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1. Geschichte der Neuzeit - S. 194

1887 - Wiesbaden : Kunze
194 Zweite Periode der Neuzeit. botanischen Garten in Berlin und eine chirurgische Anstalt an der Akademie. Daß er kein Feind wissenschaftlicher Bildung war, zeigte er durch die Unterstützung der Gymnasien. Besondere Fürsorge widmete er dem Volksunterricht. In allen Teilen seines Staates ließ er Volksschulen errichten, in Ostpreußen allein an tausend, und machte es den Eltern zur Pflicht, ihre Kinder vom fünften bis zum zwölften Jahre zur Schule zu schicken, damit jeder Unterthan in Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet werde. Der Gedanke, daß die Sicherheit des preußischen Volkes auf seinem Heere beruhe, richtete die Sorge des Königs fortdauernd auf die Verbesserung und Vermehrung des Heerwesens. Er teilte das Land in Militärbezirke ein und wies jedem Regiment einen Bezirk an, aus welchem es die Hälfte seiner Truppen auszuheben hatte, die übrigen wurden geworben. Wie die Staatseinkünfte stiegen, so mehrte sich auch die Zahl der Truppen. Für die Ausbildung sorgte Fürst Leopold von Dessau, der „alte Dessauer", in einem Grade, daß die preußischen Soldaten allgemein für Mustertruppen galten. Der König, selbst von Herzen Soldat, wandte seinen „lieben blauen Kindern" sein ganzes Interesse zu. Besondere Neigung zeigte er zu langgewachsenen und wohlgebildeten Leuten, die er in seinem Leibregiment, dem berühmten Regiment der „Potsdamer Riesen" vereinigte. Zu ihrer Erlangung scheute der sonst so sparsame Fürst keine Ausgabe, und Werber mußten sie ihm aus aller Herren Länder zusammenbringen. Das häusliche Leben des Königs war bürgerlich eingerichtet. Überall waltete Einfachheit, Ordnung und strenge Regelmäßigkeit. Der König stand früh auf und widmete einen großen Teil des Tages den Staatsgefchäften. An Stelle üppiger Gastmähler herrschte bürgerlicher Tisch. Die prunkenden Hossestlichkeiten, Schauspiele und geistreichen Cirkel waren verschwunden, statt dessen gab's Wachtparaden und Truppenmusterungen. Die Königin und ihre Töchter beschäftigten sich mit Handarbeiten und häuslichen Verrichtungen. Erholung fand der König abends in dem „Tabakskollegium". In diesem versammelten sich seine Generale, Minister, Räte, Gelehrte, auch wohl auswärtige Gesandte zu ungezwungenem Verkehr. Man rauchte Tabak, trank Bier bei kalter Küche, unterhielt sich über die verschiedensten Dinge, erzählte Scherze, neckte sich auch wohl oder machte, wie der „alte Dessauer", derbe Witze. In diesem vertrauten Kreise ließ der König seiner Laune freien Lauf und äußerte sich

