42
Erster Abschnitt.
nenié völlig unbekannt. Kein Völkerstamm wußte
die Vortheile zu benutzen, welche die Natur auch
in dieser Hinsicht dargeboten hatte. Zwei Arten em¿
heimischer Rinder weiden in den Grasfluren von
West-Canada, und um die kolossalen Trümmer des
Azteken-Pallastes, der, ein amerikanisches Pal-
myra., sich verlassen in der Einöde am Gyla-Flusse
erhebt. Der langhörnige Mouflon, der Stammva-
ter- des Schaafes, schwärmt auf den dürren und
nackten Kalkfelsen von Californien umher. Der süd-
lichen Halbinsel sind die kameelartigen Vicunnas,
di«? Alpacas und Lamas eigenthümlich. Aber ale
di ese nutzbaren Thiere haben, das Lama abgerechnet,
Jahrtausende lang ihre natürliche Freiheit bewahrt.
Denn Genuß von Milch und Käse ist, wie der Besitz
und die Kultur mehlreicher Grasarten, ein charak-
teristisches Unterscheidungszeichen der Nationen des
alten Welttheils. — Blieb das Hirtenleben, diese
wohlthätige mittelste Stufe, welche nomadische Jä-
ger-horden an den grasreichen Boden fesselt, und
gleichfalls zum Ackerbau vorbereitet, den Urvölkern
Amerikas unbekannt; so liegt in dieser Unbekar.nt-
fchafr selbst der Grund von der Menschenleere der
Südamerikanischen Steppe. Desto freier haben sich
m ihr die Naturkräfte in mannichfaltigen Thierge-
stalten entwickelt; srei, und nur durch sich selbst
beschränkt, wie das Pflanzenleben in den Wäldern
am Orinoco, wo dem riesenstämmigen Lorbeer nie
die verheerende Hand des Menschen, sondern nur
der üppige Andrang schlingender Gewächse drohet.
Agutis, kleine buntgefleckte Hirsche, gepanzerte
Armadillo, welche rattenartig den unterirdischen
Haasen in ferner Höhle aufschrecken; Heerden trä-
ger Chiguires, schön gestreifte Viverren, welche
die Luft verpesten; der große ungemähnte Löwe;
brasilianische Tiger, die den jungen selbst erlegten
Stier am Hügel aufwärts schleppen — diese und
viele andere Thiere durchirren die baumlose Ebe-
ne. — Fast nur ihnen bewohnbar, hätte sie keine
der nomadischen Völkerhorden, die ohne dies (nach
indischer Art) die vegetabilische Nahrung vorziehen-
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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Extrahierte Ortsnamen: West-Canada Gyla-Flusse Californien Amerikas Orinoco
Natur- und Länderbeschreibung. 45
fesseln können, stände nicht hie und da die Facher-
Palme zerstreut umher. Weit berühmt sind die Vor-
züge dieses wohlthätigen Lebensbaumes. Er allein
ernährt am Ausflüsse des Orinoco die unbezwungne
Nation der Guaraunen. Hängematten, ausüben
Blattstielen dieser Palme gewebt, spannen sie künst-
lich von Stamm zu Stamm, um, wahrend in der
Regenzeit das Delta überschwemmt ist, nach Art der
Assen auf den Daumen zu leben. Diese schweben-
den Hütten werden theilweise mit Letten bedeckt.
Auf der feuchten Unterlage schüren die Weiber zu
häuslichen Bedürfnissen Feuer an. Wer bei Nacht
auf dem Flusse vorüber fahrt, sieht die Flammen
hoch in der Luft. Die Guaraunen verdanken die
Erhaltung ihrer Unabhängigkeit dem lockeren Moor-
boden, über den sie leichtfüßig fortlaufen, und ih-
rem Aufenthalt auf den Baumen, dieser hohen Frei-
statt, welche sie vor jedem Angriff sichert.
