§. 22. Der dritte Koalitionskrieg.
269
Napoleon antwortete damit, daß er Hannover, das dem König von England gehörte, bis zur Elbe besetzte und die Einfuhr englischer Waren nach Frankreich verbot, wodurch der Anfang mit der Kontinentalsperre gemacht wurde. Nach der Erschießung des Herzogs von Enghien brach auch Rußland, wo nach Pauls I. Ermordung dessen Sohn Alexander I. (1801 — 1825) gefolgt war, die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich ab. Als nun Napoleon 1804 in Boulogne und anderen Häfen große Vorbereitungen traf, um einen Zug nach der englischen Küste zu unternehmen, stiftete der englische Minister Pitt mit Rußland die dritte Koalition, um Frankreich auf seine alten Grenzen zurückzuführen. Diesem Bündnisse trat (Nov. 1804) Östreich, dann Schweden, dessen König Napoleons unversöhnlicher Feind war, und Neapel bei.
Östreich rüstete zwei Heere aus, das eine stand unter Erzherzog Karl in Italien, wo man Napoleons Angriff erwartete, das andere, dem die beiden russischen sich anschließen sollten, rückte unter General Mack durch Bayern an die obere Donau. Napoleon traf mit scharfem Geistesblick und überraschender Schnelligkeit seine Vorbereitungen. Er schickte Massena nach Italien, verband sich mit Bayern, Württemberg und Baden, hob das Lager in Boulogne auf und rückte über den Rhein nach Süddeutschland. Bernadotte kam mit einem Heer aus Hannover herbei und eilte durch das neutrale preußische Gebiet Ansbach nach Ingolstadt, während Napoleon den General Mack täuschte, umging und dann bei Donauwörth überraschte. Nach mehreren Gefechten wurde Mack in Ulm eingeschlossen und mit 25 000 Mann (17. Okt.) 1805 gefangen genommen. Der Erzherzog Ferdinand schlug sich mit seinen Truppen durch und vereinigte sich mit den unter Kutusoff vom Inn zurückziehenden Russen in Mähren, wo auch das zweite russische Heer mit dem Kaiser Alexander eintraf. Napoleon zog in Wien ein, von wo der Kaiser nach Mähren, geflohen war, und eilte dann nordwärts gegen das vereinigte russischöstreichische Heer. Am Jahrestag seiner Krönung, am 2. Dez. 1805 kam es zu der sogenannten Dreikaiserschlacht bei Austerlitz unweit Brünn, wo die Verbündeten eine vollständige Niederlage erlitten. Nach einer persönlichen Unterredung mit Napoleon schloß Kaiser Franz, bekümmert um das Los seines Landes und Volkes, (26. Dez.) 1805 den Frieden zu Prhburg: Östreich mußte Venedig an Frankreich, Tirol an Bayern und seine Besitzungen in Schwaben an Württemberg abtreten, dagegen bekam es als Entschädigung Salzburg, an dessen Kurfürsten Würzburg von Bayern abgetreten wurde. Zugleich
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§. 24. Napoleons Krieg in Portugal und Spanien. 279
entsagung und der Übertragung der Krone an Napoleon, dann zwang er Ferdinand zur Anerkennung dieses Gewaltstreiches. Ferdinand mußte sich mit einer Jahresrente begnügen und in Frankreich leben, während König Karl sich mit seiner Familie nach Rom begab. Zum Könige von Spanien ernannte Napoleon jetzt seinen ältesten Bruder Joseph, welcher Neapel an den bisherigen Großherzog von Berg, Joachim Murat, abtreten mußte. Dessen Großherzogtum erhielt der Kronprinz Ludwig von Holland.
Als Joseph unter dem Schutze französischer Truppen in Madrid einzog, war dort bereits ein Aufstand ausgebrochen, der den Franzosen 1200 Soldaten kostete und ihnen zeigte, daß das spanische Volk mit der napoleonischen Zwingherrschaft nicht einverstanden war. Ganz Spanien griff nun zu den Waffen, und England versprach Hilfe. Es entspann sich ein heftiger fünfjähriger Krieg (1808—1813), welcher mit wechselndem Glücke geführt wurde. Bei Baylen (22. ^uli 1808) ward ein französisches Heer unter dem General Dupont von den Spaniern gefangen genommen. Das von den Franzosen belagerte Saragossa verteidigte sich unter Palasox aufs heldenmütigste. Jedes Haus ward in eine Festung verwandelt, die Mönche riefen jung und alt zu den Waffen und feuerten die Belagerten zur Ausdauer und Tapferkeit an. Als eine Batterie von ihrer Mannschaft verlassen war, eilte ein junges Mädchen herbei, schoß selbst die Kanonen ab und rief durch ihren Mut die beschämten Krieger zurück. Saragossa hielt sich; die Franzosen zogen ab. Joseph mußte Madrid verlassen.
