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Damals hatte man noch keine Glockenthürine; die Glocken hingen nieder neben
der Kirche in einem Gerüste, das mit einem hölzernen Dache bedeckt war.
Dieses Gerüst wurde allmälig höher und es hob sich über die Kirche; so
entstanden die Glockenthürme, welche als Fingerzeige zum Himmel über die
Wohnungen der Menschen hinausragen, von denen herab die Glocken die
Tageszeiten verkünden, die Gemeinde zum Gottesdienste rufen und die Trauer
und Freude der Menschenkinder mit ihrem Klange begleiten. Die Thürme
und Glocken sind die Zierden der christlichen Tempel; aber welcher Aufschwung
vom hölzernen Gerüste bis zu Erwins Thurm in Straßburg!
Besonders berühmt waren die Schulen in St. Gallen; man unterschied
nämlich deren zwei, eine äußere und eine innere. In die äußere kamen die-
jenigen, welche nicht in das Kloster ausgenommen werden wollten, sondern
nur die Schule besuchten; in der inneren Schule waren die dem Kloster ge-
weihten; hier wurde auch griechisch gelernt, daher sie sich „hellenische Brüder"
(lratres hellenici) nannten. Die allgemeinen Fächer waren: Grammatik,
Dialectik, Rhetorik, Logik, Physik, Arithmetik. Später wurde auch Astro-
nomie getrieben uiid die Mönche bedienten sich eines Astrolabs und Fernrohrs
(freilich keines mit Gläsern), auch verfertigten sie einen Himmelsglobus.
Die Geometrie blieb nicht fremd; unter den alten Büchern hat man auch ein
Heft mir geometrischen Figuren gefunden. Ausgezeichnet war ihre Singschule;
die s. g. Sequentien, welche im Umfange der ganzen katholischen Kirche ge-
sungen werden, sind von diesen Mönchen. Die berühmtesten Lehrer und Ge-
lehrten von St. Gallen waren: Iso, Tutilo, Radbert, 2 Notker, 2 Ekke-
hart u. a.; ausgezeichnet durch Wissenschaft war auch Bischof Salomo von
Konstanz, zugleich Abt von St. Gallen. Die Schulzucht war sehr streng
und die Ruthe wurde nicht gespart. Es mag es auch wohl gebraucht haben,
denn die Knaben, welche auf dem Hofe unter dem Gesinde aufwuchsen, mit
Jagdhunden, Rossen und Stoßvögcln am frühesten umgehen gelernt hatten,
mochten sich wohl schwer in die Schulbänke und in eine Ordnung fügen. Ein
solcher Zögling zündete einmal das Stift an, als er auf die Bühne nach
Ruthen geschickt wurde.
Dieses Kloster und andere ihm ähnliche waren die Bildungsstätten, aus
denen die tüchtigsten Bischöfe und Geistlichen hervorgingen. In ihnen leuch-
tete noch ein einsames Licht, die Liebe zur Wissenschaft, und ihnen verdanken
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Ll4
wir es größtentheils, daß nicht alle Bücher der Alten verloren gegangen
sind.
Nach und nach entstanden noch viele andere Klöster, Männer- und
Frauenklöster, von denen wieder andere Zwecke angestrebt wurden. Das
Besitzthum aller Klöster mehrte sich und das aus sehr verschiedenen Gründen.
