I.
S p a n i e n.
Die westlichste Halbinsel Europas ist die Pyrenäen-Iialbinsel, welche
in vielen Beziehungen mit Arabien, der südwestlichsten Halbinsel
Asiens, zu vergleichen ist. Beide bestehen ihrer Hauptmasse nach
aus Hochflächen, welche Wüsten- und Steppencharacter tragen; beide
gestatten in ihrem Inneren ein abgeschlossenes Leben, eine selb-
ständige Entwickelung des Volkes, und sind doch wieder durch ihre
Küstenbeschaffenheit auf grossartigen Handel und Weltverkehr hin-
gewiesen. Vielleicht ist es daher nicht Zufall, dass die Araber
sich in Spanien so lange gehalten und dort sich so wohl gefühlt
haben. — Spanien wird durchschnitten vom 40sten Parallelkreise,
welcher auch durch Italien und die Ilämushalbinsel geht. Er durch-
schneidet gerade die Mitte von Spanien, so dass unmittelbar nörd-
lich von ihm Madrid, die jetzige Hauptstadt, und unmittelbar südlich *
an ihm Toledo, die alte Hauptstadt der Westgothen, der Sitz des
vornehmsten Erzbischofs von Spanien, liegt. In Italien geht der
40ste südlich von Neapel und in der Hämushalbinsel trennt er das
alte Griechenland vom übrigen Stamme ab. Es ist doch merkwürdig,
wie durch diesen Parallelkreis die Lage der 3 Halbinseln zu einander
anschaulich bestimmt wird. Durch den Westen der Halbinsel geht
der lote Meridian, welcher auch Irland schneidet. In Irland kommen
Pflanzen vor, welche sonst in Europa nur in Spanien sich finden.
Der äusserste Osten Spaniens wird vom 20sten Meridian durch-
schnitten, an dem Paris liegt. Die Mitte Spaniens hat selbstver-
ständlich continentales Klima, doch unterscheiden wir bei Spanien
drei klimatische Zonen. Der Nordrand hat mitteleuropäisches Klima,
dort findet sich eine schöne, reiche Alpenwelt, dort ist Fülle der
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Extrahierte Personennamen: Toledo
Extrahierte Ortsnamen: Europas Asiens Spanien Spanien Italien Spanien Madrid Spanien Italien Neapel Griechenland Irland Irland Europa Spanien Spaniens Paris Spaniens Spanien
Spanien.
9
Bewässerung, dort finden sich Wiesen und wird bedeutende Viehzucht
getrieben. Diese Zone umfasst Katalonien, die baskischen Provinzen
und Galizien, doch reicht sie nicht weit in’s Land hinein. Die
mittlere Zone umschliesst die beiden Kastilien, sie hat keine grossen
Wälder, die Kastanie und die immergrüne Eiche bilden nur kleinere
Gehölze. Der Mittelspanier weiss vom Waldesleben nichts, er ver-
wüstet den Wald, das Land ist eine öde Ebene mit Oasen wie
Aranjuez, es ist wie die Steppe von Innerafrika, trägt aber Weizen
und Gerste; der Winter ist europäisch, der Sommer afrikanisch, das
Klima zum Theil grässlich. In Madrid z. B., sagt ein spanisches
Sprichwort, ist 9 Monate Winter und 3 Monate die Hölle. Im Süden
herrscht afrikanisches Klima; da wächst die Cactusfeige, das Johannis-
brod, die Aloe, die Dattelpalme; in ihr lebt wild der Affe der Ber-
berei und in den Rohrwäldern der südlichen. Ströme das Ichneumon.
