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publiken des Altertums, auch für die wirtschaftliche und geistige
Hebung des Volkes, für Landwirtschaft und Gewerbe, Handel
und Verkehr, Schule und Kirche, Kunst und Wissenschaft: ihr
Ziel ist die allgemeine Wohlfahrt.
§ 9. Steuern, Zölle und Kolonieen.
1. Die alten Germanen hatten keine Staatsausgaben,
kannten daher auch keine Steuern und sahen sie vielmehr als ein
Zeichen der Knechtschaft an. Mit der Bildung eines besoldeten
Beamten standes und der stetigen Steigerung der
Staatsthätigkeit stiegen natürlich auch die Ausgaben des
Staates, und so entstand seit dem Beginn der Neuzeit überall
allmählich das Steuerwesen, das sehr verschiedenartig aus-
gebildet wurde. Die Steuern werden also für Einrichtungen
des Staates, zum Wohle aller Einwohner, erhoben, und
darum ist jeder Bürger zu ihrer Zahlung verpflichtet. Sie
gerecht zu verteilen ist aber sehr schwierig, und man hat die
verschiedensten Wege gewählt, um sie dem Vermögen, dem Ein-
kommen und der Leistungsfähigkeit der Bewohner anzupassen
und möglichst hohe Betrüge zu erzielen.
Die Steuern werden entweder als unmittelbare Beiträge
von den einzelnen Volksgenossen erhoben und heißen dann
direkte, oder gewisse Waren werden (beim Eintritt über die
Grenze oder bei ihrer Herstellung oder bei ihrem Verkaus) mit
Abgaben belastet, die Bewohner also mittelbar besteuert, und
deshalb nennt man solche Abgaben indirekte. Manche Staaten
haben auch Einnahmen aus eigenem Besitz oder staatlichen Be-
trieben, z. B. Preußen aus den Domänen und Forsten und den
Eisenbahnen, Frankreich aus dem Tabak- und Zündholzverkauf.
Die Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben des
Staates nennt man den Staatshaushalt, der Voranschlag
desselben heißt Etat (Budget). Der Etat kann im Gleich-
gewicht stehen (balancieren), einen Uberschuß haben oder einen
Fehlbetrag (Defizit) aufweisen. Auch Schulden kann ein Staat
machen, indem er Anleihen aufnimmt und dafür verzinsliche
-Staatspapiere ausgiebt.
2. Für die wirtschaftliche Entwicklung der Länder sind be-
sonders wichtig geworden die Erhebung von Zöllen und die
'Erwerbung von Kolonieen.
Um die Industrie im eigenen Lande zu schützen, die Ab-
satzbedingungen günstiger zu gestalten und zugleich bequeme
Einnahmequellen zu haben, suchte zuerst Colbert, der be-
rühmte Finanzminister Ludwigs Xiv., die Einfuhr fremder
Jndustriewaren durch hohe Zölle zu erschweren oder ganz zu
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Kriegsfuß gesetzt; das gesamte Heer wird dann in Arme een ein-
geteilt, deren jede mehrere Armeekorps umfaßt.
Für die Schlagfertigkeit des Heeres hat der General st ab
der Armee zu forgen.
Oberbefehlshaber des gesamten Heeres im Kriege ist
der Kaiser; im Frieden bildet das bayerische Heer einen ge-
schlossenen Bestandteil unter der Militärhoheit des Königs von
Bayern; auch die Könige von Sachsen und Württemberg
haben über ihre Truppen bestimmte Reservat- oder Sonder-
rechte. (Derartige Sonderrechte bestehen auch im Steuer-,
Post- und Gefandtschaftswesen.)
4. Tie Marine oder Kriegsflotte steht unter dem allei-
nigen Oberbefehl des Kaisers. Sie zählt etwa 100 größere Schiffe
(P a n z e r - oder L i n i e n f ch i f f e, P anz erka n o n e nb o ot e, große
und kleine Kreuzer, Schulschiffe) und Torpedoboote. Die Be-
mannung zerfällt in Offiziere, Matrosen, Maschinisten, Artille-
risten und Seesoldaten und zählt im Frieden 26 000, im Kriege
40 000 Mann. Kriegshäfen sind Kiel und Wilhelmshaven.
