10
17. Die Wohlthat.
"Hast du wohl einen größeren Wohlthäter unter den
Thieren, als mich?" fragte die Biene den Menschen. —
„Allerdings," erwiederte dieser. — „Und wen?" — Das
Schaf; denn seine Wolle ist mir nothwendig; dein Honig
hingegen ist mir nur angenehm."
18. Die Biene und die Bremse.
Eine Bremse war einst die Zuschauerin der Arbeit meh-^
rerer Bienen. "Hm!" fing sie endlich an zu summen, "was
das doch für ein steifes, gezwungenes, langsames Geschäft
ist! Wozu nützt es, Alles so abzuzirkeln, so sorgfältig
einzutheilen und so rein zu machen? Ihr würdet zehnmal
ein- und ansflicgen können in der Zeit, die ihr mit dieser
nnnöthigen Ordnung verliert."
„Störe uns nicht!" antwortete eine Biene, „Unordnung
scheint zu fördern und ist am Ende der größte Zeitverlust.
Aber die Hälfte seiner Arbeit hat derjenige gethan, der sich
an Ordnung gewöhnt."
19. Der Halm und die Aehre.
Mit stolz gehobner Stirn und nicht durch Last gedrückt
Sprach einst ein leerer Halm zu einer vollen Aehre:
„Wie kommt es, daß dein Haupt so nach dem Boden
nickt?" —
Sogleich versetzte sie dem Brüderchen zur Lehre:
„Ich stünde freilich nicht so tief herabgebückt,
Wenn ich so leer wie du in meiner Stirne wäre."
20. Der Hund und die Kuh.
Ein Spitz hielt Mittagsruh
Auf einem weichen Bunde
Von Grmnmet. Eine Kuh
Schlich hungrig sich hinzu.
Kaum zeigt sie sich dem Hunde,
So bellt er wild sie an,
Und wehrt ihr, sich zu nahn.
„Das Heu kann dich nicht nähren,
Sprach sie voll Traurigkeit,
20
33. Räth sel.
Kennst du die Brücke ohne Bogen
Und ohne Iock, von Diamant,
Die über breiter Streme Wogen
Errichtet eines Greises Hand?
Er baut sie auf in wenig Tagen
Geräuschlos, du bemerkst es kaum;
Dock kann sie schwere Lasten tragen
Und hat für hundert Wagen Ramn.
Doch kaum entfernt der Greis sich wieder,
So hüpft ein Knabe froh daher,
Der reißt die Brücke eilig nieder,
Du siehst auch ihre Spur nicht mehr.
Den flüchtigen Tagen
Wehrt kerne Gewalt.
Wie Räder am' Wagen
So fliehen sie bald.
Vorsatz.
! Gleich eilenden Blitzen
So fliehn sie dahin;
> Drum will ich sie nützen,
| So lang ich noch bin.
35. Das Bäumchen der Trauer.
Ein Vater reifete über das Meer in ein fernes Land.
Ehe er aber von dannen zog, berief er alle, seine Kinder
zusammen. Er selbst aber trug ein Bäumchen in seiner
Hand, und sie pflanzten es gemeinschaftlich. Da sprach
der Vater: Wenn ihr dieses Bäumchen ansehet, so gedenkt
eures Vaters in der Ferne. Ehe es dreimal blühet, hoff'
ich wieder bei euch zu sein, so Gott will! — Also sprach
er, und zog von dannen, und das Bäumchen blühete schön
und lieblich das erste Jahr.
Aber als nun der Vater über das Meer fuhr, da er-
hob sich ein gewaltiger Sturm, und das Schiff scheiterte
an den Felsen, und der Vater ward in den Wellen be-
graben. Da weinten und trauerten die Kinder viele Mon-
den lang, und vor allem, wenn das Bäumchen Knospen
gewann und blühete, standen sic umher und weinten. Da
trat ein kluger Mann, ein Freund des Verstorbenen, zu den
Kindern und sprach: Sehet, das Bäumchen hat seine Be-
deutung verloren und ist euch zum Schmerz geworden, dar-
um lasset mich es fortnehmen und anders wohin pflanzen,
daß sein Anblick euch nicht ferner betrübe!
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
24
Wird nicht das Werk bald vor sich gehn?
Man wartet, pocht und lärmt. Indessen schlich Hans Nord
Sich heimlich mit dem Gelde fort.
