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1. Lesebuch der Erdkunde - S. 93

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Z. Volk und Staat. 93 gebracht, dann von deutschen Stämmen — im Westen von den Burgundern, im Osten von den Alemannen — besetzt worden. Nach der Völkerwanderung wurde sie unter der Herrschaft der Frauken in die christliche Kultur gezogen, und war 5ig. 38. Schweizerische Pfahlbauten (rekonstruiert). schon unter Kaiser Karl ein blühendes Land; teilweise zu Schwaben, teilweise zu Burgund gerechnet. Im Jahre 1097 kam jedoch Helvetien als Ober-Alemannien an die Herzoge von Zäh ringen, welche die Kultur des Landes begünstigten; mit ihrem Aussterben (1218) zerfiel das Land in viele geistliche und weltliche Herr- schasten. Dann kam die Reihe an die Städte, groß und frei zu werden; auch die Landgemeinden suchten ihre Freiheiten auszudehnen. Darüber kamen sie in Konflikt mit den Habsbnrgern, welche gleichfalls in Oberalemannien ihre Macht ausbreiten wollten, und es gelang den 3 „alten Orten" oder Urkantonen Uri, Schwyz und Unterwalden (Rütli 1308 und Morgarteu 1315), sich ihrer glor- reich zu erwehren. Nach und nach schlössen sich dem heldenmütigen Hirtenvolke Luzern, Zürich und andere Kantone an. Dann -bewahrten sich die „Eidgenossen" auch gegen Burgund (Herzog Karl den Kühnen) ihre Freiheit, lehnten sich mehr und mehr an Frankreich an und kamen (1499) aus aller Verbindung mit dem deutschen Reich. Die Reformation brachte dem Lande viel Zwist, aber auch ein neues Geistes- leben. Seit dem Westfälischen Frieden 1648 ist die „Schweizerische Eid- g e n o s s e n s ch a f t" ein anerkannt selbständiger Staat, und war lange der einzige größere Freistaat Europas. (Landesfarben und Wahrzeichen: ein weißes Kreuz in rotem Felde.)

2. Lesebuch der Erdkunde - S. 198

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
198 Ii. Das Deutsche Reich. Längs der ganzen Nordseeküste, die durch Ströme und Meerbusen in eine Reihe von inselartigen Landschaften durchschnitten ist, unterscheiden sich die Bewohner überall durch, Sprache, Sitte, Einrichtungen, Feld- und Hausbau von den angrenzen- den Völkerschaften aufs entschiedenste, während sie sich unter einander in den ent- ferntesten Gegenden merkwürdig gleich sind. Die Grundlage dieser eigentümlichen Art ist jetzt die Marschkultur, der Deichbau, vermutlich von den Niederlanden her- nach Osten verpflanzt. Auf Marschboden gedeiht Unfreiheit nicht. Für die Mühe und Gefahr des Anbaues und Ansiedelns auf solchem Boden konnte nur der Reiz der Freiheit ent- weder, oder bei dichter Bevölkerung große Sicherheit des Besitzes Ersatz bieten; Sicherheit aber vermochte der Feudalismus nicht zu geben. So hat denn am Nord- säume des deutschen Landes auf meeresgleichen Wiesen, wie im Süden in den Alpen, altgermanische Baueru-Freiheit eine letzte Freistätte gefunden. Die Friesen haben sie nie verloren; wenn auch die politische Selbständigkeit unterging, blieb doch vollkommene Freiheit der Person und vollberechtigtes Eigentum dem reichen Marsch- bauern so gut, wie dem armen Alpenhirten. Mit der Bauernfreiheit aber hat sich eine große Mannigfaltigkeit von bunten Kleidertrachten, spröden Sitten und Ein- richtnngen erhalten. In zahllosen Kämpfen brach sich die Macht der Fürsten und Bischöfe, wie der Haß des Adels, an der Tapferkeit dieser kleinen Völkerschaften und der Unwegsamkeit ihres Bodens. Auf einem Heereszug gegen die Nordfriesen fand ein Dänenkönig (Abel 1252) seinen Tod; gegen die Westfriesen 1256 ein deutscher König (Wilhelm); dessen Sohn Florenz V. unterwarf sie 1287, gewann aber ihre Herzen durch Menschlichkeit und faud später Rächer an ihnen. — Nur die Trennung der einzelnen Landschaften durch Buchten und Strommündungen, verschiedenes Interesse der Stämme, und die Vorteile eines strengen Winters für die Kriegführung, in einem Lande, wo dann die Geschütze alle Pfade ge- ebnet, alle Gräben überbrückt finden, machten ein allmähliches Unterliegen unter die Lan- deshoheiten der benachbarten Fürsten möglich, — wozu überdies die Völker dort reif waren. Der friesische Marschbewohner war nicht der arme, genügsame Alpenhirte, er konnte übermütig, gesetzlos, grausam, ein verwegener Seeräuber werden. So mußte er denn gezähmt werden. Als seekundiger Lotse und dreister Matrose durchfurcht er jetzt auf Kauffahreru aller Nationen die Meere, doch so, daß e.r, mit schweizerischer Heimatsliebe, gern zum Lande seiner Kindheit zurückkehrt. Freiheit, Gemeindeselbständigkeit und alter Wohlstand geben noch immer dem Marschbauern einen stolzen Sinn. Zwar ist er trocken: Phantasie hat ihre Gaben nicht reich ausgestreut auf diesem künstlichen, wagrechten, in Vierecke ab- geteilten Boden, ohne Fels, Quelle, Hain und Bach; aber wackere, umsichtige, bis zum Eigensinn beharrliche, seefeste Männer erzeugt er noch immer. Nunmehr ist das Friefenvolk unter 4 Gebiete verteilt: Holland, Hannover, Oldenburg, Schleswig-Holstein. Die Friesen hatten von den Rheinmündungen bis nach Jütland ihre Heimat gegen die ununterbrochene Gewalt der andringenden Meeresfluteu zu schützen gewußt. Seit sie aber ihre Selbstregierung verloren, ver- lieren sie den Boden unter ihren Füßen. Holland, klagt man, läßt seine Friesen- Inseln vergehen, und Hannovers Ostfriesland ist in derselben Gefahr, wenn es seine Inseln, Langeoog, Spiekeroog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum nicht besser schützt, als das Strandbollwerk auf Norderney, das in der Sturmnacht des 2. Febr. 1858 von den Fluten verschlungen wurde. Auch Dänemark hat be- deutende Strecken der nordfriesischen Inseln zerrinnen lassen. Mehr und mehr mischt sich nun der Friese mit den anstoßenden Niederdeutscheu. § 195. Das Volk der .(Nieder-) Sachsen, das die Heide-, und Moorstriche

