— 175 —
Dienstmann des Königs eine reiche ägyptische Karawane, bei der sich auch eine Schwester des Sultans Saladin befand, und plünderte sie völlig aus. Und als Saladin Schadenersatz und Bestrafung des Übelthäters forderte, weigerte sich der König von Jerusalem. Nun schwur Saladin, sich selber Rache zu schaffen, und bald war Jerusalem und Akkon erobert und tausende von Christen büßten mit ihrem Blute den Frevel.
Zweiter Abschnitt: Der vierte Kreuzzug.
Ii a. Ursache? Weitere Eroberungen Saladins nach Richards Heimkehr; Kreuzpredigt des gewaltigen Papstes Innocenz Iii, der sich noch mehr, wie einst Gregor Vii., als Oberherrn aller Könige und Fürsten suhlte. Sein Gebot lautete: Sämtliche Könige und Herren sind vor allem schuldig, ihren obersten Lehnsherrn Christus, dem die Feinde sein Land entrissen haben, zu Hilfe zu eilen. Wer das Kreuz nimmt, erhält Vergebung der Sünden; wer einen Kreuzfahrer hindert, wird mit dem Bann bestraft. Die Kreuzprediger sollen jedermann zum Kreuzgelübde zulassen, ohne zu prüfen, ob er tauglich ist, ja sogar reuige Verbrecher. Täglich soll in allen Kirchen gebetet und monatlich soll eine feierliche Prozession veranstaltet werden, damit Gott den Seinen Sieg über die Ungläubigen verleihe. Vier Jahre lang dürfen die Christen keinen Krieg unter einander führen, drei Jahre lang kein Turnier halten. Jeder Geistliche muß drei Jahre lang den 20. Teil seines Einkommens, der Papst und die Kardinäle werden den 10. Teil ihres Einkommens für den Kreuzzug opfern, und jeder Christ soll nach Vermögen in die in jeder Kirche aufgestellten Opferstöcke Geld spenden.
Teilnehmer? Zuerst bereit war ein französisches Heer von etwa 40 000 Kriegern, das die Venetianer für 4 Millionen Mark auf einer Flotte überfahren und ein Jahr lang verpflegen sollten.
Ausgang? Der ehrgeizige Doge von Venedig bewog die Kreuzfahrer, im Bunde mit der venetianischen Kriegsflotte (72 große Kriegsschiffe) zunächst gegen Konstantinopel zu ziehen. Und wirklich gelang es der Tapferkeit der Franzofen und Venetianer nach furchtbarem Kampfe, die Mauern der alten Kaiserstadt zu erstürmen. Schrecklich wüteten die grimmigen Eroberer trotz des Verbotes der Fürsten mit Mord und Mißhandlung unter den unglücklichen Einwohnern und erbeuteten unermeßliche Schätze. Zum Herrscher des eroberten Kaiserreiches, das nun das „lateinische" hieß, wurde ein französischer Graf erwählt, während ein venetianischer Bischof in der Sophienkirche zum römisch-katholischen Patriarchen von Konstantinopel ernannt wurde. Auch die Länder und Städte verteilten die Sieger unter sich. Der letzte griechische Kaiser war dem Blutbad entronnen und nach Nicäa hinüber geflohen, wo er sich und sein kleines Reich mühsam gegen die Türken und die Lateiner behauptete.
Erläuterung der angegebenen Thatsachen. Hervorhebung der Hauptpunkte: Gewalt des Papstes Innocenz; Kriegsmacht und Reichtum
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Extrahierte Personennamen: Richards Innocenz_Iii Innocenz Gregor_Vii Gregor Christus Innocenz Innocenz
— 4 —
Aber rasch wandte sich ein Kardinal an das Volk und sprach: „Brüder, ihr wißt, wie Hildebrand seit Jahren die heilige römische Kirche erhöht hat. Wir finden für das römische Bistum keinen seinesgleichen. Darum wählen wir ihn, der in allen Dingen erprobt ist!" Freudig riefen einige Kardinäle: „Der heilige Petrus hat den Papst Gregor gewählt!" Die aufgeregte Menge riß Hildebrand mit sich fort zur Krönungskirche, uno hier wurde er zum Papst geweiht. Nachträglich erklärten sich auch die übrigen Kardinäle mit seiner Wahl einverstanden. So wurde Hildebrand in einem Alter von etwa 40 Jahren Papst und nannte sich Gregor Vii.
