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1. Theil 3 - S. 371

1880 - Stuttgart : Heitz
Peters Iii. Tod. Katharina Ii. 371 nach der gegenüberliegenden Insel und Festung Kronstadt segeln, deren Garnison sich noch nicht entschieden hatte, und sich der dortigen Flotte bemächtigen. Während Peter noch schwankte und dadurch Zeit verlor, kam die Nachricht, die Kaiserin sei in Anmarsch mit 20,000 Soldaten. In Hast schiffte sich Peter mit seinem Gefolge nach Kronstadt ein. Hier hatte sich indessen alles geändert; die Soldaten waren für die Kaiserin in Eid und Pflicht genommen, und als die Jacht, auf welcher der Kaiser sich befand, anlegen wollte, rief die Schildwache: „Wer da!" — „Der Kaiser!" antwortete man vom Schiffe. „Es giebt keinen Kaiser mehr!" —Bei diesem Ruse springt Peter vor, schlägt seinen Mantel auf, um seinen Ordensstern sehen zu lassen, und ruft: „Ich bin es selbst! Kennt ihr mich nicht?" Aber die Wache hält ihm die Bajonnete entgegen und droht Feuer zu geben, wenn er sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Menge. Peter sinkt in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Verschwörung ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht auf der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz rathlos; noch einmal verlangte er Münnichs Rath. Dieser meinte, noch fei nichts verloren; er solle nach Preußen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückkehren ; aber Peter konnte sich auch nicht dazu entschließen, sondern befahl, ihn bei Dranienbaum ans Land zu setzen, um mit Katharina zu unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlassen. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsacte, die er zu unterzeichnen habe. Er unterschrieb ohne Weigerung und wurde zu Wagen nach Peterhof, von hier nach einem Landgute, sechs Stunden von Petersburg, geführt. Aber die Anhänger der Kaiserin hielten den Tod des entthronten Fürsten zur Sicherung ihrer Pläne für nothwendig. Alexei Orlow begab sich mit einigen andern Verschworenen zu dem Gefangenen und unter ihren Händen endete er am 17. Juli sein Leben. Von Katharina ist der Befehl zu dieser schrecklichen That nicht ausgegangen, aber daß sie straflos bleiben würden, haben die Männer, welche sie vollbrachten, wohl gewußt. Am andern Tage wurde bekannt gemacht, daß der gewesene Kaiser an einem Ansalle von Kolik, an welcher er bisweilen litt, gestorben sei.

2. Theil 3 - S. 238

1880 - Stuttgart : Heitz
238 Neue Geschichte. 2. Periode. England. Menschen sonst nicht selten im Alter geschieht. Er wurde ernsthaft, schloß sich an die strengsten Puritaner an, lebte ordentlich und erbot sich, alle im Spiel gewonnenen Summen zurück zu bezahlen. Von nun an war sein Haus der Sammelplatz aller eifrigen Geistlichen seiner Partei; aber seine Freigebigkeit gegen sie brachte ihn in Schulden. Er suchte sich durch eine kleine Pachtung zu retten, sank aber immer tiefer in Schulden, weil er, anstatt die Hände zu rühren, Morgens und Abends stundenlang auf den Knieen lag und seine Einbildungskraft mit Erscheinungen und Offenbarungen nährte. So nahm seine Schwärmerei von Tage zu Tage zu und sein Vermögen immer mehr und mehr ab. Schon wollte er nach Amerika auswandern, als der Hof die Abfahrt verbot. Endlich wurde er zum Parlamentsmitglied gewählt. Aber nichts verrieth hier den Mann, der sich nachher so auszeichnete. Er war groß, aber uube-hülflich, hatte weder Anstand noch Sitten, kleidete sich nachlässig und hatte eine gemeine, undeutliche und verwirrte Sprache. Als aber der Bürgerkrieg ausbrach, zeigte sich bald sein großes Talent. Er warb ein Regiment aus Pachterssöhnen an und theilte ihnen bald seine Schwärmerei mit, die bekanntlich bei schlecht unterrichteten Leuten ansteckend ist. Er war zugleich ihr Prediger und ihr Anführer, und sein und der Seinigen wilder Enthusiasmus verrichtete Wunderdinge. Bald sahen alle auf ihn, und ganz England sprach von dem Pachter Eromwell mit Begeisterung. Man wählte ihn zum Anführer des ganzen Heeres. Aber zugleich wurde er auch das Haupt einer neuen religiösen und politischen Sekte, der Independenten. Er und seine Anhänger behaupteten, alle Menschen müßten gleich sein und daher weder ein König noch der Adel herrschen; jeder könne glauben, was er wolle; aber keine Obrigkeit müsse sich um die Kirche bekümmern, und jede Gemeinde habe das Recht, ihre Prediger selbst zu erwählen und einzusetzen; jeder könne ein Geistlicher werden u. s. w. Fast das ganze Heer wurde nach und nach von diesen Freiheitsgrundsätzen angesteckt, und die Seele des Ganzen war Eromwell. Ist einmal ein Heer von einem großen Gedanken begeistert, gleichviel, ob er richtig oder falsch ist, so ist ihm nicht leicht zu widerstehen. So auch hier. Der>König, so glücklich auch im ersten Kriegsjahre sein Vetter, Prinz Rnppert von der Pfalz, gefochten hatte, und sein Anhang wurden fast überall geschlagen; auf der einen Seite hatte er die Schotten, auf der andern die Independenten zu bekämpfen. Die entscheidendste Niederlage erlitt er bei

