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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 44

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
44 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. Weiler aber darf man nicht gehen; von einer wirklichen Verknechtung aller Römer im Reich ist nie, auch in den Stürmen der ersten Jahre nicht, die Rede gewesen. Auch geschahen die späteren Ausbreitungen nicht mehr gewaltsam. Es kam vielmehr jetzt zu einer geordneten Landteilung, wie sie auch bei Ost- und Westgoten und andern germanischen Völkern vorgenommen worden war, nach den Grundsätzen der sogenannten „Gastfreundschaft" (hospitalitas); d. H. jeder römische Grundbesitzer war als Wirt gezwungen, einem langobardischen selbständigen Freien als seinem Gast ein Dritt-teil seines Landbesitzes abzutreten. Doch auch diese Abtretung fand oft nicht wirklich statt; vielmehr begnügten sich die Langobarden, abgesehen von den ersten Eroberungen, bei ihrer späteren Ausbreitung damit, statt des Eigentums an Grund und Boden nur ein Drittel des Ertrags, der Früchte, zu erlangen; und da thatsächlich die römischen Großgrundbesitzer schon seit Jahrhunderten ihre Landgüter nicht selbst bewirtschafteten, sondern sie an Kolonen (persönlich freie, aber an die Scholle gebundene Zinspflichtige, die nur einen Teil des Ertrags für sich behielten, das Meiste dem Herrn ablieferten) zur Bewirtschaftung verliehen, so gestaltete sich das Verhältnis zwischen Wirt und Gast, Römer und Langobarde, meist so, daß der Römer dem Langobarden den dritten Teil seiner Kolonen, also auch den dritten Teil seiner Ansprüche gegen die Kolonen abtrat. Daher erklärt es sich auch, daß wir häufig Langobarden in den Städten lebend finden. Es war nicht notwendig für sie, auf dem Lande zu wohnen und selbst den Acker 31t bestellen; ihre Kolonen hatten ihnen den vertragsmäßigen Teil des Ertrags, in Früchten oder in Geld, abzuliefern. Freilich eignete sich der Langobarde solche Anteile an Früchten oder Kolonatsrechten oft noch außer dem Grundbesitz an, den er bei der ersten Ansiedelung als seinen ursprünglichen Anteil vom eroberten Lande erhalten hatte. Ging es auch sicher nicht ohne vielfache Bedrückung und Vergewaltigung der römischen Bevölkerung ab, so wurden doch nur die im Kriege gefangenen und nicht ausgelösten Römer verknechtet, alle übrigen blieben frei und lebten unter sich nach römischen und zwar justinianischen Gesetzen, während bei den Langobarden natürlich langobardisches Recht galt. In gemischten Fällen, d. h. überall, wo Verhältnisse zwischen Römern und Langobarden obwalteten, wurde, mit einigen notwendigen Änderungen und Zusätzen (die aber erst feit 584 festgestellt wurden), auch nach langobardischem Rechte verfahren. Daß inan den Römern ein Wergelt) zubilligte, das Recht der Fehde aber untersagte, ist selbstverständlich. Von einer Verschmelzung von Römern und Langobarden zu dem Mischvolke der Lombarden konnte natürlich erst die Rede fein, als die Einwanderer allmählich das katholische Bekenntnis annahmen, was erst im zweiten Viertel des siebenten Jahrhunderts geschah. Von den Schichten 6er langobardischen Bevölkerung stand der alte Volksadel oben an; ihm