2. Geschichte der Neuzeit - S. 288

1887 - Wiesbaden : Kunze
288 Dritte Periode der Neuzeit. stand die Rechte zuerkannt, welche ihm so lange waren vorenthalten worden. Dahin gehörten die Aufhebung der Leibeigenschaft und des Dienstzwanges, die Einführung städtischer Selbstverwaltung und freier Wahlen, das Recht Rittergüter anzukaufen, Offiziersstellen und höhere Civilämter zu bekleiden — lauter Einrichtungen des edlen Freiherrn Heinrich Friedrich Karl vom Stein, eines Mannes von biederem Charakter und großer Einsicht/ der ebensosehr von kindlichem Vertrauen auf die göttliche Vorsehung, wie von begeisterter Liebe zum deutschen Vaterlands durchdrungen war. Geboren zu Nassau an der Lahn 1757, war er 1780 in preußische Dienste getreten und nach kurzer Zeit Oberpräsident in Westfalen geworden. Im Jahre 1804 berief ihn der König zum Finanz- und Handelsminister, Anfang 1807 entließ er ihn ungnädig, aber nach dem Tilsiter Frieden setzte er ihn als Minister wieder ein und legte die Leitung der Staatsangelegenheiten in seine Hände. Seine Wirksamkeit erstreckte sich nun auf alle Verhältnisse und war von den schönsten Erfolgen begleitet. Um die Mittel zur Zahlung der Kriegskosten aufzubringen, wurden geistliche Güter und Domänen verkauft, ein Zwangskurs für Papiergeld eingeführt und die Steuerkraft des willigen Volkes trotz der traurigen Lage, in der es sich befand, höher gespannt. Dabei ging die königliche Familie mit dem seltensten Beispiel von Sparsamkeit und Selbstentäußerung voran, indem sie den Haushalt auf das Notwendigste beschränkte, und z. B. irdenes Tafelgeschirr in Gebrauch nahm, während das goldene Tafelgeschirr der königlichen Ahnen für 4^2 Millionen Mark verkauft und ein Teil der Kriegskosten damit bezahlt wurde, sodaß das Land nach vollständiger Entrichtung derselben Ende 1808 von der französischen Besetzung befreit wurde. Napoleon lernte die Gefahr, welche Stein ihm bereitete, aus einem aufgefangenen Briefe an Fürst Wittgenstein kennen, worin Stein die Erhebung des Volkes durch Nährung der Unzufriedenheit in demselben empfahl. Stein mußte (Januar 1809) feine Entlassung nehmen und wurde von Napoleon geächtet und seiner Güter beraubt. Er begab sich nach Östreich und später nach Rußland, wo er seine patriotische Wirksamkeit an dem Hose Alexanders fortsetzte. Sein Nachfolger in Preußen wurde 1810 der zum Staatskanzler ernannte einsichtsvolle, kluge und gewandte Graf Hardenberg (geb. 1750 zu Hannover), der Steins Werk fortsetzte und von edeln Männern, wie Schön, Niebuhr, Vincke, Wilhelm von Humboldt unterstützt wurde. An Steins Seite wirkte der redliche, stille, echtdeutsche Gerhard David Scharnhorst für Umge-

3. Geschichte der Neuzeit - S. 268

1887 - Wiesbaden : Kunze
268 Dritte Periode der Neuzeit. neuerung von Titeln , Rangstufen und Orden, die von der Revolution beseitigt worden waren, unter veränderten Formen. Napoleons Brüder wurden Prinzen, die Schwestern Prinzessinnen. Die Anhänger und Förderer seiner Pläne wurden zu hohen Würden berufen oder zu Senatoren ernannt und durch große Einkünfte mit dem Kaiserthron verknüpft. Sechs Großwürdenträger mit Fürstenrang wurden eingesetzt, darunter Cambabsrtzs als Erzkanzler, Lebrun als Erzkämmerer. Unter den Hofbeamten befanden sich Kardinal Fesch, der Oheim Napoleons, als Großalmosenier, Telleyrand als Großkammerherr. Aus den Generalen wurden 16 Marschälle ernannt, darunter: Bernadotte, Berthier, Davoust, Jourdan, Massena, Mortier, Murat, Ney, Soult. Ein Lehnsadel mit den Abstufungen von Fürsten, Herzögen, Grafen, Baronen schloß den Prachtbau des Kaiserhofes. Die durch die Republik entstandenen Einrichtungen wurden nach und nach abgeschafft, die bürgerliche Freiheit mehr und mehr beschränkt, die Presse streng überwacht und eine Zwingherrschaft eingeführt, wie die Bourbonenherrfchaft sie nie ausgeübt hat. Aber das Volk beugte sich, ließ sich Truppenaushebungen, Handelssperre und hohe Besteuerung gefallen, weil wenigstens Religionsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetze und das Eigentumsrecht des Bauernstandes an dem Grund und Boden des Landes gewahrt blieb; weil die Ruhmsucht des französischen Volkes in des Kaisers Thaten reiche Nahrung fand; weil Handel und Gewerbe aufblühten, der Wohlstand sich mehrte, Kunst und Wissenschaft gepflegt wurden und in der Hauptstadt durch Errichtung herrlicher Bauten eine seltene Pracht zur Entfaltung kam. Im Frühjahr 1805 wurde die italienische Republik in ein Königreich Italien umgewandelt, und am 26. Mai 1805 setzte sich Napoleon in Mailand die eiserne Krone der Lombarden aufs Haupt, indem er die inhaltsschweren Worte sprach: „Gott gab sie mir; wehe dem, der sie anrührt!" Sein Stiefsohn Eugen Beauharnais wurde Stellvertreter und deshalb zum Vizekönig eingesetzt. Parma wurde dem neuen Königreich beigefügt, Lucca erhielt Napoleons Schwester Elise, welche mit dem Korsen Bacciochi vermählt war. Die ligurische Republik wurde mit Frankreich vereinigt. Der dritte Koalitionskrieg 1805. Bald nach dem Friedensschlüsse von Amiens entstand zwischen England und Frankreich wieder die alte Spannung. England verweigerte die Herausgabe Maltas an den Johanniterorden, erklärte 1803 von neuem an Frankreich den Krieg und nahm französische und holländische Schiffe weg.

