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1. Unser Vaterland - S. 79

1900 - Berlin : Bruer
Zunahm, die königliche Macht in eben dem Maße geringer wurde. Dazu kam die Willkür, mit welcher Ludwig oft persönliche Wünsche zum Schaden des Ganzen durchzusetzen suchte und mehr seinen Gefühlen nachhing, als daß er sich zu Thaten aufzuraffen gewußt hätte. Die Befestigung der Neichsgrenzen wurde vernachlässigt, und so wurde die allmälige Schwächung des Reichs nach innen wie nach außen bald fühlbar. Um den Einfluß der Kirche zu vergrößern, überredete Papst Stephan Iv. (Nachfolger Leo Iii.) den König leicht, daß seine Selbst- krönung nicht vollgültig sei und Ludwig meinte nichts Größeres thun zu können, als die Kaiserkrone gleich seinem Vater aus den Händen des Papstes zu empfangen. Er enmiriete den Papst in Rheims zu einer erbetenen Begegnung und zog ihm, als er sich der Stadt näherte, mit seinem ganzen Hofstaat und dcr Geistlichkeit entgegen. Dreimal warf er sich vor dem Kirchenfürsten nieder und führte ihn selbst in die für ihn bestimmte Wohnung in der Abtei zu St. Remy. Am folgenden Conntag klönte der Papst den König und die Königin während des Gottesdienstes mit einer aus Rom mitgebrachten goldnen Krone. Ludwig mochte sich durch diese weihevolle Krönung in seiner Königswürde gestärkt fühlen; aber er schien es nicht zu beachten, daß Rom und die Kirche sich dadurch über das Reich erhob. Es war ein fast unscheinbarer Präzedenzfall, der lange und schwere Folgen in sich trug. Abhängig von jedem Einflüsse, wurde Ludwig durch die Großen des Reichs, welche mit Recht die steigende Einwirkung der Kirche fürchteten, dazu gedrängt, schon im vierten Jahre seiner Regierung das Reich unter seine drei Söhne, Lothar, Pipin und Ludwig, zu teilen. Das war eine That, die für Fürst und Volk recht viel Elend in sich bergen sollte. Gab er doch gewissermaßen sein Bett weg, in dem er noch zu schlafen hatte. Lothar, der älteste Sohn, sollte einen Teil Frankreichs, auch die Kaiserwürde und Mitregentschaft erhalten, Pipin Allemannien, Aquitanien und die Länder im Süden der Loire, wie im Westen der Rhone. Ludwig, der jüngste Sohn, sollte Bayern wie die südlich und östlich daran grenzenden Länder Deutschlands haben. Auch wurde Lothar die Oberherrlichkeit über seine Brüder und über seinen Vetter Bernhard in Italien verliehen. Da sich dieser der Anordnung widersetzte, die