Der erste und wichtigste ist dieser: Viele Menschen hatten in jener Zeit den
festen Glauben, daß es ein Gott wohlgefälliges Werk sei, ein Kloster zu
stiften und zu unterstützen, damit ein Ort weiter sei auf der Welt, wo Tag
und Nacht Gebet und Lobgesang von Männern und Frauen zu Gott empor-
steige. Andere stifteten, um Uebelthaten zu sühnen, welche sie selbst oder ihre
Angehörigen begangen hatten. Ferner gingen viele Leute in die Klöster und
brachten Gut mit, andere aber vermachten dorthin, mit der Bedingung, daß
jedem ihrer Nachkommen das unbestrittene Recht zustehe in das Kloster einzu-
treten; für solche war demnach das Kloster eine Versicherungsanstalt. Vier-
tens: Viele Freien, die sich vor den Gewaltthätigkeiten der Mächtigen scheuten,
begaben sich unter den Schirm von Stiften, indem sie an dieselben gerne einen
mäßigen Zins abtrugen, wenn sie nur nicht in die Gewalt der Großen kamen ;
unter dem Krummstab ist gut wohnen, war das alte Sprüchwort. So wurden
die Stifte Herrschaften, die Aebte Herren über Land und Leute und sie mehr-
ten ihr Gut durch Kauf, während viele Adelige verdarben. So brachten es
die Zeitverhältnisse mit sich, anders konnten sie nicht thun, und wer dicß den
Klöstern zum Vorwurf macht, muß es ihnen überhaupt übel nehmen, daß ein-
mal Stifte und Aebte eristirt haben.
Die Klosterämter: Kastvogt, Meyer, Keller
Nun sollten die Vorsteher der Klöster ihre Unterthanen gegen Angriffe
venheidigen oder sie in das Feld führen, wenn der Landesherr zu den Waffen
rief; sie sollten Gericht halten, Abgaben und Zinse einziehen u. s. w.; nach
dem Gesetze der Kirche aber, das freilich oft genug übertreten wurde, durfte
kein Geistlicher Blut vergießen, weder als Richter noch als Krieger, und auch
das Einziehen der Steuern glaubte man für die Person der Mönche nicht an-
ständig. So entstanden viele Stiftsämter, welche von Weltlichen bekleidet
wurden und wegen ihrer Einträglichkeit sehr gesucht waren. — Das wichtigste
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Lls
dieser Stiftsämter (auch bei vielen Bisthümern kam es vor) war die Kast-
oder Schirmvogtei, die immer von angesehenen adeligen Geschlechtern, ge-
wöhnlich von den Nachkommen des Stifters, verwaltet wurde. Der Kastvogc
hatte die Verpflichtung das Stift gegen Gewaltthat zu schützen, seine Rechte
zu vertheidigen und im Nothfalle die Klosterleute ins Feld zu führen und mit
seinen eigenen zu helfen. Außerdem richtete der Kaftvogt über „Frevel" d. h.
über Diebstahl, Raub, Mord und Mordbrand, Verwundung u. s. w. und
kam zu diesem Behuft zu bestimmter Zeit in den Gerichtsort; während er
anwesend war, mußte das Stift ihn und sein Gefolge, auch Pferde, Hunde
und Stoßvögel verköstigen. Außerdem erhob der Kaftvogt eine bestimmte
Steuer; von den Geldstrafen erhielt er wenigstens ein Drittel (und ursprüng-
lich wurden die meisten Verbrechen mit Geld bestraft), so daß also eine Kast-
voglei ein sehr einträgliches Amt war. Aber wie oft sah sich nicht dieser
Schirmherr geradezu als Herrn des Klosters an.' In zahllosen Urkunden wird
über Gewaltthätigkeit, Eigenmächtigkeit, Beeinträchtigung des Stistsguts
durch die Kastvögte geklagt, und es wird nun genau bestimmt, wie oft der
Kaftvogt kommen dürfe, mit wie viel Männern und Pferden, wie lang er
bleiben dürfe u. s. w. Das half gemeiniglich nicht lange; die durch Krieg,
Theilung und Verschwendung heruntergekommenen Adeligen sahen nur mit
Neid auf den reichen Besitz des von ihren Vorfahren gestifteten Klosters;
andere suchten Erweiterung ihrer Herrschaft und meinten dazu das Geld und
die Leute des Klosters wohl brauchen zu können. Gegen solche Herren halfen
die Urkunden gar nichts, und der Bann und andere geistliche Schreckmittel oft
nicht viel.