Inzwischen war in Portugal ein englisches Heer unter Arthur Wellesley, dem nachmaligen Herzog von Wellington, gelandet und hatte den General Junot besiegt und zum Abzug genötigt. Nach dem glänzenden Kongreß zu Erfurt eilte Napoleon mit einem mächtigen Heer selbst nach Spanien, besiegte seine Gegner und setzte seinen Bruder Joseph wieder ein. Aber er konnte nur kurze Zeit in Spanien verweilen, da Östreich von neuem zu den Waffen griff. Nun drängte Marschall Soult mit dem zum Teil aus Deutschen bestehenden großen Heer die Engländer aus Spanien fort; doch rettete Wellington durch den Sieg bei Talavera 1809 Portugal. Das zum zweiten Mal belagerte Saragossa fiel nach tapferer Gegenwehr, und Palafox geriet in französische Gefangenschaft. Trotzdem gelang die vollständige Unterwerfung Spaniens nicht. Die spanische Nationalregierung nahm ihren Sitz in Cadix, und der Volkskrieg loderte abermals auf. Überall bildeten sich Guerillabanden,
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280
Dritte Periode der Neuzeit.
welche den Krieg im kleinen führten und den Franzosen großen Schaden zufügten. Wellington erschien mit einem neuen Heere, siegte bei Salamanea 1812 und befreite Eadix von mehrjähriger Belagerung. Der Norden Spaniens wurde von Soult zwar noch besetzt gehalten; als aber das Glück Napoleon in Rußland verließ, war auch das Geschick des französischen Heeres in Spanien entschieden. Wellington siegte über Jourdan bei Vittoria 1813 und folgte dem mit Joseph abziehenden Rest der Franzosen über die Pyrenäen nach Frankreich, wo das napoleonische Drama zu Ende ging. Ferdinand Vii. kehrte aus der französischen Gefangenschaft zurück und übernahm die Regierung in Spanien.
§♦ 25. Der äcteg im lafke 1809,
Im gleichen Jahre, in welchem Napoleon sich Spaniens bemächtigte, entriß er auch dem Papste Pius Vii. erst einen Teil seines Gebietes, dann 1809 den ganzen Kirchenstaat und vereinigte ihn mit Frankreich. Der Papst, der den Bann über ihn verhängt hatte, ward nach Frankreich in Gefangenschaft geführt und Rom zur zweiten Hauptstadt des Reiches erklärt. Fast ganz Italien stand jetzt unter französischer Herrschaft.
Diese Machtstellung Napoleons erfüllte den Kaiser Franz I. von Östreich mit neuen Befürchtungen. In der Hoffnung, es möchten sich auch andere Fürsten entschließen, gegen die französische Gewaltherrschaft anzukämpfen, griff er zu den Waffen und stellte ein Heer von 400 000 Mann ins Feld. Erzherzog Karl erließ einen Aufruf an die deutsche Nation, sich zu erheben, das schmähliche Joch zu zerbrechen und die Ehre und Unabhängigkeit wieder zu erwerben, welche ihr gebühre. Die Tiroler und Vorarlberger, welche durch den Preßburger Frieden 1805 an Bayern gekommen waren, folgten dem Aufrufe, ebenso Herzog Wilhelm von Braunschweig-Öls, der hessische Oberst von Dörnberg und der Major Ferdinand Schill.
Während die Östreicher mit unbegreiflicher Langsamkeit aus Böhmen nach Bayern vorrückten und ihre Kräfte zersplitterten, eilte Napoleon im Fluge von Paris an die Donau, wo die Truppen des Rheinbundes bereits seiner harrten und seine demütigende Ansprache vernahmen: „Kein Franzose ist unter euch; Ihr allein sollt die Östreicher schlagen." In den fünftägigen Gefechten bei Eckmühl und Regens bürg (April 1809) unterlagen die Ostreicher und zogen nach
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§ 25. Der Krieg im Jahre 1809.