2. Unser Vaterland - S. 80

1900 - Berlin : Bruer
ihn unter seinen jüngeren Vetter stellte, wurde er von den Großen des Frankenreichs als Empörer zum Tode verurteilt, von seinem Oheim, König Ludwig, „zur Blendung begnadigt", die der Unglückliche nur wenige Tage überlebte. Voller Rene wollte jetzt der König entsagen und in ein Kloster gehen; überdies war seine Gemahlin Irmengard gestorben. Doch ließ er sich bereden, sich aufs neue mit einer bayrischen Grafentochter, Jutta (Judith) zu vermählen, die ihn nun völlig beherrschte und ihn vermochte, zu Gunsten ihres nachgebornen Sohnes Karl (der Kahle) nochmals zu teilen. Da empörten sich die Söhne erster Ehe gegen den Vater. Als Pipin mit großer Heeresmacht heranzog, flüchtete die Stiefmutter in ein Kloster zu Poitiers, und Lothar suchte den königlichen Vater zur Abdankung zu bewegen und gleichzeitig in ein Kloster zu gehen. Als sich aber der Adel des Landes und sein dritter Sohn, Ludwig, der das Vorgehen seiner Brüder durchaus mißbilligte, mit dem bedrängten König vereinigten, kam eine kurze Versöhnung zu Stande, wonach Lothar von der Mitregentschaft ausgeschlossen und auf Italien beschränkt wurde. Doch der Lieblingssohn Karl sollte aufs neue bedacht werden; dafür sorgte die königliche Mutter. Die geistlichen Großen, welche vorgaben, auch wohl fürchteten, daß die Einheit der Kirche durch die zersplitternde Teilung gefährdet sei, schürten nun selbst den unseligen Streit zwischen Kaiser Ludwig und seinen Söhnen. Sie riefen den Papst herbei, da nur dieser den Streit schlichten könne. Er kam und zog zuerst in das Lager der Brüder, dann zu deren vor der Zeit gealterten Vater, welcher zum Frieden geneigt war. Aber durch alle Verhandlungen hin und her wurde nichts andres erreicht, als daß der alte, schwache Herrscher in einer einzigen Nacht von allen Freunden verlassen wurde, die in das Lager seiner Söhne übergingen (833). Das war bei Colmar im Oberelsaß, wo sich die feindlichen Heere gegenüberstanden, und Kaiser Ludwig, von den eignen Söhnen verraten, von seinen Mannen verlassen, am andern Morgen die wenigen Getreuen, welche ihm geblieben waren, bat, auch zu seinen Söhnen zu gehen, damit niemand seinetwegen Leib und Leben verlieren möge. Und die Stätte, wo dies geschah, heißt bis auf den heutigen Tag das Lügenfeld. Der arme, betrogene Mann bat die lieblosen Söhne

3. Unser Vaterland - S. 81

1900 - Berlin : Bruer
— 81 — unter Verzichtleistung auf die Krone des Frankenreichs um eine Zufluchtsstätte für sich, feine Gemahlin und feinen Sohn Karl. Voller Ehrenbezeugungen wurde er darauf in dem Lager der Söhne empfangen; aber Lothar war so vorsichtig, dem Heere des Vaters gleich den Huldigungseid abzunehmen. Da Ludwig nicht Mönch werden wollte, wie es Lothar verlangte, so berief dieser eine Reichsverfammlung nach Compiegne (Pipin und Ludwig kamen nicht dorthin), auf welcher der Kaiser die alte Reichsteilung bestätigen sollte, wonach der jüngste Sohn von der Herrschaft ausgeschlossen blieb. Dann wurde er von dem eignen Sohne im Kloster St. Medardus bei Soissons gefangen gehalten, feine Gemahlin in ein italienisches Kloster, ihr Sohn in das Kloster Prüm in den Ardennen gebracht. Die Einheit des Reiches und der Kirche, welche die Königssöhne veranlaßt hatte, so schmählich gegen den Vater zu handeln, war durch den unnatürlichen Kampf nicht erreicht. Auch hatte der Papst den Verrat nicht heiligen können. Lothar, der eigentliche Urheber der Empörung, führte zwar den Kaifertitel weiter; aber die Brüder ließen sich feine Dberherrlichkeit nicht gefallen, wonach sie zu dessen Vasallen herabgedrückt worden wären. Er mußte sich auf einen Teil Ost-frankens mit Aachen und auf Italien beschränken. Pipin erhielt Aquitanien und Westfranken, Ludwig dagegen vereinigte unter feiner Herrschaft die hauptsächlichsten deutschen Stämme, Bayern, Schwaben, den Elsaß, Ostfranken mit Worms und Speyer, Thüringen und Sachsen. Doch vermochte auch jetzt Lothar nicht, den müden Kaiser zu überreden, die Klostergelübde abzulegen. Dafür zwang er ihn, öffentlich vor Volk und Klerus Kirchenbuße zu thun, da nach einer päpstlichen Verordnung, die aber das fränkische Volk nicht kannte, derjenige unwürdig fein sollte, Waffen zu tragen, der mit dem Büßer -gewand bekleidet worden war. Kaiser Ludwig mußte auf einem Sacke vor dem Altar knieend, dem eignen Sohn ein Sündenbekenntnis ablegen, worin er sich des Meineids, des Kirchenraubs, der Gotteslästerung und wer weiß welcher Sünden zu beschuldigen hatte, von denen fein Herz sicherlich nichts wußte. Daraus wurde er gezwungen, die fürstlichen Gewänder mit dem härenen Büßerkleide zu vertauschen, um dann, nach der Kaiser-Itadt Aachen geführt, dort in strenger Hast gehalten zu werden. B o r n h a k, Unser Vaterland. 6