Aber nicht bloß sichere Wohnung, auch mannich-
faltige Speise gewährt diese Palme. Ehe auf der
männlichen Panne die zarte Blüthenscheide aus-
bricht, enthält das Mark des Stammes ein sago-
artiges Mehl, welches in dünnen brotartigen Schei-
den gedörrt wird. Der gegohrne Saft des Baumes
ist der süße berauschende Palmenwein der Guarau-
nen. Die frischschuppigten Früchte, welche röth-
lichen Tannenzapfen gleichen, geben, wie Pisang
und fast alle Früchte dieses Himmelsstrichs, eine
verschiedenartige Nahrung, je nachdem man sie nach
völliger Entwicklung ihres Zuckerstoffes, oder früher
im mehlreichen Zustande genießt. So finden wir
auf der untersten Stufe menschlicher Geistesbildung
(gleich dem Infekt, das auf einzelne Blüthentheile
beschränkt ist) die Existenz eines Völkerstammes an
einen einzigen Baum gefesselt. Seit der Entdeckung
-es neuen Continents ist dir Ebene dem Menschen
bewohnbar geworden. Um das Verkehr zwischen
-er Küste und der Guayana zu erleichtern, sind selbst
hie und da Städte an den Steppenflüffen erbaut.
Fern von ihnen hat überall Viehzucht in dem uner-'
westlichen Raume begonnen. Tagereisen von ein-
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Lzs
I
Achter Abschnitt.
sowohl, als der Herr Christus selbst/ so stehest du
doch, daß er selbst in Len Tempel ging zu beten, und
mit seinen Schülern Gottes Wort zu treiben. Darum
sollst du viel weniger müde werden, weil du es ohne
das so herzlich wohl bedürfest Wider den Teufel und
alle Anfechtung.
V. Martin Luther.
Zweite Abtheilung.
Kleine Abhandlungen.
i. Die Tugenden de« heidnischen Alterthum-.
Nie Heiden, wenigsten- die Weiften unter ihnen,
sahen wohl, daß der Satz: nur das Ehrbare ist
nützlich, worauf sich alle Tugend gründet, seine
Wahrheit nur in einer Welt haben könne, worüber
ein vollkommenstes Wesen waltet, und daß der be-
ständige Vorzug der Tugend, ohne den Glauben an
die Regierung des höchsten Wesens und einen künf-
tigen Zustand der Vergeltung, nicht könne evident
gemacht werden.
Allein außerdem, daß die heidnischen Religio-
nen verschiedne Tugenden nicht ganz ohne Unterstü-
tzung ließen, fanden sie auch in andern öffentlichen
und besondern Einrichtungen bei den heidnischen
Völkern Beförderung. Erziehung, Gesetzgebung
und politische Verfassung zielten ln den^ meisten
Staaten des Alterthums dahin ab, die Bürger z«
allen Arten bürgerlichen Lugenden zu bilden. —>
Die Beispiele von Mäßigkeit, Klugheit und Groß-
muth, die bei den alten Völkern so gemein waren,
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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54o Achter Abschnitt.
Achtung für Reichthum die prachtlosen Wohnungen
md)t befleckten, der Patriot noch von einem Gerichte
Rüben ein vergnügtes Mahl halten konnte, so lange
er noch seine Feit zwischen der Arbeit des Landbaues
und den bürgerlichen Sorgen theilte, beim Pfluge
sich den Schweiß abtrocknete, um den Purpur zu
nehmen: so lange war ihm das hohe Bild des Va-
terlandes noch entzückend, der Name eines tugend-
haften Bürgers noch ehrenhaft, so lange die eheliche
Treue unverbrüchlich, die väterliche Liebe ein ange-
nehmer Genuß, und die kindliche Ehrfurcht ein frei-
williges Opfer, das die Dankbarkeit der wohlthä-
tigen Weisheit brachte, so lange waren Betrug und
Hinterlist, häusliche Zerrüttungen, und Trennungen
des ehelichen Bundes noch etwas unerhörtes.
