Vii. Deutschland.
149
glänzend sie auch im Einzelnen geführt wurden, doch nur das traurige Werk
einer elenden Berechnung und habsüchtigen Politik. — Ueber alle Beschrei-
bung elend war der Zustand, in welchen der 30-jährige Krieg Deutschland
"'anze Provinzen waren im buchstäblichen Sinne verödet
versetzt hatte.
und die Bevölkerung hatte überall außerordentlich, nach Einigen um die
Hälfte, abgenommen. Die ehemals blühenden Gewerbe waren verschwunden
und auch dadurch Deutschland von den rasch fortschreitenden Franzosen,
Holländern und Engländern abhängig geworden. Aller Handel war zerstört
und lag gänzlich darnieder; alle Städte, alle Fürsten waren verarmt und
verschuldet. Ganz besonders auffallend war die Wirkung dieser trostlosen
Zeit auf die geistige Bildung der Deutschen. Man erschrickt, wenn man
die edle Liebe zu den Wissenschaften, wie sie zur Zeit der Reformation blühte,
und die herrliche kraftvolle Sprache Luther's mit dem Geist und den Pro-
vucten des darauf folgenden Jahrhunderts vergleicht. Lrckher's Geist und
Sprache fand keine Nachfolger; eine dürftige, geistlose Polemik, spitzfindige
dogmatische Streitigkeiten, durch den Gegensatz der Lutheraner und Refor-
mirten geweckt und genährt, verdrängten gänzlich den edlen Geist und die
gediegene Sprache jenes großen Mannes. Ein ganzes Jahrhundert nach
Luther hat Deutschland keinen erträglichen Schriftsteller aufzuzeigen, und
selbst die Sprache, durch spanische, italienische und später besonders franzö-
sische Floskeln entstellt, war in geistlose Barbarei versunken. Bon jener
Zeit an schrieb sich eigentlich jenes Unwesen, daß an Höfen und in den
höheren Ständen die vaterländische, freilich verwilderte Sprache, deren edle
Denkmale vergessen waren, verachtet und durch französische Sprache und
Denkweise gänzlich verdrängt wurde.
Seit dem westphälischen Frieden versank das deutsche Reich immer mehr
in Ohnmacht und Schwäche, und eine Reihe von Demüthigungen, welche
es von dem übermüthigen Frankreich erfuhr, waren die unvermeidlichen
Folgen dieses traurigen Zustandes. Die kaiserliche Macht war, bei der
souverainen Gewalt der bedeutenderen Fürsten, gebrochen; Eifersucht und
persönliche Rücksichten beherrschten die Fürsten, und eine Unendlichkeit von
beschwerlichen Formen verzögerte jeden Reichsbeschluß und lähmte die Aus-
führung. Daher als Ferdinand Iii. 1657 gestorben und sein Sohn Leo-
pold I., ein gutmüthiger, aber kraftloser Fürst, ihm gefolgt war, durste
Ludwig Xiv. es wagen, 1680, sogenannte Reunions- (Vereinigungs-)
Kammern niederzusetzen, welche unter den nichtigsten Vorwänden ganze Di-
stricte am Rhein und in Lothringen, mitten im Frieden, als ihm zukom-
mende, zu anderen an Frankreich abgetretenen Provinzen gehörende Länder
in Beschlag nahmen; ja 1681 sogar ohne irgend einen Schein des Rechts
sich rer freien Reichsstadt Straßburg zu bemeistern. Der Kaiser, in seinen
eigenen Staaten von den Türken bedrängt, welche 1683 selbst Wien bela-
gerten, konnte es nicht hindern, und ward selbst nur durch die Hülfe des
tapferen Johann Sobieskh, Königs von Polen, gerettet. Nicht zufrieden mit
diesen unerhörten Anmaßungen, verlangte Ludwig 1685 im Namen der
Herzogin von Orleans, Schwester des letzten Kurfürsten von der Pfalz,
dessen Länder als eine jener Prinzeß gebührende Erbschaft, und auf die
Weigerung des Reichs ließ er die unglückliche Pfalz diesseit und jenseit des
Rheins durch Turenne 1688
unglückliche
Mordbrennerart verw
durch
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ludwig_Xiv Ludwig Johann_Sobieskh Johann Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Frankreich Rhein Lothringen Frankreich Wien Polen Rheins
Ix. Italien.
