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1. Bis zum Interregnum - S. 23

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 23 — unsere Vorfahren frühzeitig schon in der Herstellung von Tonwaren, die allerdings ursprünglich auch vorwiegend weibliche Hausarbeit war. Man verstand mit der Hand Töpfe, Urnen, Krüge in mannigfacher Weise zu formen und durch leichte Einritzungen zu verzieren. Auch diese Erzeugnisse erfuhren durch die Bekanntschaft mit den Römern wesentliche Verbesserungen. Die Seele des germanischen Hauses war nach alledem vorwiegend die Frau. Eine vielseitige Wirksamkeit, die sich namentlich auf Beschaffung von Nahrung und Kleidung erstreckte, füllte ihr Dasein ans. g) Gastlichkeit, Spiel und Trank. Wenn nun auch das Haus das Arbeitsgebiet der Frau war, so war doch der Mann der Hausherr, und dieses Wort war ursprünglich gleichbedeutend mit Wirt. Gastfreundschaft zu üben, galt ihm als oberste Hansherrn-pslicht.' Da es besondere Gasthäuser nicht gab. bot jedes germanische Haus dem Fremden Herberge und Verpflegung. Wurde er rechtzeitig bemerkt, so geleitete ihn der Hausherr Über die Schwelle des Hauses. Ohne ihn nach Namen, Herkunft und Ziel seiner Wanderung zu fragen, pflegte man ihn, reichte ihm trockene Kleider, wies ihm einen Platz am Herd an und gab ihm vom besten Vorrat des Hauses. Dazu stand der Gast völlig unter dem Schutze des Hausherrn; niemand durste den Fremden ungestraft beleidigen. Sein Aufenthaltsrecht war unbeschränkt; wollte er aber aufbrechen, so erhielt er ein Gastgeschenk, und der Hausherr geleitete ihn auf den Weg zur nächsten Unterkunft ober führte ihn auch selbst dort ein. Daß sich der Germane als Hausherr fühlte, kam auch dadurch zum Ausdruck, daß er sich an häuslicher Arbeit nur wenig beteiligte. Wenn ihn nicht die Sorge um das Vieh zu den Herden rief ober wenn er nicht als Jäger den Wald durchstreifte, so lag er auch gern daheim aus der Bärenhaut und pflegte der Ruhe. Man hat daher oft die Trägheit als üble Eigenschaft der alten Germanen hervorgehoben. Aber das Liegen auf der Bärenhaut Beruhte nicht auf Trägheit, sondern auf der Anschauung, daß häusliche Arbeit keine der Würde des Mannes entsprechende Tätigkeit sei. Ein Leben der Arbeit wie in der Gegenwart kannte man eben noch nicht. Die Germanen waren noch zu sehr Naturmenschen und dachten nicht tiefer über das Leben nach, und schwere Lebenssorgen waren ihnen fremd; aber trotzdem war Trägheit nie das Ideal germanischen Lebens, es galt im Gegenteil als höchstes Gebot, die Kräfte zu stählen, und zu würdiger Tätigkeit zeigte der Ger-