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 283

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Chlodowechs Söhne und Enkel bis zum Tode Chlothars. 283 teilte sie unter die Bürger. Und diese trieben ihre Geschäfte und wurden wohlhabend, so daß sie angesehene Leute wurden. Als aber Desiderius nun dem Könige die Schuld bezahlen wollte, da antwortete dieser: „Ich bedarf des Geldes nicht; ich bin zufrieden, wenn den Armen, die von Not bedrängt waren, durch die Verteilung des Geldes geholfen ist und sie durch deine Fürbitte und meine Gabe zu Wohlstand gelangt sind." So verweigerte er die Annahme des Geldes und bereicherte die Bürger dieser Stadt." --„Er zeigte sich," sagt Gregor an einer andern Stelle über Theudebert, „als einen großen und durch alle Tugenden ausgezeichneten Fürsten. Denn er regierte sein Reich mit Gerechtigkeit, ehrte die Bischöfe, beschenkte die Kirchen, half den Armen und erwies vielen zahlreiche Wohlthaten aus einem frommen nni) liebevollen Herzen." Freilich fehlen auch in der Geschichte Theudeberts nicht Frevelthaten einer heißen Sinnenlust, einer rücksichtslosen Machtbegierde und einer treulosen Staatskunst; aber die guten und glänzenden Seiten überwiegen bei ihnen die schlimmen. Wie ihm Freigebigkeit und Großmut nicht abzustreiten sind, so besaß er auch unstreitig einen stolzen, hochsliegenden Sinn und liebte kühne Unternehmungen und weittragende Entwürfe. Für sein königliches Selbstbewußtsein spricht, daß er der erste war, der Goldmünzen mit feinem eigenen Namen (statt dem des oströmifchen Kaisers) prägen ließ, und der einzige unter allen fränkischen Königen bis auf Karl den Großen, der seinem Namen den Titel Augustus beifügte. Wohlthuend wirkt seine stolze Haltung dem Kaiser Jnstinian gegenüber, namentlich wenn man damit die beschränkte Ehrfurcht andrer germanischer Fürsten vor dem byzantinischen Hose vergleicht; und bewundern müssen wir den Mann, der den kühnen Gedanken hegte, im Bunde mit Gepiden, Langobarden und andern Völkern nach Thracien vorzudringen und den Jnstinian in Byzanz anzugreifen. Schon als Jüngling hatte Theudebert sich als einen kriegstüchtigeu Helden bewährt. Als um das Jahr 515 nordische oder dänische Seeräuber, die aus ihren „Drachen" die Küste entlang fuhren, in die Maas eingelaufen waren und die Gegend von Geldern verheerten, schlug Theudebert sie zu Wasser und zu Lande. Schon hatten sie ihre Schiffe mit Beute beladen und wollten heimfahren; ihr Seekönig Chochilaich aber, der im angelsächsischen Beowulfliede unter dem Namen Hygelak als ein König der schwedischen Ganten erscheint, blieb mit einem Teil seiner Mannen als Schutz am Gestade zurück, bis die Schiffe die hohe See gewonnen hätten. Da eilte Theudebert mit einem starken Heere herbei und lieferte dem Chochilaich eine siegreiche Schlacht, in der dieser selbst fiel; dann fuhr er den Schiffen nach, erreichte sie, schlug die Räuber aus offener See und jagte ihnen die erbeuteten Gefangenen und Schätze ab. Von seinem glücklichen Kriege gegen die Westgoten im südwestlichen Gallien ist oben die

3. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 286

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
286 Die Franken bis zum Untergänge der Merowinger. dadurch auf seine Seite zu ziehen, daß er ihnen zweitausend Pfund Gold und die Abtretung der Provence anbot. Die Merowinge hätten das gotische Geld ebenso wie das kaiserliche genommen und dann noch obenein so viel Gebiet, als sie mit den Waffen gewinnen mochten; aber Theodahad wurde vor dem Abschluß des Vertrags geächtet und getötet (536). Um diese Zeit begannen burgundische und alamannische Scharen in Oberitalien plündernd einzufallen, sicherlich nicht, ohne dazu von den Frankenkönigen aufgemuntert zu sein. Vielleicht stehen diese Bewegungen in Zusammenhang mit den Verhandlungen, die nach Theodahads Untergang zwischen Witichis und den Merowingen angeknüpft wurden. Der Gotenkönig erhielt auch wirklich die Zusage fränkischer Hilfe; wie hätte sich Chlodowechs Geschlecht die Befriedigung entgehen lassen können, von beiden Parteien Geld zu nehmen und dafür gar nichts zu leisten, vielmehr zum eigenen Vorteil zu erobern, was zu haben war! Da sie aber soeben erst ihre Waffenhilse an Justinian für schweres Gold verkauft hatten, bedangen sie sich in einem geheimen Vertrag von Witichis aus, daß sie ihm nicht Franken, sondern fränkische Reichsangehörige andern Stammes als Hilfsvölker schickten, um so dem Kaiser gegenüber die freilich sehr fadenscheinige Ausflucht zu behalten, jene Scharen handelten ohne oder gegen ihren Willen. Als Gegenleistung trat Witichis die ostgotischen Besitzungen in Gallien, die Provence, an die Merowinge ab (536). Sofort wurden die hier stehenden gotischen Tausendschasteu unter Markjas über die Alpen gezogen und Belisar entgegen geworfen; in die Provence teilten sich Childebert und Chlothar. Justinian bestätigte diese Erwerbung der Provence, indem er glaubte oder sich doch die Miene gab zu glauben, die Merowinge seien wirklich in seinem Interesse in Italien einzudringen bereit. Im Jahr 538 aber, dem dritten des gotisch-byzantinischen Krieges, erschienen burgundische Scharen aus dem Frankenreich in Italien und halfen den Goten Mailand erobern. Während dieses Krieges, und zwar vielleicht schon im Jahre 536, geschah es nun auch, daß die Ostgoten die einst von Theoderich in Schutz genommenen Alamannen zwischen Oberrhein und Lech und in Kur-Rätien an Theudebert von Austrasien preisgaben, so daß von da an das gesamte Alamannenvolk dem Frankenreiche angehörte und dieses seine Grenzen wie im Süden an der Rhone so auch im Südosten über das heutige Schwaben und den größten Teil der Schweiz vorschob. Schon im folgenden Jahre litt es den kriegs- und eroberungsfreudigen Theudebert nicht mehr zuhause. Er konnte der Gier nicht widerstehen, selbst in Italien zu erscheinen und persönlich alle Vorteile einzuheimsen, welche der lange wogende Kampf und die Erschöpfung beider Parteien als mühelose und sichere Beute in Aussicht stellte. Dabei beschloß er, die

4. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 304

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
304 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. schmiede auch alte Gläser von Krystall und von milchweißem Fluß, die mit Malerei geschmückt waren. Denn die seine Glasarbeit älterer Zeit war nicht sämtlich zerschlagen, die Farben vieler Edelsteine wurden im Glase nachgemacht, sogar die des Opals, und man zeigte Gläser, denen in artigem Spiel andre Körper eingeschlossen waren. Auch zu Spiegeln wurde das Glas verwandt, deren Rücken man mit Zinn belegte; selbst Fensterglas wurde verfertigt, es wird aus dem Frankenreich vor Heiligennischen und in bessern geistlichen Wohnungen erwähnt. Oft wurde das Glas benutzt, Edelsteine zu fälschen. Der Handel mit Schmuck und Juwelen hatte weit höhere Bedeutung als jetzt. Die Formen der Ringe, Diademe. Spangen und Halsketten waren sehr mannigfaltig, zahlreich die Unterschiede und Namen, die matt den Edelsteinen gefunden hatte. Smaragd und Rubin galten für die kostbarsten Juwelen, der Ruhm der Diamanten stieg erst im späteren Mittelalter; die Fürsten wurden nicht müde, indische Edelsteine zu kaufen und verarbeiten zu lassen; die Leidenschaft für diese Schmuckstücke bei Männern und Frauen war charakteristisches Kennzeichen einer Zeit kriegerischen Erwerbes und uttsichern Besitzes, auch Zeichen des Aberglaubens, denn jeder Steinart wurde eine besondere Heilwirkung zugeschrieben. Ebenso war die Kunst, edle Steine zu färben, noch wohl bekannt. Der Bernstein, einst die einzige Handelsware, welche die Völker der Ostsee den Griechen und Römern interessant machte, war ein gewöhnlicher Schmuck der Bauernfrauen im gotischen Spanien geworden ; sie trugen die Bernsteinperlen als Halsband. Auch dem Bernstein wußte man verschiedene Farben zu geben, er wurde durch die Wurzel der Anchusa und Conchyliumsaft rot gefärbt, wie schon zur Zeit des Pliuius .... Die Germanen hatten sich auch als Erben in den römischen Handel und Geldverkehr eingedrängt; fortan sollte Kapital und Arbeitslohn, Umlauf des geprägten Metalls und die Erträge, die der Besitzende von feiner Habe zog, das Erdenschicksal unsrer Ahnen bestimmen, nicht weniger gebieterisch und unablässig als urheimische Sitte und Rechtsgefühl, als das Klima der neuerworbenen Länder und als der Christenglaube. Die Könige der Burgnuden und Goten schlugen Geld seit der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts, zuerst vorsichtig und spärlich, das römische Gepräge treu nachahmend, dann eigene Zeichen einfügend. Sie benutzten dafür die Genossenschaft der römischen Münzer, welche sie in Gallien vorfanden; denn diese alte und berüchtigte Gilde verstand die fremde Kunst und brachte die neuen Münzen, die im Korn oder Feingehalt schlechter ausfielen als die römischen, im Großhandel unter. Später folgten die Franken, ebenfalls mit sorgfältigem Anschluß an Bild und Umschrift der Münzen von Byzanz .... Seit Besetzung des Römerlandes durch Germanen hob sich der Handel

5. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 179

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Rückblick und Vorschau, zugleich Einleitung in die fränkische Geschichte. 179 manen zur römischen Bevölkerung, die ihre neuen Herren verhältnismäßig früh zu romanisieren wußte. Obgleich sich ihre Lage in den einzelnen Staaten verschieden gestaltete, so behielt sie doch allenthalben ihre persönliche Freiheit, ihr Recht und ihr bewegliches Vermögen. Und wenn sie sich auch eine Landteilung gefallen lassen mußte, so erfolgte diese doch im Anschluß an Grundsätze des römischen Verwaltungsrechtes, nämlich nach dem Vorbilde des römischen Einquartierungssystems, welches kennen zu lernen die Germanen im römischen Dienste reichliche Gelegenheit gefunden hatten. Und auch die innern Einrichtungen der neuen Reiche knüpfen in wesentlichen Punkten an die vorgefundenen römischen Institutionen an. Die Bur-gunden, Westgoten und Wandalen haben sie freilich bald in selbständiger Weise umzubilden begonnen. Dagegen fungierte in Italien die alte römische Verwaltungsmaschine bis zur langobardischen Eroberung ohne erhebliche Störungen fort. Odowakar ließ den Senat und den ganzen römischen Beamtenapparat bestehen, und Theoderich liebte es, die althergebrachten Formen fast mit Ängstlichkeit zu wahren. Sieht man aber nicht auf die Formen, sondern auf das Wesen der Dinge, so wird man sich freilich der Wahrnehmung nicht verschließen, daß sich nichtsdestoweniger mit dem Entstehen der ostgermanischen Staaten eine Veränderung von weltgeschichtlicher Tragweite vollzogen hat. Der springende Punkt ist, daß in ihnen zuerst der römische Westen neue Herren empfangen hat. Das haben die Römer lebhaft empfunden, und die Germanen haben es ihnen deutlich zum Bewußtsein gebracht. Und wenn der germanische König von jenen „der Herr des Staats" genannt wird, so haben sie damit eben den Widerspruch ausgedrückt, der zwischen dem wahren Sachverhalt und dem abgelebten Gedanken des römischen Imperiums obwaltete. Übrigens bildeten die Staaten der Ostgermanen nur den Übergang zu einer gründlichen Umformung der abendländischen Welt, welche durchzuführen den Franken befchieden war. In Italien wurde den Franken durch einen andern westgermanischen Stamm, die Langobarden, tüchtig vorgearbeitet, ein schneidiges Volk aus härterem Stoff als die bildsamen und duldsamen Ostgoten. (I) Die Langobarden. Die Langobarden, deren Geschichte, wie wir annehmen dürfen, noch frisch vor dem Gedächtnis unsrer Leser steht, sind das einzige westgermanische Volk, das sich, wie die gotisch-wandalischen, bei seiner Wanderung zuerst nach Südosten wandte,*) ja das einzige, das überhaupt völlig aus- *) Von den Markomannen abgesehen, die hier nicht in Betracht kommen, weil sie in viel frühem Zeit wanderten und ihre Wanderung aus ein viel kleineres Gebiet beschränkten. 12*

6. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 174

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
174 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. diese zweite Macht, der das römische Reich erlag. Die Religion Christi wich darin von allen heidnischen Religionen ab, daß sie sich keinen weltlichen Zwecken unterordnen wollte. Zwar waren die Christen die gehorsamsten Unterthanen, aber sie opferten nicht vor den Bildern der Kaiser und ließen sich zu nichts zwingen, was wider ihr Gewissen war. Die blutigsten Verfolgungen, die gräßlichsten Martern, mit denen man den treuen Bekennern Christi zusetzte, hatten keineswegs die Verbreitung des Evangeliums gehindert, sondern sie im Gegenteil nur gefördert. Es blieb dem römischen Staat nichts übrig, als den neuen Glauben anzuerkennen; und von dem Augenblick an, wo dies geschah, gab sich der antike Staat unwissentlich selbst verloren. Der Kamps der beiden sich grundsätzlich gegen- über stehenden Mächte dauerte zwar noch eine Zeitlang fort, aber der endliche Sieg mußte der lebensfrischen über die altersschwache, überlebte zufallen. Der antike Staat ruhte ganz und gar aus dem Grundsätze, daß der einzelne Mensch nur um des Staats willen da sei und daß sein Wert nach seiner Bedeutung für den Staat ausschließlich bemessen werden dürfe; daher das Egoistische, Tyrannische, Absolutistische des römischen Staats. Das Christentum mit seinen erhabenen Lehren von Nächstenliebe und Selbstentäußerung erkannte diese Tyrannei nicht an; es erkannte nicht mehr den Bürger allein, sondern den Menschen an sich und damit auch den Sklaven und den Barbaren als ein Kind Gottes an, das ebensoviel Recht auf Liebe und Schutz wie der Kaiser selbst beanspruchen darf, wenn es nur glaubt. Wohl blieb diese Lehre nicht rein von menschlichen Einflüssen, nämlich dann, wenn der Staat irgendwie der Religion obsiegte; die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion war zwar ein äußerer Sieg, aber im Grunde eine innere Niederlage des Christentums; und wenn in Byzanz Staat und Kirche sich enger verbanden, so mußten beide Einbuße erleiden; es konnte sich der alte Staat in widerlich entstellter Gestalt allerdings noch lange halten; aber dabei unterlag eben auch die wahre Religion, und unter der Despotie der griechischen Kaiser bildete sich ein neuer Kultus, der weit mehr Römisch-Heidnisches in sich barg, als seine Anhänger glaubten. Viel reiner erhielt sich die weströmische Kirche, aber sie konnte dies nur, weil sie aufstieg, während der weströmische Staat zusammensank. Seitdem das Christentum als Staatsreligion anerkannt war, brachen nun bekanntlich in seinem Innern heftige Streitigkeiten aus, die auch das römische Reich nicht wenig erschütterten. Vor allem war es der Streit über das Verhältnis der beiden Naturen in Christo, eine Frage, die eigentlich kein Menschenverstand lösen kann, die aber doch entschieden werden mußte, weil der Zweifel, den Arius an der Gottgleichheit Christi ausgesprochen hatte, eine Grundlage des christlichen Glaubens zu erschüttern drohte. Nachdem endlich die arianische Lehre als Ketzerei (325) verworfen

7. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 180

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
180 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. gewandert ist und die deutsche Erde ganz verlassen hat; denn die Alamannen blieben auf ursprünglich germanischem Boden, die Besetzung Britanniens geschah nicht auf einmal, durch ein Volk in seiner Gesamtheit, sondern allmählich, durch einzelne Scharen drei verschiedener Stämme, die größtenteils in ihren alten Sitzen verharrten, und die Franken haben wohl Gallien erobert, dabei aber ihre Stammländer am Rhein nicht aufgegeben und den Zusammenhang mit der deutschen Muttererde nie verloren. Zeigten die Langobarden sich darin den Ostgermanen ähnlich und hat ihr Reich in Italien mit den Reichen der Wandalen, Burgunden, Westgoten und Ostgoten auch das gemeinsame Merkmal, daß in ihm von Anfang an außer dem nationalen Gegensatz zwischen der germanischen und der ihr an Kopfzahl überlegenen römischen Bevölkerung auch ein folgenschwerer konfessioneller Zwiespalt obwaltete, so sind doch die Verschiedenheiten bedeutender als das Gemeinsame. Schon bei der Gründung des Reiches treten die widerstandskräftigen Langobarden ganz anders auf als z. B. die milden Oftgoten; das zeigt sich namentlich in ihrem Verhältnis zu den Römern und zu den römischen Institutionen. Wo die Langobarden festen Fuß fassen, da fegen sie das römische Verwaltungssystem und die römische Ämterverfassung hinweg; sie schaffen nicht einen Zwitterstaat, sondern ein rein nationales Staatswesen. Die Römer wurden nicht als gleichberechtigtes, sondern als unterjochtes Volk behandelt. Noch um die Mitte des siebenten Jahrhunderts ^ ist das Volksrecht frei von römischen Einflüssen. Erst als der Staat eine feste volkstümliche Grundlage gewonnen hatte, begann eine maßvolle Anlehnung an römische Einrichtungen und die staatsrechtliche Gleichstellung der römischen Bevölkerung sich anzubahnen. Die Reiche der Burgunden, der Wandalen und der Ostgoten sind als arianische Reiche im Kampfe mit katholischen Mächten untergegangen. Die Westgoten traten allerdings länger als ein Jahrhundert vor ihrem Untergang zum Katholizismus über; aber der Klerus gewann bei ihnen so weitgehenden Einfluß auf die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten, daß er die Staatsgewalt untergrub und dem Reiche die Kraft raubte, sich gegen die Angriffe des Islam zu wehren. Dagegen war bei den Langobarden seit ihrem Übertritt zur römischen Kirche an die Stelle des überwundenen konfessionellen Zwiespaltes ein politischer Gegensatz^ getreten, nämlich der Gegensatz gegen die weltliche Machtsphäre des Papsttums; eine dritte Macht — das fränkische Königtum — mußte eingreifen, um diesen Konflikt zum Austrag zu bringen. Dabei kamen die Langobarden um ihre Selbständigkeit und wurden zu einem Gliede des großen Frankenreichs, womit sie das Schicksal aller westgermanischen Völker und der Burgunden teilten.

8. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 43

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
König Kleffo, etwas über langobardische Verfassung, Abzug der Sachsen rc. 43 Seitenzweig der im Mannesstamm ausgestorbenen Lethinge, welcher mit Audoin zur Herrschaft gelangt war, schon nach einem Vierteljahrhundert wieder ab. Bei der hohen Machtstellung der Herzoge lag die Gefahr nahe, daß das eben gegründete, aber noch nicht ausgebaute Reichsgebäude, dem auf einmal der Hausherr fehlte, in eine Anzahl Herzogtümer zerbröckle. Aber die Volksedlen und Freien erkannten selbst einmütig, daß der junge Staat einer einheitlichen Leitung, eines mächtigen Königtums bedurfte; deshalb traten sie in Pavia zusammen zur Wahl eines neuen Oberhauptes und erkoren einen aus ihrer Mitte. Kleffo. den Herzog von Bergamo, aus dem altedlen Geschlechte des Beleos, einen tapfern und thatkräftigen Mann. Die spärlichen Nachrichten, die uns über seine kurze^ Regierung überkommen sind, lassen erkennen, daß Kleffo irrt ganzen auf dem von Alboin betretenen Weg in äußerer Ausdehnung und innerer Ausgestaltung des Reiches fortschritt; doch war er rauher und willkürlicher als jener. Zweierlei wird aus seiner Regierungszeit besonders hervorgehoben: die harte Behandlung der römischen Bevölkerung und — damit zusammenhängend — die Ergreifung festen Grundeigentums durch die Langobarden. Die Langobarden in Italien waren, außer den Wandalen in Afrika, die einzigen Germanen, die ihr Reich auf altrömischem Boden ohne irgend welchen Vertrag mit einem Kaiser, einem Statthalter oder der Einwohnerschaft lediglich als Eroberer begründeten. So geschah denn das erste Eindringen und auch die erste Niederlassung sehr gewaltsam; gar viele vornehme, reiche Römer, welche sich durch die Flucht in den Süden nicht retten konnten oder wollten, wurden erschlagen, kriegsgefangen, also verfechtet, ihre ländlichen Besitzungen, wie selbstverständlich die des römischen Fiskus, als erobertes Land vom König und dem Volksheer angeeignet. Das gleiche Geschick traf aber auch die Stadtgemeinden; wohin die Eroberer drangen, da hoben sie die städtische Verfassung auf. Das war aber ein ganz besonders harter Schlag; denn die ganze antike, zumal römischitalische Kultur und das Kulturleben beruhte auf der Stadt, war ein städtisches. Auch die Ländereien der Stadtgemeinden verfielen der Verteilung, und schlimm erging es im Anfang auch den Kirchen und Klöstern, sowie den einzelnen Priestern bis gegen Mitte des stebenten Jahrhunderts. Die Einwandrer waren zum Teil noch Heiden, zum größern Teil Arianer, und als solche unzweifelhaft nicht ohne Erbitterung gegen die Katholiken, obgleich diese bei den Langobarden lange nicht so leidenschaftlich war wie etwa bei den Wandalen. Der Hauptgrund, daß vorzugsweise Klöster und Kirchen angegriffen und beraubt wurden, lag gewiß darin, daß hier die meisten Reichtümer geborgen waren. So wurden denn die Priester, wenn sie sich der Beutegier der Eroberer widersetzten, natürlich nicht geschont, die Kirchen geplündert, die Ländereien derselben von der Krone eingezogen oder verteilt.

9. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 155

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
21. Die Schlacht bei Adrianopel und weitere Kämpfe. 155 im Westen des Reiches, an Feldherrntüchtigkeit nicht nach- stehe, und womöglich die Goten bezwingen, ehe Gratian ihm zu Hülfe käme. Ebenso eifrig wünschte Frid igern eine Schlacht zu liefern, bevor Verstärkung für die Feinde einträfe. Am 9. August brach das kaiserliche Heer mit Sonnen- aufgang auf, die Goten aufzusuchen. Das Gepäck ließ man dicht bei Adriauopel zurück. Anderthalb Meilen mußten die schwergewappneten Krieger auf schlechtem Wege im Schnell- sckiritt marschieren, und dabei stieg die Sonne immer höher und schien heiß herab. Es war um Mittag, als sie die kreisförmige Wagenburg des gotischen Heeres erblickten. Unter dröhnendem Kriegsgesang ordneten sich die Goten. Die rö- mischen Feldherrn stellten ihre Reihen so auf, daß die Reiter das Vordertreffen bildeten und dahinter erst das Fußvolk stand. Da, als die Römer das Signal zum Beginn des Kampfes jeden Augenblick erwarteten, schritt aus dem gotischen Heerhausen eine Gesandtschaft hervor, die um Frieden bat. Dem Kaiser erschienen aber die Gesandten nicht vornehm genug, er verlangte, daß die edelsten Fürsten selbst kämen als Bürg- schaft, daß das Anerbieten ernsthaft gemeint sei. Die Ge- sandten kehrten um. Es verging wieder eine Zeit. Mittler- weile standen die ermüdeten Legionen im Sonnenbrände hung- rig und mit trocknen Kehlen da. Der schlaue Fridigern ver- zögerte nämlich nur darum den Ansang des Kampfes, weil er erst die Ankunft einer ostgotischen Reiterschar, die ihm Hülfe zugesagt hatte, abwarten wollte. Daher entsandte er noch einmal einen Boten, mit der Bitte, der Kaiser möchte etliche vornehme Männer ins Gotenlager schicken, die er seinem Volke gegenüber für Geiseln ausgebeu könnte; die Bürgschaft dafür, daß sie unversehrt blieben, nehme er auf sich; anders könne er den Wunsch des Kaisers nicht erfüllen. Jetzt siegte bei dem wankelmütigen Valens die Bedenklichkeit über die Ent- schlossenheit. Er zeigte sich bereit, wenigstens einen seiner Großen hinübergehen zu lassen, und der kühne Richomer, ein Franke von Geburt, erbot sich dazu freiwillig. Während er aber auf das gotische Lager zuschritt, änderte sich plötzlich die Sachlage durchaus. Die beiden Führer der römischen

10. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 287

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
36. Totila, der große Gotenheld. 287 Dieser kam den Flüchtigen ganz nahe und holte auf Totila aus, um ihm den Speer in den Rücken zu stoßen. Ein junger Gote aber sah dies und schrie voll Entsetzen und Angst für den geliebten Fürsten: „Hund, was beginnst du? Wagst du, die Hand wider deinen Herrn zu erheben?" Kaum hörte Asbad, daß er den König vor sich habe, so holte er mit aller Kraft aus und bohrte ihm den Speer zwischen die Schulter- blätter tief in den Rücken hinein. Der Stoß war tödlich. Aber zwei der treuen Goten ritten rechts und links dicht an den wunden König heran und nahmen ihn so in die Mitte. Auf diese Weise setzten sie mit ihm die Flucht fort, obwohl er kaum noch ein Lebenszeichen gab. Asbad erhielt von dem Goten Skipuar einen Hieb ins Bein. Da gaben seine Ge- fährten die Verfolgung auf und kehrten mit ihm um. Des Königs Getreue aber glaubten im Dunkel der Nacht, die Ver- folger seien ihnen noch auf den Fersen, und flohen weiter. Endlich gelangten sie in ein Dörslein mit Namen Caprä. Hier rasteten sie, hoben den König vom Roß, trugen ihn in die Hütte einer armen Frau und verbanden ihm die schreckliche Wunde. Er aber starb ihnen unter den Händen. Ein edles Herz stand still. Da beweinten die treuen Männer ihren geliebten Herrn, gruben ihm schnell ein Grab, zimmerten einen einfachen Sarg und bargen den teuern Leichnam in die Erde. Dann wichen sie von dannen. Die Kaiserlichen wußten nicht, daß Totila gestorben sei, bis ihnen die Frau, in deren Hütte er seine Heldenseele aus- gehaucht hatte, es milteilte und sein Grab zeigte. Trotzdem wollten sie nicht daran glauben und gruben an der Stelle nach. Da fanden und öffneten sie den Sarg mit der Leiche des Königs. Selbst den Feinden flößte der ernste Anblick Ehrfurcht und Trauer ein. Sie wagten es nicht, den toten Helden zu beschimpfen. Nur den blutigen Mantel und den edelsteingezierten Königshut nahmen sie ihm, um diese Gegen- stände dem Narses zu überbringen. Dann gaben sie ihn dem Schoß der Erbe wieder. So verlor Totila Thron und Leben, nachdem er elf Jahre lang König der Goten gewesen war. Selbst der feindliche
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