So bildet Spanien den Uebergang von Europa zu Afrika, von dem
es nur durch die schmale Meerenge von Gibraltar getrennt ist; diese
Meerenge liiess im Alterthum die Meerenge von Gades. Zu beiden
Seiten derselben standen die beiden Berge, welche man die Säulen
des Herkules nannte. Dort pflegten die Phönizier dem tyrischen
Stadtgotte Melkarth ihre Opfer darzubringen, wenn sie an dies Ende
der Welt gelangten. Mit dem Melkarth ist später der griechische
Herkules identificirt. Strasse von Gibraltar heisst diese Meerenge
erst seit dem Jahre 711, als Tarik mit seinen arabischen Schaaren
an dem Berge gelandet war, der nach ihm heute Dschebel al Tarik,
Berg des Tarik, Gibraltar heisst. Eine jede Meerenge hat verschie-
dene Strömungen aufzuweisen, so auch diese. Da das Mittelmeer
sich 500 Meilen lang von Westen nach Osten in der subtropischen
Zone erstreckt, verliert es durch Verdunstung viel Wasser. Grosse
Flüsse münden nur in geringer Anzahl in das Meer und nur einer,
der Nil, liefert eine bedeutende Wassermenge. Diese Speisung ge-
nügt nicht, um das verdunstete Wasser zu ersetzen, eben so wenig
vermag das die abströmende Wasserfülle des reichlich gespeisten
schwarzen Meeres. Der atlantische Ocean muss aushelfen und so
strömt fortwährend von West nach Ost das Wasser desselben durch
die Meerenge von Gibraltar in das Becken des Mittelmeeres. Das
Wasser desselben ist dort im Westen salzhaltiger als das des Oceans
und somit ist es höchst wahrscheinlich, dass aus dem Mittelmeer
eine Strömung unter der erst genannten von Ost nach West heraus-
geht. Die Hauptströmung bleibt also in der Enge die von West nach
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18
Spanien.
Stadt Zamora. Dort, von den Mauern dieser Feste herab rief Donna
Uraca dem Cid jenes „Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo!“ zu,
wodurch der tapfere Held wirklich zur Umkehr bewogen wurde. In
der Mitte des elften Jahrhunderts waren alle diese nördlichen Land-
schaften zu einem Königreich vereinigt, und es schien eine Zeit lang,
als sollten schon damals die Mauren aus Spanien vertrieben werden.
Damals war das Chalifat in Cordova aufgelöst, und die Walis der
einzelnen maurischen Länder lebten in Uneinigkeit. Da aber die
Macht der Christen nicht lange in einer Hand blieb, sondern bald
wieder Theilungen eintraten, so hielten sich die Mauren noch bis
gegen das Ende des löten Jahrhunderts. Wie überall in Spanien, so
zeigen auch in diesem Theile arabische Namen, dass die Herrschaft
der Mauren fest eingebürgert war. Besonders häufig findet sich als
Städtename Medina, d. h. Stadt, ein Wort, welches aus der Ge-
schichte Muhameds bekannt genug ist. Eine Herzogsfamilie Spaniens
führt diesen Namen; ihr gehörte der berühmte Admiral Medina
Sidonia an, zu dem Schiller den König Philipp Ii. sagen lässt:
„Herr Admiral, ich schickte Sie gegen Menschen, nicht gegen Klip-
pen und Wellen.“ Es hatte nämlich dieser Herzog die so genannte
unüberwindliche Armada geführt. Die Stadt Medina Sidonia aber
liegt in Andalusien.
Die etwas weniger hohe neu - castilische Ebene wird von Alt-
Castilien durch das Scheidegebirge getrennt. Es besteht dies Ge-
birge aus mehreren Ketten, aus Hochflächen und Gebirgslandschaften,
welche in steilen Terrassen nach Süden abfallen. Der Theil östlich
von Madrid heisst die Somo-Sierra, durch welche ein berühmter Pass
von Neu- nach Alt-Castilien führt. Diesen erstürmten im Halbinsel-
kriege polnische Lanciers, eine seltene Heldenthat, dass Reiterei einen
Gebirgspass eroberte. Westlich davon, unmittelbar nördlich von
Madrid, erhebt sich der höchste Theil des Gebirges, die Sierra Gua-
darama, von der herab oft während der heissesten Sommermonate
eiskalte Nordwinde durch die Strassen der Hauptstadt wehen. Die-
ser Umstand erklärt die Nothwendigkeit des spanischen Mantels, er-
klärt ferner auch die in Madrid so häufig vorkommenden Lungen-
krankheiten, welche noch durch den aus den Strassen aufsteigenden
Kalkstaub vermehrt werden. Darin gleicht Madrid München, während
in Berlin der Granitstaub weit weniger auf die Lunge wirkt. Von
diesem Theil des Gebirges strömt der Manzanares in den Henares,
einen Nebenfluss des Tajo. Am Manzanares liegt Madrid, also an
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Extrahierte Personennamen: Donna
Uraca Rodrigo! Philipp_Ii Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Spanien Cordova Spanien Medina Spaniens Medina_Sidonia Andalusien Hochflächen Madrid Alt-Castilien Madrid Madrid Madrid Berlin Madrid
