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1. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 96

1900 - München : Oldenbourg
96 Kampf gegen historische Phrasen. und Mittelpunkt für eine Erbmonarchie zu gründen, haben wir oben schon erwähnt. Die Fürsten waren thatsächlich nur königliche Beamte. Diese ungeheure Macht erklärt sich aber nur aus der Doppelstellung Heinrichs. Er war nämlich auch das anerkannte Haupt und der eifrigste Vertreter der cluniacensischen Bewegung, die damals das Abendland beherrschte (Synode zu Sutri). Als solcher beherrschte er auch das Papsttum in dem Mittel der Papstwahl unbeschränkt und hatte daher gegen irgend einen rebellischen Fürsten ausser den weltlichen Waffen sofort auch die wirksamsten geistlichen zur Hand (Bann, Interdikt u. s. w.). Daher seine Macht. Aber schon unter ihm selbst noch regte sich die Opposition gegen die kaiserliche Allgewalt, und zwar gerade von der Seite, die ihm so viel verdankte, von der cluniacensischen. Ein deutscher Bischof, den Heinrich zum Papst ernannte, Victor Ii. (Bischof Gebhard von Eichstädt), stellte schon die Bedingung, dass der Kaiser dem Stuhle Petri zurückgebe, t>quae iuris Petri sunt«. Was konnte mit dem dunklen Ausdruck anderes gemeint sein, als das Recht der Papstwahl und ähnliches (Investitur*). Dass die deutschen Fürsten natürlich nur auf die Gelegenheit lauerten, ihre Machtstellung um jeden Preis wieder zu erringen, ist selbstverständlich. Der Erbe Heinrichs Iii. hätte fast noch bedeutender sein müssen als der Vater, und er war — ein öjähriges Kind. Natürlich stürzte der Machtbau Heinrichs Iii. zusammen. In Italien machte sich zunächst das Papsttum von dem kaiserlichen Einfluss auf die Papstwahl frei und suchte dann die Herrschaft über die Kirche in seine eigene Hand zu bringen. In Deutschland rissen die Fürsten die alte Macht wieder an sich, das kaiserliche Kind erhielt eine möglichst unglückliche, von einem Extrem ins andere schwankende Erziehung. War es ein Wunder, wenn der junge Fürst, mit 16 Jahren mündig gesprochen und von Schmeichlern und falschen Freunden umgeben, Fehler über Fehler beging? Er hatte das stolze Machtgefühl seines Vaters geerbt, aber nicht seinen hohen sittlichen, ja asketischen Ernst, und sah nicht ein, dass die politische Lage sowohl im Reiche, als in der Kirche himmelweit verschieden war von der unter seinem Vater. Er nahm die absolutistischen Bestrebungen seines Vaters in Sachsen wieder auf und '") Dass es sich bloss auf territoriale Schwierigkeiten in Italien bezogen habe, ist unwahrscheinlich.

2. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 38

1900 - München : Oldenbourg
38 Stoffauswahl und Gedankengang. Seiten, da die Bischöfe und Äbte zugleich geistliche und weltliche Fürsten sind, also weder Papst noch Kaiser die Einsetzung aus der Hand geben können). Keine Schmach von Kanossa (die Zerstörung dieser Fabel ist Ehrenpflicht des Lehrers, weil Forderung der Wahrheit!). Erstes Auftreten der heranblühenden Städte als Stand zu gunsten des Kaisers. Heinrich V. Abschluss des Investiturstreites durch das Wormser Konkordat (gerecht, weil Einsetzung geteilt!). e) Zeitalter der Hohenstaufen und Kreuzzüge. Konrad Iii., Weibertreue; Streit mit den Welfen. Friedrich I., Persönlichkeit. (!) Versöhnung mit Heinrich D. Löwen. Welfen in Bayern. Gründung Münchens. Sagen von Heinrich d. Löwen. Friedrichs Kämpfe in Italien (Mailand); sein Versuch, die fortgeschrittenen Zustände in Italien (Industrie, Handel, Geldwirtschaft) wieder auf den Stand der Naturalwirtschaft herabzudrücken (siehe Dekret bei der Zerstörung Mailands), aussichtslos , weil unnatürlich, doppelt aussichtslos, weil die Italiener vom Papst unterstützt werden. Otto V. Wlttelsbach und die Berner Klause. Hartmann v. Siebeneichen. Mainzer Nationalfest. Friedrichs Kreuzzug und Tod. Heinrich Vi. Heirat mit der normannischen Erbtochter; letzte Blüte der Kaisermacht, gestützt auf das sizilianische Geld und die administrative und militärische Tüchtigkeit der deutschen Ministerialen. Heinrichs Persönlichkeit (weitschauend, sehr energisch, rücksichtslos); letzter Versuch, Deutschland zu einer Erb-monarchie zu machen (Reichstag zu Würzburg), scheitert am naturgemäßen Widerstande der Fürsten. Heinrichs plötzlicher Tod in Italien inmitten grossartiger Entwürfe. (Sage von Dietrich V. Bern, der auf schwarzem Rosse nachts die Lüfte durchzieht, klagend über das seinen Deutschen bevorstehende Unglück). Verhängnisvoller Kampf zwischen Philipp v. Schwaben und Otto Iv. Des ersteren Ermordung; gegen letzteren vom Papste Innocenz Iii. aufgestellt Heinrichs Vi. Sohn, Friedrich Ii.; wenig in Deutschland, opfert seine Kraft in aussichtslosen Kämpfen gegen die Lombarden und besonders gegen den Papst. Kurze Blüte des Hohenstaufenreiches in Neapel und Sizilien. Merkwürdiger Versuch Friedrichs, sein Erbreich aus

3. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 99

1900 - München : Oldenbourg
Die sogenannte »Schmach« von Canossa. 99 Hohn nach Italien. Ostentativ übte er die Investitur weiter, gab den Mailändern einen neuen Erzbischof und besetzte die Bistümer Fermo und Spoleto; alles, ohne mit dem Papst auch nur Rücksprache zu nehmen. Gregor, aufs äusserste gebracht, drohte mit dem Bann. Diese Drohung glaubte Heinrich benützen zu können, um den Papst zu demütigen; er hielt sich nämlich des deutschen Episkopats für völlig sicher. Am 24. Januar 1076 erklärten sich thatsächlich 26 Bischöfe des Gehorsams gegen Gregor entbunden (Worms). Auf Grund dieses Beschlusses erklärte Heinrich als patricius Romanus seinen Gegner für abgesetzt. Der lombardische Episkopat trat diesem Beschluss auf der Synode zu Piacenza bei. Aber es zeigte sich sofort, wie sehr Heinrich sich getäuscht hatte. Schon der rein äufserliche Umstand, dass niemand es wagen wollte, dem Papst diesen Beschluss zu überbringen, hätte ihm die Augen öffnen müssen. Die beiden Boten, die es endlich wagten, ein deutscher Ministeriale und ein Kleriker aus Parma, wurden in Rom nur durch Gregors persönliches Dazwischentreten vor dem Gelynchtwerden geschützt. Nun fühlte sich Gregor Herr der Situation; auch konnte er ehrenhalber gar nicht rückwärts. Wohl wissend, dass die deutschen Fürsten nur auf einen Vorwand warteten, um im Bunde mit den niedergeworfenen Sachsen sich gegen Heinrichs absolutistische Pläne aufzulehnen, sprach er den Bann aus, zum erstenmal in der Geschichte über einen deutschen Kaiser. Die Welt war starr. Der Sohn Heinrichs Iii. im Banne! Noch glaubte Heinrich, sich auf die deutschen Bischöfe verlassen zu können ; auch erklärte thatsächlich eine Mainzer Synode Ende Juni 1076 die Absetzung Heinrichs für ungültig und Gregor für exkommuniziert. Aber die Führer derselben starben binnen Jahresfrist, die deutschen Fürsten und die Sachsen empörten sich, und so suchte ein Bischof nach dem anderen die Verzeihung Gregors. Bald stand Heinrich fast ganz allein, sein Machtbau war an einer ihm unfassbaren geistigen Gewalt zerschellt. Frohlockend vereinigten sich die deutschen Fürsten in Tribur, um Heinrich abzusetzen. Wider Erwarten traten die päpstlichen Gesandten, Sieghard von Aquilea und Altmann von Passau, für Heinrich ein. Verschiedene Einflüsse hatten sich geltend gemacht. Die fromme Kaiserin Agnes, Heinrichs Taufpate, Hugo Von Clugny, das Haupt der Cluniacenser, und andere baten für 7*

4. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 102

1900 - München : Oldenbourg
102 Kampf gegen historische Phrasen. wolle er sich unterwerfen. Letzteres glaubte natürlich der Papst nicht (Heinrich that es später auch nicht). Da verwendeten sich wieder die Einflüsse für den König, die ihn schon in Tribur gerettet hatten, besonders seine Schwiegermutter Adelheid, Azzo v.este, deren Sohn, der obengenannte Hugo v. Clugny, die bei Gregor sehr einflussreiche Markgräfin Mathilde , der ja Canossa gehörte, und andere. Da verlangte der Papst, Heinrich solle als Vorbedingung für eine Verständigung die Krone niederlegen. Heinrich lehnte ab ; er bitte nur um Absolution. Gregor durchschaute natürlich den König ganz genau und weigerte sich; er könne nicht an die Aufrichtigkeit der Busse des Königs glauben. Da fasste Heinrich einen erbitterten Entschluss; die Zeit drängte, auf Mariä Lichtmess fehlten nur noch wenige Tage. So stellte sich denn Heinrich im langen härenen Bussgewand und mit Sandalen drei Tage hintereinander bei bitterer Kälte in den Schnee vor das innerste Burgthor. Der Papst war geschlagen. Als Priester musste er den Reuigen absolvieren. Es geschah, und von der Stunde an ging der Stern Heinrichs aufwärts. Triumphierend eilte er nach Deutschland zurück. Wütend über seine List setzten ihn die Fürsten ab, obwohl er ihnen den Vorwand genommen hatte; ein schlagender Beweis, wie sehr der Bann Vorwand gewesen war. Auch der Papst bannte ihn nochmals, aber beides vergeblich. Heinrich hatte die öffentliche Meinung jetzt ebenso für sich, als vorher gegen sich. Die Gegenkönige wurden geschlagen, der Papst wurde thatsächlich abgesetzt und starb in Salerno, nach seinen eigenen Worten: »in der Verbannung«. Das waren die Folgen der »Schmach von Canossa«; sie war ein Akt furchtbarer und rücksichtsloser Energie, und wer weiss, was aus Deutschland geworden wäre ohne sie. Dieses eine Beispiel für kirchlich - politische Objektivität möge genügen, da die oben angeführten Beispiele für genetische Behandlung, Schmalkaldischer Krieg, Christentum, Kreuzzüge, Reformation, ebenfalls als Beispiele für objektive Behandlung kirchlicher Fragen gelten können. Deshalb in aller Kürze noch eine politisch-wirtschaftliche Phrase in objektiver Beleuchtung. b) Die »unsinnige« (?) Kontinentalsperre. »Bewundert viel und viel gescholten«, dieses Goethesche Wort passt wohl auf keinen Mann der neueren Geschichte mehr als auf Napoleon I. Von Thiers’ Hymnen über Taines kühl-kritische

5. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 74

1900 - München : Oldenbourg
74 Genetische Behandlung. Weise gefördert, und diese hatte nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine hervorragende wirtschaftliche Thätigkeit entfaltet. Auf dieser Bahn schritt Otto weiter, sah aber bald ein, dass auch eine gewaltige politische Kraft in der Kirche lag für den, der sie auszunützen verstand. Der Urquell für die Widerstandskraft der Fürsten lag ja in der Erblichkeit, die Gewohnheitsrecht geworden war und sich nicht mehr beseitigen liess; das sah Otto recht wohl ein. Wie nun, wenn es ihm gelang, dem erblichen weltlichen Fürstenstand einen geistlichen, nicht weniger mächtigen gegenüberzustellen, bei dem die Erblichkeit ausgeschlossen war? Und nun begann die grossartige, folgenreiche kirchliche Politik. Bischöfe und Abte, schon bisher sehr einflussreich, wurden mit gewaltigen Ländereien ausgestattet, reichsunmittelbar gemacht und so den weltlichen Fürsten ebenbürtig an die Seite gestellt. Dafür mussten sie schwere Leistungen für Reichszwecke auf sich nehmen, dem Kaiser Truppen stellen, überhaupt ihm jederzeit hold und gewärtig sein. So sehen wir Königtum und deutsche Kirche im Bunde. Oiro sah aber wohl ein, dass er die deutsche Kirche für immer nur dann in der Hand behalten könne, wenn er die Einsetzung der Kirchenfesten unbestritten ausüben dürfe. Da sie aber doch auch, und zwar in erster Linie, geistliche Fürsten waren, und die deutsche Kirche ein Teil der römischen, so konnte diese Einsetzung auf die Dauer nicht ohne Mitwirkung des Papstes geschehen. Wollte also Otto die Einsetzung der Bischöfe dauernd behalten, so musste er trachten, auch das Papsttum in seine Hand zu bekommen, und nun begann die folgenreiche italienische Politik Durch seine zweite Heirat mit der Königin-Witwe Adelheid erwarb sich Otto zunächst Ansprüche auf Italien. Dann benützte Otto die innere Zerfahrenheit und Verwirrung des Papsttums, um die Verfügung über dasselbe in seine Hand zu bringen. Auch das gelang und bahnte ihm den Weg zum Kaiserthrone. Dieser war für Ol los Stellung notwendig, weil die abendländischen Völker noch immer im Imperator Romanus den Nachfolger der römischen Cäsaren sahen. Das musste aber Otto sein, sonst konnte er seine Stellung dem Papsttum gegenüber auf die Dauer nicht aufrecht erhalten. Das letztere war aber, wie wir gesehen haben, seiner Stellung zur deutschen Kirche gegenüber notwendig. Der Papst war ja nicht bloss geistiges Oberhaupt der deutschen Kirche, sondern der ganzen abendländischen, und diese war inter-

6. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 81

1900 - München : Oldenbourg
Der Schmalkaldische Krieg. 8 I deutschen Städte in die Arme des Kaisers trieb, so hatten andererseits auch, wie gesagt, die Kaiser nicht das geringste Verständnis für den fortgeschrittenen Zustand Italiens. Wenn Barbarossa auf der einen Seite durch die ronkalischen Beschlüsse die Befugnisse und Rechte der alten Cäsaren und Imperatoren für sich in Anspruch nahm, auf der anderen Seite aber nach der Zerstörung Mailands die Bevölkerung in vier offenen Dörfern ansiedelte, ihnen nicht bloss connubium, sondern auch commercium untersagte und damit die Städte auf den längst überwundenen Standpunkt der Naturalwirtschaft herabdrücken wollte, so lässt sich dieser ungeheuerliche Widerspruch eben nur daraus erklären, dass Friedrich und seine Ratgeber (Rainald V. Dassel, Christian V. Mainz u. a.) nicht begriffen und nicht begreifen konnten, wie die ganze Stelle eines römischen Augustus nach den ronkalischen Beschlüssen die fortgeschrittenen Kulturverhältnisse mit Handel und Geldwirtschaft schon seit anderthalb Jahrtausenden zur Voraussetzung hatte. Durch Rückschraubung dieser Verhältnisse auf den Stand der Naturalwirtschaft entzog er also der von ihm in Italien erstrebten Stellung selbst den Boden, in dem sie einzig und allein hätte wurzeln können. Aber die italienischen Städte fühlten den ungeheuren Widersinn, und daraus erklärt sich der ingrimmige Hass gegen den Kaiser, die todesmutige Verzweiflung und schliesslich der unausbleibliche Sieg; denn eine geschichtliche Entwicklung lässt sich niemals dauernd auf einen längst überwundenen Standpunkt zurückschrauben. f) Der Schmalkaldische Krieg und der sogenannte Fürstenaufstand von 1552. Wie kam es, dass das scheinbar zwei Erdhälften umspannende Machtsystem Karls V. von dem Stosse des kleinen sächsischen Kurfürsten zusammenbrach? Nur die genetische Behandlung kann uns Antwort geben. Der Schmalkaldische Krieg ist ein Abschnitt aus dem die ganze deutsche Geschichte durchziehenden Kampfe zwischen der kaiserlichen Zentralgewalt und den fürstlichen Territorialbestrebungen. Dazu kam noch der Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten. Die Macht Karls V. war nicht so gross, als man bei einem Blick auf die Karte anzunehmen geneigt wäre. Lorenz, Moderner Geschichtsunterricht. 6

7. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 97

1900 - München : Oldenbourg
Die sogenannte »Schmach« von Canossa. 97 reizte die Fürsten aufs tiefste. Dies benützte der ebenso energische als kluge Gregor Vii., um die heikle Frage des Investiturrechtes zum Austrage zu bringen; heikel war die Frage deshalb, weil das Recht auf beiden Seiten lag (siehe oben! Gedankengang). Auf kirchlicher Seite fasste man die Wünsche der clunia-censischen Reformpartei in drei Punkte zusammen: I. Einführung der Ehelosigkeit der Priester (Cölibat). 2. Abschaffung der Simonie, d. h. des Verkaufs geistlicher Würden seitens des Staates. 3. Abschaffung der Einmischung weltlicher Grosser (in letzter Linie des Kaisers) in die Papstwahl. Wie gewöhnlich war man mit der Durchführung dieser Forderungen sehr klug vorgegangen. Auf der Lateransynode (Ostern 1059), welche durch das bekannte Dekret die Papstwahl für die Zukunft fixierte, erklärten 113 Bischöfe, unter denen aber kein einziger Deutscher war, unter der Leitung des Kardinals Hlldebrand (später Gregor Vii.) vorsichtigerweise noch folgendes: »Bei der Papstwahl ist die schuldige Ehrfurcht gegen den geliebten Sohn Heinrich (damals im 10. Lebensjahr), den künftigen (!) Kaiser, und jeden seiner Nachfolger, der vom apostolischen Stuhle dies Recht persönlich(!!) erlangt, zu beachten« (Baronius, Annal. ad. ann. 1059)-Die fromme Kaiserin Agnes als Reichsverweserin gab sich damit zufrieden; gegen den widerspenstigen Teil des lombardischen Episkopats begünstigte man die Patarener, gegen den deutschen das Bürgertum in den rheinischen Städten, das nach dem Sturz der angelsächsischen Städte bei Hastings (1066) durch den normannischen Adel seinen Handel in Nordwesteuropa ungeahnt ausdehnte und zu grosser Blüte und Macht emporstieg. So setzte die Kurie ihren Willen durch. Aus Abneigung gegen den anticluniacensischen Episkopat in Deutschland hatte auch Agnes die Gewalt des hohen Laienadels wieder aufleben lassen, die Heinrich Iii. seiner Zeit gebrochen hatte. Dadurch hatte sie ihrem Sohne den gefährlichsten Gegner wieder neu belebt. Auch die Volksstimmung ergrimmte dann später gegen Heinrich Iv., als er nach seiner Grofsjährigkeits-erklärung die absolutistischen und zentralistischen Pläne in Sachsen (am Harz, in Goslar u. dgl.) wieder aufnahm. Ferner war sein Privatleben ein sehr anstössiges. Da auch die Simonie und Laieninvestitur von Heinrich ganz ungescheut wieder betrieben wurde, sah sich die Kurie veranlasst, vorsichtig Schritt für Schritt vorzugehen. Die Bischöfe von Mainz, Lorenz, Moderner Geschichtsunterricht. 7

8. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 157

1900 - München : Oldenbourg
Das eigentliche Wesen der sogenannten Religions- und Konfessionskriege. I 57 jetzigen kaisertreuen Reichsfreunde sollten das am allermeisten verurteilen. Der böhmische Aufstand war eine czechische Adelsfaktion gegen den rechtmässigen Herrn und Vertreter des Germanismus. Ferdinand hatte den Majestätsbrief schon bei seiner Krönung anerkannt und war wiederholt bereit, ihn nochmals anzuerkennen und zu unterschreiben, obwohl er nach dem Augsburger Religionsfrieden das unbestreitbare und von allen deutschen Fürsten ohne Ausnahme (besonders den protestantischen) ausgeübte Recht hatte, die Konfession seiner Unterthanen nach seiner eigenen zu bestimmen (cuius regio, illius religio). Auf Gustav Adolfs Beweggründe, die ihn zur sogenannten »Rettung der Protestanten« veranlassten, werden wir noch zu sprechen kommen. Von den Hugenotten weiss man längst, dass sie eine Ausbildung der Territorialherrschaft unter religiösem Vorwand erstrebten, wie sie ja in Deutschland im 16. und 17. Jahrhundert ebenfalls sich entwickelte. Die enge Verbindung mit der Politik der Kurpfälzer (Johann Casimir) einerseits und derjenigen der Adelsfaktion in den Niederlanden beweist das sonnenklar. Wer in Deutschland heutzutage über die Kleinstaaterei klagt, darf die Hugenotten nicht in Schutz nehmen. Dass ihnen schliesslich Katharina durch ihren scheusslichen Entschluss (Bartholomäusnacht) zuvorkam, war nur die Politik von »Blut und Eisen«; dabei soll die entsetzliche Bartholomäusnacht durchaus nicht etwa entschuldigt oder beschönigt werden, aber man bedenke doch auch andererseits wieder, dass sie nicht in unser humanes Zeitalter fällt, sondern in eine Zeit, deren ganzer Charakter etwas entsetzlich Grausames und Rücksichtsloses an sich hatte''). Die Albigenserkriege richteten sich in der Hauptsache gegen die gesellschaftsfeindlichen kommunistischen Bestrebungen der Albigenser. Wer diese missbilligt, darf keiner Massregel gegen die •) Interessant ist die Thatsache, dass gerade Papst Innocenz Xi. die Hugenottenverfolgungen Ludwigs Xiv. missbilligte und Schritte that, um grössere Schonung für die Verfolgten zu erlangen. Da aber bei den bekannten gallikani-sehen Bestrebungen im französischen Klerus, bei den Rangstreitigkeiten und aus ähnlichen Ursachen das Verhältnis zwischen König und Papst ein gespanntes und feindseliges war, so beauftragte Innocenz seinen Nuntius d’Aoda in London, bei König Jakob Ii. von England dahin zu wirken, dass dieser zu gunsten der bedrückten Hugenotten bei Ludwig Xiv. intervenieren möge. Jakob Ii. lehnte zwar eine Intervention in die landesherrlichen Befugnisse Ludwigs (cuius regio, illius religio) offiziell ab, that aber — obwohl selbst eifriger Katholik — vieles zur Erleichterung der bedrängten Lage der Hugenotten (Mazure, Histoire de la revolution de 1688, Ii, 126. Macaulay, History of England from the accession of James Ii., Ii, 250).

9. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 37

1900 - München : Oldenbourg
Mittelalter. 37 Ostfranken (Deutschen). Ottos römische Politik (Kaiserkrone). Von nun an Verbindung Deutschlands mit Italien, teils gute Folgen (verschiedene Kulturkeime kommen dadurch nach Deutschland), teils schlimme (grosse Opfer an Geist und Blut, Abziehung der Kaiser von den deutschen Angelegenheiten, verhängnisvolle Wechselwirkung der deutschen Politik auf die italienische und umgekehrt). Otto Ii. und Otto Iii. Keime von Industrie, Handel und Geldwirtschaft aus Italien, die Rheinstrasse hinab nach Sachsen. Im übrigen ist Deutschland noch reiner Bauernstaat. Blüte der Kunst und Wissenschaft (Gerbert, R.hoswitha u. s. w.). Heinrich Ii. (Bamberg). Konrad Ii., Persönlichkeit: praktisch nüchtern, Laienkaiser; grundsätzliche Fernhaltung von Eingriffen in kirchliche Kämpfe. Erwerbung Burgunds (wichtig! Gewinnung der Alpenpässe zwischen Frankreich und Italien; Frankreich von Italien dadurch abgeschlossen). Dadurch Streit mit seinem Stiefsohn Ernst von Schwaben (dessen Freund Werner v. Kyburg. Uhl and , mittelalterliche Sagen). Erblichmachung der kleineren Lehen; daran Stütze gegen die Fürsten. Heinrich Iii., Persönlichkeit: sehr energisch, asketisch-fromm; Heirat mit Agnes V. Poitiers unter dem Einfluss Odilos V. Cluny. Um die Wende des I. Jahrtausends Glaube an das Weitende (Apokalypse, iooojähr. Reich); deshalb grosse Frömmigkeit im Abendlande, Weltfluchtsidee (Karthäuser, Cistercienser u. s. w.), cluniacensischebewegung, Gottesfriede, Kirchenreform. Heinrich stellt sich an die Spitze dieser ernsten Bewegung (Synode zu Sutri); daraus erklärt sich seine unbestrittene Machtstellung. Gipfel der Kaisermacht, sowohl nach aussen (Polen, Böhmen, Ungarn) als nach innen. Versuch einer festen, zentralisierten Monarchie mit dem Sitze am Harz (die dortigen Silbergruben sollen die Regierung auch finanziell unabhängiger machen von den Naturalleistungen der einzelnen Stämme, die den Hof zum Wanderleben zwingen). Verbissene Opposition der Fürsten. Alles das stürzt zusammen mit dem frühen Tode Heinrichs Iii. Heinrich Iv., leider noch Kind. Übermut der Fürsten. Verfehlte Erziehung Heinrichs; deshalb anfangs schlechte Regierung; Streit mit dem Papste Gregor Vii, entwickelt sich zum Investiturstreit (Schlichtung sehr schwierig, weil das Recht auf beiden

10. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 98

1900 - München : Oldenbourg
98 Kampf gegen historische Phrasen. Köln und Bamberg wurden aufgefordert, auf der Fastensynode 1070 wegen Simonie sich zu verantworten. Als dann die allgemeine Unzufriedenheit gegen Heinrich sich beim Sachsenaüfstand Luft zu machen begann, wurden 1073 durch Papst Alexander Ii. fünf Räte des Königs gebannt. Man richtete also den Angriff schon gegen die Umgebung des Königs, den man als eigentliche Quelle aller Simonie betrachtete. Heinrich ignorierte und unterschätzte diese Vorgänge, weil er die Abneigung des deutschen Episkopats gegen die Reformbestrebungen des Papsttums überschätzte. Aber sehr zu seinem Schaden. 1074 proklamierte Gregor Vii. das Verbot der Priesterehe und der Simonie. Eine von der Kaiserin-Mutter selbst begleitete Gesandtschaft erschien in Deutschland, um den deutschen Klerus zur Annahme dieser Beschlüsse zu bewegen. Heinrich begegnete den päpstlichen Gesandten mit berechneter Devotion, weil er sich auf den Widerstand des deutschen Episkopats gegen die römischen Forderungen verliess; er bewilligte alles. Die Kurie wurde so vollständig düpiert, dass Gregor nicht nur die gebannten Räte wieder in den Schoss der Kirche aufnahm, sondern auch an Heinrich einen sehr freundlichen Brief schrieb. Dafür verwarf dann die Synode zu Erfurt unter Leitung des Erzbischofs Siegfried von Mainz das Cölibat einstimmig. Die Bischöfe, aus Angst gegen das aufstrebende und zu Revolutionen geneigte Bürgertum in den Bischofsstädten, schlossen sich eng an den König an. Aber man täuschte sich in Gregor. Auf der Fastensynode 1076 wurden fünf Räte des Königs aufs neue gebannt, die Bischöfe von Bremen, Speier und Strafsburg suspendiert und exkommuniziert, der Bischof von Bamberg nach Rom citiert. Das Verbot der Laieninvestitur wagte Gregor noch nicht zu veröffentlichen. Aber er liess es dem König vertraulich mitteilen und verlangte Unterhandlungen darüber. Da erfocht Heinrich den glorreichen Sieg über die Sachsen an der Unstrut 1075 (9. Juni]; er stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Durch eine Konzession in der äusseren Form der Investitur hätte er vielleicht den Papst gewinnen können; denn dieser hegte so versöhnliche Gesinnungen, dass er den Kaiser sogar zu seinem Siege über die Sachsen beglückwünschte. Aber Heinrich war übermütig; er verweigerte die verlangten Unterhandlungen und behielt nicht nur seine gebannten Räte bei, sondern schickte sogar einen derselben, Eberhard v. Nellenburg, zum
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