Deutschland ist durch seine Lage im Herzen Europas,
ringsum von zum Teil feindlichen Völkern eingeschlossen und
ohne natürliche Grenzen, ein starkes Landheer zu unterhalten
genötigt; zugleich bedarf es, um die Stellung als Großmacht
zu wahren, die Küsten zu verteidigen und die Angehörigen in
fremden Ländern, den überseeischen Handel und die Kolonieen
zu schützen, auch einer tüchtigen Flotte.
5. Das Reich erhebt keine direkte Reichssteuer, sondern ist
ganz auf indirekte Steuern und andere Einnahmen ange-
wiesen. Die indirekten Steuern werden im Reiche teils als
Grenzzölle (Schutz- und Finanzzölle) erhoben, teils als Ver-
brauchssteuern von Gegenständen allgemeinen Verbrauches,
wie Branntwein, Bier, Tabak, Zucker und Salz. Außerdem er-
hält das Reich noch einige Stempelsteuern und die Über-
schüsse aus den Zweigen der Reichsverwaltung. Genügen diese
Einnahmen nicht, um die Ausgaben zu decken, welche die ein-
zelnen Zweige der Reichsverwaltung erfordern, so wird der Fehl-
betrag durch Beiträge der Einzelstaaten nach Maßgabe ihrer
Bevölkerung, sog. Matriknlarbeiträge, oder durch An-
leihen aufgebracht.
§ 14. Das Erwerbs- und Rechtsleben. Die soziale
Gesetzgebung.
1. Das Reich bildet ein einheitliches Handels- und
Zollgebiet (zu dem noch das Großherzogtum Luxemburg ge-
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Extrahierte Ortsnamen: Bayern Sachsen Wilhelmshaven Deutschland Europas Luxemburg
37
solcher den Vorsitz in den Sitzungen des Ministeriums; in der
Regel ist der Reichskanzler zugleich Ministerpräsident. (Im
Reiche dagegen ist der Reichskanzler der Vorgesetzte der Staats
sekretäre.) Wohnt der König einer Sitzung des Staatsministe-
riums bei, so nennt man sie einen Kronrat.
Eine dem Könige persönlich zur Bearbeituug seiner Ge-
schäste unterstehende Behörde ist das Geheime Kabinett, das
in ein Civil-, ein Militär- und ein Marinekabinett zerfällt.
2. Das Staatsgebiet ist in 12 Provinzen eingeteilt;
sie zerfallen in Regierungsbezirke, diese wieder in Kreise
(Stadt- und Landkreise) und diese endlich in Gemeinden
(Stadt- und Landgemeinden). An der Spitze des gesamten
Staates steht als Centralbehörde das S t a a t s m i n i st e -
rium; unter ihm stehen die mittleren Behörden (nämlich
der O b e r p r ä s i d e n t ander Spitze der Provinz, der Regie-
rungspräsident mit der „Regierung" an der Spitze des
Regierungsbezirks, der Land rat an der Spitze des Land-
kreises) und die unteren oder Lokalbehörden (die Orts-
behörden der Stadt- und Landgemeinden).
3. Die Staats ausgaben werden bestritten teils durch
Überschüsse aus den einzelnen Verwaltungszweigen, teils
durch Steuern, teils durch Überweisungen vom Reiche.