4. Geschichte der Neuzeit - S. 307

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 31. Die Ereignisse von 1815—1830. 307 banners, die schwarzrotgoldene Fahne, aufgepflanzt. Mißtrauisch sahen die Regierungen, vom Adel, von der Geistlichkeit und von der Armee getragen, dem Treiben der deutschen Patrioten zu. Auf dem Kongreß zu Aachen 1818, wo den Franzosen ein Teil der auferlegten Kriegskosten erlassen und die deutschen Besatzungstruppen zurückgezogen wurden, übergab der russische Staatsrat Sturdza eine Denkschrift, welche das Treiben auf den deutschen Universitäten als revolutionär bezeichnete. Man beobachtete die sogenannten demagogischen Umtriebe der deutschen Jugend genauer, und als ein schwärmerischer Student aus Wunsiedel, Karl Ludwig Sand, den russischen Staatsrat und Komödienschreiber August von Kotzebue, welchen man für einen gefährlichen russischen Spion hielt*), in Mannheim 1819 ermordet hatte, vereinigten sich die deutschen Fürsten auf Veranlassung des jeder freiheitlichen Bewegung entgegenwirkenden östreichischen Ministers Metternich, dessen engherzige Politik nur auf die Erhaltung des Bestehenden gerichtet war, zu einem Ministerkongresse zu Karlsbad 1819, welcher die deutschen Universitäten unter Aufsicht stellte, die Presse durch Einführung der Censur beschränkte, eine Untersuchungskommission in Mainz gegen demagogische Umtriebe anordnete**), die Turnplätze schloß und die Regierungen der Einzelstaaten von den Beschlüssen des Bundestages abhängig machte. Noch im nämlichen Jahre fand ein besonderer Ministerkongreß sämtlicher deutschen Bundesstaaten zu Wien statt, dessen Beschlüsse als die Schlußakte des deutschen Bundes am 15. Mai 1820 einstimmig angenommen wurden. Sie zielten hauptsächlich dahin, in den einzelnen Staaten den Landständen, welche allmählich ins Leben traten, nur eine beschränkte Mitwirkung *) Kotzebue war mit einem deutschen Wochenblatte ausgetreten und hatte darin den deutschen Patriotismus, die Tracht und das Auftreten der altdeutsch gekleideten Studenten und die Redesucht der Professoren bewitzelt. Als man, hierüber aufgebracht und erbittert, noch erfuhr, daß Kotzebue geheime Berichte nach Petersburg schickte, ward sein Untergang beschlossen. Sand wurde 1820 in Mannheim hingerichtet. **) Lange Zeit wurde nach staatsgefährlichen Verbindungen gesucht, eine große Zahl Studenten ins Gefängnis gebracht und gegen viele Professoren vorgegangen. Der Turnvater Jahn wurde verhaftet, Ernst Moritz Arndt in Bonn, Fries in Jena des Amtes entlassen; de Wette und Oken gingen in die Schweiz. Die Feier des 18. Oktobers ward verboten und das Siegesdenkmal auf dem Leipziger Schlachtfeld umgestürzt. Viele jüngere, talentvolle Männer wanderten in die Schweiz oder nach Amerika. 20*

