Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 44

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
44 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. Weiler aber darf man nicht gehen; von einer wirklichen Verknechtung aller Römer im Reich ist nie, auch in den Stürmen der ersten Jahre nicht, die Rede gewesen. Auch geschahen die späteren Ausbreitungen nicht mehr gewaltsam. Es kam vielmehr jetzt zu einer geordneten Landteilung, wie sie auch bei Ost- und Westgoten und andern germanischen Völkern vorgenommen worden war, nach den Grundsätzen der sogenannten „Gastfreundschaft" (hospitalitas); d. H. jeder römische Grundbesitzer war als Wirt gezwungen, einem langobardischen selbständigen Freien als seinem Gast ein Dritt-teil seines Landbesitzes abzutreten. Doch auch diese Abtretung fand oft nicht wirklich statt; vielmehr begnügten sich die Langobarden, abgesehen von den ersten Eroberungen, bei ihrer späteren Ausbreitung damit, statt des Eigentums an Grund und Boden nur ein Drittel des Ertrags, der Früchte, zu erlangen; und da thatsächlich die römischen Großgrundbesitzer schon seit Jahrhunderten ihre Landgüter nicht selbst bewirtschafteten, sondern sie an Kolonen (persönlich freie, aber an die Scholle gebundene Zinspflichtige, die nur einen Teil des Ertrags für sich behielten, das Meiste dem Herrn ablieferten) zur Bewirtschaftung verliehen, so gestaltete sich das Verhältnis zwischen Wirt und Gast, Römer und Langobarde, meist so, daß der Römer dem Langobarden den dritten Teil seiner Kolonen, also auch den dritten Teil seiner Ansprüche gegen die Kolonen abtrat. Daher erklärt es sich auch, daß wir häufig Langobarden in den Städten lebend finden. Es war nicht notwendig für sie, auf dem Lande zu wohnen und selbst den Acker 31t bestellen; ihre Kolonen hatten ihnen den vertragsmäßigen Teil des Ertrags, in Früchten oder in Geld, abzuliefern. Freilich eignete sich der Langobarde solche Anteile an Früchten oder Kolonatsrechten oft noch außer dem Grundbesitz an, den er bei der ersten Ansiedelung als seinen ursprünglichen Anteil vom eroberten Lande erhalten hatte. Ging es auch sicher nicht ohne vielfache Bedrückung und Vergewaltigung der römischen Bevölkerung ab, so wurden doch nur die im Kriege gefangenen und nicht ausgelösten Römer verknechtet, alle übrigen blieben frei und lebten unter sich nach römischen und zwar justinianischen Gesetzen, während bei den Langobarden natürlich langobardisches Recht galt. In gemischten Fällen, d. h. überall, wo Verhältnisse zwischen Römern und Langobarden obwalteten, wurde, mit einigen notwendigen Änderungen und Zusätzen (die aber erst feit 584 festgestellt wurden), auch nach langobardischem Rechte verfahren. Daß inan den Römern ein Wergelt) zubilligte, das Recht der Fehde aber untersagte, ist selbstverständlich. Von einer Verschmelzung von Römern und Langobarden zu dem Mischvolke der Lombarden konnte natürlich erst die Rede fein, als die Einwanderer allmählich das katholische Bekenntnis annahmen, was erst im zweiten Viertel des siebenten Jahrhunderts geschah. Von den Schichten 6er langobardischen Bevölkerung stand der alte Volksadel oben an; ihm

