76. Michelangelo, Delphische Sibylle. Sixtinische Kapelle, Rom.
Dur mit dem Meiel in der Hand, Titanen aus dem Marmorblock herausholend, war Michelangelo ganz er selbst. Bildhauer blieb er im Grunde auch, als Julius Ii- ihn zwang, statt sein Grabmal (63) zu vollenden, die Decke der Sixtinischen Kapelle mit Fresken zu schmcken. Er schuf das Spiegelgewlbe mit dem Pinsel zu einer Scheinarchitektur um, die er mit den brtenden Gestalten seiner Phantasie bevlkerte. Zwischen verkrpstem Geblk thronen abwechselnd, statuarisch gedacht, Propheten und Sibyllen, die Vorverkndiger des Heils. Am herrlichsten ist das prophetische Schauen" in der Delphischen Sibylle verkrpert. In eine Schriftrolle vertieft wird sie pltzlich auf ein in der Ferne aufsteigendes Bild aufmerksam und hebt wie abwehrend den Arm; die weitgeffneten Augen und der halbgeffnete Mund vollenden den visionren Ausdruck. In den architektonischen Rahmen sind die Deckenbilder einge-spannt (75). Aus dem ausgestreckten Zeigefinger Jehovas, der, in seinem geblhten Mantel die Urbilder der Schpfung bergend, heranschwebt, springt der Lebensfunke auf Adam der. Dieser, ein Riese von nicht minder gewaltigen Formen als Iehova selbst, ist gerade im Begriff, sich voll der Erde, von der er genommen ist", loszulsen, d. h. sich zu erheben. So ist nach dem Wort: so Er spricht, so geschieht es, so Er gebietet, stehet es da" der an sich nicht darstell-bare Schpfungsakt im Augenblick des Befehls auch bereits vollzogen.
44
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50 Xx. Die Tafelmalerei der italienischen Frh- und Hochrenaissance.
97. Masaccio, Adam und Eva. 98. Von Sandra Botticelli. 99. Von Pcrugino
Vrancacci-Kapelle, Florenz. (Phot. Hanfstaengl, Mnchen.) (Ausschnitt).
jf)atte Masaccio fr die Erfassung des anatomischen Krperbaus die Bahn freigemacht, so schreiten die spteren Florentiner auf diesem Wege fort und suchen dabei zugleich einen dem Geschmack ihrer Zeit zusagenden Idealtypus zu gewinnen. So Botticelli, der den magern, schlanken Leib seines Sebastian wie ein Bildhauer er hatte auch die Lehre eines solchen genossen sauber herausmodelliert. Was der llmbrcr Pietro Vanucci, genannt il Perugino, weil er von Perugia nach Florenz kam, der Florentiner Kunst zubrachte, lt sein h. Sebastian erkennen: statt der harten Formen und eckigen Bewegungen Votticellis gibt er weiche, das Detail nur leise andeutende Umrisse und eine sanfte, umgekehrt S = frmig geschwungene (Besamtlinie; seelisch bringt er den schwrmerisch nach oben gerichteten Augenaufschlag und damit ein lyrisches (Element in die verstandesklare Florentiner Kunst.
Aus Peruginos Schule kommt, noch vor dem Meister selbst, Raffael nach Florenz. Seine Madonna del (Branbuca steht noch ganz unter dessen (Einflu. Sie wagt nicht die Augen aufzuschlagen, die demutsvolle (Bottestrgerin, ja sie wendet das liebliche Oval des Hauptes von dem Kinde weg, als fhle sie sich unwrdig, an der Anbetung teilzuhaben. Doch der Florentiner liebt statt lyrischer Stimmung Bewegung, und so bricht auch bei Raffael bald das mtterliche Empfinden der Madonna durch: die Mutter herzt das Kind, so die Madonna vom Hause Tempi. Zu seinem hohen, groen Stil erhebt sich Raffael erst in Rom unter dem allgewaltigen geistigen (Einflu Michelangelos, der jedoch jede persnliche Berhrung vermied: die Verklammerung von Mutter und Kind, denen sich der anbetende Iohannes-knabe naht, erreicht hier, durch die von Florenz her festgehaltene Form des Tondo noch enger zusammengeschlossen, den hchsten Grad, und in gttlicher Harmonie, ein Abglanz der harmonischen Seele des Meisters selbst, wenden beide, Mutter und Kind, ihr Antlitz den Glubigen zu.