3. Lesebuch der Erdkunde - S. 245

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Das Deutsche Reich als ganzes. 245 heit und Verstand; der des Süddeutschen entsprechend der mannigfaltigeren Gestaltung seiner Heimat mehr Gemüt und Phantasie. Auch das Glaubeusbekenntnis trennt noch die Völker. 28 416000 oder fast 2/3 aller Einwohner sind Protestanten, die hauptsächlich im Norden und in der Mitte wohnen, 16 239 000 oder 1u Katho- liken, im £>., S. und W. (die Polen in den östlichen Provinzen; die Bewohner von Altbayern, Lothringen, Rheinland und Westfalen). Dazu kommen, überallhin zer- streut, ll2 Mill. Juden. Zu keiner Staatskirche halten sich 100 000 Sektierer. Ferner einige Griechen, Armenier u. s. w. — Die katholische Kirche im deutschen Reich hat 5 Erzbistümer und 19 Bistümer. Jene sind: Gnesen-Posen, Köln (auch Prag und Olmütz greifen nach Schlesien hinein); München-Freising, Bamberg; Freiburg. § 235. Der deutschen Nation ist von dem Schöpfer eine glückliche Begabung zu Teil geworden: sie hat ein ziemlich gleichmäßiges Maß aller Seelenkräfte der menschlichen Natur empfangen, somit die Fähigkeit, sich nach allen Richtungen derselben auszubilden, und die Empfänglichkeit, andere Naturen zu verstehen und in sich aufzunehmen, und sie mit ihrer eigenen Weise harmonisch zu verschmelzen. Das Innerste aber der deutscheu Volksart ist eine gewisse Herzlichkeit, ein Gefühl für das Heilige, für Recht und Sitte. Hiedurch ist der Deutsche ganz besonders befähigt zu inniger Hingebung, Liebe und Wohlwollen. Er bedarf zu seinem Glücke keiner äußeren Herrlichkeit nud Pracht; er findet leicht sein Genügen in sich selbst, und in der ärmsten Hütte sowohl als im angenehmsten Komfort. Sein eigenstes Behagen ist ihm daher beim Umgange mit Andern trauliche, harmlose „Gemütlichkeit", für welche kein anderes Volk der Welt einen Sinn, nicht einmal ein Wort hat. Selbst der deutsche Stolz auf sich selbst ist harmlos und selten abstoßend. Aus dieser Gemütlichkeit entspringt auch die Vorliebe für die Musik und den Gesang, in welchen es die Deutschen vielen Völkern zuvorthun. — Daher ist auch das Familienleben bei keiner anderen Nation so innig und wahr; es bildet den Herd alter guter Sitte, der Treue und Ehrenfestigkeit, und besonders der „Würde der Frauen". Aus dieser Grund- richtung ihres Wesens geht denn auch die Kraft und Tiefe der Empfindung, aber auch die Zartheit, Sinnigkeit und Verschämtheit des Gefühls hervor, welche die unverdorbenen Naturen kennzeichnet. Dazu gesellt sich aber eine gewisse Langsamkeit und Umständlichkeit des Deutschen, welche der gewandte Romane verspottet, so gut als die Formlosigkeit und Unseinheit seines Benehmens, und seine Selbstzufriedenheit bei mäßigen Leistungen. Weil er gemütlich und häuslich ist, hält sich der Deutsche leicht für Alles, was man von einem Menschen verlangen darf. Sich in eine knappe Form begeben, sich organisieren, zentrali- sieren lassen mag er nicht. Wie keine Nation sonst, vermag er sich in fremde Art hineinzuleben, allen gerecht zu werden; er scheint wie berufen, das geistige Leben der Völker des ganzen Erd- balls zu vermitteln, in einem alle umfassenden Weltbürgertum. Daher sind die Deutschen beson- ders gute Historiker, Sprachforscher und Geographen, man denke an Niebnhr, Ritter, Ranke, Grimm, Humboldt. Daraus geht denn freilich auch ein gutes Teil Fremdsucht hervor, die mit anderen Volksweisen eine Art Götzendienst treibt, ein widerliches Nachäffen des fremden, plump aufgefaßten Elements; und ebenso der Waudersinn, der den Deutschen in die weite Welt hinausführt und leicht zur Weltläuferei wird. Sodaun hängt mit diesem Bestreben, die ganze Welt zu verstehen, besonders aber mit seiner Richtung nach der Tiefe, nach dem Innersten der Dinge, seine Vorliebe für alles Studieren, besonders aber für die Philosophie zusammen, sowie mit der letzteren seine Neigung zur Träumerei und Schwärmerei. Und ebenso seine oft übertriebene Gründlichkeit, sowie sein Aberglaube an die Macht des beschriebenen Papiers, und sein naives Zutrauen, als habe Jedermann die gleiche Rechtsachtung. — Die Deutschen sind dadurch andere», praktischeren Nationen, den Engländern, Franzosen, Holländern, Jta- lienern u. s. w. nicht allein das Ziel ihres Spottes geworden, — weil sie z. B. für alle Welt ein Interesse haben können, das sie ganz hinnimmt, während sie für ihre eigene Heimat wie blind sind. Oft haben sie durch das thatenlose Zuwarten, das grundlose Wünschen und Hoffen, das unentschlossene Hin- und Herdenken und Reden, sowie durch das unmännliche Sich-Schmiegen die wichtigsten Wendepunkte und Entscheidungszeiten