4. Unser Vaterland - S. 87

1900 - Berlin : Bruer
— 87 — daß sich in den Pfalz-, Grenz- und Markgrafen die Herzogswürde aufs neue erhob und dadurch die Königsmacht beeinträchtigte. Ludwig, der sich bei seines Vaters Lebzeiten König von Bayern, später von Ostfranken, nannte, residierte meist in Regensburg und wurde von seinem Volke, dessen Wohlfahrt er ernstlich zu fördern bemüht war, hoch verehrt. Er hätte sich als Regent glücklich fühlen mögen, besonders, da er es verstand, die verschiedenen Volksstämme seiner Herrschaft, Sachsen, Bayern, Allemannen, Franken, mit großem Geschick zu einer Reichseinheit' zu verbinden. Aber es war ihm nicht vergönnt, mit den eigenen Brüdern in Frieden zu leben, ja er mußte durch die eignen Söhne das Geschick seines Vaters erfahren. Sein ältester Sohn Karlmann nahm sich ohne weiteres Landesteile, die ihm Ludwig nach feierlicher Versöhnung zu behalten gestattete, wenn anch unter väterlicher Oberherrlichkeit. Das erregte die Eifersucht der jüngern Söhne, Ludwig und Karl, die auch nur durch eine Länderteilung befriedigt werden konnten. Indessen hatte der älteste Bruder Ludwig des Deutschen, Kaiser Lothar I., die Herrschaft seines Reiches, um welche er einst den Vater so bitter bekämpft hatte, niedergelegt und war voller Reue in dasselbe Kloster zu Prüm gegangen, wohin er früher seinen Bruder, Karl den Kahlen, geschickt hatte. Er starb bald, und seine drei Söhne hatten sich das Erbe des Vaters geteilt, das sie nicht lange besitzen sollten. Auch sie starben im Verlauf weniger Jahre, und die beiden Oheime, Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle, waren ihre Erben. König Ludwig erhielt einen Teil Lothringens mit Basel, Metz, Straßburg, Trier, Aachen und Köln, so daß der Rhein nun ein völlig deutscher Strom war. Ludwig hätte auch als der nun älteste Karolinger Erbe der Kaiserkrone sein müssen, wenn ihm nicht sein Bruder, Karl der Kahle, zuvor gekommen wäre und sich von Papst Johann Viii. in Rom hätte krönen lassen (875). Voller Entrüstung über solchen Raub, wollte Ludwig feine Rechte geltend machen, starb aber während der Vorbereitungen zum Kriegszuge in Frankfurt am Main (876) und wurde zu Lorch begraben. Eiligst versuchte jetzt Karl der Kahle das linksrheinische Land für Frankreich zu erobern, wurde aber von den Deutschen bei Andernach besiegt und mußte unverrichteter Sache abziehn. Ludwig hatte seinen drei Söhnen das deutsche Reich hinterlassen, die es sich derart teilten, daß Karlmann: Bayern, Kärnthen, Mähren,