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Extrahierte Personennamen: Masaccio Eva Sandra_Botticelli Pcrugino
Vrancacci-Kapelle Hanfstaengl Masaccio Botticelli Sebastian Pietro_Vanucci Sebastian Raffael Raffael Raffael
Extrahierte Ortsnamen: Florenz Perugia Florenz Florenz Rom Michelangelos Florenz
Autor: Borries, Emil von, Pfeifer, Wilhelm, Henkelmann, Karl, Brandt, Paul, Kienitz, Otto
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Hessen
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): Jungen
41. Rembrandt, Landschaft (Radierung).
Ar Rembrandts knstlerische Auffassung ist nichts so bezeichnend wie seine Umformung von Rubens' Kreuzabnahme (40). Rcksichtslos gibt er den knstlichen Aufbau seines Vorbildes preis, um nur den schmerz-lichen Vorgang wahr und ergreifend zu schildern. Wie ist hier alles in tiefstes Weh getaucht! Selbst das Kreuz streckt wie wehklagend den einen Arm in den dunkeln Nachthimmel hinaus. berirdisches blendendes Licht ruht auf der Mittelgruppe, alles andere versinkt in Finsternis, auch die um die ohnmchtig niedergesunkene Mutter des Herrn beschftigten Frauen. Die orientalischen Typen lieferte das Amsterdamer Iudenviertel.
Ein dem Pinsel ebenbrtiges Mittel schuf sich Rembrandt in der Radierung. Die mit der Rdel in die geschwrzte Kupferplatte eingeritzte und dann getzte Zeichnung ist gleichsam die Urhandschrift des Knstlers, die durch den Druck beliebig vervielfltigt werden kann. Diese Technik bildet Rembrandt so meisterhaft aus, da sie die Natur der vom Licht getroffenen Stoffe, Samt, Seide, Haare, verblffend wiedergibt, ja er erreicht auch hier durch Verteilung von Licht und Schatten durchaus male-tische, sogar poetische Wirkungen. Ein monumentales Werk dieser Art ist das sog. Hundertguldenblatt. Niemals hat die erbarmende Liebe des Heilandes durch die Kunst eine schnere Verklrung gefunden. Gtt-40. Rembrandt, Kreuzabnahme. (Phot. Bruckmann.) liches Licht strahlt vom Haupte seiner sanften und doch alles beherrschenden
Gestalt, ein zweiter wundersamer, breiter Lichtstrom fllt von rechts in das tiefe Dunkel des kellerartigen Raumes, gndig die Flle des hier zusammengestrmten Elends nur halb enthllend, voll dagegen ruhend auf der Gruppe der disputierenden hochmtigen Phariser.
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Extrahierte Personennamen: Rembrandt Rembrandt Bruckmann
Autor: Borries, Emil von, Pfeifer, Wilhelm, Henkelmann, Karl, Brandt, Paul, Kienitz, Otto
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Hessen
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): Jungen
34
Xiii. Der Klassizismus. 2. Die Plastik.
62. Bertel Thorwaldsen, Priamos und Achilleus. Relief.
63. Thorwaldsen, Hebe. 64. Tanova, Paris.
Whrend die klassizistische Erneuerung der Architektur sich im mrkischen Sande voll-zog, ging in der Plastik das an antiken Vorbildern reiche Italien voran. Allerdings gelang Antonio Canov a der Schritt aus dem Zeitalter des Rokoko heraus nur halb: seine Frauengestalten verleugnen nicht ihre Abkunst von der gleichfalls auf sinnlichen Reiz ausgehenden r-mischen Antike, während seine Heroen in Muskulatur und Bewegung leicht bertrieben sind: so kommt es, da er bei einem weibischen Helden wie Paris die glckliche Mitte trifft.
Khler und daher natrlicher und gesunder als der Romane Canova fate (nach dem Vorgang des Zeichners Jakob Carstens aus Schleswig) der Germane Bertel Thor-waldsen aus Kopenhagen die Antike auf. Man vergleiche seine Hebe mit der all-bekannten Nektar einschenkenden Tanovas! Seine Gestalten schienen den Zeitgenossen ganz von der edeln Einfalt und stillen Gre" der griechischen Kunst beseelt, wie sie Winckel-mann gelehrt hatte. Auch im Relief erneut er die reinen Linien des griechischen Reliefstils.
