24 Der Große Kurfürst und die preußischen Könige.
Der Krieg wurde aber notwendig, als Napoleon den König durch eine Gebietsverletzung aufs tiefste beleidigte. Die Heere rückten im Saalethal gegen einander, und in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt (am 14. Oktober 1806) wurde das preußische Heer vollständig geschlagen und in wilde Flucht aufgelöst. Der König selbst entkam nur mit Mühe dem Schlachtgewühl. An Stelle des Übermuts trat jetzt eine zeitlang Mutlosigkeit und Verzagtheit. Die meisten Heerhaufen und Festungen ergaben sich ohne Schwertstreich auf Gnade und Ungnade1). Die königliche Familie ging nach Königsberg, später nach Memel. Napoleon aber zog in Berlin ein, plünderte die Kassen, nahm alle Kostbarkeiten weg und schickte sie nach Paris. Das Jahr In dieser großen Not schien endlich Rettung zu kommen; 1807. denn die Russen sandten dem Könige ein stattliches Hilfsheer. Aber auch das Kriegsjahr 1807 verlief unglücklich. Auf die unentschiedene Schlacht bei Ei lau in Ostpreußen folgte die vollständige Niederlage der Russen bei Fried land, ebenfalls in Ostpreußen; und da der russische Zar mit Napoleon Frieden schloß, so mußte auch der König die Waffen strecken. Er verlor in dem Frieden von Tilsit die Hälfte seines Staates, nämlich alle Länder zwischen Elbe und Rhein und mußte außerdem noch viele Millionen Kriegskosten zahlen. Damit er aber nie wieder sich erhebe, durfte er fortan nur 42 000 Soldaten halten. Überall sah es traurig aus. Städte und Dörfer waren verwüstet, die Bewohuer verarmt; Handel und Gewerbe lagen darnieder. Das waren böse Zeiten für Fürst und Volk. Herrlich aber offenbarte sich in dieser unglücklichen Zeit die Liebe des preußischen Volkes zu seinem edlen Herrscherhause. Gemeinsam und innig mit einander verbunden trugen Fürst und Volk ihr Leid, c. Preußens Erhebung und die Areiheilskriege. Preußens § 17. Preußen war wohl besiegt worden, aber seine Erhebung Kraft war nicht gebrochen. Noch gab es Männer, welche den 1808 Dauben an eine bessere Zeit nicht verloren hatten. Zu ihnen gehörte vor allem der König. Er zeigte sich in dieser unglücklichen Zeit als ein wahrhaft großer Mann, und seine Gemahlin stand ihm treu mit ihrem Rate zur Seite. In dieser Zeit faßte der König den großartigen Entschluß, den Staat
Zu den Männern, welche in dieser trüben Zeit dem Könige Treue bewahrten und die preußische Wassenehre retteten, gehören: Blücher, Nettelbeck, Gneisenau, Schill, Courbiere [furbtährj und Hexmann,
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Nettelbeck Schill
Extrahierte Ortsnamen: Jena Königsberg Berlin Paris Ostpreußen Tilsit Rhein Gneisenau
Der Große Kurfürst und die preußischen Könige.
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stützimg) von 106-191 Mark; die Invalidenrente beträgt 114—415 Mark. Der größte Teil dieser Smnme wird aus der Reichskasse gezahlt.
So hat bisher noch kein Fürst für die arbeitenden Klassen
gesorgt.
Möge der Segen Gottes ruhen auf unserm Kaiser und Könige und auf seinem ganzen Hause! Das schönste Land hieuiedeu, es ist mein Vaterland.
Nichts raube ihm den Frieden, geschützt durch Gottes Hand. Drin waltet mild und weise mein Kaiser väterlich.
Ein Loblied, das ihn preise, sing' ich herzinniglich. Gerechtigkeit vor allem füllt seine edle Brust.
Zu ihm darf man nur wallen, des guten Rechts bewußt.
Wo Not und Eleud drücket, da spendet er so reich.
Dem Herzen, das ihn schmücket, kommt keins der andern gleich. Mein teurer Kaiser throue noch lang im Vaterland!
Leicht sei dem Haupt die Kroue, das Zepter seiner Hand.
(Dunker.)
11, Der Grohe Kurfürst und die preußischen Könige.