r
I
20 Spanien.
Da ertönt die Guitarre und erklingen die Romanzen vom Cid; da
klappern die Castagnetten und wird der Fandango getanzt. Da
kreist der Schlauch, gefüllt mit dem beliebten Wein von Valdepeñas
(einer Stadt in Neu - Castilien). Diese Flächen sind meist waldlos,
nur hie und da stehen einzelne Korkeichen in wunderbarer Gestal-
tung. Die Rinde dieser Bäume platzt nämlich und ballt sich dann
zu Klumpen, so dass die abenteuerlichsten Gestalten entstehen, welche
namentlich bei Mondenschein grotesk und wunderbar erglänzen.— Nicht
weit von Madrid am Henares liegt Alcala, seit Philipp Ii. eine be-
rühmte Hochschule, uns allen aus Schillers Don Carlos wohl bekannt.
Am Tajo liegt die alte westgothische Hauptstadt Toledo, einst eine
berühmte Stadt der Mauren, von deren schönem Palast ein arabischer
Dichter singt:
Palast, der sich erhebet bis zum Pol,
In dem es sich so ein- als ausgeht wohl,
Des hellen Morgens Kleid ist seine Zier,
Und aufgepflanzt ist dort des Glücks Panier,
Gekleidet, wie Mamun, in vollem Staate,
Dem Vollmond kommt das Glücksgestirn zu statte,
Die Gläser dort von Hand zu Händen wallen,
Wie flüssig Gold in perlenden Krystallen.
Jetzt residirt in Toledo der Primas von Spanien. Unter Philipp Ii.
führte der berühmte Alba den Herzogstitel von dieser Stadt. — Der
Guadiana verschwindet wie der Rhone eine Strecke lang in sumpfi-
gen Wiesen. An ihr liegen nahe der spanischen Grenze Merida
(Augusta emérita) und die Grenzfestung Badajoz (pax Augusta). Im
Süden von Neu - Castilien heisst das Hochland La Mancha und ist
berühmt als die Heimath des Ritters Don Quixote. Er lebte da wie
ein echter Hidalgo. Er war einer, wie Cervantes sagt, von den
Edlen, die eine Lanze auf dem Vorplatz haben, einen alten Schild,
einen dürren Klepper und einen Jagdhund. Eine Olla, mehr von
Rind- als Hammelfleisch, des Abends gewöhnlich kalte Küche, des
Sonnabends arme Ritter und Freitags Linsen, Sonntags aber einige
gebratene Tauben zur Zugabe verzehrten drei Viertheile seiner Ein-
nahme. Das Uebrige ging auf für einen Wamms vom besten Tuch,
Beinkleider von Sammt für die Festtage, Pantoffeln derselben Art,
ingleichen für ein auserlesenes, ungefärbtes Tuch, womit er sich in
den Wochentagen schmückte. — Doch lassen wir unseren Ritter und
seinen Knappen Sancho Pansa und wenden uns zu einer andern be-
kannten Persönlichkeit, welche der La Mancha angehört, zu Espartero.
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Extrahierte Personennamen: Alcala Philipp_Ii Philipp Carlos Toledo Mamun Philipp_Ii Philipp Cervantes Klepper Sancho_Pansa Espartero
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Madrid Henares Spanien Merida Badajoz Hidalgo La_Mancha
Frankreich.