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Autor: Borries, Emil von, Pfeifer, Wilhelm, Henkelmann, Karl, Brandt, Paul, Kienitz, Otto
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Hessen
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): Jungen
2. Allegorie und historisches Portrt. Rubens und van Dyck.
17
28. Antonys van Dyck, Karl I. von England.
Der begabteste von Rubens' Schlern, an den Ruhm des Meisters selbst heran-reichend, war Antonys van Dyck. Er ermangelte dessen wilder und sinnlicher Kraft, wie er auch die Glut seiner Farbe immer mehr mit khleren Tnen vertauschte. Statt leidenschaftlicher Bewegung wiegt bei ihm in seinen religisen Bildern Empfindsamkeit und sanfte Wehmut vor. Vor allem war er Meister des Portrts, und hier erneuert er, von Karl I. als Hofmalernach England berufen, die Zeiten Holbeins, indem er mit dem ihm eigenen Sinn fr vornehme Eleganz die hohe englische Gesellschaft verewigt, die Männer aufs feinste charakterisiert und den Frauen und Kindern seine eigne Anmut verleiht, wie sie aus seinem frhen Selbstbildnis (32) nicht ohne einen Zug von Selbstgeflligkeit spricht. Das Bild seines frstlichen (Bonners, wie er auf der Jagd vom Pferde gestiegen an den Waldrand tritt, um sich in der Hgel-landfchaft umzuschauen, ist eins der hervorragendsten historischen Portrts berhaupt. Wie spiegelt sich der Eigensinn und die Selbstherrlichkeit des Knigs in Miene und Haltung! Ein perspektivisches Meisterstck ist der gegen den Beschauer keck eingestemmte linke Arm. Mit welcher Sicherheit ist die Silhouette der (Bestalt, welcher der breitkrmpige Hut eine edle Geschlossenheit verleiht, gegen den freien Himmel abgesetzt! Die Eleganz der Auffassung erstreckt sich bis in die vornehm gespreizte linke Hand des Stallmeisters, der das ungeduldig den Boden scharrende Leibpferd hlt. Den Ausschnitt zwischen ihm und dem König fllt das echt englische Profil des den Mantel seines Gebieters haltenden Pagen. Die Kunst van Dycks ist fr die ganze sptere englische Malerei von magebendem Einflu geblieben.
Vi. 2
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102
Dritter Zeitraum.
Zweiten Male auf den Thron zurück, den er bis an seinen Tod
si behauptete. Ein Bruderssohn
e!)- Alexander Ii. erhielt, durch Begünstigung des Diktators
Sulla, den unerfreulichen Thron; er vermahlte sich mit Berenice,
des Lathurus Tochter, die ihm 19 Tage darauf durch Gift den
Tod bereitete. Alsdann theilten sich zwei unachte Söhne des Lathu-
rus, Ptolomäus von C y p e r n und Ptolemäus Auletes
(der Flötenspieler), in das Reich, so daß ersterer gedachte Insel, letz-
50 terer Aegypten erhielt. Cypern ward eine Beute der Römer und
Auletes mußte, in Folge eines Aufstandes, fliehen. Er suchte,
wiewohl vergebens, Hülfe in Rom; indessen gewann er den Pro-
consul von Syrien, Aulus Gabinius, durch Geld und, wider den
Willen der Römer, stellre ihm dieser den verlorenen Thron wieder
her. Auletes ist der Vater der vielbekannten Kleopatra.
51 Bei seinem Absterben ernannte er in einem Testamente die Rö-
mer zu Vormündern seiner hinterlafsenen Kinder, Kleo-
patra, Ptolemäus Xlii. D ionysos, Ptolemäus
P u e r, das Kind, und A r si n o e. Zwischen ersterer und ihrem ältesten
Bruder entstand ein Streit über die Regierung. Als Julius Casar,
48 nach der Schlacht bei Pharsalus, seinen Gegner Pompejus verfol-
gend, nach Alexandrien kam, bat ihn Kleopatra um Schutz und
seffelte ihn durch ihre Reize und ihren Geist dergestalt, daß er ihr
trotz alles Widerstcebens der Alexandriner, Aegypten zusprach.
Ptolemäus Xiii. fand seinen Tod in den Fluchen des Nils;
hierauf vermahlte sich Kleopatra mit ihrem jüngsten lljahrigen
Bruder Ptolemäus, und ließ ihn bald nachher vergiften.
44 Nach Casars Ermordung verstrickte Kleopatra auch den Cas-
sius in ihren Netzen , und da, nach dessen Tode in der Schlacht
42 bei Philippi, Antonius siegreich nach Asien kam, wurde er ein wil-
lenloses Werkzeug in ihren Händen. Die Schlacht bei Actium
31 zertrümmerte seine Größe; er gab sich den Tod , Kleopatra aber
hoffte seinen Ueberwinder Oktavian gleichfalls an sich zu ziehen.