Zur Erläuterung: Wie kam es, daß der Bauernknabe so rasch emporstieg? Warum erschrak Hildebrand? (Last und Größe des Amtes). Warum wurde er doch gewählt? Wer waren seine Wähler? Das Volk von Rom und die Kardinäle. (Die Kardinäle waren die vornehmsten Geistlichen Roms und des Kirchenstaates, es gab damals 53). Wer hatte wohl am meisten bei der Wahl zu sagen: Die Kardinäle (dreimalige Erwähnung ihres Einverständnisses).
Zusammenfassung: Herkunft, Bildung, erster Dienst, Wahl zum
Papst. Überschrift: Die Wahl Gregors zum Papst.
Zweiter Abschnitt: D i e Einrichtungen Gregors Vii.
Von den Einrichtungen und Bestimmungen des neuen Papstes wollen wir vier besprechen, die für unsere Geschichte sehr wichtig geworden sind.
1. Die Pap ft io a h l.
Die neue Bestimmung darüber, die Gregor noch als Minister des Papstes treffen ließ, lautete: Der römische Bischof wird durch die 53 Kardinäle gewählt. Das war neu; denn früher wählte auch das Volk und der Adel von Rom mit, und der römische Kaiser bestätigte dann diese Wahl. Ja, von Otto I. wissen wir, daß er zwei Päpste nach einander absetzte und einen anderen Papst dafür einsetzte; von dem Vater Heinrichs Iv. kann ich euch erzählen, daß er auf einmal drei unwürdige Päpste, die sich um den Thron stritten, abfetzte und dafür einen frommen deutschen Bifchof zum Papst einsetzte.
Was war wohl der Zweck dieser neuen Einrichtung? Der Papst sollte nicht mehr vom römischen Volk und vom deutschen Kaiser abhängig fein, sondern die Kirche sollte sich selber ihr Oberhaupt wählen. Damit diese neue Wahlordnung nicht umgestoßen würde, wurde jeder mit dem Banne bedroht, der auf andere Weise zum Stuhl Petri gelangte.
Zusammenfassung: Erste Einrichtung Gregors: Die Cardinäle wählen den Papst. Zweck: Der Oberherr der Kirche soll vom Kaiser unabhängig fein. Überschrift: Die Papstwahl.
2. Die Priest er ehe.
Die neue Bestimmung darüber lautete: Kein Geistlicher darf verheiratet sein.
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Extrahierte Personennamen: Hildebrand Petrus Gregor Gregor Hildebrand Gregor_Vii Gregor Hildebrand Gregors Gregors Gregors Gregor Gregor Otto_I. Heinrichs Heinrichs Gregors Gregors
— 135 —
5. Der Krieg ist nur Mittel zum Zweck; am Krieg ist die Hauptsache der Friede (oder nach Schiller: „Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg").
* V. Aufgaben zu Iv a, 1 — 5 zur Befestigung und Einübung der einzelnen Thatsachen, ihrer Reihenfolge und ihres inneren Zusammenhangs, z. B. Was geschah im Jahre 1176? Wie hängt die Zerstörung Mailands mit dem lombardischen Bunde zusammen? Warum konnte Friedrich seinen Willen nur teilweise durchsetzen? Welche Bedeutung hat der Friede zu Constanz? u. s. w.
- Wie stehen die freien Reichsstädte zum Reich und zu den Reichsfürsten? — Auch unsere Städte, ja sogar die Dörfer haben jetzt ähnliche Rechte wie die freien Reichsstädte? (Selbstregierung durch Bürgermeister und Stadtverordnete). Worüber können sie selbst entscheiden (Straßenbau, Wasserleitung, Polizei, Schule), und worüber nicht (Gericht, Post, Militär) ?
Warum war der Bann gegen Friedrich wirkungslos? — Brachte das römische Kaisertum dem deutschen Volke mehr Vorteile ober mehr Nachteile? (Für den Augenblick wohl mehr Vorteile, aber für später mehr Nachteile). — Man hat Italien „das Grab der Deutschen" genannt. Warum? — Wie erklärt sich Friebrichs Beiname Barbarossa? (Dreißig Jahre lang griff er mit mächtiger Hand in das Schicksal Italiens ein; von den einen gefürchtet, von den andern geliebt und von allen geachtet war er ein Menschenalter lang die Hauptperson für die Italiener — daher der italienische Name).