53
dass den Guisen ihr kühnes Streben nicht gelang. Im Gegentheil,
das Haus Bourbon hat sie besiegt und ihrer Familie das alte Erb-
land entrissen. Schon seit dem Tode Lothars I. nämlich ist Lothrin-
gen stets der Zankapfel der beiden Nationen gewesen; endlich gelang
es Ludwig Xv. im Wiener Frieden des Jahres 1738 Lothringen zu
erwerben und den letzten Herzog Franz Stephan, den Gemahl der
Maria Theresia, mit Toscana abzufinden. — Zwischen der Sambre,
Schelde und Lys senkt sich das Hügelland so bedeutend, dass diese
Senkung der natürliche Weg von Brüssel nach Paris ist. Dann
steigen die Hügel wieder westlich von der Schelde und ziehen sich
als flandrische Gränzhöhen zwischen Boulogne und Calais bis zum
Cap Gris Nez hinein. Dort liegen um die Somme und um den obern
Lauf der Lys und Schelde die französischen Niederlande, zunächst
das französische Flandern um die alte deutsche Stadt Cambray, den
erzbischöflichen Sitz des berühmten de la Motte Fenelon. Und die
Küste, wie wichtig und wie oft genannt sind die an ihr liegenden
Orte! Da finden wir Dünkirchen, welches der lustige Carl H. von
England an Ludwig Xiv. verkaufte, um die Kosten seines fröhlichen
Hofhaltes zu bestreiten, da liegt Gravelingen, und wer kennt nicht
den Sieger auf dem Sande von Gravelingen, wer weiss nicht, dass
das schöne Clärchen gerade diese That ihres angebeteten Egmont in
getreuer Schilderei an der Wand ihres Zimmers hängen hatte? Süd-
lich von dem französischen Flandern liegt um Boulogne und Arras
Artois und um Amiens die Picardie. Dieser Küstenstrich von Boulogne
bis an die Mündung der Somme, also Artois und die Grafschaft
Amiens, wird besonders oft in den französisch-englischen Kriegen des
14ten und löten Jahrhunderts genannt. Nicht weit von der Somme
finden wir die beiden berühmten Schlachtorte Cressy und Azincourt,
wo die stürmisch tapfere französische Ritterschaft den englischen
Bogenschützen erlag. Längs jener Küste wohnen noch Friesen, deren
Höfe allmählich neben den französischen Dörfern aufhören, so dass
man keine bestimmte Gränze zwischen den beiden Nationen ziehen
mag, eben so wenig wie man sagen kann, wo an der Westküste
von Jütland friesische Bevölkerung ende und dänische anfange. Nun
bleibt nur noch ein Stück von Frankreich für die Betrachtung übrig,
nämlich das, welches zwischen Seine und Loire liegt. Wie von
Brüssel nach Paris eine Einsenkung zwischen den Mittelgebirgen des
Ostens und den Erhebungen des westlichen Tieflandes bemerkt wor-
den ist, so findet sich in diesem Stück eine ähnliche, die von Paris
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xv. Franz_Stephan Franz Maria_Theresia Maria Theresia Carl_H._von
England Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Paris Boulogne Boulogne Arras Amiens Boulogne Cressy Frankreich Paris
54
Frankreich.
nach Orléans sich hinzieht, Daraus erklärt sich, weshalb feindliche
Heere stets diese Strasse gezogen sind und weshalb Orléans der
Schlüssel von Süd - Frankreich genannt wird. Westlich von dieser
Stadt erhebt sich als Wasserscheide zwischen Loire, Seine und dem
Meere ein Hügelzug, der zuerst als Waldhöhen von Orléans, dann
als Normannisches Bergland und zuletzt in der Bretagne als Mon-
tagne d’Arrée zu immer grösserer Höhe ansteigt, so dass wir ihn in
der Bretagne an 1500 Fuss hoch diese Provinz mit einem Gewirr
von Schluchten und rauhen Hochebenen erfüllen sehen. Von der
starken Seefestung Dieppe erstreckt sich nördlich von diesem Höhen-
zuge über die Mündung der Seine hinweg bis zum Cap de la Hogue
und bis gegen die Hafenstadt St. Malo hin die Normandie. Quer
durch dieses Herzogthum fliesst die Seine, deren Mündung durch die
Festung Havre de Grâce, die Westseite des Landes aber durch Cher-
bourg vertheidigt wird. Weiter ins Land hinein liegt die Hauptstadt,
Rouen, das alte Rotomagum, stets ein Hauptsitz französischer Bildung
und französischen Gewerbfleisses. Diese Küstenstrecke haben sich
im 9ten und loten Jahrhundert die normannischen Wikinger ganz
besonders zum Ziel ihrer Seefahrten ausersehen, bis es endlich einem
der Seekönige, dem Rolf, gelang, sich dort so festzusetzen, dass Carl
der Einfältige nichts Besseres zu thun wusste, als den Herzog mit
dem Lande zu belehnen. Was war das aber für eine Belehnung!