Preußen hat noch einen großen Besitz von Domänen und
Forsten, ihm gehören fast alle Eisenbahnen, einige Berg- und
Salzwerke, es betreibt eine Staatslotterie und ein Bankgeschäft
(die Seehandlung): diese Verwaltungen gewähren alle, be-
sonders die Eisenbahnen, bedeutende Überschüsse. — Die
Steuern sind teils direkte, nämlich die Ein körn men-
st euer und die Ergänzungs- (oder Vermögens-)
Steuer, teils indirekte, wie Stempel- und Erb-
schaftssteuern. Die Einkommensteuer wird von dem
Gesamteinkommen der Steuerpflichtigen erhoben, läßt aber alle
Einkommen unter 900 Ji> frei und steigt stufenweise mit der
Höhe des Einkommens auch prozentuell, so daß
bei einem Einkommen von 900 ,/6 6 Jt> obcr2/3°/o,
„ „ „ „ 3 000 „ 52 „ „ lu/i5°/o,
„ „ 10 000 „ 300 „ „ 3 °/o,
„ „ „ „ 100 000 „ 4000 „ „ 4%
Steuern gezahlt werden. — Die Vermögenssteuer wird
neben der Einkommensteuer von dem aus Grund- oder Kapital-
besitz bestehenden Vermögen erhoben. — Die meisten und ertrag-
reichsten indirekten Steuern hat das Reich; von ihnen erhalten
die Einzelstaaten nach bestimmten Gesetzen gewisse Summen
überwiesen, die sog. Überweisungen; diesen stehen wieder
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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38
die von den Einzelstaaten an das Reich 31t zahlenden Beiträge,
die Matrikularbeiträge, gegenüber.
§ 17. Die Selbstverwaltung der Gemeinden und der
Kommunalverbände.
1. Sowohl die Gemeinden (Stadt-und Landgenieinden)
als auch die höheren Gemeinde- oder Kommunalver-
bände (Kreise und Provinzen) haben das Recht der Selbst-
verwaltung, d. h. sie besetzen selbständig ihre Ämter, wählen
ihre Vertreter, verwalten ihre Angelegenheiten und legen die
dazu nötigen Steuern aus, natürlich unter Oberaufsicht und
nach den Gesetzen des Staates.
2. In den Städten sind alle Einwohner, die seit einem
Jahre selbständig dort wohnen und preußische Staatsbürger
sind, städtische Bürger. Die Verwaltung der Gemeinde-
angelegenheiten erfolgt durch zwei selbstgewählte Körperschaften,
die beratende, beschließende und beaufsichtigende
Körperschaft der Stadtverordnetenversammlung und die
ausführende und verwaltende des Magistrats.
Die Stadtverordnetenversammlung, von der mindestens
die Hälfte ans Hausbesitzern bestehen muß, wird nach dem Drei-
klassenwahlsystem von den Bürgern auf 6 Jahre gewählt, und
zwar wählt jede Klasse besondere Vertreter; sie stellt den jähr-
lichen Stadthaushalt fest und legt die Gemeindesteuern aus;
diese sind teils nach Prozenten berechnete Zuschläge zur Staats-
einkommensteuer, teils Grund-, Gewerbe-, Betriebs-, Bier-,
Umsatz-, Hundesteuer u. ä.
Der Magistrat wird durch die Stadtverordnetenver-
sammlung gewählt und besteht aus dem Bürgermeister,
dem Beigeordneten und mehreren teils besoldeten, teils un-
besoldeten Stadträten. Die Magistratsmitglieder werden
auf 6 oder 12 Jahre oder auf Lebenszeit gewählt und bedürfen
der Bestätigung durch die Regierung.
In den Städten, wo nicht eine besondere königliche Polizei
eingerichtet ist, verwaltet der Bürgermeister auch die Orts-
polizei, und zwar allein, ohne Mitwirkung des Magistrats.
3. Ähnlich ist die Verwaltung der Landgemeinden
geregelt. Die Bewohner treten hier entweder alle als Ge-
meindeversammlung zusammen oder sie wählen in
größeren Gemeinden Gemeindeverordnete; die Verwal-
tung leitet der von der Gemeindeversammlung oder -Vertretung
gewählte Gemeindevorstand, der aus dem Gemeinde-
vorsteher (Schulzen) und zwei (oder mehr) Schöffen be-
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um Christi Geburt etwa 5, im Jahre 1300 etwa 17, 1700 etwa
26, 1800 etwa 40, 1900 etwa 100 Einwohner auf 1 qkm.