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Böhmen zurück. Wien fiel abermals in die Hände des Siegers. Dieser versuchte nun die Armee des Erzherzogs Karl zu vernichten und drang da, wo die Donau die Insel Lob au bildet, über den Strom. Hier kam es im Angesichte der Kaiserstadt zu der zweitägigen heißen Schlacht bei Aspern (21. u. 22. Mai 1809), in welcher Napoleon im Nachteil blieb. Der tapfere Marschall Sannes, Herzog von Montebello, fiel, die Marschälle Massena und Besseres nebst vielen Generalen waren schwer verwundet, 15000 französische Soldaten deckten das Schlachtfeld. Die Franzosen zogen sich auf die Insel Lobau zurück, und da durch Holzmassen und brennende Fahrzeuge, welche den Strom hinabgeführt wurden, die Brücken abbrannten, so wäre das französische Heer verloren gewesen, wenn die Östreich er ihren Vorteil verfolgt hätten. Dies unterblieb. Napoleon zog Verstärkungen heran, ließ Eugen Beauharnais mit Truppen aus Italien kommen und zog nach sechs Wochen wieder den nämlichen Weg über den Strom, den Östreichern entgegen, um unweit Aspern die mörderische Schlacht bei Wagram (5. u. 6. Juli) zu liefern. Erzherzog Karl mußte sich nach Mähren zurückziehen, wo ihn die Kunde von einem zu Znaim abgeschlossenen Waffenstillstände traf. Im Frieden zu Wien (14. Okt. 1809) mußte Kaiser Franz I. Salzburg und benachbarte Gebiete an Bayern, Jllyrien an Napoleon, Westgalizien an das Herzogtum Warschau, im ganzen 2000 Q.-M. mit 3v2 Mill. Einw. abtreten. Napoleon kehrte nach Paris zurück. Kurze Zeit danach ließ er sich von seiner Gemahlin Josephine scheiden und warb um die Hand der Erzherzogin Marie Luise, der Tochter des östreichischen Kaisers. Am 2. April 1810 fand zu Paris die Vermählung statt, und ant 20. März 1811 ward des Kaisers sehnlichster Wunsch erfüllt: es wurde ihm ein Sohn geboren, welcher den bedeutungsvollen Titel „König von Rom" erhielt.
Der Aufstand in Tirol. Durch die Niederlage des Erzherzogs Kart bei Wagram gingen auch die Anstrengungen der heldenmütigen Tiroler verloren. Schon vor der Schlacht bei Aspern hatte sich in Tirol ein Volksausstand zu Gunsten des habsburgischen Kaiserhauses erhoben. Die Häupter desselben waren der Sandwirt Andreas Hofer von Passeyer, ein schlichter, kräftiger Mann von stattlichem Aussehen, im unteren Innthal Joseph Speckbacher, der beste Schütze weit und breit, und im oberen Innthal der Krämer Martin Teimer; dazu kam noch der Kapuziner Haspinger. Bald hatten die Tiroler die bayrisch-französische Herrschaft abgeschüttelt. Aber Napoleon schickte auf die Kunde
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§. 26. Napoleons Krieg mit Rußland 1812.