Der Herzog bekam die Provinz als ein Lehen, in männlicher und
weiblicher Linie erblich, mit solchen Rechten, dass er eigentlich den
König nur dem Namen nach Uber sich erkannte. Schon in der
zweiten Generation verschmolzen die Einwanderer mit den Ureinwoh-
nern so, dass von der nordischen Sprache Nichts, als einige Ueber-
reste blieben. So heissen kleine Flüsschen Bec, so manche Inseln
Holme. Nur im Westen zwischen Cherbourg und St. Malo hielt sich
das Heidenthum länger, denn dort hatten die Römer schon früher,
im 3ten Jahrhundert, zum Schutze der Küste Sachsen an diesem
littus Saxonicum angesiedelt. Nichts Fesselnderes giebt es fast als
die Geschichte der Normandie! Was sind das für Männer: Rollo,
Richard ohne Furcht, Robert der Teufel, Wilhelm der Eroberer! Und
mit ihnen die ganze Normännische stolze und saugeskundige Ritter-
schaft. Die Normännische Einwanderung hat Nord-Frankreich durch
die Verstärkung des deutschen Elementes, welches sie bewirkte, zum
Siege über den Süden verholfen. Die Normandie fiel schon im 13ten
Jahrhundert an die Krone zurück, als der schwache König Johann
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Extrahierte Personennamen: Rolf Carl
der_Einfältige Robert_der_Teufel Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Bretagne Bretagne Rouen Cherbourg Sachsen
Frankreich.
55
ohne Land England beherrschte. Als ein Lehen der Normandie
wurde die Bretagne angesehen, obgleich sie wohl selten sich gehor-
sam diesem Verbände gefügt hat. Dort nämlich, im alten Armorica,
haben sich bis heute britische Einwanderer, die Celten, rein erhalten.
Noch heute leben da 1,000,000 Bretons, in Sprache und Sitten sehr
von den Franzosen unterschieden. Im rauhen Lande, an sturm-
umtoster Nebelküste sind sie ein rohes und wildes Volk geblieben,
gar schrecklich anzuschauen in ihren Ziegenkleidern mit dem langen,
schwarzen, struppigen Haar. Kühne Seefahrer und kecke Schmuggler
sind sie; mit welcher Unerschrockenheit haben sie flüchtige Hugenot-
ten und verfolgte Emigrés nach England gebracht ! Immer, so lange
sie selbstständig waren, haben sie sich den französischen Königen
furchtbar gemacht, und nicht eher verschwand die Gefahr, als bis am
Anfänge des löten Jahrhunderts das Land durch Heirath an Franz I.
fiel. Noch einmal spielte die Bretagne eine bedeutende Rolle, als
in der Revolution ihre Einwohner mit den Vendéern, ihren Nachbarn,
gemeinschaftliche Sache machten. Und wie haben sie dafür gebüsst;
in ihrer Hauptstadt, in Nantes, hat die Guillotine so gearbeitet, wie
fast nirgends in Frankreich. Das Stück des Tieflandes, welches von
der Mayenne bis an die Seine und südlich von der Loire um die
Mündungen der Vienne, Indre und Cher liegt, das blieb inmitten der
deutschen Eroberungen bis zur Schlacht bei Soissons (486) römisch.
Als Chlodowig das Land erobert hatte, siedelten sich da besonders
Franken an, und da lagen die Domainen aller französischen Könige;
also nördlich von der Loire die Isle de France und die Orléannais
mit der Grafschaft Chartres, neben dieser die Grafschaften Maine,
Anjou, Alençon, von denen unzählig viele französische Prinzen den
Titel trugen. Und südlich von der Loire die Grafschaften Marche,
Bourbon und Berry; ebenso stete Apanagen der Prinzen von Geblüt.
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Extrahierte Personennamen: Franz_I. Anjou Berry
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England England Bretagne Nantes Frankreich Maine
24
Spanien.