4. Lesebuch der Erdkunde - S. 450

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
450 Xii. Das Königreich Italien. kommen können. Der Italiener redet, schreit, figuriert beständig, und dabei ist es ihm gründlich ernst. Auch ist er mit Rat und That gleich bei der Saud, zeigt sich zu jedem Dienst bereit, und ist Plötzlich besonnen. Nie wird er stumpf oder abgearbeitet, alles thut er rasch und mit Leichtigkeit; selbst im Müßiggang, im 6oice far niente (süßen Nichts- thun) ist sein Geist ohne Aufhören beschäftigt, wenn anch mit Kleinigkeiten. Er hat eine ungemeine Lebendigkeit, Klarheit und praktisches Geschick. Daher erschauen wir Deutsche dem Italiener entsetzlich schwerfällig, uugefügsam und dumm; schon der kühlere Piemon- tese und Lombarde widersteht dem lebhafteren Bewohner des Südens. Bis iu die tiefsten Schichten hinab herrscht feines Gefühl für das Schickliche und Anständige, natürlich nach seinen Begriffen. Der Italiener bewegt sich mit eiuer natür- licheu Anmut und Genialität, die ihm das Schöne wertvoller macht als das Wahre und Gute. Wir fühlen uns hier iu der H e i m a t d e r K ü u st e (Baukunst, Bildhauerei, Malerei, Musik, Dichtkunst, Nednerkunst, Schauspielkunst). Wer in diesen sich ausbilden will, reist uach Italien. Der Italiener ist ein geborener Künstler, besonders aber Schau- spieler und Stegreifredner. — Auch kann er das Vielregieren nicht leiden, er will, als Naturmensch, freies Bewegen; daher besteht in den Gemeinden viel Selbstregiernng. Und wenn man ihm mit Bevormunden und Strafen zu weit geht, so hilft er sich plötzlich mit dem Dolch oder mit geheimen Anschlägen, Verschwörungen n. dgl. Sein Blnt gerät leicht in Hitze, dann wallt und kocht es in ihm wie in einem Vulkan, und nachdem der Groll sich lange in leichten Rauchwölkchen Lust gemacht hat, bricht er plötzlich und unaufhaltsam aus. So viel es auch Adelige in ganz Italien gibt, so gilt doch Stand oder Rang nir- gends weniger als in Italien. Auch der Geringste hält sich für ungefähr ebenso hoch als der Fürst, vor dessen Palast er liegt, — ohne frech zu sein. Aber klug und schlau ist der Italiener, und spekuliert überall auf seinen Vorteil; einen Menschen von schwachem Verstände, zumal wenn er hochmütig ist, möglichst zu benützen, macht ihm ein Vergnügen; den Verstäudigen dagegen achtet er. — Mit seinen Tieren lebt er auf sehr traulichem Fuße; namentlich der Vetturino (Kutscher) verkehrt mit feinen Pferden oder Maultieren fast wie mit Menschen. Den Wandervögeln aber stellt er grausam uach. Die Religiou des Jtalieuers geht nicht tief: die Mißgriffe der „Geistlichkeit" haben sie ihm verdorben. Neuerer Zeit ist auch ein großer Teil der Landgeistlichen neu- gläubig geworden und hält zur Regierung, und die Bevölkerung der Städte, die Man- ner besonders, ahmen den Franzosen nach"; der Unglaube reißt ungeheuer ein. Das Landvolk aber hält noch viel auf seinen Dorsheiligen, es betet zu ihm und zu der „Mutter Gottes" in jeder Not, und ehrt seine Kirche aufs Höchste. Die italienischen Kirchen sind voll der kostbarsten Reichtümer und der herrlichsten Kunstschätze: diewoh- nung seines Gottes muß, wie der Italiener meint, das prachtvollste auf Erden sein! Auch sucht er Vergebung seiner Sünden beim Priester, der Bandit und Räuber sogar für die Sünden, die er verüben will; und jeder gemeine Mann trägt um den Hals sein geweihtes Amnlet zu seinem persönlichen Schutz. Von Mönchs- und Nonnenklöstern wim- melte es früher in dem Lande. In ganz Italien Zählte man noch im Jahr 1865 84 religiöse Orden mit 2382 Klöstern, wovon 658 den Bettel-Orden angehörten. Darin lebten 15491 männliche und 18198 weibliche Professeu und 4668 Laienmitglieder. 1866 wurden aber die Klöster ans den Aussterbeetat gesetzt; ein Teil ihrer Güter wird für die öffentliche Erziehung verwendet. Die protestantische Religion hatte auch in Italien mächtig um sich gegriffen, aber sie wurde von Rom bis auf die Wurzel ausgerottet und dafür die gröbste Unwissenheit ge- pflegt. Gegenwärtig hat sich das geändert: in den meisten Hanptstädten, sogar in Rom, sind englische und deutsche protestantische Kapellen. Die Sprache handhabt schon das Kind wie in Deutschland kaum ein ge- lehrter Redner. Sie ist auch die wohllautendste, biegsamste, weichste unter allen europäischen Sprachen; sie klingt wie Musik, und hauptsächlich ist sie mild dadurch, daß alle Wörter auf einen Vokal enden (der zwar in der schnellen Umgangssprache oft verschluckt wird).*) Sie ist, wie die andern romanischen Sprachen, aus dem *) Die Aussprache des Italienischen ist nicht so schwierig, wie die des Französischen und Englischen. Es gibt keine stummen Silben; die Vokale lauten wie im Deutschen; aber ce und ci ist tsche und tschi, che und chi ke und ki, sce und sei sche und schi, ge und gi dsche und dschi, gl — lj, gn — nj U. s. w. /