I. Der Große Kurfürst 1640—1688* a. Ginleitung.
§ 1. Unser Herrscherhaus führt seinen Namen nach der Stammburg Hohenzollern, welche aus einem steilen Fels der Schwäbischen Alb gelegen ist. Von hier aus erwarbeu die Hohenzollern späterhin die Burggrafschaft Nürnberg hinzu, und 1415 übertrug der Deutsche Kaiser Sigismund dem Burggrafen Friedrich für seine vielfachen Verdienste die damals noch unansehnliche Mark Brandenburg. Dieses ursprünglich sehr arme Ländchen gehörte zu den 7 Kurfürstentümern, welche das alte Deutsche Reich umfaßte; es war durch die vorausgegangenen Herrscher völlig ausgesogen, verödet und verwüstet. Aber die hohenzollernschen Kurfürsten verstanden es in hohem Grade, zunächst Ruhe und Sicherheit in der Mark fest zu begründen, dann das Gebiet derselben zu vergrößern, die Volksbildung zu heben. Recht und Gerechtigkeit zu pflegen und den allgemeinen Wohlstand der Bewohner stetig zu fördern.
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Extrahierte Personennamen: Dunker Friedrich Friedrich
Der Große Kurfürst und die preußischen Könige. 23
keine Religion hätte." Er war einfach, sparsam, ordnungsliebend und unermüdlich thätig. Irr treuer Sorge für seine Unterthanen brachte er Ordnung und Sparsamkeit in die Verwaltung, so daß er in den ersten acht Regierungsjahren 70 Millionen Mark Staatsschulden bezahlen konnte.
In seiner hohen Gemahlin Luise, einer Prinzessin von Luise. Mecklenburg-Strelitz, hatte ihm Gott ein edles Kleinod gegeben.
Sie war eine Frau von wunderbarer Schönheit und großer Herzensgüte, leutselig und voll frommen Glaubens. Das einfache und glückliche Familienleben des hohen Paares gab ein herrliches Vorbild für das ganze Land, um so mehr, als an den meisten anderen Fürstenhöfen Europas große Sitteulosigkeit und Verschwendungssucht herrschten.
b. H'reußens Wngtücksjahre.
§ 15. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts trat in Napoleon. Frankreich ein gewaltiger Eroberer auf. Er hieß Napoleon Bonaparte und war der Sohn eines Advokaten (Rechtsanwalts) auf der Insel Korsika. Vom armen Lieutenant schwang er sich zum Kaiser der Franzosen empor. Länder erobern war seine Lust und Kriegführen seine Freude. Er wollte die ganze Welt beherrschen und bekriegte deshalb ein Volk nach dem anderen. Seine Verwandten machte er zu Fürsten und Königen, und die Lander verschenkte er wie eine Ware. Im Jahre 1806 bewirkte er auch die Auflösung des alten fast tausendjährigen Deutscheu Reiches; denn 16 deutsche Fürsten thaten sich in dem Rheinbund zusammen, sagten sich vom Reiche los und erkannten den Kaiser Napoleon als ihren Schutzherrn an. Der letzte Kaiser des alten Reiches, Franz Ii., legte deshalb seine Krone nieder und nannte sich fortan Franz I.
„Kaiser von Österreich/' So ruhmlos endete damals das Deutsche Kaiserreich!
§ 16. Friedrich Will) e lm Iii. wollte gern seinem Volke die Krieg mit Leiden deskrieges ersparen. Er hatte sich deshalb von dmbündnissen 5{?gqg0n gegen Napoleon ferngehalten. Dies kam aber dem Staate nicht zugute. Denn als schließlich der Krieg dennoch notwendig wurde, stand Preußen ohne Bundesgenossen da, und der kriegerische Geist des Volkes war erloschen und mußte durch harte Schläge erst wieder erweckt werden. Das Heer bestand noch aus vieleu Ausländern und war mangelhaft ausgerüstet und schlecht verpflegt; den Offizieren aber fehlte es an der nötigen Tüchtigkeit.
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§ 24.
Pisistratus und seine Söhne.
