174
A. Europa.
viele andre. Weiter östlich, im Lande unter der Ens, wird das
Gebirge milder, die Thäler weiter, und der Boden, wenn auch
nicht ausgezeichnet, gehört zu dem angebautesten in Deutschland.
Der letzte Zweig der norischen Alpen streckt sich als unbedeutendes
Kalkgebirge unter dem Namen Kahlenberg (Cefius) und
Wiener-Wald der Donau zu, wovon der äußerste Punkt der
Leopoldsberg bei Wien ist. Vom Böhmerwalde aus nähert sich
der M a n h a r d s b e r g der Donau am meisten. Außer den schon
genannten Flüssen, der Donau, Ens, Salzach und Inn, nimmt
die Donau hier noch den Traun auf, welcher durch 2 Seen, den
Hallstädter - und den Traunsee, strömt und einen berühmten 60 F.
hohen Wasserfall bei Lambach bildet. Die westlichen Gegenden
sind reich an schönen und großen Seen, wovon die vorzüglichsten
der Atter- oder Kammersee und der Traun- oder Gmündersee.
Das Klima ist mild aber veränderlich im östlichen, viel rauher
im westlichen Theile, wo, besonders im Salzburgischen, dercre-
tinismus häufig herrscht. Diese furchtbare Krankheit, deren leiseste
Spuren sich durch Anschwellen der Halsdrüsen und Kropfbildung
sehr häufig äußern und übrigens unschädlich sind, bei deren voll-
kommener Ausbildung aber der Mensch zum Thiere entartet, rohe
und plumpe Gesichtszüge, allgemeine Erschlaffung aller Muskeln,
einen oft bis auf die Brust herabhängenden Kropf, und gänzliche
Verftandeslosigkeit zeigt, so daß er ohne äußere Hülfe nicht ein-
mal Nahrung zu sich nimmt, kommt vorzüglich in den engen Thä-
lern der Schweiz, Savoyens und Salzburgs vor; es giebt ganze
Familien von Cretins oder Fexen; zuweilen aber erzeugen auch
übrigens ganz gesunde Eltern, neben mehreren ebenfalls gesunden
Kindern, einige solcher unglücklicher Wesen, welche zum Glück
der hier einmal wohlthätig wirkende Aberglaube als eine Art hei-
liger Wesen betrachtet und pflegt.
a) Im Lande unter der Ens, dem angebautesten und
betriebsamsten Theile der deutschen Provinzen, bemerken wir:
Wien (Vindobona, franz. Vienne), unter 48° 12' N.
Br., die alte Hauptstadt des Kaiserstaats, an der Donau, welche
hier den kleinen Fluß Wien aufnimmt. Ursprung und Alter der
Stadt sind ungewiß; denn keinesweges ist es ausgemacht, ob das
"Vindobona der Römer an der Stelle des heurigen Wien gele-
gen. Erst mit dem 12ten Jahrh, als die babenbergischen Herzöge
ihre Residenz von dem Kahlenberge nach Wien verlegten, erhielt
sie einige Bedeutsamkeit. Im 13een erhielt sie auf kurze Zeit vom
Kaiser Friedrich Ii. die Reichsfreiheit, verlor sie aber 1245 wie-
der und war seitdem oft die Residenz der östreichischen Herrscher,
seit Maximilian 1. aber der beständige Wohnsitz der deutschen Kai-
ser. Zweimal ward sie von den Türken vergebens belagert: 1529
wo Carl V. mit einem Reichsheere, und 1683 wo der König von
Polen Joh. Sobiesky sie befreite. Beide Male wurden die schon
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
Extrahierte Personennamen: Cretins Friedrich_Ii Friedrich Maximilian Maximilian Carl_V.