5. Unser Vaterland - S. 96

1900 - Berlin : Bruer
— 96 — Schreinen aufbewahrt, welche fleißige Mönchshände wetteifernd verfertigten. Wie man innen die Gotteshäuser schmückte, so wurden Kirchen, Klöster und königliche Pfalzen mit Hülfe und nach dem Vorbilde antiker Baureste aufgerichtet. Welche Stürme auch in der Karolingerzeit das Reich durchtobten, die Klöster waren die geborgenen Heimstätten der Kunst und Wissen' schast. Die Mönche suchten kluger Weise sich mit und durch jeden Herrscher des Königshauses gut zu stellen, indem sie sich von den Klippen zweifelhafter Fürstengunst fern zu halten verstanden. Das karolingische Haus hatte von Anfang an Wert darauf gelegt, die Geschichte seiner Familie und seines Reichs zu besitzen, die schon unter Karl Märtel (687) in „Fredegars Chronik" an die Geschichte der Merovinger anlehnte und unter Pipin in den „Annalen von St. Armand" fortgesetzt wurde. Unter Karl dem Großen beginnen die von ihm angeordneten „Reichsannalen", welche von hervorragenden Geistlichen in dem Mittelpunkte aller Staatsereignisse, in der königlichen Pfalz selbst geschrieben und unter Ludwig dem Frommen fortgesetzt wurden. Unter Ludwig dem Deutschen beginnen die eigentlich deutschen Reichsannalen, welche im Kloster Fulda geschrieben wurden (838). Als aber die Herrscher immer machtloser werden, sinkt ihr Einfluß, auch ihr Strebeil auf diesem Gebiete, und die Mönche von Fulda setzen die Annalen auf eigne Hand in aller Treue fort. Sie tadeln offen Karls des Dicken unfähige Regierung, künden voller Begeisterung von Arnulfs Heldentum (901), schließen aber unter Ludwig dem Kinde. Es giebt nichts Bemerkenswertes mehr vom Hanfe der Karolinger zu berichten. Außer diesen Reichsannalen schrieb man fast in allen Klöstern Geschichte, zunächst die der Brüderschaft, der engern Heimat. So giebt es Annalen von Corvey, von Hersfeld, Hildesheim, Quedlinburg, Xanten, St. Gallen u. s. f. Dazu finden sich geschichtliche Einzelschriften von hervorragender Bedeutung (820), wie „Einhards Leben Karls." Kaum sechzig Jahre später wurde in St. Gallen eine Lebensgeschichte König Karls, seines Sohnes und seines Enkels geschrieben, worin schon die herrliche Königsgestalt Karls von Ueberlieferung und Sage umkleidet ist. In solchem wissenschaftlichen Streben entstanden neben der lateinischen Geschichtschreibung auch altehrwürdige Denkmale deutscher Sprache,

6. Unser Vaterland - S. 49

1900 - Berlin : Bruer
— 49 — Kriegshandwerk, Verrat und Mord zu wandeln vermochte. Das kräftige und gesunde Germanentum wurde vorzugsweise ein Träger christlicher Bildung. Während die rheinischen Germanen schon früher für das Christentum gewonnen waren, das sie durch römische Kriegsgefangene, auch durch die aus römischen Kriegsdiensten heimkehrenden Landsleute kennen lernten, blieben die Bewohner im Innern Deutschlands noch bis zum sechsten und siebenten Jahrhundert Heiden. Die Gothen waren schon zu Ende des vierten Jahrhunderts Christen, wenn auch nach arianischem Bekenntnisse gleich den Vandalen, Sneven, Burgundern und Longobarden. Im fünften Jahrhundert verkündete der hl. Serverinus (451), der als armer Pilger von Osten her kam, in den Donauländern das Evangelium, und die Schüler, welche er um sich sammelte, wurden die Lehrer des Volks, die Begründer von Klöstern, welche Jahrhunderte lang die Pflegestätten deutscher Bildung werden sollten. Als Begründer der Klöster überhaupt wird der Aegypter Antonius angesehen (285), der sein Vermögen den Armen gab und unter größten Entbehrungen in der Wüste lebte, so daß er bald in den Ruf der Heiligkeit gelangte. Seine Anhänger, die mit ihm ein Einsiedlerleben führten, wurden Mönche, die Alleinlebenden, genannt. Als sein Schüler Pannonius die Mönche dazu veranlaßte, gemeinsam eine abgeschlossene Wohnung (clanstra) zu beziehen, wurde damit der Grund zu den Klöstern gelegt, deren Vorsteher Vater (abbas, Abt) genannt wurde. In Britannien hatten die heidnischen Angelsachsen, das Christentum, das sie dort vorfanden, wieder ausgerottet, und Papst Gregor I. (590—604), der Große, sandte Lehrer dorthin, welche zunächst Irland und Schottland für das Evangelium gewinnen sollten. Noch ehe er Papst war, sah er auf dem Marktplatze zu Rom Jünglinge, deren Schönheit und edle Haltung ihm auffiel. Sie sollten als Sklaven verkauft werden. Als Gregor erfuhr, daß es gefangene Angelsachsen seien, sagte er: „Wohl, sie sollen Genossen der Engel (angeli) im Himmelreiche sein; denn ein englisches Ansehen tragen sie." Und als man ihm den Namen ihres Landes „Deira" nannte, machte er auch hier eine Wendung der Worte „De ira ernti“, dem Zorne entrissen, zur Barmherzigkeit Christi berufen. Ihren König nannten sie ihm „Aella", und wieder antwortete er: „Allelujah, das Lob Gottes, der die Welt erschaffen, soll in jenen Reichen gesuugen werden." Als Gregor Papst B o r n b a k. Unser Vaterland. 4