5. Lesebuch der Erdkunde - S. 613

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
persten. 613 die Wüste Lut im N. von Kirman, und östlich senkt sich das Becken von Seistan bis zum Salzsumpf Hamun (380 m, S. 615) herab. Die wenigen Städte des weiten Landes finden sich nur an den inneren Gebirgs- rändern der Hochfläche oder in den bewässerten Gebirgsthälern. Hier sucht mau bei Tage über die heißesten Monate Kühle in den unterirdischen Wasserleitungen, durch die der außer- ordentlich fruchtbare Boden bewässert wird; bei Nacht schläft über ein halbes Jahr alles auf den Dächern. In alter Zeit bestand ein ungemein wohlbestelltes unterirdisches Kanal- system, das durch die vielen Kriege größtenteils vernichtet wurde und unter der jetzigen Dynastie mehr und mehr zerfällt, so daß Einöde und Dürre immer tiefer auch in die kultivierteren Gegenden hineinfressen. Die Tierwelt, die wilde und gezähmte, ist so ziemlich wie in Arabien; das persische Pferd, durch arabisches Blut verfeinert, ist sehr ausdauernd, das turkmenische sehr kühn. Viele Maultiere und Kamele. Es erscheinen giftige Wanzen, und die (auch in Arabien hausenden) weißen Ameisen, die in kurzer Zeit unglaubliche Zerstörungen anrichten. Persien hat Blei und Kupfer, Türkisse bei Nischapur, besonders aber viele Salze und noch uuausgebeutete Steinkohlen. § 514. Die sehr gemischte Bevölkerung (6 Mill.?) theilt sich hauptsäch- lich in zwei Stämme. Die Hauptmasse besteht aus den ansäßigen Tadschik („Diademträger"), Nachkommen der Perser und Meder, die Ackerbau (Reis, Opium, Tabak), Gewerbe und Handel treiben, ein wohlgestaltetes, feines, lebhaftes, talent- volles Volk. Sie gehören zu den feingebildetsten und kunstfleißigsten Orientalen, geschmeidig, witzig („die Franzosen des Orients"), aber infolge der langen Knechtung lügenhaft, eitel und verdorben. Die Beamten haben, bei großem Ernst und An- stand, nur Eines im Auge: Geld zu gewinnen. Dagegen gelten die Parsen oder Feueranbeter, besonders in Jesd und Kirman (etwa noch 3006 Familien) für un- verdorbenere, obwohl ungelehrte, redliche fleißige Ackerbauer; die Verständigeren beten unter dem Symbol des Feuers den Schöpfer an; Reinheit im Denken, Sprechen und Handeln ist ihr Bestreben. Etwa ein Drittel der Nation (2 Mill.) aber bilden die halbwilden Wanderstämme der Jlj a t, deren Häuptlinge („Weißbärte") den kleinen Gemeinden vorstehen und für sie der Regierung verantwortlich sind. Mit ihren Herden je nach den Jahreszeiten ihre Wohnsitze wechselnd, genießen sie stets ein gesundes mildes Klima. Fast 200 000 derselben sind Araber, andere (100 000) Kurden, vielleicht V2 Mill. Turkmenen und Türken im N., die übrigen Perser mit mehreren Dialekten. Dazu kommen im W. noch Armenier und Nesto- rianer ca. 50 000, und 16 660 Juden. Das Neupersische ist eine sehr schöne, wohlklingende und, ähnlich der franzö- fischen, in Asien weit verbreitete Sprache mit arabischer Schrift. Auch die Perser besitzen eine Menge berühmter Geisteswerke (Firdusi, Sadi, Hasts), zu denen wenig Neues zugefügt wird. — Schulen ungefähr wie in der Türkei, auch drei Hoch- schulen. Übrigens sind die Perser fanatische Schiiten und den Türken und Afghanen todfeind. Die Geistlichen (Mollahs) sind auch hier sehr mächtig, selbst dem Schah gegenüber. Der Schah (König) von Persien führt seine Regierung ähnlich der türkischen, nur noch despotischer. Überall herrscht Lug und Trug mit Bestechung. Das Heer ist europäisch organisiert, Kriegsstärke 76 666 Mann disziplinierte Truppen und 36 666 Mann irreguläre Reiterei (Jljats). Die Industrie unter den Tadschik ist bedeutend und sehr geschickt, besonders in Shawl-, Seide- und Teppichwebereien, Leder, Färbereien, Waffen, Rosenwasser. Die Perser waren von jeher meerscheu; der Karawanenhandel ist in den Händen von Armeniern und Jndiern. Täbris,