2. Bis zum Interregnum - S. 37

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 37 — und überließen die leeren Gehöfte den Feinden zur Plünderung. Wenn die Römer durch endlose Züge bei mangelhafter Verpflegung ermüdet und vielleicht gar in einen Hinterhalt geraten waren, wurden sie, wenn sie ihr Heer nicht in Schlachtordnung aufstellen konnten, angegriffen. Dann trug die körperliche Überlegenheit der Germanen und die Vertrautheit mit der Eigenart ihres Landes gar oft über die Römer, deren Kriegskunst unter solchen Umständen versagte, den Sieg davon. Feste Städte belagerten die Germanen nicht; hierfür war ihr heldenmütiges Anstürmen und ihre wilde Kampfeslust nutzlos. Sie achteten Befestigungen überhaupt gering; sie lernten solche erst von den Römern kennen, weswegen auch Bezeichnungen wie Wall und Mauer deren Sprache entlehnt sind. Die ersten germanischen Befestigungen waren Waldverhaue zum Schutze der Fluren und gegen feindliche Überfülle. Man erkannte jedoch bald, daß im Kampfe namentlich Höhen Schutz boten; daher ist das Wort bergen in der Bedeutung von schützen entstanden. Nachteilig war den Germanen bei der Kriegführung der Mangel militärischer Schulung. Darum trateu zahlreiche germanische Jünglinge in römische Kriegsdienste, um von ihren Gegnern Kriegskunst zu erlernen. Ein Hindernis nachhaltiger Erfolge war ferner ihre politische Zerrissenheit und die Abneigung gegen militärische Unterordnung. Erst nach jahrhundertelangem Ringen lernten sie, daß Einigkeit stark macht. e) Gefolgschaft. Verwandt mit dem Heeresdienst war das Gesolgswesen. Es bestand in einem engen Dienst- und Treuverhältnis zwischen einem Führer und seinen Mannen, die sich jenem zu treuem Dienst verpflichteten. In öffentlicher Versammlung erbot sich z. B. ein Fürst als Führer für ein kriegerisches Unternehmen und forderte tatenlustige Männer zur Heerfahrt auf. Sofort wurde die Teilnahme versprochen, und das gegebene Wort durfte uicht gebrochen werden. Wer es tat, galt als Verräter und war ehrlos. Das Treuverhältnis, das so entstand, galt aber in vielen Fällen nur für das geplante Unternehmen, es hörte mit Beendigung der Heerfahrt auf. Enger war das Treuverhältnis der Gefolgschaft, wie es sich etwa in der Zeit nach Christi Geburt entwickelte. Die Gefolgsleute traten völlig in die Hausgenossenschaft des Herrn ein. Das stellte an die Leistungsfähigkeit des germanischen Hauses hohe Anforderungen. Infolgedessen konnten sich in erster Linie nur

3. Bis zum Interregnum - S. 88

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
Gebiet nur von Goten bewohnt wurde; von jedem römischen Gnte war vielmehr der dritte Teil je einer gotischen Familie zu-geteilt. Infolgedessen waren sie über das ganze Land verteilt. In den Händen der Römer lag namentlich die Gewerbtätigkeit und der Handel, ein großer Teil trieb Landwirtschaft. Doch herrschten darin insofern ungesunde Verhältnisse, als das Land einer Anzahl von Großgrundbesitzern gehörte, denen die abhängige Bauernbevölkerung gegenüberstand. Mit der Ansiedelung der Goten begann zwar eine Austeilung der großen Güter, so daß die Germanen eine Art Mittelstand bildeten, aber ein Ausgleich der scharfen Gegensätze war leider so rasch nicht möglich. Über beide Völker übte Theoderich alle Rechte der Staatsgewalt. Die 'altgermanische beratende und beschließende Volksversammlung kam wegen der weiten Zerstreuung der Goten in Vergessenheit, dafür stand dem König ein aus gotischen und römischen Herren gebildeter Staatsrat zur Seite. Seme Regierung nahm aber auf die Verschiedenheit der beiden Völker die größte Rücksicht. Theoderich übte die Staatsgewalt mit Weisheit, Gerechtigkeit und Milde, er hütete sich, die Goten zu Römern oder umgekehrt die Römer zu Goten machen zu wollen. Er ehrte Einrichtungen und Sitten der Römer, jedes Volk konnte seinem Rechte gemäß leben und wurde darnach gerichtet. Jeder Erlaß Theoderichs atmete Versöhnlichkeit und bekundete, daß die gotische Regierung nur den Frieden und die Wohlfahrt des Landes fördern wollte. Als gerechter Fürst duldete er keine Verschleppung von Rechtsstreitigkeiten und war eifrig darauf bedacht, daß niemand benachteiligt wurde. In den Ausgaben war er fparfam und brachte daher den Königsschatz zu ansehnlicher Höhe. Infolge seiner weisen Regierung erschien er als ein Nachsolger der römischen Kaiser und stand bei allen Germanenfürsten in hoher Achtung, und er war in der Tat bestrebt, den edelsten unter den römischen Cäsaren nachzueifern. Er legte auch die gotische Tracht ab und kleidete sich wie ein römischer Imperator. Seinen Gerechtigkeitssinn offenbarte er namentlich auch in religiösen Dingen. In der Christenheit stritten eine Zeit lang zwei Parteien über die Person Christi. Nach der Lehre des Athanasius wurde Christus als wahrer Gott, also als Gott wesensgleich bezeichnet, während ihn Artus nur als Gott wesensähnlich ansah. Seine Lehre wurde auf den Kirchenversammlungen