Friedrichs Charakter. — Wie sorgte und kämpfte Friedrich in Italien für des Reiches Herrlichkeit?
Warum ist die Gerechtigkeit der Grundstein eines Reiches? (Weil jede Partei, der Unrecht geschieht, mit allen Mitteln gegen den Herrscher des Reiches sich auflehnt und so den Frieden und die Wohlfahrt des Ganzen stört).
Sucht andere Beispiele zu den Sätzen, die wir (unter Ivb, 2—5) gesunden haben! (Rehabeam und Varus; Israel und Juda; die Burgen und ummauerten Städte in Deutschland Luthers Auftreten; die Perserkriege und die Freiheitskriege).
Zur Erklärung bezw. Anwenbung: „Der Krieg ist der letzte Beweis der Könige". „Seid klug wie die Schlangen." „Ein kluger König ist des Volkes Glück." „Jedermann sei Unterthan der Obrigkeit." „Sich selbst besiegen ist der schwerste Sieg." „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig." „Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr verfangen will, ist ihm (dem Menschen) das Schwert gegeben."
Verwertung der noch nicht benutzten Stücke des Lesebuchs, z. B. des Gedichtes von Lingg „Des Kaiserheeres Romfahrt" und des Schreibens Barbarossas.
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Extrahierte Personennamen: Schiller Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friebrichs Barbarossa Barbarossa Friedrichs Friedrich Friedrich Varus Lingg Barbarossas Barbarossas
Extrahierte Ortsnamen: Mailands Italien Italiens Friedrichs Italien Israel Juda Deutschland_Luthers
— 123 —
1519. Cortez, Mexiko.
1522. Magellan, erste Erdumsegelung.
1522. Pizarro, Peru (Chile).
Iii. Die Folgen der Errtdeckungerr.
Äuderuugeu und Fortschritte in der Wissenschaft (Geographie, Naturkunde, Weltbild). im wirtschaftlichen Leben (neue Produkte, Lebensweise, Gewerbe), im Handel (Übergang vorn Binnenhandel zum Welthandel der europäischen Küstenländer), im Staats leben (Blüte und Macht, erst Spaniens und Portugals, dann Hollands und Englands). Veranlassung des Beginnes einer neuen Zeit.
B. Die Erfindungen.
1. Der Schisfskompaß, Flavio Gioja um 1300, ermöglicht das sichere Durchfahren des Ozeans nnb damit die Entdeckungen.
2. Das Schietzpulver, angeblich dnrch Berthold Schwarz um 1330, ändert das Kriegswesen und die Machtverhültnisse der einzelnen Stände und Staaten (Ritter, Städte, Landesherren).
3. Die Buchdruckerkunst, Johann Gutenberg um 1450, fördert die Reformation, die Bildung und das geistige Leben.
C. Gesarirtmirkung dev Entdeckungen und Erfindungen.
Die Entdeckungen andern und fördern die Wissenschaft, das wirtschaftliche Leben, den Handel und die Machtverhältnisse der Staaten. Dazu tragen auch die beiden ersten Erfindungen bei. Die Buchdrucker t un st ändert und fördert das geistige Leben und hat nächst der Reformation, deren Gehilfin sie war, den wichtigsten Beitrag zum Beginn einer neuen Zeit gegeben.
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Extrahierte Personennamen: Cortez Magellan Flavio_Gioja Berthold_Schwarz Johann_Gutenberg Johann C._Gesarirtmirkung
Extrahierte Ortsnamen: Mexiko Peru Chile Spaniens Portugals Hollands Englands
— 221 —
1486 Diaz, Kap der guten Hoffnung.
149*2 Kolumbus, Guanahani (Amerika). •
1492—1504. Vier Reisen des Kolumbus.
1498. Vasco de Gama, Seeweg nach Indien.
1500 Vespuzzi, Cabot.
1506 Tod des Kolumbus.
1514 Balboa, Cabral.
1519 Eortez, Mexico.
152*2 Magellan, erste Erdumsegelung.