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Donau Wien Donau Donau Donau Lambach Schweiz Savoyens Salzburgs Wien Donau Wien Wien Wien Polen_Joh
Viii. Italien. Lombardisch-venez. Königreich. 301
Fußsteig, die Gassen ohne Kanäle sind vollends ganz außerordent-
lich enge, manche kaum 2 bis 3 F. breit. Ueber 400 Brücken ver-
binden die vielen kleinen Inseln, so daß man allenfalls auch zu
Fuß, aber mit vielen Umwegen überall hin gelangen kann. Ueber
den großen Kanal ist nur eine Brücke, der 1588 erbaute Hiisllo,
von weißem Marmor, welche einen einzigen Bogen von 90 Fuß
Weite bildet und von solcher Höhe, daß von jeder Seite 50 Stu-
fen hinaufführen; sie ist bedeckt und so breit, daß 2 Reihen Buden
darauf stehen, welche 3 Straßen bilden. Da es hier weder Pferde
noch Wagen giebt, noch geben kann, so sind die Gondeln, deren
Zahl sich an 9600 belaufen soll, das einzige Fuhrwerk. Sie sehen
sich alle gleich, sind etwa 30 F. lang, 4 bis 5 breit, haben in der
Mitte ein bedecktes Kabinet mir bequemen Sitzen und Fenstern oder
Vorhängen und sind alle schwarz angestrichen. Die Oondolieri
oder Barcaroli, welche sie mit unglaublicher Geschicklichkeit und
pfeilschnell leiten, waren ehemals als gute Sänger berühmt, und
pflegten meistens in der Stille der Nacht wechselsweise Stanzen aus
dem Tasso abzusingen, doch soll diese Sitte sich beinahe ganz ver-
loren haben. Das Wasser, womit Venedig und beinahe jedes ein-
zelne Haus umgeben ist, macht die Luft zwar feucht, doch nicht eben
ungesund, weil die Kanäle und selbst die Lagunen beständig vom
Meere aus in Bewegung gesetzt werden. Es ist nicht ungewöhnlich,
daß die Lagunen sich mit Eis bedecken, 1788 sollen sie sogar so fest
gefroren seyn, daß man zu Fuß nach dem festen Lande kommen
konnte. Der Mittelpunkt alles Lebens und aller Schönheit Vene-
digs ist der St. Markusplatz, Piazza di 8. Marco, im östlichen
Theile der Stadt. Er ist etwa 300 Schritt lang und verhältniß-
mäßig breit, mit schönen Quadern gepflastert, überall von herr-
lichen mit Bogengängen versehenen Gebäuden umgeben, und ist
wegen seiner Reinlichkeit und Pracht schon oft mit einem ungeheu-
ren Saale verglichen worden. Hier versammelt sich in den öffent-
lichen Kaffeehäusern und auf dem Platze selbst, besonders gegen
Abend, ein großer Theil der Einwohner, um spatzieren zu gehen
und sich zu erfrischen. Die wichtigsten daran stoßenden Gebäude
sind: die alte, ehrwürdige, nach byzantinischer Art mit 5 Kuppeln
versehene Kirche von 8. Marco. Sie wurde 976 angefangen und
1071 so wie sie jetzt ist, mit Mosaik an Fußboden und Wänden,
so wie mit vielen herrlichen Säulen und Kunstwerken aus Griechen-
land geschmückt. Sie hat 5 Eingänge neben einander, über dem
mittelsten stehen die so oft gewanderten und nun wieder zurückge-
kehrten ehernen Pferde, welche der Doge liándolo bei der Be-
stürmung Conftantinopels 1204 nach Venedig brachte (s. Th. I.
S. 220.). Vor dieser Kirche stehen auf ehernen Fußgestellen drei
Mastbäume, woran ehemals die 3 Flaggen von den drei von Ve-
nedig beherrschten Königreichen, Cypern, Morea und Candia,
hingen. Seitwärts vor der Kirche steht der überaus schlanke, 330 §.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
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Viii. Italien. Lombardisch-venez. Königreich, äos
Sumpf, welcher jetzt durch einen eine schöne Insel bildenden Kanal
trocken gelegt worden ist. An den Ufern des Kanals stehen viele
Statuen, besonders von solchen berühmten Männern, welche hier
studirt haben. Auf diesem Platze werden jährlich Pferderennen
undjwettläufe mit kleinen zweiräderigen Wagen gehalten. Das
Rathhaus ist schön, und in einem ungeheuer großen Saale dessel-
den steht ein Denkmahl des in Padua gebornen Titus Livius. Der
Handel ist durch die Kanäle etwas belebt, aber die Fabriken liegen
gänzlich. Einige Meilen südlich von Padua, in dem euganeischcn
Gebirge, liegt das Dorfaryua, wo Pctrarka 1374 gestorben und
wo man noch sein Haus und sein Grabmahl zeigt. Die Euganeen
enthalten mehrere warme Quellen. Noch etwas südlicher, am Ka-
nal der nach Padua führt, liegt die kleine Stadt Este, ehemals
Ateste, der Stammort der berühmten fürstlichen Familie von Fer-
rara und Modena, welche erst 1793 ausgestorben und zu welcher
die Herzöge von Braunschweig und die jetzigen Könige von Eng-
land gehören. Vicenza (Vicentia), ambacchiglione, mit 33000
Einw. Sie ist wegen der vielen Meisterwerke ihres großen Mit-
bürgers Palladio berühmt. Die schönsten hier von ihm ausgeführ-
ten Werke sind: eine Brücke über den Fluß; 1a ragione oder das
Gerichtshaus; das herrliche Theater, teatro olímpico genannt;
viele, zwar nicht sehr große aber schöne Palläste und ein herrliches
Thor, durch welches man zu einem schönen Spatziergange außer-
halb der Stadt gelangt. Dicht vor dem Thor del monte führt ein
prächtiger Bogengang und eine Marmortreppe von 195 Stufen
zu dem berühmten Kloster Madonna di monte. Nur die Sei-
denfabriken sind hier von einiger Bedeutung. — In den nördlich
über Vicenza gelegenen Alpenthälern leben in 7 Gemeinden sette
comuni, aber in 10 Ortschaften, an 40000 Menschen deutscher
Abkunft, die ein verdorbenes Deutsch reden und sich mit Viehzucht,
vorzüglich aber mit Anfertigung von Strohhüten beschäftigen; ihr
Hauptort ist Asiago.