3. Theil 3 - S. 158

1880 - Stuttgart : Heitz
158 Neue Geschichte. L Periode. Niederlande. die Menge der Verbrecher; täglich wurden Schuldige und Unschuldige, Arme und Reiche gehängt, geköpft, geviertheilt oder verbrannt, und das Vermögen der Unglücklichen fiel dem Staatsschatze anheim. Mit Recht nannte das Volk dies Gericht den Blutrath. — Durch das eigenmächtige Verfahren Alba's fühlte sich die Herzogin Margaretha von Parma tief gekränkt. Was sollte sie länger Statthalterin heißen, wenn sie es nicht war? Sie hielt bei Philipp um ihren Abschied an und erhielt ihn in den gnädigsten Ausdrücken. Mit ihr schwand den Niederländern die letzte Hoffnung; denn so unzufrieden diese auch sonst mit ihr gewesen waren: als ein Engel des Lichts erschien sie ihnen neben einem Alba. Dieser ließ den Prinzen von Oranien vorladen; aber er war klug genug, nicht zu erscheinen. Dagegen wurden die beiden Grafen, Egmont und Hoorne, zum Tode verurtheilt, weil sie dem Prinzen von Oranien angehangen, den Geusen Vorschub gethan und in Hinsicht der Evangelischen ihre Pflicht nicht erfüllt hätten, also des Verbrechens der beleidigten Majestät schuldig wären. Beide hörten das Todesurtheil mit männlicher Standhaftigkeit an. Egmont, so wie er immer voll Hoffnung war, hoffte auch noch, selbst auf dem Blutgerüste, auf Begnadigung.*) Als man aber sagte, daß er vergebens hoffte, kniete er nieder, küßte ein silbernes, ihm von dem Bischöfe dargereichtes Crucifix, und indem er die Worte sprach: „Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist!" fiel das Beil und machte seinem Leben ein Ende (1568). Gleich nach ihm bestieg Hoorne das Blutgerüst und starb auf dieselbe Weise. Beide Körper wurden dann in Särge gelegt, die Köpfe aber — so wollte es Alba — zwei Stunden lang auf Pfähle gesteckt und dem Volke zur Schau gestellt. Tief erschüttert waren alle; selbst die Roheit der spanischen Soldaten konnte den Thränen nicht widerstehen. Ganz Brüssel, wo die That geschah, betrauerte die beiden erhabenen Männer, und konnte der Haß gegen Alba noch größer werden, so wurde er es hierdurch. *) „Süßes Leben! Schöne, freundliche Gewohnheit des Daseins und Wirkens! Von dir soll ich scheiden! So gelassen scheiden! Nicht im Tumulte der Schlacht, unter dem Geräusche der Waffen, in der Zerstreuung des Getümmels giebst du mir • ein flüchtiges Lebewohl. Du nimmst keinen eiligen Abschied, verkürzest nicht den Augenblick der Trennung. Ich soll deine Hand fassen, dir noch einmal in die Augen fehen, deine Schönheit, deinen Werth recht lebhaft fühlen, und dann mich entschlossen loßreißen und sagen: Fahre hin!" — (Worte Eg-monts in Goethe's Trauerspiel: Egmont.)