1532 Pizarro, Peru (Chile).
3. Beitrag der Entdeckungen und Eroberungen zum Beginn einer neuen Zeit.
Änderungen in der Wi ss ens ch aft (Geographie, Naturkunde, Weltbild), im wirtschaftlichen Leben (Produkte Amerikas und Indiens, Lebensweise, Gewerbe), im Handel (Übergang von dem Binnenhandel Italiens zu dem Welthandel der westeuropäischen Küstenländer).
Staatenleben (Blute und Macht erst Spaniens und Portugals, dann Hollands und Englands).
4. Vergleich dieses Beitrags mit dem Beitrag, den Luthers Reformation zum Beginn einer neuen Zeit gegeben hat. Da alle diese Wirkungen der Entdeckungen erst allmählich im Laufe von Jahrhunderten eintraten und sich meist nur auf das äußere Leben der Völker bezogen, so sind die Wirkungen Luthers, die zugleich freies Denken und frommen evangelischen Glauben möglich und wirklich machten, als wichtiger für die Geschichte Europas anzusehen, und man läßt daher bei der Geschichts-Übersicht die neue Zeit nicht mit dem Jahre 1492, sondern mit dem Jahre 1517 beginnen.
5. Geographifches.
Brasilien, Kap Roque, La Plata, Magellanstraße, Chile, Peru; Panama, Stiller Ozean, Mexico, Nordamerika; — Kap der guten Hoffnung, Vorderindien,Goa, Molukken, Philippinen, Sunda-Jnseln (Ostindien).
6. Kulturgeschichtliches.
Folgen der Enthebungen (siehe oben!). Bebeutnng des Suezkanals. Handel mit Amerika und Ostasien sonst und jetzt. Lanbhanbel und Seehanbel. Binnenhcmbel und ozeanischer Handel. Einwirkung der Dampfmaschine aus den Handel. Groß-, Zwischen- und Kleinhanbel.
Iv. 1. Verschobene Gruppierung der Enthebungen, vergl. Iii, 1.
2. Gesamtreihe der Entdeckungsfahrten, nach der Zeit georbnet, vergl. Iii, 2.
Iii 3 Beitrag der Enthebungen zum Beginn einer neuen Zeit, vergl.
4. Vergleich bieses Beitrages mit dem Beitrage von Luthers Re-
formation, vergl. Iii, 4.
5. Geographifches. vergl. Iii, 5.
6. Kulturgeschichtliches, vergl. Iii, 6.
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Extrahierte Ortsnamen: Amerika Indien Peru Chile Amerikas Indiens Italiens Spaniens Portugals Hollands Englands Luthers Europas Brasilien La_Plata Chile Peru Panama Nordamerika Ostindien Amerika Ostasien Luthers
Vierter Abschnitt.
Vom Tode Friedrichs Vii. von Dänemark bis zum
Frankfurter Frieden.
1863—1871.
Den Hauptinhalt dieses jüngsten Abschnitts der europäi-
schen Geschichte bildet die Wiederaufrichtimg eines deutschen
Reichs, — die Lösung der „deutschen .Frage" mit Blut und Eisen.
Sie vollzieht sich wesentlich in drei grossen kriegerischen Ac-
tionen, — dem 2ten (3ten) schleswig-holsteinischen Krieg (1864),
dem deutsch-österreichisch-italienischen Krieg (1866), dem deutsch-
französischen Krieg (1870—71). Aber diese Lösung würde
unmöglich, sie würde nur eine äusserliche gewesen sein, wenn
sie nicht durch die scheinbar so unfruchtbare, in Wahrheit
sehr ernste und tiefgreifende Arbeit seit 1815, an welcher sich
alle Parteien in regem Tummeln aller Lebenskräfte der Nation
betheiligt haben, vorbereitet gewesen wäre: darin aber darf
eine besondere Fügung der Vorsehung erkannt werden, dass
der letzte Krieg von 1870 eine volle Sühnung des vorausge-
gangenen Krieges Deutscher gegen Deutsche brachte. Diese
Zeit erhält durch das was gleichzeitig in Nordamerika und
was in Italien geschah — dort der Kampf um Abschaffung
oder Beibehaltung der Sclaverei, hier Erneuerung des Kampfs
zwischen dem nationalen Staat und den Herrschaftsansprüchen
des Universalstaats der römischen Kirche — einen überaus
grossartigen Charakter.