6. Lesebuch der Erdkunde - S. 651

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Barma. 651 achteten Stämme der Kareueuc/s Mill.), die das Evangelium, von amerikanischen Baptisten gebracht, in Masse annehmen, während die Buddhisten der Ebene sich länger besinnen. — Sehr wichtig wäre für ganz Barma, wenn es gelänge, einen Handelsweg ans der chine- sischen Provinz Jünnan hieher zu lenken. Diese Querroute (von Bhamo aus) ist neuer- diugs mehrfach von Europäern begangen worden. Auf Malakka, mit der herrlichsten Natur, wohnen neben „Waldmenschen": aus Sumatra eingewanderte M a l a y e n, ein unruhiges, leidenschaftliches Volk, und in der gefährlichen Malakkastraße fängt schon ihre weitverbreitete Seeräuberei an. Zu einer Staatenbildung ist die Halbinsel nicht gelangt. Es handelt sich mehr um feste Punkte zur Beherrschung der wichtigen Malakkastraße, daher England an der Westküste seine »S t r a i t s Settlements« (zusammen 3700 qkm mit ca. 400 000 -E.) gegründet hat. Hauptstadt ist nicht das zerfallende Malakka, mit wich- 201. Line Narenen-wohnung in 25arrrta. tigen Zinngruben, sondern ein Juselcheu an der Südspitze, Singapur, mit 138000 E., meist Chinesen, seit 1819 aufblühender Mittelpunkt des Handels und Freihafen, der seit Eröffnung des Sueskanals Batavia weit überflügelt hat; 2000 jährlich einlaufende Schiffe, große Docks und Lagerhäuser. Nördlich Peuaug mit 190000 Bewohner, davon 70000 Chinesen. Die seitwärts liegenden ungesunden Meridian-Inselgruppen der And am an en (6500 qkm mit 10000 E.) und der Nikobaren (1800 qkm mit 5000 E.) sind von den Briten als Strafkolouieeu für Sipahis (1858 und 1869) in Besitz genommen. Neben 7000 einst gefürchteten Papuas etwa 8000 Sträflinge, wovon die 2000 schlimmsten, Mörder oder Meuterer, gefesselt aus der Viperinsel. Das Klima hat sich seit der Lichtung der Wälder wesentlich gebessert. Ii. Das Königreich Barma (Mranma), früher ein großes Kaiserreich mit dem ganzen Stromgebiete des Jrawadi und des Salwen, ist jetzt auf die Hälfte reduziert (8300 Q.-M. oder 457 000 qkm mit 4 Mill. E.), ein Binnenland mit dem üppigsten Naturreichtum in den Feldern und Wäldern bis zu den schneegekrönten Gipfeln der nördlichen Hochgebirge. Man gewinnt Gold und Silber mit den andern Metallen, Sapphire und Rubine, besonders auch viel Petroleum. Die Mranma oder Myamma sind nicht unkultiviert, aber verdorben; ursprünglich ein kräftiges Volk, jetzt falsch und träge, unter vollkommener Despotie. Sieben Stände, vom Kaiserhaus bis zu den Sklaven; Land und Volk find Eigentum des „goldenen Elephanten" (des Kai- sers); er züchtigt die höchsten Staatsbeamten; trotz des allgemeinen Spioniersystems, Foltern und grausamer Strafen, schamlose Erpressung der Beamten und Räuberei, ungeachtet aller Moral des Buddhismus.

7. Lesebuch der Erdkunde - S. 659

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Lhina. 659 sagen sie auch: „Wir allein sehen mit zwei Augen, die Europäer mit Einem, alle andere Völker sind blind." — Dagegen ist ihre Musik noch ganz die von Barbarenvölkern, ihre Malerei zwar künstlich, aber ohne höhere Ideen, ohne Schatten und ohne Perspektive. Sie haben keinen Sinn für Anmut, Gesang, wahre Schönheit. Hingegen lieben sie spitz- findige Gedanken, fcharf ausgeprägte Gegensätze, geometrische Symmetrie. Gegen die Denkweise anderer Nationen verhielten sie sich abschließend, wie auch, im Gegensatz zu Japan, gegen neue Erfindungen; die Schienen der einzigen Eisenbahnstrecke (bei Schanghai) mußten wieder herausgerissen werden. Denn ist nicht das ganze Land ein Kirchhof, Be- unrnhignng der Totengebeine aber das höchste Verbrechen? Doch sagen ihnen Dampfer, Leuchttürme und Telegraphen zu und andere Neuerungen haben schon viele Anhänger. § 539. Das Regiment in China ist streng, der Drache auf des Kaisers Brust ist sein Siuubild, und die Strafe» sind hart: grausame Leibesstrafen, gräßliche Todesarten, massenhafte Hinrichtungen. Aber die Hauptmittel, durch die der große Polizeistaat regiert wird, bleiben Sittenregeln, die man die Jugend lernen läßt, der Reiz der Standes- auszeichnung, und Stockschläge, denen auch die Beamteu unterworfen sind. Zwar herrscht unter diesen eine furchtbare Verdorbenheit und Mißregieruug. Doch besteht trotz allem durch das gauze Reich große Freiheit: wenig Militär und Polizei, keine Pässe, die Städte unter Selbstregierung, Dörfer und Landstädte fast nur von Familien gleicher Abkunft bewohnt, große Leichtigkeit des Grunderwerbs und Verkaufs, ebenso des Reifens und Auswauderns, völlige Freiheit des Gewerbs, sowie der Bildung von Vereinen, die doch durch Geheimverbindungen oft staatsgefährlich werden. Die Chinesen sind kein Religionsvolk wie die Hindu, die Tibetaner, die Türken oder Russen; ihr Staat ist ein Gelehrtenstaat. Wissenschaft gilt unendlich viel mehr als alle Militärgröße. Den Kaiser achtet man als Inbegriff aller Weisheit. Die oberste Prüfuugsbehörde in Peking ist der höchste Reichskörper des Staats. In jeder Provinz ist eine Exzellenz Oberintendant der Wissenschaften. Durch ein großes System von Prüfungen werden die besten Köpfe für den Staatsdienst erlesen. Der eigentliche Adel ist die Elite der höchsten Gelehrten, ohne die der Kaiser keinen hohen Beamten anstellen kann. Den höchsten Staatskörpern liegt es ob, die Encyklopädieen abzufassen. Jeder Bewerber um irgend ein Amt muß sich vor allem über seine Gelehrsamkeit ausweisen und seine Zeugnisse von den Staatsprüfungen vorlegen. In keinem Reiche der Welt gilt Gelehrsamkeit so viel; freilich chinesische Gelehrsamkeit, ohne Geist und freie Bewegung, aber doch mit sehr vielen Kenntnissen und einer uugeheueru Literatur. Daher wimmelt es von Gelehrten („Bücherlesern"), mehr oder minder geschickten; denn was man bei uns unter Lesen und Schreiben versteht, das bedarf in der schweren chinesischen Schrift (mit Tusche und Pinsel), und in der besonderen Gelehrten- und Amtssprache, eiu gewaltiges Studium. Die Chinesen haben nämlich keine Lautschrift, sondern ein scharfsinnig aus- gedachtes System vou oft willkürlich gewählten Wortzeichen, denen 214 Wurzelzeichen zu Grunde liegen, für jedes Wort ein besonderes Zeichen (Zeichenschrift). Für den ge- wöhnlichen Bedarf reicht zwar die Kenntnis von 3000 Zeichen aus; aber, um die alten und neuen Bücher lesen zu können, muß man deren 33000 oder gar 80000 kennen! Zu- dem ist die Sprache selbst sehr schwer: sie ist eine einsilbige, uns kindisch lautende, in der die Aecente und Töne eine große Rolle spielen, mit vielen Dialekten, besonders im Süden des Jangtse. Neuu Stufen, durch Abzeichen kenntlich, steigen bis zur höchsten Würde der Kaiserlichen Akademie empor. Und wiewohl man den Ackerbau ehrt (der Kaiser pflügt ja selbst alljährlich den heil. Acker bei dem großen Tempel des Erfinders des Ackerbaus), so zeichnen sich die Gelehrten doch gern als arbeitslose durch lange Fingernägel aus. Die Religion, ursprünglich Ahnendienst, ist ein Götzendienst geworden; die meisten beten den Buddha (F o) au. Man hat Hansaltäre mit Götzenbildern, und verbrennt dem Fo oder andern Göttern, besonders aber den Geistern der Ahnen, Streifen von Gold- Papier und Weihrauch, opfert auch Früchte, Thee, und bei größeren Anlässen Geflügel oder ein Schwein, mit Feuerwerk. Eine Brenge Feste, aber kein Sonntag und keine Wochen (nur Mondsmonate). Übrigens verrichten.der Kaiser und die Staatsbeamten selbst Priesterdienste; dem höchsten Gott darf nur der Kaiser opfern, als Stellvertreter der Gottheit auf Erden. Und bei Dürre, Pest, Hungersnot, Krieg zc. fleht der Kaiser allein vor dem Volke in Sacktuch den Himmel an.

