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1. Lesebuch der Erdkunde - S. 93

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Z. Volk und Staat. 93 gebracht, dann von deutschen Stämmen — im Westen von den Burgundern, im Osten von den Alemannen — besetzt worden. Nach der Völkerwanderung wurde sie unter der Herrschaft der Frauken in die christliche Kultur gezogen, und war 5ig. 38. Schweizerische Pfahlbauten (rekonstruiert). schon unter Kaiser Karl ein blühendes Land; teilweise zu Schwaben, teilweise zu Burgund gerechnet. Im Jahre 1097 kam jedoch Helvetien als Ober-Alemannien an die Herzoge von Zäh ringen, welche die Kultur des Landes begünstigten; mit ihrem Aussterben (1218) zerfiel das Land in viele geistliche und weltliche Herr- schasten. Dann kam die Reihe an die Städte, groß und frei zu werden; auch die Landgemeinden suchten ihre Freiheiten auszudehnen. Darüber kamen sie in Konflikt mit den Habsbnrgern, welche gleichfalls in Oberalemannien ihre Macht ausbreiten wollten, und es gelang den 3 „alten Orten" oder Urkantonen Uri, Schwyz und Unterwalden (Rütli 1308 und Morgarteu 1315), sich ihrer glor- reich zu erwehren. Nach und nach schlössen sich dem heldenmütigen Hirtenvolke Luzern, Zürich und andere Kantone an. Dann -bewahrten sich die „Eidgenossen" auch gegen Burgund (Herzog Karl den Kühnen) ihre Freiheit, lehnten sich mehr und mehr an Frankreich an und kamen (1499) aus aller Verbindung mit dem deutschen Reich. Die Reformation brachte dem Lande viel Zwist, aber auch ein neues Geistes- leben. Seit dem Westfälischen Frieden 1648 ist die „Schweizerische Eid- g e n o s s e n s ch a f t" ein anerkannt selbständiger Staat, und war lange der einzige größere Freistaat Europas. (Landesfarben und Wahrzeichen: ein weißes Kreuz in rotem Felde.)

2. Lesebuch der Erdkunde - S. 92

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
92 I. Die Schweiz. beinahe überall neben dem Feldbau Fabrikation treibt. Daher die Seideweb- stuhle in den reinlichen Stuben der so hübschen freundlichen Dörfer im „Züribiet", die Baumwollweberei im Thnrgau, in St. Gallen und Glarus, die vielen Baumwoll- fabriken in den Flnßthälern, die Stickerei im lieblichen Appenzeller und im St. Galler Gebirgslande, die Strohflechterei im Aargau, die Seidebandweberei im Basel-Biet u. s. f. Und eine nicht kleine Zahl, alt und jung, suchen auswärts ihr Brot, um mit etwas Erspartem heimzukehren. Die fremde Frucht aber, deren die Schweiz bedarf, bezieht sie aus Oberschwaben über den Bodensee, wo Rorschach vor der Eisenbahnzeit lange der hauptsächlichste Fruchtmarkt der Schweiz war, und aus Frankreich. Ansehnliche altgegründete Städte liegen am inneren Rande der Ebene, vor den Mündungen der größeren Thäler, am Ufer eines Sees: Gens, Thun, Luzern 5ig. Z?. Luzern mit dem Rigi im Hintergrund. (§ 87), Zug, Zürich, St. Gallen (§ 40). Andere weiter entfernt vom Gebirge, erhöht auf See- oder Flußuferu: Lausanne am Genfer See auf drei Hügeln, gegen- über den Savoyer Alpen, und Freiburg („im Üchtland") über den schroffen felsigen Ufern der Saane, — diese im Südwesten der Hochebene. In der Mitte der Hochebene aber, auf einer Halbinsel der Aar, die nunmehrige Bundesstadt der Schweiz, — das stolze Bern; dann das gewerbsame reiche Winterthur in der Thal- ebene der Töß, und Frauenfeld über der Mnrg, im Nordosten. Während die Städte, dem Zeitgeiste folgend, das neuzeitliche Wesen angenommen haben, sind die Gebirgs- Völker dagegen dem einfachen Hirten- und Naturleben treu geblieben (außer wo viel- bereiste Gegenden durch Fremde Schaden gelitten haben). Der Widerstand gegen das Drängen der Neuschweizer hat daher schon mehr als einmal, zuletzt 1847, zu Sonderbünden und Bürgerkriegen geführt. Z. Volk und Staat. § 92. Die Schweiz, ursprünglich, vor mehr als zwei Jahrtausenden, von Kelt-en(Helvetiern) bewohnt, deren Psahlbanten (Fig. 38) man zuerst im Züricher See gefunden hat, ist frühzeitig von den Römern in den Kreis ihrer Kulturwelt

