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1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 44

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
44 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. Weiler aber darf man nicht gehen; von einer wirklichen Verknechtung aller Römer im Reich ist nie, auch in den Stürmen der ersten Jahre nicht, die Rede gewesen. Auch geschahen die späteren Ausbreitungen nicht mehr gewaltsam. Es kam vielmehr jetzt zu einer geordneten Landteilung, wie sie auch bei Ost- und Westgoten und andern germanischen Völkern vorgenommen worden war, nach den Grundsätzen der sogenannten „Gastfreundschaft" (hospitalitas); d. H. jeder römische Grundbesitzer war als Wirt gezwungen, einem langobardischen selbständigen Freien als seinem Gast ein Dritt-teil seines Landbesitzes abzutreten. Doch auch diese Abtretung fand oft nicht wirklich statt; vielmehr begnügten sich die Langobarden, abgesehen von den ersten Eroberungen, bei ihrer späteren Ausbreitung damit, statt des Eigentums an Grund und Boden nur ein Drittel des Ertrags, der Früchte, zu erlangen; und da thatsächlich die römischen Großgrundbesitzer schon seit Jahrhunderten ihre Landgüter nicht selbst bewirtschafteten, sondern sie an Kolonen (persönlich freie, aber an die Scholle gebundene Zinspflichtige, die nur einen Teil des Ertrags für sich behielten, das Meiste dem Herrn ablieferten) zur Bewirtschaftung verliehen, so gestaltete sich das Verhältnis zwischen Wirt und Gast, Römer und Langobarde, meist so, daß der Römer dem Langobarden den dritten Teil seiner Kolonen, also auch den dritten Teil seiner Ansprüche gegen die Kolonen abtrat. Daher erklärt es sich auch, daß wir häufig Langobarden in den Städten lebend finden. Es war nicht notwendig für sie, auf dem Lande zu wohnen und selbst den Acker 31t bestellen; ihre Kolonen hatten ihnen den vertragsmäßigen Teil des Ertrags, in Früchten oder in Geld, abzuliefern. Freilich eignete sich der Langobarde solche Anteile an Früchten oder Kolonatsrechten oft noch außer dem Grundbesitz an, den er bei der ersten Ansiedelung als seinen ursprünglichen Anteil vom eroberten Lande erhalten hatte. Ging es auch sicher nicht ohne vielfache Bedrückung und Vergewaltigung der römischen Bevölkerung ab, so wurden doch nur die im Kriege gefangenen und nicht ausgelösten Römer verknechtet, alle übrigen blieben frei und lebten unter sich nach römischen und zwar justinianischen Gesetzen, während bei den Langobarden natürlich langobardisches Recht galt. In gemischten Fällen, d. h. überall, wo Verhältnisse zwischen Römern und Langobarden obwalteten, wurde, mit einigen notwendigen Änderungen und Zusätzen (die aber erst feit 584 festgestellt wurden), auch nach langobardischem Rechte verfahren. Daß inan den Römern ein Wergelt) zubilligte, das Recht der Fehde aber untersagte, ist selbstverständlich. Von einer Verschmelzung von Römern und Langobarden zu dem Mischvolke der Lombarden konnte natürlich erst die Rede fein, als die Einwanderer allmählich das katholische Bekenntnis annahmen, was erst im zweiten Viertel des siebenten Jahrhunderts geschah. Von den Schichten 6er langobardischen Bevölkerung stand der alte Volksadel oben an; ihm