Dort residirten etwa 300 Jahre die omijadischen Kalifen, dort blühte
bis in’s 13te Jahrhundert hinein eine vielbesuchte Universität, auf
welcher Mathematiker, Aerzte und Philosophen gebildet wurden. Aus
dem christlichen Europa selbst zog man dahin, um Medizin und auch
Philosophie zu studiren. Besonders beschäftigte man sich mit dem
Aristoteles, und für so wichtig wurden Auffassungen arabischer
Philosophen gehalten, dass der berühmte Thomas von Aquino selbst
gegen sie schrieb. Auch wurden hier viel tüchtige jüdische Gelehrte
gebildet, sowohl Aerzte, als auch Philosophen und Dichter. Es er-
blühte im Mittelalter dort zum zweiten Mal die hebräische Poesie. —
Cordova war ebenso von der Natur begünstigt, wie durch Kunst ge-
schmückt. Darum heisst es in einer arabischen Dichtung:
»Geliebtes Cordova, wann werd’ ich schauen
Die von den Wolken reich getränkten Auen;
Wann werd’ vernehmen ich des Donners Schall,
Zurückgeprallt vom Dächerwiederhall?
Die Haine schatten dicht in deinem Garten
Der Grund ist Ambra von vielfachen Arten.
Cordova die Städte alle überscheint
Durch vier Dinge, die in ihr vereint:
Die Moschee, die Brücke, welche stösst daran,
Und von Sehra Söller und Altan;
Doch die mächtigste an Glanz und Kraft
Von den vieren ist die Wissenschaft.«
Auch Heine besingt die Moschee:
»In dem Dome zu Cordova
Stehen Säulen dreizehnhundert,
Tragen die gewalt’ge Kuppel.
Und auf Säulen, Kuppel, Wänden
Ziehen von oben sich bis unten
Des Korans arab’sche Sprüche,
Klug und blumenhaft verschlungen.«
Cordova war auch berühmt durch seine Fabrikthätigkeit. Schaf- und
Ziegenleder wurde in feinster Weise verarbeitet, und das Produkt er-
hielt nach der Stadt den Namen. Auch feiner Tabak wurde dort
bereitet, Spaniol genannt. Diese Fabrikthätigkeit ist aber jetzt nicht
mehr bedeutend.
In neuester Zeit hat man den Bergwerksbau wieder aufgenom-
men. So gräbt man Quecksilber bei Almaden in der Sierra Morena,
und in Andalusien gewinnt man Blei. — Weiter flussabwärts liegt
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Das britische Reich.
57
Wenn uns die Meridiane nun auch weniger interessiren, so
desto mehr die Parallelkreise. Auf dem öosten Parallel gedeiht am
Rhein und Main der schönste Wein, in Böhmen wenigstens noch das
herrlichste Obst; in England dagegen wird der Wein nicht mehr reif,
bisweilen sogar nicht mehr die Pflaume und doch lässt man die
Südfrüchte im Winter unbedeckt im Freien und doch wachsen
Pflanzen da, wie der Erdbeerbaum, welche sonst nur in Spanien
Vorkommen. Das erklärt sich leicht aus dem sogenannten oceani-
schen Klima, welches in England herrscht. Ein Land hat, sagen
wir, oceanisches Klima, wenn es verhältnissmässig kühle Sommer,
warme Winter und reichlichen Niederschlag hat. England ist nun
das Musterland für dieses Klima wie Russland für das continentale. —
Bekanntlich ist die Erde ein guter Wärmeleiter, das Meer aber
ein schlechter. Es liegt deshalb im Sommer über dem Lande die
wärmere Luftschicht, im Winter über dem Meere. Da die Luft-
schichten sich stets auszugleichen streben, so strömt im Sommer vom
Meere aus die kühlere Luft Uber England, im Winter die wärmere.