8. Lesebuch der Erdkunde - S. 665

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Japan. 665 Die große Halbinsel im N.-O., südlich von der Mandschurei, Korea(4300q.-M. mit 73/10 Mill. Bew.), heißt bei den Japanern Kurai und koreanisch Tschau sien „Morgenfrische"; sie ist fast ganz von mineralreichen Gebirgen (bis 2000 m) bedeckt und gut bewässert. Ihr despotischer König ist an China tributpflichtig und schickt nach Japan Geschenke. Die Bergwaldungen sind voll Wild, Tigern und Panthern, auch feinen Holzarten; im ganzen herrscht viel Armut. Das Land war selbst China verschlossen. Japan aber suchte im Süden Fuß zu fassen, worauf eine Revolution 1882 zum Einschreiten Chinas Anlaß gab. Darnach hat Korea sich zum Abschluß von Verträgen mit den Seemächten herbeigelassen. Eigener den Japanern verwandter Volksstamm mit alphabetischer Schrift, aber halb chinesischer Literatur, wie auch die Kultur im wesentlichen chinesisch ist. Hauptstadt Seul. Eine katholische Mission hat hier schon viel gewirkt und gelitten. 2. Japan. § 543. Japan (Nippon, Land des Aufgangs, chinesisch Dschipan, daher Zi- pangn der Entdecker) bildet Großbritannien ähnlich ein großes Jnselreich auf der äußersten Grenze des Weltteils zwischen einem Binnenmeere und dem großen Welt- meer mit 6900 Q.-M., 382000 qkm. Ein Archipel hoher vulkanischer Inseln liegt in einem Nord-Südbogen durch schwierige Meere geschützt, zwischen dem Liukiu- Archipel und der russischen Insel Sachalin. Sind die japanischen Inseln im W. als Fortsetzungen des Kontinents zu betrachten, so stürzen die östlichen Küsten steil zu einem 7000 — 8000 m tiefen Becken des stillen Ozeans hinab. Im Gegensatz zu den meerscheuen Chinesen wurden die Japaner durch die Ab- geschlossenheit des Landes im Westen, dem ein einladendes Gegengestade fehlt, und die schönen Buchten ihrer Ostküste auf die hohe See gelockt. Ursprünglich ein Fischervolk, bildeten sie sich frühe zu Seeleuten, und fuhren, Handel treibend und durch Kriegsschiffe geschützt, bis Bengalen und durch die Behringsstraße; auch ließen sie die Portugiesen seit 1545 Handel treiben und das Christentum verbreiten, bis ihr Stolz den japanischen zu Verfolgungen reizte. Neben der ursprünglichen Sintureligiou hatte man seit 525 dem Buddhismus und allen chinesischen Glaubens- und Denkformen den Zugang gestattet. Nun aber erfolgte bis 1638 die blutige Ausrottung aller Christen und völlige Absperrung gegen Fremde. Nur die Holländer (wiewohl wegen ihrer Eigennützigkeit verachtet) und die Chinesen wurden uuter entehrenden Beschränkungen zugelassen. So blieb es, bis die neue Zeit auch hier 1854 durch eine amerikanische Flotte die Fesseln sprengte und Japan seit 1868 mit einem Schlag aus dem Mittelalter in die Neuzeit versetzt wurde: der Mi- k a d o (Kaiser) tritt aus seiner gottgleichen Unsichtbarst hervor, verlegt seinen Sitz von Kioto in die volkreiche Ebene von Tokio (Jedo) und beginnt hier ein kraftvolles Regiment. Der Sioguu (Kronfeldherr) wird beseitigt, die Macht der Vasallenfürsten (Daimios) ver- nichtet, der Bauernstand gehoben: an die Stelle des Feudalstaats trat der monarchische Einheitsstaat. Reformen aller Art folgten nun einander fast nur zu rasch: Eisenbahnen (156 qkm) und Telegraphen wurden eingerichtet (1881 wurden 1'/4 Mill. Telegramme in japanischer Sprache aufgegeben), die Soldaten nach deutschem Muster von preußischen Offizieren gedrillt, Schulen aller Art eingerichtet, junge Japaner nach Europa und Amerika gesandt, um später als Ärzte, Juristen, Staatsbeamte ihrem Vaterlande zu dienen. Und all das geschieht in dem Bestreben, durch die Annahme europäischer Kennwisse und In- dustrie selbständig unter den zivilisierten Völkern aufzutreten. Schon wird die fremde Rhederei verdrängt, die größte japanische D a m p f s ch i f f a h r t s gesellschaft besitzt be- reits 100 Dampfer und versieht den Postdienst nicht nur zwischen den Häfen Japans, sondern auch zwischen Jokohama und Schanghai. — Eine Hauptaufgabe der Regierung bleibt, durch Wegebau im Innern das Landvolk zu Viehzucht und Ackerbau zu erziehen. Der Bauernstand ist durch Steuern schwer belastet, denn das junge Reich hat über 1 Milliarde Mark Schulden (280 Mill. Jens ä 4 Mk.). Einer Ausfuhr von 107