4. Bis zum Interregnum - S. 8

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
kommen lassen, so auch bei Erwähnung germanischer Körpergröße. Ihnen erschienen die Bewohner des Nordens auffallend groß. Die Germanen selbst legten auf hohe Gestalt besonderen Wert, wählten sie doch auch keinen zu ihrem Führer, der nicht die andern an Leibesgröße überragte. Die Kraft des Volkes zeigte sich vor allem in der starken Vermehrung. Ihre Ehen waren überaus kinderreich, und gering war die Sterblichkeit unter der Jugend. Krankheiten waren selten. Das Leben in der Natur, die fortgesetzte Bewegung im Freien, verbunden mit häufigen Leibesübungen, härtete die Germanen von Kindheit an ab und erhielt sie gesund. Die Volksvermehrung erregte wiederholt die Verwunderung der Römer, sie staunten über die Menschenmenge, die das nach ihrer Anschauung rauhe Land hervorbrachte. Hunderttausende, ja Millionen wurden in den Kämpfen mit deu Römern' vernichtet, allein in dem ersten Zusammenstoß mit ihnen, der reichlich 100 Jahre v. Chr. erfolgte, verloren wohl eine halbe Million ihr Leben. Zuweilen erschien ein Stamm fast ausgerottet, und doch war die Volkskrast unoertilgbar, oft schon nach einem Menschenalter wurde er durch seine Masse wieder furchtbar. Eiu Rest der geschlagenen Kimbern, 6000 Adnatuker, schlugen sich nordwärts und setzten sich unter den Velgen fest. Ein Menschenalter später, zur Zeit Cäsars, wurden aus ihrer Gau-stadt 59000 in die Sklaverei verkauft, und dennoch war das Leben des Stammes noch nicht gebrochen. Andere Stämme sind in der Tat völlig aufgerieben worden, ungezählte Scharen sind nach südlichen Ländern abgewandert und haben sie mit neuem Leben erfüllt; aber das germanische Volk wurde dadurch uicht geschwächt. Einem Volke von solch unverwüstlicher Kraft konnte das morsche Römerreich nicht widerstehen. Wenn wir nun auch die Germanen als ein Naturvolk bezeichnet haben, so waren sie doch keineswegs ohne Kultur. Wohl standen sie darin den Römern, die der damaligen Welt zuerst von ihnen Kuude gaben, nach; aber man fand doch bei ihnen die Anfänge einer gewissen staatlichen Ordnung, ein geordnetes Familienleben, Liebe zu friedlicher Arbeit, tiefes religiöses Empsinden. Nicht Scharen wilder Krieger waren sie, die nur plündernd und Beute suchend umherzogen. Weideplätze für ihre Herden und anbaufähiges Land begehrten sie. Man hat sie daher als ein Hirtenvolk bezeichnet, anderseits auch als ein Jägervolk, und doch trieben sie auch Ackerbau. Sie waren Hirten, Ackerbauer und Jäger zugleich.