2. Mit der Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens ändert
sich auch der Taufchverkehr. Man unterscheidet nach den
Mitteln desselben drei Stufen:
a) die Naturalwirtschaft: nur Tinge, die unmittelbar
gebraucht werden, werden gegeneinander eingetauscht (so
in Deutschland bis zum 13., teilweise bis zum 18. Jahrh.);
d) die Geldwirtschaft: gemünztes Metallgeld wird Tausch-
mittel (seit der Entstehung des Handwerks und des Han-
dels in Städten, in Deutschland seit dem 13. Jahrh.);
e) die Kreditwirtschaft: die Leistung wird zwar gemacht,
die Gegenleistung aber nur auf Borg (Kredit) versprochen
(seit dem 18. Jahrh.).
3. Als Geld werden meist nur die Edelmetalle benutzt,
weil sie wertvoll, dauerhaft, leicht formbar und teilbar sind und
ihr Tauschwert nur geringen Schwankungen unterliegt. Nach
dem Edelmetall, das in einem Staate als Zahlungsmittel gilt
(abgesehen von der Scheidemünze), unterscheidet man:
a) die Goldwährung (in England); Deutschland hat die
hinkende Goldwährung, da hier neben dem Golde die
Thalerstücke volle Zahlkraft haben;
d) die Silberwährung (in China, Mexiko);
e) die Doppelwährung (Bimetallismus): jedem ist
freigestellt, ob er in Gold oder in Silber zahlen will;
dazu muß jedoch natürlich ein festes Wertverhältnis
zwischen Gold und Silber bestimmt sein.
Das Papiergeld ist an sich völlig wertlos, sein Wert
hängt lediglich ab von der Zahlungsfähigkeit des ausstellenden
Staates. Ist dieser richt imstande, es einzulösen, so sinkt sein
Wert: so galten die Assignaten zur Zeit der französischen Revo-
lution schließlich nur noch den 800. Teil ihres Nennwertes.
Auch das Edelmetallgeld kann, wenn man seinen Fein-
gehalt verringert, verschlechtert werden und so an Wert ver-
lieren: das geschah z. B. bei der Solonifchen Schuldentlastung,
durch die Kipper und Wipper im 17. Jahrh, und durch Fried-
rich den Großen im siebenjährigen Kriege. — Natürlich ist auch,
da der Tauschwert oder Preis jeder Ware erstens von ihren
Herstellungs-(Produktions-)Kosten und zweitens von An-
gebot und Nachfrage (dem Wettbewerb oder derkonkur-
renz) abhängig ist und daher häufig wechselt, auch der Wert
des Edelmetalls Schwankungen unterworfen. Bei größerem
Angebot, z. B. durch Entdeckung neuer Minen, sinkt der Wert
oder die Kaufkraft des Silbers und Goldes, d. h. alles wird
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Deutschland Deutschland England Deutschland China Mexiko
Arbeitgeber, die zu diesene Zwecke in Berufsgenossenschaften
organisiert sind.
Zu den Kosten der Jnvaliditäts- und Altersver-
sicherung zahlen Arbeiter und Arbeitgeber je die Hälfte des
Beitrages, und das Reich giebt zu jeder Reute einen Zuschuß
von 50 Jl — Die Beiträge wie die Entschädigungen sind bei
allen drei Versicherungen je nach der Höhe des Verdienstes ver-
schieden.
Auch für die Gesundheit des Arb e i t er st a u d e s wird
durch zahlreiche Gesetze, die sogen. Arbeiterschutz-Gesetz-
gebnug, gesorgt; namentlich für die Frauen und Kinder und
für die Arbeit in gesuudheitsgefährlichen Betrieben sind be-
sondere Bestinunungen getroffen. Auch die Sonntagsruhe
ist wesentlich zum Schutze der Arbeiter eingeführt.