7. Unser Vaterland - S. 116

1900 - Berlin : Bruer
seljt’ter Bildung zu überragen, fühlte sich der hochstrebende Jüngling über den Rat erfahrener Männer erhaben. Auch seine Mutter Adelheid, durch das kecke Vorgehen ihres Sohnes tief gekränkt, verließ Deutschland und zog in ihre Heimat Burgund. Mit dem besten Willen begabt, meinte Otto aller Bewegungen bald Herr zu werden, die feindlich auf ihn einstürmten. Er hatte nach dem Tode des Schwabenherzogs Burkhardt Ii. dessen Herzogtum dem Sohne des in Italien gemordeten Halbbruders Liudolf verliehen. Dadurch fühlte sich sein Vetter, Heinrich (der Zänker) von Bayern, der größere Rechte darauf zu haben meinte, tief gekränkt, und Grenzstreitigkeiten machten noch mehr böses Blut, da der Kaiser in diesen Fehden, zu Gunsten seines Neffen Otto gegen Heinrich entschied. Dieser verband sich mit Böhmen und Polen und zog gegen den jungen König, wurde aber besiegt, gefangen genommen, nun auch noch seines Herzogtums beraubt, das Otto von Schwaben ebenfalls erhielt (976). Das war eine schmerzliche Demütigung des bayrischen Hauses, zumal, da andre Geschlechter reich beschenkt wurden, z. B. der Sohn des auf dem Lechfelde gefallenen Konrad von Lothringen mit Kärnthen, Leopold von Babenberg mit der bayrischen Ostmark (Oesterreich) n. s. f. Im Norden hatten indeß die Dänen siegreich die Grenze des Reichs überschritten, waren aber bald wieder zurückgedrängt worden, als für Deutschland ein neuer Feind in Frankreich aufstand, dessen König Ludwig Iv., der Gemahl von Ottos I. Schwester, einst dem deutschen Kaiser die Herstellung seiner Königswürde zu verdanken hatte. Nun regierte sein Sohn Lothar in Frankreich, dessen Bruder Karl das erledigte Herzogtum Lothringen von Otto als Lehen empfangen hatte. Aber Lothar wollte ganz Lothringen mit Frankreich vereinigen, machte einen unerwarteten Ueberfall in Aachen und war so keck, den Adler ans der Kaiserpfalz, der nach den deutschen Landen zuschaute, herumzudrehen, daß er nach' Frankreich hinüber sehen mußte. Es war das alles nur ein kühnes Reiterstückchen, und fast wäre Otto Ii. mit seiner Gemahlin, die eben in der Kaiserpfalz bei Tische saßen, gefangen nach Frankreich geführt worden, wenn sie nicht eiligst ihr Mittagsmahl im Stiche gelassen hätten, das nun die Franzosen verzehrten. Lothar ließ die Stadt plündern und kehrte nach drei Tagen in größter Gemütlichkeit nach Frankreich zurück. Otto wollte diesen verwegenen Angriff mit einem wohl gerüsteten Heere von 60 000 Mann beantworten. Er zog vor Paris, ohne die