Verona, an beiden Ufern der Etsch, ist etwas befestigt und
zählt an 60000 Einwohner. Sie gehört durch Alter und Schön-
heit zu den bedeutendsten Städten Italiens. Unter den vielen schö-
nen Kirchen sind die merkwürdigsten der Dom, mit der berühmten
Himmelfahrt Mariä, von Tizian; 8. Maria antica, mit den Grab-
mählern des einst hier herrschenden und als Beschützer der Wissen-
schaften berühmten Geschlechts della Scala, und 8. Zeno aus
dem 9ten Jahrhundert, die älteste von allen. Alle enthalten eine
große Menge ausgezeichneter Gemälde, wie denn auch Verona einst
der Hauptort der lombardischen Malerschule gewesen und der Ge-
burtsort des Paul Veronese ist. Die meisten Straßen sind krumm
und enge, nur der Corso mit vielen Pallästen macht eine Aus-
nahme. An dem Hauptplatze, piazza de’ Signori, liegt auf der
inen Seite das große und prächtige Rathhaus, mit einer herr-
Llanc Handb. 11. 2. Aust. 20
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
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Extrahierte Personennamen: Titus_Livius Palladio Mariä Tizian Maria_antica Maria Zeno de’_Signori Llanc_Handb Aust
286
A. Europa.
wohner einiger ptemontesischen Thäler, ist die katholische; doch
würde man sehr irren, wenn man, weil Italien der Sitz des Pap-
stes ist, die Italianer für die eifrigsten Katholiken hielte; sie sind
nichts weniger als verfolgungssüchtig, und von jeher hat die päpst-
liche Hierarchie ungleich mehr Gewalt in andern Ländern gehabt,
als eben in Italien: es scheint, als ob die zu große Nahe eher die
Ehrfurcht vor der päpstlichen Heiligkeit geschwächt hätte. In der
neuern Zeit haben die wenigen fremden Protestanten zu Rom, Ve-
nedig und Neapel die freie Uebung ihres Gottesdienstes erhalten. —
Von der italiänischen Sprache ist schon oben (S. ¡¿67.) gehandelt:
an den Gränzen von Frankreich und in ganz Savoyen wird franzö-
sisch gesprochen; in einigen Alpenthälern soll sich ein verdorbenes
Deutsch erhalten haben.
Reisen.
Fahrende Posten, welche zugleich Briefe, Gepäck und Perso-
nen fahren, giebt es in Italien nicht; man reist daher entweder
mit Postpferden, oder mit der Briefpoft (proeaccio), welche jedoch
nur immer eine Person mitnehmen kann, am gewöhnlichsten aber
mit Lohnkutschern (vetiurino), bei welchen man in der Regel die
Beköstigung gleich mit einbedingt. In den Wirthshäusern, wel-
che nicht immer die reinlichsten sind, muß jede Kleinigkeit, Woh-
nung, Bett, Essen und Trinken vorher bedungen werden, sonst
lüuft man Gefahr gewaltig überthcuert zu werden, weil es gesetz-
lich dem Wirthe freisteht, zu fordern was er will. Die italiäni-
schen Landstraßen sind zwar meist gut, aber der Unsicherheit wegen
übel berüchtigt, namentlich gilt dies vom Kirchenstaat und von der
ganzen Straße von Rom nach Neapel. So schwach sind manche
dortige Regierungen, daß sie schon oft gefährliche Räuber begna-
digt und in ihre Dienste genommen, um sich ihrer gegen andre
Räuber zu bedienen.
Meilen. Zeitrechnung.
