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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 300

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
300 Iii. Geschichtsbilder. Oesterreicher ziehen wollte, verweigerte d'olfort nicht nur den Einlaß, sondern er ließ Kanonen gegen seine eigenen Landsleute aufführen; dagegen öffnete er den Oesterreichern von der andern Seite die Stadt. So gingen alle Fe- stungen und Städte wieder an die Oester- reicher verloren. Einzelne Haufen lei- steten da und dort noch hartnäckigen Widerstand; doch sie wurden überwältigt, zerstreut, gefangen, entwaffnet. Auch Meindl, der sich bei Wasserburg noch verschanzt hielt, verließ, nachdem er Alles verloren sah, seine Schaaren. Der edle Plinganser zerbrach verzweifelnd sein Schwert und floh aus dem unglücklichen Vaterlande. So endete diese Erhebung, welche den glorreichen Aufständen der Tiroler an die Seite gestellt werden darf, zwar nicht im Glücke der Waffen, wohl aber in edler Begeisterung, Vaterlandsliebe und treuer Anhänglichkeit an den Fürsten! 138. Karl Albrecht und Maximilian Joseph Ul in Bayern. 1. Der Tod des Kaisers Karl Vi., des letzten männlichen Sprossen aus dem habsburgischen Hause, rief in Deutsch- land wieder ernste Verwicklungen her- vor. Auf Grund eines von Karl Vi. unter Zustimmung der Stände und der meisten deutschen und auswärtigen Re- genten erlassenen Hausgesetzes, der prag- matischen Sanktion, trat Karls Vi. einzige Tochter Maria Theresia die Regierung in sämmtlichen österreichischen Kronländern an. Kurfürst Karl Al- brecht von Bayern aber war nicht ge- neigt, seine durch Kaiserferdinands l. Te- stament verbrieften Ansprüche auf Oester- reich und Böhmen so leichthin bei Seite schieben, zu lassen. Frankreich und das junge, mächtig aufstrebende König- reich Preußen suchten den Erbschafts- streit zu ihrem Vortheil auszubeuten und ermunterten den bayerischen Kur- fürsten in seinem Widersprüche gegen die pragmatische Sanktion, wenn gleich beide Staaten dieser früher ihre Zustimmung gegeben hatten. Da nun Oesterreich Bundesgenossen an England und Holland, später sogar an Rußland fand, so stund bald beinahe ganz Europa abermals wi- der einander in Waffen. Wie im spa- nischen Erbfolgekriege mußte Bayern die bittere Erfahrung machen, daß Frank- reich nur aus eigenem Interesse Karl Albrechts Parthei ergriffen hatte, und daß es diesen in der Roth ebenso seinem Schicksale überließ, wie früher den Kur- fürsten Max Emannel. Preußen war in diesen Krieg ohne- hin aus keiner andern Absicht einge- treten, als sich auf Kosten Oesterreichs zu vergrößern; es kümmerte sich um Karl Albrecht nicht weiter, sobald es dieses Ziel erreicht hatte. So besaß dieser bloß Bundesgenossen, denen sein gutes Recht nur zu einem Deckmantel diente, unter dem sie ihre selbstsüchtigen Zwecke verfolgten. Ueber Karl Albrecht und seine treuen Bayern brachte dieser Krieg vielen Jam- mer. Wohl drang der Kurfürst An- fangs siegreich in Oesterreich ein und ließ sich in Linz als Erzherzog huldigen; statt aber geraden Weges auf Wien zu gehen, zog er nach Prag, um dort die böhmische Krone zu empfangen, zu welcher er bald darauf in Frankfurt noch die deutsche Kaiserkrone erhielt. Rur zu bald wendete sich das trügerische Kriegs- glück. Die Oesterreicher eroberten Bayern und nachdem der bayerische General Seckendorf es seinem Herrn ans kurze Zeit wieder gewonnen, siel es aber- mals in österreichische Hände und wurde nun wie zu Max Emanuels Zeiten als ein erobertes Land behandelt und sogar gezwungen, Maria Theresia, der Königin von Ungarn und Böhmen, zu huldigen. Karl Albrecht aber ward von Frank- reich wie von Preußen im Stiche ge- lassen. In Frankfurt saß er, ein Fürst ohne Land, ein Kaiser ohne Macht. Vom Mißgeschick gebeugt, rief er aus: „Mich wird das Unglück nicht verlassen, bis ich es verlasse!" Noch ein Licht- strahl siel in sein düsteres Loos: der greise Seckendorf hatte ihm Bayern zum zweitenmale erobert und

2. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 286

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
286 in. Geschichtsbilder. der Rednitz postirt war, ein heftiger Kampf entzündet, wo mit abwechselndem Glück der Feind bald Besiegter, bald Sieger bleibt, und auf beiden Seiten gleich viel Blut fließt, gleich tapfere Thaten geschehen. Dem Herzog von Friedland und dem Prinzen Bernhard von Weimar werden die Pferde unter dem Leibe erschossen, dem König selbst reißt eine Stückkugel die Sohle von dem Stiefel. Mit ununterbrochener Wuth erneuern sich Angriff und Widerstand, bis endlich die eintretende Nacht das Schlachtfeld verfinstert und die erbitter- terten Kämpfer zur Ruhe zwingt. Jetzt aber sind die Schweden schon zu weit vorgedrungen, um den Rückzug ohne Gefahr unternehmen zu können. Indem der König einen Offizier zu entdecken sucht, den Regimentern durch ihn den Befehl zu übersenden, stellt sich ihm der Obrist Hebron, ein tapferer Schottländer, dar, den bloß sein natürlicher Muth aus dem Lager getrieben hatte, die Gefahr dieses Tages zu theilen. Ueber den König erzürnt, der ihm unlängst bei einer gefahrvollen Aktion einen jüngern Obristen vorgezogen, hatte er das rasche Gelübde gethan, seinen Degen nie wieder für den König zu ziehen. An ihn wen- det sich Gustav Adolf, und, seinen Hel- denmuth lobend, ersucht er ihn, die Re- gimenter zum Rückzug zu kommandiren. „Sire," erwidert der tapfere Soldat, „das ist der einzige Dienst, den ich Ew. Ma- jestät nicht verweigern kann, denn es ist etwas dabei zu wagen;" und sogleich sprengt er davon, den erhaltenen Auf- trag in's Werk zu richten. Zwar hatte sich Bernhard von Weimar in der Hitze des Gefechtes einer Anhöhe über der alten Feste bemächtigt, von wo aus man den Berg und das ganze Lager bestrei- chen konnte. Aber ein heftiger Platz- regen, der in derselben Nacht einfiel, machte den Abhang so schlüpfrig, daß es unmöglich war, die Kanonen hinauf- zubringen, und so mußte man von freien Stücken diesen mit Strömen Bluts er- rungenen Posten verloren geben. Miß- trauisch gegen das Glück, das ihn an diesem entscheidenden Tage verlassen hatte, getraute der König sich nicht, mit er- schöpften Truppen am folgenden Tage den Sturm fortzusetzen, und zum ersten male überwunden, weil er nicht Ueber- winder war, führte er seine Truppen über die Rednitz zurück. Zweitausend Todte, die er auf dem Wahlplatz zurück- ließ, bezeugten seinen Verlust, und un- überwunden stand der Herzog von Fried- land in seinen Linien. Noch ganze vierzehn Tage nach die- ser Aktion blieben die Armeen einander gegenüber gelagert, jede in der Erwar- tung, die andere zum Ausbruch zu nöthi- gen. Je mehr mit jedem Tage der kleine Vorrath an Lebensmitteln schmolz, desto schrecklicher wurden die Drangsale des Hungers, desto mehr verwilderte der Soldat, und das Landvolk umher ward das Opfer seiner thierischen Raubsucht. Nürnberg hatte sich über Vermögen angestrengt, die ungeheure Menschen- menge, welche in seinem Gebiete zusam- mengepreßt war, elf Wochen lang zu ernähren; endlich aber versiegten die Mittel, und der König mußte sich zuerst zum Abzug entschließen. Mehr als zehn- tausend seiner Einwohner hatte Nürn- berg begraben, und Gustav Adolf gegen zwanzigtausend seiner Soldaten durch Krieg und Seuchen eingebüßt. Zertreten lagen alle umliegenden Felder, die Dör- fer in Asche, das beraubte Landvolk verschmachtete auf den Straßen, Moder- gerüche verpesteten die Lust, verheerende Seuchen, durch die kümmerliche Nahrung, durch den Qualm eines so bevölkerten Lagers und so vieler verwesender Leich- name, durch die Glut der Hundstage ausgebrütet, wütheten unter Menschen und Thieren, und noch lange nach dem Abzug der Armeen drückten Mangel und Elend das Land. Gerührt von dem allgemeinen Jammer, und ohne Hoff- nung, die Beharrlichkeit des Herzogs von Friedland zu besiegen, hob der Kö- nig am 8. September sein Lager aus und verließ Nürnberg, nachdem er es zur Fürsorge mit einer hinlänglichen Besatzung versehen hatte. In völliger Schlachtordnung zog er an dem Feinde vorüber, der unbeweglich blieb und nicht das Geringste unternahm, seinen Abzug zu stören.

3. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 412

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
412 Ii. Epische Dichtungen. 5. Verruchter Söhne Frevel, geschworner Treue Bruch, Hat längst auf uns geladen des Himmels Rachespruch: Vernimm die grause Kunde — du stehst an selber Statt, Wo Ludewig den Frommen sein Heer verrathen hat. 6. Wir schlossen dichte Reihen bis an die Berge fern, Gerüstet, ihn zu schirmen, den kaiserlichen Herrn; Da zog in blanken Waffen der Söhne Schaar heran. Von dumpfen Rasseln dröhnte der weite Rasenplan. 7. So stürmten sie herrüber, die freveln Brüder vorn, In ihren Fäusten Schwerter, in ihren Blicken Zorn! Durch unser Lager schlüpfte der tückische Lothar Und bot uns blanke Münzen und glatte Worte dar. 8. Der heil'ge Vater selber hat uns den Sinn bethört: Es gelte keine Treue, die man dem Sünder schwört! So schlich er durch die Reihen und streute schlimme Saat — Bis alle wir verblendet uns fügten dem Verrath. 9. Drauf schlugen die Verruchten des alten Vaters Hand — Er bot sie schon zum Frieden — in schweres Eisenband, Sie rissen ihm die Krone vom Haupte, silberweiß, Und führten ihn von hinnen, den weltverlass'nen Greis. 10. Und Ludewig der Fromme das Aug' gen Himmel schlug: „Ist denn geschworne Treue und Kindesliebe Trug? Weh', falsche Söldnerschaaren, so feil und so verrucht! Weh' dir, du Lügenstätte — ihr seid fortan verflucht!" 11. Der Himmel hat vollzogen des Greises Rachewort, Die Bäche sind vertrocknet, der Anger liegt verdorrt, Und keine Saaten sprießen, es schallt kein Vogellied, Rur Farrenkräuter schießen hervor aus schwarzem Ried. 12. „Und in den Höhlen drunten, in weitverschlung'nem Gang, Da schlafen unsre Schaaren vielhundert Jahre lang; Da schlafen auch die Brüder, die freveln Söhne drei; Verrostet sind die Schwerter, verstummt das Sieggeschrei. 13. Fleuch', Wandersmann, von hinnen und sag' es aller Welt, Weß Fluch in diesen Gauen uns tief in Schlummer hält!" — Der Wandersmann sich kreuzet und thut zur selben Stund' Im Thanner Münster drüben die Märe beichtend kund. 56. Herzog Luitpolds Tod in der Schlacht an der Ensburg. Von Friedrich Beck. 1. Die Völker des Ostens, sie dringen heran, Sie zeichnen mit Flammen und Blut die Bahn, Sie brausen einher wie Sturmeswind, Weh’Deutschland dir, dich leitet ein Kind ! 2. Und Ludwig hebt: „Wer schützt mir die Mark ? Auf! Bayerns Herzog so kühn und stark!“ Der spricht: „Ich wahre dir treuen Sinn, Und willst du mein Leben, ich geb’ es dir hin!“ 3. Sie rüsten die Waffen, die spiegelnde Wehr, An der Ensburg schaart sich der Deutschen Heer; Wo die Donau strömet vorbei mit Macht, Da lagern im Feld’ sie bei dunkler Nacht. 4. Ermattet vom Zuge, wie schlafen sie tief! Doch warnend die Stimme des Wächters rief: „Die Feinde stürmen!“ Er rief es in Eil’, Schon stürzt er getroffen vom Todespfeil. 5. Und im Flusse so schaurig, da rauscht es und schäumt; „Erwacht ihr Getreuen! Nicht länger gesäumt, Dort schwimmt es und klimmt es am Uferrand; Schnell greifet zum Schwerte, zum Eisen- gewand.“ * 6. Unholden vergleichbar im nächtlichen Traum Umschwammen die Heiden des Lagers Raum, Mit funkelndem Blick in die Christenschaar Stürzt gierig des Mordes der Magyar.

4. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 6

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
6 I. Erzählungen. heit und dem sonderbaren Begehren des Fremdlings; der Meister erhob bei ihrer Rede erstaunt und unwillig sein Haupt, denn das Roß, das geschlachtet werden sollte, war wegen seiner Schönheit und Schnelligkeit allgemein bekannt, und wie ein Wunderthier durch viele Sagen be- rühmt, wie es seinen Meister oft aus den größten Gefahren gerettet habe. Nach einigem Sinnen aber sprach der Großmeister mit milder Stimme: „Ein Mensch ist mehr werth als tausend Rosse; bringt es dem Kranken und thut damit, was er verlangt, auf daß er genese." Und die Diener führten das edle Thier in den großen Saal, wo die Kranken lagen, vor das Bett des Armen. Einer trug einen großen Block, ein Anderer hatte ein scharfes Beil, ein Dritter einen schweren Hammer; und als sie sich näher- ten, erhob der Kranke sein Haupt, und seine Augen leuchteten vor Freude. Der Block wurde zurecht gestellt. „Welchen Fuß verlangst du?" — „Den rechten Vorderfuß." — Und der Fuß des Thieres wurde auf den Block ausgestreckt, das scharfe Beil darauf gelegt, und schon er- hob der Tritte den schweren Hammer, da rief der Kranke plötzlich: „Halt! Ich habe nun ein anderes Verlangen. Gebt 2. Der Wagnermi Ein kaiserlicher Feldoberst, der zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts mit spanischen Völkern im Württembergischen lag, erhielt den Befehl, sich der Stadt Constanz zu bemächtigen, so gut es gehen wolle. Dieser fing sein Unternehmen mit List an. Zwei Lanzenknechte, die unter den Spaniern der deutschen Sprache mächtig waren, schlichen sich einzeln in Constanz ein. Auf der Gasse treffen sie sich, wie zufällig. Der eine packt den andem wegen einer alten Schuldsumme an, der widerspricht, und durch das Volk, welches zusammenläuft, werden beide vor den Richter gebracht. Hier aber wissen die schlauen Kameraden ihren Streit so einzu- fädeln, daß der Richter seinen Spruch bis zu der Herbeibringung der Beweise vertagt. Unterdeffen nahmen die Kundschafter die Gelegenheit wahr, die Lage und Stärke mir Hammelfleisch zu essen, denn ich habe großen Hunger." Man führte das Roß zum Meister zurück und brachte dem Kranken, was er begehrte; der aß mit großer Begier, und nach zwei Tagen dankte er den Brüdern für die ihm be- wiesene Liebe und verließ das Hospital genesen, wie es schien, von seinem Wahne und seiner Schwäche. Kurze Zeit darauf brachte ein Bote folgendes Schreiben: „Im Namen Gottes, des Allbarm- herzigen, Allgütigen. Saladin an die Ritter des Hospitals! Wisset, ich war bei Euch, um Euch zu versuchen, und ich habe Euch als wahr erprobt, als Söhne dessen, der da Alles geschaffen hat und erhält; Ihr übt Barm- herzigkeit und Liebe nach dem Beispiele und der Lehre Eures Meisters, den auch ich ehre. Darum bestimme ich, daß fort- an, so lange ich weile unter den Leben- den, an Euer Spital alljährlich tausend Goldstücke bezahlt werden, damit Ihr die Armen und Kranken beherberget, kleidet und tränket und gesund machet. Diese Summe soll Euch stets am Feste Jo- hannes des Täufers, Eures Schutzherrn, zukommen und der Krieg soll daran nichts ändern. Allah sei gelobt!" ster von Constanz. der Stadtmauer und was sonst zur Be- festigung gehörte, genugsam auszuspüren. Besonders richteten sie ihr Augenmerk auf die Rheinbrücke. Durch diese war nämlich die Stadt mit ihrem Vorstädt- lein Petershausen auf dem rechten Strom- ufer verbunden und sie schien ihnen der beste Weg, wo man eindringen mußte. Das schwere Fallgatter aber in dem Thurm, welcher den Eingang von der Brücke in die Stadt deckt, hatten die zwei unbeachteten Strolche unbrauchbar zu machen gewußt. Auf einmal waren sie verschwunden, aber Niemand kümmerte sich darum. Da geschah es bald darauf eines Montags früh, als gerade die Bürger ein besonderes Fest feierten und die meisten Leute in der Kirche waren, daß die Spa- nier unbemerkt an die jenseitige Vorstadt

5. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 11

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
7. Die Schwcdenglocke in Landsberg. 11 eines dem andern nach zwischen die Pferde, so daß diese scheu zu werden anfingen. „Hundsfott!" schrie der Markgraf, roth vor Zorn, „weich' aus, oder ich schieß' dich nieder!" — Vergebens! der Schäfer starrte ihn erschreckt an und vermochte nicht zu willfahren. „Reizenstein! geb' Er mir seine Pistolen!" — „Sie sind nicht geladen, Hoheit!" antwortete jener trocken. Mittlerweile war es Herbei- eilenden gelungen, den Weg frei zu machen. — Als man aber unfern der Schloßthore in Gunzenhausen angekonunen war, ließ der Reiseoberstallmeister plötzlich rechts und links seine beiden Pistolen krachend losgehen. Der erschrockene Markgraf fragte hef- tig: „Was ist's, was ist's?" — „Gnä- digster Herr!" antwortete Reizenstein, „ich meine nur, daß Sie heute Nacht viel süßer schlafen werden, nachdem Sie meine Pistolen jetzt erst haben krachen hören, statt eine Stunde früher." 7. Die Schwedenglocke in Landsberg. Die freundliche und gewerbthütige Stadt Landsberg am Lech ist einer der anmuthigsten Punkte, welche dieser Grenzfluß in seinem Laufe bespült. Auf der Höhe des Hügels, an welchen die Stadt malerisch gebaut ist, genießt man einen prächtigen Anblick über die ewig denkwürdigen Gefilde des Lechfeldes, auf welchem die räuberischen Hunnen einst ihren Vernichtungskampf fochten. Gräuel, wie sie seit den barbarischen Tagen der Hunnen nicht mehr in unserm Vater- lande verübt wurden, hat die Stadt Landsberg nochmal erlitten im Beginne der zweiten Hälfte des dreißigjährigen Krieges. Gustav Adolf starb nach der siegreichen Schlacht bei Lützen, ohne daß dadurch seinen Gegnern, unter denen der Kurfürst Maximilian von Bayern in erster Reihe stand, ein wesentlicher Vor- theil erwachsen wäre. Im Gegentheile suchten die schwedischen Völker, durch Franzosen und Deutsche verstärkt und durch den Tod ihres Führers von den Banden strenger Mannszucht befreit, ihren Rachedurst durch Sengen und Brennen, durch Plündern und Morden zu stilleu. Schrecken und Entsetzen gingen vor ihnen her, Zerstörung und Verwüstung beglei- teten sie, Hunger und Elend folgten ihnen auf dem Fuße. Wilhelm von Weimar war mit einer starken Heeressäule um Nürnberg, der Pfalzgraf Christian von Birkenfeld mit einer noch ftärkern am Lech zurückgeblie- den. Der Haß des kaiserlichen Generalis- simus Wallenstein gegen seinen alten Feind, den Kurfiirsten Maximilian, schien des Jammerns aus Bayern und der Befehle aus Wien nur zu spotten. Jetzt drang auch noch der Herzog Bernhard von Weimar, nachdem er die schwedischen Generale Horn und Torstenson an sich gezogen, wie ein verheerender Strom in Bayern ein, das ohnehin schon mehr einem großen Leichenfelde, als der blü- henden Provinz glich, die es früher ge- wesen. München fiel zwar nicht wieder in Schwedenhand, aber desto schlimmer sah es auf dem flachen Lande aus, das nachgerade einer Wildniß zu gleichen an- fing. Am härtesten und grausamsten war die Gegend zwischen der Isar und dem Lech bedrängt. Die Dörfer waren zer- stört und menschenleer, die Felder unan- gebaut und statt mit dem reichen Segen der Früchte, mit dem Nachwuchs dichter Wälder übersäet. Doch das schrecklichste Schicksal hatte Landsberg zu erdulden, das früher schon von den Schweden erobert, aber von dem Kurfürsten im Vereine mit den Truppen des kaiserlichen Generals Altringer wieder entsetzt worden war. Während Bernhard auf Ingolstadt los- ging, und Horn Niederbayern und die Oberpfalz verwüstete, zog sich Torstenson am Lech hinauf und stand, ehe man sich dessen versah, vor Landsberg. Die Stadt hatte schon bei ihrer frühern Erstürmung wegen ihrer Anhänglichkeit und Treue gegen den Kurfiirsten den ganzen Zorn des Feindes erfahren und bei der Ent- setzung gelobt, die größte Glocke der Stadt solle fortan die Schwedenglocke heißen und für ewige Zeiten keinem an-

6. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 75

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
40. Scheyern und Wittelsbach. 75 Vermählung mit Luitpold's Söhnen Ar- nulf und Berchtold die Taufe, und Kaiser Heinrich's Ii. Schwester, Gisela, feierte auf dieser Burg ihre Hochzeit mit König Stephan dem Heiligen von Ungarn, nachdem auch dieser erst vorher in der Burgkapelle ge- tauft worden war. Inzwischen hatten zwei fromme Männer aus hochadeligem Geschlecht am Fuße des Wendelsteingebirgs sich Zellen gebaut, um da in der Abgeschiedenheit von der Welt ein beschauliches Leben zu führen. Aus dieser Siedlung entstand nach und nach ein förmliches Kloster, das aber, weil diese rauhe Gegend damals für Zufuhr von Lebens- mitteln zu unwegsam war, von da — dem heutigen Flecken Bayerisch-Zell nahe an der Tiroler-Grenze — weg einige Stunden nordwärts nach Fischbachau, östlich vom Schliersee gelegen, verpflanzt wurde. Hier gründeten die dem Benediktinerorden auge- hörigen Mönche eine Schule, welche von den Söhnen der Adeligen viel besucht wurde. Für eine solche Anstalt war auch Fisch- bachau nicht ganz entsprechend, und so ent- schlossen sich die Mönche, ganz in die Ebene zu wandern, in das neu gestiftete St. Peterskloster bei Eisenhosen an der Glon. Doch auch hier fanden sich wieder Mißstände, namentlich fühlbar machte sich der Mangel guten Trinkwassers. Nun brachte es der Abt Bruno dahin, daß der Graf Otto Iv. von Scheyern mit Zustim- mung der erbberechtigten Familienglieder 1113 seine Stammburg in ein Kloster um- wandelte und den Benediktinern von St. Peter überließ, während er seinen Sitz in die bei Aichach, unweit der Paar, neu er- baute Burg Wittelsbach verlegte. Das Kloster und dessen Schule gelangten bald zu großem Ansehen. Hohe Adelige, dar- unter mehrere Sprossen des Schyrengeschlech- tes, traten in dasselbe und es wurde in den Rang einer Grafschaft erhoben. Künste und Wissenschaften gediehen in Scheyern zu solcher Blüthe, daß man es nur die „Schule der Gelehrten" hieß. Doch als in den großen Stürmen zu Anfang unseres Jahrhunderts die geistlichen Herrschaften der Säkularisation verfielen, entging auch Scheyern diesem Loose nicht. Im Jahre 1803 wurde die Abtei aufgelöst, nachdem sie seit mehr als siebenhundertjährigem Be- stehen — von der Gründung zu Bayerisch- Zell an gerechnet — fünfzig Aebte gezählt. Die Bewohner zerstreuten sich nach allen Seiten; nur der letzte Abt, Martin, wollte die ihm liebgewordene Stätte nicht ver- lassen; er beschloß seine Tage in einer kleinen Wohnung, welche er bei einem Bäcker des Dorfes gemiethet hatte. Die Gebäude mit den nächsten Umgebungen wurden ver- äußert und zum Theile niedergerissen. Sie wanderten von einer Hand in die andere, bis König Ludwig I. sie im Jahre 1837 erwarb, um dieselben ihrer frühern Bestim- mung wieder zurück zu geben. Am 1. Okt. 1838 zogen abermals die Benediktiner in Scheyern ein und verbanden mit dem Klo- ster ein Knabenseminar, das seine Zöglinge für das Gymnasium vorbereitet. Der Abt des Klosters trägt, wie der zu Metten, Insul und Stab, die Zeichen der bischöf- lichen Würde. In Scheyern ruhen die Ge- beine mancher Edlen des Wittelsbacher Ge- schlechtes, so Otto's I., Ludwig's I-, des Kelheimers, und Otto's Ii., des Erlauchten. König Ludwig hat in der Stistungsurkunde sich vorbehalten, auf dem nordwestlich vom Kloster gelegenen Hügel eine königliche Be- gräbnißstätte erbauen zu können, deren Unterhalt und Aufsicht daun dem Kloster obzuliegen hätte. Ii. Mit der Verlegung ihres Wohnsitzes hatten die Scheyern auch ihren Namen umgetauscht; „Wittelsbacher" nennen sie sich nun bis auf den heutigen Tag. Auf einer beträchtlichen Anhöhe — sie gilt bei den Bewohnern des Flachlandes schon als Berg — prangte die zweite Stammburg unseres Herrschergeschlechts. Doch nur noch dürftige Reste derselben sind als Zeugen der alten Zeit übrig geblieben. Eine dunkle That hat sie nach kaum hundertjährigem Bestände gewaltsamer Zerstörung überant- wortet. Zu Ansang des 13. Jahrhunderts besaß Pfalzgraf Otto Viii. die Stamm- burg; dieser, ein feuriger unerschrockener Held, aber heftigen, jähzornigen Gemüths, glaubte sich vom Kaiser Philipp von Schwaben schwer gekränkt. Rache im Her- zen eilt er nach Bamberg, wo der Kaiser eben — am 21. Juni 1208 — die Hoch- zeitfeier einer Nichte begangen hatte, trifft Philipp mit nur wenigen Getreuen in einem stillen Zimmer seiner Pfalz, stößt ihm den tödtlichen Stahl in die Brust und entweicht aus schon bereit gehaltenen Rossen. Aber der Kaisermörder wird geächtet und für vogelfrei erklärt. Des Kaisers Mar- schall, Heinrich Calatin der Pappenheimer, trifft ihn in der Gegend von Abbach und tobtet ihn nach hartnäckiger Gegenwehr mit vielen Wunden. Des Gemordeten Güter erbte der bayerische Herzog Ludwig der Kelheimer. So sehr verabscheute dieser Otto's Rachethat, daß er, um die Erin- nerung an dieselbe wo möglich zu verwi-

7. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 218

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
218 Iii. Geschichtsbilder. Verlauf der Zeit hatten, begünstigt durch die Zerwürfnisse inr fränkischen Regentenhause, die Bayernherzoge sich völlig frei und selbstständig zu machen gewußt. Aber Erbstreitigkeiten unter den Agilolfingern boten den kräftigen fränkischen Hausmeiern willkommenen Anlaß, sich wieder in die inneren An- gelegenheiten Bayerns zu mischen und das Lehensband fester als je zu knüpfen. Als Herzog Theodobert, welcher über das Gebirgsland geherrscht und seinen Sitz in Botzen gehabt hatte, im Jahre 724 gestorben war, nahm dessen Bruder Grimoald das ganze Erbe in Anspruch, ohne des Verstorbenen Sohn, Hugibert, bedenken zu wollen. Letzterer suchte Hülfe bei Karl Martell, der denn alsbald mit einem Heere in Bayern eindrang und, nachdem Grimoald auf der Flucht meuchlings getödtet wor- den war, den jungen Hugibert als Herzog in Bayern einsetzte, jedoch unter fränkischer Oberhoheit. Zu Hugiberts Sohn, Odilo, flüchtete sich C h i l t r u d e, die Schwester der fränkischen Hausmeier Karlmann und Pipin, weil diese sie mit Einsperrung in ein Kloster bedroht hatten. Da überdies Odilo diese Chil- trude zur Gemahlin nahm, so gerieth er in Krieg mit den Franken. Nach einer für die Bayern höchst unglück- lichen Schlacht am Lech, drangen die Franken in das Bayerland ein und plünderten und verheerten dasselbe 52 Tage lang. Odilo wurde gefangen fortgeführt und erst auf Bitten seines Weibes wieder frei gelassen und nach ausdrücklicher Anerkennung der fränki- schen Oberhoheit in sein Herzogthum eingesetzt. Vom Schicksal gebeugt starb der Herzog vier Jahre nachher und hinter- ließ einen sechsjährigen Sohn, welcher mit Pipins Söhnen, Karlmann und Karl, am fränkischen Hofe erzogen wurde. Auf Pipins Befehl mußte Thassilo im 15. Lebensjahre zu Compiegne einen feierlichen Eid ablegen, daß er und seine Nachkommen Bayern nur als Lehen des fränkischen Reiches besitzen wollten. Zum Manne gereift vermochte Thassilo den Gedanken be- engender Abhängigkeit nicht zu ertragen. Als er im Gefolge seines Oheims Pipin 763 gegen die Aquitanier zu Felde ziehen mußte, verließ er heimlich das Lager, eilte in sein Vaterland, erklärte auf dem Landtage zu Aschheim (bei München) den Eid seiner Kindheit für abgedrungen und deßhalb für ungültig, und trat, von den Großen und dem Volke anerkannt, die Regierung Bayerns an. Inmitten seines Volksstammes suchte er segensreich zu wirken. Er waltete getreulich, daß das Recht ge- handhabt würde, — die Bayern besaßen ein uraltes, merkwürdiges Gesetzbuch, — stiftete öffentliche Schulen, — die erste in Frauenchiemsee, welcher Dobda, Weih- bischof von Salzburg vorstand, — und gewann durch Freigiebigkeit an Klöster und Stiftungen die Geistlichkeit für sich. Tapfer focht er in den Alpenthälern gegen die Slaven und brachte Kärnthen an Bayern. Eine weitere Vermehrung seines Gebietes brachte ihm die Ver- mählung mit Luitberga, der Tochter des Longobardenkönigs Desiderius, welch letzterer mehrere von Bayern abgerissene Besitzungen, Botzen, Brixen u. a. wie- der zurück gab. In der Hoffnung aber, daß diese Ehe, durch welche Thassilo sich mit Karl dem Großen verschwägerte, ein Band des Friedens zwischen den frühern Jugendgespielen werden möchte, sah sich der Bayernherzog bitter getäuscht; im Gegentheile, gerade diese verwandt- schaftliche Verbindung zog Thassilo un- vermeidlich in den Sturz des longo- bardischen Königshauses mit hinein. Schlimmes befürchtend, nahm Thassilo nach Desiderius Entthronung seinen Sohn Theodo als Mitregenten an. Weil aber hiezu die Genehmigung Karls nicht eingeholt worden war, so wurde dieser von Mißtrauen erfüllt und ver- langte von Thassilo nicht nur Heeres- folge im Zuge gegen die Araber, son- dern auch ausdrückliche Anerkennung des Vasallenverhältnisses auf dem Reichs- tage zu Worms 787. Zu machtlos, um Widerstand leisten zu können, be- quemte sich Thassilo zur Heeresfolge und zum Eid der Treue. Doch noch- mal suchte er sich die Unabhängigkeit zu erringen. Er sammelte ein Heer und beschloß, sein Schicksal auf die

8. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 219

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102. Karl der Große. 219 Entscheidung des Kampfes zu stellen. Am Lech hatte er sich gelagert. Als aber drei Frankenheere sich nahten, eines von Italien her über die Alpen, ein zweites von Pförring gegen die Donau und ein drittes dem Lechfelde selbst, da suchte er sein Heil in abermaliger Unterwerfung. Zum dritten male leistete er den Lehenseid und stellte zum Unter- pfand 12 Geißeln, unter welchen sein eigener Sohn Theodo. Aber Thassilo's Unabhängigkeitssinn war immer noch nicht gebrochen. Verzweiflungsvoll raffte er sich zum dritten male auf, die ver- haßten Fesseln zu brechen; verzweif- lungsvoll erfaßte er das äußerste Mittel, welches ihn zum Ziele führen sollte, ein Bündniß mit den heidnischen Avaren, seinen östlichen Grenznachbarn. Allein gerade dieses Bündniß führte ihn in's unabwendbare Verderben. Es entfrem- dete ihm die Geistlichkeit und selbst einen großen Theil des Volkes, und aus der Mitte seiner, ihm seither so treu anhänglichen Landsleute standen Ankläger wider ihn auf. Der Vorla- dung Karls auf die Reichsversammlung zu Ingelheim 788 leistete Tassilo Folge, wohl nicht ahnend, welch hartes Loos ihm bevorstünde. Die Versammlung sprach ihn wegen Landesverraths des Todes schuldig. Karl milderte das Todesurtheil in lebenslängliche Kloster- haft. Auch Thassilo's ältesten Sohn Theodo und seine beiden Töchter traf gleiches Schicksal. Was aus seinem Weibe und aus seinen übrigen Söhnen geworden, — es werden deren fünf genannt, — berichtet uns die Geschichte nicht. Noch einmal, 794, erschien Thas- silo im Mönchsgewande vor der Kirchen- versammlung zu Frankfurt, um gebro- chenen Herzens auf all das öffentlich und feierlich zu verzichten, was ihm schon seit Jahren genommen war. Das Geschlecht der Agilolfinger aber, welches über Bayern 234 Jahre lang regiert hatte, ist von nun an verschollen. Bayern ward eine Provinz des großen Franken- reiches und theilt fortan dessen Geschicke. 102. Karl der Große. 1. Unter allen Herrschern des Mittel- I alters ragt Karl der Große hervor durch seine Wirksamkeit und seine Schöpfungen sowohl, wie durch den Ruhm, mit dem Geschichte und Sage ihn verherrlicht haben. Wenn auch Vieles von dem, was er geschaffen, wieder zusammen- brach, als sein Auge sich schloß, so hat er doch den Stempel seines Geistes allen folgenden Jahrhunderten ausge- drückt. Was uns Deutsche betrifft, so hat er das unsterbliche Verdienst, die verschiedenen Stämme unter einem Scep- ter vereinigt und so das Gefühl der Zusammengehörigkeit in ihnen erweckt zu haben. Er hat das vorhandene Gute nicht verkannt und scheinbar un- bedeutende Keime mit Ausdauer zur Blüthe gebracht. Aehnlich wie sein Vater unter Karl Martell hatte auch er Zeit, ein Vierteljahrhundert eine tüchtige kriegerische und politische Schule durchzumachen und zu lernen, was seiner Zeit und seinem Volke nöthig und nützlich war. Karl, der älteste unter den Söhnen Pipin des Kurzen, ward bald nach dem Regierungsantritte seines Vaters ge- boren. Ueber seine Jugendzeit weiß man wenig Genaues; ja es kann nicht einmal Zeit und Ort seiner Geburt mit Bestimmtheit angegeben werden. Doch wissen wir, daß er sich frühzeitig in ritterlichen Uebungen gefiel, wie solche damals allenthalben bei den Edel- geborenen gebräuchlich waren. Nachdem Pipin im Jahre 768 die Augen geschloffen hatte, wurde die Herr- schaft über das Frankenreich zwischen den beiden Söhnen des verstorbenen Königs, Karl und Karlmann, also ge- theilt, daß ersterer die Provinzen im Nordwesten, letzterer die Gebiete im Süd- osten des Reiches als Erbe eichielt. Nachdem aber Karlmann im Jahre 771 eines raschen Todes gestorben war, er- faßte er die so zum Wohle des Reiches dargebotene Hand des Glückes und ver- einigte die Länder Karlmanns mit den seinigen, zwang aber auch zugleich die

9. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 220

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
220 Iii. Geschichtsbilder. Wittwe seines Bruders und dessen junge Söhne zur Flucht aus dem Reiche. Hiedurch gerieth er in Streit mit den Langobarden, deren König De- siderius, der Schwiegervater Karlmanns, die Ansprüche seiner Enkel geltend machen wollte. Karl zog mit zwei mächtigen Heeren über die Alpen nach Italien, das eine unter seiner eigenen Leitung über den Mont Cenis, das andere unter seinem Oheim Bernhard über den St. Bernhard. Ohne Widerstand überließ ihm Desiderius die Pässe und schloß sich in seiner Hauptstadt Ticinus oder Pa- via ein, das Karl nach einer harten siebenmonatlichen Belagerung endlich er- oberte und so Desiderius besiegte. Karl herrschte nun selbst über das longobar- dische Reich. Aus allen Theilen des Landes kamen die Langobarden, um sich zu unterwerfen und Geschenke zum Be- weise ihrer Unterordnung darzubringen. Doch blieb das Königreich dem Namen nach selbstständig; es wurde nicht mit der fränkischen Monarchie verschmolzen und behielt sogar seine eigenen Gesetze und Einrichtungen. Karl führte den Titel „König der Longobarden", zählte die Regierungsjahre darnach und setzte im Jahre 780 seinen Sohn Pipin zum König dieses Landes ein. 2. Weit hartnäckiger und blutiger waren Karls Kriege gegen die im nörd- lichen Deutschland wohnenden Sachsen. Hier stand die zähe Ausdauer eines unentnervten, kriegerischen Volkes, das für seine Freiheit, seine Sitten und seinen Glauben kämpfte, eine Ausdauer, die überhaupt den freiheitsliebenden Volksstämmen und Volksfürsten jener Zeit eigen war, der eisernen Willens- kraft eines Helden gegenüber, der unter seinem Vater eine treffliche Kriegsschule durchgemacht und vor Allem in den Kriegen gelernt hatte, einen einmal ge- faßten Entschluß nicht wieder aufzu- geben, und der endlich selbst für seinen großen Gedanken begeistert war. Das war der Grund, warum der Kampf sich über 32 Jahre hinzog und auf der einen Seite die verzweifelte Empörung immer wieder wach rief, auf der andern stete Feldzüge herbeiführte. Die kriegerische Jugend dieses Volkes war dem benachbarten Frankenreiche schon lange durch ihre verheerenden Streifzüge lästig geworden, so daß schon Karl Martell und Pipin die Unter- werfung der wilden Nachbarn versucht hatten. Karl dem Großen war es vor- behalten, dies schwere Werk zu vollen- den. — Die Sachsen wohnten zu der Zeit, von der wir reden, vom Rhein bis zur Elbe, von der Eider bis zur Werra und Fulda. Sie zerfielen in drei Hauptstämme; aber roh in ihrem Glauben, wild in ihrer Vertheidigung, barbarisch in ihrem Recht, zäh in ihrer Freiheit, waren sie für eine gesunde Fortentwicklung ihres Staatslebens nicht recht geschaffen. Festes Zusammenhalten der Stämme war ihnen fremd; sie zer- fielen in freie Gemeinschaften, die nur stammweise im Kriege zusammentraten und sich einen Führer wählten; außerdem hatten sie einen gemeinsamen Führer nicht. Im Jahre 772 unternahm Karl den ersten Heereszug in das feindliche Sachsenland und errang einige Erfolge. Wo er hinkam, Zerstörte er die heidnischen Tempel und zwang die Sachsen zur Annahme des Christenthumes. Die Sachsen aber fielen nach Karls Abzug in's fränkische Reich mit Mord und Brand, ihrerseits durch Zerstörung der christlichen Kirche Rache nehmend. Dies war der wesentliche Charakter fast aller folgenden Feldzüge dieses Krieges. Wenn Karl persönlich gegen die Sachsen aus- zog, zwang er sie zum Rückzug, eroberte ihre Burgen und suchte die Unterwor- fenen zur Annahme seines Glaubens zu zwingen; war er dagegen aus fernen Kriegszügen abwesend, so fielen die Sachsen in sein Reich ein, und nahmen für die erlittene Schmach blutige Rache. Aber Karl brachte es endlich durch seine Kriegsgewandtheit dahin, daß er in den Jahren 775 und 776 die drei Stämme mit ihren Vornehmsten an der Spitze zum Eid der Treue bewog und zum ersten male im Feindeslande eine Reichs- versammlung in Paderborn abhalten konnte, wo sich die Sachsen demüthigten, Geißeln in größerer Zahl gaben und im Falle der Abtrünnigkeit Freiheit und Vaterland verlieren zu wollen erklärten. Nur einer ihrer Führer, Widukind,

10. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 225

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
104. Ludwig das Kind. 225 Vertrag zu Verdun vom 11. August 843 zu Stande, dem zufolge das Karolinger- reich in drei Reiche getheilt wurde. Ludwig erhielt den östlichen Theil, die deutschen Länder rechts des Rheins, Karl der Kahle den westlichen, die französischen Gebiete, Lothar aber, dem die Kaiserwürde verblieb, Italien und das Gebiet zwischen den Ländern Lud- wigs und Karls bis an die Nordsee hinab. So wurde die große Monarchie Karls aufgelöst, und die Scheidung in ein deutsches und französisches Reich vorbereitet. Noch war ein großer Theil deutschen Gebietes dem Reiche Lothars zugetheilt; doch das meiste davon fiel nach dem baldigen Aussterben seiner Linie wieder an's deutsche Reich zurück, leider nicht für dauernden Verband, da in der Folge der Zeit ein Stück nach dem andern vom deutschen Reichskörper abgerissen und mit dem französischen Reiche vereinigt wurde. Vom lotharin- gischen Reiche gehört nur noch der Land- strich links des Rheins von Landau bis Aachen zu Deutschland. Denbeginn eines eigenen deutschen sowie französi- schen Reiches kann man mithin vom Jahre 843, vom Vertrage von Verdun an datiren, wenn gleich beider Reiche, namentlich des deutschen, Ursprung auf die Monarchie Karls des Großen zurückweiset. 104. Ludwig das Kind. Ludwig, Arnulfs Sohn, war sechs Jahre alt, als ihn die Großen des Reichs zu Forchheim zum deutschen Könige wählten. Schon zwei Jahre zuvor, als Arnulf noch lebte, hatten sie ihn, als das Kind eines Helden, zum Nachfolger bezeichnet. Der frühe, unerwartete Tod des trefflichen Vaters ließ nun statt eines Helden und Mannes ein Kind zurück. Da erwachte trotz der früheren Wahl die Sorge, ob in den damaligen Fährlichkeiten der Schirm des Reichs in eines Kindes Hand gelegt werden dürfe, und die Sache wurde zum zweiten male berathen. Hatto, Erzbischof von Mainz, und Otto, Herzog von Sachsen, waren Arnulfs Freunde und Geheimräthe gewesen. Sie sprachen auf das wärmste für des hingegangenen Kaisers unmündigen Erben und setzten es durch, daß es bei der Wahl blieb. Sie aber traten in seinem Namen die Regierung des Reiches an. Die Regierung des Königskindes Ludwig fiel in eine Zeit des Unheils und des Jammers. Der erste Sturm kam von den Magyaren. Die Kunde von dem Tode des heldenmüthigen Kaisers war ihnen das Signal, in die deutschen Lande einzubrechen. Als un- heimliche, koboldartige Gestalten mit kahlgeschorenen Schädeln, gelber Gesichts- farbe und tiefliegenden, kleinen, funkeln- den Augen malte sie das Gerücht und Marschall, Lesebuch. der Schrecken. In Wahrheit waren sie ein freies kriegerisches Volk, männlich stark, gewohnt jede Mühsal, Hitze und Kälte gleich zu ertragen, Pracht und Ueberfluß gering achtend und gleich- müthig gegen den Mangel des Nöthig- sten; stolz, aufbrausend und ehrliebend, aufgeweckt und verschlossen, von kräf- tigem Körperwuchs, festem, nervigem Gliederbau, von mehr süd- als nord- asiatischer Gesichtsbildung. Sie kämpften meist zu Pferd, ihr Angriff und ihre Flucht waren blitzschnell; ihr Pfeilschuß von hörnenem Bogen aus fehlte selten. Sonst gehörte noch Lanze und Schwert zu ihrer Bewaffnung, und Eisen- und Filzharnische schützten sie gegen Hieb und Stich. Arpad war zu der Zeit ihr oberster Herzog. Er sandte, sobald Arnulfs Tod bekannt wurde, Gesandte nach Regensburg, wo nach dem Vorgänge seines Vaters meist der unmündige Lud- wig Hof hielt; ein Friedens- und Freundschaftsantrag sollte ihnen den Vorwand geben, das Innere des Landes auszukundschaften. Kaum waren diese zu den Ihren zurückgekommen, so be- stieg ein Theil des magyarischen Volkes die Rosse, ein anderer folgte zu Fuß. Sie überschritten die Enns, Plünderung und Verwüstung begleiteten ihre Schritte. Die christlichen Kirchen und Klöster, die außerhalb der Städte standen, ver- 15
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