8. Der Preußische Staat.
§ 15. Die Verfassung. Der König, Herrenhaus und
Abgeordnetenhaus.
1. Das Königreich Preußen ist seit 1848 eine kon-
stitutionelle M o n a r ch i e. An der Spitze des Staates steht
der König, der in Gesetzgebung und Verwaltung durch die
Volksvertretung, den Landtag, beschränkt ist.
Die Königswürde ist erblich im Mannesstamme der
Hohenzollern nach dem Rechte der Erstgeburt. Der König wird
bereits mit 18 Jahren großjährig; ist er minderjährig oder
dauernd an der Regierung verhindert, so übernimmt der nächste
volljährige Anverwandte als Regent die Regierung. Die
königliche Linie der Hohenzollern ist evangelisch, die fürstliche
Seitenlinie katholisch. Für den Unterhalt der gesamten könig-
lichen Familie erhält der König die Krondotation oder
Civilliste (rund 15 Mill. J6.), welche zur Hälfte aus den
Einkünften der (früher dem Herrscherhause allein gehörigen und
von ihm erst dem Staate geschenkten) Domänen vorweg zu
zahlen ist. Als Deutscher Kaiser hat der König von Preußen
keine besonderen Einnahmen.
2. Der König leistet beim Antritt seiner Regierung den
Eid auf die Verfassung. Er ist unverantwortlich und
braucht, außer Gott, niemand Rechenschaft über seine Regie-
rungshandlungen zu geben; für diese sind seine Minister
verantwortlich, und deshalb bedarf jede Unterschrift des
Königs in Staatssachen der Gegenzeichnung eines Mini-
sters. Ter König hat folgende Regierungsrechte: er beruft
und schließt den Landtag und kann ihn auflösen, er ernennt und
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3. Geschichtl. Überblick üb. b. Wirtschaftsleb. u.d. Finanzwesen in Preußen u. Deutscht. 51
Förderung. Der Weichselhandel sollte durch den Bromberger Kanal nach
Stettin gezogen werden, der Plauesche und Finowkanal sollte den Elb-
handel in die Oder lenken. Die Weichselregulierung erfolgte zugunsten
Elbings und des Hafens Neufahrwasser. Swinemünde wurde Stützpunkt
gegen den schwedischen Handel. Eine Ostasiatische und Levantische Handels-
gesellschaft in Emden sollte den Blick aufs hohe Meer lenken. Das Mer-
kantilsystem hatte unter Friedrich seine schärfste und folgerichtigste Aus-
bildung gefunden.
d) Friedrich Wilhelm Ii. und Iii.
Friedrich Wilhelm Ii. verharrte bei dem System seines großen Vorgängers, wenn
auch die neue Theorie der Physiokraten schon Eingang fand. Tabak- und Kaffee-
monopol fielen, aber die Einnahmen der Akzise gingen zurück.
Unter Friedrich Wilhelm Iii. kam es trotz größerer Sparsamkeit zu keinerlei
Fortschritten auf den Gebieten des Finanzwesens und Wirtschaftslebens, bis 1806 der
große Zusammenbruch eintrat.
I)) Das neue Preußen seit 1807 und das Reich.
cc) Die Reformen nach 1806. Stein und Hardenberg.