4. Theil 3 - S. 131

1880 - Stuttgart : Heitz
Heinrich Iv. von Frankreich. 131 der den Auftrag dazu erhält, verschiebt sie absichtlich, bis auf den Tag vor der Zusammenkunft. Bei seinem Eintritte in den Keller findet er einen Menschen von verdächtigem Ansehen in einem Winkel stehen. Es war ein gewisser Fowkes (sprich Fauks), sonst Osficier in spanischen Diensten, ein verwegener Kerl und Theil-nehmer an der Verschwörung. Mau findet bei ihm eine Menge Lunten, und als man die Reiser auseinanderwirft, entdeckt man die Vorräthe Pulver. Auf die Folter gebracht, gesteht er sein Berbrechen und nennt die Theilnehmer. Piercy und die andern Verschworenen, 80 an der Zahl, fliehen, von ihrem Gewissen verfolgt, nach Warwikshire (sprich Warikschier), verschanzen sich in einem Hanse und werden von den Soldaten des Königs angegriffen. Während des Kampfes fängt das Pulver der Verschworenen Feuer und wirst krachend einen Theil derselben in die Lust; die Uebrigen werden gefangen und büßen auf dem Schaffotte ihr Unternehmen. — Jacob starb 1625. 95. Heinrich Iv. von Frankreich, 1589—1610. Während der letzten 14 Jahre Elisabeths regierte in Frankreich Heinrich Iv., der beste König, welchen die Franzosen seit Ludwig Ix. gehabt hatten, und der noch jetzt bei ihnen in gesegnetem Andenken steht. Es "ist derselbe, der bei der Erzählung der Bartholomäusnacht unter dem Namen Heinrichs von Navarra oder Bearn öfters erwähnt worden ist. Nachdem der dritte Sohn der bösen Katharina von Medicis, Heinrich Hl, 1589 in St. Elond von einem Mönche (Clement) ermordet worden war, gab es in Frankreich keinen nähern Verwandten des nun ausgestorbenen Hauses Valois, als Heinrich von Navarra, das Haupt des Hauses Bourbon, das nun den französischen Thron bestieg. Aber — er war ein Hugenotte; Grund genug, daß der katholische Theil der Franzosen ihm feindlich gegenüber stand. Wollte er • daher König von Frankreich werden, so mußte er sich die Krone erkämpfen. Er war jetzt 36 Jahre alt, in der Blüthe der Jahre, ein schöner, kraftvoller Mann, dessen Körper und Geist gleich gesund waren; dabei die Thätigkeit selbst, ein Feind der trägen Ruhe und des übermäßigen Schlafes. Seine Mutter war Johanna von Navarra, die kurz vor der pariser Bluthochzeit so plötzlich gestorben war. So würdig er nun auch der Krone war, so mußte er doch fünf schwere Jahre Krieg führen, ehe er Paris gewann und die Frau-