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103
Rom; aber der Versuch Garibaldi’s, mit einem neuen Frei-
schaareneinfall gegen „den Priester in Rom“ die römische
Frage zu lösen, brachte sie alsbald wieder zurück. Die
Garibaldianer, bis in die nächste Nähe von Rom vorgedrungen,
auf dem Rückzug angegriffen, werden durch die Wunder der
Chassepotgewehre einer eben eintreffenden französischen Division
bei Mentana vollständig geschlagen (Nov. 1867).
Den Gefahren, mit welchen die Revolution und das „subal-
pine Königreich“ die päpstliche Macht bedroht, setzt die Curie
ihre geistlichen Waffen entgegen. Der Papst erneuert die alten
Ansprüche des römischen Stuhls, indem er auf dem vati-
canischen Concil, nach den Eingebungen des Jesuitenordens,
als Dogma erklären lässt, dass der römische Papst unfehlbar
sei, wenn er ex cathedra, in seiner Eigenschaft als oberster
Lehrer der Christenheit, festsetze, was in Dingen des Glaubens
und der Sitten zu halten und zu verwerfen sei; unfehlbar ex
sese non ex consensu ecclesiae.
Dieses Dogma wird am 13. Juli 1870 angenommen, am
18. verkündigt, der Anfang unabsehbarer Wirren. Gleich-
zeitig Ausbruch des deutsch-französischen Krieges.
3. Deutschland.
Wie für Oesterreich die Möglichkeit einer Verständigung
unter den hadernden Nationalitäten, so war für Deutschland
durch den Krieg und die Beseitigung des Dualismus Oester-
reich - Preussen die Möglichkeit einer wirksamen einheitlichen
politischen Verfassung endlich gegeben. Die Folgen des voll-
ständigen und raschen Sieges Preussens sind:
1.) Die Beseitigung des Verfassungs- und Militärconflikts
in Preussen selbst. Die Neuwahlen für das (aufgelöste) Ab-
geordnetenhaus am Tage von Königgrätz hatten die konser-
vative Partei sehr verstärkt. Der Sieg und die grossen Ziele
deutscher Politik, welche jetzt hervortraten, führten der Re-
gierung alle gemässigten Elemente der liberalen Partei zu.
Der siegreiche König kündigt in seiner Thronrede an, dass
seine Regierung bei der Kammer Indemnität für die Ausgaben
der budgetlosen Zeit nach suchen werde, stellt so mit grossem
staatsmännischem Sinn den inneren Frieden her und lenkt damit
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Oesterreich Deutschland Preussen
— yo —
Einwohner. Es hat somit seine Bewohnerzahl in 100 Jahren beinahe verdreifacht. Das ist von hoher Bedeutung. Unaufhörlich konnte daher Deutschland sein Heer vergrößern, ohne daß dies drückend wurde. Zwar besaß Preußen im Siebenjährigen Kriege bloß 5 Millionen Einwohner, aber die anderen Reiche waren damals auch nur sehr dünn bevölkert. Heute aber zählt Rußland in Europa schon über 130 Millionen, und es würde uns erdrücken, wenn wir bloß noch wie früher 20—30 Millionen Bewohner zählten. Seit 1870 haben wir unseres schnellen Wachstums halber Frankreich um etwa 27 Millionen Einwohner überflügelt und werden es mit jedem Jahrzehnte mehr und mehr überflügeln, so daß es uns nicht mehr gefährlich werden kann, wenn es auf sich allein angewiesen ist. Das weiß man auch in Frankreich und ersehnt und erstrebt daher ein Bündnis mit England wie mit Rußland. Denn es ersehnt nach wie vor die Rückeroberung der „geraubten" Provinzen Elsaß und Lothringen.