8. Unser Vaterland - S. 187

1900 - Berlin : Bruer
— 187 — Das Leben in den Ritterburgen, die von hohen Bergen in das Land schauten, zog meist sehr einförmig dahin, wenn nicht Gäste Anlas; zu allerlei Kurzweil gaben, zu Jagd und Kampsspiel. Rief der König aber seine Mannen zu den glänzenden Hofsesten, dann regten sich die sleißigen Hände der Frauen, den ritterlichen Herrn mit dem selbstgewebten Gewände, mit Feldbinde und Gürtel zu schmücken. Die Edelfrauen zogen auch wohl mit in die Ferne und nahmen Teil an den Festen in der königlichen Hofburg. Blieben sie aber daheim in den stillen Frauengemächern (Kemnate), dann war der Burgkaplan ihr treuer Gefährte und erzählte ihnen von den Heldenthaten vergangener Geschlechter. Kündete aber das Horn des Turmwarts die Rückkehr des Burgherrn, dessen Fähnlein aus weiter Ferne grüßten, dann eilte die Herrin mit ihren Frauen auf die Zinne der Burg, um den Heimkehrenden und seine Mannen zu erschauen; denn die kleinen, tiefen Fenster des Frauengemachs gestatteten feilte weite Ausschau. In dieses ritterliche Stillleben trat die Begeisterung für die Kreuzzüge gleich einer Befriedigung, und darin mag zunächst die innige Verbindung mönchischen Wesens und ritterlicher Tapferkeit gefunden werden, wie sie sich während der Kreuzzüge besonders in den Ritterorden der Johanniter und Templer, später in dem Deutschen Ritterorden darstellt. Zunächst hatten Kaufleute aus Amalfi, die nach Jerusalem pilgerten, in der Nähe des heiligen Grabes ein Kloster mit Kapelle und ein Hospital gebaut, um arme Pilger darin aufzunehmen. Sie hatten den hl. Johannes zu ihrem Schutzheiligen erwählt und nannten sich Hospitalbrüder des hl. Johannes von Jerusalem. Es war natürlich, daß die ritterlichen Kreuzfahrer, besonders Gottfried von Bouillon, sich dieser Stiftung annahmen und sie so viel als möglich beschenkten, da ihnen der Segen dieser Anstalten reichlich zu Gute kam. Zur Zeit des ersten Kreuzzugs war Gerhard aus der Provence Meister des Hospitals, das er vom Kloster trennte. Er bildete aus deu eifrigen Krankenpflegern eine besondere Brüderschaft, der er die Regeln der Augustiner Chorherren gab. Ihre Ordenstracht war ein schwarzer Mantel mit weißem achteckigem Kreuze auf der linken Seite. Die Ordensgemeinschaft entwickelte sich allmälig zu drei Ordensklassen: Ritter Christi, welche die Pilger unter ihrem Schutze zum heiligen Grabe geleiteten, aber auch an Krankenbetten dienten — Geistliche, die den Gottesdienst pflegten, und dienende Brüder, die nie Ritter werden konnten. Alle