Aber es dauerte lange, bis die vortreffliche Verfassung Solons den Beifall aller Bürger gewann. Als Solon zurückkehrte, fand er zwar feine Gesetze noch bestehen, aber den Staat durch die Eifersucht und den Neid der Großen zerrüttet. Unter diesen war ein sehr begabter aber ehrgeiziger Mann, Pisistratus, ein Verwandter Solons. Solon hatte die gefährlichen Eigenschaften des Pisistratus frühzeitig erkannt und ihn in sein Haus genommen, um ihn zum Guten zu erziehen Aber vergebens; Pisistratus strebte nach Herrschaft und wußte sich die Gunst des niedern Volkes in Athen zu erwerben. Als dies geschehen, kam er einst mit seinem Maulthierwagen vom Land her auf den Markt gejagt; er selbst und seine Thiere bluteten; er erzählte, er habe sich eben aus der Stadt, wo er, wie gewöhnlich, arme Leute vor Gericht vertheidigt gehabt, nach Haus zurückbegeben wollen, da sei er von den Reichen, seinen Feinden, meuchlings überfallen und nur mit Mühe dem Tode entronnen. In der That aber hatte er sich und sein Gespann selbst verwundet, um das Mitleiden und den Zorn des Volkes zu erregen. Dies gelang ihm und es wurde ihm von der Bürgerschaft erlaubt, hundert Keulenträger zu seinem Schutze zu halten. Mit diesen aber bemächtigte er sich der Akropolis, der Burg von Athen, und trat nun als Tyrann auf 559 v. Chr. Umsonst erschien der greise Solon im Helm und mit der Lanze, um das Volk aufzufordern, die Gewaltthat nicht zu ertragen: keiner wagte, etwas widernden Pisistratus zu unternehmen. Da verließ Solon sein Vaterland; er ist vielleicht damals beim Krösus gewesen und auch sern von der Heimat, in Cypern, gestorben. — Pisistratus herrschte in Athen; und obwohl ihn seine Feinde zweimal vertrieben, kehrte er doch jedesmal mächtiger zurück. Uebrigens that er viel sür Athen, schmückte es mit herrlichen Bauten, verbreitete die Gesänge des Homer und ließ auch die Verfassung Solons bestehen und sich einleben. Er starb in voller Herrschaft, 527, und feine Söhne, Hippias und Hipparch, folgten ihm wie Könige. Diese aber erlaubten
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^ § 36.
Epaminondas und die Hegemonie Thebens.
Das Vorbild der Zehntausend ermuthigte den König von Sparta, Agesilaus, der, obwohl lahm und verwachsen und anfänglich wenig geachtet, doch bald einer der größten Männer des sinkenden Griechenlands wurde, den Krieg gegen das große Reich der Perser aufzunehmen, mit der Absicht, wie der jüngere Cyrus einen Zug gegen die Hauptstadt Susa selbst zu richten. Die Perser wußten keinen andern Rath, als diejenigen Griechen, welche mit der Hegemonie der Spartaner unzufrieden waren, die Thebaner, Athener, Korinther n. A. durch Geldsendungen zum Kriege gegen dieselben zu reizen. So entstand der sog. Korinthische Krieg, 394—387, in welchem die Verbündeten und namentlich die Athener, durch Feldherren wie Konon, Jphicrates und Chabrias angeführt, manchen Vortheil gewannen. So besiegte Konon die spartanische Flotte und baute die langen Mauern Athens wieder auf; auch fand der Spartanerfeldherr Lysander gleich im Anfang dieses Krieges seinen Tod. Die Spartaner mußten den Agesilaus aus Asien zurückrufen, der nun freilich bei Koronea siegte, 394; dennoch aber ging der Krieg mit wechselndem Erfolge fort, bis die Spartaner die Perser für sich gewannen und durch deren Dazwischentreten in schimpflicher Weise einen Frieden herbeiführten, der den Persern großen Einfluß, den Spartanern aber von Neuem die Obermacht in Griechenland gab, 387. Diese benutzten die Spartaner, um in treuloser Weise bei einem Durchmarsche sich der Kadrnea, der Burg in Theben, zu bemächtigen, und eine kleine Anzahl Thebanischer Männer aus der Zahl ihrer Anhänger an die Spitze der Stadt zu bringen, dagegen die freiheitsliebenden Bürger hinzurichten oder zu verbannen. Unter letzteren war auch Pelopidas, ein junger vornehmer Mann, der sich nach Athen wandte. Von hier aber kehrte er, nachdem er heimlich in der Stadt eine Verschwörung gegen die Gewalthaber angesponnen, mit einer kleinen Schaar seiner Freunde als Jäger verkleidet nach Theben zurück. Diese überfielen die Tyrannen bei einem Mahle und tödteten sie.