Somit erklärt es sich, dass Pflanzen hier im Freien überwintern, die
anderswo unter dem gleichen Parallel ohne Schutz erfrieren würden
und dass Früchte nicht reifen, die anderswo zur Reife gelangen. —
Da zugleich das Meer das grosse Regenreservoir ist, so fällt hier in
manchen Gegenden fast jeden Tag Regen, wie ja auch der Narr im
König Lear sagt: Und der Regen regnet jeglichen Tag. Dieser
wiederholte Niederschlag befördert den Graswuchs, weshalb ja Irland
das grüne Erin heisst oder auch die Smaragdinsel. Wer kennt
nicht englischen Rasen, wer nicht den pleasure ground in den
englischen Parks? Die Laubholzbäume gedeihen in der Nähe des
Meeres vortrefflich, weshalb denn diese Inseln auch das Land der
Eichen, Buchen und Linden sind. Englisches Eichenholz und eng-
lische Eichenherzen waren nöthig, um die berühmte Flotte Englands
erblühen zu lassen. Im lustigen Old-England des Waldkönigs Ro-
bin Hood erstreckten sich weit und breit noch jene köstlichen Wal-
dungen, deren spärliche Ueberreste die englischen Parks sind. Wie
schön malt uns Walter Scott diese Waldfülle, welchen tiefen Ein-
druck macht die Herrlichkeit dieser grünen Landschaft auf jeden
englischen Schriftsteller. Ziehen wir mit Longsley durch die Wald-
wildniss oder wandern wir einsam mit Eugen Ar am am saftgrünen
Ufer der Isis oder gehen wir mit Robert Bums in die schottischen
Haiden, um den Hirsch zu jagen, immer und immer herrscht da die
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Lear Walter_Scott Eugen Robert_Bums
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Main England Spanien England England Russland England Irland Englands Waldkönigs_Ro-
58
Das britische Reich.
Freude an der grünen Pracht der Natur. Aber nicht nur das Laub-
holz gedeiht so üppig, auch das Nadelholz spriesst in zäher Fülle
auf. 5 — 600jährige Taxusbäume stehen auf den Kirchhöfen als
Ueberreste jener ausgedehnteren Pflanzungen, die sich einst vorfanden.
Jene englischen Freeholders und Copyholders, jene Nachkommen der
alten Angelsachsen, deren Hauptwaffe Bogen und Knüttel waren,
übten sich bei ihren ländlichen Festen z. B. am 1. Mai mit dem
Bogen, welchen sie aus dem Holz des Taxusbaumes geschnitzt
hatten. Und was sie so oft im Scherze gethan, das half ihnen im
bittern Ernst. Bei Crecy, Maupertuis und Az in court siegte
der grosse Bogen des englischen Fussvolkes Uber die Ritterschaaren
Frankreichs. Die französischen Könige errichteten zwar Compagnieen
von francs - archers, doch erlangten diese nie die Bedeutung wie die
englischen. —
Man hat oft angenommen, dass Frankreich und England zwi-
schen Calais und Dover zusammengehangen haben. Man führt als
Beweis dafür den Umstand an, dass ein Rücken zwischen diesen
beiden Städten noch jetzt im Meere zu bemerken sei.
Ferner findet man an der Südküste Englands Fluthmarken, welche
darauf hindeuten, dass einst die Fluth hier noch viel höher gestiegen
sei, als jetzt, obgleich sie doch auch schon an einzelnen Stellen sich
bis 60 oder 70 Fuss erhebt. Ist das einstmals gewesen, dann lässt
sich das nur daraus erklären, dass der Kanal früher an seinem Ost-
ende geschlossen war. Dieser Kanal begrenzt England im Süden
und trennt es von Frankreich. Da in jeder Meerenge zwei Strömun-
gen sich finden, da hier ausserdem ein Theil der von Süd - Afrika
kommenden Fluthwellen hindurchströmt, so ist es natürlich, dass der
Kanal fast jede Stunde anderes Hochwasser hat und somit ein höchst -
gefährliches Meer ist. Cäsar hat das bei seiner zweimaligen Ueber-
fahrt sehr zu empfinden gehabt. Nebel, Stürme und Untiefen machen
das Meer noch drohender. Wie oft fahren hier im dichten Nebel
Schiffe einander an! Da hilft kein Licht am Mast, kein Läuten der
Schiffsglocken; der dichte Nebel verhindert Sehen und Hören. Und
doch fuhren schon im Alterthume, wie Cicero meldet, die Bewohner
der beiden Küsten häufig zu einander und die Nord-Celten in Gallien
erhielten Hülfe von ihren britischen Brüdern. Die Inseln erheben
sich nicht unmittelbar aus der grössten Tiefe des Meeres; sie sind
nur gewissermassen die oberste Platte einer aus dem atlantischen
Ocean ansteigenden Terrasse. Westlich und nördlich nämlich von
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Extrahierte Personennamen: Ernst Maupertuis Cäsar Cicero
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreich England Dover Englands England Frankreich Afrika Gallien