Als sie ihre Täuschung hierin inne geworden war und noch über-
dieß argwöhnte, man wolle sie zu Rom im Triumphe aufführen,
endigte sie ihr Leben durch den Biß giftiger Schlangen. Aegyp-
;o ten ward von nun an eine römische Provinz.
Carthago, zu einem bedeutenden Handelsstaate empor ge-
blüht, stand früher in einem freundlichen Verkehr mit Rom, wie
aus den zwiefachen Handelsverträgen erhellt, welche es zuerst 509
v. Ch. nach Vertreibung der Tarquinier mit der neuen Republik,
und- dann wiederum 348 v. Ch. während ihrer Kampfe mit den
Nachbarvölkern abschloß. Damals berührten sich die Interessen
beider Völker noch nicht, da-Rom zu Lande, Carthago zur See
mächtig zu seyn strebten. Sicilien, von den Carthagern mit
einzelnen Colonien besetzt, sollte der Anfangspunkt zur Zwitrachc
werden. Innere Zerwürfnisse hatten die Carthager fast in den
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Ii Alexander Sulla Berenice Aulus_Gabinius Julius_Casar Casars Antonius Oktavian
Extrahierte Ortsnamen: Sulla Rom Syrien Philippi Asien Actium Rom Sicilien
Da tönte ruhevoll die Freundin sanfter Seesen -
Das ernste Hort herab vom Blüthenbaum:
,,Wohl mir in diesen stillen Gründen!
Ach! dem Gedankenlosen schwinden
Auch zwei Jahrhunderte vorüber, wie ein Traum'.
Wen aber Weisheit lockt, und Ehr und süße Pflicht-
Ihm ist in zehen Sommern für sein Leben
Ein Unermeßliches gegeben.
Des Seyns verhängte Dauer nicht«.
Gedanken nur sind wahres Leben.
Hang.
2g» Der Hirsch^ der sich über fà Schicksal
beklagt.
Muß ich denn, sprach ein Hirsch, allein
Ein Raub der Hund' und Menschen seyn,
Wor stündlichen Gefahren beben,
Und länger doch, als Andre leben?
Natur, so rief er jämmerlich,
Natur! o warum schufst du mich?
Ern Hase lief bei ihm vorbei.
Dijl kleines Thier lebst sorgenfrei!
Wie leicht, wenn Jäger e-Z entdecken,
Kann solch ein Würmchen sich verstecken!
„Wo kam denn jüngst mein Weibchen hin,
Pirach dieser, wenn ich sicher bine"
Indessen trabt' ein großer Bar *
Tiefsinnig seinen Holzweg her.
War ich so stark, rief jetzt von neuen __
Der Hirsch, wie sollten sich die Jager scheuen!
Dich, Tragen, zog das Glück uns allen vor.
Ja! sprach der Bär - das zeigt mein-blutend Wr!
Ein Rebhuhnflug schoß schwirrend auf.
Mas hilft mir, sprach der Hirsch, mein schneller Lauf?
O könnt' ich wie ei.u Rebhuhn stiegen!
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TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Natur-Schilderungen. H 7
Gleichwie aus Stückchen Marmor und Agat
Die Künstlerhand ein Blumenkorbchen schafft?
Darüber schwebt ein bunter Schmetterling,
Musivisch auch von Marmor eingelegt!
Und wer es sieht, verwundert sich der Kunst. —
O holdes Weib.! in deiner zarten Brust
Ertönt der Ordnung süße Harmonie,
Und Reinlichkeit ist dein geliebter Schmuck!
Mit reger Hand hebst du "das Kleine auf,
Und stellst es hin in lieblichem Verein.
Da glänzet aaes hell und klar, und lacht,
Das Hüttchen wird zum freundlichen Pallast,
Der stille Heerd ein glänzender Altar.------
O du, der Ordnung leise Harmonie,
Entweiche nicht der zartgeschaffnen Brust, <
Die Gott zum Heiligthum der Lieb' erkohr,
Das jeden Makel scheut, des Weibes Schmuck? —-
Der Herbst enteilt; noch schmücket die Natur,
Eh sie entschläft, den Hain mit buntem Laub,
Und lustig glänzt das farbige Gemisch
Der Blätter, eh' es welk hernieder sinkt. . l
Sieh dort den Kirschbaum! Gelb und purpurroth -
Erglüht sein Laub. Mit Dank und Wonne blickt
Die fromme Jugendwelt zu ihm empor.