433
lichen Verhältnissen wurden aber bald noch andere Hülfsmittel gesellt, die
Oberherrschaft der Päpste zu begründen. Die untergeschobenen Decretalen
(Sammlung päpstlicher Verordnungen) des falschen Jsidorus in der Mitte
des 9. Jahrhunderts mußten die Welt belehren, daß don der ältesten Zeit
der Papst als Nachfolger des heiligen Petrus das Oberhaupt der Kirche
gewesen, daß alle weltliche Macht nur vou ihm ihre Bestätigung und Gel-
tuug erhalte, und in jenen Zeiten allgemeiner Unwissenheit fanden diese an-
fänglich behutsam vorgetragenen Lehren unbedingten Glauben. Nach und
nach maßten sich die Päpste eben die Oberlehnsherrlichkeit über die Bischöfe
und Erzbischöfe an, wie die Könige sie über ihre Vasallen übten, und um
die Geistlichkeit gänzlich an das Interesse des römischen Stuhls zu knüpfen,
ward im 10. und 11. Jahrhundert immer strenger auf die Ehelosigkeit der
Priester gehalten. Dabei wußten die Päpste mit großem Geschick auch ihre
weltliche Vergrößerung zu betreiben. Die Schenkungen Pipins und Karls
des Großen legten den Grund zum Länderbesitz der Päpste, welcher durch
andere Schenkungen, durch Erbschaft und andere Mittel nach und nach zu
einer sehr bedeutenden Größe anwuchs. Dabei waren die Päpste zwar
lange Zeit, eben wegen des Länderbesitzes, von den Kaisem abhängig; nicht
allein Karl der Große, sondem auch viele seiner Nachfolger, vorzüglich die
kräftigen Ottonen und noch Heinrich Iii. ernannten die Päpste, oder litten
wenigstens nicht, daß eine Wahl, von den Baronen und der Geistlichkeit
des römischen Gebietes ausgehend, ohne ihre Genehmigung oder Bestätigung
geschehe, wie sie denn auch nicht selten unwürdige Päpste absetzten. Als
aber die vielen kleinen Staaten Oberitaliens eine schützende Vormauer Roms
gegen die Macht der deutschen Kaiser bildeten, gelang eö den Päpsten, sich
immer unabhängiger zu machen, so daß Nicolaus Ii. 1059 schon festsetzen
konnte, die Papstwahl solle hinfüro nicht mehr von den Baronen und dem
Volke, sondern von den 28 Stadtpsarrern Roms und den 7 Bischöfen des
römischen Gebietes, welche Cardinäle genannt wurden, vollzogen werden.
Die mächtigen Normannen schützten ihn gegen den Widerspruch der Ba-
rone. Nun erst gelangten die Päpste zur weltlichen Herrschaft über die
Stadt Rom, welche sie bis dahin mit den Kaisern wenigstens hatten theilen
müssen. Jeder Schritt vorwärts brachte bleibenden, unveräußerlichen Ge-
winn, jeder etwa übereilte und zurückgewiesene Schritt brachte wenigstens
keinen Schaden, weil die wachsende Ehrfurcht vor dem geheiligien Ober-
haupte der Kirche keine allzustrenge Ahndung gestattete. So brachten es
die Päpste dahin, daß im 12. Jahrhundert, nach langem und hartnäckigem
Kampfe mit den Kaisern, ihr Höheresansehen fest begründet schien und das
Ansehen der Kaiser, wenigstens in Italien, tief herabgewürdigt ward, und
sie ernteten noch obenein den Ruhm, daß sie die Beschützer der Freiheit
gegen die Unterdrückung von Seiten der Kaiser gewesen. Wenn auch in
einer überall rohen und wilden Zeit, im 10. Jahrhundert, eine Reihe un-
glaublich sittenloser Päpste den heiligen Stuhl entweiht hatten, so erzeugte
dagegen das 11. eine Folge höchst ausgezeichneter, geistig und sittlich be-
deutender Päpste, denen eö nicht schwer ward, ihr Ansehen gegen Kaiser
und Könige zu behaupten, und die unleugbar, wenn auch nicht immer,
doch zuweilen, ihre geistliche Macht auf eine heilsame Weise gegen die rohe
und gewaltsame Ungerechtigkeit der Fürsten gebrauchten. Solche Männer,
Plane'« Handbuch Ii. 8le Aufl. 28
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl_der_Große Karl Heinrich_Iii Heinrich Nicolaus_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Italien Oberitaliens Roms Roms Rom Italien