Ein solches Amt war ferner das der Meyer. Die großen Hofgüter theilte
man gewöhnlich in mehrere kleinere Wirthschaften, welche Mausen, Huben
(mau8u8, üobu — 40 Jucharten), Schuppisen, Ronkalen genannt wurden.
Der größte unter diesen Höfen und der Mittelpunkt derselben hieß Kellhof, und
der Oberaufseher eines solchen Hofes war der Meyer (vjilicu8). Ihm lag die
Leitung des Feldbaus ob und der Einzug der Gefälle. Gewöhnlich aber
waren die Meyer zu vornehm um sich mit dem Landbau abzugeben, und sic
wurden Edelknechte, trugen Waffen und verwalteten die Gerichtsbarkeit „über
Awing und Bann", d. h. sie schlichteten Streitigkeiten, welche unter den
Klosterleuten über Marken, Weiderechte, Abgaben, Wasserleitungen, Holz-
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Ll«
fällen u. dergl. entstanden. Auch die Meyer schwuren beim Antritt ihres
Amtes des Klosters Nutzen zu fördern und dessen Schaden zu wenden und seine
Rechte zu vertheidigen, aber es geschah trotz des Schwurs mehr als einmal,
daß die Meyer auf entfernten Stiftsgütern die Gefälle zurückhielten und wie
Herren schalteten. — Wo solche vornehme Meyer waren, da wurden Keller
(Lellarjuch aufgestellt, um den Einzug der Gefälle zu besorgen. Indessen
darf man annehmen, daß nur bei den vornehmsten Klöstern alle 3 Beamtungen
vorgekommen sind.
Fünftes Kapitel.
Wie die Pfarrkirchen entstanden
An einem Sonntage hören wir von allen Seiten her Glockengeläute, und
wenn nur ans einem erhöhten Punkte stehen, erkennen wir an den Kirchthür-
men die Lage der Dörfer, welche durch Hügel oder Wälder verdeckt sind) aber
im 7len, 8ten und 9ten Jahrhundert war es anders, da gab es nur wenige
Pfarrkirchen; denn von den Dörfern und Gemeinden, wie wir sie heutzutage
sehen, waren kaum die ersten Spuren vorhanden. Man sah nur kleine Weller,
welche einem Gutsherren gehörten, dem sie dienten und zinseten; einzeln ge-
legene Höfe und Häuser, gewöhnlich Lehen, selten freies Eigenthum; den
größten Theil des Bodens bedeckte Waldung. Hie und da ging es nun
einem Gutsherrn zu Gemüthe, daß so viele seiner Leute ohne Kenntniß des
christlichen Glaubens und ohne Genuß der Heilmittel aufwachsen, heran leben
und endlich dahinkahren; das Verderben so vieler Seelen aber mußte sich der
Gutsherr selbst zuschreiben. Darum bauten viele solcher Gutsbesitzer weltlichen
Standes (die Stifte thaten es ohnehin) auf ihren Höfen Kirchen, kleine
Häuser, in Form eines Schuppens, hölzern, mit Stroh oder Schindeln ge-
deckt, lange Zeit ohne Glasfenster. Ein Sohn des Gutsbesitzers, oder ein
Verwandter oder auch ein Leibeigener erlernte in irgend einem Stifte das
Nothwendigfte, wurde geweiht und diente nun der neuen Kirche als Priester.
Er wohnte aus dem Hose und bezog von demselben seinen Unterhalt; dieser
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Lus
Fünftes Kapitel.
Karl Iv. (1341-1378.)
Gegen diesen Karl wählte die Mehrheit den tapfern Grafen Günther von
Schwarzburg, verließ ihn aber wieder .schnöder Weise. Karl war der Stief-
vater des Reichs, der nur sein Böhmen liebte. Als die Raubschaaren des
Jngelram von Cöucy, welche in dem Frieden zwischen Frankreich und Eng-
land unbeschäftigt waren, Elsaß und Lothringen plünderten und so hausten,
daß sie vom Landvolke „Schinder" genannt wurden, zog er mit einem großen
Heere gegen sie aus, aber wagte nicht sie anzugreifen, daher das Volk Spott-
lieder auf ihn sang. Die Bürger der Stadt Bern hingegen, welche 1339
den Adel bei Laupen glänzend besiegt hatten, griffen einzelne Heeresabthei-
lungen der Räuber an und vernichteten sie.