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 179

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Rückblick und Vorschau, zugleich Einleitung in die fränkische Geschichte. 179 manen zur römischen Bevölkerung, die ihre neuen Herren verhältnismäßig früh zu romanisieren wußte. Obgleich sich ihre Lage in den einzelnen Staaten verschieden gestaltete, so behielt sie doch allenthalben ihre persönliche Freiheit, ihr Recht und ihr bewegliches Vermögen. Und wenn sie sich auch eine Landteilung gefallen lassen mußte, so erfolgte diese doch im Anschluß an Grundsätze des römischen Verwaltungsrechtes, nämlich nach dem Vorbilde des römischen Einquartierungssystems, welches kennen zu lernen die Germanen im römischen Dienste reichliche Gelegenheit gefunden hatten. Und auch die innern Einrichtungen der neuen Reiche knüpfen in wesentlichen Punkten an die vorgefundenen römischen Institutionen an. Die Bur-gunden, Westgoten und Wandalen haben sie freilich bald in selbständiger Weise umzubilden begonnen. Dagegen fungierte in Italien die alte römische Verwaltungsmaschine bis zur langobardischen Eroberung ohne erhebliche Störungen fort. Odowakar ließ den Senat und den ganzen römischen Beamtenapparat bestehen, und Theoderich liebte es, die althergebrachten Formen fast mit Ängstlichkeit zu wahren. Sieht man aber nicht auf die Formen, sondern auf das Wesen der Dinge, so wird man sich freilich der Wahrnehmung nicht verschließen, daß sich nichtsdestoweniger mit dem Entstehen der ostgermanischen Staaten eine Veränderung von weltgeschichtlicher Tragweite vollzogen hat. Der springende Punkt ist, daß in ihnen zuerst der römische Westen neue Herren empfangen hat. Das haben die Römer lebhaft empfunden, und die Germanen haben es ihnen deutlich zum Bewußtsein gebracht. Und wenn der germanische König von jenen „der Herr des Staats" genannt wird, so haben sie damit eben den Widerspruch ausgedrückt, der zwischen dem wahren Sachverhalt und dem abgelebten Gedanken des römischen Imperiums obwaltete. Übrigens bildeten die Staaten der Ostgermanen nur den Übergang zu einer gründlichen Umformung der abendländischen Welt, welche durchzuführen den Franken befchieden war. In Italien wurde den Franken durch einen andern westgermanischen Stamm, die Langobarden, tüchtig vorgearbeitet, ein schneidiges Volk aus härterem Stoff als die bildsamen und duldsamen Ostgoten. (I) Die Langobarden. Die Langobarden, deren Geschichte, wie wir annehmen dürfen, noch frisch vor dem Gedächtnis unsrer Leser steht, sind das einzige westgermanische Volk, das sich, wie die gotisch-wandalischen, bei seiner Wanderung zuerst nach Südosten wandte,*) ja das einzige, das überhaupt völlig aus- *) Von den Markomannen abgesehen, die hier nicht in Betracht kommen, weil sie in viel frühem Zeit wanderten und ihre Wanderung aus ein viel kleineres Gebiet beschränkten. 12*

3. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 187

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Rückblick und Vorschau, zugleich Einleitung in die fränkische Geschichte. 187 Dieser räumte mit Unterstützung des austrasischen Frankenkönigs Theuderich seine Brüder, die Gaukönige Berthar und Baderich aus dem Wege. Als er aber seinem Bundesgenossen den versprochenen Beuteanteil vorenthielt, überzog Theuderich gemeinsam mit seinem Bruder Chlothar dem Ersten ihn 531 mit Krieg, da Theoderich der Große die kleinen, schwächeren Germanenstaaten nicht mehr gegen die Franken schirmte. Gleichzeitig griffen die Sachsen von Norden her an. Das Thüringerreich erlag dem doppelten Ansturm; ein Teil des Landes ward sächsisch, der größere fränkisch. Die Herkunft des jüngsten deutschen Stammnamens, des der Baiern, ist schon früher kurz erörtert worden. Die Baiern oder, wie sie früher hießen, die Bajuwaren sind die Männer aus Baja, d. H. aus Bajuhemum oder Böhmen, aber keineswegs Nachkommen der keltischen Bojer, von denen dieses Land den Namen hat, sondern der Markomannen, die es jenen entrissen. Um 490 herum verließ dieser starke deutsche Volksstamm mit seinen Nebenstämmen, den Quaden und Nariskem, das alte Bojerland, wo er ein halbes Jahrtausend (seit Marbod) gehaust hatte und zog westlich und südlich nach den Donaugegenden. Der Name der verlassenen Heimat aber haftete an ihnen. Sie besetzten Noricum und Rätien, bis znm Lech, wodurch sie Nachbarn der Alamannen wurden, verbreiteten sich aber auch nördlich der Donau nach dem Fall des Thüringerreiches über die heutige Oberpfalz bis zum Fichtelgebirge. Hier waren die Franken ihre westlichen Grenznachbarn; da sie im Südosten an Slaven und, nach dem Abzug der befreundeten Langobarden nach Italien, auch an die Avaren grenzten, war ihre Lage schwierig genug, und es ist nicht zu verwundern, daß sie bald nach dem Untergang des Thüringerreiches in Abhängigkeit von den mächtigen Franken gerieten. Unter der Oberhoheit des austrasischen Königs wurden sie um die Mitte des 6. Jahrhunderts von einem Herzog von fast königlicher Machtstellung beherrscht, der aus dem Geschlecht der Agilolsinger und katholischer Christ war. Als der erste geschichtlich sichere wird jener Garibald genannt, dessen Tochter Theudelinde sich dem Langobardenkönig Authari vermählte. Er suchte die fränkische Oberhoheit abzuschütteln, erlag aber im Kampfe. Die folgenden Herzöge ziehen wacker gegen die Avaren zu Felde. Zur Zeit Karl Martells ging der nördliche Teil des Bajuwarenlandes an die Franken verloren. Nach öfter erneuten Versuchen, des fränkischen Joches los zu werden, wurde es nach der Absetzung des letzten Herzogs Thas-silo des Dritten von Karl dem Großen im Jahre 794 zur fränkischen Provinz gemacht. Alle diese Stämme, die nach Abzug derjenigen Teile der Franken, welche Gallien besetzten, nachmals das deutsche Volk gebildet haben, fühlten unter sich nicht das Bedürfnis, sich brüderlich zusammenzuschließen, und so wurden die schwächeren unter ihnen nacheinander von dem zähesten und zahlreichsten,

4. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 243

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Chlodowech bis zu seinem Übertritt zum katholischen Christentum. 243 Schon die unmittelbaren Folgen des Sieges, den Chlodowech, wie immer, möglichst auszunutzen entschlossen war, waren sehr bedeutend. Das ganze linksrheinische Alamannengebiet, dazu die nördliche Hälfte des jetzigen Baden und der Neckargau fiel ohne Zweifel in des Siegers Hände. Und auch die übrigen Teile des Volkes zwischen dem Oberrhein (am Breisgau) und dem Lech und in der östlichen Schweiz würden unfraglich dem fränkischen Reiche einverleibt worden sein, hätten sie nicht einen mächtigen Fürsprecher gefunden.*) Theoderich der Große, der seit drei Jahren unbestrittener Herr über Italien und die östlichen Alpenländer bis zur Donau war und für den mächtigsten Herrscher seiner Zeit galt, wandte sich in einem Schreiben an Chlodowech und bat um Schonung und Gnade für die Alamannen, die seinen Schutz angerusen hatten. Der Brief, vermutlich aus dem Anfang des Jahres 497, ist früher mitgeteilt worden, ebenso die Antwort Chlodowechs daraus. Der Frankenkönig war klug genug, sich nicht mit Theoderich zu entzweien, sondern lieber bei dem Erreichten und Erreichbaren stehen zu bleiben. Daß Theoderich wirklich die Macht besaß ihm die Eroberung des übrigen Alamannenlandes streitig zu machen, zeigt der Erfolg seines späteren Einschreitens in dem Kriege zwischen Chlodowech und den Westgoten. Sicher sind weitere Verhandlungen gepflogen worden, nach denen die nördlichen Gebiete in dem oben beschriebenen Umsang an Chlodowech fielen, während das südliche und östliche Alamannien, innerhalb der Grenzen des späteren Herzogtums, unter die Oberhoheit und den Schutz Theoderichs kam. Es erhielt besonderes Recht und eigne Verfassung und wurde dafür zur Heeresfolge und zur Verteidigung der Nordgrenze des Reiches verpflichtet. Erst vierzig Jahre später (536) würde es vom König Witichis an Theubebert, den Enkel Chlobowechs, abgetreten, blieb aber nun auch für die Folge ein besouberes Herzogtum unter fränkischer Oberhoheit. Den flüchtigen Alamannen aus den nörblichen und westlichen Gebieten wies Theoberich Wohnsitze innerhalb der Grenzen seines Reiches an, und zwar vermutlich im heutigen Graubünben. Links des Rheines hielten sich die Alamannen in geschlossener Masse auch unter der Frankenherrschaft und für alle Zukunft nur im Elsaß, alles übrige linksrheinische Land würde von (meistens hessischen) Franken bestehest, die sich auch vom unteren Main nach dem Neckar und Rhein hin noch ein Stück ausbreiteten. War Chlobowechs Sieg über die Alamannen schon beshalb von höchster Wichtigkeit, weil er der erste Schritt zur Oberherrschaft der Franken auch *) Vgl. zum Folgenden auch Band 2, S. 220 s.; und Arnold und Born-hak a. a. O. Wenn, wie zuweilen behauptet wird, nur einige kümmerliche Flüchtlinge auf ostgotisches Gebiet geflohen waren, hätte Theoderich zu ihrem Schutze nicht erst zu schreiben und sein ganzes Ansehen aufzubieten brauchen. 16*

5. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 174

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
174 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. diese zweite Macht, der das römische Reich erlag. Die Religion Christi wich darin von allen heidnischen Religionen ab, daß sie sich keinen weltlichen Zwecken unterordnen wollte. Zwar waren die Christen die gehorsamsten Unterthanen, aber sie opferten nicht vor den Bildern der Kaiser und ließen sich zu nichts zwingen, was wider ihr Gewissen war. Die blutigsten Verfolgungen, die gräßlichsten Martern, mit denen man den treuen Bekennern Christi zusetzte, hatten keineswegs die Verbreitung des Evangeliums gehindert, sondern sie im Gegenteil nur gefördert. Es blieb dem römischen Staat nichts übrig, als den neuen Glauben anzuerkennen; und von dem Augenblick an, wo dies geschah, gab sich der antike Staat unwissentlich selbst verloren. Der Kamps der beiden sich grundsätzlich gegen- über stehenden Mächte dauerte zwar noch eine Zeitlang fort, aber der endliche Sieg mußte der lebensfrischen über die altersschwache, überlebte zufallen. Der antike Staat ruhte ganz und gar aus dem Grundsätze, daß der einzelne Mensch nur um des Staats willen da sei und daß sein Wert nach seiner Bedeutung für den Staat ausschließlich bemessen werden dürfe; daher das Egoistische, Tyrannische, Absolutistische des römischen Staats. Das Christentum mit seinen erhabenen Lehren von Nächstenliebe und Selbstentäußerung erkannte diese Tyrannei nicht an; es erkannte nicht mehr den Bürger allein, sondern den Menschen an sich und damit auch den Sklaven und den Barbaren als ein Kind Gottes an, das ebensoviel Recht auf Liebe und Schutz wie der Kaiser selbst beanspruchen darf, wenn es nur glaubt. Wohl blieb diese Lehre nicht rein von menschlichen Einflüssen, nämlich dann, wenn der Staat irgendwie der Religion obsiegte; die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion war zwar ein äußerer Sieg, aber im Grunde eine innere Niederlage des Christentums; und wenn in Byzanz Staat und Kirche sich enger verbanden, so mußten beide Einbuße erleiden; es konnte sich der alte Staat in widerlich entstellter Gestalt allerdings noch lange halten; aber dabei unterlag eben auch die wahre Religion, und unter der Despotie der griechischen Kaiser bildete sich ein neuer Kultus, der weit mehr Römisch-Heidnisches in sich barg, als seine Anhänger glaubten. Viel reiner erhielt sich die weströmische Kirche, aber sie konnte dies nur, weil sie aufstieg, während der weströmische Staat zusammensank. Seitdem das Christentum als Staatsreligion anerkannt war, brachen nun bekanntlich in seinem Innern heftige Streitigkeiten aus, die auch das römische Reich nicht wenig erschütterten. Vor allem war es der Streit über das Verhältnis der beiden Naturen in Christo, eine Frage, die eigentlich kein Menschenverstand lösen kann, die aber doch entschieden werden mußte, weil der Zweifel, den Arius an der Gottgleichheit Christi ausgesprochen hatte, eine Grundlage des christlichen Glaubens zu erschüttern drohte. Nachdem endlich die arianische Lehre als Ketzerei (325) verworfen

6. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 180

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
180 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. gewandert ist und die deutsche Erde ganz verlassen hat; denn die Alamannen blieben auf ursprünglich germanischem Boden, die Besetzung Britanniens geschah nicht auf einmal, durch ein Volk in seiner Gesamtheit, sondern allmählich, durch einzelne Scharen drei verschiedener Stämme, die größtenteils in ihren alten Sitzen verharrten, und die Franken haben wohl Gallien erobert, dabei aber ihre Stammländer am Rhein nicht aufgegeben und den Zusammenhang mit der deutschen Muttererde nie verloren. Zeigten die Langobarden sich darin den Ostgermanen ähnlich und hat ihr Reich in Italien mit den Reichen der Wandalen, Burgunden, Westgoten und Ostgoten auch das gemeinsame Merkmal, daß in ihm von Anfang an außer dem nationalen Gegensatz zwischen der germanischen und der ihr an Kopfzahl überlegenen römischen Bevölkerung auch ein folgenschwerer konfessioneller Zwiespalt obwaltete, so sind doch die Verschiedenheiten bedeutender als das Gemeinsame. Schon bei der Gründung des Reiches treten die widerstandskräftigen Langobarden ganz anders auf als z. B. die milden Oftgoten; das zeigt sich namentlich in ihrem Verhältnis zu den Römern und zu den römischen Institutionen. Wo die Langobarden festen Fuß fassen, da fegen sie das römische Verwaltungssystem und die römische Ämterverfassung hinweg; sie schaffen nicht einen Zwitterstaat, sondern ein rein nationales Staatswesen. Die Römer wurden nicht als gleichberechtigtes, sondern als unterjochtes Volk behandelt. Noch um die Mitte des siebenten Jahrhunderts ^ ist das Volksrecht frei von römischen Einflüssen. Erst als der Staat eine feste volkstümliche Grundlage gewonnen hatte, begann eine maßvolle Anlehnung an römische Einrichtungen und die staatsrechtliche Gleichstellung der römischen Bevölkerung sich anzubahnen. Die Reiche der Burgunden, der Wandalen und der Ostgoten sind als arianische Reiche im Kampfe mit katholischen Mächten untergegangen. Die Westgoten traten allerdings länger als ein Jahrhundert vor ihrem Untergang zum Katholizismus über; aber der Klerus gewann bei ihnen so weitgehenden Einfluß auf die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten, daß er die Staatsgewalt untergrub und dem Reiche die Kraft raubte, sich gegen die Angriffe des Islam zu wehren. Dagegen war bei den Langobarden seit ihrem Übertritt zur römischen Kirche an die Stelle des überwundenen konfessionellen Zwiespaltes ein politischer Gegensatz^ getreten, nämlich der Gegensatz gegen die weltliche Machtsphäre des Papsttums; eine dritte Macht — das fränkische Königtum — mußte eingreifen, um diesen Konflikt zum Austrag zu bringen. Dabei kamen die Langobarden um ihre Selbständigkeit und wurden zu einem Gliede des großen Frankenreichs, womit sie das Schicksal aller westgermanischen Völker und der Burgunden teilten.

7. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 43

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
König Kleffo, etwas über langobardische Verfassung, Abzug der Sachsen rc. 43 Seitenzweig der im Mannesstamm ausgestorbenen Lethinge, welcher mit Audoin zur Herrschaft gelangt war, schon nach einem Vierteljahrhundert wieder ab. Bei der hohen Machtstellung der Herzoge lag die Gefahr nahe, daß das eben gegründete, aber noch nicht ausgebaute Reichsgebäude, dem auf einmal der Hausherr fehlte, in eine Anzahl Herzogtümer zerbröckle. Aber die Volksedlen und Freien erkannten selbst einmütig, daß der junge Staat einer einheitlichen Leitung, eines mächtigen Königtums bedurfte; deshalb traten sie in Pavia zusammen zur Wahl eines neuen Oberhauptes und erkoren einen aus ihrer Mitte. Kleffo. den Herzog von Bergamo, aus dem altedlen Geschlechte des Beleos, einen tapfern und thatkräftigen Mann. Die spärlichen Nachrichten, die uns über seine kurze^ Regierung überkommen sind, lassen erkennen, daß Kleffo irrt ganzen auf dem von Alboin betretenen Weg in äußerer Ausdehnung und innerer Ausgestaltung des Reiches fortschritt; doch war er rauher und willkürlicher als jener. Zweierlei wird aus seiner Regierungszeit besonders hervorgehoben: die harte Behandlung der römischen Bevölkerung und — damit zusammenhängend — die Ergreifung festen Grundeigentums durch die Langobarden. Die Langobarden in Italien waren, außer den Wandalen in Afrika, die einzigen Germanen, die ihr Reich auf altrömischem Boden ohne irgend welchen Vertrag mit einem Kaiser, einem Statthalter oder der Einwohnerschaft lediglich als Eroberer begründeten. So geschah denn das erste Eindringen und auch die erste Niederlassung sehr gewaltsam; gar viele vornehme, reiche Römer, welche sich durch die Flucht in den Süden nicht retten konnten oder wollten, wurden erschlagen, kriegsgefangen, also verfechtet, ihre ländlichen Besitzungen, wie selbstverständlich die des römischen Fiskus, als erobertes Land vom König und dem Volksheer angeeignet. Das gleiche Geschick traf aber auch die Stadtgemeinden; wohin die Eroberer drangen, da hoben sie die städtische Verfassung auf. Das war aber ein ganz besonders harter Schlag; denn die ganze antike, zumal römischitalische Kultur und das Kulturleben beruhte auf der Stadt, war ein städtisches. Auch die Ländereien der Stadtgemeinden verfielen der Verteilung, und schlimm erging es im Anfang auch den Kirchen und Klöstern, sowie den einzelnen Priestern bis gegen Mitte des stebenten Jahrhunderts. Die Einwandrer waren zum Teil noch Heiden, zum größern Teil Arianer, und als solche unzweifelhaft nicht ohne Erbitterung gegen die Katholiken, obgleich diese bei den Langobarden lange nicht so leidenschaftlich war wie etwa bei den Wandalen. Der Hauptgrund, daß vorzugsweise Klöster und Kirchen angegriffen und beraubt wurden, lag gewiß darin, daß hier die meisten Reichtümer geborgen waren. So wurden denn die Priester, wenn sie sich der Beutegier der Eroberer widersetzten, natürlich nicht geschont, die Kirchen geplündert, die Ländereien derselben von der Krone eingezogen oder verteilt.

8. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 11

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
1. Land und Volk der alten Deutschen. 11 grenzte das der Hermunduren, von denen die Düringer oder Thüringer abstammen. Das Land der Hermunduren dehnte sich von der mittleren Elbe und dem Erzgebirge nach Süd- westen ein gutes Stück über den Main hinaus. Ferner wollen wir die Katten, die Vorfahren der Hessen, nennen, die sich von dem Rhein und der Lahn über die Fulda bis zur Werra und südlich bis zum Main ausbreiteten. Sie nannten sich „die Helden" (das bedeutet ihr Name), und die Römer rühmten ihre besonders große Abhärtung, ihren mächtigen Gliederbau und ihre bedeutende Kriegszucht. Wenn die Jüng- linge unter ihnen herangewachsen waren, thaten sie einen Schwur, nicht eher Haar und Bart zu verschneiden, bis sie einen Feind getötet hätten. Viele ließen sich auch einen eisernen Ring an den Arm schmieden, den legten sie nicht eher ab, als bis es ihnen gelungen war, einen Feind zu erschlagen. Endlich seien noch die Markomannen erwähnt, die bis um die Zeit vor Christi Geburt am oberen Main, dann in Böhmen mächtig waren. Diese Völker, die wir bis jetzt ge- nannt haben, gehörten zu den Westgermanen oder den Deut- schen im engeren Sinne des Wortes; von ihnen durch mancherlei Einrichtungen im Staate und durch die Mundart, in der sie sprachen, unterschieden waren die Ostgermanen, die haupt- sächlich die weiten Ebenen des heutigen Nordost-Deutschland anfüllten. Die berühmtesten unter diesen waren die Bur- gunden in Süd-Pommern und auf der Insel Burgundaholm oder Bornholm d. h. Burgundeninsel, die Rügen auf der Insel Rügen und den benachbarten Küsten, die Goten an der unteren Weichsel und die Wandalen, die anfangs als Nachbarn der Burgunden in Nord-Pommern und Mecklenburg, später in Schlesien und der Lausitz saßen. Von diesen ost- germanischen Stämmen ist vom vierten Jahrhundert an viel zu erzählen, denn sie haben hauptsächlich die große Völker- wanderung ins Werk gesetzt und das Römerreich zerstört; in der ältesten Zeit ist dagegen von ihnen nur selten die Rede, und wir wissen von ihnen gar wenig, Noch viel später er- fahren wir erst etwas Genaueres über die Nordgermanen oder Skandinavier, die über die Inseln der Ostsee bis nach Schweden

9. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 155

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
21. Die Schlacht bei Adrianopel und weitere Kämpfe. 155 im Westen des Reiches, an Feldherrntüchtigkeit nicht nach- stehe, und womöglich die Goten bezwingen, ehe Gratian ihm zu Hülfe käme. Ebenso eifrig wünschte Frid igern eine Schlacht zu liefern, bevor Verstärkung für die Feinde einträfe. Am 9. August brach das kaiserliche Heer mit Sonnen- aufgang auf, die Goten aufzusuchen. Das Gepäck ließ man dicht bei Adriauopel zurück. Anderthalb Meilen mußten die schwergewappneten Krieger auf schlechtem Wege im Schnell- sckiritt marschieren, und dabei stieg die Sonne immer höher und schien heiß herab. Es war um Mittag, als sie die kreisförmige Wagenburg des gotischen Heeres erblickten. Unter dröhnendem Kriegsgesang ordneten sich die Goten. Die rö- mischen Feldherrn stellten ihre Reihen so auf, daß die Reiter das Vordertreffen bildeten und dahinter erst das Fußvolk stand. Da, als die Römer das Signal zum Beginn des Kampfes jeden Augenblick erwarteten, schritt aus dem gotischen Heerhausen eine Gesandtschaft hervor, die um Frieden bat. Dem Kaiser erschienen aber die Gesandten nicht vornehm genug, er verlangte, daß die edelsten Fürsten selbst kämen als Bürg- schaft, daß das Anerbieten ernsthaft gemeint sei. Die Ge- sandten kehrten um. Es verging wieder eine Zeit. Mittler- weile standen die ermüdeten Legionen im Sonnenbrände hung- rig und mit trocknen Kehlen da. Der schlaue Fridigern ver- zögerte nämlich nur darum den Ansang des Kampfes, weil er erst die Ankunft einer ostgotischen Reiterschar, die ihm Hülfe zugesagt hatte, abwarten wollte. Daher entsandte er noch einmal einen Boten, mit der Bitte, der Kaiser möchte etliche vornehme Männer ins Gotenlager schicken, die er seinem Volke gegenüber für Geiseln ausgebeu könnte; die Bürgschaft dafür, daß sie unversehrt blieben, nehme er auf sich; anders könne er den Wunsch des Kaisers nicht erfüllen. Jetzt siegte bei dem wankelmütigen Valens die Bedenklichkeit über die Ent- schlossenheit. Er zeigte sich bereit, wenigstens einen seiner Großen hinübergehen zu lassen, und der kühne Richomer, ein Franke von Geburt, erbot sich dazu freiwillig. Während er aber auf das gotische Lager zuschritt, änderte sich plötzlich die Sachlage durchaus. Die beiden Führer der römischen

10. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 287

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
36. Totila, der große Gotenheld. 287 Dieser kam den Flüchtigen ganz nahe und holte auf Totila aus, um ihm den Speer in den Rücken zu stoßen. Ein junger Gote aber sah dies und schrie voll Entsetzen und Angst für den geliebten Fürsten: „Hund, was beginnst du? Wagst du, die Hand wider deinen Herrn zu erheben?" Kaum hörte Asbad, daß er den König vor sich habe, so holte er mit aller Kraft aus und bohrte ihm den Speer zwischen die Schulter- blätter tief in den Rücken hinein. Der Stoß war tödlich. Aber zwei der treuen Goten ritten rechts und links dicht an den wunden König heran und nahmen ihn so in die Mitte. Auf diese Weise setzten sie mit ihm die Flucht fort, obwohl er kaum noch ein Lebenszeichen gab. Asbad erhielt von dem Goten Skipuar einen Hieb ins Bein. Da gaben seine Ge- fährten die Verfolgung auf und kehrten mit ihm um. Des Königs Getreue aber glaubten im Dunkel der Nacht, die Ver- folger seien ihnen noch auf den Fersen, und flohen weiter. Endlich gelangten sie in ein Dörslein mit Namen Caprä. Hier rasteten sie, hoben den König vom Roß, trugen ihn in die Hütte einer armen Frau und verbanden ihm die schreckliche Wunde. Er aber starb ihnen unter den Händen. Ein edles Herz stand still. Da beweinten die treuen Männer ihren geliebten Herrn, gruben ihm schnell ein Grab, zimmerten einen einfachen Sarg und bargen den teuern Leichnam in die Erde. Dann wichen sie von dannen. Die Kaiserlichen wußten nicht, daß Totila gestorben sei, bis ihnen die Frau, in deren Hütte er seine Heldenseele aus- gehaucht hatte, es milteilte und sein Grab zeigte. Trotzdem wollten sie nicht daran glauben und gruben an der Stelle nach. Da fanden und öffneten sie den Sarg mit der Leiche des Königs. Selbst den Feinden flößte der ernste Anblick Ehrfurcht und Trauer ein. Sie wagten es nicht, den toten Helden zu beschimpfen. Nur den blutigen Mantel und den edelsteingezierten Königshut nahmen sie ihm, um diese Gegen- stände dem Narses zu überbringen. Dann gaben sie ihn dem Schoß der Erbe wieder. So verlor Totila Thron und Leben, nachdem er elf Jahre lang König der Goten gewesen war. Selbst der feindliche
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