Wer war nunmehr der größre Thor zu nennen,
Nord oder eine halbe Stadt, -
Dir sich, vor Neugier blind, auf sein Betrügerblatt
Pvr seine Bühne drängen können?
40. Der Schatzgräber.
Es kam in der Dämmerung ein fremder, seltsam geklei-
deter Mann mit einem dicken Buche unter dem Arme und mit
einem weißen Stäbchen in der Hand, zu dem Bauer Lienhard
und sprach zu ihm: "Ich muß Euch ein Geheimniß anver-
trauen! In einem Eurer Aecker liegt ein großer Schatz von
Gold und Silber begraben. Wenn ihr mir den zehnten
Theil davon geben wollt, so will ich den Schatz heben. Ihr
könnt so mit einem Mal steinreich werden." Der Bauer
willigte freudig ein. Nachts um zwölf Uhr gingen beide mit
Schaufeln und einem Schiebkarren auf den Acker, gruben,
ohne ein Wort zu reden, ein großes Loch in den harten Bo-
den, fanden eine schwere Kiste und brachten sie auf dem
Karren glücklich in das Haus des Bauers. Der Schatz-
gräber besah nun die Kiste auf allen Seiten, berührte sie
bald da bald dort mit seinem Stäbchen, las dabei aus sei-
nem Buche allerlei unverständliche Worte und schüttelte den
Kopf. Endlich sagte er: Wenn uns der Schatz nicht zu
Kohlen werden soll, so müssen, bevor wir die Kiste öffnen,
ganz besondere, geheime Mittel angewendet werden Es hat
sie aber Niemand, als ein alter Apotheker, 2 Stunden von
hier, und unter 60 Gulden gibt er sic nicht her. Der Bauer,
welcher, vor einigen Tagen Geld für ein verkauftes Pferd
eingenommen hatte, zählte sie in der Freude seines Herzens
sogleich hin. Der Schatzgräber machte sich noch in der Nacht
auf den Weg und kam — nicht wieder. Der Bauer schlug
nach langem Warten die Kiste auf, fand aber darin weder
Gold noch Silber noch Kohlen, sondern lauter Kieselsteine
aus dem Bache, welcher an feinem Acker vorbeifloß; dabei
lag ein Zettel, auf welchem die Worte standen:
Sieh, wie man durch Schatzgräbers
Alsbald sehr reich an — Steinen sei.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
4
will sie doch gleich einmal Prokuren
und ein wenig herum spazieren.
Wenn es nur gleich die Leute wüßten,
wie die sich wohl verwundern müßten!"
Doch stille, da rauscht'ö hinterm Busche dort,
Der Jager ist es. „Nun Aeffchen fort,
geschwinde zieh deine Stiefeln ans
und nimm ans jenen Baum Reißaus!
O wehe, nun merkst du's, sie kleben an,
nun hat dich erhascht der böse Mann."
8. Kind und Taube.
K. Taube, wie muß dir das wehe thun
zupfst aus der Brust die Federn nun.
T. Thut es auch weh, ich freu mich dran,
daß ich ein Bettchen machen kann,
drinnen die Täubchen, mein Vergnügen,
können recht warm und weich dort liegen.
Da denkt bei sich selber gleich das Kind:
„Wie die Taube, so alle Mütter sind,
und sorgen treulich für ihre Kleinen,
daß sie nicht dürfen frieren noch weinen.
So thut auch meine Mutter an mir,
das allerbeste hab' ich von ihr."
9. Fuchs und Ha hu.
F. Wer räth mir ein Räthsel? Wer ist so klug?,
H. Komm, sag' mirs, ich habe Verstand genug.
F. Einen Kopf hat er voll von Hinterlist,
eine Schnauze, die gern was Gutes frißt,
Jetzt kommt er gesprungen und packet dich.
H. O weh mir Armen! jetzt frißt er mich.
Der arme Hahn! er sollte sich wahren;
das gar zu gescheidt sein bringt Gefahren;
er kannte den Fuchs, er hätte nicht sotten
ihm sein Räthsel rathen wollen.
Run hat's ihn gereut zu tausend Malen,
nun muß er's mit seiner Haut bezahlen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
28
45. Der Pflug.
Das war gewiß ein großer Mann,
Viel größer, als man denket.
Der sich zuerst den Pflug ersann
Und uns damit beschenket.
Der war gewiß ein kluger Mann,
Der ihn zuerst bespannte,
Und der des Thieres Brauchbarkeit
Zu diesem Zweck erkannte.