5. Bis zum Interregnum - S. 42

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 42 — der Sippe, und durchs Los wurde jedem sein Teil zum Anbau zugewiesen. Wie im Frieden standen die Sippgenossen auch im Kriege zusammen, da war die Sippe die kleinste Heereseinheit. Auch über Eheverbindungen verhandelte sie. Ebenso wurden Streitigkeiten zwischen Angehörigen verschiedener Sippen durch die beiden beteiligten Sippen entschieden; denn durch eine dem einzelnen zugefügte Beleidigung wurde die ganze Sippe getroffen. Darum stand nicht der Kläger dem Angeklagten gegenüber, sondern Sippe gegen Sippe. War aber in solchen Fällen die Beilegung des Streites auf gütlichem Wege nicht möglich, so konnten nur die Waffen entscheiden; denn ein über den Sippen stehendes höheres Gericht gab es in der ältesten Zeit nicht. Infolgedessen bekriegten sich die Germanen so oft untereinander. Dem einzelnen gewährte aber die Sippe Schutz in allen Angelegenheiten, und man sollte meinen, daß deshalb die zugehörigen Glieder vor allem den Frieden unter sich zu erhalten gesucht hätten. Leider blieben aber auch innerhalb der Sippe die heftigsten Streitigkeiten nicht aus. Die bekannten Ursachen der Zwietracht, Habgier und Selbstsucht, waren auch den Germanen nicht fremd. Zwei streitende Gefippen aber dursten nicht zu den Waffen greifen. Das Oberhaupt der Sippe lud vielmehr die Männer zusammen, damit sie das Urteil fällten, und dem mußten sich die Streitenden unterwerfen, denn Unfriede innerhalb der Sippe sah man als das größte Unglück an. Aber bei dem ausgeprägten Selbständigkeitsgefühl ward es dem Germanen oft gar schwer, sich unter den Urteilsspruch zu beugen. Dann verließ er trotzig seine Heimat, sagte sich von der Sippe los und ging in die Fremde oder trat in römische Dienste. Dieses Freiheitsgefühl des einzelnen, die Abneigung gegen den staatlichen Zusammenschluß sind lange ein Charakterzug unsers Volkes geblieben. c) Völkerschaft und Völkerbündnisse. Dennoch machte sich auch frühzeitig das Bedürfnis größeren Zusammenschlusses geltend, namentlich zur Sicherung gegen elementare Gewalten und zum Schutz gegen feindliche Menschen. So entstand der Verband mehrerer Sippen, der militärisch auch als Hundertschaft erschien. Bei solchen Vereinigungen waren wahrscheinlich gegenseitige durch Verheiratung geknüpfte Beziehungen maßgebend. An die Stelle der Sippenverbände trat später, als die Germanen zu seßhaftem Ackerbau übergingen, der Gemeindeverband; denn das Nebeneinanderwohnen nötigte zu gemeinsamer Erledigung verschiedener Auf-

6. Bis zum Interregnum - S. 67

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 67 — erlangten sie durch Krieg oder Vertrag eine neue Heimat, so verteilten sie die Flur und ballten ihre Hütten. Dann lockten sie nicht selten ihre Stammesgenossen aus der alten Heimat nach, zum mindesten blieben sie mit ihnen in enger Verbindung. Zuweilen lösten sich ans der neuen Heimat später neue Auswandererscharen ab, und so zerfiel dann nicht selten ein Volk in drei und mehr Teile, die in verschiedenen Gebieten heimisch waren. So trat in der Wanderzeit eine große Zersplitterung der Völker eiu, die in ihre Geschichte vielfache Verwirrung gebracht hat, zumal die Auswanderer im neuert Lande zuweilen einen andern Namen annahmen. Nicht immer aber führte der Wanderzug zu einem glücklichen Ende. Gar manche Scharen wurden durch den Widerstand, den sie fanden, aufgerieben, und ganze Stämme find daher untergegangen. Übrig gebliebene Haufen irrten dann als Flüchtlinge umher, bis sie ein anderes Volk fanden, das sie aufnahm und mit dem sie verschmolzen. Seit dem Jahre 400 nahmen die Wanderungen einen anderen Charakter an. Nicht nur der Überschuß eines Volkes war es mehr, der Ackerland und eine neue Heimat suchte, sondern ganze Völker brachen aus ihren Wohnsitzen auf, und ihre Wanderungen waren Eroberungszüge. Die Überzeugung von der Schwäche des römischen Reichs weckte die Lust, die Herrschaft auszubreiten und Beute zu erlaugeu. Dabei machten sie sich zu Herreu der römischen Gebiete, wobei freilich ihre eigene Kraft rafch zerfiel. Solche Eroberungsfahrten waren namentlich die Züge der Ost-germanen. d) Liebe zur Heimat. Bei aller Wanderlust fehlte unsern Vorfahren doch nicht die Liebe zur Heimat. Mit ihrem Gehöft, mit ihren Herden, mit ihren Fluren und ihrem Wald waren sie auss innigste verwachsen. Dort fühlten sie das Wirken ihrer heimischen Götter. Wenn daher der Überschuß der Bevölkerung zur Auswanderung gezwungen war, so sicherten sich die Fortziehenden das Anrecht ans den heimischen Boden, damit sie jederzeit zurückkehren könnten. Von den Wandalen war ein Teil in Schlesien zurückgeblieben. Als sie erfuhren, daß die Ausgewanderten Afrika erobert hätten, hielten sie diese für versorgt, suchten aber doch in aller Form das ausschließliche Eigentumsrecht am heimischen Boden zu erwerben, schickten deshalb eine Gesandtschaft 5*

