschritten hatte, aber gleich darauf stand eine andere bei -trier, und so wiederholten sich die Einfälle der Franken und Alamannen Jahr-für Jahr, obwohl keiner zu dauernder Besetzung des angegriffenen Landes führte. Aber schon um das Jahr 290 geschah auch dies: es kamen nämlich fränkische Polksscharen in großer Aahl über den Nietierrhein und siedelten sich auf der Rheinmündungsinsel, dem Lande der romanisierten Bataver, an, und wenn sie auch wiederholt von römischen Feldherrn ge-

5. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 180

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
180 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. gewandert ist und die deutsche Erde ganz verlassen hat; denn die Alamannen blieben auf ursprünglich germanischem Boden, die Besetzung Britanniens geschah nicht auf einmal, durch ein Volk in seiner Gesamtheit, sondern allmählich, durch einzelne Scharen drei verschiedener Stämme, die größtenteils in ihren alten Sitzen verharrten, und die Franken haben wohl Gallien erobert, dabei aber ihre Stammländer am Rhein nicht aufgegeben und den Zusammenhang mit der deutschen Muttererde nie verloren. Zeigten die Langobarden sich darin den Ostgermanen ähnlich und hat ihr Reich in Italien mit den Reichen der Wandalen, Burgunden, Westgoten und Ostgoten auch das gemeinsame Merkmal, daß in ihm von Anfang an außer dem nationalen Gegensatz zwischen der germanischen und der ihr an Kopfzahl überlegenen römischen Bevölkerung auch ein folgenschwerer konfessioneller Zwiespalt obwaltete, so sind doch die Verschiedenheiten bedeutender als das Gemeinsame. Schon bei der Gründung des Reiches treten die widerstandskräftigen Langobarden ganz anders auf als z. B. die milden Oftgoten; das zeigt sich namentlich in ihrem Verhältnis zu den Römern und zu den römischen Institutionen. Wo die Langobarden festen Fuß fassen, da fegen sie das römische Verwaltungssystem und die römische Ämterverfassung hinweg; sie schaffen nicht einen Zwitterstaat, sondern ein rein nationales Staatswesen. Die Römer wurden nicht als gleichberechtigtes, sondern als unterjochtes Volk behandelt. Noch um die Mitte des siebenten Jahrhunderts ^ ist das Volksrecht frei von römischen Einflüssen. Erst als der Staat eine feste volkstümliche Grundlage gewonnen hatte, begann eine maßvolle Anlehnung an römische Einrichtungen und die staatsrechtliche Gleichstellung der römischen Bevölkerung sich anzubahnen. Die Reiche der Burgunden, der Wandalen und der Ostgoten sind als arianische Reiche im Kampfe mit katholischen Mächten untergegangen. Die Westgoten traten allerdings länger als ein Jahrhundert vor ihrem Untergang zum Katholizismus über; aber der Klerus gewann bei ihnen so weitgehenden Einfluß auf die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten, daß er die Staatsgewalt untergrub und dem Reiche die Kraft raubte, sich gegen die Angriffe des Islam zu wehren. Dagegen war bei den Langobarden seit ihrem Übertritt zur römischen Kirche an die Stelle des überwundenen konfessionellen Zwiespaltes ein politischer Gegensatz^ getreten, nämlich der Gegensatz gegen die weltliche Machtsphäre des Papsttums; eine dritte Macht — das fränkische Königtum — mußte eingreifen, um diesen Konflikt zum Austrag zu bringen. Dabei kamen die Langobarden um ihre Selbständigkeit und wurden zu einem Gliede des großen Frankenreichs, womit sie das Schicksal aller westgermanischen Völker und der Burgunden teilten.

6. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 13

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Auf der Wanderung von der Elbe zur Donau. 13 die Kleinen umzubringen und warf sie in einen Fischteich. Es fügte sich aber, daß König Agilmund dieses Weges geritten kam. Da sah er mit Verwunderung die armen Kindlein in dem klaren Wasser liegen, hielt sein Roß an und rührte mit seinem Speer der Reihe nach an jedes der Kleinen, zu sehen, ob es vielleicht noch lebe. Und siehe, eines der Kinder griff mit den Händchen nach dem Speer und hielt sich fest daran. Den König erfaßte Mitleid und Staunen, und er wandte sich zu seinen Begleitern und sprach: „Dies Knäblein wird einst ein großer Held werden." Darauf befahl er es sogleich aus dem Teich zu ziehen, übergab es einer Amme und ließ es auf das sorgfältigste aufziehen und pflegen. Da aber in der langobardischen Sprache der Fischteich lama genannt wird, gab er dem Knaben den Namen Lamissio (Lamisko). Und als dieser herangewachsen war, wurde er ein so wackerer Jüngling, daß man ihn als den tapfersten Helden pries. König Agilmund war bereits ein Greis, als das ganze Volk sich wieder auf die Wanderung begab; es geht die Sage, daß die Langobarden auf ihrem Zuge (aus Burgundaib?), vom König Agilmund geführt, an einen Strom (wohl die Oder ist gemeint) kamen und hinüber fahren wollten. Aber am andern Ufer stellte sich ihnen ein seltsamer Feind — nämlich ein Weibervolk (Amazonen nennt sie Paulus) — entgegen und wehrte den Übergang. Die kühnste der Kampfjungfrauen sprengte auf ihrem Rosse in die Wellen und forderte den Tapfersten der Langobarden zum Zweikampf heraus. Da nahm Lamissio die Aufforderung an, tötete mitten im Strome die Jungfrau und erstritt sich so hohen Ruhm, den Langobarden aber den Übergang; denn es war zwischen den beiden Heervölkern ausgemacht worden, daß das Volk, dessen Vorkämpfer fallen würde, dem andern Raum geben solle. So überschritten nun die Langobarden den Strom und verweilten, als sie in das jenseitige Land gekommen waren, daselbst längere Zeit. Da sie aber durch langen Frieden sicher geworden waren und sich nichts Schlimmen versahen, brachte ihre Unachtsamkeit ihnen einen schweren Schaden. Denn einst, als die sorglos Ruhenden in der Nacht sich allesamt dem Schlafe überlassen hatten, sielen plötzlich slavische Reiterhorden (Paulus nennt sie Bulgaren) in ihre Höfe, erschlugen viele, verwundeten noch mehr und wüteten fürchterlich. Sie töteten sogar den alten König Agilmund und schleppten seine einzige Tochter in die Gefangenschaft hinweg. Einige Zeit dauerte es, bis das Volk sich von diesem Unglücksschlage erholte. Dann erhoben sie den Lamissio (der übrigens nach anderer Überlieferung gleichfalls ein Gunging war) zu ihrem Könige. Dieser, von jugendlicher Heldenkraft durchglüht, brannte vor Begierde, die Räuber zu bekämpfen und feinen guten Pflegevater zu rächen. So führte er denn

7. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 22

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
22 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. Stammesbrüder in Jllyrien wußten, wo sie den rechtmäßigen Erben des erledigten Thrones treffen konnten. Darum entsandten sie von Jllyrien her edle Boten zu den fernen Stammesgenossen im Norden. Und die Boten wanderten, wie Prokop sagt, „durch alle Länder der Slaven, dann durch eine Wüste, bis sie zu den Warnen (die nördlich von den Thüringen bis zur Ostsee wohnten) kamen, und dann wanderten sie noch durch das Land der Dänen; und alle diese wilden Bölker thaten ihnen nichts. Als sie aber das Meer vor sich sahen, gingen sie zu Schiffe und fuhren nach Thule. Hier hatten die zugezogenen Heruler bei den Ganten Aufnahme gefunden. Als nun jene Gesandten ankamen, fanden sie viele vom königlichen Geschlecht, wählten darunter den, der ihnen am tauglichsten und der Krone am würdigsten schien, und traten mit ihm die Rückfahrt an. Aber als sie sich im Dänenlande befanden, starb der Erkorene an einer Krankheit. Da fuhren sie nach Thule zurück und holten einen andern, der auch ans dem alten Königsstamm entsprossen war, der hieß Todasi. Ihm schloß sich fein Bruder Aorda an und ein Gefolge von zweihundert Herulerjünglingen. Mit ihnen traten die Boten wieder die weite Reise nach Süden an und erreichten Jllyrien. Doch mittlerweile war viel Zeit verstrichen. Ein Teil des Volkes, gewiß eine römische oder christliche Partei, hatte sich verzagt erwiesen und die andern überredet, die Gesandten würden niemals wiederkehren und es sei unklug einen Herrscher zu suchen, ohne den Kaiser Justinian zu fragen. Daher hatten sie nach Byzanz an den Kaiser gesandt und sich von ihm einen König erbeten, der ihm genehm sei. Der schickte ihnen auch sofort einen Heruler, der seit langer Zeit in der Hauptstadt wohnte, mit Namen Suartua. Zunächst huldigten ihm die Heruler und gehorchten ihm willig, da er regierte, wie sie es gewöhnt waren.*) Wenige Tage später aber kam ein Bote, der die Kunde brachte, die Gesandtschaft mit dem rechtmäßigen Könige fei der Heimat nahe. Suartua brach alsbald mit Heeresmacht auf, um die Ankömmlinge zu töten. Die Heruler folgten ihm zuerst ruhig; als sie sich aber jenem bis aus eine Tagereise genähert hatten, verließen sie ihn während der Nacht alle und gingen zu dem Sproß des alten Königsgeschlechtes über. Suartua mußte ganz allein aus dem Lande fliehen und kehrte nach Byzanz zurück. Der Kaiser drohte und verhieß, aber umsonst. Da wollte er sie zwingen, den Suartua wieder zum König zu nehmen; allein die Heruler *) Prokop, die strenge, ceremoniette Despotenwirtschaft von Byzanz gewöhnt, ereifert sich an einer andern Stelle über das beschränkte — der altgermanischen Sitte noch völlig getreu gebliebene — Königtum der Heruler. Ein solcher Herrscher sei nur dem Namen nach König, der sich in Wirklichkeit von den andern Männern gar nicht unterscheide; denn jeder verkehre mit ihm wie mit seinesgleichen und schimpfe auf ihn, wie es ihm beliebe. Die freimütige Scheltrede des Volks, das Fehlen des Thrones, das Schmausen der Gefolgschaft an der Seite des Königs scheint dem Byzantiner unvereinbar mit dem Wesen des Königtums. Vgl. Dahn, Urgeschichte 1, 567.

8. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 43

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
König Kleffo, etwas über langobardische Verfassung, Abzug der Sachsen rc. 43 Seitenzweig der im Mannesstamm ausgestorbenen Lethinge, welcher mit Audoin zur Herrschaft gelangt war, schon nach einem Vierteljahrhundert wieder ab. Bei der hohen Machtstellung der Herzoge lag die Gefahr nahe, daß das eben gegründete, aber noch nicht ausgebaute Reichsgebäude, dem auf einmal der Hausherr fehlte, in eine Anzahl Herzogtümer zerbröckle. Aber die Volksedlen und Freien erkannten selbst einmütig, daß der junge Staat einer einheitlichen Leitung, eines mächtigen Königtums bedurfte; deshalb traten sie in Pavia zusammen zur Wahl eines neuen Oberhauptes und erkoren einen aus ihrer Mitte. Kleffo. den Herzog von Bergamo, aus dem altedlen Geschlechte des Beleos, einen tapfern und thatkräftigen Mann. Die spärlichen Nachrichten, die uns über seine kurze^ Regierung überkommen sind, lassen erkennen, daß Kleffo irrt ganzen auf dem von Alboin betretenen Weg in äußerer Ausdehnung und innerer Ausgestaltung des Reiches fortschritt; doch war er rauher und willkürlicher als jener. Zweierlei wird aus seiner Regierungszeit besonders hervorgehoben: die harte Behandlung der römischen Bevölkerung und — damit zusammenhängend — die Ergreifung festen Grundeigentums durch die Langobarden. Die Langobarden in Italien waren, außer den Wandalen in Afrika, die einzigen Germanen, die ihr Reich auf altrömischem Boden ohne irgend welchen Vertrag mit einem Kaiser, einem Statthalter oder der Einwohnerschaft lediglich als Eroberer begründeten. So geschah denn das erste Eindringen und auch die erste Niederlassung sehr gewaltsam; gar viele vornehme, reiche Römer, welche sich durch die Flucht in den Süden nicht retten konnten oder wollten, wurden erschlagen, kriegsgefangen, also verfechtet, ihre ländlichen Besitzungen, wie selbstverständlich die des römischen Fiskus, als erobertes Land vom König und dem Volksheer angeeignet. Das gleiche Geschick traf aber auch die Stadtgemeinden; wohin die Eroberer drangen, da hoben sie die städtische Verfassung auf. Das war aber ein ganz besonders harter Schlag; denn die ganze antike, zumal römischitalische Kultur und das Kulturleben beruhte auf der Stadt, war ein städtisches. Auch die Ländereien der Stadtgemeinden verfielen der Verteilung, und schlimm erging es im Anfang auch den Kirchen und Klöstern, sowie den einzelnen Priestern bis gegen Mitte des stebenten Jahrhunderts. Die Einwandrer waren zum Teil noch Heiden, zum größern Teil Arianer, und als solche unzweifelhaft nicht ohne Erbitterung gegen die Katholiken, obgleich diese bei den Langobarden lange nicht so leidenschaftlich war wie etwa bei den Wandalen. Der Hauptgrund, daß vorzugsweise Klöster und Kirchen angegriffen und beraubt wurden, lag gewiß darin, daß hier die meisten Reichtümer geborgen waren. So wurden denn die Priester, wenn sie sich der Beutegier der Eroberer widersetzten, natürlich nicht geschont, die Kirchen geplündert, die Ländereien derselben von der Krone eingezogen oder verteilt.

9. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 155

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
21. Die Schlacht bei Adrianopel und weitere Kämpfe. 155 im Westen des Reiches, an Feldherrntüchtigkeit nicht nach- stehe, und womöglich die Goten bezwingen, ehe Gratian ihm zu Hülfe käme. Ebenso eifrig wünschte Frid igern eine Schlacht zu liefern, bevor Verstärkung für die Feinde einträfe. Am 9. August brach das kaiserliche Heer mit Sonnen- aufgang auf, die Goten aufzusuchen. Das Gepäck ließ man dicht bei Adriauopel zurück. Anderthalb Meilen mußten die schwergewappneten Krieger auf schlechtem Wege im Schnell- sckiritt marschieren, und dabei stieg die Sonne immer höher und schien heiß herab. Es war um Mittag, als sie die kreisförmige Wagenburg des gotischen Heeres erblickten. Unter dröhnendem Kriegsgesang ordneten sich die Goten. Die rö- mischen Feldherrn stellten ihre Reihen so auf, daß die Reiter das Vordertreffen bildeten und dahinter erst das Fußvolk stand. Da, als die Römer das Signal zum Beginn des Kampfes jeden Augenblick erwarteten, schritt aus dem gotischen Heerhausen eine Gesandtschaft hervor, die um Frieden bat. Dem Kaiser erschienen aber die Gesandten nicht vornehm genug, er verlangte, daß die edelsten Fürsten selbst kämen als Bürg- schaft, daß das Anerbieten ernsthaft gemeint sei. Die Ge- sandten kehrten um. Es verging wieder eine Zeit. Mittler- weile standen die ermüdeten Legionen im Sonnenbrände hung- rig und mit trocknen Kehlen da. Der schlaue Fridigern ver- zögerte nämlich nur darum den Ansang des Kampfes, weil er erst die Ankunft einer ostgotischen Reiterschar, die ihm Hülfe zugesagt hatte, abwarten wollte. Daher entsandte er noch einmal einen Boten, mit der Bitte, der Kaiser möchte etliche vornehme Männer ins Gotenlager schicken, die er seinem Volke gegenüber für Geiseln ausgebeu könnte; die Bürgschaft dafür, daß sie unversehrt blieben, nehme er auf sich; anders könne er den Wunsch des Kaisers nicht erfüllen. Jetzt siegte bei dem wankelmütigen Valens die Bedenklichkeit über die Ent- schlossenheit. Er zeigte sich bereit, wenigstens einen seiner Großen hinübergehen zu lassen, und der kühne Richomer, ein Franke von Geburt, erbot sich dazu freiwillig. Während er aber auf das gotische Lager zuschritt, änderte sich plötzlich die Sachlage durchaus. Die beiden Führer der römischen

10. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 216

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
216 30. Theoderick der Große als Ariegsheld. Als der Ostgotenkönig in großem Thing den folgen- schweren Plan seinem Volke mitteilte und es um seinen Willen befragte, da erscholl lauter Jubel. Und noch in demselben Jahre (488) brachen die Ostgoten auf mit aller ihrer beweg- lichen Habe, mit Weibern und Kindern, die sie auf zahllosen Wagen mit sich führten, mit Knechten und Mägden, Rossen und Rindern. Es mögen etwa 300000 Menschen gewesen sein. Langsam und schwerfällig bewegte sich der Zug am südlichen Donauufer aufwärts. Oft mußte man sich mit dem Schwert den Weg durch räuberische Slavenhorden bahnen. Auch die Gepiden beunruhigten die Wanderer; es kostete schwere, blutige Arbeit sie zurückzuwerfen. Dann ging es dem Lauf der Save entgegen. Der Winter, wo man rasten mußte, brach herein, Hunger, Kälte und Mangel erzeugten Krankheiten, die viele Jugendliche und Gebrechliche hinrafften. Aus sicherem Hinterhalte brachen die Bergbewohner unauf- hörlich hervor. Wahrlich, es war ein dornenvoller Weg, der zum verlockenden Ziele führte. Fast ein Jahr lang dauerte die Wanderung. Da endlich neigte sich der Gebirgs- pfad abwärts und sie stiegen auf steilem Wege hinab zum Flusse Jsonzo, der Italiens Grenze bezeichnete. Hier an der Schwelle seines Hauses trat ihnen Odowaker entgegen. Es war am 28. August des Jahres 489, als die Ostgoten in unwiderstehlichem Ansturm die unbesiegten Scharen des tapsern Söldnerkönigs in die Flucht schlugen und sich den Eintritt in Italien erzwangen. Bis nach Verona zog sich Odowaker zurück. Vor dieser Stadt, welche die Deutschen später Bern nannten, wurde am 30. September eine zweite, noch viel blutigere Schlacht geschlagen. Hoch zu Roß kämpfte Theoderich im königlichen Waffenschmuck in den vordersten Reihen der Seinigen und errang den Sieg. Und von diesem Siege und weil er später gern in Verona weilte, führt er in der Sage den Namen Dietrich von Bern. Nach furchtbaren Ver- lusten stoh der Söldnerköuig nach Rom; aber treulos ver- schloß die Stadt, der er so manche Wohlthat erzeigt hatte, dem vom Glück verlassenen Herrscher die Thore. Noch nie seit einem Jahrhundert hatte sich die italienische Bevölkerung
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