Von den italiänischen Meilen (Miglio) gehen £0 auf einen
Grad des Aequators, also 1 M. — 7* deutschen. — Früher
wurde der Tag in ganz Italien auf eine eigenthümliche Weise abge-
theilt, nemlich nicht wie bei uns in zwei mal 12 Stunden, sondern
in 24 Stunden, welche hinter einander und zwar von Sonnenun-
tergang an gezählt wurden; der Sonnenuntergang hieß aber nicht
die 24fte Stunde, sondern blos 1a notto, die Nacht, so wie man
im Französischen midi und nicht 12 Uhr sagt. Diese Sitte ist aber
in der neuern Zeit, besonders seit dem Aufenthalt der Franzosen in
Italien, von den meisten öffentlichen Uhren, jedoch nicht aus der
Gewohnheit des Volks verschwunden.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Rom Neapel Frankreich Italien Rom Neapel Italien Italien
831
Viii. Italien. Der Kirchenstaat.
herabschwebenden, mit vielen Lampen besetzten Kreuzes erleuchtet.
Ueberhaupt gehören die mancherleifirchlichen Feierlichkeiten, welche
in der Charwoche, vom Palmsonntage bis zum Osterfeste, theils
in der Sixtinischen und Paulinischen Kapelle im Vatikan, theils
in der Peterskirche selbst begangen werden, zu den bedeutsamsten
und herrlichsten Gebräuchen der katholischen Kirche, die nur durch
die häufige Wiederholung und den Mangel an Andacht bei dem
schaulustigen Volke an Eindruck verlieren. — Hinter dem vati-
kanischen Pallaft liegt ein stiller, wenig besuchter Garten. — Der
zweite päpstliche Pallast wird der Quirinal, von dem Hügel,
worauf er liegt, auch wohl klonte cavallo (Pferdeberg) genannt.
Paul Iii. ließ ihn 1340 anlegen, und viele der folgenden Päpste
haben daran gebaut, so daß er jetzt zwar einen großen Umfang,
aber wenig Uebereinstimmung der Theile zeigt. Wegen seiner ge-
sunden Lage auf einer Höhe und doch beinahe in der Mitte der
Stadt ist er statt des abgelegenen und ungesunden Vatikans die
gewöhnliche Residenz der Päpste. An Pracht - und Kunstwerken
leidet er aber gar keinen Vergleich mit dem Vatikan. Vor dem
Pallaft stehen 2 colossale Gruppen, wahrscheinlich Castor und Pol-
lux, jeder ein Roß bändigend, dargestellt, daher der Name des
Hügels und Pallaftes, und zwischen ihnen ein ägyptischer Obelisk.
Der weitläufige Garten hinter dem Pallast ist zwar einfach, ent-
hält aber doch viele herrlicheantiken und Wasserkünste. Der dritte
ehemalige päpstliche Pallaft, neben der Kirche St. Johann vom
Lateran, welchen Sixtus V. erbaut, ist schon seit mehr als einem
Jahrhundert in ein Waisenhaus für 300 junge Mädchen verwan-
delt. — Nirgend ist der Gegensatz des alten und des neuen Roms
auffallender, nirgend die Ueberbleibsel der ehemaligen Herrlichkeit
mehr zusammengedrängt, als auf dem Capitol und dem formn
romanum, dem Mittelpunkt alles Lebens und alles Verkehrs im
alten Rom. Das Capitol, jetzt il Campidoglio, das Heilig-
thum und die Burg der alten Stadt, nahm den Gipfel des capito-
linischen Berges unweit der Tiber ein; hier waren auf einen klei-
nen Raum mehrere Tempel, vorzüglich der des Jupiter, und die
eigentliche Burg, letztere mit dem tarpejischen Felsen, von
welchem man Verbrecher herabstürzte, zusammengedrängt, und von
seiner ansehnlichen Höhe führten steile Wege und Treppen nach
dem unten das Thal zwischen dem Capitol, dem palatinischen und
equilinischen Berge einnehmenden, mit Gebäuden und Kunstwer-
ken aller Art bedeckten Formn oder Marktplatze von Rom. Ge-
genüber auf dem Palatin lagen die Palläfte der Kaiser. Von dem
allen sind nur noch wenige vereinzelte Trümmer vorhanden. Das
Capitol hat seine Gestalt gänzlich verändert und verdankt seine
jetzige Einrichtung dem Michel Angelo. Jetzt führt von der Nord-
seite her (der alte Aufgang vom formn war an der südlichen Seite)
elne unten mit 2 Löwen welche Wasser speien, und oben mit Levloft
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Johann Sixtus_V. Michel_Angelo
Extrahierte Ortsnamen: Italien Paulinischen_Kapelle Vatikan Roms Rom Heilig- Rom
Vili. Italien. Neapel.