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er durch Kühnheit, Kraft und scharfe Beobachtung. Er nannte es den Bucephalus und ritt es später auf seinen Feldzügen. Der Vater aber rief, als er Alexanders Kühnheit und Ueberlegenheit sah: „O! mein Sohn, suche Dir ein anderes Königreich, Macedonien ist Dir zu klein!" Schon als Knabe, wenn er die häufigen Siegesnachrichten vom Vater vernahm, rief er klagend: „Mein Vater wird mir nichts zu thun übrig lassen!" Das Vorbild, welches er sich wählte, war Achilleus, wie ihn in seiner kurzen und glänzenden Heldeulaufbahu Homer geschildert hat, und von dessen Geschlecht er mütterlicher Seits abzustammen glaubte. In der Schlacht bei Chäronea hatte er, 18 jährig, den linken Flügel des macedonischen Heeres geführt, der dm Sieg entschied. Nach des Vaters Ermordung ergriff er, 20 jährig, die Regierung und schickte sich an, die große:: Pläne, die Philipp ihm hinterlassen, auszuführen. Aber zunächst mußte er die Herrschaft Macedouieus über die barbarischen Völker im Norden der großen griechischen Halbinsel feststellen und mochte deshalb einen kühnen und siegreichen Zug bis über die Donau. Indessen aber hatte sich das Gerücht in der Heimat verbreitet, Alexander sei todt, und die Städte Theben und Athen hatten es versucht, sich gegen die macedonische Vorherrschaft zu empören. Rasch wie der Blitz eilte Alexander herbei, eroberte Theben mit den Waffen in der Hand und zerstörte die Stadt, mit einziger Ausnahme des Hauses, welches einst der Dichter Pin dar bewohnt hatte; Athen, vor dessen alter Geistesherrlichkeit er Ehrfurcht hatte, ließ er unversehrt. Nun rüstete er mit aller Kraft sich zu einem Zuge nach Asien, um das große Perserreich zu zerstören. Dieses war seit dem Könige Artaxerxes Mnemon, 402—361, den wir aus dem Zuge des jüngeren Cyrns und der Zehntausend kennen, durch eine blutige Reihe von Revolutionen und Verbrechen, die im Palaste der Herrscher und im Schooße der Königsfamilie begangen worden, schwer erschüttert. Die Perser waren verweichlicht und lasterhaft; die unterworfenen Völker sehnten sich zum Theil nach Befreiung. Damals herrschte Darins Iii., Codomannns, besser als seine Vorfahren, aber vom Geschick ersehen, zu büßen was jene verschuldet. — Alexander ging
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immer mehr. Namentlich in Italien kauften die Reichen die bäuerlichen Grundstücke zusammen und machten große Güter daraus, auf denen sie Weidewirthschaft und Weinbau trieben, den Ackerbau aber vernachlässigten. Oder sie legten große Gehäge, Seen und Lustgärten zur Befriedigung ihrer Pracht-liebe und Ueppigkeit an. So kam es, daß ein neuer Adel des Geldes und der Aemter, die sogenannten Nobiles oder Optimalen, statt des alten Adels der Geburt, der Patricier, in die Höhe kam und daß diesen ein verarmtes Volk entgegenstand, das sich leicht von Männern, die für sie auftraten, den sogenannten Populären, leiten ließ. Diese Zustände der Parteiungen mußten bald zu blutigen Zerwürfnissen und später zum Verluste eines gesetzmäßigen und freien Zustandes führen, indem die Inhaber der bewaffneten Macht bald in der Lage waren, sich zu Herren des Staates zu machen.
Zunächst waren es zwei edle Brüder, Tiberins und Cajus Gracchus, deren Mutter, aus dem Hause der Sci-pioueu, sie wie ihre besten Kleinodien erzogen hatte, welche es unternahmen, dem armen Volke ein£ bessere Lage zu schaffen. Der ältere Bruder, Tiberius Gracchus, hatte, als er von Spanien zurückkehrte, wo er unter seinem Oheim Scipio Afri-canns Minor die Stadt Nnmantia, die letzte Gegnerin Roms, mit belagert und erobert hatte, 133, auf seinem Wege durch Italien das Elend der Bundesgenossen, den Verfall des Ackerbaues, die Verarmung des Volkes mit eignen Augen gesehen und beschloß rum, diesen Uebeln abzuhelfen. In demselben Jahre zum Tribunen erwählt, erneute er die alten, sogenannten Li ei nischen Gesetze, deren wichtigstes war, daß Niemand über 300 jugera (Morgen) von dem Staatsacker besitzen dürfe. Derselbe war nemlich fast ausschließlich in den Händen der Optimalen, Tiberius dagegen wollte, daß aus ihm gleiche Theile zu je 30 Morgen gebildet und den ärmeren Bürgern in Erbpacht übergeben werden sollten. Dies durchzusetzen hatte aber große Schwierigkeiten, und die Optimalen, aus denen fast der ganze Senat bestand, thaten Alles, auch nachdem das Gesetz schon beschlossen war, es zu hindern. Um es auszuführen, auch um persönlich gegen seine Feinde sicher zu sein, bewarb sich Tiberius für das
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Tarquinius, die andere dagegen, die sanft und friedlich war, an den wilden Lucius vermählt hatte. Sehr bald aber hatte die Gleichheit des Gemüthes den Lucius und die Tnllia zusammengeführt, sie hatten sich durch die Ermordung ihrer Gatten die Möglichkeit zur Ehe miteinander gebahnt. Dann reizte Tnllia ihren Mann zum Sturze ihres eigenen Vaters, da ja ihm die Königswürde gebühre. Den Angriff auf den Schwiegervater führte Lucius Tarquinius aus, indem er sich in den Senat begab und dort, im Einverständnisse mit einem Theil der Patricier, den Thron einnahm. Als der alte König herbeieilte und ihm befahl, herabzusteigen, ergriff Tarqninius den Greis und stürzte ihn die steinernen Stufen des Gebäudes herab, worauf seine Diener ihn völlig tödteten. Den Gemahl zu begrüßen, eilte Tnllia in ihrem Wagen zum Capitol: da hielt der Leuker die Pferde au, denn in der engen Gasse, durch die sie fuhr, lag des Königs, ihres Vaters, Leichnam: sie aber ergriff selbst die Zügel und trieb die Räder über den todten Körper hinweg, so daß sie mit dem Blute des Vaters bespritzt, ihrem Gemahl den ersten Glückwunsch zu seiner Regierung brachte.