3. Lesebuch der Erdkunde - S. 94

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
94 I. Die Schweiz. §. 93. Die Schweiz mißt in der Länge, zwischen Frankreich und Osterreich vom Genfer See über den St. Gotthard bis zum Ortler in Tirol, 48 d. M. oder 350 km und in der Breite, zwischen Deutschland und Italien, von Schaffhausen bis Tessiu (beiderseits die äußersten Spitzen gerechnet), 30 d. M. oder 220 km; ist also mehr lang als breit. — Ihr Flächenraum ist fast so groß als Württem- berg, Baden und Großherzogtum Hessen zusammen.*) Ihre Gestalt bildet ein un- gleiches etwas schiefes Viereck mit ein- und ausspringenden Grenzlinien, zwischen 4 oder 5 Endpunkten; diese sind die Rheinbiegung (Basel) im Nordwesten, der Bodensee im Nordosten, der Genfer See im Südwesten, der Luganer See im Süden (der Ortler im äußersten Südosten). So ist die Schweiz, das hochliegende Land, zwischen Deutschland, Frankreich, Italien hingelagert^ Deutschland ist ihr Nachbar im Norden, und zwar Haupt- sächlich Baden, an einer kleinen Strecke des jenseitigen Bodenseeufers auch Württem- berg und Bayern; der Bodensee und der Rhein bis Basel bilden ihre nördliche Grenze; nur ein kleines Stück in der Nordmitte (Schaffhausen) schiebt sich über den Rhein zwischen badisches Gebiet hinein. Auch im Osten ist deutsches Gebiet ihr Nachbar, nämlich Tirol und Vorarlberg; auch hier bildet der Rhein, vom Bodensee aufwärts, eine Strecke lang (bis zum Einflüsse der Landquart) ihre Grenze; von da aber zieht diese in einem großen Bogen östlich um das Innthal herum. Im Süden der Schweiz liegt Italien; unregelmäßig zieht die Grenze über^ die Alpen hin in großen Zickzacklinien (doch meist den höchsten Gebirgskäminen folgend) bis zum Geufer See. — Im Westen grenzt die Schweiz an Frankreich: vom Genfer See zieht in nordöstlicher Richtung bis Basel die Grenzlinie, auch in höchst unregel- mäßiger Gestalt, über den Jura hiu. § 94. Übrigens ist es nicht der d e u t s ch e Volksstamm allein, dem die Schweiz angehört. Diese umfaßt auch ein bedeutendes Stück des Bodens französischer Zunge, der ganze Westen (welsche Schweiz) ist von französischem Volke bewohnt: der Berner Jura, Neuenburg, das Waadtlaud, Genf, zwei Drittel von Freiburg und von Wallis (das untere Wallis). Dann enthält sie ferner ein kleineres Stück italienischen Landes: das Land südöstlich vom St. Gotthard, Tessin, und drei Stückchen im äußersten Südosten (zum Kanton Graubünden gehörig), alle diese auf der Italien Zugewandten Seite der Alpen; endlich einen eigentümlichen Volksstamm mit einer lateinischen Tochtersprache, die sonst nirgends in der Welt gesprochen wird, der räto-romanischen (mit 2 Mundarten), in Graubünden. So ist also die Schweiz, wiewohl vorherrschend deutsches Land, durch diese Zerteilung zum Ver- einigungslande sehr verschiedener Haupt-Völkerstämme Europas geworden, — was ihr eine einheitliche Regierung nicht wenig erschwert, aber ihr auch, sosern ihr deren Einigung gelingt, um so größere Stärke und Ehre verleihen muß. Indessen wiegt doch das deutsche Element in der Schweiz so sehr vor, daß von den 2 4/5 Millionen Menschen ihrer Bevölkerung über 2 Millionen zum deutschen Stamme gehören, und die ganze Kultur, das Geistesleben, in der Schweiz vorherrschend mit Deutschland zusammengeht. Daher hatte auch Deutschland in seinem Südwesten an dem Schweizer Alpenlande und Volke ein starkes natürliches Bollwerk zu Deckung seines Rückens. Allein infolge alter Empfindlichkeit des großen Bruderstaates gegen den kleineren Nachbar, — der sich einst durch echt- *) Die Flächenzahlen siehe in der Tabelle Seite 93, sowie in der Tabelle über die Länder des Deutschen Reichs.