Nicht anders als diese Tugenden kann auch die
freien Staaten, die wir in dem Alterthume bewun-
dern, auf den Gipfel des Ruhmes gebracht und so
lange darauf erhalten haben. Die freien Burger
derselben, die nicht durch die Furcht vor einem ein-
zigen oder mehreren Beherrschern zu einem gemein-
samen Fiel getrieben wurden, deren Thätigkeit durch
nichts, als durch eigne Wahl und Ueberzeugung,
bestimmt und gelenkt wurde, mußten beständig w
dem Anschauen des allgemeinen Besten erhalten wer-
den, und in lauter Aufopferungen für dieses allge-
meine Beste ihr Leben zubringen.
Man kann kaum begreifen, wie man Menschen
mit solchem Geiste und Gesinnungen hat verachten
und verdammen können. Aber das richten lang ge-
nährte Vorurtheile endlich aus. Ohne diese wurde
man in den Bürgern der Vorwelt eben dieselbe Bil-
dung des Geistes erkennen, die dem Meüschen we-
sentlich ist, und die, wenn sie ihre natürliche Ent-
wicklung erhält, nicht anders als würdig und rich-
tig seyn kann. Diese aber kann ihm auch in dem
Anfange der bürgerlichen Gesellschaften nicht feh-
len, wenn zwar noch der Wirkungskreis des neuen
Bürgers von geringem Umfange ist, wenn aber
auch die Sorge für sein kleines und um desto gelieb-
teres Vaterland, nebst der Sorge für fein Hau- J
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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376 Achter Abschnitt.
Jahrhunderten war: zu offenbar sind Brandenburgs
erhabne Fürsten von der Vorsicht ausgerüstet gewe-
sen zu großen Dingen, und dann von eben dieser
Vorsicht begünstigt, beschützt, erhöht; ihre Größe
und ihre Verdienste selbst müssen uns zu Gott hin-
führen. Laßt uns also auch hier nicht als Heiden,
'von Schicksal und Glück, von Ohngefahr und Zu-
fall reden; sondern als Christen sprechen: der Herr
erhöhet und erniedriget; sein i|i Weisheit und Rath
und Stärke; Er hat Großes gethan an unserm
Könige l
Und mit eben dieser Gott die Ehre gebenden
Gesinnung wollen wir nun auch der Tugenden und
löblichen Eigenschaften gedenken, durch welche des
Königes Name der ganzen Welt so ehrwürdig, und
uns so unschätzbar theuer geworden ist. Könnten
wir es vergessen: wie sanft und gelinde er regiert
hat; wie leichten Zugangs er auch dem Niedrigsten
im Volke war; wie treu und geduldig er seine kö-
niglichen Pflichten erfüllt; wie er sich in seinem
Berufe verleugnet, und das Vergnügen nie seiner
Pflicht vorgezogen hat; wieder alle seine Geschäfte
mit einer so bewundernswürdigen Ordnungsliebe
verwaltet; wie er nie Ungemachllchkeit, Beschwerde,
Ermüdung, Gefahr gescheut hat, überall zu seyn,
wo seine Gegenwart nöthig war; wie er in Arbeit-
samkeit und Fleiß so beharrlich, so musterhaft groß
war — daß in seiner langen Regierung alles seine
bestimmte Zeit und Stunde hielt; und der Lauf aller
Bewegungen des Scaatskörpers, wie der Lauf der
Gestirne, durch ihn bestimmt und gelenkt, in unver-
rückter Ordnung von einem Jahre zum andern fort-
ging; ja, daß er auch dann nicht nachließ, seines
Amtes zu warten/ da schon die Last seines ruhm-
vollen Alters ihn niederdrückte, und Krankheit und /
Schmerz ihn von aller Anstrengung rechtmäßig frei-
sprachen^ Die Ruhe und Muße und Erholung, die
auch der geringste Bürger sich erlaubt, die hat er
sich nicht gestartet, und auch die letzten wenigen