7. Bis zum Interregnum - S. 76

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 76 - an zu verfallen. Wasser und Frost zerstörten die Wälle. Von den Kastellen und Türmeu wurden Steine gebrochen und ander-weit verwendet, das Holz der Wachthäuser vermoderte. Das Land am Limes und rechtsseitige Gebiete der Donau mußten den Germanen überlassen werden. Am Rheine, wo Franken und Alamannen tief nach Gallien vordrangen, gelang es den Römern, 357 in der Schlacht bei Straßburg noch einmal die Feinde zurückzudrängen. Es war der letzte große Sieg der Römer über die Germanen. Unter den Stürmen der Völkerwanderung war dann das römische Reich, das 395 in Ost- und Westrom zerfiel, den furchtbarsten Angriffen ausgesetzt. Dem oströmischeu Reiche gelang es, die einwandernden Germanen wieder auszustoßen und sich zu behaupten. Westrom aber brach zusammen. 476 setzte der Heerkönig Odwakar, der Führer der in römischen Diensten stehenden germanischen Söldner, den letzten Kaiser Angustulus ab, machte sich zum Herrn Italiens und verbat sich die Sendung eines Kaisers aus Ostrom. Die Kämpfe zwischen Germanen und Römern zeigen uns, wie ein junges Volk von unerschöpflicher Lebenskraft mit einer alternden Knltnrmacht um die Herrschaft rang. In den Germanen war ein großes Maß überschüssiger Kraft vorhanden, die nach Arbeit, nach Tätigkeit verlangte, und da zu friedlicher Arbeit das Land nicht Raum genug bot, wurde ihnen der Kampf aufgenötigt. Eiu gutes Stück herrlicher Kultur ist dabei zertreteu worden. Ein unnennbares Maß von Kraft ist in den Römerkriegen verbraucht und vernichtet worden. Eine halbe Welt hätten die Germanen bevölkern können, aber ungezählte Scharen, ganze Volksstämme mußten zugrunde gehen, ehe die Germanen das Erbe des Altertums antreten konnten. Jo. Germanen und Römer im friedlichen Oerkehr. a) Früheste Einflüsse auf die germanische Kultur. Wichtiger als die feindseligen Zusammenstöße zwischen Römern und Germanen waren die friedlichen Beziehungen zwischen beiden Völkern und die Einflüsse, die dabei die römische Kultur aus die Germanen ausübte. Ehe aber die Römer auf unsere Vorfahren einwirkten, hatten diese schon aus den Berührungen mit anderen Völkern, namentlich den Kelten, vielfachen Gewinn gezogen. Wir erinnern