5. Theil 3 - S. 221

1880 - Stuttgart : Heitz
Wallensteins Tod. 221 schickte er nacheinander zwei verkante Offiziere an Ferdinand nach Wien, die diesem versichern sollten, daß der Herzog nie gegen ihn etwas im Sinne gehabt habe, und daß er bereit sei, das Ober-commando jedem andern, den der Kaiser bestimmen würde, zu übergeben. Aber Piccolomini fing beide unterwegs auf und setzte sie fest, so daß der Kaiser die Angst seines verfolgten Feldherrn nicht erfuhr. Als nun Wallenstein sah, daß alle seine Nähe wie die eines Verpesteten flohen und nur wenige Compagnien Reiter bei ihm aushielten, hielt er sich in Pilsen nicht mehr sicher und zog sich mit den wenigen Getreuen nach Eg er, um der sächsischen und fränkischen Grenze nahe zu sein, von wo er noch immer Beistand in der höchsten Noth hoffte. Auch rechnete er ganz auf die Treue des Commandanten von Eger, Oberst Gordon, eines Schottlän-ders, den er erst vor kurzem zum Obersten erhoben hatte. Um Wallenstein waren außer Jllo, Trczka und Kinsky auch der Rittmeister Neumann, der bei ihm die Dienste eines Secretairs versah, und Oberst Bnttler, der 200 Reiter befehligte; dieser war ein niedrigdenkender Irländer, der heimlich von Piccolomini die Weisung erhalten hatte, den Herzog lebendig oder todt zu überliefern. Am 24. Februar, Nachmittags 4 Uhr, kam Wallenstein in Eger an. Er war krank und wurde in einer Sänfte von zwei Pferden getragen. Wohl mochte er nicht ahnen, daß er nicht wieder herauskommen würde. Er nahm sein Quartier in der Amtswohnung des Bürgermeisters auf dem Markte; Trczka und Kinsky mit ihren Frauen wohnten in dem Eckhause daneben. Bnttler ließ die Hälfte seiner Dragoner draußen vor der Stadt, die andern nahm er mit hinein. Gordon und der unter diesem stehende Oberstwachtmeister Lesli hatte anfangs gegen Wallenstein nichts Böses im Sinne; denn als sie nebst Buttler ihm nach seiner Ankunft ihre Aufwartung machten, und er ihnen ohne Rückhalt mittheilte, zu welchem äußersten Schritte es mit ihm gekommen sei, antwortete Lesli: er wäre bereit, wenn der Herzog ihn seines dem Kaiser geleisteten Eides entbinden könnte, mit seinen Landsleuten bei ihm, dem sie so viele gute Tage verdankten, treu auszuhalten. Aber auf dem Heimwege nahm der heimtückische Buttler sie auf die Seite und zeigte ihnen die kaiserlichen Befehle vor. Diese änderten ihre Gesinnungen sogleich. Anfangs waren sie der Meinung, die Geächteten in ihren Wohnungen

6. Theil 3 - S. 223

1880 - Stuttgart : Heitz
Wallensteins Tod. 223 warfen den Tisch um und hieben ein. Kinsky fiel sogleich; auch Jllo wurde durch den Rücken gestochen, als er seinen Degen von der Wand herablangen wollte; nur dem Trczka war's gelungen, seinen Degen zu erreichen; er stellte sich wie ein wüthender Eber in eine Ecke des Saals, nannte Gordon einen feigen, schändlichen Verräther, hieb zwei Dragoner nieder, und da ihn sein Koller von Elenshaut eine Weile schützte, so rissen die Soldaten es ihm auf und erstachen ihn mit Dolchen. Das Blut floß in Strömen und auf dem Boden sah man in scheußlichem Vereine Flaschen, Blut, Coufect und andere Speisen. Neumann entwischte verwundet in das untere Geschoß; da er aber die Losung nicht wußte, stießen ihn hier die Dragoner nieder. Die Bedienten hörten das Geschrei ihrer Herren und wollten zu Hülfe eilen. Einige sprangen aus dem Fenster; aber die Armen wurden gleich niedergemacht. Die Leichen ließ man liegen und Gordon verschloß den Saal. Während dieses Blutbades war es in der Stadt ganz ruhig. Der Herzog saß mit Zenno und sprach über die kommenden Ereignisse. Es war eine dunkle, unfreundliche, stürmische Nacht, der Wind heulte und der Regen schlug an die Fenster. Wollenstem legte sich ermüdet früh zu Bette.*) Gordon, Buttler und Lesli aber waren noch in der Citadelle und hielten noch einmal über des Herzogs Tod Rath, der endlich auch nochmals beschlossen wurde. Nun begab sich Lesli nach der Stadt auf die Hauptwache, wo Macdonald das Commando führte, und befahl den Soldaten, sich nicht zu rühren, was da auch sich ereignen möchte. Dann öffnete er das Stadtthor, ließ zwei Compagnien Dragoner unter einem schottischen und irländischen Hauptmanne in die Stadt; diese sollten die Gassen besetzen und keinen Bürger und keinen Soldaten aus den Häusern lassen. Jetzt eilte Lesli wieder in die Citadelle und berichtete, daß in der Stadt die tiefste Ruhe -herrsche. „Gut!" sagte Buttler, „nun wollen wir den Hauptstreich thun." Er, Lesli, Geraldino und Deveroux gingen gegen Mitternacht mit 30 Dragonern in die Stadt; aber indem sie über die Zugbrücke gingen, entwischte ein Bedienter Trczka's. Obgleich zwei Schüsse auf ihn gethan wurden, entkam er doch und meldete den Gräfinnen Trczka *) Ich denke einen langen Schlaf zu thun: Denn dieser letzten Tage Qual war groß. Sorgt, daß sie nicht zu zeitig mich erwecken. Wallensteins Tod von Schiller.