Der eidgenössische Bund der 8 alten Erte. (1383.)
Ein andersmal zog er mit 40,000 Mann vor Zürich und belagerte diese
Stadt, welche sich aus Furcht vor Oestreich in den eidgenössischen Bund be-
geben hatte; diesem Beispiele waren auch Zug und Glarus gefolgt, wo der
Herzog von Oestreich Hoheitsrechte besaß. Der Kaiser erklärte nun, Reichs-
glieder dürfen sich nicht ohne den Willen des Kaisers verbinden; das mochte
wohl wahr sein, allein wie lange war es schon, daß ein Kaiser eine Reichs-
stadt geschirmt hatte? Darum gaben die Eidgenossen nichts um die kaiserliche
Mahnung, und Karl richtete gegen sie nichts aus. Bei dieser Gelegenheit ließ
sich auch Bern noch in den Bund aufnehmen, eine Stadt, in welcher ein
weiser Rath tapfere Bürger regierte. Diese 8 Stände nannten sich später „die
8 alten Orte", als noch 5 neuere hinzu gekommen waren; 1481 Freiburg
und Solothurn, 1501 Basel und Schaffhausen, 1513 Appenzell.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Iv Karl Karl Karl Günther_von
Schwarzburg Günther Karl Karl Cöucy Oestreich Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Lothringen Glarus Freiburg Solothurn Basel Schaffhausen Appenzell
an
Das Herzogthum Burgund, die Mittelmacht zwischen Deutsch-
land und Frankreich, vernichtet.
Kaum waren die Engländer aus Frankreich vertrieben, als König Lud-
wig Xi., welcher als Dauphin die Schlacht von St. Jakob geliefert hatte,
den zweiten Nebenbuhler, den Herzog von Burgund, zu stürzen unternahm.
Vor Zeiten hatte nämlich ein französischer König, Johann (1361), seinem
vierten Sohne Philipp die Provinz Burgund als Herzogthum gegeben;
freilich war ausgemacht worden, daß der Herzog Lehensmann von Frank-
reich sein sollte, aber das kümnierte den vierten Herzog Karl so wenig, daß
er den König selbst bekriegte und in große Noth brachte. Dieser Herzog
Karl war einer der mächtigsten Herren der Christenheit; sein Vater Philipp
und er selbst hatten das Herzogthum so vergrößert, daß cs von dein frics-
ländischen Groningen über Brüssel, St. Quentin, Lille, Peronne, Luren-
burg, Nancy, Mömpelgard, Besanoon bis Genf reichte. In den belgischen
Städten war schon damals blühender Gewcrbsfleiß und in Folge dessen
großer Reichthum, und Ostende und Antwerpen wetteiferten als Handels-
städte mit Venedig. Dadurch mehrte sich auch das Einkommen des Herzogs
so, daß er nach dem türkischen Sultan für den reichsten Monarchen galt.
Karl hielt ein Heer von 40000 Mann, hatte mehrere hundert Kanonen
und stand immer kriegsgerüstct da. Er warb aber sonderbarer Weise nicht
etwa deutsche Söldner, sondern fast lauter italienische, obwohl er wissen
mußte, daß diese sich wohl schmucker darstellten, aber lange nicht so kräftig
dreinschlugen. Der stolze Herzog wäre gar zu gerne König geworden und
trat deßwegen mit dem Kaiser Friedrich in Unterhandlung, weil man damals
glaubte, nur der Kaiser könne den Königstitel ertheilen. Dieser Zeigte sich
auch sehr willig, denn er hoffte, Karls Tochter, Maria, die Erbin von
Burgund, für seinen Sohn Marmilian zu gewinnen. Schon war alles
zur Königskrönung bereit, als Friedrich sich mit Karln entzweite und ihn
dem Spotte der Welt überließ. Karl griff nun sogleich an, Friedrich zog
ihm mit 50,000 Mann entgegen, wagte aber nichts, und Karl verlor in
der eilfmonatlichen Belagerung von Neus sehr viele Leute in vergeblichen
Stürmen.