8. Bis zum Interregnum - S. 9

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 9 — Die Römer nannten sie Barbaren, und sie hatten Ursache, ihren wilden Blick und ihre wilde Kühnheit zu fürchten. Gewiß konnten die Germanen, wenn ihre ungebändigte Leidenschaft, ihre Wut hervorbrach, furchtbar* werden, und sie konnten dann alles, was ihnen feindlich war, mit der Vernichtung bedrohen, und doch blickten die Römer nicht mit Verachtung auf sie. Im Gegenteil, ihnen gefiel die germanische Stattlichkeit und die Reinheit ihrer Sitten, so daß sie sogar Wohlgefallen an ihnen fanden. Im germanischen Charakter paarte sich mit der trotzigen Kühnheit seelische Weichheit, die ein Ausfluß der Tiefe ihres Gemüts war. Die heute an den Deutschen vielfach zu beobachtende Gutmütigkeit und Vertrauensseligkeit, die von andern zuweilen als Schwäche ausgelegt worden ist, war schon den alten Germanen eigen. Gemüt verrieten sie in ihrer Liebe zur Natur. An dem Rauschen des Waldes, an dem Flüstern der Blätter, an allen Vorgängen in der Natur nahmen sie lebhaften inneren Anteil. Das lange Waldleben weckte die Regungen der Seele, belebte die Phantasie und vertiefte die Ehrfurcht vor höheren Wesen, die sie in der Natur als dunkle geheimnisvolle Kräfte sich wirksam dachten, weswegen sie an sie glaubten. So entwickelte sich in ihnen ein tiefes Innenleben, durch das die Deutschen zum Volk der Dichter und Denker geworden sind, was ihnen anderseits aber auch die Bezeichnung der Träumer eingebracht hat. Das tiefe Innenleben hatte jedoch auch eine gewiffe Verschlossenheit, ein Fürsichsein zur Folge, was sie hinderte, sich zu einem großen Ganzen zusammenzuschließen und zu der verhängnisvollen politischen Zersplitterung führte. Gemüt verrieten die Germanen vor allem durch den Sinn für die Häuslichkeit und für das Familienleben; der war in ihnen namentlich lebendig geworden wegen des rauhen Klimas ihres Landes, das sie mehr ans Haus bannte als die Bewohner des warmen Südens. So war die Natur des Landes von großen Einfluß aus die Kraft und den Charakter der Germanen. In ihm waren die stärksten Gegensätze vereinigt, wilde Kühnheit und zügellose Leidenschaft einerseits, Weichheit und tiefes Gemüt anderseits. Wenn darin auch ein Zeichen der niedrigen Kulturstufe, auf der unsere Vorfahren damals standen, zu erblicken ist, so sind sie doch als Eigenart deutschen Wesens bis heute nicht ganz verschwunden. — Wir werden im weiteren Gelegenheit haben, die verschiedenen Eigenschaften des germanischen Volkes noch näher kennen zu lernen.

9. Bis zum Interregnum - S. 68

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 68 — nach Afrika und baten die dortigen Wandalen, auf das Eigentumsrecht zu verzichten. Man war geneigt, diesem Wunsche zu willfahren; aber ein alter Häuptling erhob Einspruch und erinnerte an die Vergänglichkeit und den Wechsel aller irdischen Dinge. Infolgedessen verzichteten sie trotz der großen Entsernuug nicht aus das Eigentumsrecht am heimischen Boden. — Als Alboin die Langobarden nach Italien führte, schloß sich ihnen ein Sachsenvolk aus der Gegend des jetzigen Halberstadt an. Auch dies sicherte sich vor dem Auszuge das Recht au der Heimat. Nach vier Jahren kehrten die Auswanderer zurück, fanden aber ihre verlassenen Gebiete von Sweben besetzt. Diese erkannten das Recht der Sachsen an und boten ihnen nach germanischer Sitte zuerst ein, daun zwei Drittel des Bodens an, aber die Heimkehrenden forderten das ganze Land. Infolgedessen kam es zum Kampfe, in dem so viele vernichtet wurden, daß beide Völker nebeneinander Raum fanden. Diese Beispiele lassen erkennen, wie die Auswanderer sich niemals völlig von der Heimat lossagten und wie hoch sie den Besitz von Land schätzten, und das ist wiederum ein Beweis, daß sich das Leben der Germanen seit Jahrhunderten vorzugsweise um Feldbau und Viehwirtschaft drehte. % Die Germanen im Kampfe mit den Römern. Infolge der Wanderungen kamen die Germanen in vielfache Berührung mit den Römern und der südländischen Kultur, und wie die Bildung des einzelnen Menschen zum großen Teil auf dem Umgang mit andern beruht, so werden auch die Völker durch gegenseitigen Verkehr in ihrer Entwicklung gefördert. Darum war das Zusammentreffen mit den Römern für die Germanen von großer Bedeutung. Die Berührungen zwischen beiden Völkern waren doppelter Art. Germanische Jugendkraft maß sich mit römischer Kriegskunst in furchtbaren Kämpfen, und daneben entwickelte sich zwischen den grundverschiedenen Nationen ein reger friedlicher Verkehr. Wir lernen zuerst die Germanen im Kampfe mit den Römern kennen. a) Erster Zusammenstoß. Aus dem Duukel, das über der germanischen Welt lag, traten zuerst die Kimbern heraus, als sie im Jahre 113 v. Chr. in den Ostalpen, im Gebiet des heutigen