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Heeres verstärken, Preußen ein Hilfscorps von 20000 Mann stellen, das dem linken Flügel unter Macdonald zugeteilt wurde. Sachsen, Bayern, Württemberger, Badener, Westfalen, Hessen, Holländer, Italiener, Polen, Spanier und Portugiesen mußten französischen Fahnen und Befehlen folgen. Nachdem Napoleon mit seiner Gemahlin im Mai 1812 noch einmal die Fürsten des Rheinbundes, den König von Preußen und den Kaiser von Östreich in Dresden um sich gesehen, überschritt er Ende Juni den Niemen. Der linke Flügel zog der Ostsee entlang, der rechte am unteren Bug ostwärts; mit dem Hauptheer, das die tüchtigsten Generale zu seinen Führern zählte, nahm Napoleon seinen Weg direkt auf Moskau, um Alexander im Herzen seines Reiches zu treffen. Die russischen Feldherren Barclay de Tolly und Bagration zogen ihre Truppen vor dem andringenden Feinde tiefer in ihr Land zurück, um ihn ins Verderben zu locken. Bei Smolensk kam es (17. Aug.) 1812 zu einer mörderischen Schlacht, und die Franzosen erstürmten die Stadt. Nun erhielt der alte General Kutusosf, welcher eben aus dem beendigten Türkenkriege siegreich zurückgekehrt war, den Oberbefehl über die Russen. Auch er zog sich zurück und brannte hinter sich alle Städte und Dörfer nieder, um dem Feinde eine Wüste zu überlassen. Am Flüßchen Moskwa, 30 Stunden von der alten Zarenstadt, machte er endlich halt. Am 7. Sept. wurde hier bei dem Dorfe Borodino eine äußerst blutige Schlacht geliefert; 25000 Mann fielen auf jeder Seite. Ney war der Held des Tages und erhielt den Titel Fürst von der Moskwa. Die Russen traten den Rückzug an, marschierten mit zusammengerollten Fahnen und ohne Spiel durch die Hauptstadt und nahmen den größten Teil der Einwohner unter der Leitung des Gouverneurs Grafen Ro stop sch in mit sich.
Eine unheimliche Stille herrschte in der alten Zarenstadt, als sich Napoleon am 14. September ihr näherte. Niemand erschien, um ihm die Schlüssel der Stadt zu überreichen, keine neugierige Menge drängte sich heran, ihn anzustaunen. Als die Truppen in die Stadt einzogen, herrschte Grabesstille in allen Straßen. Die Thüren waren verriegelt, die Fenster geschlossen, die Gewölbe gesperrt. Napoleon bezog den alten Zarenpalast, den Kreml. Aber alsbald entstand in mehreren Stadtteilen ein furchtbarer Brand, und ein Sturm erhob sich, welcher das Feuer rasch über die ganze Stadt trug. Gras Rostopschin hatte alle Löschwerkzeuge fortgeführt, überall brennbare Stoffe aufgehäuft und die Gefangenen zum Zwecke der
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Dritte Periode der Neuzeit.
Brandstiftung freigelassen. Vergeblich waren alle Versuche, den ungeheueren Brand zu löschen, auch der Kreml ward ergriffen. Die französischen Truppen mußten die Stadt verlassen und trotz der vorgerückten Jahreszeit ein Lager vor derselben beziehen. Napoleon bot unter diesen ungünstigen Verhältnissen den Russen Frieden an, allein man hielt ihn absichtlich hin, um ihn in der nahenden Kälte desto sicherer zu verderben. Erst am 18. Oktober trat er den Rückzug an. Die Absicht, den Weg nach dem Süden zu nehmen, wurde durch die Russen vereitelt; das Heer mußte auf demselben Weg zurück, den es gekommen war. Nun überraschte ein ungewöhnlich früher und strenger Winter die französische Armee. Menschen und Pferde sanken vor Hunger und Kälte erschöpft nieder, und der Schnee bedeckte wie ein Leichentuch die gefallenen Opfer in der erstarrten Natur. Der Weg durch die wüsten Ebenen war bald mit toten Menschen und Pferden, mit Trümmern von Geschütz und Wagen, Gepäck und Waffen übersäet. Viele erfroren an dem Feuer, welches sie angezündet, andere wurden von den Kosaken niedergemacht, die meisten erlagen dem Hunger und den Anstrengungen. In Smolensk hoffte Napoleon feinen erschöpften Truppen, die noch aus 40 000 kampffähigen Soldaten und 30 000 elenden, wehrlosen Nachzüglern bestanden, einige Rasttage geben zu können; allein die Feinde drohten den Übergang Über die Beresina abzuschneiden. Darum ging der Zug hungriger, zerlumpter und erfrorener Krieger unaufhaltsam weiter und langte (25. Nov.) an der Beresina an, vom Feinde unaufhörlich umschwärmt und angegriffen. Zwei Brücken stellten die Verbindung mit dem rechten Ufer her. Aber nun entstand eine unbeschreibliche Not; der nahe Feind unterhielt ein wohlgezieltes Kartätschenfeuer. Aus den Brücken herrschte ein entsetzliches Gedränge; jeder wollte sie überschreiten, so lange noch Rettung möglich war. Die Geländer brachen, viele stürzten hinunter ins Wasser, andere wurden von Kanonen überfahren — zuletzt brach die Brücke, und 18 000 Nachzügler, welche noch auf dem linken Ufer waren, gerieten in russische Gefangenschaft. Nur 8000 kampffähige Soldaten hatten das rettende User erreicht. Den seit Monaten ohne Nachricht gebliebenen Völkern brachte das berühmte 29. französische Kriegsbülletin vom 3. Dezember die Botschaft, daß die große Armee vernichtet, der Kaiser gesund sei.