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Extrahierte Ortsnamen: Burgund Deutsch- Frankreich Frankreich Burgund Burgund Groningen Lille Mömpelgard Genf Antwerpen Venedig Karls Burgund
:ü3
feste Burg und ließen die Besatzung über die Klinge springen. Als sie das
'fefie Höricourt belagerten, kam der Graf Romont mit 18000 Mann zum
Entsätze; den sagten sie beim ersten Anlauf in die Flucht und verfolgten den
Feind stundenweit; die Sieger hatten nur fünf Mann verloren!
Endlich kam Karl selbst; er hatte mit dem Kaiser Frieden geschlossen,
König Ludwig regte sich nicht, und die Schweizer hatten nun keine Ver-
bündeten, außer den wenigen Reitern der Herzoge Sigismund und Renatus
und die Bürger aus den oberrheinischen Städten. Die Besatzung des Schlos-
ses Granson ergab sich nach tapferer Gegenwehr, und Karl ließ die 600
Männer theils ersäufen, theils erhenkcn; aber am 3. März 1476 schlugen
ihn die Schweizer bei Granson so leicht und vollständig, als den Romont
bei Hericourt; auch da rettete die Schnellfüßigkeit der Italiener und der
Mangel an Reiterei auf Seite der Schweizer Karls Heer vom Verderben.
Doch sein Geschütz, sein Lager mit unermeßlichen Vorräthen, viele Millionen
werth, wurden eine Beute der Sieger, die in ihrer Einfalt den Werth der
größten Kostbarkeiten gar nicht zu schätzen wußten. So verkaufte z. B.
ein Soldat Karls größten Diamant um einen Gulden, der später für 20000
Dukaten in die päpstliche Krone kam.
Rachedurstig kehrte Karl im Juni zurück und belagerte die kleine Stadt
Murten, welche der Edle'von Bubenberg heldenmüthig vertheidigte. Endlich
kamen auch die Schweizer bei 32,000 Mann stark, und nun beriethen ihre
kriegserfahrenen Hauptleute nicht länger, wie sie den Feind schlagen, son-
dern wie sie ihn vernichten wollten. Den einen Flügel führte der Edle von
Hallwyl, das Mitteltreffen der Bürgermeister Hans Waldmann aus Zürich,
den andern Flügel der greise Hertenstein aus Luzern. Es regnete mehrere
Stunden lang; die Burgunder hatte Karl auf der Ebene in Schlachtordnung
aufgestellt, während die Schweizer durch waldige Anhöhen gedeckt den An-
griff vorbereiteten. Da kam der Augenblick; die Sonne blickte aus den
Wolken, Hallwyl zog sein Schwert und rief: Auf, Freunde, Gott will
uns zum Siege leuchten! Wohl schlug das Geschütz mehrere hunderte der
Anrennenden nieder, sie liefen nur um so schneller auf dasselbe, nahmen
es, drückten tapfer auf den feindlichen Flügel und trieben ihn mit Stich und
Hieb vor sich her. Unterdessen hatte auch Waldmann angegriffen und das
Mitteltreffen geworfen, und die Burgunder wären nun gerne davon gelaufen.