10. Bis zum Interregnum - S. 77

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 77 — uns dabei daran, daß man die früheste Zeit menschlicher Kultur als die Steinzeit bezeichnet, da man zu Geräten und Waffen außer Knochen vorzugsweise Steine verwendete, zuerst in roher, nur gesplitterter Form. Später lernte man sie zur Gewinnung brauchbarerer Formen aber auch schleifen und durchbohren, um einen Stiel daran zu befestigen. Einen wichtigen Fortschritt bedeutete es, als man darauf zur Bearbeitung und Verwendung von Metallen überging, und so folgte auf die Steinzeit die Met allzeit. Zuerst verwertete man das Kupser, aber ehe es sich allgemein einbürgerte, gelangte die Bronze, eine Mischung von 9 Teilen Kupfer und einem Teil Zinn, zur Herrschaft. In dieser Form wirkte das Metall umgestaltend auf menschliche Einrichtungen. Als Bronze führte es sich im Norden Deutschlands, überhaupt Europas ein und blieb dort längere Zeit vorherrschend als im europäischen Süden. In den Ostseeländern entwickelte sich daher im 1. Jahrtausend v. Chr. eine vielseitige Bronzekultur. Ihre Träger waren die Germanen. Unterdessen erschien in Südeuropa das Eisen, das im 2. Jahrtausend v. Chr. bereits in Mesopotamien und Ägypten bekannt war. So begann für die europäische Kultur die E i s e u z e i t, in der man vielfach eine Hallstadt und eine La -Tqne - Periode unterscheidet. Jene, nach den reichen Funden auf dem Gräberfelde am Hallstatter See im Salzkammergut benannt, kennzeichnet sich als eine Mischkultur, indem bei vervollkommneter Bearbeitung der Bronze gleichzeitig das Eisen mitverwendet wurde. An ihr hatten teil die Griechen, Italiker, Etrusker und Kelten. Bei den Griechen und Römern entwickelte sie sich in raschem Fortschritt zu größter Vollkommenheit. Irrt weiteren Verlause trat die Bronze mehr und mehr zurück, das Eiseu gewann die Oberhand. Die Erzeugnisse dieser Art hat man nach den Funden bei La Tene am Neuenburger See als La-Tene-Kultur bezeichnet. Sie führte zugleich zur Verbesserung der Töpferei; denn man lernte das Emaillieren und verwendete die Drehscheibe. Bemerkenswert ist an ihr noch das Aufhören der Pfahlbauten. Das Gebiet ihrer Verbreitung umfaßte das Alpenland, Westungarn, Böhmen, Mähren, Oberdeutschland und das nordöstliche Frankreich. Ihre Träger waren vorzugsweise die in den genannten Gebieten wohnhaften Kelten. Sie hatten bei ihrer lebhaften Auffassungsgabe von der Mittelmeerkultur frühzeitig Gewinn gezogen, wurden auch fortgesetzt von Süden her beeinflußt
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