Am 5. Dezember verließ Napoleon die traurigen Reste seiner großen Armee, deren Führung er Murat übertrug, und durchjagte die russischen Schneefelder in einem einfachen Schlitten. Beim Könige
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27. Der deutsche Befreiungskrieg.
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Kapitulation, daß ihm dieselbe vom Prinzen von Pontecorvo angetragen und von ihm nur wegen Mangel an Munition, Proviant und Fourage eingegangen worden sei. Bald darauf ward er ausgewechselt und arbeitete nach dem Tilsiter Frieden im Kriegsdepartement in Berlin, bis er kommandierender General in Pommern wurde. Sein Ruhm beginnt mit dem Frühjahre 1813. Seine eigentümliche Schnelligkeit beim Angriffe hat ihm den Ehrennamen „Marschall Vorwärts" erworben; sein Feldherrntalent, seine Entschiedenheit, Derbheit, Leutseligkeit und sein Franzosenhaß haben ihn zum Liebling des deutschen Volkes gemacht.
Preußens Erhebung. Z)orks That fachte in Ostpreußen eine opferfreudige Erhebung an, welche für ganz Preußen und Deutschland das Signal zur Abschüttelung des verhaßten Joches gab. Ende Januar begab sich Friedrich Wilhelm Iii. von Berlin nach Breslau, wo Stein im Aufträge des Kaisers Alexander Verhandlungen anknüpfte. Am 3. Februar 1813 erließ der König einen Aufruf zur Bildung freiwilliger Jägercorps, und deutsche Jünglinge strömten von allen Seiten herzu. Major von Lützow bildete in Schlesien sein berühmtes Freicorps, das die Blüte der Nation in der schwarzen Uniform der Trauer vereinigte. Zu ihm gehörte der Turnvater Jahn und der edle Friesen. Der 21jährige Theodor Körner verließ seine glänzende Stelle als Hoftheaterdichter in Wien und trat unter Lützows schwarze Jäger, sie als Dichter und Held zugleich begeisternd. Kurze Zeit nachher reiste der König zu einer mündlichen Unterredung mit Alexander nach Kalisch, wo am 27. Februar ein Bündnis mit Rußland abgeschlossen wurde. Am Geburtstage der verstorbenen Königin Luise (10. März) stiftete er als sinniges Zeichen der Auszeichnung in dem bevorstehenden Befreiungskampf das eiserne Kreuz, und am 16. März erklärte er an Napoleon den Krieg. Der 17. März brachte den ersehnten und denkwürdigen Aufruf des Königs „An Mein Volk", welcher die welsche Treulosigkeit, des Vaterlandes Erniedrigung und die für die Freiheit zu bringenden Opfer schilderte und mit den Worten schloß: „Mit Zuversicht dürfen wir vertrauen, Gott und ein fester Wille werde unserer gerechten Sache den Sieg verleihen und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit!" Zugleich entwarf Scharnhorst eine „Verordnung über die Bildung der Landwehr und des Landsturms" und gab für erstere den Wahlspruch: „Mit Gott für König und Vaterland." Jetzt herrschte in ganz Preußen nur eine Stimme, ein Gefühl, ein Zorn
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§. 27. Der deutsche Befreiungskrieg.