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Extrahierte Ortsnamen: Schweizer_Karls Karls Bubenberg Luzern
314
wenn ihnen Hertenstein die Straße nach Wiflisburg, den einzigen Weg zur
Flucht, nicht verlegt hätte. Der Herzog entkam noch mit einigen tausend
Mann, aber über 20,000 Burgunder wurden erschlagen, 4000 schwere Rei-
ter in den See gesprengt, wo Roß und Mann umkam. Später wurden die
verblichenen Gebeine in ein Leichenhaus gesammelt und darauf die Inschrift ge-
setzt: „Das Heer des berühmten Herzogs Karl von Burgund hat. von den
Schweizern vernichtet, dieses Denkmal von sich zurückgelassen.* Dieses Bein-
haus wurde 1798 von einer französischen Halbbrigade niedergebrannt.
Karl war über diese neue Niederlage wüthend und verlor fast Sinn und
Verstands da aber Herzog Renat Lothringen wieder erobert hatte, raffte
er ein neues Heer zusammen und belagerte im strengen Winter die Stadt
Nancy. Herzog Renat war in die Schweiz entwichen und bat flehentlich um
Hilfe, und wirklich zogen 15,000 Schweizer unter Hans Waldmann nach
Nancy. Mit einem kaum so starken, halbverhungerten, halberfrorenen
Heere wagte Karl dennoch eine neue Schlacht; sic wurde verloren und der Her-
zog selbst auf der Flucht getödtet.
Das burgundische Erbe.
Niemanden erfreute der Tod des Herzogs mehr als dessen Vetter, den
König von Frankreich, der sich nun sogleich daran machte, ganz Burgund an
sich zu reißen. Die Burgunder wollten aber nicht französisch werden, und
Maria gab auf den Rath der Stände ihre Hand dem Maximilian von Oestreich,
daß er Burgund gegen Ludwig vertheidige. Maximilian hatte nur wenige
Mittel, aber er vertheidigte sich so ritterlich, daß Ludwig sich mit der Provinz
Burgund, wo Dijon die Hauptstadt ist, begnügen mußte. Mar erlebte aber
in Burgund wenig Freude, denn er wurde als Ausländer gehaßt, und ein Auf-
stand nach dem andern brachte ihm Verdruß und Gefahr. Die Schweizer,
welche den Herzog gestürzt hatten, bekamen einige hunderttausend Thaler und
weiter nichts; ihre jungen Männer liefen von jetzt an in fremden Dienst (Reis-
läufer), erwarben da Kriegsruhm und Gold, vergaßen aber das Vaterland
und seine Sitten und brachten Laster und Verderbniß in ihre Berge heim.
Ludwig und sein Nachfolger kauften mit vielem Gelde die schweizerischen Stan-
deshäupter, hatten gewöhnlich 20,000 Schweizer im Solde, und die freie
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Extrahierte Ortsnamen: Wiflisburg Lothringen Nancy Frankreich Burgund Burgund Dijon Burgund
341
ten besser behandelt wurden, als die erbitterten Nebenbuhler sonst gethan hatte».
König Franz aber schrieb an seine Mutter: Alles ist verloren, nur die Ehre
nicht. Er kam als Gefangener nach Spanien und entsagte im Madrider Frieden
seinen Ansprüchen auf Neapel und Mailand und dem von Ludwig Xi. gewon-
nenen Herzogthum Burgund. Das letztere trat er abn nie ab, indem er vor-
gab, seine Stände willigen nickt ein.
Die kaiserlichen plündern Rom.
So triumphirte Karl, aber der Papst Clemens Vii., den die Uebermacht bes
Kaisers so besorgt machte, als weiland die Kaiser Friedrich seine Vorgänger, blieb
feindselig. Da führten die kaiserlichen Feldherrn ihr Heer in Eilmärschen gegen die
Stadtromund nahmen sie milsturm ein, und Spanier,Italiener und Landsknechte
plünderten sie, wie einst der Gothe Alarich und die Vandalen; das Rauben
dauerte mehrere Monate lang. Der Papst selbst wurde in der Engelsburg be-
lagert, das Schloß ausgehungert und er mußte den Abzug des Heeres mit vielem
Gelde erkaufen. Da brachte der schwäbische Hauptmann Schertlin, wie Frunds-
berg, von Ems, Solms u. a. ein ausgezeichneter Krieger, „12,000 Florin heim
nebst anderem Kleinod, mit Gotts Hilf" und kaufte dafür Burtenbach, von dem
er seinen Beinamen führt.-
Viertes Kapitel.