Kräfte seines irdischen Lebens, auch die hat er ganz
dem
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Natur- und Länderbeschreibung. 25
Bezaubernd war ihnen der Anblick dieses einzigen
Landes. Gleich einem Paradies lag hier unter ih-
rem Blicke ein festes Thal, fast 6 Meilen breit, von
Hellen Bachen durchschnitten, die sich zu einem Flusse
vereinigten. So wert ihr Auge nur reichte, zeigten
sich reich bebaute Felder; sie wechselten mit Wiesen,
begrqseten Hügeln, mit lebendigen Hecken, Garten,
Meierhöfen und ganzen Dörfern ab. Diese reizende
Aussicht beschloß dann die Stadt Quito. Die mil-
deste, heiterste Luft kündigte hier einen der schön-
sten Theile vom südlichen Europa an. Allein man
sahe die Produkte aller Jahreszeiten und aller Welt-
theile. Ununterbrochen paart sich hier der Früh-
ling mrt dem Herbste. Zu jeder Zeit tragt der Baum
junge Blatter, Knospen, Blüthen und Früchte; an
einem und demselben Tage sieht man pflügen und ernd-
ten. Neben dem Zuckerrohr, dem Indigo und der
Baumwolle gedeihet hier hundertfältig tragender
Weizen Europens; der Pisang, die Citrone und die
Pompelmus prangt bei den schönsten Früchten von
Frankreich. — Richtet sich nun das Auge von die-
ser bezaubernden Scene in die Höhe, dann erst bil-
det sich daraus ein unbeschreiblich erhabenes Ganze.
Die Provinz Quito mit ihren 25 Kirchdörfern, mit
der von 30,000 Menschen bevölkerten Hauptstadt,
diese große 10,000 Fuß erhobene Ebene wird von
fast Meilen hohen Eisbergen umgürtet. Ihr Schnee
ist ewig, wie die Welt, aber mehrere ihrer Gipfel,
z. B. die des Pinchincha, Antisana, Sangai, Co-
topaxi speien Feuer und Dampf, stürzen den ge-
schmolzenen Schnee in Strömen herab, die da un-
geheure Vertiefungen bilden, und durch dies alles
vielartigen Boden und vielartige Klimate erzeu-
gen. — So umgrenzt hier der Winter den Früh-
ling und den Herbst; ein Amphitheater, das bei-
nahe alles Schöne, Herrliche und majestätisch Furcht-
bare der ganzen Erdoberfläche auf einmal darstellt.—
Freilich ist dies nur das Bild einer einzelnen Pro-
vinz des merkwürdigen Landes; kein Welttheil hat
indeß so etwas aufzuweisen, und zugleich steht das
übrige des großen Ganzen feinem ausgezeichneten
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile]]
Extrahierte Personennamen: Blatter
Extrahierte Ortsnamen: Quito Europa Frankreich Antisana Sangai
232. Das Jordanthal.
Der Jordan durchströmt das heilige Land von Norden nach
Süden und teilt es in zwei Teile. Seine Hauptquelle ist am
Libanon. Nach einem Laufe von anderthalb Stunden zwischen
reichen Getreidefeldern verbindet sich mit ihm ein kleiner Bach,
der kleine Jordan, an dem die alte Grenzstadt Dan gelegen war.
Von hier ab fließt der Jordan in den Mer om-See. Der Merom
ist im Frühlinge, wenn aus dem Libanon der Schnee taut, über
drei Stunden lang und zwei Stunden breit. Im Sommer
dagegen ist er ganz ausgetrocknet. Man bestellt dann in ihm
das Feld und erntet Reis. — Am Südende des Sees tritt der
Jordan wieder hervor; sein Lauf geht in raschen Strömen, und
sein getrübtes Wasser klärt sich bald ab. — Einige Stunden
südwärts geht der Jordan durch eine fruchtbare Ebene langsam
in den See von Genezareth. Dieser freundliche Landsee, welcher
auch das galiläische Meer oder der See von Tiberias genannt
wird, ist drei Meilen lang und bis anderthalb Meilen breit.