X. Griechenland.
5(55
Tarent gegründet. Zn dem nämlichen Zeiträume ward die königliche Würde
in allen griechischen Staaten mit Ausnahme Spartas, welches seine sehr
beschränkten Könige bis ,;u seinem Untergange beibehielt, abgeschafft, theils
durch unruhige Bewegungen des nach Freiheit dürstenden Volkes, theils
durch den anderweitig erfolgten Untergang der bisher geachteten Fürsten-
geschlechter. In tausend verschiedenen und oft wechselnden Gestalten traten
mehr oder weniger demokratische Formen an die Stelle der einst patriarcha-
lischen, zuletzt aber drückend gewordenen königlichen Macht. Von einer
durch heilige Gesetze und Verfassung gemilderten und geordneten Monarchie
haben die Griechen und überhaupt die Allen nie etwas gewußt. L-o groß
Stämme des Volks
Zersplitterung
r
er vielen verschiedenen
und der daraus hervorgegangenen kleinen Staaten war, so wurde das
Gefühl des gemeinsamen Ursprungs doch durch zwei wichtige Einrichtungen
erhalten. Die erste, daö Gericht der Amphikthonen, ursprünglich eine
Bundesversammlung thessalischer Stämme, ward, nachdem die Dorier den
Peloponnes erobert, nach und nach die Bundesversammlung aller hellenischen
Stamme, zu welcher jeder Stamm Abgeordnete sendete und die zweimal im
Jahre zu Delphi, rem Sitz des heilig geachteten Orakels, oder bei Thermophlä
stattfand. Der Hauptzweck dieser Versammlung war in älterer Zeit wohl
religiöser Art gewesen; später diente er vorzüglich dazu, die Streitigkeiten
unter den Bundesvölkern beizulegen, die Kleineren vor dem Uebergewicht
rer Größeren zu schützen und das Emporkommen der Tyrannei, d. h. die
Herrschergcwalt eines Einzelnen, bei allen Bundesstaaten ;n verhindern.
Die zweite gemeinsame Einrichtung aller griechischen Stämme waren die
öffentlichen Spiele, eine uralte Feier, worunter die olympischen, von
Jphttus ums Jahr 886 v. Chr. erneuert, bei Weitem die berühmtesten
waren. Während ihrer Feier wurde ein allgemeiner Waffenstillstand aller
daran theilnebmenren Stämme beobachtet. Wie überall in der Geschichte,
so war auch für Griechenland der Zeitpuntt der erwachenden Freiheit zu-
gleich der, wo die raschesten Schritte zu höherer Cultur, zu Künsten,
Wissenschaften und Handel gemacht wurden. Am schönsten und zuerst
blühten die Pflanzstätte Klein-Asiens ans. Hier unter dem glücklichen
Klima Joniens hatte schon Homer gedichtet; hier war etwa gleichzeitig
Hesiobus^der Sänger der Werke und Tage, eines ditattischeu Gedichts,
Kyme
den
gelegenen Inseln blühte die Dichtkunst und wurde durch die lyrischen Ge
sauge des Alcäus und der Sappho verherrlicht. In Jonien lebten die
ersten Erforscher der '.llatur, wie Thales aus Milet, und die wegen ihrer
bürgerlichen Weisheit vorzugsweise benannten 7 Weisen, zu welchen auch
L-olon, der Gesetzgeber Alhens, gehörte. Hier zeichneten sich später die
beiten Milesier Anaximander (geb. 610 v. Chr.), dem die älteste Land-
karte zugeschrieben wird, und Hekatäus (geb. 549 v. Chr.), der Vorläufer
des Herodot, als Geographen aus. — Die Ionier rissen bald den Handel
an sich, welchen früher Phönicier und Karier in diesen Gegenden betrieben;