Fortschritte der Reformation.
Die Augsburgische Confessivn (1530).
Im Fahre 1525 starb der Churfürst Friedrich der Weise von Sachsen
und sein Nachfolger Johannes bekannte sich öffentlich „zum Evangelium" und er
und der Landgraf Philipp von Hessen wurden die Hauptstützen der Reformation.
Ihrem Beispiele folgten die Herzoge von Pommern, von Meklenburg, von
Braunschweig (Herzog Heinrich ausgenommen, der sich niit Luthern und dem
Churfürsten von Sachsen herumschinipste), von Anhalt und viele der angesehen-
sten Reichsstädte. Der Hochmeister des Deurschordens in Preußen, Albrecht
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Ludwig_Xi Ludwig Karl Karl Clemens_Vii Friedrich Friedrich Gothe Friedrich Friedrich Johannes Philipp_von_Hessen Philipp Heinrich Heinrich
Ssl
l;at ; so wirkte also die Reformation belebenv auf die katholische Kirche zurück
Im zweiten Jahre des Concils, 154ti den 18 Februar starb der alte Doktor
Luther, noch vor dem Ausbruche des Kriegs, den er immer zu vermeiden
gesucht hatte.
Der Schmalkaldische Krieg.
Auf dem Reichstage von Regensburg verlangte der Kaiser abermals,
daß die protestantischen Stände das Concil anerkennen sollten, aber sie wei-
gerten sich deß und mußteit es thun, wenn sie nicht wieder katholisch werden
wollten. Nun drohte der Kaiser, denn eine dauernde Trennung schien ihm
so unvernünftig als den Protestanten, welche ebenso bestimmt aus den Sieg
ihres Glaubens rechneten, und der Churfürst von Sachsen und der Landgraf
Philipp, welche auf die kaiserliche Ladung dem Reichstag anzuwohnen sich
weigerten, griffen den Kaiser mit 43,000 Mann in seinem verschanzten
Lager bei Ingolstadt an. Doch kanonirten sie nur aus der Ferne, der
Kaiser aber verstärkte sich, ächtete die beiden Fürsten als Ungehorsame,
nicht als Lutheraner, während der Herzog Moriz seinem Vetter, dem Chur-
fürsten, in das Land einfiel. Dieser Moriz war Protestant, hatte aber des
Kaisers ganzes Vertrauen gewonnen und trachtete nach dem Churhute. Doch
kehrte der Churfürst schnell zurück und verjagte seinen ungetreuen Vetter; aber
im folgenden Jahre drang der Kaiser aus Böhmen vor und besiegte und
fing den Churfürsten auf der Lochauer Heide. Auf die Drohung, den Ge-
fangenen enthaupten zu lassen, ergab sich auch die Festung Wittenberg und
Karl stand in der Schloßkirche am Grabe des Dr. Luther. Da rieth ihm
sein Feldherr, der spanische Herzog Alba, den Leichnam des Erzketzers aus-
graben und verbrennen zu lassen; aber Karl sprach: „Er steht vor einem
höheren Richter, ich führe mit den Lebenden Krieg nicht mit den Todten;"
ja er ließ nicht einmal den lutherischen Gottesdienst unterbrechen. Herzog
Moriz wurde nun Churfürst, der Churfürst Herzog und verlor an Moriz den
größten Theil seines Landes und blieb Gefangener. Auch den Landgrafen
Philipp von Hessen verließ sein brausender Much und er stellte sich dem
Kaiser als Gefangener und blieb es lange genug. Die protestantischen Städte
zahlten ungeheure Strafgelder und der Kaiser stellte in denselben die Ari-
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