Er bildet eine der anmutigsten Gegenden des heiligen Landes.
Der Spiegel seiner dunkelblauen Gewässer blickt klar und glänzend
zwischen den Bergen hervor. Im Norden und Süden begrenzen
ihn fruchtbare Ebenen; im Osten und Westen dagegen umschließen
ihn Hügel und Berge von schönen Formen. Aus ihren Schluchten
treten rasche Bäche hervor und ergießen sich in das „Meer von
Galiläa." Zuweilen bringen plötzlich aus diesen Bergen hervor-
springende Zugwinde und Windwirbel das friedliche Gewässer in
wilden Ausruhr, wie damals, als der Herr aus dem Schisflein
schlief. Der Reichtum des galiläischen Sees an Fischen ist sehr-
groß, sein Wasser rein, kühl und süß, sein Grund und User-
sandig. An seinen Ufern gedeihen Datteln, Citronen, Pomeranzen,
Trauben, Melonen und Getreide. Dichter Baumwuchs mit Busch-
werk, Oleanderbäume und Saatfelder umkränzen das nordwest-
liche Ufer. Aus den Büschen ertönt das Lied der Drossel und
Nachtigall und aus den Felsenhöhlen von Magdala die Stimme
der wilden Taube.
In diesem gesegneten Seethale drängte sich sonst eine uner-
meßliche Volksmenge im rührigsten Verkehre. Blühende Städte
und Flecken, wie Kapernaum, Chorazin, Bethsaida, Magdala,
Tiberias samt ihren reizvollen Gärten, Feldern und Obsthainen
umgürteten den See. Gegen zwölshundert Fischer fanden hier
ihre Nahrung; drittehalbhundert Fahrzeuge durchkreuzten den
Wasserspiegel. Hier war der heitere, gesegnete Schauplatz der
Wirksamkeit des Herrn. Hier erwählte er sich die tüchtigsten
seiner Apostel; hier und im ganzen Umkreise dieser Gestade pre-
digte er von dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit; hier
heilte er viele, die von Krankheit und Seuche geplagt waren.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
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Extrahierte Personennamen: Jordan Tiberias Fischer Apostel
174
E. Geschichtliche s.
233. Grass an das
Gegrüfst, du Land der Treue,
du deutsches Vaterland!
Froh leist ich dir aufs neue
den Eid mit Mund und Hand.
Gegrüfst, du Land der Treue,
so reich an Korn und Wein!
O Wonne sonder Reue,
dein eigen stets zu sein!
deutsche Vaterland.
Gegrüfst, du Land der Treue,
mit Eichen frisch und grün!
O gieb, dass ich mich freue,
noch lang* an deinem Blüh'n!
Gegrüfst, du Land der Treue,
so stark in Zeit und Not!
Begehrst du mein, so scheue
ich Qualen nicht und Tod.
Gegrüfst, du Land der Treue,
das mir das Leben gab!
Von deinen Eichen streue
ein Blatt nur auf mein Grab!
234. Die alten Deutschen.
Um die Zeit der Geburt Christi war unser Deutschland
noch ein sehr rauhes, unwirtliches Land. Dichter Urwald bedeckte
den größten Teil des Bodens, und die gewaltigen Eichen, Buchen
und Tannen, aus denen er bestand, ließen die Strahlen der
Sonne nicht durchdringen und das Erdreich erwärmen und ab-
trocknen. Daher war das Land weit sumpfiger, rauher und un-
fruchtbarer als jetzt. Edle Obstarten und Weintrauben konnten
nicht gedeihen. Die gewöhnlichen Ackerfrüchte waren Gerste und
Hafer; auch wurde starker Flachsbau getrieben. Grasreiche Wei-
den nährten Rinder und Pferde in Menge; Viehbesitz war des
Deutschen einziger Reichtum. Im Dickicht der Wälder hauseten
viele wilde Tiere: Wölfe, Bären, Elentiere und riesige Auer-
ochsen, Städte gab es nirgends im Lande; denn so enges Zu-
sammenleben dünkte dem Volke beschwerlich. Es lebte in Dörfern
und einzelliegenden Höfen; Hütten aus Holz und Lehm, mit
Schindeln oder Stroh gedeckt, dienten ihm zur Wohnung.