5. Geschichte der Neuzeit - S. 247

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 20. Die konstituierende Versammlung. 247 absichtigten so rasch als möglich die Königswürde zu beseitigen und eine französische Republik zu gründen. In der Nationalversammlung selbst waren die meisten Mitglieder noch dem eingeschränkten Königtum hold, und auch Graf Mirabeau, welcher wegen seiner leichtfertigen Jugendstreiche von Ludwig Xvi. nicht, so sehr dieser es auch in feinem Interesse erachtete, ins Ministerium berufen werden konnte, war entschieden für die Beibehaltung der Monarchie und hatte einst von der Königin bei einer Zusammenkunft in St. Cloud mit den Worten Abschied genommen: „Madame, die Monarchie ist gerettet!" Allein er hatte seinem Ansehen, seiner Rednergabe und seinem Einflüsse zu viel vertraut und sah seine Täuschung erst ein, als er plötzlich 1791 starb. Die Jakobiner steuerten inzwischen energisch ihrem Ziele zu, bildeten Klubs und Vereine in Paris und im ganzen Lande, und beherrschten mit Hilfe der ihnen anhängenden Volksmasse, welche die Tribüne der Nationalversammlung belagerte, die Beratungen. Man nannte die Jakobiner auch den Berg, weil sie ihre Plätze auf den höchsten Bänken hatten, während die gemäßigteren, meist Abgeordnete des Departements der Gironde, Girondisten genannt wurden. Beschlüsse folgten auf Beschlüsse. Alle Kirchengüter wurden für Staatseigentum erklärt, die Geistlichen vom Staate besoldet und auf die Verfassung verpflichtet; die Güter der aus Frankreich flüchtenden Adeligen (Emigranten) wurden eingezogen und verkauft, alle Titel, Wappen und sonstige Standesauszeichnungen abgeschafft, Geschworenengerichte eingesetzt und dem Könige, im Falle er die Domänen als Eigentum der Nation herausgebe und diese Beschlüsse billige, eine Civilliste von 25 Millionen Franken bewilligt. Um den Verkauf der einzuziehenden Güter zu erleichtern, ward Papiergeld eingeführt, welches man Assignate nannte, weil es auf die eingezogenen Güter angewiesen war. Die alte Einteilung Frankreichs in Provinzen mußte einer neuen in 83 Departements weichen. Da alle Titel abgeschafft worden waren, so redete man sich nur mit Bürger oder Bürgerin an. Bundes- und Versöhnungsfest. Flucht des Königs. Aus den Antrag Pst io ns, des Maire von Paris, ward am Jahrestage des Bastillensturms (14. Juli) 1790 auf dem Marsfelde ein großes Bundes- oder Versöhnungsfest gefeiert, bei welchem der König, die Nationalversammlung, die Nationalgarde, das Heer und eine Volksmenge von nahe einer halben Million zugegen waren. In der Mitte des Festplatzes stand vor dem „Altar des Vaterlandes" der Bischof Talleyrand von Autun

