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1. Lehr- und Lesebuch für die Schüler in Tirol - S. 109

1808 - Innsbruck : Wagner
Von der Erde und ihren Bewohnern. ioy unter der Erde, und gewöhnlich stehen bei diesen wil- den Völkern nur mehrere Familien (Stämme) mit ein- ander in Verbindung, welche aber keinen gemeinschaftli- chen Oberherrn, keine Obrigkeit, sondern höchstens im Kriege, oder bei einer großen Jagd einen An führ er- haben, dem sieso lange gehorchen, als der Krieg vder die Jagd dauert. Andere Völker der Erde, welche Hirtenvölker oder Nomaden genannt werden, haben zwar auch keine künstliche und feste Wohnungen, sondern nur Zelte oder Hütten, welche sie leicht abbrechen und wie- der aufschlagen können, aber sie sind doch viel verstän- diger und gesitteter, als die wilden Völker, weil sie sich mit der Viehzucht beschäftigen, wozu mehr Auf- merksamkeit und Kenntniß erfordert wird, als zur Jagd. Ihre Heerden sind ihr ganzer Reichthum. Sie ziehen aus einer Gegend in die andere, und lassen sich nur da auf eine längere Zeit nieder, wo sie gute Weide- Plätze antreffen. Noch andere Völker auf der Erde, welche gesit- tete Völker genannt werden, beschäftigen sich außer der Viehzucht auch noch mit dem Ackerbau, und verstehen allerlei K ü n st e und Handwerke. Sie wohnen in festen und künstlichen Häusern gesellschaft- lich bei einander in Städten, Dörfern und Flecken. Unter ihnen giebt es verschiedene Stände, nämlich r Fürsten, Edelleute, Bürger, Bauern, und verschiede- ne Berufsarten und Gewerbe, indem einige den Acker bauen, andere ein Handwerk oder eine Kunst treiben, noch andere sich mit dem Handel oder mit den Wissenschaften beschäftigen. Gesittete Völker leben nach bestimmten Gesetzen, d. h. sie haben unter sich ausgemacht, was jeder thun und nicht thun darf, und wer unter ihnen wohnen will, muß versprechen, sich diese Gesetze gefallen zu lassen, und sie zu befolgen. Damit dieß von Allen, auch von den Unverständigen und Bösartigen geschehen möge, so wählen sie unter sich einige verständige und rechtschaffene Männer, und geben ihnen den Auftrag, daraufzu sehen, daß Jeder den Gesetzen gehorsam fei, und die Ungehorsamen zu

2. Lehr- und Lesebuch für die Schüler in Tirol - S. 108

1808 - Innsbruck : Wagner
io8 Von der Erde und ihren Bewohnern. die verschiedenen Völker der Erde Einiges mit einander gemein, theils in Ansehung ihrer Gestalt und Farbe, theils in Anjehung ihrer Lebensart. Die meisten Eu- ropäischen Völker haben gewöhnlich eine weiße Haut, langes herabhangendes Haar, hervorstehende Nasen, und blaue oder schwärze Augen. Dagegen sindet man in Afrika meistens Menschen mit einer schwarzen sammet- weichen Haut, kurzen wolltgtcn Haaren, breiten aufge- stülpten Nasen, und rosenrothen Lippen. Diese schwar- zen Menschen werden N e q e r oder M o h r e n genannt. Die meisten Bewohner Asiens haben eine olivenfarbige Haut; einige Asiatische Völker sind aber auch braungelb. Die Amerikaner sind größtentheils rothbraun oder kupferfarbig, haben einen schlanken Wuchs, und tief liegende Augen. In fast allen Landern der Erde sind die Menschen gewöhnlich, wenn sie ausgewachsen sind, 5 Fuß, oder anderthalb Ellen hoch Doch werden in den kältesten Landern der Erde, wo es fast gar keine an- dere Jahreszeit, als den Winter giebt, die Menschen se!ter?über 4 Fuß hoch, und sind gemeiniglich sehr un- gestaltet. Hie und da findet man Menschen von außer- ordentlicher Größe, welche 7 bis 8 Fuß hoch sind; man nennt sie Riesen. Doch giebt es kein Volk auf der Erde, welches aus lauter Riesen besteht. Auch in Ansehung ihrer Lebensart haben die ver- schiedenen Völker der Erde vieles mit einander gemein. Einige nehmlich, welche man wilde Völker nennt, treffen gar keine Veranstaltung, um ihres Lebens-Un- terhalts" sicher zu seyn. Sie säen und pflanzen nicht, sie sammeln keinen Vorrath von Lebensmitteln, sorgen überhaupt gar nicht für die Zukunft, sondern gehen nur dann auf Nahrung aus, wenn der Hunger sie dazu treibt. Ihre einzigen Beschäftigungen sind daher Jagd und Fischerei. Sie wohnen gewöhnlich auch nicht einmal in Dörfern bei einander, haben überhaupt keine ordentliche und feste Wohnungen, sondern nur elende Hütten, die aus einigen Pfählen bestehen, welche in die Erde gegraben, und mit Thierhäutcn oder mrt einer groben Filzdecke überzogen, oder nur mit großen Baum- blättern bedeckt sind; einige wohnen sogar in Höhlen

3. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 28

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
viel gelernt. Diese selbst aber ließen sich durch nichts irre machen an ihren Jahrtausende alten Anschauungen. Die Geburt eines Apis feierten sie mit der gleichen Begeisterung wie ihre Vorfahren; in goldenen Gesäßen reichten die Priester kniend dem heiligen Tiere seine Nahrung. Als daher der erbitterte Kambyses sich hinreißen ließ, den Apis aus den Tod zu verwunden, ersaßte gefährliche Aufregung das geduldige Volk. In diesem Augenblick wurde der König in die Heimat gerufen. Ein kecker Magier hatte sich des Thrones bemächtigt unter dem Namen des Königssohnes Smerdis, welcher der Eisersucht seines Brnders Kambyses längst. zum Opfer gefallen war. Auf dem Heiinweg starb er an beit Folgen einer Verletzung, die er sich durch Unvorsichtigkeit beigebracht au derselben Körperstelle, au welcher er den heiligen Stier getroffen! 4. Dareios und die Skythen. Kambvses starb kinderlos. Sein nächster Verwandter Dareios I. übernahm nach dem Sturze des Thronräubers die Regierung. Er teilte das ungeheure Reich in zwanzig Statthalterschaften (Satrapien) und bestimmte die Höhe der Abgaben an Silber und Gold, auch Goldstaub und weißen Rossen, welche jeder Latrap jährlich einzusenden hatte. Bisher waren die Kosten des Hofhaltes und der Regierung lediglich durch freiwillige Gaben bestritten worden. Die Perser im Stammlande blieben frei von allen Auslagen. Darius strebte das Reich nach Norden auszudehnen; die Skythen, ein Nomadenvolk zwischen Donau und Don, sollten unterworfen werden. Mit einem Heere von 700 000 Mann überschritt der Großkönig den Thracischen Bosporus (die Straße von Konstantinopel) und dann die Donau auf Brücken, welche griechische Baumeister geschlagen. Der Stammvater des Scythenvolkes entsprang der Sage nach von einem Gotte, welche» Herodot Zeus oder Herakles nennt, und der Tochter des Flußgottes Borysthenes (Dniepr). Er hatte drei Söhne, welche allein die ungeheure Ebene des heutigen Rußland bewohnten. 'Da siel vorn Himmel ein Pflug und ein Joch, ein Beil und ein Topf, alles von Gold. In den Händen der älteren Brüder glühte dasselbe; nur der jüngste, Kalaxais oder Skythes, tonnte es fassen. Er wurde der Stammherr der Königsskythen, welche Ackerban trieben und eine gewisse Bildung erreichten; schon damals wurde aus den Ebenen des heutigen Rußlands Getreide ausgeführt. Die Nachkommen der älteren Brüber blieben ein Wanbervolk, welches seine Herden und seine

4. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 145

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 145 — Ihn umgaben seine Angehörigen und Hofbeamten: Kämmerer und Truchseß, Schenk und Mareschalk (Stallmeister), Pfalzgraf und Kapellanns (Hofpfarrer), aber auch Künstler und Gelehrte, die er sogar aus Italien und England berief. Der gelehrte Einhard half ihm nach römischem Vorbilde Kirchen und Pfalzen bauen; den Gesang zu Laute und Harfenspiel übten seine Töchter Rotraut, Bertha und Gisela. Auch fröhlicher Scherz fand seine Stelle, wenn etwa ein riesiger Kriegsmann sich rühmte, wie er im Krieg mit den Böhmen sieben oder acht von dem „Wurmzeug" wie Lerchen auf die Lanze gespießt und herumgetragen: „weiß nicht, was sie dazu brummten". Selten versäumte er den Gottesdienst, und zu den persönlichen Freunden des Königs, den „Paladinen", zählten auch hervorragende Geistliche. Und wie er selbst noch in späteren Jahren bemüht war, die Mängel seines Jugendunterrichtes nachzuholen, zumal im Rechnen und Schreiben, so sollte sein Volk höhere Bildung erwerben. Er hob die Bischofsschulen und gründete, zunächst für die Kinder seiner Beamten, unter Alkuins Leitung eine Hos-schule, an welcher besonders Latein gelehrt wurde. Jeder Unterthan sollte unter der Zucht seines Pfarrers das Vaterunser und Glaubensbekenntnis im lateinischen Wortlaut sich aneignen. Dabei blieb der große König durch und durch ein deutscher Mann: er ließ die schönen alten Heldenlieder sammeln und gab den Winden und Monaten deutsche Namen, die zum Teil heute noch fortleben. Wie die Römersprache wollte der hochsinnige Herr auch das Nömerreich wieder zu Ehren bringen. Aus der Hand Papst Leos Iii., den er mit Waffengewalt zurückgeführt iu das empörte Rom, empfing er am Weihnachtsfeste 800, vor dem Altar 800 der St. Peterskirche kniend, die römische Kaiserkrone. Immer weiter flog sein Ruhm. Fremde Fürsten suchten seine Gunst. Der Kaiser von Byzanz sendete ihm eine Orgel zum Geschenk, der Maurenkönig einen Löwen und numidische Bären, der große Kalif Harun al Raschid einen Elefanten und mehrere Affen, lauter seltene und wertvolle Dinge. Bewundert von der Welt und von seinen Unterthanen geliebt, verbrachte der Kaiser seine letzten Jahre meist in der schönen Pfalz zu Aachen, die er selbst erbaut und mit dem aus Ravenna geholten Standbilde des großen Theoderich geschmückt hatte. Die warmen Bäder thaten dein greisen Helden wohl, und er hat mitunter seinen ganzen Hofstaat gutherzig au denselben teilnehmen lassen. In Aachen ist er nach kurzer Krankheit am 28. Januar 814 gestorben und in der von ihm gegründeten Marienkirche beigesetzt worden. 10

5. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 153

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 153 — angeleitet wurden. Wenige Tage vor seinem Ende nahm er das Orvensgewand der Benediktiner. Eine stattliche Anzahl von Kunstschätzen aus der Werkstätte oder aus der eigenen Hand des Bischofs birgt die Stadt Hildesheim noch heute'. So im Domschatz einen Buchdeckel mit schöner Elfenbeinschnitzerei, den Heiland, seine Mutter und den Apostel Johannes darstellend; die goldene Einfassung, ausgefüllt mit prächtigen Zierlinien und Filigranfäden, zeigt an den Ecken in Rundschilden (Medaillons) die Evangelistenzeichen Engel, Adler, Löwe und Stier. Ferner aus dem Domplatz eine Erzsäule, wie die Trajanssäule mit schräg sich emporwindendem Band umschlungen, dessen Reliefs das Leben Jesu darstellen von der Taufe im Jordan bis zum Einzug in Jerusalem; das Kreuz, welches die Säule krönte, ist verschwunden. Ein unschätzbares Werk, zu welchem kein Vorbild benützt werden konnte, sind die ehernen Thürflügel am Doni. In ausdrucksvoll vortretenden Bildern (Reliefs), berat Gestalten fast durchweg beu deutschen Leibrock mit Schnltermantel tragen, bringt der eine Flügel den Snnbeufall, der andere die Erlösung zur Anschauung. Auch die Malerei saud bei dem Kirchenbau jener Zeit ausgiebige Verwendung und Pflege, und die Ausstattung der Kirchen an Kanzeln, Altären, Reliquienschreineu bezeugt aufs beredteste den Kunstsinn wie die fromme Schenkungslust der Kaiser und Fürsten der Sachsenzeit. 4. Die Klöster. Die wichtigsten Pflegestätten der Bildung jener Zeit waren die Klöster, wie sie schon von den Heidenbekehrern gegründet (die „Schottenklöster") und nachmals zumeist nach der Regel des hl. Benedikt von Nursia geordnet waren. 529 Gewöhnlich durch einen Fürsten oder einen Großen gestiftet und mit Besitz ausgestattet, umfaßte das Kloster eine Kirche und um diesen Mittelpunkt Speisesaal (Refektorium) und Abts-wohuung, Schlaf- und Fremdenhäuser mit Zellen, Schul- und Wirtschaftsgebäude, dazwischen Höfe und Gärten. Das Ganze war mit Mauer und Wall umschlossen. Hier vereinigten sich fromme Leute unter einem selbstgewählten Abt (Äbtissin) zu gemeinsamem, Gott wohlgefälligem Leben und Wirken unter den Gelübden Armut, Gehorsam, Ehelosigkeit. Was der einzelne Bruder erwarb, siel dem Kloster zu, dessen Besitz Schenkungen erweiterten. Die Mönche pflegten Arme und Kranke und waren Lehrer und Vorbilder der schönen Christenpflicht, die Arbeit zu ehren. Sie rodeten den Wald

6. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 154

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 154 — P Acker- und Weinbau; in den Klostergärten reiften die ersten Pfirsiche und Aprikosen, blühten die ersten Edelrosen und Lilien in deutschen Landen. Auch im Fischfang, im Häuserban und Ge-werbeleben waren sie die Lehrer des Volkes. Die Beschäftigung wählte jeder nach Neigung und Geschick, Einer beaufsichtigte die Knechte und Handwerksleute, ein anderer schrieb für die Bücherei des Klosters oder auf Bestellung vornehmer Leute lateinische oder griechische Werke mit kunstvoll gemalten Anfangsbuchstaben «Initialen), ein dritter -verlegte sich auf Malerei oder auf Schnitzerei in Holz oder Elfenbein, ein vierter anf Harfen- und Orgelspiel und leitete den damals erfundenen mehrstimmigen Gesang; andere zogen mit Spieß und Keule auf die Jagd oder auf den Räuberfang; und kam ein Feind ins Land — etwa die Ungarn —, so trug auch der ehrwürdige Pater den Panzer unter der gegürteten Kutte und führte Schwert und Speer in starker Faustl Die segensreichste Einrichtung der Klöster waren die Schulen. In der „inneren" wurden die künftigen Mönche für ihre gewerbliche und wissenschaftliche Lebensarbeit, in der „äußeren", minder strengen, die Kinder vornehmer Häuser für das weltliche Leben herangebildet. Zn beiden Schulen hatte die Rute viel zu thun, wie denn auch für die Mönche jedes Kloster seine Geißelkammer bereit hielt. Neben der Anleitung zu den Andachtsübungen umfaßte der Unterricht Lesen, Schreiben, Rechnen. Den Verstand der Knaben übten wunderliche Rechnungsaufgaben und Rätselfragen; auch lehrte man eine Zeichensprache, da zu gewissen Tageszeiten das Sprechen verboten war. Ein wichtiger Lehrgegenstand war das Latein, damals die Sprache der Gebildeten aller Völker, auch in Frauenklöstern. Mit lateinischen Versen wurden die Gönner und Schntzvögte der Klöster geehrt. Kaiserin Adelheid pflegte ihrem „Löwen", dem des Lesens unkundigen Kaiser Otto I., die einlaufenden lateinischen Briese vorzulesen; unterwiesen von Ottos Nichte Gerberga, der Äbtissin von Gandersheim (am Harz), dichtete die Nonne Hrosvitha lateinische Erzählungen, sogar Schauspiele nach dem Muster des Römers Terenz. Im Verlaufe des Mittelalters entstanden neue Orden: die Cluniacenser, die Prämonstratenser und Cisterzienser. Sie alle strebten, das religiöse Leben der Geistlichen und der Laie» zu veredeln, aber auch den Landban zu fördern. Die Bettel-orden der Dominikaner und Franziskaner widmeten sich neben der Predigt der Armen- und Krankenpflege in den emporstrebenden Städten. Auch die Frauenklöster fanden Verbreitung.

7. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 195

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
I. Die Reformation. 1. Martin Luther. Aus einer Bauernfamilie, die vor kurzem nach Eislebeu zugewandert, wurde am 10. Nov. 1483 Martin Luther geboren. Seine Erziehung war äußerst streng; die Mutter hat ihn wohl wegen einer Nuß gezüchtigt bis aufs Blut, und der kluge Vater hielt ihn zu eifrigem Lernen an. Streng und klug ward er auch wie die Eltern, denen er zeitlebens eine dankbare Erinnerung bewahrt hat./ Unter schweren Entbehrungen besuchte der Knabe die Schule zu Mausfeld, daun die Armenschnle des Franziskauerklosters in Magdeburg, endlich die Lateinschule zu Eisenach, als hungernder und frierender „Kurrendschüler" fein Brot vor den Thüren er-singend. Auf der Universität Erfurt widmete er sich nach dem Wunsche des Vaters, der mittlerweile als mansfeldifcher Bergmann Vermögen und Ansehen gewonnen hatte, der Rechtswissenschaft. Hier erfrischte auch er seinen Geist au den Vorträgen und Gesprächen der Humanisten und an den Schriften des klassischen Altertums; aber die Sorge seines frommen Herzens ging auf das Heil seiner Seele. Eine schwere Krankheit, dann eine gefährliche Verwundung, die er sich mit seinem Studentendegen zufällig beigebracht, legten den Gedanken an den Tod und den Zweifel um seine Seligkeit furchtbar nahe: „Reiße dich los von der Welt und rette deine Seele!" Im Schrecken der Pest und eines entsetzlichen Gewitters, als dicht neben ihm der Blitz einschlug, reiste der laug erwogene Entschluß. Er gab die Rechtswissenschaft auf und trat ins Augustinerkloster zu Erfurt./ Redlich erfüllte er die Pflichten des Mönches. Er fegte die Kirche und wanderte mit dem Bettelsack durch die Dörfer. Trotzdem zitterte er vor dem Zorne Gottes, der jeden Fehltritt strafe; das Gefühl menschlicher Sündenschwäche, die Angst, von Gott verworfen zu sein, ließ ihm feilte Ruhe. Nur aus geist- 13* 1483

8. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 197

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
- 197 — zu sehen. Der päpstliche Abgesandte Milti;, welcher den Llreit in Güte zu schlichten suchte, mußte Luther gestehen: „Bis ich einen finde auf des Papstes Seite, finde ich drei auf deiner." Aber erst in Leipzig, wo er gegen den gefürchteten Dr. Eck disputierte, rüttelte er an der kirchlichen Lehre. Das Konzil zu Konstanz, sprach er, habe Sätze von Hus verdammt, die mit dem Evangelium im Einklänge stünden./ Da reiste Eck nach Rom und erwirkte die Bannbulle gegen den „Heiden und Ketzer". Umsonst. Luthers Überzeugung stand fest, „es ärgere sich daran die ganze oder halbe Welt". Vordem Elsterthor in Wittenberg hat er, einem alten Universitätsbrauche folgend, die Bulle feierlich verbrannt. An eine Versöhnung war nicht mehr zu denken. 2. Der Reichstag zu Worms. Luthers Lebensarbeit. Während dieser Kämpfe starb Kaiser Max, und die Kurfürsten wählten aus das Betreiben Friedrichs des Weisen seinen Enkel, den König von Spanien, an seine Stelle. Im Frühjahr 1521 hielt Kaiser Karl V. in Worms seinen ersten Reichstag. 1521 Luther hatte inzwischen die Mißbrauche der Kirche schonungslos angegriffen. Die Mehrzahl des Volkes stand entschlossen auf seiner Seite, und Ritter Ulrich von Hutten schrieb ihm: „All meinen Dichterruhm will ich ablegen, um dir, o Mönch, treu nachzufolgen wie ein Schildknappe." Die Schriften des Reformators wurden auf den Jahrmärkten reißend gekauft, trotz des Verbotes, welches der Kaiser an die Kirchenthüren anschlagen ließ. Auf Karls V. Ladung erschien Luther auf dem Reichstag. „Und wenn so viel Tensel in Worms wären," sagte er, „als Ziegel auf den Dächern, ich wollte doch hinein." Unerschrockenen Herzens stand er vor Kaiser und Fürsten. Man verlangte den Widerruf seiner Schriften, und er gab zu, daß er gegen einzelne Gegner zu scharf gewesen; aber von seiner Lehre wich er nicht. „Wenn man," so erklärte er, „mich nicht durch Zeugnisse der Schrift oder mit klaren und hellen Gründen überweist, so kann und will ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu thun." Er soll geschlossen haben mit dem berühmten Wort: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders; Gott helfe mir. Amen!" Bürger und Bauern hatten ihn auf der Reise zu Tausenden begrüßt; jetzt bewunderten Freund und Feind den kühnen Mann, .welcher völlig allein für seine Überzeugung den Kampf aufnahm gegen die ganze Welt. Nur Kaiser Karl, „das teure

9. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 198

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 198 — junge Blut", sagte kalt: „Der hätte mich nicht zum Ketzer gemacht." Das freie Geleite, das er Luther gewährt, wurde nicht verletzt; aber noch ehe der Mönch abreiste, erging die Reichsacht über ihn, welche ihn schutzlos jedem Feinde preisgab. Kurfürst Friedrich jedoch ließ ihn aus der Heimreise durch vermnmmte Reiter greifen und in aller Stille auf die Wartburg bringen. Als „Junker Georg" lebte dort der von Kirche und Staat ausgestoßene Mann ein Jahr lang. Als aber in Wittenberg übereifrige Anhänger die Bilder in den Kirchen zerschlugen und ein zusammengelaufener Pöbelhaufe empörenden Unfug trieb, eilte er unbekümmert um Acht und Bann auf seineu Posten rnid predigte Tag für Tag gegen die „Schwarm- und Rottengeister", bis die Ordnung wieder hergestellt war. Im Waldfrieden der Wartburg begann Luther seine Bibelübersetzung. Jeder seiner „lieben Deutschen" sollte das Wort Gottes lesen und sich mit eigenen Augen von der Grundlage seines Glaubens überzeugen können. Luther verdeutschte das Neue, dann auch das Alte Testament nach der Sprache der Urschrift; er hatte von den Humanisten das Griechische, von seinem jungen Amtsgenossen Philipp Melanchthon (ans Breiten bei Karlsruhe) das Hebräische gelernt, dessen Oheim Johannes Reuchlin es aus Frankreich zuerst nach Deutschland gebracht hatte. Das Schwerste aber war, eine deutsche Sprache zu finden, welche nt allen Teilen unseres Vaterlandes verstanden wurde; denn jeder Gau hatte seine eigene Mundart, so daß der Plattdeutsche von der Nordsee-Ebene mit dem Manne vom Oberrhein sich höchstens auf lateinisch verständigen konnte. Da hat denn Luther mit unsäglichem Fleiße „der Mutter im Hause und den Kindern auf der Gasse" ans den Mund geschaut/ hat mühsam die allgemein geläufigen Ausdrücke aufgesucht und so die neuhochdeutsche Schriftsprache zu allgemeiner Geltung gebracht. ' . Er hat auch unserer Volksschule den Weg geebnet. Vor allem vermahnte er die Ratsherren deutscher Städte, tüchtige christliche Schulmeister zu halten, welche „die liebe Jugend" im Glauben unterweisen sollten und in den Sprachen; denn diese seien die Scheide, in welcher das Wort Gottes stecke. Auch der Musik, welche er von Kind auf geliebt, wollte er in der Schule eine Pflegestätte bereiten. Er selbst dichtete eine Anzahl Kirchenlieder, unter welchen „Ein seste Bnrg ist unser Gott" fast zum Volksliede geworden ist; mit seiner Hansfrau „Käthe" (Katharina^ von Bora) und seinen Kindern, „unseres Herrgotts Närr-chen", hat er sich gern an Lied und Saitenspiel erfreut. Im Kreise seiner Hausgenossen war der im Kampfe manchmal un-

10. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 199

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 199 — holde Mann liebevoll und milde wie ein Kind; er las mit ihnen die Bibel und lehrte sie den lieben Gott in der Natur erkennen. „Gott versteht alle Handwerke," sagte er einmal: „in seiner Schneiderei macht er dem Hirsch einen Rock, der hundert Jahre hält; als ein Schuster gibt er ihm Schuhe an die Beine, und bei der lieben Sonne ist er ein Koch." Die schöne Tugend christlicher Pfarrhäuser, die Mildthätigkeit, übte er in einem Maße, welches seiner haushälterischen „Herrin" manche Lorge schuf; er hat das Patensilber seiner Kinder verpfändet, um Armen helfen zu können. Sein frommes Gottvertrauen hielt ihn aufrecht in allem Kummer, der seinen Lebensabend trübte, namentlich über die wachsende Uneinigkeit in seinem Vaterlande, an welchem er mit ganzer Seele hing. Er hat den Ausbruch des inneren Krieges nicht mehr erlebt. Ein sanfter Tod rief auf einer Reise den müden Greis ab in feiner Heimatstadt Eisleben. Die Leiche wurde nach Wittenberg übergeführt. Auf dem Wege läuteten die Glocken in Stadt und Land; scharenweise eilte das schluchzende Volk herbei zum Abschiedsgrnß. In der Schloßkirche zu Wittenberg, an deren Thür er einst seine welterschütternden Thesen geschlagen, liegt der Leib des Reformators. 3. Der Bauernkrieg. Der mächtige Strom der Reformation faßte auch die Bauern. Längst waren sie, bis auf wenig Ausnahmen, in eine Art Leibeigenschaft gesunken; dem Herrn oder dem Kloster, dessen Eigentum ihre Güter waren, fiel die dritte Garbe der Ernte und beim Tode des Bauers das „Besthaupt" oder der „Sterbfall", das beste Stück des Nachlasses zu. Schwer lastete die Fronarbeit in Hand- und Spanndienst, schwerer noch der Wildschaden: beim Jagen mußte der Bauer als Treiber helfen, aber er durfte fein Feld nicht selber schützen gegen das gefräßige Wild; der „Wilderer" wurde wohl auf einen Hirsch geschmiedet. Am meisten traf der Haß des „gemeinen Mannes" die Geistlichkeit, welcher er den Großen und den Kleinen Zehnten schuldete, jene» von Halmfrüchten, Wein und Heu, diesen von Vieh und Gartenfrüchten, Obst und Hanf. Scho» früher hatte sich die oberdeutsche Bauernschaft gegen ihre Peiniger erhoben, oh»e Erfolg. Jetzt, wo der Haudel mit der »euen Welt de» Kaufmann bereicherte und der Landfriede dem Ritter feinen Räubererwerb verschloß, sogen Adel und Herren den Landmann ans, um an Glanz und Wohlleben hinter dem Bürger nicht zurückzustehen. „Der Bauer ist au Ochsen
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