Die Stein-Hardenbergische Reform brachte auf dem Gebiete des
Finanzwesens ein eigenes Ministerium. Die Steuerfreiheiten hörten auf. ix, m
Die Einkommensteuer war die feste Grundlage, dazu kam die Grundsteuer,
die vom Lande auf die Städte ausgedehnt wurde. Eine Stempel-, Erb-
schafts- und Zeitnngssteuer vervollständigten das System. Die Städte er-
hielten die Aufhebung des Zunftzwanges, der Verkaufsmonopole und die
Gewerbefreiheit, also größere Beweglichkeit in Handwerk, Handel und In-
dustrie. Der Unterschied zwischen Stadt und Land wurde gemildert. Die Qu. n, 69
ländlichen Verhältnisse wurden umgestürzt durch die Bauernbefreiung. Die
Erbuntertänigkeit wnrde aufgehoben, die besonders da drückend war, wo
sie mit nichterblichem (lassitischem) Grundbesitz verbunden erschien. Ein Qu. 11,70
freier Bauernstand mit freiem Eigentum war im Werden. Es entstand Qu. 1, 13
aber neben ihm ein ländliches Proletariat, da die ärmsten Bauern als
Jnstleute zu Gutstagelöhnern wurden; sie waren verpflichtet, gegen Geld-
lohn oder Ernte- und Dreschanteile zu arbeiten und lebten in dürftigen ix, 179
Wohnungen mit etwas Acker- und Gartenland. Alle Frondienste wurden
abgelöst, der Gemeindebesitz verfiel der Aufteilung durch Generalkom-
missionen.
ß) Der Ausbau des Reformwerkes bis 1840. ix, 202
Der Ausbau dieser Einrichtungen wurde nach dem Kampfe mit Na-
poleon fortgesetzt.
Ein Schuldenverwaltungsfonds sollte zur Erleichterung der großen Schuldenlast
dienen. Durch die Reform der Steuerverwaltung sowie die Durchführung einer Klassen-
steuer gelang es, die Staatsschuld zu beseitigen. Ein neues Münzgesctz bestimmte, daß
eine feine Mark — 14 Talern, zu je 30 Silbergroscheu, zu je 12 Pfennig sein sollte.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Hardenberg
4. Finanzen und Wirtschaft in Preußen
53
mit der französischen Automobilindustrie auf. Alle Handwerksbetriebe wuchsen ins
Große und Fabrikmäßige. Das Handwerk mußte in die kleinen Städte abwandern, ix, 28i
hielt sich aber mit veränderten Aufgaben auch in den Großstädten. Die Großbanken,
Deutsche Bank, Dresdener Bank, Nationalbank für Deutschland, gingen mit dein
Großunternehmertum Hand in Hand.
Verkehr und Handel wuchsen mächtig empor.
Das Eisenbahnnetz wuchs auf über 60 000 Irrn. Das Kanalnetz wurde seit 1870
um das Vierfache erweitert. Neben dem Kaiser-Wilhelm-Kanal ist hier der Groß- ix, 28a
schiffahrtsweg Berlin-Stettin zu nennen. Elektrischer Bahn- und Kraftwagenverkehr
nahm zu und trat in die Dienste des Handels und Gewerbes. Die Telegraphie und
der Fernsprecher waren im Verkehrs- und Wirtschaftsleben in Stadt und Land un- ix, 28t
entbehrlich. Die Post entwickelte sich auf dem Gebiete der Brief- und Paketbeförderung
nach dem Grundsätze der Schnelligkeit und Billigkeit, sie nahm am Weltverkehr teil.
Eine einheitliche Maß- und Münzordnung schuf Sicherheit im Handel. Es gilt die
Goldwährung (Gold ist einziger Wertmesser) und seit 1876 die Markwährung. Das
Kreditwesen steigerte sich gewaltig, ihm diente die Deutsche Reichsbank sowie die ix, 28t
Seehandlung als preußische Staatsbank. Der Scheckverkehr wurde durch die Einrich-
tung von Postscheckämtern gefördert. Die großen Schiffahrtsgesellschaften (Lloyd, Ham-
burg-Amerikalinie) nahmen teil am Weltverkehr, die deutsche Welthandelsflotte nahm
in der Welt die zweite Stelle ein.
In der Landwirtschaft wirkte die ausländische Überlegenheit an Vieh
und Getreide preisdrückend, die inländische Industrie entzog dem Lande
die Arbeitskräfte. Allerdings wurde die Lage der Landwirtschaft seit dem
verstärkten Anziehen der Schutzzölle (nach dem Abgang Caprivis) besser.