7. Theil 3 - S. 245

1880 - Stuttgart : Heitz
Ludwig Xiv. 245 Noch sechs Jahre (bis 1661) genoß Mazarin eines Ansehns, wie es kaum Richelieu genossen hatte; die Prinzen beugten sich vor ihm und suchten seine Verwandtschaft, und die Mitglieder des Parlaments fügten sich ohne Widerrede den höh ent Weisungen, seitdem Ludwig im Jagdanznge und mit der Reitgerte vor ihnen erschienen war und drohend Gehorsam verlangt hatte. Nunmehr konnte Ludwig Xiv. den Grundsatz geltend machen: „Der Staat bin ich!" (L’etat c’est moi.) Zunächst nun führte Ludwig eine recht glorreiche Regierung; denn Handel und Fabriken hoben sich unter dem trefflichen Minister Colbert, und eine Menge von Gelehrten und schönen Geistern bauten die Wissenschaften mit vielem Erfolge an. Der König befaß eine stattliche und würdevolle Persönlichkeit; man beugte sich vor der Hoheit seiner Erscheinung. Sein Urtheil war geübt, das Richtige rasch zu finden; seine Ausdauer und sein Wille waren unbeugsam. Seinen Hof und seine Regierung zur ersten in Europa zu machen, war das Ziel feines Stolzes, und er hat es erreicht. Zu keiner Zeit war Frankreich so reich an guten Köpfen und trefflichen Schriftstellern, als unter ihm, und seine Regierung wird das goldene Zeitalter der Wissenschaften und Künste für Frankreich (le siecle de Louis Xiv.) genannt. Ueberhaupt hatte er darin rechtes Glück, daß er tüchtige Mannte zu Generalen und Ministern fand, die durch ihre Thaten zugleich seine Regierung verherrlichten. Er selbst bekümmerte sich, besonbers in seiner Jngenb, nicht viel um die Regierung, aber er wußte die Männer zu finben, welche seine Pläne ausführten. Er selbst genoß das Leben; seine Prachtliebe, die glänzenben Hoffeste, bazn die kostspieligen Kriege haben unermeßliche Summen verschlungen und eine ungeheure Schulben-last herbeigeführt, was Frankreich 100 Jahre später schwer hat büßen müssen. Ungeachtet biefer Vergnügungssucht würde er boch von seinen Beamten meist gut bebieut, weil sie nie sicher vor ihm waren. Wenn es ihm einmal einfiel, so sah und fragte er nach allem, und wehe dem, der dann saumselig ober treulos kfunben würde. Das Geringste war, daß er weggejagt tvurbe; viele aber würden in die. Bastille gesetzt, eine Art von Festung in Paris, zugleich aber auch ein scheußliches Gefängniß, aus welchem die armen Gefangenen manchmal zeitlebens nicht erlöst würden. Einem so mächtigen Monarchen fehlt es nie an Schmeichlern. Kein Wuttb er, daß Ludwig Xiv. ganze Legionen hatte, die ihn in Prosa und in Versen über alle andern Könige erhoben, die je