6. Geschichte der Neuzeit - S. 331

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 33, 2. Volksbewegungen in Deutschland. 331 Verfassung durch, worin ein auf 10 Jahre gewähltes verantwortliches Oberhaupt vorgeschlagen wurde. Der bewaffnete Volksaufstand wurde unterdrückt, und die Volksabstimmung entschied sich für die vom Präsidenten vorgelegte Verfassung. Der Staatsstreich war gelungen und ebnete Louis Napoleon den Weg zur Kaiserkrone. Am 7. November 1852 beschloß der gefügige Senat die Wiederaufrichtung des französischen Kaisertums in der Person Louis Napoleons, und nachdem sich die Volksabstimmung für den Senatsbeschluß erklärt hatte, ward er am 2. Dezember 1852 feierlich als Napoleon M. zum erblichen Kaiser der Franzosen ausgerufen. Die europäischen Mächte erkannten ihn als solchen an, weil er die Ruhe Frankreichs wieder hergestellt hatte, und sein Wort: „L’empire c’est la paix“ im In- und Auslande Vertrauen fand. Am 30. Januar 1853 vermählte er sich mit der Gräsin Eugenie von Montijo, der Tochter eines spanischen Granden, und drei Jahre später erfolgte die Geburt eines Thronerben. 2. Volksbewegungen in Deutschland. Die Februarrevolution in Frankreich rief auch in Deutschland Volksbewegungen hervor, wo das Volk von seinen Regierungen die Verbesserungen und Freiheiten zu erzwingen suchte, welche man ihm vorenthielt. Freiheit der Presse, freies Versammlungsrecht, Öffentlichkeit und Mündlichkeit in der Justiz mit Schwurgerichten, Volksbewaffnung, freie, volkstümliche Verfassungen, insbesondere aber eine innige, feste Verbindung der einzelnen Staaten zu einem starken, einigen und geachteten Deutschland mit Vertretung des Volkes — das waren die allgemeinen Forderungen der deutschen Nation. In den ersten Tagen des Monats März schritten die Volksbewegungen in den kleineren Staaten so energisch vor, daß die Regierungen nachgaben und den dringend ausgesprochenen Wünschen entsprachen. In Bayern übergab König Ludwig die Regierung dem Kronprinzen Maximilian, das gleiche that der alte Großherzog von Hessen-Darm st ad t. Kurhessen und Hannover erhielten freisinnige Ministerien, welche sofort zu reformieren begannen. Preußen. In Preußen veranlaßte die Aufregung des Volkes den König Friedrich Wilhelm Iv., daß er am 18. März 1848 in einer Botschaft eine freie Verfassung und Mitwirkung für Verbesserung des deutschen Bundes verhieß. Darüber entstand in

7. Geschichte der Neuzeit - S. 337

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 33, 4. Aufstände in Italien, Östreich und Ungarn. 337 Ferdinand I. mußte eine Verfassung geben und die Errichtung einer Nationalgarde bewilligen. Bald genügte aber diese Verfassung nicht mehr, und man verlangte und erhielt eine konstituierende Versammlung. Die in Böhmen ausgebrochenen Unruhen hatte Fürst Windisch-grätz schnell gedämpft. In Ungarn nahm der Ausstand jedoch einen so großartigen Charakter an, daß Östreich sich zuletzt außer stände sah, die Ruhe wieder herzustellen. Hier war nämlich der Gedanke angeregt worden, den Ungarn die alten Privilegien wieder zu erzwingen, deren sie sich ehemals erfreut hatten, und darum verlangten die Stände eine selbständige Nationalregierung unter einem Erzherzog (Palatin), eine Resorm ihrer Verfassung, Minderung der Steuern und für das ungarische Militär das Vorrecht, nicht außerhalb des Königreiches dienen zu müssen. Kaiser Ferdinand I. hatte diese Forderungen nicht alle unbedingt gewähren können, aber die Einsetzung eines besonderen verantwortlichen ungarischen Ministeriums bewilligt, dessen Seele der Finanzminister Ludwig Kossuth wurde. Zwischen den Magyaren, Slavoniern und Kroaten bestand schon längst Uneinigkeit; darum benutzte der Banus Jellachich von Kroatien den Augenblick, wo die Ungarn dem Kaiser jene Vorrechte im Drange der Zeitverhältnisse abgenötigt hatten, um sich von Ungarn loszureißen und das kaiserliche Ansehen wieder auszurichten. Zwar mußte der Kaiser die Absetzung des Banus ^hängen, allein derselbe reiste nach Innsbruck, wo Ferdinand weilte, und fand daselbst freundliche Aufnahme. Jellachich überschritt alsbald die ungarische Grenze, mußte sich aber wieder zurückziehen. Kurz darauf ernannte der Kaiser, nachdem er die ungarische Nationalversammlung aufgehoben hatte, den Banus zu feinem Stellvertreter in Ungarn und bekleidete ihn mit unumschränkter Gewalt. Die Wiener widersetzten sich dem Abmarsche der östreichischen Truppen, welche zu Jellachichs Armee nach Ungarn aufzubrechen Befehl erhalten hatten, und das gesamte Proletariat der Kaiserstadt bewaffnete sich. Der Kriegsminister Latour wurde vom Volke grausam ermordet, und der Kaiser begab sich nach Dlmütz in Mähren. Er verhängte den Belagerungszustand über Wien, ließ die Stadt durch den Fürsten Windischgrätz beschießen und den Reichstag nach Kr em-fier in Mähren verlegen. Wien konnte sich nicht lange halten und fiel den Truppen in die Hände. Ein blutiges Strafgericht kam über die Rädelsführer der Wiener „Oktoberrevolution". Robert Blum, ein Mitglied des Frankfurter Parlaments, welcher auf die Kunde von diesen Vorgängen nach Wien geeilt war, Ludwig Cassians Weltgeschichte. Iii. 5. Aufl. v. Ph. Beck. 22

8. Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) - S. 68

1912 - München : Oldenbourg
68 Die Zeit Ludwigs Xiv. seinem königlichen Berufe unermüdlich tätig. Außerdem wußte er die richtigen Männer an den richtigen Platz zu stellen und sie zu gehorsamen Vollstreckern seines Willens zu machen. Einen leitenden Staatsmann ernannte der König überhaupt nicht. „Premierminister" war er nach seinem eigenen Ausspruch selbst. Die einzelnen Minister und Generale hatten ein ganz bestimmtes Wirkungsgebiet: so verwaltete der rechtliche Colbert (t 1683) die Finanzen; der umsichtige, aber rücksichtslose Louvois (t 1691) führte eine großartige Neuordnung und Vermehrung der Armee durch1); erfahrene Feldherrn, wie Turenne (t 1675), Conde (t 1686), später der Marschall v. Luxemburgs-1695) it. a., standen an der Spitze des Heeres; der geschickte Baumeister Vauban (f 1707) sicherte die Grenze durch starke Festungen zc.zc. Beraten von diesen und ähnlichen tüchtigen Männern, leitete Ludwig sowohl die innere als die äußere Politik vollständig nach eigenem Ermessen, wobei er nach dem Grundsatz „L/Etat c’est moi“ die Nation gewissermaßen in sich verkörpert sah. Die Reichsstände wurden nie einberufen; das Pariser Parlament mußte königliche Verordnungen ohne Widerspruch einregistrieren; der früher so selbstbewußte Adel drängte sich an den Hof, in die Offiziers- und Beamtenstellen: kurz, aus sämtlichen Gebieten des öffentlichen Lebens galt ausschließlich der Wille des Königs. Ludwig war die „Sonne" (roi-soleil), um die sich alles drehte und von der alles Leben im Staate ausging. b) Die inneren Verhältnisse. Im Innern erstrebte Ludwig neben der Vollendung des Absolutismus vor allem die wirtschaftliche Hebung des Landes. Diese sollte die Mittel liefern für die Befriedigung der Neigungen und Wünsche des Königs, die darin gipfelten, daß der Glanz des Hofes den aller anderen Fürstenhöfe überstrahle. Auch die Pflege der Künste und Wissenschaften diente dem gleichen Zweck. Auf religiösem Gebiete suchte Ludwig die kirchliche Einheitlichkeit in der Form des Katholizismns herzustellen, wobei er aber die königliche Macht auch der Kirche gegenüber gewahrt sehen wollte. Zu Ansang seiner Regierung zeigte Ludwig großes Pflichtbewußtsein und Verantwortungsgefühl. Dann aber geriet er in eine Überspannung des Absoln-tismns hinein, d. H. er wollte jede Selbständigkeit im öffentlichen Leben unterdrücken. Noch bedenklicher wurde, daß er (etwa feit 1680) die Wohlfahrt des Landes rücksichtslos seiner Prunk- und Ruhmsucht opferte. Damit setzte zunächst ein wirtschaftlicher Verfall ein, dem allmählich auch ein politischer Niedergang folgte. 1. Die Verwaltung des Landes geschah durch den S t a a t s r a t; die einzelnen Provinzen unterstanden königlichen Intendanten, die einzelnen Städte sog. Maires. Allerdings war ein Teil dieser Ämter käuflich. — In die Rechtspflege griff die Krone vielfach durch geheime Haftbefehle (lettres de cachet) ein, auf Grund deren jeder Verdächtige oder Unbotmäßige ohne gerichtliches Verfahren ins Gefängnis (meist in die Pariser B a st i l l e) gesetzt werden konnte. 1) Das Heer, einheitlich geschult und mit den neuesten Feuerwaffen ausgerüstet, galt als das beste in Europa; ebenso war die Kriegsflotte der englischen und holländischen ebenbürtig.

9. Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) - S. 79

1912 - München : Oldenbourg
Bayern unter Max Emanuel u. Ferdinand Maria. England bis 1714. 79 England bis zur Thronbesteigung des Hauses Hannover (1714). 1. England als Republik. Das Bestreben der beiden ersten Stuarts, den Absolutismus einzuführen, hatte die Hinrichtung Karls I. und die Abschaffung des Königtums zur Folge gehabt. Doch war die nun errichtete 1649 Republik (ohne Oberhaus) nur eine durch republikanische Formen verhüllte Militärdiktatur: die gesetzgebende Gewalt lag der Verfassung nach beim (Rumpf-)P a r l a m e n t, die vollziehende bei einem Staats-r a t, in dem der Dichter Milton (S. 63) eine leitende Rolle spielte. Da aber die im Parlament vorherrschenden, republikanisch gesinnten Independenten nur die Minderheit der Nation vertraten — die Mehrheit des Volkes hing der Monarchie an —, konnte sich das Parlament nur dadurch in der Macht erhalten, daß es sich auf das Heer stützte. Weil nun die Armee in Cromwell ihren anerkannten Führer verehrte, wurde dieser das eigentliche Oberhaupt Englands. Er unterwarf die aufständischen Iren und Schotten, die den ältesten Sohn des Hingerichteten Königs als Karl Ii. zum Herrscher ausgerufen hatten, besiegte den von Schottland aus in England eingefallenen Karl Ii. bei Worcester (am Severn) 1651 und zwang ihn zur Flucht nach Frankreich. So wurde die Einheit der drei Reiche wiederhergestellt und die neue Staatsordnung gesichert. a) Innere Verhältnisse. Im Innern kam es bald zu Streitigkeiten zwischen dem Parlament und dem Heer. Deshalb würde das Parlament ausgelöst (1653). Zugleich übernahm Cromwell als lebenslänglicher Protektor im Verein mit einem feit 1653 Staatsrat die ausübenbe Gewalt nebst der Verfügung über die Land- und Seemacht; außerbem erhielt er das Recht, seinen Nachfolger zu ernennen. Das bebeutete den militärischen Absolutismus, verkörpert in der Person des Protektors, wenn auch baneben ein (wieberholt neugewähltes) Parlament dem Namen nach fortbestanb. Doch mußte Cromwell bis zu seinem Tode vor Verschwörungen auf der Hut fein. f 1658 b) Äußere Ereignisse. Nach außen hin vertrat Cromwell die englischen Interessen mit Nachbruck und Erfolg. Weil Hollanb die vertriebenen Stuarts unterstützte, erließ das englische Parlament die sog. Navigationsakte, nach welcher 1651 Frembe (Nichtenglänber) nur felbfterzeugte Waren nach England einführen bürsten. Diese Verorbnung schloß den hollänbischen Handel, der in der Hauptsache Zwifchenhanbel war, fast vollstänbig von England aus. Darüber entbrannte der erste holländisch-englische Leekrieg, in dem der britische Abmiral Blake über die 1652—54 bewährten nieberlänbifchen Rottenführer % r o m p und b e Ruyterbie Oberhalb behielt. Damit begann die Vormachtstellung zur See von Holland auf England überzugehen. — In einem Krieg gegen Spanien, den Cromwell als Bundes-1654—59 genösse Frankreichs (Mazarins) führte, gewann er die weftinbifche Insel Jamaika und den Hafen Dünkirchen (bei Calais). Uiöer Cromwells Sohn und Nachfolger, der schwache Richard Cromwell, 1658/59 fühlte sich den schwierigen Verhältnissen nicht gewachsen und legte deshalb nach kurzer Zeit die Protektorwürbe freiwillig nieber (1659). Die nun folgende Willkürherrschaft des Heeres ließ allgemein den Wunsch nach einer gesicherten Orbnung entstehen. So kam es zur Wieberherftellung des Königtums.

10. Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) - S. 147

1912 - München : Oldenbourg
Die Errichtung der Militärmonarchie in Frankreich und Italien. 147 Ii. Die Gewaltherrschaft Napoleons und ihr Zusammenbruch. Die Errichtung der Militärmonarchie in Frankreich (und Italien). 1. Das Konsulat. Die Sehnsucht des französischen Volkes nach geordneten, Dauer versprechenden Zuständen ermöglichte es, die Konsularverfassung derart auszugestalten, daß sie zwar den Schein einer Republik 1800 bestehen ließ, in Wirklichkeit aber den Ersten Konsul mit einer Macht umkleidete, die sich von der eines absoluten Monarchen kaum unterschied. Die vollziehende Gewalt besaß der (zunächst auf 10 Jahre gewählte) Erste Konsul (Napoleon), dem zwei weitere Konsuln als Beiräte zur Seite standen. Der Erste Konsul entschied über Krieg und Frieden und machte den gesetzgebenden Körperschaften Vorschläge. Unterstützt wurde er durch einen Staatsrat und den Senat, der aus 80 von den Konsuln auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern bestand. Die Senatoren wählten aus 5000 von den Departements vorgeschlagenen „Notabeln" die sog. Volksvertretung; diese übte die gesetzgebende Gewalt und zwar in der Weise, daß ein Tribunal (von 100 Mitgliedern) über die Vorschläge der Konsuln beriet (ohne abzustimmen), ein Gesetzgebender Körper (von 300 Mitgliedern) abstimmte (ohne zu beraten). Senat und Volksvertretung waren somit ganz in der Hand des Ersten Konsuls, der sie überdies aus der Staatskasse reichlich besoldete. — In den Staatsrat und zu Ministern wählte Napoleon die hervorragendsten Männer Frankreichs. So wurde der gewandte Diplomat T a 11 e y -rand Minister des Äußern; der verschlagene Fouchä besorgte die Polizei, der energische C a r n 0 t das Kriegswesen usw. — Durch Einsetzung von P r ä -fekten (für die Departements), von Unter Präfekten (für die Arrondissements, Unterabteilungen der Departements) und von Maires (für die Gemeinden) schuf man die Zentralisation der Verwaltung. Nun ging Napoleon mit wunderbarem Erfolg an den inneren Wiederaufbau Frankreichs, wobei ihm seine staunenswerte Willens- und Arbeitskraft, sein außerordentlicher Scharfsinn und sein unvergleichliches Gedächtnis zustatten kamen; „il veut tout, fait tout, sait tout“ sagte Sieyes von ihm. Napoleons erste Sorge galt den arg zerrütteten wirtschaftlichen Verhältnissen. Die wiederhergestellte Sicherheit der Person und des Eigentums, die Handels- und Gewerbefreiheit, eine gerechte Besteuerung, zahlreiche Straßen-^, Brücken- und Kanalbauten 2c. 2c. bewirkten einen raschen wirtschaftlichen Aufschwung des an sich reichen Landes. Für die Regelung der Geldverhältnisse sorgte nach Beseitigung der Assignatenwirtschaft diebankvonfrankreich. — Eine segensreiche Schöpfung war die des Code Napoleon, der die Errungenschaften der Revolution (Gleichheit aller 1804 Bürger vor dem Gesetz, Öffentlichkeit und Münblichfeit des Verfahrens; S. 129) beut Volke bauernb sicherte. — Durch die Überweisung des Unterrichtswesens an den Staat erlangte die Regierung den nämlichen Einfluß auf die Volkserziehung, den früher die Kirche besessen hatte. — Den Frieden mit der Kirche stellte Napoleon durch bcty Kontor bat her, nach welchem die Bischöfe und Geistlichen vom Staate 1801 ernannt und besolbet, vom Papste bestätigt würden; das eingezogene Kirchengut blieb in den Hänben der beseitigen Besitzer. — Den Emigranten und anberweitig Verbannten gestattete man durch eine allgemeine Amnestie die Rückkehr. ') b- B. die großartige Alpenstraße über den Simplon. 10"
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