9. Unser Vaterland - S. 172

1900 - Berlin : Bruer
Volk allmälig nicht mehr waffenfähig; der Bauer durfte endlich feine Waffen mehr tragen. Brach ein Krieg aus, dann entbot der König seine großen Vasallen, diese ihre Lehnsleute, die sogenannten Ministerialen und alle zusammen bildeten mit ihrem zahlreichen Dienstvolke das Reichsheer. Glücklicherweise gab es nicht immer Krieg; aber die Ritter, nur aus den Vornehmen des Volks, dem Adel bestehend, bildeten allmälig einen besonderen Stand, dessen Bildungsschule die Turniere, d. i. Waffenspiele, wurden, welche einen edeln und ernsten Charakter an sich trugen. Tie Wassenführung wurde kunstgerecht gelernt; der Ritter hatte eine soldatische Schule durchzumachen. Waffendienst und Rittersitte war nicht ohne strenge Uebung zu erreichen. Wehrhaft gemacht, trat der Edelknabe zuerst als Knappe zu treuem Hofdienst bei seinem Lehnsherrn ein, begleitete ihn als Schildträger zu Turnier und Krieg, wenn er zuvor seit seinem siebenten Jahre als Bube ehrfurchtsvollen Umgang mit edlen Frauen und die Anfangsgründe der Rittertugend geübt hatte. Erst nachdem seine Waffentüchtigkeit erprobt worden, war, legte er meist nach siebenjähriger Lehrzeit und nach einem makellosen Leben, nach vorhergegangenem Fasten und Gebet das Rittergelübde ab: Religion, Wahrheit und Recht zu verteidigen, die bedrängte Unschuld, Witwen und Waisen zu schützen. Dann erst erhielt er von einem höher stehenden würdigen Ritter den Ritterschlag oder die Schwertleite. Auch wurde in älteren Zeiten des Rittertums nur der zum Turnier zugelassen, welcher einen christlichen Lebenswandel führte. Es gab Turniergesetze, an welche Kämpfer und Kampfrichter, Turniervögte, Wappenkönige, Herolde u. s. f. zur Aufrechterhaltung der Ordnung streng gebunden waren. Der Turnierplatz war mit Sand bestreut und von Schranken umgeben, hinter denen das Volk stand und den Ritterkämpfen zuschauen durfte. Auf hohen Balkönen saßen die Damen neben den vornehmsten Herren, die sich nicht am Turnier beteiligten, und unter rauschender Musik eilten die vom Kopf bis zum Fuß in Eisen gepanzerten Ritter in die Schranken, sobald der Herold die einzelnen Paare aufrief. Wer die meisten Gegner überwunden hatte, erhielt aus den Händen der vornehmsten Dame den Dank in Form einer goldenen Kette oder eines andern Kleinods, auch wohl eines kostbaren Waffenstücks, und saß bei dein folgenden Festmahle auf dem Ehrenplatz in den Prachtkleidern, womit die Damen ihn selbst geschmückt hatten. Auch eröffneten die

10. Unser Vaterland - S. 243

1900 - Berlin : Bruer
— 213 - finden „trouver“) als gern gesehene Gäste, und das „lustige Handmerk" des Gesanges fand sehr viele Vertreter, die auch in die angrenzenden Länder zogen. Auch Deutschland hatte bald seine Troubadours, die Minnesänger, welche von Minne (Liebe und Verehrung) zu der hehren Frowe sangen, der Himmelskönigin Maria, aber auch von ritterlicher Huldigung und irdischer Liebe zur edeln deutschen Frau. Mehr als hundert solcher Sänger und Dichter sind genannt. Oft waren es Ritter, die ohne eignen Besitz, ihren Reichtum in der Gastfreundschaft anderer Herren finden mußten und ihnen von den Heldenthaten tapfrer Ritter sangen, aber auch von der Jungfrauen Schöne und edler Ritter Frauendienst. Man unterschied geistliche, höfische und fahrende Sänger. Als der bedeutendste unter ihnen gilt der Ritter Walter von der Vogelweide (f um 1230). Er mußte früh sein Brod in der Fremde suchen und lebte am Hofe der Herzöge von Oesterreich. Ihm ist alles eitel Wonne und Freude; seine höchste Lust ist sein „herzliebes Frowelin". Linde, Feld und Wald beglücken ihn, und den Frühling grüßt er: „Nun wohlan, mögt ihr die Wahrheit schauen, Geh'n wir zu des Maien hohem Feste! Der da mit allem Glanze ist gekommen. Seht ihn an und seht die teuren Frauen, Wer von beiden da wohl sei das beste . . ." Das Vaterland ist ihm mehr als alle Reiche der Welt, ihm verdankt er alles, in ihm hat er „singen und sagen" gelernt: • „Ich hab' Lande viel gesehen. Stets der besten nahm ich gerne wahr, Uebel müßte mir geschehen. Könnt' ich je mein Herze bringen dar. Daß ihm sollte wohl gefallen Fremde Sitte. Denn was hüls es mir, wenn ich mit Unrecht stritte? Deutsche Zucht geht vor in allen!" . . . Doch klagt der Dichter über die Uneinigkeit in deutschen Landen, Äber die Scheinheiligkeit der Geistlichen und über die Anmaßung des Papstes gegen den deutschen Kaiser, den er mahnt, seines kaiserlichen Amtes und Rechts zu walten. Eine Zeit lang lebte er am Hose des Landgrasen Hermann von Thüringen, der sür die deutschen Sänger ebenso gastfrei war, wie die 16*
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