356
kleiner gewöhnlich' ganz glühender Aschenhügel, auf dessen Spitze
die eigentliche Oeffnung oder die Born« (Mund) des Vulkans sich
befindet. Diese Gegenstände verändern aber häufig Gestalt und
Lage: bald hat der Berg nur eine, bald mehrere Bocche, und
auch wenn er ruht, speit er unter fürchterlichem Geräusch und Kra-
chen von Zeit zu Zeit Dampfsäulen und glühende Steine aus.
Wenn er aber in voller Thätigkeit ist und ein Ausbruch bevorsteht,
sind alle diese Erscheinungen ungleich häufiger und furchtbarer;
der Ausbruch selbst und die Lavaströme, die sich dann ergießen und
oft l,U M. breit alles weit umher verwüsten, brechen gewöhnlich
aus einer neu sich eröffnenden meistens Seitenspalte des Berges
hervor. Jahrtausende mochte der Berg geruht haben und war da-
her mit den herrlichsten Anpflanzungen bedeckt, als er im I. 79
zum ersten Mal seine Wuth äußerte und damals Pompeji, Herkula-
num und Stabiä bedeckte. Seitdem sind unaufhörlich in längeren
und kürzeren Zwischenräumen neue Ausbrüche erfolgt, welche häu-
fig die äußere Gestalt des Berges sehr wesentlich verändert haben.
So nahm er 1730 bedeutend an Höhe zu und ist 1794 bedeutend
wieder gesunken; so hat sich in einem frühern Ausbruch sein Gipfel
gespalten, und ein weites mit Lava und Asche erfülltes Thal trennt
jetzt seinen eigentlichen Gipfel von dem Monte Somma in seiner
Nahe. Der gewöhnlichste Weg führt von Besinn hinauf, und
man pflegt dann in der Einsiedelei 8. Salvaiore, am Fuß der
steilsten Höhe, zu rasten.
Die übrigen Oerter dieser Provinz, die wir noch zu bemerken
haben, sind:
Casería, im Norden von Neapel, ein kleiner Ort mit 4000
Einw., berühmt wegen eines riesenhaften, ganz von Marmor er-
bauten königlichen Schlosses, dessen Gärten durch eine herrliche
Wasserleitung, Acquedotto Carolino, welche aus drei über einan-
der stehenden Bogenreihen besteht, mit Wasser versehen werden.
Capua, jetzt ein kleiner, unbedeutender Ort, mit etwa 8000
Einw., in einer ungesunden Gegend am Voltnrno, einst die üp-
pige Hauptstadt des glücklichen Campaniens, deren verweichlichen-
den Reizen das siegende Heer Hannibals unterlag. Das alte Ca-
pna lag übrigens etwa y¡\ Meile von dem heutigen bei dem Dorfe
8** Maria delle grazie.
Gaeta (Cajeta), im nördlichsten Theile der Provinz, eine
der stärksten Festungen der Welt, gleich Gibraltar auf einem sich
ins Meer hinaus streckenden Felsenvorgebirge erbaut, so daß nur
ein schmaler Zugang vom Lande bleibt. Die Stadt mit ihren des-
ser gebauten Vorstädten enthält an 14000 Einw. In dem Castell
liegen der Connecable von Bourbon und der tapfere Vertheidiger
der Festung (1806), Prinz von Hessen-Philippsthal, begraben. —
Arpino, an der Gränze des Kirchenstaats, mit 10000 Einw.,
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Extrahierte Personennamen: Casería Acquedotto_Carolino Hannibals Maria Maria
401
Ix. Griechenland.
Aulis, an der Meerenge von Euböa, hier Eurkpus ge-
nannt, wo die griechische Flotte sich zum Zuge gegen Troja sam-
melte und wo Agamemnon seine Tochter Jphigenia opferte, um
günstigen Wind zu erlangen.