Man arbeitete mit allen Errungenschaften der Wissenschaft (Agrikultur-
chemie) und Technik (landwirtschaftliche Maschinen), man hob dadurch den
Ertrag des Bodens. Auch der Wert des Bodens steigerte sich erheblich.
So konnten 7/8 des Bedarfs an Brotgetreide und 95 vom Hundert an Fleisch
in Deutschland selbst gedeckt werden. Damit war die Landwirtschaft in der
Lage, im Kriegsfälle einer Aushungerung zu begegnen.
4. Finanzen und Wirtschaft in Preußen und Deutschland,
a) Die preußischen Finanzen.
a) Die Behörden.
Das Finanzministerium in Preußen besteht seit 1810. Ihm
untersteht die Generallotteriedirektion, die Münze in Berlin, die Verwal-
tung der direkten Steuern sowie der indirekten Stenern und Zölle.
Zur Verwaltung des letzten Gebietes gehört das Hauptstempelmagazin. Der Ab-
teilung für indirekte Steuern im Finanzministerium sind die Oberzolldirektionen unter-
geordnet. Der Finanzminister leitet die Generalstaatskasse und die Verwaltung der
Staatsschulden. Er hat die Seehandlung als preußische Staatsbank unter sich, der
wieder das königliche Leihamt untersteht.
Die Kontrolle führt die Oberrechnungskammer.
ß) Einnahmen des Staates.
Die Einnahmen des Staates ergeben sich aus dem Staatsbesitz
und Staatsbetrieb.
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TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]
Extrahierte Personennamen: Lloyd Caprivis
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Berlin
4. Finanzen und Wirtschaft in Preußen
55
Die sogenannten Matrikularbeiträge, auf Grund eines Verzeichnisses festgestellte
Beiträge der Einzelstaaten, sollten ursprünglich als Ergänzung dienen für die durch
Steuern nicht gedeckten Bedürfnisse des Reiches. Sie sind von den Einzelstaaten nach
Maßgabe der Kopfzahl zu entrichten. Ihre Wirksamkeit wurde lahmgelegt durch die
Frankensteinsche Klausel, wodurch Mehrerträge aus indirekten Steuern au die Einzel-
staaten zurücküberwiesen wurden.
y) Die indirekten Steuern.
Die wichtigsten Einkünfte ergeben sich ans den in direkten Stenern,
die dem Reiche nahezu ganz überlassen sind. Sie gehen mittelbar ans
Grenzzöllen, Verbrauchsabgaben, Stempelabgaben hervor. Die Grenz-
zölle sind reine Finanzzölle, wenn sie vom Auslande getragen werden.
Sie liegen auf Leuchtöl, Benzin, Schmieröl, Kaffee, Kakao, Tee, auslän-
dischem Tabak.
Sie sind weiterhin reine Schutzzölle. Die Landwirtschaft wird durch
Getreide-, Vieh- und Holzzölle geschützt, die Industrie durch Eisen-, Leinen-,
Baumwollen-, Wollen- und Seidenzölle. Als Verbrauchssteuern be-
zeichnet man die Abgaben von Schaumwein, Branntwein, Zucker, inländischem
Tabak, Salz, Leuchtmitteln sowie die Braustener. Die R eichsstemp el-
fte uern betreffen den Wechselverkehr, Aktien und Schuldverschreibungen,
Lotterielose, die Börse, Frachturkunden, Eisenbahnfahrkarten, Spielkarten.
d) Die Reichsschuld.
Weitergehende Bedürfnisse des Reiches werden durch Anleihen ge-
deckt, durch die die Reichsschuld auf 61/i Milliarde stieg.
Für den Heeresbedarf wurde 1913—16 ein einmaliger Wehrbeitrag erhoben.
Die Verwaltung der Reichs schulden führt die Reichsschuldenverwal-
tung unter Überwachung der Reichsschuldenkommission. Das Reichsver-
mögen, das den Reichsschulden gegenübersteht, besteht aus den Reichs-
eisenbahnen in Elsaß-Lothringen, dem Reichskriegsschatz (mehr als eine
halbe Milliarde), dem Reichsinvalidenfonds.
e) Die Landwirtschaft.