§ 49.
Der Sturz der Tarquinier.
Obwohl die späteren römischen Geschichtsschreiber sich bemühen, alles Schreckliche und Frevelhafte von diesem, ihrem letzten, Königsgeschlechte auszusagen, so erkennt man doch, daß die Macht Roms unter den letzten Königen größer war, als in den ersten Zeiten der nachfolgenden Republik. Rom gebot über den gesam«ten Latinerbund. Tarquinius Superbus regierte als ein Tyrann, der Alle, die seiner Herrschaft im Wege waren, durch List oder Gewalt wegräumte, und ohne Senat und Volk zu befragen, seine Regierung führte. Aber er gebot über die umwohnenden Völker, die Latiner, Aequer, Her Nike r, und baute auf dem Capitol den Jupiter-Tempel, bei dessen Gründung die Zeichen auf eine künftige Herrschaft Roms über deu Weltkreis deuteten. Ihn selbst
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§ 67.
Der Jugurthinische Krieg. 112—106 v. Chr.
Die Optimalen wußten nun die Gracchischen Gesetze zu Vereiteln und unausgeführt zu lassen, und nngewarnt von dem, was geschehen, setzten sie ihrer Habgier und Selbstsucht keine Schranken mehr. Die tiefe Entsittlichung der herrschenden Vornehmen in Rom zeigte ein Krieg, der zehn Jahre später in Afrika gegen den König Jugurtha von Numi-dien geführt werden mußte, 112—106. In Nnmidien, wo einst der Freund des römischen Volkes, Massinissa, geherrscht hatte und in seiner Macht von den Römern gehoben worden war, hatte nach dessen, im Beginn des dritten pnnischen Krieges erfolgten, Tode sein Sohn Micipsa geherrscht, welcher sterbend sein Reich unter seine beiden Söhne, Hiempsal und Adherbal, und einen Bruderssohn, Jugurtha, theilte. Diesen letzteren hatte er wie seine Söhne behandelt, da er große kriegerische Eigenschaften, aber auch eben so großen Ehrgeiz in ihm bemerkt; er hatte gehofft, ihn so zu beruhigen, hatte aber zur größeren Sicherheit die Ueberwachung seines Testamentes in die Hand des römischen Volkes gelegt. Kaum aber war Micipsa todt, so ließ Jugurtha den Hiempsal ermorden und trieb auch den Adherbal in solche Noth, daß dieser nach Rom ging, um über seinen Verwandten Klage zu führen. Der Senat, in welchen: die Optimalen allein geboten, schickte eine Commission nach Nnmidien, um die Sache zu untersuchen und zu entscheiden. Diese aber, von Jugurtha bestochen, theilte das Land aufs Neue zwischen Adherbal und Jugurtha, und zwar zum Vortheil des Letzteren. Kaum war sie abgereist, so überfiel Jugurtha den Adherbal, kümmerte sich nicht weiter um den Einspruch der Römer, nahm ihn gefangen und ließ ihn graufam hinrichten. Nun erhob sich in Rom ein Tribun von der Gesinnung des C. Gracchus und setzte unter heftigen Beschuldigungen gegen die Optimalen durch, daß Jugurtha nach Rom beschieden wurde, um sich zu verantworten. Er kam und vertraute aufs Neue seinen Bestechungskünsten; ja er ließ in Rom unter den Augen des Senates und des Volkes einen Verwandten, der gleichfalls
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