4. Phocis, venböotien, Lokris, Thessalien, Doris und
dem korinthischen Meerbusen begranzt, war ein kleines durchaus
gebirgiges Land, welches keinen andern bedeutenden Fluß , als den
Cephissus hatte. Unter den Bergen ist vor allen berühmt der
Parnassus, als Wohnsitz der Musen, und ihres Beschützers
Apollo (Phoibos Apollon); auf ihm entsprang die den Musen ge-
weihte Quelle Ka sta lia. Der in der ältern Mythologie berühmte
Berg Oe ta lag an der Gränze von Thessalien. Von den bürger-
lichen Einrichtungen der Phocenser wissen wir wenig, nicht einmal
ob die verschiedenen Städte zusammen einen Freistaat bildeten,
oder ob sie ganz unabhängig von einander waren; wenigstens gab
es hier nicht wie in den meisten übrigen griechischen Staaten eine
vorwaltende Hauptstadt. Das Land ward in dem 10jährigen hei-
ligen Kriege, wodurch die übrigen Griechen die Frevel der Pho-
censer an dem Tempel zu Delphi straften, hart verwüstet und die
meisten Städte zerstört. Der einzige wichtige Ort des Länd-
chens war
Delphi (jetzt Castri), am Fuße des Parnassus, der Sitz
des berühmtesten Orakels im Alterthume. Der Sage nach tödtete
hier Apollo eine ungeheure Schlange, Pyth o genannt, daher auch
dies der älteste Name des Orts, und Pythius ein gewöhnlicher
Beiname des Apollon ward. Der Tempel war über einer Höhle
erbaut, aus welcher betäubende Dünste emporstiegen. Auf die
Oeffnung der Höhle ward ein Dreifuß gestellt und auf diesen setzte
sich die Priesterin, Pythia, und gerieth bald in einen ekstatischen
Zustand, wobei die unter Geheul und Convulsionen von ihr aus-
gestoßenen dunkeln Worte gesammelt und als Antworten des Gottes
gedeutet wurden; in der ältern Zeit waren die Orakelsprüche meist
in Versen abgefaßt. Von allen Seiten und aus den entferntesten
Ländern kamen häufig Orakelsuchende zu diesem Tempel, deren
Geschenke an goldnen und silbernen Geräthen, an Statuen und
andern Kunftsachen hier bald einen ausnehmend reichen Schatz bil-
deten. In diesem Tempel hielten die Amphiktyonen gewöhnlich ihre
Versammlungen, und bei Delphi wurden anfänglich alle 9, dann
alle 5 Jahre die den olympischen ähnlichen Spiele gefeiert, welche
sich länger als alle andre, bis ins 3te Jahrhundert nach Christi Ge-
burt, im Gebrauch erhielten. Derhafen von Delphi war C irr ha.
— Die kleine Seestadt Anticyra war wegen der Niesewurz,
welche dabei gebaut wurde, und als ein Mittel gegen den Wahn-
sinngalt, bekannt.
5. Doris. Dieses kleine Stammland der Dorier, von wo
aus sie mit den Herakliden nach dem Peloponnesus zogen, lag zwi-
Blanr Handb. Ii. 2. Auft. 26
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T23: [Stadt König Jason Delphi Berg Meer Orakel Sohn Gebirge Land], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Euböa Eurkpus Jphigenia Doris Apollo Anticyra Doris Blanr_Handb
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Troja Lokris Thessalien Thessalien Alterthume Gottes Christi
449
Ix. Griechenland. 1. Europ. Türkei.
birges in seinen einzelnen Theilen, schwerlich im Stande wäre,
Verwechselungen und Irrthümer zu vermeiden. Im Süden der
Donau, zwischen dem 42° und 43" zieht sich ein mächtiger Ge-
birgsrücken von Westen nach Osten, von welchem es noch unent-
schieden bleiben muß, ob man ihn durchaus für ein und das nem-
liche Gebirge halten darf und welcher in seinen einzelnen Theilen
verschiedene barbarische Namen führt, wovon die bekanntesten fol-
gende sind. Im Westen das Nissaia - Gora - Gebirge; weiter
östlich und in der Mitte das Skardische Gebirge und dessen
Fortsetzung Argentara. Von hier aus ziehen sich 2 große Ge-
birge, nordöstlich der Balkan oder Emineh-Dagh, der Hä-
mus der Alten, südöstlich das Despotogebirge, der Rhodope
der Alten. Dieses nördliche Hauptgebirge sendet eine Menge Ver-
zweigungen nach Süden, besonders von den westlichen Theilen aus,
welche ganz Griechenland durchziehen und in den südlichen Spitzen
von Morea endigen. An der westlichen Küste entlang streicht das
Gebirge Monti della Chiniera, das Akroceraunische Gebirge
der Alten. Die ganze Mitte des Landes von N. nach S. wird von
einem Gebirge durchzogen, dem Pindus der Alten, dessen verschie-
dene Theile jetzt das Mezzowo - und Agrafagebirge heißen und
noch manche andre örtliche Rainen führen; alle die im Alterthume so
berühm en Berge, der Olymp, jetzt Lacha und Elympo; deroffa,
jetzt Kissaros; derpelion, jetzt Petras; der Parnaß, jetzt Liaku-
ra; der Helikon, jetzt Sagara u.a., sind Verzweigungen desselben.