sie bevölkerten die Küsten des Schwarzen Meeres mit 80 neuen Pslanzstädten,
und ihre Schiffe gingen nach Gallien und Spanien, wo sie ebenfalls Nie-
derlassungen — die berühmteste ist Massilia, daö heutige Marseille
36*
und einer Theogonie oder Dichtung über die Göttergeschlechter, zu $
geboren, brachte aber sein Leben zu Askra in Böotien zu. Aus den
y M * * - - + A A « —
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614
A. Europa.
Constantin bis auf die Eroberung von Constantinopel. Hofintriguen, von
Weibern und Verschnittenen geleitet, von Verrath und Meuchelmord be-
gleitet, bestimmten gewöhnlich die Thronfolge; und geistlose theologische
Streitigkeiten, von Kaisern und Höflingen, von ehrgeizigen Bischöfen und
Mönchen geführt, zerrütteten den unglücklichen Staat im Innern, während
die mächtigsten Feinde seine Grenzen bedrohten und die schönsten Provinzen
an sich rissen. Ans der Zahl der nichtswürdigen Kaiser jener Zeit leuchtet
um nichts besser als die meisten, nur glücklicher, Justinian I. (527—565)
hervor, welcher durch seine Feldherren Belisarins und Narses das zum
weströmischen Reiche gehörige Afrika und selbst Italien für einige Zeit wie-
der eroberte. Jetzt aber brach aus dem Innern Arabiens mit der ganzen
Kraft neu entzündeter Religionsschwärmerei der furchtbare Feind hervor,
die Araber, welche mit unglaublicher Schnelligkeit den ohnmächtigen Römern
die ganze Küste von Afrika und den größten Theil ihrer asiatischen Be
sitzungen entrissen und selbst Constantinopel 676 mit einer Flotte angriffen.
Nur das griechische Feuer, eine unbekannte Substanz, welche man brennend
auf die Feinde schlenderte, rettete diesmal die Hauptstadt vom Untergange;
mehrere Inseln aber, Cyprns, Kreta, Rhodus, geriethen für einige Zeit in
die Hände der Araber, während von einer anderen Seite die Bulgaren von
Norden her eindrangen. Im 7. und 8. Jahrhundert wurde das Reich
durch deu bekannten Bilderstreit zerrüttet, indem zwei entgegengesetzte Parteien
sich wüthend verfolgten, wovon die eine die Bilder und Statuen, welche
zum Gegenstand der Verehrung wo nicht der Anbetung geworden waren,
aus den Kirchen verbannen, die andere sie beibehalten wollte. Letztere be-
hielt zwar die Oberhand; doch leitete dieser Streit zuerst die Trennung
zwischen der morgenländischen (oder griechischen) und der abendländischen
(oder lateinischen) Kirche ein, welche auf den Untergang des oströmischen
Reiches nur allzuviel Einfluß gehabt, indem die Christen beider Parteien
sich gegenseitig als Ketzer verabscheuten. Unter diesen Umständen konnten
selbst die besseren Kaiser aus dem inacedonischen Geschlechte, welche bis
1056 regierten und anfänglich die Araber bis an den Euphrat zurückdräng-
ten, den gänzlichen Verfall des Reiches nur verzögern, und als die selb-
schulischen Türken, ein wilder, kriegerischer Haufe, aus dem Innern Asiens,
statt der indeß ermatteten Araber, seit 1050 vordrangen, gingen auch
diese Eroberungen und selbst der größte Theil von Kleinasien bald wieder
verloren.
Noch einmal und zum letzten Male lächelte das Glück dem immer tie-
fer sinkenden Reiche. Die Heere der Kreuzfahrer tvälzten sich mit unwider-
stehlicher Macht nach Asien, und obwohl den Griechen als Ketzer und wegen
ihrer Ausschweifungen und des Stolzes ihrer Anführer verhaßt, halfen sie
doch die Türken noch einmal aus Kleinasien verdrängen. Die Familie der
Comnenen, welche 1096—1204 den Thron besaß, brachte einige staatskluge
und tapfere Männer hervor, welche, wie Alexius Comnenus, sich mit großer
Geschicklichkeit iu die schwierigen Umstände zu finden wußten; andere, wie
Johann und Manuel Comnenus, welche mit hoher Tapferkeit ihre Siege
verfolgten. Als aber auch in dieser Familie die auf dem byzantinischen
Throne gleichsam erblichen Zerrüttungen der Thronfolge durch Ehrgeiz und
Verbrechen eintraten, konnte nichts mehr den gänzlichen Sttirz des Reiches
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Extrahierte Personennamen: Constantin Alexius_Comnenus Johann Johann Manuel_Comnenus
Extrahierte Ortsnamen: Europa Constantinopel Afrika Italien Arabiens Afrika Constantinopel Kreta Rhodus Asiens Kleinasien Asien Kleinasien
Ix. Italien.