9. Lesebuch der Erdkunde - S. 826

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
826 Iv. Peru. gegend und ebeusoviele Chinesen. Deutsche Kolonisten und Kaufleute haben sich nur gegen 2000 in Peru niedergelassen. Nach den Sagen der Indianer war schon in der Urzeit Peru ein Kulturland, mit großartigen Bauwerken (Reste davon bei Tiagnanuco am Titicaca); nach einer Periode der Verwilderung trat unter den Aimara und Qnichna, etwa um 1040, ein Fremdling, Manco Capac auf, der sich einen Sohn der Sonne nannte, aus vereinzelten noma- dischen Stämmen auf den Hochflächen um den Titicacasee ein Volk bildete, und einen Staat aufrichtete, dessen Grundlage der Sonnendienst war. Er, sowie seine Nachfolger, die Inka (d. i. die Selbstherrscher), galten als sichtbare Vertreter der Gottheit, und waren die alleinigen Besitzer des Bodens, der Gold- und Silbergruben, der Viehweiden und Llamaherden, und ordneten den Staat genau nach sozialistischem System. Sie teilten das Volk in Kasten, bauten Tempel, Paläste, Magazine, Straßen, Kanäle, Wasserleitungen, Bäder, und regierten mit Milde und Klugheit, so daß nur Ein Glaube, Ein Gesetz und Eine Sprache herrschten, und das Reich, das sie T a h u a n t i n s u y u nannten, „die nach allen Weltgegenden ausgedehnte Herrschaft", das blühendste der Neuen Welt wurde. Sie zivilisierten die roheu Volksstämme umher, und das Reich dehnte sich zuletzt von Quito bis Chile aus und zählte 6 Mill. B. Besonders blühte der Ackerbau. Die Inka sorgten väterlich, daß jedermann erhielt, was ihm Not war. Mehr aber konnte niemand er- werben; auch mußte Jedermann arbeiten, selbst die Hochgestellten aus der Provinz mußten, wenn sie sich nach Cuzco zu Hofe begaben, vor den Stadtthoren eine Last auf die Schulter nehmen. Die Steuern wurden von den Inka festgestellt und mit Umsicht verteilt. Die Läudereien einer Ortschaft waren in drei Teile gesondert: Sonnenäcker für den Tempel- dienst und die Priesterschaft; Jnkafelder für den Hofstaat und Gemeindeäcker, deren Er- trag amtlich nach Bedürfnis verteilt wurde, wie auch die Arbeit gemeinschaftlich und von Beamten überwacht war. Die prächtigen Städte besaßen Handwerker und Künstler in edlen Metallen, in Wolle, Haaren und Federn. Handel gab es kaum in einem so streng geregelten Polizeistaate, wo die Regierung für alles sorgte, auch für die Märkte und Vor- räte, und wo niemand ohne Erlaubnis verreisen durfte; auch war die Verbindung mit den Nachbarvölkern verboten nud die Grenze streng bewacht. Farbige Knotenschnüre, Qnipos, dienten zum Ersatz für die Schrift und erzeugten eine Klasse von Schriftgelehrten. Die Leichen wurden zu Mumien einbalsamiert. So trafen die Spanier das Volk in hohem Wohlstand und brachten nun Elend, Verwilderung und Entvölkerung über das- selbe. Schnell sank jede Spur der vormaligen Regierung dahin, die Folge der über- triebenen Bevormundung des Volks. Der letzte Inka, den Pizarro (1526—1533) des Reichs und Lebens beraubte, war Atahualpa; und 1578 endete das Haus der Inka durch ein Blutgericht. Noch bewundert man ihre Bauwerke, die Humboldt großartiger fand als die Denkmäler Ägyptens; von der großen Jnkastraße, die durch fast 20 Breite- grade über das Hochland zog und von prachtvoller Bauart war, mit Gasthäusern und Burgen, ist noch ein Teil im Gebrauch. Eine der altperuanischen Sprachen, das Quichua, ist auch unter den Europäern herrschende Umgangssprache geworden. Nach vielen Aufständen der Indianer erhoben sich 1820 die Kreolen gegen Spanien und errangen eine Unabhängigkeit (1821), die doch nur zur Anarchie führte. Umwälz- nngen und Bürgerkriege zerstörten den Staatshaushalt und brachten Verwilderung und Verarmung über das Land. Seit 1879 ist Peru wegen der Salpeterminen in Antosagasta im Kriege mit Chile, der 1881 zu Perus Ungunsten entschieden wurde, aber von einzelnen Partei- gängern noch fortgesetzt wird. Die Chilenen verlangen die Abtretung von Tarapaca, der südlichen Küstenprovinz mit wertvollen Salpeterlagern. Ihr Umfang beträgt 2300 Q.-M., 126 000qkm mit 42 000 E.; die Grenze Perus würde dann nur noch den 19 ° S. Br. erreichen. Peru verdanken wir die Fieberrinde, den pernvianischen Balsam, die Brech- wurzel, die Alpaka :c. Einer der wichtigsten Ausfuhrartikel ist immer noch der Guano (Fig. 257), der 1877 im Wert von 40 Mill. Mk. ausgeführt wurde; die übrige Warenausfuhr betrug ohne salpetersaure Soda 125 Mill. M., die Einfuhr 100