Man sieht, daß die Namen dieser Gebirge theils italiänisch, theils
griechisch, theils türkisch sind, und eben hierin, daß jeder Berg von
den verschiedenen Völkern eine andre Benennung erhalt, liegt die
Hauptquelle der Verwirrung. — Das Klima dieser Lander gehört
im Ganzen zu dem schönsten von Europa; nördlich vom Humus ist
die Sonnenhitze zwar heftig, dagegen aber auch, wie in Ungarn,
die Winter verhältnißmäßig strenge; im Süden des Hämus ist der
Winter nur sehr unbedeutend. Alle diese Länder würden zu den
gesundesten der Welt gehören, wenn nicht Vernachlässigung des
Anbaues und deren Folgen, Austreten der Flüsse, Ansammlung
von Sümpfen, in einigen Gegenden häufige Fieber veranlaßten;
auch die Pest, jene furchtbarste Plage der Morgenländer, ist in
der europäischen Türkei nicht einheimisch und wüthet nur so oft in
Folge der unbeschreiblichen Sorglosigkeit der Türken, welche kei-
nen Begriff davon zu haben scheinen, daß man durch Vorsicht das
Uebel abwehren könne.
Gewässer und Flüsse.
Die wichtigsten Meerbusen sind, an der Westküste: der Meers
busen des Drin, der von Valona und der von Arta und Prevesa,
der alte ambrakische. An den Ost- und Südküsten: der Meerbu-
Blanc Handb. 1t. 2. Aufl. 29
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Extrahierte Personennamen: Morea Petras Arta
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Donau Nissaia Balkan Griechenland Europa Ungarn
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A. Europa.
zelt, an einer davor aufgerichteten langen, rothen Stange, mit
einer Kugel von gleicher Farbe kenntlich, wo sich der Diwan zum
Kriegsrath versammelte und wo Gericht gehalten wurde; daneben
stand das Basch Tschadir oder Zelt des Groß-Veziers, welches
durch eine vergoldete Kuoiel und einen darüber befindlichen halben
Mond, und durch die grüne Farbe seines Gipfels und der Stangen
ausgezeichnet war. Die Versorgung der Armee mit Lebensmitteln
geschah höchst unregelmäßig, daher auch der Marsch eines solchen
Heeres alles weit und breit verwüstete. Auf dem Marsche selbst
herrschte völlige Unordnung; es war genug, wenn nur ein jeder
sich Abends im Lager einfand. So furchtbar die leichten Truppen
der Türken, so hartnäckig ihre Vertheidigung fester Plätze ist, so
unvollkommen war ihre Schlachtordnung und ihre Bewegungen,
daher sie nicht leicht im offenen Felde gegen regelmäßige Truppen
etwas ausrichteten. Das Schicksal der Gefangenen bei den Tür-
ken ist traurig; die meisten werden in der ersten Wuth niederge-
metzelt; die der Staat erhält, werden ohne Unterschied gefesselt
und zu den härtesten Arbeiten in den Arsenalen von Constan-
tinopel gebraucht; um ihre eigenen Gefangenen bekümmern sie sich
gar nicht.