Der war gewiß ein weiser Mann,
Der ihn zuerst regierte;
Der kreuz und quer durch sein Gebiet
Die schlanken Furchen führte.
Der war gewiß ein froher Mann,
Der sahe, daß es glückte;
Daß sich dies einfache Geräth
So gut zum Feldbau schickte.
Der ist gewiß ein Biedermann,
Der ihm recht froh begegnet,
Und den, der es erfunden hat,
Mit lautem Danke segnet.
46. Lohn kindlicher Liebe.
Am 30. Juni 1833 ertheilte ein deutscher Fürst den
Befehl, ihm einen in seinem Dienste als Korporal stehen-
den Soldaten vorzuführen. Dieß geschah am folgenden
Morgen durch einen Offizier. Niemand konnte sich seine
Veranlassung denken zu diesem Befehle, und mit gespannter
Erwartung näherten sich der Offizier und Korporal dem
Schlosse. In demselben angelangt, wurde der erstere zu
✓ dem Fürsten gerufen "und von demselben über die bisherige
Aufführung des Korporals gefragt. Das demselben der
Wahrheit gemäß ertheilte beste Zeugniß vernahm der edle Fürst
mit sichtbarer Freude und sagte: /,Es ist mir sehr lieb,
dieß zu hören, ich habe mir es aber wohl gedacht, daß
ein so guter Sohn, auch ein braver Soldat sein werde, und
als ein solcher Sohn, als ein rührendes Beispiel kindlicher
Liebe und Treue ist er mir bekannt geworden. Es über-
gab mir nämlich vor wenigen Tagen der siebenzigjährige
dieses Soldaten eine Bittschrift; in welcher er für sich
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
33
5!. Die Rübe.
Es waren einmal zwei Brüder, die waren Kriegsleute;
der eine war reich, der andre arm. Da wollte der Arme
sich aus seiner Noch helfen , zog den Kriegsrock aus und
ward ein Bauer. Also grub und hackte er sein Stückchen
Acker und säete Nübsamen. Der Same ging auf und es
wuchs eine Rübe, die ward groß und stark, und ward
zusehends dicker und wollte gar nicht' aufhören zu wachsen,
und nimmer war so eine gesehen worden. Zuletzt war sie
so groß, daß man sie auf einen Wagen laden mußte,
um sie vom Platze zu bringen. Der Bauer wußte nicht, was
er damit anfangen sollte, und ob's sein Glück oder Unglück
wäre. Endlich dachte er: „Verkaufst du sie, was wirst
du Großes dafür bekommen ? Und willst du sie essen, so
thun die kleinen Rüben denselben Dienst. Am Besten ist's,
du bringst sie dem König und machst ihm eine Verehrung
damit." Also lud er die Rübe auf den Wagen, brachte
sie an den Hof und schenkte sie dem König. „Ei," sagte
der König, „was ist das für ein seltsam Ding? Mir ist
viel Wunderliches vor die Augen gekommen, aber so ein
Ungethüm noch nicht! Aus was für Samen mag die ge-
wachsen sein? Oder dir geräth's allein, und du bist ein
Glückskind." — „Ach nein," sagte der Bauer, „einglücks-
kind bin ich nicht! Bin nur ein armer Kriegsmann, der
sich nicht mehr nähren konnte; darum hing ich den Kriegs-
rock an den Nagel und baute das Land. Ich habe noch
einen Bruder, und der ist reich, und euch, Herr König,
wohl bekannt; ich aber habe nichts und bin von aller Welt
vergessen." Da empfand der König Mitleid mit ihm und
sprach: „Von deiner Armuth sollst du befreit und so von
mir beschenkt werden, daß du wohl deinem reichen Bruder
gleichkommst." Da schenkte er ihm viele Aecker, Wiesen
und Herden und machte ihn so reich, daß des andern
Bruders Reichthum gar nicht konnte damit verglichen wer-
den. Als dieser hörte, was sein Bruder mit einer ein-
zigen Rübe erworben hatte, beneidete er ihn und sann hin
und her, wie er sich auch ein solches Glück zuwenden
könnte. Er wollte es aber noch viel gescheidter anfangen,
nahm sechs außerordentlich schöne Pferde und brachte sie
dem König und meinte nicht anders, als dieser würde
Mcher's Lesestücks. 3
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
70
Ich bin ein alter Mann und lebe
’x\«kjöcn meinem Gnadensold,
,Jr' Wein den Pfeifenkovf, den gebe
' )ch- nicht für alles Gold.