3. Der Aufschwung des Bahnwesens. Hand in Hand mit dem Bevölkerungswachstum ging eine gewaltige Entwickelung des Verkehrswesens vor sich, von der sich ein Napoleon noch nichts träumen ließ. In England erfand Stephenson die Lokomotive. 1825 ward die erste Eisenbahnlinie zwischen Stockton und Darlington eröffnet. Seitdem überzog sich England rasch mit einem Schienennetze. In Deutschland dauerte es noch ein Jahrzehnt, ehe man die ersten Versuche mit Hilfe englischen Geldes und englischer Lokomotiven wagte. Erst von 1840 an ging man ernsthafter an den Bahnbau, nachdem man sich von der Nützlichkeit und Ungefährlichkeit dieses neuen Verkehrsmittels überzeugt hatte. Zuerst fürchteten die meisten, Schwindel zu bekommen und gefährlich krank zu werden, wenn sie mit der sausenden Bahn führen. Während es 1840 in Deutschland noch nicht ganz 600 km Bahnen gab, betrug bereit Länge 1850 das Zehnfache. Von 1870 an aber öerbichtete sich das beutsche Schienennetz in ungeahnter Weise, so daß es jetzt etwa 60000 km Bahnen gibt. Die Fahrgeschwinbigkeit ist stetig gesteigert worben; bcnn während die ersten Bahnen stündlich etwa 15 km zurücklegten, durcheilen jetzt Güterzüge 30—40 und Schnellzüge sogar 60—80 km und mehr in der gleichen Zeit. Noch bebeutungsvoller ist die Billigkeit, die Größe und die Mannhaftigkeit des Verkehrs. Während man für 12 Mark Fracht einen Doppelzentner Getreide auf alten Straßen höchstens 100 km weit befördern konnte, vermögen die heutigen Bahnen ihn für das gleiche Geld bis zu 4500 km weit zu versenden. So kommt es, daß wir gegenwärtig viel Getreide aus Ungarn und Rußland einführen, während deutsche Gewerbeerzeugnisse in diese Länder ausgehen. Die deutschen Bahnen befördern im Jahre annähernd 800 Millionen Personen und 350 Millionen Tonnen Güter. Dieser Völker- und Güterwanderung gegenüber verschwinden alle Völkerwanderungen des Altertums und des Mittelalters.
4. Fortschritte im Erwerbsleben. Vor 100 Jahren galt Deutschland, noch als ein armes Land. Obgleich es viel Getreide ausführte, ward es doch namentlich von England ausgebeutet, ba ihm bieses zahlreiche Jnbustrie-erzeugnisse lieferte, wie z. B. Baummoll- und Stahlwaren. Die großen Erfinbungen der Neuzeit, die in der ausgiebigen Vermenbung der Dampf-unb elektrischen Kraft gipfeln, kamen auch Deutschland zugute und sörberten
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Extrahierte Personennamen: Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Frankreich Frankreich England Lothringen England England Deutschland Deutschland Ungarn Deutschland England Deutschland
176
gegeben wird. Die Sprache ist die schnste und reinste von allen Werken im Mittelalter".
Recht interessante Nachrichten werden uns auch in der Biographie des Bischofs Meinwerk von Paderborn, der ein Verwandter des schsischen Kaiserhauses und ein berhmter Baumeister und Landwirt war, ansbe-wahrt. Die Geschichte der Hamburger Erzbischse berichtet uns der Sachse Adam _ von Bremen, ein Freund des Dnenknigs Kannt des Groen. Er schildert darin auch die Mission im Norden und so erhalten wir die ersten sicheren Nachrichten der diese Gegenden. Nicht minder wertvolle Nachrichten giebt er uns der den einflureichen Erzbischos Adalbert von Bremen.
Auch Helmbolds Geschichte der Slaven" berichtet etwas der diesen Zeitraum.
Der Schsische Annalist, ein Autor aus dem Bistum Halber-ftabt, schrieb eine Reichsgeschichte von 741 ab mit besonderer Rcksicht auf Sachsen. Er hat mehrere frhere Quellen uns wrtlich aufbewahrt. * In sterreich entstand die Kaiserchronik, das erste in deutscher Sprache (in Reimen) abgefate Geschichtswerk, ursprnglich bis 1137, die Fortsetzungen reichen dagegen bis Rudolf von Habsburg. Es enthlt viele historische Sagen und Fabeln.
b) Neuere Litteratur.
Steuzel, Geschichte Deutschlands unter den frnkischen Kaisern.
Brelau, Jahrbuch des Reichs unter Konrad Ii.
Steindorff, Jahrbuch des Reichs unter Heinrich Iii.
Floto, Heinrich Iv. und seine Zeit.