Die alten Deutschen waren ein herrlicher Menschenschlag.
Groß und kraftvoll war ihr Körper, breit ihre Brust, ihr Auge
blau, ihr Haar goldgelb und lang herabfallend. Ihr ganzer
Sinn ging auf Kampf und kühne Thaten. Von Jugend auf
übten sie sich im Gebrauch der Waffen, im Kampfe mit wilden
Tieren. In Friedenszeiten war's vorzüglich die Jagd, welche
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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125
gesegnetsten Gegenden in dieser Beziehung gehören die Niede-
rungen der Memel und der Weichsel, die Warthe- und Oder-
brüche, die östliche Ebene zwischen dem Riesengebirge und der
Oder, die Marschländer in Oldenburg und den preußischen Pro-
vinzen Hannover und Schleswig-Holstein.
Unter den Boden erzen gnissen nimmt das Getreide den
ersten Platz ein. In den minder fruchtbaren Landstrichen sind
Roggen und Kartoffeln die Haupterzeugnisse, während die
besseren Gegenden viel Weizen hervorbringen. Flachs und Hans
wird namentlich in Westfalen und Schleswig angebaut, Raps
und Rübsaat überall da gezogen, wo die Fruchtbarkeit des
Bodens das Gedeihen dieser Ölfrüchte gestattet. Der Anbau von
Tabak beschränkt sich aus kleinere Bezirke, dagegen ist der
Hopfenbau in Baiern ziemlich ausgedehnt. Großen Umfang hat
in neuerer Zeit der Anbau der Zuckerrübe in Deutschland ge-
sunden. Der Obstbau wird am meisten und erfolgreichsten in
Süd- und Westdeutschland gepflegt, breitet sich jedoch immer
mehr nach Norden und Osten aus. Ergiebiger Weinbau wird
am Rhein, an der Mosel und am Main getrieben.
Die Viehzucht steht in vielen Gegenden Deutschlands in
erfreulicher Blüte. Die Pferdezucht ist am bedeutendsten in Ost-
preußen, wo die stattlichste und dauerhafteste Rasse gezogen wird,
sodann in Hannover und Holstein. Rinder gedeihen am besten
in Baiern, Ostfriesland und Schleswig-Holstein. Die meisten
und edelsten Schafe ziehen Schlesien, Sachsen, Brandenburg und
Pommern; doch hat die Schafzucht auch in andern Gegenden
Deutschlands einen sehr erheblichen Aufschwung genommen.
Bienenzucht wird namentlich in den Heidegegenden und Schlesien
fleißig betrieben. Flüsse und Seen sind reich an Fischen. An
den Küsten der Nord- und Ostsee leben vom Fischfang viele
Familien. Nadel- und Laubwälder bedecken etwa den vierten
Teil deß Bodens; die östlichen Gegenden sind daran reicher als
die westlichen, und können viel Bauholz in andere Länder,
namentlich nach England, verkaufen. — Auch im Innern der
Erde besitzt Deutschland große Reichtümer, namentlich an Eisen,
Steinkohlen und Salz, mit deren Gewinnung gar viele
Menschen in den Bergwerken, Hütten und Salinen beschäftigt
sind. Außerdem wird Zink, Kupfer und auch einiges Silber
gewonnen. Den schönen Bernstein gräbt oder fischt man an der
preußischen Ostseeküste, während nutzbare Steine, besonders
Granit, Sandstein, Kalkstein, Thonschiefer und Basalt fast
überallhin Westfalen und Schlesien auch Marmor sich findet.