8. Theil 4 - S. 11

1880 - Stuttgart : Heitz
Tumult in Versailles. 11 beten, noch ehe sie ganz tobt waren, die Köpfe ab, die der Pöbel nachher ans Stangen unchertrug. *) Vergebens gab sich Lafayette alle mögliche Mühe, dem Morben Einhalt zu thun, boch gelang es ihm, durch die Hülfe der Grena-biere einige Garbes bu Corps zu retten. Der König selbst entschloß sich, von einem Balcone herab den Pöbel um Erbarmen für sie zu bitten. „Hoch lebe der König!" schrie der ganze Haufe, der noch vor einer Stunbe der Königin das Herz aus dem Leibe zu reißen geschworen hatte. Die gefangenen Garbes bu Corps würden unter die Fenster des Königs getragen und umarmt. Dann verlangte der Pöbel auch die Königin zu sehen. Sie erschien unter Herzklopfen auf dem Balcone, ihren vierjährigen Sohn an der einen und ihre zehnjährige Tochter (nachmals Herzogin von *) Gegenüber diesen Scheußlichkeiten fehlte es nicht an einigen edeln Handlungen. Als die Mörder zuerst gegen das Zimmer der Königin vordrangen, hielt sie im Vorzimmer ein treuer Garde du Corps, Miomandre de St. Marie, auf. Da er sah, daß aller Widerstand vergebens sei, beschloß er, wenigstens die Königin zu retten. Er verriegelte die Thüre und rief der Kammerfrau der Königin, die noch schlief, durchs Schlüsselloch zu: „Um Gotteswillen, retten Sie die Königin! Man will sie ermorden! Ich bin allein gegen 2000 Tiger!" In dem Augenblicke sprengten die Mörder die Thüre des Vorzimmers auf und stürzten hinein. Einige stachen mit Piken nach dem treuen Miomandre. Einer aber, der mit einer Flinte bewaffnet war, rief den Uebrigen zu: „Zurück! Zurück!" faßte das Gewehr verkehrt, schwang es und schlug mit der Kolbe den braven Mann vor den Kopf, daß das Schloß weit ins Gehirn drang. Die Vorsehung fügte es, daß seine edle Aufopferung nicht ohne Erfolg war. Die Kammerfrau hatte dadurch Zeit gehabt, das Zimmer zu verriegeln, und während die Mörder in ein Nebenzimmer eindrangen, um einige Gardes du Corps zu verfolgen, erhielt die Königin Zeit, zu entkommen. Vier Gardes du Corps eilten nach dem Schlosse, der königlichen Familie beizustehen. Ein Haufe Mörder umringte sie unterwegs. Einer wird zuerst ergriffen und unter dem Geschrei: „Hängt ihn! Hängt ihn! Haut ihn nieder!" stößt und schlägt man ihn zu Boden. Man schlingt ihm einen Strick um den Hals und schleift ihn fort. Er will sich aufraffen, erhält aber einen Schlag mit einer Keule, daß er die Besinnung verliert. Jetzt tritt das Ungeheuer mit dem Barte zu ihm heran, um ihm den Kopf abzuhacken. Da drängt sich ein Grenadier von der pariser Bürgergarde hindurch, fällt dem Kopfabhacker in den Arm und ruft: „Erst müßt'ihr mich ermorden, ihr Ungeheuer, ehe ich zugebe, daß ihr diesen Mann eurer Wuth aufopfert!" Keiner wagt>, dem braven Grenadier zu widerstehen. Er aber trägt den blutenden Garde du Corps mit Hülfe eines Kameraden aus dem Gewühle nach einem sichern Orte. — Der zweite von jenen vieren wurde nur dadurch gerettet, daß ein Theil der Mörder ihn hängen, der andere ihn aber köpfen wollte. Während des Zankens retteten ihn zwei Grenadiere. Auch der dritte wurde gerettet: nur der vierte wurde niedergeschossen.