Bekanntlich sind alle Türken eifrige Anhänger der Lehre Mu-
hammeds oder des Islam, d. h. Heilslehre, welche über einen
großen Theil von Asien und Afrika verbreitet in 2 Hauptparteien,
die der Sunniten, wozu die Türken, und die der Schiiten,
wozu die Perser gehören, zerfällt; beide sind durch den wüthend-
sten Religionshaß entzweit. Diese Lehre ist höchst einfach; der be-
kannte Satz: „es ist nur Ein Gott und Muhammed ist sein Pro-
phet", enthält die Grundlage derselben. Außerdem aber schreibt
sie viele äußere Gebräuche vor: die Beschneidung, häufige Gebete
und Abwaschungen, Fasten, verbietet den Genuß des Weins und
aller geistigen Getränke und des Schweinfleischcs, erlaubt dagegen
die Vielweiberei und verheißt den Gläubigen ewige sinnliche Ge-
nüsse im Paradiese. Sie ist daher ihrem Wesen nach aller tiefern
Speculation und geistigen Ausbildung abhold, ganz für die Be-
dürfnisse und Wünsche eines sinnlichen Volkes berechnet, und legt
mehr Werth auf die Beobachtung der Vorschriften und Gebräuche,
als auf Sinnesänderung. Das tägliche Gebet, Namaz, wird
Lmal täglich wiederholt, Morgens, Mittags, Nachmittags, Abends
und nach Untergang der Sonne; das Waschen der Hände, des
Kopfes und Halses ist die Vorbereitung zum Namaz; in gewissen
Fällen ist selbst das Waschen des ganzen Körpers vorgeschrieben,
und für jedes Gebet sind Worte, Stellung und Gebräuche aufs ge-
naueste bestimmt. Freitags, als am heiligen Tage der Muselmän-
yer, wird Nachmittags noch ein besonderes Gebet verrichtet. Das
große 30tägige Fasten im Monat Ramanzan wird durch gänz-
liche Enthaltung aller Speise und Trankes und aller sinnlichen Ge-
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Vil , Deutschland. Oestreich. 193
Theresienbrunnen, und einen kalten Sauerbrunnen, welche allein
geringer Entfernung von einander liegen. Die bedeutendste Quelle
ist der Sprudel, dessen Wasser über 50° Reaumür heiß ist. Sie
überzieht in kurzer Zeit alle Gegenstände, die man in ihr Wasser
wirft, mit einem geblichen Kalkst'nter, der auch den sogenannten
Erbsenftein bildet, wo der Sinter sich gewöhnlich um kleine Sand-
körner kugelig angesetzt hat. Eben so hat die Quelle sich selbst eine
feste Schaale von schönem Sinter gebildet, aus welcher sie hervor-
sprudelt. Einige dieser Quellen dienen bloß zum Baden, andre
werden auch getrunken. Die Gegend von Carlsbad ist schön, aber
wild und so felsig, daß es den meisten Anlagen an Schatten ge-
bricht, auch die Spatziergänge für Kranke sehr beschwerlich sind.
Der Sprudel soll 1358 von Carl Iv. zufällig auf der Jagd ent-
deckt worden seyn. Die Carlsbader Arbeiten in Stahl, Blech,
Zinn, die lackirten Waaren und die Steck- und Nähnadeln sind
schön und haben bei dem großen Zusammenfluß von Fremden, mei-
stens 3 — 4000, starken Absatz.
Eine kleine Stunde von Eger, in einem breiten, flachen und
sumpfigen Thale, liegt der schon seit dem 10ten Jahrh, bekannte,
aber erst seit 1793 zum Badeort eingerichtete Franzensbrun-
nen, der früher unter dem Namen Egerb ru nn e n bekannt war.
Es ist ein sehr kalter aber ausgezeichneter Sauerbrunnen. Die Haupt-
quelle, die gefaßt und überbaut ist, dient bloß zum Trinken- einige
andre Quellen geben das Wasser zum Baden. Die hiesigen Anla-
gen, besonders die Pflanzungen, sind freilich noch im Entstehen,
aber schön, und die Häuser höchst bequem und zweckmäßig einge-
richtet. Die Stadt Eger selbst, am Flusse gleiches Namens, mit
alten Festungswerken und 9500 Einw., enthält ein altes auf einem
Berge liegendes Schloß und am Markte das Haus des Bürgermei-
sters, in welchem Wallenftein 1634 ermordet ward. In der Ge-
gend befinden sich noch eine Menge minder bekannter Mineralquel-
len, unter andern das Marien bad. 3 M. von Eger mitten in
einem Walde. Die Quellen, wovon der Salz- und Kreuzbrun-
nen am häufigsten getrunken werden, das Marienbad aber sich
aus vielen sumpfigen Quellen sammelt, waren zwar längst bekannt,
sind aber erst seit 1781 in Aufnahme gekommen.
Ein drittes berühmtes Bad ist Töplitz, eine kleine Stadt in
ein§m weiten reizenden Thale zwischen dem Erz- und Mittelge-
birge, mit 3000 Einw. Der warmen Quellen sind hier 7, die
aber in und bei der Stadt etwas zerstreut liegen, die heißeste hat
38° Reaumür, sie werden nur zum Baden gebraucht. Die bedeu-
tendsten Badehäuser sind schon im loten Jahrh, errichtet. Zn
dem Vergnügen der Badegäste trägt am meisten bei der herrliche
Park des Fürsten Clary , welcher dem Publikum offen steht. Die
Gegend bietet außerordentlich viel Abwechselung dar; zu den in
Bianc Handd. Ü. 2. Aufl. 13
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Carl_Iv
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Baden Carlsbad Eger Baden Eger Haus_des_Bürgermei- Eger Marienbad Bianc_Handd