Die betreffenden Bnde von Giesebrecht.
der den berhmten Papst Gregor Vii. geben uns Aufschlu: Voigt, Hildebrand als Papst Gregor Vii. und sein Zeitalter; Gfrrer, Papst Gregor Vii. und sein Zeitalter, Jaffs, Registrum Gregors Vii.
Iv. Kampf jimfiiieii Kaiser umt Jlapft im Mfnlfpc tter Krmzzge.
A. Her erste Kampf unter den factfcen Kaisern.
l. Kaiser Konrad Ii. von 10241039.
a) Die Wahl (nach Wipo).
Nach dem Tode Heinrichs Ii. versammelte sich eine groe Menge Deutscher in der Rheinebene zwischen Worms und Mainz, um einen neuen König zu whlen. Die Zelte waren zu beiden Seiten des Rheins auf-geschlagen: auf der rechten Seite die der Sachsen, Bayern, Schwaben und Ostfranken; auf der linken die Rheinfranken und die Lothringer.
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Extrahierte Personennamen: Helmbolds Rudolf_von_Habsburg Rudolf Konrad_Ii Konrad Steindorff Heinrich_Iii Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Gregor_Vii Gregor Gregor_Vii Gregor Gregor_Vii Gregor Gregors Konrad_Ii Konrad Heinrichs Heinrichs
201
Aus Norddeutschland nennen wir die Wendenchronik des Priesters Helmold, welche uns besonders der Heinrich den Lwen Knude gibt; seine Chronik fand in dem Abte Arnold von Lbeck einen wrdigen Fortsetzer.
Albert von Stade berichtet ausfhrlich, der die Borguge im Nord-Westen Deutschlands bis 1256.
Nicht zu vergessen sind endlich die Zeitgedichte Walthers von der Vogelweide u. a. Minnesnger, sowie die Lieder der Vaganten.
b) Neuere Litteratur.
Raum er, Gedichte der Hohenstaufen, Prutz, Kaiser Friedrich I., Winkelmann, Philipp von Schwaben und Otto Iv., Schirrmacher, Friedrich Ii., Winkelmann, Friedrich Ii. Lorenz, deutsche Geschichte im 13. und 14. Jahrhundert, Schaab, Geschichte des rheinischen Stdte-bnndes, sowie Weizscker, der rheinische Stdtebund.
B. Die weiteren Kmpfe zwischen Kaiser und 'Dcrpst unter den Kohenstcrufen. (11381268).
1. Lothar von Sachsen von 11251137.
Nach Heinrichs V. Tode whlte man nicht dessen nchsten Ver-wandten, den reichen und mchtigen Hohenstaufen Friedrich von Schwaben, weil dieser den Fürsten zu mchtig und dem Papste verhat war, sondern den schon bejahrten Herzog Lothar von Sachsen-Snpplinburg, einen Freund der Kirche und der Geistlichkeit.
Der Schsische Annalist" schildert ihn: Lothar war ein Mann von groer Klugheit, der treueste Vereiniger des Papsttums und des Reiches, von grter Demut vor Gott, vorsichtig inr Rate, der tapferste Streiter im Kriege und niemals durch Furcht vor irgend einer Gefahr bestrzt, soda er in diesen Zeiten der fr die Leitung des Reiches passende Mann schien."
Lothar hatte bald mit dem unzufriedenen Schwabenherzog und dessen Bruder Konrad, Herzog von Franken, zu kmpfen. Er verschaffte sich dadurch starken Beistand, da er dem tapferen Herzoge Heinrich dem Stolzen von Bayern, aus dem Geschlechte der Welsen, feine Tochter verlobte und ihm mit der Hand derselben das Herzogtum Sachsen ber-lie. Nach lngeren Kmpfen unterlagen die Hohenstaufen und muten sich vor dem Kaiser demtigen. Lothar lie sie im Besitze ihrer Her-zogtmer.
Minder entschieden trat er gegen den Papst und dessen herrischen Ansprche auf. Er verzichtete nicht nur auf das Juvestiturrecht, sondern auch ans die Gegenwart bei der Wahl der Bischfe. Und doch war die Gelegenheit so gnstig wie nie zuvor, um die verlorenen kaiser-licheit Rechte zurckzugewinnen.
Vor kurzem waren zwei Ppste gewhlt worden, welche beide Lothar um seine Hlfe angingen. Er entschied sich fr Junocenz, welcher
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