— Die Fabrikthätigkeit ist am blühendsten den ganzen Nord-
saum des Gebirgslandes entlang. Sie verarbeitet sowohl ein-
heimische Rohstoffe, wie Eisen, Flachs, Wolle, Zuckerrüben, als
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark]]
Extrahierte Personennamen: Hans
Extrahierte Ortsnamen: Niede- Oldenburg Schleswig-Holstein Westfalen Baiern Deutschland Süd- Westdeutschland Rhein Main Deutschlands Hannover Holstein Baiern Ostfriesland Schleswig-Holstein Sachsen Brandenburg Pommern Deutschlands England Deutschland Westfalen
138
müßten im Gebrauch. An den Ufern der Flüsse breiten sich
häufig Lachen und Sümpfe aus, die durch Gräben zum Teil
trocken gelegt und für den Anbau gewonnen worden sind.
Der Hauptfluß der Provinz ist die Warthe, der größte
Nebenfluß der Oder. Sie ist die Schiffahrts- und Handels-
straße des Landes. Ihr wichtigster Nebenfluß ist die schiffbare
Netze, welche durch den Bromberger Kanal mit der Weichsel
in Verbindung steht. Kurz vor ihrem Austritt aus der Provinz
nimmt die Warthe die Obra auf, welche mit ihren zahlreichen
Quellflüssen und Armen die sumpfreichste Gegend durchfließt.
Die Weichsel berührt die Provinz auf eine kurze Strecke im
Nordosten.
Der meist lehmige und thonige Boden ist fett und feucht.
Am fruchtbarsten sind die entwässerten Bruchgegenden um die
Warthe und Netze. Nach der schlesischen Grenze zu ist viel
Sandboden. Das Land bringt soviel Getreide hervor, daß eine
Ausfuhr desselben stattfinden kann; auch Tabak, Flachs und
Hopfen wird gebaut. Einen großen Reichtum hat das Land an
Wäldern, welche Holz zur Ausfuhr liefern, während die
weiten, guten Wiesenflächen der Viehzucht besonders förderlich
sind. Schaf-, Pferde- und Rindviehzucht sind daher bedeutend.
An Mineralien ist die Provinz arm, denn außer Lehm, Thon
und Mergel liefert sie nur etwas Rasenerz und Braunkohlen.
An Gewerbthätigkeit und Fabriken fehlt es noch in den meisten
Gegenden. Der Handel ist ebenfalls nicht bedeutend, wird aber
durch die in der neuesten Zeit angelegten Eisenbahnen gehoben
werden.
Die Hauptstadt Posen, von welcher die ganze Provinz
ihren Namen hat, ist eine starke Festung, Sitz des Erzbischofs
von Posen und Gnesen und zählt 61,000 Einwohner. Von den
übrigen Städten sind noch zu merken: Bromberg — Frau-
stadt mit Getreidehandel — Lissa und Ra witsch mit Tuch-
fabriken — Gnesen mit einer uralten Domkirche, in welcher
die Gebeine des hl. Bischofs und Märtyrers Adalbert, Apostels
der Preußen, aufbewahrt werden. Nach Hafters u.«.
216. Die Provinz Pommern.
576 Ql.; 1,500,000 Einw.
Die Provinz Pommern ist ein Küstenland und wird im
Norden ihrer ganzen Länge nach, etwa 60 Meilen, von der
Ostsee bespült. Im Osten wird sie von Westpreußen, im Süden
von Westpreußen und Brandenburg, im Westen von Branden-
burg und Mecklenburg begrenzt. Sie ist zugleich das Mündungs-
land der Oder, welche die Provinz von Süden nach Norden
durchschneidet und mit ihren Mündungsarmen, der Peene,
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
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