413
Römer zu besänftigen. Man lieferte willig, in der Hoffnung, dadurch das
Aeußersle abzuwenden, Schiffe, Waffen und Geißeln aus; als aber die
Römer nun auch verlangten, Karthago solle verlassen und geschleift werden,
die Einwohner könnten sich tiefer im Lande wieder anbauen, ward das
ganze Volk von wüthender Verzweiflung über diese schändliche Hinterlist er-
griffen und beschloß, sich unter den Trümmern des Vaterlandes zu begra-
den. Mit unglaublicher Eile wurden neue Waffen und neue Schiffe ge-
schaffen, und oftmals siegreich widerstand Karthago noch über 2 Jahre dem
übermächtigen Feinde. P. Cornelius Scipio, Sohn des Paulus Aemilius,
deshalb .Lomiunnus genannt, vom älteren Scipio adoptirt, ward endlich
hingesandt und schränkte bald die Karthager aus ihre Mauern ein. Ver-
gebens waren die äußeren Mauern gebrochen und der Hafen erobert; neue
Mauern erhoben sich schnell, ein neuer Hafen ward mit unglaublicher An-
strengung gegraben, neue Schiffe drangen daraus hervor und schlugen die
Römer. Als aber auch dieser Hafen vom Feinde eingenommen, ward noch
6 Tage lang die offene Stadt von Haus zu Haus vertheidigt; nur Wenige
mochten feig ihr Vaterland überleben, die Meisten fielen im rühmlichen
Kampfe oder stürzten sich selbst in die Flammen; 17 Tage lang brannte
Karthago. Da sank es nach looojähriger Dauer in die Asche, und Thrä-
nen des Siegers selbst ehrten seinen Untergang. Masinissa erlebte diesen
Triumph nicht mehr. Zweimal ward Karthago wieder erbaut, zweimal
ward es wieder zerstört; jetzt kennt man die Stätte kaum, wo es gestanden.
Der dritte punische Krieg hatte gedauert von 605—608 (150—146).
Im nämlichen Jahre sank auch der letzte Schatten der griechischen Frei-
heit mit der Zerstreuung des achäischen Bundes und der Zerstörung Ko-
rinths durch den rohen Mummius. Der Untergang Karthagos und Grie-
chenlanvs bezeichnet aber auch den Wendepunkt der römischen Geschichte und
den entschiedenen Ansang des Verfalls in Sitten, Verfassung und wahrer
Nur 2 Schriftsteller aus dieser Zeit, deren Werke uns zum Theil
erhallen worden, verdienen erwähnt zu werden: Marcus Accius Plau-
tus, ums Jahr 200 v. Chr., dessen 20 noch vorhandene Komödien, größ-
tenteils nach griechischen Mustern gebildet, das Beste dieser Art in der
römischen Literatur sind. Viel weniger eigenthümlich, wenn auch zierlicher
in Sprache und Form, beinahe nur Uebersetzungen aus den Stücken des
Menander, sind die 7 erhaltenen Komödien des Publ. T arentius Äser,
eines freigelassenen afrikanischen Sklaven, der im Hause des jüngeren Sci-
pjo lebte.
Scipio hatte Spanien durch Gerechtigkeit und Milde gewonnen, die
römischen Statthalter empörten das tapfere und freiheitliebende Volk durch
Habsucht und Druck; noch lange mußten die Römer kämpfen, manche
schimpfliche Niederlage erdulden, ehe sie in den ruhigen Besitz des ganzen
Landes kamen. Viriathus, ein edler Lusitanier, focht 8 Jahre lang, 148
—140 v. Chr., meist glücklich gegen die Römer, bis er durch erkaufte
Meuchelmörder fiel, und das kleine Numantia, am Douro, widerstand bei-
nahe ebenso lange und unterlag erst dem Hunger, als der jüngere Scipio,
der Eroberer Karthagos, 133 die Belagerung führte. Bald darauf fiel
durch den Tod des letzten Attülus, König von Pergamus, ganz Klein-Asien,
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Ii. Frankreich.