«) Behörden.
An der Spitze des Landwirtschaftswesens steht in Preußen das Mini-
sterium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Die oberste Be-
hörde für das landwirtschaftliche Vereinswesen ist das Landesökonomie-
kollegium, unter dem in allen Provinzen Landwirtschaftskammern
eingerichtet sind.
ß) Der Ausbau der Agrargesetzgebung.
Die Agrargesetzgebung ist seit der Zeit Steins weiter ausgebaut
und zum Abschluß gebracht worden. Sie erstreckt sich im wesentlichen auf
die Ablösung und die Gemeinheitsteilungen.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
4. Finanzen und Wirtschaft in Preußen
57
Den Privatpvstanstalten ist damit der Boden entzogen worden. Das
Briefgeheimnis ist unverletzlich.
Die Postsendungen müssen von der Eisenbahn für Packereien bis zu 10 kg in
einem zur Verfügung gestellten Wagen unentgeltlich befördert werden. Für weitere
Wagenstellung tritt Vergütung ein.
Das Porto ist gesetzlich festgestellt und die Portofreiheiten grundsätz-
lich geregelt. Der Verkehr im Jnlande ist erleichtert durch das einheitliche
Porto und die Herstellung einer täglichen alle Orte berührenden Postver-
bindung. Durch die Einführung des Postscheckverkehrs soll dem Mittel-
stände in Landwirtschaft und Gewerbe der Vorteil des Überweisungssystems
wie beim Giroverkehr der Reichsbank gewährt werden.
Jeder kann ein Postscheckkonto bei der Post errichten und Überweisungen an dies
Konto durch Vermittlung der Postbehörde vornehmen lassen.
Die Reichspost ist dem Weltverkehr durch Anschluß an den Welt-
postverein dienstbar gemacht worden. Die Telegraphie gehört dem
Internationalen Telegraphenverein an. Das Weltpostporto und
die Telegraphengebühren für das Ausland stellen durch Einheitlichkeit und
Niedrigkeit der Taxen eine gewaltige Berkehrserleichternng her.
y) Die Eisenbahnen.
Das Eisenbahnwesen ist für alle wichtigen Linien staatlich geworden.
Die Eisenbahnverwaltung ist im Reiche unter den Bundesstaaten verteilt.
Die Bahnen zerfallen in Hauptbahnen, Nebenbahnen, Kleinbahnen. Die
Nebenbahnen zum Teil und die Kleinbahnen sind privater Anlage über-
lassen.
Die elektrischen Bahnen in den Städten sind in der Hand der Stadtgemeinden oder
der Privatgesellgeschaften.
Die Eisenbahntarife erstreben Gleichmäßigkeit und Billigkeit. Der wirt-
schaftliche Verkehr, die Bedürfnisse von Handel, Landwirtschaft und In-
dustrie sollen möglichst berücksichtigt werden. Besonders ist das der Fall
bei größeren Entfernungen für die unentbehrlichen Roherzeugnisse wie
Kohlen, Erze, Düngemittel. Der Fracht- und Güterverkehr ist die Haupt-
einnahmequelle für die Bahn, der Personenverkehr kommt erst in zweiter
Linie.
e) Kapitalspflege, Handel, Gewerbe (Industrie).
a) Behörden.
Große Zweige des Wirtschaftslebens umfaßt in Preußen das Mini-
sterium für Handel und Gewerbe.
Es sorgt für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen, den Handel und die Ge-
werbe. Es führt die Gewerbeaufsicht und leitet das Gewerbeschulwesen.
Im Reiche ist dieser Zweig des Wirtschaftslebens dem Reichs amt
des Innern zugewiesen.
Seine zweite Abteilung ist für Versicherungswesen und Aktiengesellschaften, Ge-
nossenschaften, Gewerbesachen zuständig, die dritte für Bank- und Börsenwesen, Pa-
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TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
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