9. Theil 4 - S. 40

1880 - Stuttgart : Heitz
40 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. (Eonforten richteten in dieser drohenden Gefahr eine reoolutionäre Regierung ein, die bis zum Frieden dauern sollte. Die neue Ber-fassnng wurde aufgehoben, der Convent seiner Macht beraubt und dagegen alle Gewalt zweien Ausschüssen, dem Wohlfahrts- und dem Sicherheitsausschuß, ertheilt. Diese neue Macht sollte von niemandem abhängen, kein Gesetz sie binden, ihr alles erlaubt sein, willkürlich sie über das Leben, die Freiheit und das Eigenthum der Bürger gebieten dürfen. Welche furchtbare Regierung! lind das Schrecklichste war, daß an der Spitze derselben die blutgierigsten Ungeheuer standen, von denen alle Greuel zu erwarten waren. — Diese Besorgniß traf. leider auch ein. Frankreich wurde zwar gegen die andringenden Feinde gerettet, aber nur durch Ströme von Blut, und gewiß gab es nicht leicht eine Familie, welche in jener Schreckenszeit nicht eins oder mehrere ihrer Mitglieder unter der Guillotine oder im Kriege verloren hätte. Der Schrecken sollte die innern und äußern Feinde zermalmen. Daher nennt man diese Regierung den Terrorismus. Im Innern herrschte Robespierre; die Führung des Krieges überließ er einem geschickten Offiziere, dem Generale Carnot. „Ganz Frankreich," so lautete der Befehl, „wird ein einziges großes Lager; jeder Einwohner gehört dem Kriegsdienste an. Sobald die Sturmglocke gezogen wird, steht das Volk in Masse auf. Unverheirathete und Wittwer ohne Kinder ziehen an die Grenzen; Verheirathete schmieden Waffen und führen Lebensrnittel zu, die Weiber sorgen für die Kleider der Soldaten und die Kinder zupfen Charpie." Bald aber theilte man die ganze Masse in drei Abtheilungen, von denen nur die eine, junge Leute von 18—25 Jahren, gegen den Feind marfchiren mußte. Nun ergoß sich stromweife die junge Mannschaft an die Grenzen, von wildem Muthe beseelt; die Generale führten sie, unterstützt durch den wilden Fanatismus, von Sieg zu Sieg. In ganz Frankreich waren 200,000 Arme Tag und Nacht beschäftigt, Waffen und Pulver zu bereiten. Bald hatte der Krieg eine ganz andere Gestalt gewonnen. Die andringenden, feindlichen Heere sahen sich plötzlich ausgehalten, und ehe ein Jahr verging, waren die französischen auf allen Punkten siegreich. Auch im Innern wurden die unzufriedenen Städte bald unterworfen: Marseille zuerst, später Lyon, Toulon und andere Städte, lleberall wurden die empörendsten Grausamkeiten an den

10. Theil 4 - S. 139

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl X. 139 (1830). Der wichtigste Act seiner Regierung ist der Beschluß der Sklavenemancipation, an welche der fromme Wilbersorce sein ganzes Leben gesetzt hatte. Die englischen Pflanzer in allen Colonien wurden genöthigt, ihre Sklaven zu entlassen, wofür sie aus' Staatskassen eine entsprechende Entschädigung erhielten. Nicht minder suchte England durch Unterhandlung mit den übrigen Staaten auf die gänzliche Unterdrückung des Sklavenhandels hinzuwirken, wodurch es sich ein unendliches Verdienst im Namen der echten Humanität erworben hat. Unterdeß hatten die Ereignisse in Frankreich mehr und mehr einen Besorgniß erregenden Verlauf genommen. Ludwig Xviii., welcher für seine Person von milder und gemäßigter Gesinnung war, sich jedoch darin getäuscht hatte, daß er die verschiedenen Parteien durch Zugeständnisse, die er abwechselnd der einen und der andern machte, zu versöhnen hoffte, starb am 16. September 1824, und an seiner Stelle bestieg sein schon mehrfach erwähnter Bruder, der Graf von Artois, als Karl X. den französischen Thron. In seiner Jugend ein leichtfertiger Mensch, hatte derselbe sich später einer streng religiösen Richtung zugewandt und wollte den Thron vorzüglich auf Adel und Geistlichkeit stützen; statt jedoch die öffentliche Gesinnung durch vorsichtige Pflege aller Keime echter Religiosität zu läutern, glaubte er durch Beförderung äußerlicher kirchlicher Einrichtungen das Ansehen und die Macht der Kirche und zugleich des Thrones heben zu können; nur zu bald sollte er aber erfahren, daß dies schroffe Auftreten der Regierung in dieser Beziehung denjenigen gerade willkommene Waffen in die Hände gab, welche daran arbeiteten, das Volk dem Glauben und dem Königthum zu entfremden. In ganz Frankreich waren liberale und demokratische Gesellschaften aller Art verbreitet und besonders hatte der italienische Carbonarismus, zum Theil im Anschluß an entartete französische Freimaurerlogen, viele geheime Gesellschaften begründet, in welchen der Haß gegen Altar und Thron auf alle Weise gepflegt wurde. Diese gefährliche Richtung benutzte jeden Mißgriff, welchen die unvorsichtige Regierung in politischer und religiöser Beziehung beging, um die Volksmassen immer mehr aufzuregen und für eine neue Revolution vorzubereiten. Einer der größten Fehltritte, welche die Regierung that, war die Forderung der Rückerstattung aller Güter, welche während der langen Revolutionszeit den Emigrirten genommen worden und seitdem durch öffentlichen Verkauf in andere Hände übergegangen waren. Zwar ließ die
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