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Napoleon hatte seinen Stiefsohn Eugen Beauharnais von Magdeburg aus gegen Berlin vorgeschickt, aber Wittgenstein stellte ihm das verbündete Heer mit den Generalen York und Bülow entgegen, und am 5. April 1813 wurde er in dem Treffen bei Möckern zurückgeschlagen. Nun führte Napoleon ein aus Franzosen und Rheinbundstruppen gebildetes Heer von 120000 Mann nach Sachsen, wohin die Verbündeten von Norden und Osten mit 90 000 Mann gezogen waren, und es kam am 2. Mai zu der blutigen Schlacht bei Großgörschen unweit Lützen, in welcher die preußischen Truppen zeigten, daß ein anderer Geist sie beherrschte als bei Jena. Aber der Übermacht Napoleons und den ungeschickten Anordnungen Wittgensteins zufolge mußten sie weichen, und selbst der nächtliche Reiterangriff Blüchers konnte daran nichts mehr ändern. Die Verbündeten zogen auf das rechte Elbufer zurück; Scharnhorst eilte nach Prag, um Östreich zum Anschluß an die Verbündeten zu bewegen, und erlag daselbst seinen, in der Schlacht empfangenen Wunden. Napoleon zog in Dresden ein, wohin der geflohene König von Sachsen zurückkehrte, und folgte den Verbündeten nach der Lausitz, wo am 20. und 21. Mai die Schlacht bei Bautzen stattfand, in der abermals heftig gestritten, aber nichts entschieden wurde. Napoleon behauptete mit einem ungeheueren Verluste das Schlachtfeld, während die Preußen und Russen einen wohlgeordneten Rückzug nach Schlesien antraten.
Napoleon folgte, aber es kam nicht zum Kampfe, sondern zu einem sechswöchentlichen Waffenstillstände, der später bis zum 10. August ausgedehnt wurde. Während dieser Zeit fand ein Friedenskongreß in Prag statt, wo Napoleon die von Östreich gebotene Hand zur Vermittlung annahm, weil er hoffte, durch die Abtretung Schlesiens Östreich für sich zu gewinnen und Preußen für seinen Abfall von Frankreich züchtigen können. Allein der östreichische Bevollmächtigte, Fürst Metternich, welcher mit Napoleon eine sechsstündige Unterredung in Dresden hatte, bestand auf einer weisen Verteilung der europäischen Länder unter die Großmächte und auf Beschränkung des französischen Gebietes. Da eine Einigung unmöglich war, so erklärte Östreich den Krieg und schloß sich den Verbündeten an, welche sich unterdessen trefflich gerüstet hatten. England schickte Waffen und Geld, und der Kronprinz von Schweden, dem Norwegen in Aussicht gestellt wurde, erschien mit einem ansehnlichen Heere.
Die Streitkräfte der Verbündeten beliefen sich auf 480 000 Mann und verteilten sich auf drei Armeen: Die Hauptarmee in
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§. 28. Der Krieg in Frankreich.
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Viele ertranken im Elsterflusse, darunter auch Poniatowsky. An 80 000 Mann hatten die Franzosen, 50 000 die Verbündeten eingebüßt. Napoleon sloh mit den Resten seines Heeres dem Rheine zu. Bei Hanau suchte ihm der bayrische General, Fürst von Wrede, den Weg zu verlegen; aber der Kaiser warf seinen Gegner nach heftigem Kampfe am 30. und 31. Oktober zurück und entkam mit noch etwa 70 000 Mann nach Frankreich. Deutschland atmete wieder auf und begrüßte eine bessere Zukunft.
§. 28. Der Krieg in Frankreich unts ller erste Pariser Frielle 1814.