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 264

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
264 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. wurde die römische Bevölkerung vertrieben oder unterjocht und das Land germanisiert; noch heutzutage bildet die Sprachschätze die Grenze dieser älteren fortschreitenden Ansiedelung von den späteren großen Eroberungen. Keine Spur von Landteilungen, wie sie bei den übrigen Völkern durch- geführt wurden, läßt darauf schließen, daß irgendwo römische Bevölkerung sich in größerer Anzahl länger behauptet hätte. Es waren deutsche Kolonien, die jenseit des Rheines gegründet wurden, die ein fortwährendes Nachrücken aus der Heimat gestatteten und so die Gefahr einer Romanisierung, wie sie den Wandalen, Goten, Burguuden und Langobarden drohte, gar nicht aufkommen ließen. Diese Gefahr trat erst ein, als Chlodowech im Lauf weniger Jahrzehnte den größten Teil des römischen Galliens eroberte. Sollte ein Staat gegründet werden, so war das unerläßlich; denn dazu bedurfte man einer römischen Provinz. Aber nun erfolgte gleichzeitig auch eine bedeutende Stärkung des deutschen Elementes: auf den Sieg bei Soissons folgte der Sieg über die Alamannen, und dieser war fast noch wichtiger als der frühere. Wieder war es Chlodowech, der mit sicherem Blick die schwierige Lage erkannte, die Alamannen zunächst aus dem Felde schlug und so eine Verbindung aller fränkischen Stämme möglich machte. Auch in der Folge gingen die Eroberungen im Osten stets mit denen im Westen Hand in Hand: dem Sieg über die Westgoten folgte bald die Unterwerfung der Thüringe, der Eroberung Burgunds und der Provence die Verbindung der Alamannen und Baiern mit dem Reich; selbst Karl der Große vereinigte nach der Eroberung des Langobardenreiches in Italien dem Reiche nun auch den letzten deutschen Stamm, die Sachsen. So breitete sich die fränkische Herrschaft zugleich nach zwei Seiten aus; zu keiner Zeit erlangte das eine oder andere Element ein entscheidendes Übergewicht; ruhig und sicher konnten beide sich miteinander verbinden und ausgleichen, bis etwa die politischen Grundlagen stark genug wären, um die Bildung selbständiger nationaler Staaten zu gestatten. Denn hätte das fränkische Reich länger fortgedauert, so würde es allerdings doch um den Preis einer Schädigung unserer eigenen Nationalität geschehen sein, so mächtig erwies sich noch zu Karls des Großen Zeit romanische Bildung und Sitte, Verfassung und Staatskunst. Das eben wurde vermieden. Das deutsche Element blieb erhalten, so lange als nötig war, um es mit neuen Bildungskeimen zu befruchten und mit dem romanischen ins Gleichgewicht zu setzen. Endlich ein dritter Umstand. Gerade daß die Franken als Eroberer kamen, half ihnen über viele Schwierigkeiten hinweg, welche die übrigen germanischen Reiche nicht überwinden konnten, so sonderbar das klingen mag. Denn damit hörte wenigstens der Zwiespalt im Staat und seiner Verfassung auf, die doppelte Beamtenreihe fiel weg, und an die Stelle einer

3. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 36

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
36 Die Langobarden bis zum Berlust ihrer Selbständigkeit. schwer sollte das Joch des Siegers auf ihnen lasten, wenn sie sich nicht fügten. So verkündete denn Alboin dem großen Thing seinen Entschluß, und sein Volk jauchzte ihm freudig zu. Es war am Tage nach dem heiligen Osterfest — d. i. am 2. April — des Jahres 568, als die Langobarden auszogen mit Weib und Kind, mit Hab und Gut, sehr unähnlich jenen bescheidenen Ansiedlern an der Unterelbe, welche sich freuten einen Acker zu finden, der sie und die Ihren ernährte. Nagende Not, der bittere Hunger hatte jene gezwungen, zu wandern; sie waren gewiß mit Weh im Herzen von der lieben Heimat geschieden; diesen dagegen war an Gold und Herrschaft, Kriegsruhm und kühnem Wagestück nicht weniger gelegen als an stetiger Ansiedlung. Ohne Heimweh verließen sie die Ebenen Pannoniens, deren sich nun von Osten her mit Einwilligung der Langobarden die Avaren als willkommene Beute bemächtigten. Doch stellte Alboin diesen die Bedingung, daß sie, wenn die Langobarden irgend einmal wiederzukehren genötigt würden, ihnen gutwillig ihr altes Besitztum einräumen sollten.*) Wie eine ungeheure Wetterwolke wälzte sich der lange Zug der Wanderer dem Lande ihrer Sehnsucht zu. Den Langobarden hatten sich auf Alboins Einladung zahlreiche Angehörige befreundeter Völkerschaften, insbesondere eine große Schar sächsischer Männer, angeschlossen; denn der König hielt es mit Recht, in Anbetracht der kleinen Volkszahl seiner Langobarden und der weiten Gaue Italiens, für ratsam, seine Scharen durch freiwilligen oder erzwungenen Zuzug möglichst zu verstärken. Die Sachsen übrigens waren die alten Nachbarn der Langobarden gewesen und von der Nieder-elbe her mit ihnen gut Freund; aber auch Bulgaren, Slaven und namentlich unterworfene Gepiden zogen mit. Ohne Zweifel ging der Zug — wie achtzig Jahre früher der der Ostgoten — auf dem bequemen Wege im Thale der Save aufwärts bis Emona (jetzt Laibach) und dann über die südlichen Teile der Julischen Alpen zum Jsonzo, der Grenze Italiens, hinab. Paulus Diakonus berichtet freilich etwas, das dem widerspricht. Als nämlich, so erzählt er dem Volksmunde folgend, der König mit allen seinen Kriegsmannen und der ganzen gewaltigen Volksmenge bis an die Mark Italiens kam, stieg er aus einen Berg, der sich hoch über die Gegend erhob, und schaute auf das gesegnete Land hinab, das in üppiger Frühlingspracht und unabsehbarer Ausdehnung vor ihm lag. Seit der Zeit wird dieser Berg nach ihm der Königsberg geheißen. — Indes der gemeinte Berg, italienisch Monte Del Re, jetzt gewöhnlich Monte Maggiore genannt, liegt *) Wir wissen, daß auswandernde Germanenvvlker ihr Anrecht auf ehemalige Wohnsitze sorgfältig festhielten und behaupteten. Vgl. 1. Bd., S. 59 ff.

4. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 179

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Rückblick und Vorschau, zugleich Einleitung in die fränkische Geschichte. 179 manen zur römischen Bevölkerung, die ihre neuen Herren verhältnismäßig früh zu romanisieren wußte. Obgleich sich ihre Lage in den einzelnen Staaten verschieden gestaltete, so behielt sie doch allenthalben ihre persönliche Freiheit, ihr Recht und ihr bewegliches Vermögen. Und wenn sie sich auch eine Landteilung gefallen lassen mußte, so erfolgte diese doch im Anschluß an Grundsätze des römischen Verwaltungsrechtes, nämlich nach dem Vorbilde des römischen Einquartierungssystems, welches kennen zu lernen die Germanen im römischen Dienste reichliche Gelegenheit gefunden hatten. Und auch die innern Einrichtungen der neuen Reiche knüpfen in wesentlichen Punkten an die vorgefundenen römischen Institutionen an. Die Bur-gunden, Westgoten und Wandalen haben sie freilich bald in selbständiger Weise umzubilden begonnen. Dagegen fungierte in Italien die alte römische Verwaltungsmaschine bis zur langobardischen Eroberung ohne erhebliche Störungen fort. Odowakar ließ den Senat und den ganzen römischen Beamtenapparat bestehen, und Theoderich liebte es, die althergebrachten Formen fast mit Ängstlichkeit zu wahren. Sieht man aber nicht auf die Formen, sondern auf das Wesen der Dinge, so wird man sich freilich der Wahrnehmung nicht verschließen, daß sich nichtsdestoweniger mit dem Entstehen der ostgermanischen Staaten eine Veränderung von weltgeschichtlicher Tragweite vollzogen hat. Der springende Punkt ist, daß in ihnen zuerst der römische Westen neue Herren empfangen hat. Das haben die Römer lebhaft empfunden, und die Germanen haben es ihnen deutlich zum Bewußtsein gebracht. Und wenn der germanische König von jenen „der Herr des Staats" genannt wird, so haben sie damit eben den Widerspruch ausgedrückt, der zwischen dem wahren Sachverhalt und dem abgelebten Gedanken des römischen Imperiums obwaltete. Übrigens bildeten die Staaten der Ostgermanen nur den Übergang zu einer gründlichen Umformung der abendländischen Welt, welche durchzuführen den Franken befchieden war. In Italien wurde den Franken durch einen andern westgermanischen Stamm, die Langobarden, tüchtig vorgearbeitet, ein schneidiges Volk aus härterem Stoff als die bildsamen und duldsamen Ostgoten. (I) Die Langobarden. Die Langobarden, deren Geschichte, wie wir annehmen dürfen, noch frisch vor dem Gedächtnis unsrer Leser steht, sind das einzige westgermanische Volk, das sich, wie die gotisch-wandalischen, bei seiner Wanderung zuerst nach Südosten wandte,*) ja das einzige, das überhaupt völlig aus- *) Von den Markomannen abgesehen, die hier nicht in Betracht kommen, weil sie in viel frühem Zeit wanderten und ihre Wanderung aus ein viel kleineres Gebiet beschränkten. 12*

5. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 204

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
•204 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. unzugänglichen Waldverstecke, wenn das Laub gefallen war, durchdringbar wurden. Mehrere Völkerschaften dieser ripuarischen Franken sollten seinen Zorn fühlen. Bei Köln überschritt er den Rhein und verheerte zuerst das Land der dem dortigen Ufer zunächst wohnenden Brukterer; darauf wandte er sich rheinabwärts in das Gebiet der Chamaven und verwüstete es gleichfalls. Nirgends regte sich Widerstand; das Bolk zog sich in die entlegensten Teile seiner Wälder zurück. Erst auf dem Rückzüge zeigten sich auf den Rücken ferner Hügelketten drohend einige Heerhaufen von Amsi-variern und Chatten unter Markomers Führung. Doch kam es zu keinen: Zusammenstoß. Arbogast begnügte sich mit diesem Verwüstungszuge und kehrte nach Italien zurück, um sich hier den Regierungsangelegenheiten zu widmen und auf einen Angriff des Kaisers Theodosius vorzubereiten. Eugenius selbst schloß im nächsten Jahre (393) mit den linksrheinischen Franken und Alamannen Frieden, indem er die alten Verträge, welche Julian mit ihnen abgeschlossen hatte, erneuerte, d. H. er bestätigte diesen Völkern den Besitz der Länder, die sie thatsächlich schon inne hatten, und verpflichtete sie dafür als Föderalen des Reiches zur Heeresfolge. Aber schon das nächste Jahr brachte dem Machthaber und seinem Kaiser den Untergang. Theodosius widerstand nicht länger den Thränen seiner Gattin, die ihn anflehte, den Tod ihres Bruders Valentinian zu rächen. Mit einem wohlgerüsteten starken Heere, dessen Kern gotische Scharen bildeten, zog er nach Westen und überschritt die Gebirgspässe der jütischen Alpen, ohne auf einen Feind zu stoßen. Erst bei Aquileja gewahrte er Arbogasts und Eugenius' Lager, das sich von den Mauern der Stadt weit in die Ebene hinaus erstreckte. Der ebenso kluge als tapfere Franke hatte seine Aufstellung trefflich gewählt, und als es zur Schlacht kam, gerieten die Oströmer bald in Bedrängnis. Aber die Nacht trennte die Streitenden. Arbogast ließ noch vor Tagesanbruch die Gebirgspässe besetzen, um dem Feinde den Rückzug abzuschneiden. Theodosius war in bedenklicher Lage. Da kam ihm menschliche Treulosigkeit und die Natur selber zu Hilfe. Als die Schlacht von neuem begann, erhob sich plötzlich ein gewaltiger Sturmwind, der dem Heere Arbogasts ungeheure Staubwolken ins Gesicht trieb und dadurch seine Reihen in Verwirrung brachte, und zu gleicher Zeit gingen mehrere Anführer, die sich von Theodosius hatten bestechen lassen, mit ihren Scharen von Arbogast zu Theodosius über. So gewann dieser einen vollständigen Sieg, der ihm die Alleinherrschaft über das ganze Reich verschaffte. Eugenius warf sich dem Kaiser zu Füßen, wurde aber auf dessen Wink von den Soldaten niedergehauen. Arbogast entkam, irrte zwei Tage im Gebirge umher und stürzte sich, als er sich von allen Seiten umstellt sah, verzweifelnd in sein Schwert.

6. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 174

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
174 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. diese zweite Macht, der das römische Reich erlag. Die Religion Christi wich darin von allen heidnischen Religionen ab, daß sie sich keinen weltlichen Zwecken unterordnen wollte. Zwar waren die Christen die gehorsamsten Unterthanen, aber sie opferten nicht vor den Bildern der Kaiser und ließen sich zu nichts zwingen, was wider ihr Gewissen war. Die blutigsten Verfolgungen, die gräßlichsten Martern, mit denen man den treuen Bekennern Christi zusetzte, hatten keineswegs die Verbreitung des Evangeliums gehindert, sondern sie im Gegenteil nur gefördert. Es blieb dem römischen Staat nichts übrig, als den neuen Glauben anzuerkennen; und von dem Augenblick an, wo dies geschah, gab sich der antike Staat unwissentlich selbst verloren. Der Kamps der beiden sich grundsätzlich gegen- über stehenden Mächte dauerte zwar noch eine Zeitlang fort, aber der endliche Sieg mußte der lebensfrischen über die altersschwache, überlebte zufallen. Der antike Staat ruhte ganz und gar aus dem Grundsätze, daß der einzelne Mensch nur um des Staats willen da sei und daß sein Wert nach seiner Bedeutung für den Staat ausschließlich bemessen werden dürfe; daher das Egoistische, Tyrannische, Absolutistische des römischen Staats. Das Christentum mit seinen erhabenen Lehren von Nächstenliebe und Selbstentäußerung erkannte diese Tyrannei nicht an; es erkannte nicht mehr den Bürger allein, sondern den Menschen an sich und damit auch den Sklaven und den Barbaren als ein Kind Gottes an, das ebensoviel Recht auf Liebe und Schutz wie der Kaiser selbst beanspruchen darf, wenn es nur glaubt. Wohl blieb diese Lehre nicht rein von menschlichen Einflüssen, nämlich dann, wenn der Staat irgendwie der Religion obsiegte; die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion war zwar ein äußerer Sieg, aber im Grunde eine innere Niederlage des Christentums; und wenn in Byzanz Staat und Kirche sich enger verbanden, so mußten beide Einbuße erleiden; es konnte sich der alte Staat in widerlich entstellter Gestalt allerdings noch lange halten; aber dabei unterlag eben auch die wahre Religion, und unter der Despotie der griechischen Kaiser bildete sich ein neuer Kultus, der weit mehr Römisch-Heidnisches in sich barg, als seine Anhänger glaubten. Viel reiner erhielt sich die weströmische Kirche, aber sie konnte dies nur, weil sie aufstieg, während der weströmische Staat zusammensank. Seitdem das Christentum als Staatsreligion anerkannt war, brachen nun bekanntlich in seinem Innern heftige Streitigkeiten aus, die auch das römische Reich nicht wenig erschütterten. Vor allem war es der Streit über das Verhältnis der beiden Naturen in Christo, eine Frage, die eigentlich kein Menschenverstand lösen kann, die aber doch entschieden werden mußte, weil der Zweifel, den Arius an der Gottgleichheit Christi ausgesprochen hatte, eine Grundlage des christlichen Glaubens zu erschüttern drohte. Nachdem endlich die arianische Lehre als Ketzerei (325) verworfen

7. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 180

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
180 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. gewandert ist und die deutsche Erde ganz verlassen hat; denn die Alamannen blieben auf ursprünglich germanischem Boden, die Besetzung Britanniens geschah nicht auf einmal, durch ein Volk in seiner Gesamtheit, sondern allmählich, durch einzelne Scharen drei verschiedener Stämme, die größtenteils in ihren alten Sitzen verharrten, und die Franken haben wohl Gallien erobert, dabei aber ihre Stammländer am Rhein nicht aufgegeben und den Zusammenhang mit der deutschen Muttererde nie verloren. Zeigten die Langobarden sich darin den Ostgermanen ähnlich und hat ihr Reich in Italien mit den Reichen der Wandalen, Burgunden, Westgoten und Ostgoten auch das gemeinsame Merkmal, daß in ihm von Anfang an außer dem nationalen Gegensatz zwischen der germanischen und der ihr an Kopfzahl überlegenen römischen Bevölkerung auch ein folgenschwerer konfessioneller Zwiespalt obwaltete, so sind doch die Verschiedenheiten bedeutender als das Gemeinsame. Schon bei der Gründung des Reiches treten die widerstandskräftigen Langobarden ganz anders auf als z. B. die milden Oftgoten; das zeigt sich namentlich in ihrem Verhältnis zu den Römern und zu den römischen Institutionen. Wo die Langobarden festen Fuß fassen, da fegen sie das römische Verwaltungssystem und die römische Ämterverfassung hinweg; sie schaffen nicht einen Zwitterstaat, sondern ein rein nationales Staatswesen. Die Römer wurden nicht als gleichberechtigtes, sondern als unterjochtes Volk behandelt. Noch um die Mitte des siebenten Jahrhunderts ^ ist das Volksrecht frei von römischen Einflüssen. Erst als der Staat eine feste volkstümliche Grundlage gewonnen hatte, begann eine maßvolle Anlehnung an römische Einrichtungen und die staatsrechtliche Gleichstellung der römischen Bevölkerung sich anzubahnen. Die Reiche der Burgunden, der Wandalen und der Ostgoten sind als arianische Reiche im Kampfe mit katholischen Mächten untergegangen. Die Westgoten traten allerdings länger als ein Jahrhundert vor ihrem Untergang zum Katholizismus über; aber der Klerus gewann bei ihnen so weitgehenden Einfluß auf die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten, daß er die Staatsgewalt untergrub und dem Reiche die Kraft raubte, sich gegen die Angriffe des Islam zu wehren. Dagegen war bei den Langobarden seit ihrem Übertritt zur römischen Kirche an die Stelle des überwundenen konfessionellen Zwiespaltes ein politischer Gegensatz^ getreten, nämlich der Gegensatz gegen die weltliche Machtsphäre des Papsttums; eine dritte Macht — das fränkische Königtum — mußte eingreifen, um diesen Konflikt zum Austrag zu bringen. Dabei kamen die Langobarden um ihre Selbständigkeit und wurden zu einem Gliede des großen Frankenreichs, womit sie das Schicksal aller westgermanischen Völker und der Burgunden teilten.

8. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 4

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
4 Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. eines andern Germaneustammes, der berufen schien, Theoderichs und To-tilas Erbe anzutreten. Dreizehn Jahre schon nach dem Verlöschen des ostgotischen Namens stiegen die Langobarden von Nordosten her in das noch immer begehrenswerte Land herab und rissen nun im Lauf der Zeit von dem Exarchat ein Stück nach dem andern ab, während andrerseits zu Rom die Päpste kühn ihr Haupt erhoben und unter fränkischem Schutze eine neue Macht als eine doppelte Trutzwehr gegen Oströmer wie gegen Langobarden ausrichteten. So wie die Bischöfe von Rom sich völlig von Byzanz lossagten, so erkannten die Langobarden auch nicht — gleich Odowakar und Theoderich — irgend ein Hoheitsrecht des griechischen Kaisers an, sondern gründeten ihre Macht lediglich auf die Eroberung. Der letzte Schalten einer Oberhoheit Ostroms schwand.*) Jenes deutschen Volkes Geschichte, soweit sie sich zurückverfolgen läßt, ist es, die wir jetzt zu erzählen haben, und zwar thun wir dies, ohne das liebliche Rankenwerk der Sage, das sich um die Geschichte dieses Stammes geschlungen hat, gewaltsam abzustreifen, damit uns nicht ein reicher, kostbarer Schatz anmutigster Volksdichtung entgehe und unser Bericht des schönsten Schmuckes beraubt werde. Denn wenn auch bei jedem andern Volke die Geschichte mit der Sage beginnt, so steht doch unter allen deutschen Stämmen, die mit den Kulturvölkern des Mittelmeers und dem Christentum in Verbindung traten, der langobardische ganz einzig da in der Treue gegen seine einheimische volkstümliche Überlieferung. „Die Langoborden, ein kleiner in sich geschlossener Stamm, nicht wie die Goten in unzählige Teile getrennt, auch auf ihrem Zuge nach Süden beisammengehalten, nicht wie die Goten gleich der ausgebreitetsten Besitzungen mächtig, in Italien nicht nachgiebig gegen das Römische, wie die Ost- und Westgoten, wie selbst die Franken, die zum Teil ihre nationale Poesie nach ihrer Auswanderung verloren zu haben scheinen, sondern mit dem römischen Element in steter Feindschaft, nicht durch weitläufige Eroberungen zersplittert, sondern immer in sich zusammenhaltend, diese Langobarden hielten eine üppigere Sagengeschichte, historische Lieder voll der schönsten Züge fest." (Gervinus.) Und nicht nur der Anfang ihrer Geschichte ist vom Morgenrot der Sage verklärt; bis tief in die historischen Zeiten, ja bis zum Untergang seiner Selbständigkeit und darüber hinaus hat das poesievolle Volk mit nie rastender Phantasie seine eigne Geschichte durch den Glanz der Dichtung verherrlicht. *) Deshalb gab freilich Byzanz seine Ansprüche auf das Abendland noch nicht auf, wenn es auch zu schwach war sie durchzusetzen. Erst als die Kaiseridee durch Karl den Großen mit weit großartigerem Erfolg, als es durch Ostrom geschehen sonnte, verwirklicht wurde, mußte der griechische Kaiser wohl oder übel auf den Westen verzichten.

9. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 15

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Langobarden und Heruler. 15 maligen Sitzen (jedenfalls in Nordböhmen) aus und kamen nach Rugiland, wo sie, da es fruchtbaren Boden hatte, viele Jahre blieben. So ungefähr berichtet Paulus. Es ist dazu nur noch zu bemerken, daß Odowakar trotz seiner Siege den nördlichen Teil von Noricum, das Ufernoricum, wie früher erzählt worden ist, als unhaltbar preisgab und daß sich dort die Bajuwaren*) festsetzten, in deren Fußspuren wahrscheinlich die Langobarden südwärts bis zur Donau gezogen waren. Letztere mußten sich ohne Zweifel deshalb, weil sie jener Völkerschaft nicht gewachsen waren, damals — etwa im Jahre 490 — mit dem verwüsteten Rugen-gebiet begnügen. 4. Ifmtgoburbm und Heruler. (Von 490 bis 546.) don den sumpfigen Niederungen der Elbe waren die Langobarden im Laufe von etwa einem Jahrhundert zum schönen Strand der Donau vorgerückt. Langsam hatten sie sich — ungefähr bis auf halbem Weg — dem Lande genähert, das ihnen ein Jahrhundert später zu dauerndem Besitze ward, wo Glanz und Macht ihrer wartete. Damals nun, als das Volk einige Jahre in Rngiland gesessen hatte, schien es, als ob ihm bestimmt sei, nicht nach Süden, sondern nach Osten weiter vorzuschreiten. Über die Geschichte der Langobarden in Rugiland herrscht tieses Dunkel; was Prokop gelegentlich berichtet, daß das Volk um jene Zeit in Abhängigkeit von den Herulern geraten sei, beruht aus Prahlereien von Angehörigen dieses Volksstammes, von dem wir sogleich genauer zu reden haben, und ist nicht glaubwürdig. Nur die Könige werden genannt, unter denen die Langobarden damals standen: ans Gudeok folgte sein Sohn Klasso, und als dieser starb, ergriff dessen Sohn Tato als siebenter König die Zügel der Herrschaft. Unter ihnen zogen die Langobarden wieder ans Rugiland fort und zwar dem Lauf der Donau folgend in die weiten Ebenen, die, wie Paulus Diakonus jagt, in laugobardifcher Sprache „Feld" genannt wurden und unter denen wir ohne allen Zweifel die stachen Gefilde zwischen der Donau und der Theiß zu verstehen haben.**) Drei Jahre sollen sie hier gehaust haben, als sie in einen folgenschweren Kampf *) Nicht die Heruler, wie 2. Bd., S. 170 nach einer weniger stichhaltigen Beweisführung Pallmauns gesagt ist; vgl. das Folgende. **) Nicht das Marchfeld, wie oft angenommen wird. Einhard, der Biograph Karls des Großen, berichtet zum Jahre 796, daß Pippin der Kleine die „Hunnen" hinter die Theiß gejagt und ihre Königsburg, welche „Hring", von den Langobarden aber „Feld" (campus) genannt ward, zerstört habe.

10. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 17

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Langobarden und Heruler. 17 die südlichen Nachbarn des Herulerreichs geworden. Anfangs hatte ein auf Verträge gegründetes, friedliches Verhältnis zwischen den beiden Völkern bestanden. Ohne Zweifel mußten die Langobarden von Rugiland nach „Feld" herulisches Gebiet durchschreiten und haben dies mit Bewilligung der Heruler gethan. Aber wenige Jahre nur bestand dieser Friedens- und Freundschaftsbund. Noch unter dem König Tato entbrannte ein furchtbarer Kampf zwischen den Nachbarvölkern, (wahrscheinlich um das Jahr 508), der die Macht der Heruler vernichtete und die Langobarden ihrer glänzendsten Zeit entgegenführte. Die Sage hat das wichtige Ereignis in folgender Weise ausgeschmückt.*) Der Bruder Rodulfs, des Herulerkönigs, war zu König Tato gekommen um friedlichen Vertrages willen. Und als er seine Botschaft ausgerichtet hatte und im Begriff war, die Heimreise anzutreten, geschah es, daß er vor dem Hause Rumetruds, der langobardischen Königstochter, mit seinem Gefolge vorbeiritt. Die Prinzessin trat in ein Fenster, und wie sie die Menge schön geschmückter Männer und Rosse erblickte, fragte sie neugierig, wer es denn sei, der mit so glänzendem Gefolge einherziehe. Man berichtete ihr, es sei König Rodulfs Bruder, der nach ausgerichteter Botschaft mit seinen Herulern heimreite. Alsbald sandte die Jungfrau eine Dienerin hinaus und ließ den Fürsten bitten, einen Becher Wein von ihr anzunehmen. Arglosen Sinnes folgte jener der Einladung. Als er nun vor die Königstochter trat, sah sie, daß er von kleiner, unansehnlicher Gestalt war. Da vergaß sie aller Zucht, brach in höhnisches Lachen aus und machte sich laut über ihn lustig. Der Geschmähte aber, zu heftigem Zorn gereizt und vor Scham errötend, vergalt ihr den Spott mit beißender Hohnrede. Rumetruds Herz brannte vor Durst, die Beleidigung zu rächen; aber heuchlerisch barg sie die Bosheit im Busen, zwang sich, gelassen zu er- scheinen, beschwichtigte mit schmeichelnder Miene und scherzhaften Worten den Gast und lud ihn ein, sich in ihrem Gemache niederzulassen. Versöhnt und heiler folgte er ihr, die ihn zu einem Sitze führte, hinter welchem sich das Fenster des Gemaches befand. Dieses Fenster befahl sie ihren Mägden, scheinbar um den Gast zu ehren, mit einem kostbaren Teppich zu verhängen. Heimlich aber gab sie einem Diener den gräßlichen Befehl, sich unbemerkt hinter den Vorhang zu schleichen und dem Heruler, sobald sie rufe: „Mische!" den Speer in den Rücken zu bohren. Und so geschah es. Kaum hatte er sich behaglich niedergelassen, da sprach die Entsetzliche zu dem Mundschenken: „Mische den Trank!" Und in demselben Augenblick stürzte jener zu Boden und hauchte seinen Geist aus. Der Speer des Mörders war ihm durch Rücken und Brust gedrungen. *) Wir geben den Bericht des Paulus Diakonus. Klee, Geschichtsbilder. Iii.
   bis 10 von 44 weiter»  »»
44 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 44 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 7
5 2
6 0
7 9
8 0
9 0
10 14
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 3
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 10
24 2
25 0
26 2
27 1
28 6
29 0
30 0
31 0
32 0
33 2
34 0
35 0
36 0
37 25
38 0
39 1
40 0
41 0
42 1
43 6
44 0
45 3
46 0
47 0
48 30
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 90
2 0
3 3
4 2
5 4
6 2
7 2
8 0
9 10
10 0
11 0
12 1
13 1
14 0
15 0
16 36
17 132
18 1
19 3
20 4
21 9
22 2
23 60
24 0
25 4
26 3
27 0
28 11
29 1
30 0
31 1
32 0
33 3
34 0
35 2
36 3
37 4
38 0
39 10
40 0
41 5
42 5
43 41
44 4
45 24
46 0
47 0
48 1
49 0
50 1
51 0
52 14
53 0
54 10
55 6
56 6
57 1
58 7
59 5
60 0
61 2
62 2
63 0
64 0
65 234
66 0
67 2
68 11
69 3
70 9
71 17
72 5
73 0
74 0
75 10
76 8
77 36
78 1
79 0
80 3
81 3
82 27
83 20
84 0
85 1
86 3
87 4
88 16
89 6
90 1
91 2
92 64
93 3
94 21
95 1
96 3
97 0
98 68
99 3

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 3
1 0
2 7
3 6
4 0
5 13
6 15
7 18
8 2
9 5
10 10
11 0
12 9
13 28
14 0
15 0
16 0
17 11
18 0
19 5
20 0
21 8
22 0
23 0
24 4
25 1
26 5
27 0
28 6
29 0
30 2
31 0
32 2
33 69
34 5
35 2
36 1
37 0
38 4
39 5
40 0
41 12
42 34
43 18
44 2
45 0
46 9
47 1
48 0
49 0
50 45
51 125
52 17
53 0
54 15
55 1
56 18
57 0
58 3
59 83
60 3
61 0
62 8
63 2
64 5
65 5
66 0
67 7
68 1
69 0
70 0
71 5
72 6
73 2
74 0
75 9
76 0
77 3
78 2
79 1
80 3
81 188
82 3
83 2
84 7
85 0
86 0
87 0
88 0
89 13
90 2
91 8
92 0
93 1
94 0
95 0
96 0
97 1
98 0
99 20
100 142
101 0
102 44
103 2
104 0
105 0
106 5
107 2
108 0
109 0
110 11
111 18
112 19
113 0
114 10
115 0
116 32
117 2
118 3
119 3
120 9
121 55
122 0
123 7
124 4
125 21
126 0
127 11
128 8
129 4
130 1
131 30
132 28
133 3
134 0
135 0
136 17
137 1
138 1
139 2
140 14
141 0
142 13
143 24
144 1
145 12
146 4
147 0
148 5
149 0
150 1
151 3
152 33
153 0
154 3
155 9
156 40
157 4
158 0
159 0
160 1
161 3
162 0
163 0
164 21
165 5
166 9
167 1
168 6
169 2
170 1
171 2
172 0
173 14
174 1
175 60
176 0
177 33
178 0
179 40
180 2
181 0
182 18
183 46
184 0
185 6
186 0
187 3
188 0
189 2
190 0
191 1
192 41
193 1
194 7
195 13
196 48
197 3
198 13
199 0