Hört nur! Einst jagten wir Husaren
Den.-Feind nach Herzenolust;
Da schoß ein Hund von Ianitscharen
Den Hmptmaun in die Brust.
Ich hob ihn flugs auf meinen Schimmel —
Er hatt' es guch gethan —
Und trug ihn- sanft aus dem Getümmel
Zu einem Edelmann.
Ich pflegte sein. Vor seinem Ende
Reicht er mir all sein Geld
Und diesen Kopf, drückt mir die Hände
Und blieb im Tod noch Held.
Das Geld mußt du dem Wirthe schenken
Der dreimal Plündrung litt.
So dacht ich, und zum Angedenken
Nahm ich die Pfeife mit.
Ich trug auf allen meinen Zügen
Sie wie ein Heiligthum,
Wir mochten weichen oder siegen
Im Stiefel mit herum.
Vor Prag verlor ich auf der Streife
Das Bein durch einen Schuß,
Da griff ich erst nach meiner Pfeife
llnd dann nach meinem Fuß.
„Ihr rührt mich, Freund, fast bis zu Zähren.
O sam wie hieß der Mann,
Damit auch mein Herz ihn verehren
Und ihn beweinen kann."
Man hieß ihn nur den tapfern Walter,
Dort lag sein Gut am Rhein.
„Das war mein Vater, lieber Alter,
Und-jenes Gut ist mein.
Kommt, Freund, ihr sollt bei mir nun leben;
Vergesset Eure Noth!
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
35
Ihr müßt ihn zieh'n und lenken.
So hat die Sonne nicht Verstand,
Weiß nicht, was sich gebühret;
Drum muß Wer sein, der an der Hand
Als wie ein Lamm sie führet.
Und der hat Gutes nur im Sinn,
Das kann man bald verstehen;
Er schüttet seine Wohlthat hin
Und lässet sich nicht sehen;
Und hilft und segnet für und für
Gibt jedem seine Freude,
Gibt uns den Garten vor der Thür
Und unsrer Kuh die Weide;
Sieht Alles, was ihr thut und denkt,
Hält euch in seiner Pflege;
Weiß, was euch freut und was euch kränkt,
Und liebt euch alle Wege.
Das Sterncnheer hoch in der Höh',
Die Sonne, die dort glänzet,
Das Morgenroth, der Silber-See,
Mit Busch und Wald umkränzet,
Dieß Veilchen, jener Blüthenbaum,
Der seinen Arm ausstrecket,
Sind, Kinder, seines Kleides Saum,
Das ihn vor uns bedecket:
Ein Herold, der uns weit und breit
Von ihm erzähl' und lehre,
Der Spiegel seiner Herrlichkeit
Der Tempel seiner Ehre;
Ein mannigfaltig groß Gebäu,
Durch Meisterhand vereinet.,
Wo seine Lieb' und seine Treu'
Uns durch die Fenster scheinet.
Er selbst wohnt unerkannt darin
Und ist schwer zu ergründen.
Seid fromm und sucht von Herzen ihn,
Ob ihr ihn möget finden!
54. Der nackte Sperling.
Eines Tages war Karoline auf dem Hofe und spielte.
Da bewegte sich Etwas nicht weit von ihr. Als sie näher
3*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
72
Endlich hörte er von einem Arzte, der hundert Stunden
weit von ihm entfernt wohnte, der wäre so geschickt, daß die
Kranken gesund würden, wenn er sie nur recht anschaue, und
der Tod ginge ihm aus dem Wege, wo er sich sehen lasse.
Zu dem Arzt faßte der Mann ein Zutrauen und schrieb ihm
seinen Umstand. Der Arzt merkte bald, was ihm fehle,
nämlich nicht Arznei, sondern Mäßigkeit und Bewegung,
und sagte: „Wart', dich will ich bald geheilt haben." —
Deßwegen schrieb er ihm ein Brieflein folgenden Inhalts:
„Guter Freund! Ihr habt einen schlimmen Umstand; doch
wird Euch zu helfen sein, wenn Ihr folgen wollt. Ihr habt
ein böm'thier im Bauch, einen Lindwurm mit sieben
Mäul/rn. Mit dem Lindwurm muß ich selber reden und Ihr
müßt zu mir kommen. Aber fürs erste dürft Ihr nicht fahren
oder auf dem Rößlein reiten, sondern auf des Schuhma-
chers Rappen; sonst schüttelt Ihr den Lindwurm, und er
beißt Euch die Eingeweide ab, sieben Därme auf^ einmal
ganz entzwei. Fürs andere dürft Ihr nicht mehr essen, als
zweimal des^Tagee einen Teller voll Gemüse, Mittags
ein Bratwürstlein dazu und des Abends ein Ei, und am
Morgen ein Fleischsüpplein mit Schnittlauch darauf. Was
Ihr mehr esset, davààrd nur der Lindwurm größer, also,
daß er Euch die Hmrerdiuckl, und der Schneider hat
Euch nimmer viel anzumessen^ aber der Schreiner (Tisch-
ler). Dieß ist mwßrglb, und wenn Ihr nicht folgt, so
hört Ihr im astveim^Frühsahr den Kuckuk nimmer schreien.