Der Rheinbund hatte sich nach Bayerns Rücktritt rasch aufgelöst, und alle Fürsten desselben schloffen sich den Verbündeten an bis auf den König von Sachsen, welcher bis zum letzten Augenblick seinem Worte treu blieb und darum nach Berlin in Gefangenschaft geführt wurde. In Frankfurt berieten die Verbündeten über die Herstellung der allgemeinen Ruhe; sie setzten Stein zum Verwalter der befreiten Gebiete ein und boten Napoleon den Frieden an. Frankreich sollte unabhängig bleiben und im Norden den Rhein zur Grenze haben. Napoleon aber wollte sich nichts vorschreiben lasien, er rüstete ein neues Heer und zögerte mit der entscheidenden Antwort. Da brachen auf das Drängen von Stein, Blücher („der Bonaparte muß herunter"), Gneifenau, Arndt u. a. die Verbündeten endlich die Unterhandlungen ab und führten ihre Heeressäulen in drei großen Abteilungen über den Rhein; das Hauptheer unter Schwarzenberg setzte bei Basel, Laufenburg und Schaffhausen über, Blücher in der Neujahrsnacht 1814 unter dem 12. Glockenschlag bei Kaub, Mannheim und Koblenz; von Holland endlich rückte Bülow mit seinen Truppen nach Süden vor. Rasch drängte nun alles zur Entscheidung. Am 1. Februar 1814 siegte Blücher, von Schwarzenberg unterstützt, bei La Rothitzre und trieb die Franzosen in wilde Flucht. Allein die Schwierigkeit der Verpflegung der vereinigten Armee nötigte die Verbündeten zu einer abermaligen Trennung der Heere, Blücher nahm seinen Weg der Marne, Schwarzenberg der Seine entlang auf Paris zu. Doch jetzt warf sich Napoleon, dessen Feldherrntalent noch einmal aufleuchtete, zwischen die getrennten Heere, drängte die Blüchersche Armee vom 10. — 14. Februar in vier glücklichen Treffen bei Champaubert, Montmirail, Chateau-Thierry und Vauchamps über Etoges zurück und wandte sich dann gegen das Schwarzenbergische Heer, das er
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§. 29. Die Herrschaft der hundert Tage. Napoleons Ende. 303
Mann", sodaß sie die meisten derselben zu Gefangenen machten und beinahe Napoleon selbst in ihre Gewalt gebracht hätten. Sie waren so dicht hinter ihm, daß er den Wagen samt Hut und Degen zurücklassen und ein Pferd besteigen mußte. Blücher nahm den Wagen mit Napoleons Mantel und Fernglas für sich, schenkte die darin befindlichen Kostbarkeiten seinen Soldaten und schickte des Kaisers Hut, Degen und Ordensstern seinem Könige. Die Engländer nannten die Schlacht nach ihrem letzten Hauptquartier Waterloo, die Franzosen nach Mont St. Jean, die Preußen nach den erstürmten Höhen von Belle-Alliance.
Blücher nutzte seinen Sieg bis zum äußersten aus und rückte rasch vor Paris. Napoleon entsagte bereits am 22. Juni zu Blois nach einer kurzen Herrschaft von 100 Tagen abermals dem Throne zu gunsten seines Sohnes, und eine Gesandtschaft überbrachte die Abdankung des Kaisers in das Lager der Verbündeten. Allein man erklärte, daß keine Unterhandlungen möglich seien, bis Napoleon ausgeliefert sei. Darum flüchtete er sich nach Rochesort und bestieg ein französisches Schiff, um nach Amerika zu entrinnen. Doch der Hasen war bereits von englischen Kreuzern gesperrt. In dieser Verlegenheit begab er sich an Bord des englischen Kriegsschiffes Bellerophon und trat zu dem Besehlshaber desselben, Kapitän Mail-land, mit den Worten: „Ich komme, um mich unter den Schutz der englischen Gesetze zu stellen." Allein für den Geächteten gab es kein Recht mehr. Die Landung bei Plymouth wurde ihm untersagt und der Befehl der Verbündeten vollstreckt, wonach „der General Bonaparte" als ihr gemeinsamer Gefangener nach St. Helena gebracht werden sollte. Alle Protestationen Napoleons waren vergeblich, man führte ihn auf den „Northumberland", welcher ihn mit seiner Begleitung, im ganzen 22 Personen, darunter die Generale Bertrand, Montholon, Gourgaud und Las Cases, nach dem Verbannungsorte brachte. Hier landete er am 18. Oktober 1815 und lebte noch über 5 Jahre unter der peinlichen Aufsicht des englischen Gouverneurs Sir Hudson Lowe. Seine Zeit brachte er damit hin, daß er seine Memoiren aufschrieb und die Kinder seiner treuen Generale unterrichtete oder den Garten hinter seinem Landhause Longwood bearbeitete. Ein Magenübel machte am 5. Mai 1821 seinem Leiden ein Ende; Blücher war ihm bereits zwei Jahre früher im Tode vorangegangen. Der Sohn Napoleons lebte mit dem Titel eines Herzogs von Reichstadt in Wien, wo er 1832 starb.
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Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Paris Amerika Kapitän_Mail-land Plymouth Napoleons Gourgaud Longwood Napoleons Wien