509
ausgezeichnete Talente gaben dem Fürsten Einfluß und Macht; ohne sie
war er nichts. Geordnete, erbliche Thronfolge und die heutigen Begriffe
von Herren und Unterthanen sind erst viel später entstanden. Ganz auf
ähnliche Weise bildete sich die Verfassung der Geistlichkeit. Die Erzbischöfe
und Bischöfe wurden von den Fürsten ernannt und belehnt, wie Herzöge
und Grafen, und mit gleichen Verpflichtungen, so daß sie nicht selten die
Kriegsdienste in Person leisteten. Unter ihnen stand die niedere Geistlich-
keit, wie die Freien unter den Edlen und Fürsten. Da sie aber die Ein-
zigen toaren, die in jenen Zeiten der Unwissenheit noch einige Kenntnisse,
wären es auch nur die des Lesens und Schreibens, bewahrt hatten, so
wurden sie bald den Fürsten unentbehrlich, ihre Rathgeber und Geschäfts-
führer und als die friedlicheren Anhänger der Fürsten ein wichtiges und
daher begiinstigtes Gegengewicht gegen den Trotz des Adels. Angelegenheiten
der Kirche und des Staats wurden sehr natürlich auf gemeinsamen Ver-
sammlungen abgemacht; daher die Anwesenheit der Fürsten und Edlen auf
Kirchenversammlungen und der große Einfluß der Geistlichkeit auf die öffent-
lichen Angelegenheiten jener Zeit. So bestand diese im Ganzen löbliche
Einrichtung bis ins 9. Jahrh., wo, nach dem Tode Karls des Großen,
von zwei Seilen her dies Gebäude erschiittert und ein wilder, gewaltsamer
Zustand herbeigeführt wurde. Von der einen wurden die Lehne nach und
nach erblich, und die großen Vasallen machten sich als eigene Fürsten
immer unabhängiger von den Königen; den kleineren und Freien blieb nichts
übrig, da die Könige sie nicht schützen tonnten, als sich unbedingt in die
Arme der Mächtigen zu werfen; sie wurden Leibeigene des Adels oder der
Geistlichkeit; die Freiheit verschwand, nur Adel und Geistlichkeit blieben frei,
alle übrigen freien Germanen und Provinzialen verschmolzen zu einem
Haufen niederer Leibeigenen, ein Unwesen der neueren Zeit, welches keines-
weges in der ursprünglichen Form der Lehns- oder Feudalverfassung be-
gründet war. Von der anderen Seite erhob sich, durch mancherlei Umstände
begünstigt, die Macht der Päpste, welche die Geistlichen als ihre natürlichen
Vasallen immer mehr an sich fesselten, bis es ihnen gelang, im elften und
den folgenden Jahrhunderten die bis dahin freiere Geistlichkeit gänzlich 311
unterdrücken und durch sie wiederum Fürsten und Völker zu beherrschen.
So zeigt uns das Mittelalter drei deutlich bezeichnete Perioden: von der
Völkerwanderung bis zum 9. Jahrh, die Blüthe der altgermanischen Lehns-
verfassuug; vom 9. bis zum 11. eine wilde, furchtbare Anarchie, wo die
Freiheit zu Grunde geht; vom 11. an die Herrschaft der Päpste, die, wie
man sie auch sonst beurtheilen mag, doch einige Ordnung nach und nach
wieder einführte und der rohen Willkür der Fürsten und des Adels einen
oft heilsamen Zaum anlegte. Das Streben nach Freiheit und das lang-
same Wiederaufblühen derselben ist die Geschichte von den Zeiten der Kreuz-
züge an bis auf die neueste Zeit. — Nach diesen allgemeinen, zum Ver-
ständniß der Geschichte aber nothwendigen Betrachtungen nehmen wir den
Faden der Begebenheiten wieder aus, wovon wir indeß nur die wichtigsten
Momente herausheben können.
Die große fränkische Monarchie unter Chlodowig setzte der Völker-
wanderung ein Ziel, aber innere Unruhen folgten aus seinen Tod (511).
Nach der Sitte der Zeit hatte er sein Reick unter seine 4 Söhne getheilt,
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