Thut, was Ihr wollt!"
Als der Patient W mit sich reden hörte, ließ er sich so-
gleich am andern Morgen die Stiefeln wichsen und machte
sich auf den Weg, wte ihm der Doktor befohlen hatte. Den
ersten Tag ging es so langsam, daß wohl eine Schnecke
hätte können sein Borreiter sein,- und wer ihn grüßte,
dem dankte er nicht, und wo ein Würmlein auf der Erde
kroch, das zertrat er. Aber schon am zweiten und am
dritten Morgen kam cs ihm vor, als wenn die Vögel schon
lange nicht so lieblich gesungen hätten wie heute, und der
Thau schien ihm so frisch und die Kornrose im Felde so
roth, und alle Leute die ihm begegneten, sahen so freundlich
aus, und er auch, und alle Morgen, wenn er aus der
Herberge ging, war's schöner, und er ging leichter und
munterer dahin; und als er am 18. Tage in der Stadt
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut]]
74
oder einbrechen und in dem reißenden Strom seinen Tod
finden.
Einst machten einige Reisende den Weg über die Al-
ven nach Italien und nahmen -sich einen 'Schweizer aus
der Gegend zum Wegweiser mit, der sie sicher über die
hohen Schnee- und Eisberge hinführte. Als er einmal
stille stand, wie um auszuruhen, sahen sie unvermuther
Thränen in seinen Augen. Sie fragten ihn nach der Ur-
iache , und da zeigte es sich, daß cs Thränen eines gerühr-
ten und dankbaren Herzens waren.
"Gottvergessen wäre ich," — sprach der Schweizer,
"wenn ich jemals vor dieser Stelle vorbeigehen könnte,
ohne mich dankbar an seine, mir hier erwiesene mächtige
Hülfe zu erinnern. Hier, liebe Herren, hier auf diesem
Berge, seht ihr dort in der Ferne jenen grauen Strich
auf dem Eise? Es ist ein Graben, einige Klaftern tief,
worin das Wasser stromweise unter der Schneedecke hin
schießt. Ihr denkt wohl, derjenige möchte ohne Rettung
verloren sein, dem der betrügliche Schein unter den Füßen
bricht und ihn in diesen fürchterlichen Schlund stürzt.
Nun, hier auf diesem Berge und in diesem Graben
sollte ich vor einigen Jahren mein Grab finden, wenn mich
nicht Gottes mächtiger Arne beinah durch ein Wunder
wieder aus demselben herausgezogen hätte.
Zwei Gefährten und ich jagten auf diesen Bergen den
Gemsen nach. Der Berg war mit frischem Schnee über-
deckt. Wir spürten eine Gemse ; als wir aber der Spur
zu hitzig nachfolgten, sank der lockere Schnee auf einmal
unter meinen Füßen ein. Schon war ich tief in den Eis-
schlund gesunken, als ich, noch meiner Sinne mächtig, die
Arme und die Schenkel im Niedersinken so weit als mög-
lich ausbreitete und mich dadurch au den beiden Eiswän-
den festhielt, so daß ich noch über dem Wasser schwebte.
Meine Gefährten hatten mich kaum aus dem Gesichte
verloren, als sie mir angstvoll zuriefen; und da sie hörten,
daß ich noch lebte, versprachen sie mir alles zu meiner
Rettung zu thun, was ihnen möglich wäre. Voll Verlan-
gen, mir zu helfen, liefen nun die Lieben fast jo schnell,
als«die Gemse, eine Meile weit bis zu der nächsten Hütte,
wahrend ich zwischen Furcht und Hoffnung, auf meine
ausgebreiteten Arme und Schenkel an den Eiswänden
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]