4. Lesebuch der Erdkunde - S. 95

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
3. Volk und Staat. 95 deutsche Männlichkeit in Zeiten der Verwirrung selbst geholfen — ist es so weit gekommen, daß die Schweiz sich oft mehr an Frankreich angeschlossen hat, das von jeher gegen sie klug und freundlich war. Von französischem Volke wohnt über *[2 Million (600 000) auf Schweizer Boden, von italienischem etwa 146 000, das romanische Gebiet zählt etwa 38 000 Seelen. Dem kirchlichen Bekenntnisse nach ist die Westschweiz (außer Freiburg) samt Zürich, Schaffhausen und Glarns vorwiegend reformiert, die Ur-Schweiz und der Süden, samt Freiburg, Solothuru und dem Berner Jura, überwiegend katholisch; die ganze Ostschweiz samt Genf und Aargau gemischt. Es sind also dem Räume nach so ziemlich 3 gleiche Teile. Katholische Bischofssitze sind in Solothnrn, Freiburg, Sitten, St. Gallen und Chur. § 95. Das Schweizer Volk ist ein schöngebauter Menschenstamm, voll Kraft und Lebensfrische, freigesinnt und treuherzig; dabei arbeitsam, geschickt und lebensgewandt. Haben die Bewohner oft Mühe, dem wenigen und manchmal kargen Feldboden ^etwas Nahrung abzugewinnen, so sind sie rührig, durch Gewerbe sich ihren Unter- halt zu ergänzen, — durch die ganze Schweiz zieht ein reges, emsiges Gewerbsleben. Nicht nur erheben sich allerwärts stattliche Fabriken, auch in der Hütte des Land- manns ist der Webestuhl im Gange; schon das Kind nimmt nach Kräften munter Teil am Erwerbe. Überall tritt der Sinn für Ordnung und Erhaltung, für Zweckmäßigkeit, Reinlichkeit und Schönheit zu Tage. Beinahe allerorten — mit Ausnahme der ärmsten Hirtengegenden — gewahrt man Wohlstand und Frohmut. Hübsche Dörfer, schmucke, in den Appenzeller und Berner Gebieten wunderliebliche Landhütten, oft mit zierlichen Gärtchen, anmutige, selbst prächtige Wohngebäude sogar mitten in den Dörfern, und besonders die stattlichen Hospitäler, Armenhäuser und Schulgebäude u. s. f. verkündigen überall laut, wie traulich, wie versorgt und vom Gemeinsinn getragen das heimatliche Leben in der Schweiz sei. Da übrigens die Schweiz in eine Menge Kantone und Gemeinwesen geteilt ist, die oft durch himmelhohe Berge voneinander getrennt sind, so zeigen sich große Unterschiede in Mundart, Tracht, Sitten und Verfassung. Auch kleinliche Parteisucht gegeneinander (der Kantönligeist) macht sich zuweilen fühlbar. — Gleichwohl durchdringt das Volk ein Gemeinschafts- und Bürgersinn, eine einsichtsvolle, thatkräftige Teilnahme am Wohl und Wehe des Ganzen, die es unerachtet feiner kleinen Zahl zu einer Achtung gebietenden Macht in Europa erhoben hat. Die Hauptstädte der Schweiz sind Bern, Genf, Bafel und Zürich, lauter großartige, bildungsreiche, sehr wohlhabende Städte (s. die folg. Tabelle). Bern, der Sitz der Bundesbehörden, Zürich (25000 Einwohner, mit den Außen- gemeinden 76 000 Einwohner), durch seine herrliche Lage, seine Industrie und seine Bildungsanstalten (Universität, Polytechnikum) ausgezeichnet, Basel, durch den sprichwörtlichen Reichtum seiner Handelshäuser, Genf aber ist nach Paris die vor- nehmste Hauptstadt der französischen Nationalkultur, die volkreichste Stadt in der Schweiz und am meisten von Fremden (namentlich Engländern) besucht, wie über- Haupt kein Land Europas so viele Ausländer beherbergt als die Schweiz, besonders die französische. Was die Verfassung der Schweiz betrifft, so ist diese ein Freistaat, und zwar, nach der Bundesverfassung von 1848 ein Bundesstaat (eine Eidgenossenschaft) von 22

5. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 14

1874 - Jena : Costenoble
— 14 - Mörder bestraft, bte Geistlichen, besonders die Kardinäle, erpreßten und verschwendeten ungeheure Summen, legten nie Rechenschaft ab und waren unverantwortlich. Pius Viii. übertraf an Un-dulbsamkeit und Grausamkeit seine Vorgänger, verfolgte die Car--wci Ym^ und züchtigte Ieben, der sie nicht anzeigte, mi{ ©a^erenftrafe. Franz Iv. herrschte in Toscana als Despot, und ähnliche Zustänbe gab es in Modena und Parma. Da brach un Mai 1830 in Bologna und Florenz der Aufstaub aus. Franz floh und schleppte die verhafteten Carbonari mit fort; in Bologna verjagte man den päpstlichen Commissarins, und alle ©täbte des Kirchenstaates folgten dem Beispiele. Nur in Rom mißlang der Aufstanb. Die Städte sagten sich vom Papste los und setzten eine eigne Regierung ein, obschon der neue Papst Gregor Xvi. seinen „vielgeliebten Unterthanen" Amnestie versprach. Sein Kardinal Benvenuti, welcher eine Gegenrevolution veranstalten sollte, entging nur mit Mühe dem Tode und warb in Bologna gesungen gesetzt. In Bologna rechnete man auf Frankreichs Schutz und verabsäumte es, ein Heer auszurüsten. Denn Metternich hielt Uch für berechtigt, sich roteberum als Vorsehung in Italiens Angelegenheiten einzumischen, ließ Truppen marschiren, und Louis Philipp wollte den legitimen Fürsten gegenüber als Feind der Revolution erscheinen, erhob daher keine Einsprache, ließ sogar Pepe und Anbre aus französischem Boden verhaften. Da bte Ü'ctnzostschen Minister von diesem geheimen Eiuverstänbniß ihres Königs nichts wußten, so bankten sie ab, und Louis Philipp nahm gefügige Minister an. Die Oesterreicher rückten in Parma und Modena ein, überwältigten den geringen Wiverstanb, besetzten Bologna und Ancona, bte Aufständischen mußten sich dem Papste unterwerfen und wurden hart bestraft. In Modena sperrte sie der Herzog in Iesuitenklöster ein, nahm ihnen ihre Besitzungen und schenkte diese bett Jesuiten. In Neapel war auf Ferbinanb I. ®°5“ Franz I. (1825) gefolgt und auf diesen Ferdinand H. (1830), der manche Verbesserungen einführte. Auch in Sar-btnten folgte auf Karl Felix der unzuverlässige Karl Albert (1831), welchem Metternich die Krone entziehen wollte. Um sich zu behaupten, führte er wesentliche Verbesserungen ein, förderte das Wohl des Landes und ward in ganz Italien beliebt. Selbst der Papst, gedrängt von Frankreich, mußte manche Uebelstände abstellen, woraus die Oesterreicher das Land räumten, wo sie bitter gehaßt wurden. Die römischen Provinzen richteten an die Großmächte eine Denkschrift, in welcher sie die grauenhafte Wirthschaft der Kardinäle, die Willkür und das Ausplünderungssystem derselben darstellten und Aushebung der weltlichen Herrschaft des Papstes, Befreiung des Unterrichts von der Leitung durch Geistliche, Besei-

6. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 169

1874 - Jena : Costenoble
- 169 - In Kurhessen ward der Preußenfeind Hassenpflug Minister. Dieser Frömmler trat sofort auf Oesterreichs Seite und beseitigte die Landesverfassung. Preußen sagte den Hessen Schutz zu, weil die preußische Militärstraße durch Hessen ging und gefährdet war. Da sandte Baiern ,,im Namen des Bundes" Executionstruppen, denn Oesterreich, Baiern und Württemberg hatten sich zu Bregenz verpflichtet, an 300,000 Mann gegen Preußen marschiren zu lassen. Hier herrschte heillose Verwirrung: es fehlten Gewehre, Uniformen, Patronen für das ,,wohlgerüstete" Heer, die Bataillone waren wirr durch einander gewürfelt, ja man hatte bereits entwaffnet, um die Friedensliebe zu beweisen. Minister Brandenburg suchte in Warschau bei Rußland Hilfe und ward schnöde abgewiesen vom Oesterreicher Schwarzenberg. Preußen sollte den engeren Bund aufgeben und sich dem österreichischen Bundestag unterwerfen. Brandenburg kehrte unverrichteter Sache heim, verfiel vor Aufregung in Fieber und rief: „Mein Helm! Mein Schwert! Führt mein Pferd vor! Es ist zu spät, sie sind schon in Berlin! Mein schönes Armeecorps!" Er starb. Endlich ermannte sich der geistreiche Schwätzer Radowitz. Preußen machte mobil; nach einigen Tagen mußte Radowitz aber der Friedenspartei Mantenffel's weichen. Der König, der Prinz von Preußen waren für den Krieg, das preußische Volk jubelte, als es gegen Hassenpflug, die Jesuiten in Baiern und Oesterreich gehen sollte, aber Manteuffel, dem alles konstitutionelle Wesen zuwider war, dachte an die Wiederherstellung des alten Bundestages und wollte nur einige kleine Fürstentümer unter Preußens Führung bringen. Beust in Dresden rieb sich die Hände und wandte Preußen den Rücken, welches Sachsen für ihn hatte erobern helfen. Manteuffel feilschte und bettelte in Wien um einigermaßen anständige Bedingungen, aber Oesterreich wollte Preußen demüthigen und den größten Nutzen aus der Kopflosigkeit der preußischen Diplomaten ziehen, welche den Wiener Jesuiten an Schlauheit nicht gewachsen waren. Die Baiern unter Thurn und Taxis rückten in Hessen vor, General Groben trat ihnen entgegen, und bei Bronzell kam es bereits zum Vorpostengefecht, welches einem Schimmel das Leben kostete. Da kam Befehl, nach Hersfeld zurückzugehen. Manteuffel bat den Schwarzenberg um eine Conferenz in Olmütz. Der Oesterreicher wollte nicht kommen, Manteuffel bat dringend, und Schwarzenberg erschien (Nov. 1850). Manteuffel unterwarf sich. Der alte Bundestag wurde anerkannt und Preußen in denselben ausgenommen, dafür schickte es Executionstruppen nach Kurhessen für Hassenpflug und nach Holstein für die Dänen. Preußen war vor Deutschland entsetzlich gedemüthigt, und zum Hohn erhielt das Ministerium noch den Beifall Stahl's. Mit der Verletzung der eigenen Verfassung hatte Manteuffel begonnen,

7. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 170

1874 - Jena : Costenoble
— 170 — mit der Demüthigung Preußens unter das in sich zerrüttete, bankerotte Oesterreich endigte „die rettende That". Die Kraft, welche gegen die Feinde Preußens und Deutschlands hätte sollen gewandt werden, richtete dieses Ministerium gegen das eigene Volk, indem es sich^ willkürlich über Verfassung und Gesetze hinwegsetzte und ein drückendes Polizei- und Spionirsystem in österreichischer Weise einführte. Wilhelm und Bismark haben später gerade das Gegentheil von dem gethan, was Manteuffel angeordnet hatte, dadurch Preußen groß gemacht und ihm die deutsche constitutionelle Kaiserkrone verschafft. Beide wurden freilich Jahre lang angefeindet und geschmäht, und erst als sich die großen Erfolge ihrer Politik zeigten, erhob man das Hosianna. Manteuffel hatte Preußens Zukunft preisgegeben, löste die Kammer auf, um deren Vorwürfen zu entgehen, und tröstete sich mit der Phrase: ,,Der Starke weicht zurück; die kurhessische Verfassung ist kein Glück für das Land, sie ist eine Revolution in Schlafrock und Pantoffeln; es muß entschieden mit der Revolution gebrochen werden." Als nun Oesterreich mit seinen Kroaten, Walachen, Polen, Rutheueu und Magyaren in den Bund treten wollte, ließ Preußen Ost- und Westpreußen sammt Posen ausschließen und durchkreuzte damit Oesterreichs Absichten. Der Bundestag unterdrückte alle demokratischen Verfassungen, hob die Grundrechte auf, verschärfte Preßgesetze und Polizei, und ließ die deutsche Flotte, welche das deutsche Volk durch freiwillige Gaben angeschafft hatte, öffentlich versteigern zum Hohne des Volkes, zum Spott des Auslandes. Preußen kaufte Gesion und Barbarossa. Nun wollte sich Oesterreich auch aus seinen Schulden retten auf Kosten Deutschlands, indem es den Zollverein zu einem österreichischen Institute machen wollte. Hier widerstand aber Preußen. Es ward viel hin und her unterhandelt, aber der Zollverein endlich in seiner Form erneuert und mit Oesterreich ein besonderer Zollvertrag abgeschlossen (1853). Die Wirkungen des neu erstandenen Bundestages traten am Grellsten in Kurhessen, Hannover und Holstein hervor. Der Kurfürst hob alle unbequemen Gesetze auf, drangsalte sein Volk auf alle Weise, löste die Stände auf, wenn sie Einsprache erhoben, und ebenso geschah es- in Hannover, so daß selbst die Ritterschaft beim Bnnbestage Beschwerde führte, und dieser diese Beschwerden begründet fand. Damit war es aber auch aus. In Kurhessen dauerte der Belagerungszustand vier volle Jahre. Rücksichtslos wirthschafteten die Dänen in Holstein. Nur 17 Personen wurden anmestirt, alle anderen als Rebellen bestraft, brod-los gemacht, die deutsche Sprache unterdrückt und ein Offizier der Aufseher über die Universität zu Kiel. Das Ausland (Rußland,

8. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 196

1874 - Jena : Costenoble
— 196 — Hut war durchbohrt, er und seine Gemahlin wurden leicht im Gesicht verletzt, aber über hundert Menschen getödtet oder verwundet (1858). Orsini endete auf dem Schaffst mit einem Hoch auf Italien. Napoleon sprach Neujahr 1859 zum österreichischen Gesandten, daß seine Beziehungen zu Oesterreich nicht gut seien, sein Vetter heirathete die sardinische Prinzessin Claülde, und Oesterreich rüstete, da es den Krieg vorhersah. In Preußen suchte es Hilfe, aber dieses hatte nicht Lust, für Oesterreichs Mißregierung in Italien sich in einen europäischen Krieg einzulassen; Napoleon dagegen verband sich mit Sardinien, welches 60,000 Mann stellte, wogegen er selbst 150,000 Mann heranführte. Ebenso stark waren die Oesterreicher, die an Sardiniens Grenze standen, ehe sich die sardinischen Truppen gesammelt hatten und die Franzosen gekommen waren. Oesterreichs Heer war kriegstüchtig und tapfer, aber der Oberanführer Djnlai (Gyulai) beging ungeheure Fehler. Thatlos stand er an der Grenze, hinderte nicht die Ansammlung der Feinde und beren Vereinigung mit den Franzosen, bemerkte keinen der großen Fehler, die Napoleon bei seinem Flankenmarsche machte, wußte nicht, wo der Feind stand und wo sich seine Truppen befanden. Am 4. Juni 1859 kam es bei Magenta zur Schlacht. Napoleon beging große Fehler, die österreichischen Generale schlugen sich tapfer und er schien verloren. Aber Gyulai ritt hin und her, ließ einzelne Corps angreifen, war ohne Plan und Rath, was zu thun sei. Darüber verstrich lkostbare Zeit, bis endlich Cau-robert und Mac Mahon ihrem Kaiser zu Hilfe kamen und die Oesterreicher geschlagen wurden. Nach gewohnter Weise mußten die Soldaten Oesterreichs Tage lang hungern, da die Lieferanten nichts lieferten, um reich zu werden, und hohe Staatsbeamte dabei auch verdienten, bis der Skandal herauskam, ein solcher Betrüger sich erhängte, der andere sich die Pulsadern durchschnitt. Der unfähige Gyulai wich bis Verona zurück, so daß Napoleon im Triumphe in Mailand einzog. Die Tyrannen der italienischen Kleinstaaten flohen und Sardinien nahm auf Bitten des Volkes ihre Länder und einen Theil des Kirchenstaates in Besitz. Auf originelle Weise entthronte man den Herzog von Toskana, einen eifrigen Freund Oesterreichs. Kein Mensch gehorchte ihm mehr, keiner bediente ihn, und er mußte auf der Flucht sein Gepäck selbst tragen. Unterdessen machte Preußen sein Heer mobil, auch Baiern rüstete, doch wollten beide Staaten nicht die Garantie für die österreichischen Länder in Italien übernehmen, wie es das Wiener Kabinet verlangte. Gyulai mußte abdanken, und Franz Josef übernahm den Oberbefehl, verstand aber das Kriegführen auch nicht, weshalb denn in der Heeresführung der alte Wirrwarr, in der Verpflegung

9. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 197

1874 - Jena : Costenoble
— 197 — die Unterschleife fortdauerten. Am 24. Juni kam es bei Solferino zur Schlacht. Die österreichische Stellung bildete einen weiten Bogen und war daher zu dünn. Napoleon durchbrach die Mitte und errang den Sieg. Die Oesterreicher stritten wie Verzweifelte, Benedek jagte die Sardinier weit weg vom 'Schlachtfeld, aber der Fehler der Aufstellung war nicht gut zu machen. Von früh ab kämpfte man bei großer Hitze; auf österreichischer Seite ging es bunt burcheinanber, ba jeber General auf eigene Faust sein Tressen lieferte. Dennoch hatten sie fast den Sieg errungen, als Canrobert dem hartbebrängten Niel zu Hilfe kam urtb Solferino erstürmte. Da brach ein furchtbares Gewitter herein, Regen goß in Strömen nieber, die Schlacht stockte; dann zogen die Oester-reicher nach Verona ab. Napoleon bot Frieden an, bettn Preußen marfchirte gegen den Rhein; aber Napoleon verbachtigte basselbe bei Franz Josef, welcher die Sontbarbei im Züricher Frieden abtrat und sich in seiner Proklamation sehr verletzenb über Preußen aussprach, welchem er gewissermaßen die Schulb des übereilten Friedens zuschrieb. Napoleon hatte Oesterreich gebemüthigt, es mit Preußen verfeindet, erhielt als Lohn Savoyen und Nizza und kehrte heim, ohne Italien bis „zur Adria frei gemacht" zu haben. Den Italienern gefiel bieg zwar nicht, aber Napoleon wollte sie fühlen lassen, daß _ sie von ihm abhingen. Erst Preußens Sieg in Böhmen verschaffte dem Könige Victor Emanuel Venetien. Deutschland von 1849—66. Als das Reichsparlament ein so klägliches Ende genommen hatte, begann eine harte Reaction in den meisten deutschen Staaten. Einige Fürsten nahmen die von ihnen selbst gegebene Verfassung zurück, anbere beschränkten sie, noch anbere ließen sie dem Namen nach bestehen, achteten sie aber nicht, und der Bundestag billigte solches Verfahren. Franz Josef I. gab das Beispiel ; er hob die Verfassung aus, die er nicht beschworen hatte (1851), und verließ sich auf sein Heer und die bienstfertigen ultramontanen Geistlichen. In Preußen schuf Raumer den „evangelischen Äirchenrath", den der König berief, und der wie ein Karbinalscollegium unfehlbar regierte, die Wissenschaft anfeinbete und einen Knak unter seinen Schutz nahm. In Preußen erhielten die Rittergutsbesitzer veraltete Rechte zurück und galten für die Volksvertreter. Der Kurfürst von Hessen hob seine eigene Verfassung aus, regierte wie ein Sultan willkürlich, und der Bunbes-tag erkannte Rechtsbruch und Meineib als Fürstenrecht an. Haffen-

10. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 198

1874 - Jena : Costenoble
— 198 — pflüg, Vilmar und derartige Leute walteten wider Gesetz und Recht, und wer sich widersetzte, ward als Rebell gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit bestraft. In Mecklenburg sollten die Landstände beseitigt werden zu Gunsten einer Verfassung, Preußen als Grundherr protestirte dagegen, und ein Richtercollegium erklärte die Verfassung für null und nichtig (1850). Dem König von Hannover ward die von ihm octroyirte Verfassung lästig, er brach Wort und Eid, hob sie auf und machte Kielmannsegge und Platen-Hallermünde zu Ministern des Absolutismus. Der Dänenkönig verkaufte holsteinische Domänen, um dänische Schulden zu bezahlen, verfolgte deutsche Sprache und Bildung in Holstein so schonungslos, daß selbst Oesterreich Einsprache erhob. Rendsburg, die Bundesfestung, ward geschleift, Kieler Professoren, Prediger und Lehrer aus dem Lande gejagt, und nun erhob auch Preußen Einsprache. Selbst dem Bundestage ward es zu arg. Dänemark gab dem Scheine nach den Einsprachen nach, fuhr aber in seiner fanatischen Unterdrückung deutschen Rechts fort. Nun wollten gar die deutschen Mittelstaaten für sich ein Deutschland bilden, konnten aber darüber nicht einig werden, wer unter ihnen der Erste sein sollte. Die Regierungen suchten ihren Absolutismus durch die Kirche zu heiligen und schlossen Eoncorbate. Auch hier gab Oesterreich das Beispiel (1853), inbem es den Bischöfen Vortheile einramme, die Staat und Volk zu Knechten der Ultramontanen machten. Die Kirche führte die Aussicht über Universitäten und Schulen, durfte Bücher und Zeitungen verbieten und gegen Staatsanordnungen gebietenden Einspruch erheben. Da begann die Verfolgung der Protestanten, die man von Schulen und Aemtern ausschloß. 23atern und Würtemberg schlossen gleichfalls Concordate, auch Baden folgte, doch die Kammer vernxtrf das Gesetz, da der Erzbischof von Frei bürg gar zu fanatisch gegen Staat und Volk auftrat (1859). Preußen verlor nebenbei Reuenburg in der Schweiz, und erhielt dafür Hohenzollern, doch gab es zwischen Kammern und dem Ministerium Manteuffel, der auf die Verfassung wenig Rücksicht nahm, viel Streit. Da erkrankte der König, sein Bruder Wilhelm übernahm die Regentschaft (1857), und nach des Königs Tode (1861) die Regierung, und nun traten Gesetz und Verfassung wieder in ihre Rechte ein, wenn es auch noch jahrelangen Streit über Heeresreorganisation, Wahlrecht, Finanzen u. s. w. gab, und gegen Minister Bismark eine stehende Opposition zur Tagesordnung gehörte. Dieser ließ sich nicht irre machen, benrt er wußte, wohin er Preußen führen wollte, bürste es aber nicht sagen, um seine Pläne nicht zu verrathen. Der bamals allgemein gehaßte Bismark ist jetzt als der populärste und genialste Staatsmann Europa's verehrt.
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TM Hauptwörter (200)200

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