10. Lesebuch der Erdkunde - S. 797

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Die Mexikaner. 797 dort Spezereien und andere kostbare chinesische und ostindische Waren, und führte dagegen Silber und Gold dahin; und den Handel mit Europa besorgten bis 1778 von der Regie- rnng privilegierte Kauffahrer, die alle vier Jahre ein Mal (!) von Sevilla und Eadix nach Vera Cruz segelten. Aber auch nach dem Sieg der freisinnigen Ideen gab es wohl ehrsüchtige Parteistifter in Menge, welche Revolution auf Revolution anzettelten (man zählt deren bis jetzt 240), um sich und die Ihrigen zu bereichern, aber die monarchischen Gewohnheiten, spanische Glanzsucht in Luxus und Spiel, blieben die alten. Und heute noch kann sich der gebietende Teil der Nation nicht davon trennen. Auf der einen Seite stehen Sonveränetät des Volks und Gleichheit der Rechte, auf der andern mittelalterliche Grundsätze und religiöse Unduldsamkeit. Der Priesterstand und das Militär sind dem Aufkommen der Nation am meisten hinderlich: die Hierarchie durch bloßes Zeremonien- Wesen und Aberglauben, früher auch durch ungeheure Reichtümer; das Militär durch seine Dienstbarkeit unter die ehrgeizigen, eigennützigen Generale, die sich ohne Aufhören be- kämpfen, und durch Räuberleben im großen. Napoleon Iii. suchte durch den Erzherzog Maximilian eine Monarchie zu gründen (1863—67), aber von den Drohungen der Union eingeschüchtert, ließ er Maximilian im Stich, der nach tapferer Gegenwehr dem Zapoteken Juarez, einem Vollblutindianer, unterlag und erschossen wurde. Juarez führte Volks- Unterricht ein. Seither ward die Macht des Klerus beschränkt und evangelische Gemeinden konnten da und dort gesammelt werden. Die Bevölkerung Mexikos, zus. ca. 9 J/2 Mill., lebt größernteils auf dem Hochlande von Auahuac, und ist aus vier Bestandteilen zusammengesetzt: die Aristo- kratie des Landes bilden die Weißen spanischer Abkunft, die Kreolen; sie haben einst die Revolution gemacht, sind aber nun als Zentralsten Vertreter der Reak- tion, und zählen 1 Mill. Köpfe. Ihnen zunächst stehen die Mischlinge, etwa 4 Mill., die ebenfalls für weiß gelten wollen, obgleich man das indianische Blut auf den ersten Blick erkennt. Sie teilen den Haß gegen die Fremden, sind arbeits- scheu und verschwenderisch, werden gerne Offiziere, Beamte oder Advokaten und sind meist Föderalisten, daher, wenn die Zentralsten am Ruder sind, unaufhörliche Revo- lutionäre. Die verachtetste Klasse der Mischlinge mit vielem Indianer- und wenig Spanierblut, meist nur dem Spiel und dem Trunk ergeben*), besteht aus dem Gesindel in den Städten und den Räubern auf dem Lande, samt dem größten Teile des Heeres und vielen Dienstboten. In den Städten nennt man sie nur den „Aussatz" der Bevölkerung, die L e p e r o s, von ihren durch Uusauberkeit und Laster erzeugten Hautkrankheiten. In der Hauptstadt allein zählen sie 30 000 Köpfe. — Beinahe die Hälfte des Volkes besteht aus reinen Indianern. Ruhige, stille, schweigsame Menschen mit einem Zuge von Schwermut, sind sie das von der Urrasse noch übrig gebliebene dienende Geschlecht, nachdem die Spanier die edlere gebildete Klasse ausgerottet haben. Sie heißen Indianos fideles, gläubige, und zerfallen in viele Stämme mit den verschiedensten Idiomen. Von Tausend können kaum zwei lesen. Ihre Zahl mag über 4 Mill. betragen. Im N. streifen noch ca. 100 000 wilde Indianer umher (Indianos bravos), Comantschen und Apatschen. — Auch gibt es an der Küste Neger, ca. 6000, jedoch nicht als Sklaven. 3u der Bevölkerung ist Proletariat. Unter der geringen Zahl der Einwanderer aus Europa nehmen die erste Stelle die Spanier ein, sofern sie die arbeitsamsten Einwohner sind, auch den Zwischen- Handel zwischen dem Volke und den fremden Kaufleuten (vielen deutschen) betreiben. *) Zuckerbranntwein (chingarito) ist ihr Hauptlabsal. Sonst ist das einheimische Getränke Aloewein (pulque, S. 796). Hauptnahrungsmittel sind dünne Maiskuchen, die jeden Tag frisch gebacken werden (tortillas); auf Reisen getrocknetes Rindfleisch mit etlichen Schoten spanischen Pfeffers; auch saugen die Leute Zuckerrohr- stengel aus. Mais wird auch den Tieren gefüttert. — Gerechnet wird nach Pesos (Piaster, Dollar); sie haben 8 Realen (ä 50 Pf. Kurswert).
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