Bei seinem Farbenspiel gedenket sie
Der süßen Frucht, die er so reichlich gab; ■>
Die Zunge fühlt der Kirsche Wohlgeschmack
Won neuem jetzt. — O, holde Phantasie,
Du Schöpferin! auf deinen Wink erwacht
Auf seinem Schlaf der Freude Genius.
Berschwund'ne Welten rufest du hervor;
Melodisch, wie der Flöte Silberton
Im Abendwind' auf Zephyrs Flügeln schwebt.
Ist deiner Stimme leise Harmonie!
Doch nicht allein mit buntem Farbenspiel
Schmückt die Natur das herbstliche Gefild;
Rings auf den Bergen glüht der Trauben Gold,
Der Trauben Purpur! O, wer nennt die Pracht,
K 2 Die
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452 . Natur--Schilderungen.
Mit stolzem Namen nennt die Knabenwelt
Das kühne Werk den Himmels-Drachen! —
Wer war der Luftpilot der Kinderwelt,
Der sich zuerst vermaß, sein kühnes Schiff
Hinauf zu senden in die Region
Der Wind' und Donner? Seinen Ruhm erhebt
Sticht Marmorschrist und kein Annalcnbuch!
Wozu der Jugendwelt das todte Blatt?
Der kalte Stein? — In jeglichem Geschlecht
Lebt sie von neuem aus! Die Gegenwart
Ist ihr der Vorzeit Marmorschrist und Buch!
Ihr blühet stets das Leben jung und schön,
Ein Götterkind in unverwclkter Kraft. —
O schone Zeit, wo noch der süße Schlaf
Und Mvrgcngruß der Lage Zahl bestimmt!
Wo man noch Blüthen, Festgesang und Spiel
Die Wiederkehr der ernsten Jahre mißt,
Und, was die Stunde bringt, mit Lust empfängt
Uueingedenk, wer dies und das ersann!
Wohlan betracht' auch jetzt den leichten Ernst,
Womit des Knaben angcborrne Kunst
Ein Luftschiff baut. Den jähen Weidenast
Und Hasttstad erließt er zum Geripp
Des Drachen! Sieh! in spitzem Winkel dehnt
Der Schnabel sich, gleichwie des Haien Schlund
Hervor. Nun wird ihm Brustbein, Schulterblatt
Und Rückgrat angeformt, im Ebenmaaß , _
Und strengsten Gleichgewicht. Darüber schmiegt
Sich von Papier des Drachen Fleisch und Haut.
Noch fehlt der Schweis; der Mutter Nabeschrank,
Des Katers Bücherputt wird durchgewühlt.
Bis endlich dann des kleinen Schöpfers Ruf:
So ist es gut! ersch alln Der Drache steht
Vollendet. Sieh er birgt den Knaben , der
Ihn schuf und trägt; so raget er empor!
Zween andern wird 'w lange Schweif vertraut,
Der gleich ^dem Lindwurm sich enrsetzl ch dehnt
Und ausgeschmückt Mtt Flittern stattlich rauscht.
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
94" Fabeln.
Gedenk an meinen Kas', ich denk an deine List
Vorhin L»ar ich ein Thor, wie du es heule bist."
5i. Die Hirsche.
Es ging ein starker Hirsch, der sein Geweih erst
nur
Wer kurzem abgesetzt, auf einer fetten Flur,
Mit seinen Weivern, Kindern, Vettern,
Und kam zu einer Saat. Allein da stutzt die Schaar
Weil zwischen Wald und Saat ein Sumpf zu schauen
wak.
Von dem geschmolznen Schnee, Und dürren Wirken-
blättern.
Ihr Kinder, sprach der Hirsch, folgt mir nur Schritt
vor Schritt,
Sonst werdet ihr euch sehr besprühen.
»Drauf ging er durch den Pfuhl. Die Kleinen tiefet
- . , • trut,
Und kamen glücklich aus den Pfützen;
Jedoch so rein ging es nicht ab,
Daher es was zu lachen gab.
Ein Schmalthier, das zurückgeblieben,
Rief ihnen hämisch nach, und sprach: Ihr Herrn Äül
Gunst!
Im Koth zu gehn ist keine Kunst.
Ihr seyd ja voller Schmuz, und glänzet wie die Sauel^
Seht her, ich sollt was anders schauen!
Drauf setzt der Spötter an, und sprang,
Daß Alles um ihn pfiff; allein wie gings dem
Meint ihr, daß ihm der Satz gelang?
Er siel in Schlamttr bis an die Ohren«
Jeder prüfe seine Starke.
Eh' du andre höhnst, so merke,
Ob du nicht dem Orte nahst,
Wo du jene straucheln sahst«
Ehvtenß
81 Del
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