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1. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 48

1887 - Berlin : Dümmler
48 Deutsch-Ostafrika. entgegen, dort kann er anmaßend und heftig sein, aber in anderen Gegenden darf er sich fo nicht gebärden. Die Araber sagen: „In ihrer Heimat sind die Schwarzen wie Löwen, bei uns wie Hunde." Die Weiber sind wie Furien und im höchsten Grade wider- spenstig; es ist unmöglich, sie zum Schweigen zu bringen, und beim Zanke der Männer schelten sie tapfer mit und hetzen weidlich; sie weinen nur selten. So redselig und geschwätzig sind die Schwarzen, daß sie selbst den redseligsten Araber ermüden. „Lange Worte!" Maneno marefu, hört man alle Augenblick als Vorwurf aussprechen. Im Rausche ist der Ostasrikaner sehr reizbar; er stellt dann die Beine weit auseinander, schreit, fährt mit den Armen umher, oder schwingt Speer, Bogen und Pfeil wütend in der Luft, doch kommt es nicht gar oft zum Blutvergießen. . Beim ganzen Negerstamme, und auch bei diesen Schwarzen, ist der Zerstörungssinn sehr scharf ausgeprägt; ein Sklave, der etwas zerbricht, wird dabei unwillkürlich ein Gelächter der Schadenfreude erheben. Das eigene Leben gilt dem Schwarzen sehr viel, aber das eines andern, und wäre dieser auch ein naher Verwandter, achtet er nicht höher als das einer Ziege. Man hat bei Feuersbrünsten in Zanzibar gesehen, daß die Schwarzen noch Holz in die Glut warfen und vor wilder Wonne tanzten und sangen. Bei dergleichen Ge- legenheiten werden sie dann von den Arabern wie Hunde tot- geschossen. Die Ehe ist ein Handelsgeschäft. Der Mann muß eine Frau nehmen, weil er eine solche braucht, um sich behaglich zu fühlen, und deshalb kauft er die Ware. Der Vater verlangt von dem Be- Werber fo viele Kühe, Stücke Zeug oder Arm- und Fußreifen von Messingdraht, als dieser ablassen kann; nachher gehört die Tochter dem Käufer, bei welchem sie mit dem Vieh in gleicher Linie steht. Der Mann kann seine Frau verkaufen; ein anderer Mann, welcher sie ihm etwa wegnimmt, muß für sie so viel zahlen als sie auf dem Sklavenmarkte wert wäre. Mitgift kennt man nicht, Feierlichkeiten beim Abschluß einer Ehe eben so wenig; der Vielweiberei ist keine Schranke gezogen, und die Häuptlinge rühmen sich der Anzahl ihrer Frauen. Diese Schwarzen sind gierig und gefräßig, und lieben häufige und kleine Mahlzeiten, um sich den Genuß des Essens recht oft zu verschaffen. Selbst die civilisirteren Kisawaheli haben keine Aus- drücke für Frühstück, Mittagsmahl und Abendessen. Auch die oft-

2. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 167

1887 - Berlin : Dümmler
Ein Tag und eine Nacht in Kairo. 167 europäischen Fremdlinge, die hohen und niederen Beamten der Re- gierung, die armen und reichen Kaufleute der Stadt gehen hier auf und ab oder trinken ihren Kaffee. Wenn bei uns in Norddeutschland der Sturm heult und die Schneeflocken Stadt und Feld mit einem Leichentuche überdecken, auf dem nur die Boten des Winters, die Raben und Krähen, lustig hin- und herhüpfen, wenn die Mutter mit den Kindern in warmer Stube vor dem traulichen Kamin sitzt und ihres lieben Sohnes in weiter Ferne gedenkt: da bleibt wohl der Heißersehnte auf den Gängen der Esbekieh gedankenvoll stehen, bricht eine Rose oder Myrte vom blühenden Strauch und denkt mit tausend innigen Wünschen an die Lieben in der Heimat, die jetzt im warmen Zimmer vor dem rauhen Boreas Schutz suchen müssen. Er steckt die Rose und die Myrte ein, und ist er zurückgekehrt, so giebt er der Mutter die verwelkten getrockneten Blumen mit den Worten: Nimm, Mutter, die Januar-Rose und -Myrte der Esbekieh in Kairo. Die Gäste, welche an der Hauptpromenade der Esbekieh vor ihren Tischen sitzen, gemächlich ihren Kaffee oder Rosoglio oder sy- ropo di gomma einschlürfen, und dazu den scharfen Rauch der per- fischen Wasserpfeife in die Luft blasen, haben das Vergnügen, die ganze vornehme Welt Kairos, Damen und Herren, Orientalen, Levantiner und Europäer an sich vorübergehen zu sehen. Zahllose Bettler, meistens bejahrte blinde Frauen und Männer, die von Kin- dern geleitet werden, bitten um Gottes und des Propheten willen um ein Bakschisch. „Geh' einmal zu deinen Landsleuten," er- wiederte ich eines Tages einem Bettler, der mich täglich auf das Zudringlichste um ein Almosen gequält hatte, und schnell und witzig antwortete er: „O mein Gebieter, Gott lasse dich zu unserm Heile lange leben, gehörst du nicht zu den Söhnen Adams!" Mit treffen- dem Witze wies er auf meine Abstammung als Menfch hin, und lächelnd reichte ich als Urenkel Adams meinem Bruder vom selben Stamme das Almosen. Zu den mannigfachen Zerstreuungen, welche den Ausenthalt auf der Esbekieh verkürzen, gehört vor allen die wunderliche Tierfamilie des herumziehenden Kuregati, die aus einem oder mehreren Affen, einem Esel, einem Hunde, einer Ziege und einigen Schlangen besteht. Der Affe tanzt, schlägt das Tambourin, reitet den Hund und Esel und sammelt zuletzt Geld von den Zuschauern ein. Fortwährend

3. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 222

1887 - Berlin : Dümmler
222 Der arabische Adel in der Wüste. Kind klein, gehört ihm gewissermaßen das Zelt, und sein Vater ist fast sein erster Sklave; seine Spiele bilden die Freude der Familie, seine Ausgelassenheit und Einfälle die Lust und Heiterkeit darin; fo=. bald es aber heiratsfähig wird, lehrt man es die Demut und Unter- würfigkeit; es darf nicht mehr vor dem Vater fprechen. Diese nn- bedingte Ehrfurcht, die es dem Haupte der Familie schuldig ist, gebührt auch dem altern Bruder. Indessen erreichen die arabischen Sitten, trotz der aristokratischen Strenge, die finstere Härte nicht, welche unter den Patriziern in Rom herrschte. Ein Vater würde hier z. B. seinen Sohn nur dann selbst zum Tode verurteilen, wenn er sich an ihm selbst vergriffen hätte, in jedem andern Falle aber sich darauf beschränken, ihn aus seinen Augen zu verbannen. Der Charakter des Volks läßt sich am besten aus den feierlichen Augenblicken des Lebens erkennen. Begleiten wir alfo einen Adeligen der Wüste durch dieselben. Der Tag, an welchem ein Kind in einem großen Zelt geboren wird, ist ein Tag unermeßlicher Freude. Ein jeder begiebt sich zu dem Vater des Neugeborenen und sagt ihm: „Möge dein Sohn glücklich sein!" Während die Männer sich um den Vater drängen, empfängt auch die Mutter Besuche. Die Frauen des Stammes eilen zu ihr. Männer und Frauen bringen Geschenke, ihrem Vermögen entsprechend. Von den Kamelen, den Schafen und den kostbaren Kleidungsstücken bis zu Getreide und Datteln häufen sich alle Schätze der Wüste unter dem Zelte, das Gott gesegnet hat. Da- gegen ist der, welcher diese Zeichen der Achtung und Liebe empfängt, genötigt, in großem Maßstabe Gastfreiheit zu üben. Bisweilen trak- tiert er die Besuchenden zwanzig Tage lang. Auch die Feste in der Wüste haben den Charakter des Großartigen, der allem eigen ist, was aus diesem Schauplatze ursprünglichen Lebens geschieht. Sobald das Kind sich zu entwickeln beginnt, lehrt man es lesen und schreiben, was indes bei den Dschuads eine Neuerung ist. Sonst kümmerten sich nur die Marabuts um Gelehrsamkeit. Der Mann vom Schwert verachtete alles Wissen, wie unsere Barone im Mittelalter; man glaubte die Energie seines Mutes anzutasten, wenn man seinen Geist ausbildete; seit man aber gesehen hat, daß bei den französischen Soldaten der Besitz von Kenntnissen die Tapferkeit nicht verringert hat, änderten auch die Araber ihre Ansichten darüber. Viele sagten sich aber auch mit schwermütiger Resignation, wie ich es selbst ge- hört habe: „Sonst konnten wir in Unwissenheit leben, denn die

4. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 134

1887 - Berlin : Dümmler
134 Messinische Kriegsbilder. der Festung, ohne etwas zu ahnen. Auf einmal kamen einige Sol- daten, die vom Könige abgesandt waren, und sagten zu ihr: „Unsere Schwester, nimm dein Kind auf den Rücken, mache dich bereit zur letzten Stunde und komm mit uns." Die arme Frau war standhaft, nahm ruhig, wie gewohnt, ihr Kind auf den Rücken, und folgte den Soldaten hinaus auf einen Felsen, der vom westlichen Rande von Magdala 300' tief senkrecht abfällt. Über denselben wurde sie auf Befehl des Königs rücklings mit ihrem Kinde hinabgestürzt, und in der nächsten Minute lagen die beiden Leichen grausam zerschmettert unten. So verging der Donnerstag. Wir gedachten mit Wehmut des treuen Debtera Sahelu, dem ein Jahr vorher an demselben Tag Hände und Füße abgeschnitten worden waren. Das Gemetzel des heutigen Tages machte auch aufs neue den ängstlichen Gedanken in uns rege: „Morgen wird es wohl auch uns ebenso ergehen." Die Nacht brach an, und wir übergaben uns in die Hände des barm- herzigen Gottes. Ii. Die Schlacht am Charfreitag. — Sieg der Engländer. — Verzweiflung des Königs. — Sein Selbstmord. Morgens 6 Uhr kamen königliche Boten eilig in unsere Zelte gelausen und befahlen uns, so schnell als möglich zum König zu kommen. Wir erschraken zuerst über das unruhige geheimnisvolle Benehmen der Boten, faßten uns aber und folgten ihnen. Der König, der auch heute in seiner innern Unruhe stets hin- und her- lief, grüßte uns kalt und befahl uns, den Wagen zur Abfahrt bereit zu halten. Dann ging er in sein Zelt zurück, während die Arbeiter Kanonen und Wagen mobil machten. Nach einiger Zeit kam er im königlichen Schmuck, in einem von Gold und Silber glänzenden Gewände wieder heraus, in seiner Hand die drohende Lanze und in seinem Gürtel zwei Doppelpistolen, die schon manchem Menschenleben ein Ende gemacht hatten. Mit der rechten Hand ließ er die Lanze vibrieren, und die linke hatte er auf den Griff der einen Pistole ge- legt. So stand er lange Zeit auf einer kleinen Anhöhe still und schaute trüb und finster hinauf nach Magdala und wieder herab auf uns und die vielen Soldaten. „Heute sieht es nicht gut aus," sagten wir untereinander, „der Herr stehe uns bei, denn sonst haben

5. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 156

1887 - Berlin : Dümmler
156 Scenen aus dem Volksleben in Ägypten. während zahllose Molkofs oder offene Lustgänge, welche den frischen Nordwind in die Wohnungen der Menschen hineinleiten, wie Souffleurkasten auf den platten Dächern der Häuser in gemeinsamer Richtung nach Norden fchauen. Von hohen Mauern eingeschlossen, ragen hier die nickenden Häupter schlanker Palmen und dickbelaubte, schattige Sykomoren, an deren Fuße der Büffel mit verbundenem Augenpaar Jahr aus, Jahr ein das knarrende Wasserrad dreht, aus den lustigen Anlagen eines großen Gartens hervor, in dessen Gängen, wohl bewacht und behütet, die Frauen eines Paschas lust- wandeln. Indem wir dort an den weißgetünchten Gräbern und ihren aufrecht stehenden Leichensteinen zwischen Cypressen und Aloe- pflanzen einen Ort der ewigen Ruhe für dahingeschiedene Musliu erkennen, schallen die Höhe hinauf an unser Ohr die ernsten Lieder blinder Sänger, welche einer Leiche vorangehen, während das wilde Geschrei der Klageweiber, die dem Zuge folgen, Mark und Bein er- schütternd, oftmals ihre sanftern Klagen unterbricht. Im Üebermaß des Schmerzes tanzend und heulend schreit die Witwe dem dahin- geschiedenen Gatten oder Sohne die seltsamen Worte nach: „O du Kamel meines Hauses!" Das Kamel, unstreitig das nützlichste Tier des Orients, wird so zu einem ernstgemeinten rührenden Bilde der Sorge des Mannes für das Haus. Auf einer langen Reihe von Bögen ruhend, dehnt sich dort in nicht zu weiter Ferne die alte Wasserleitung der Kalifen bis nach der Vorstadt Alt-Kairos aus, wo der Nil, dicht vorbeifließend, seine silbernen Pfade dahinzieht, und die liebliche Insel Rodah mit ihren Gärten und Palästen, mit ihrem weltberühmten Nilmesser, der sagen- reichen Stelle der Mosesfindung, bald mit sanftem Wellenschlage, bald mit rauschendem Getöse umspielt. Weiterhin breiten sich auf dem jenseitigen Ufer des Flusses grü- nende Felder aus, denen Palmenwaldungen mit rotschimmernden Früchten, spiegelnde Wasserflächen und die schwarzen Hütten der Dörfer arabischer Fellahin den Reiz landschaftlichen Wechsels ver- leihen. Ein schmaler gelbleuchtender Streifen, der sich am äußersten Horizonte entlang zieht, zeigt uns die Grenze an, wo das Reich der großen libyschen Wüste beginnt und wo die sichtbare Kunde der ältesten Geschichte des Menschengeschlechts aufhört. In wundersamer Beleuch- tung, vom zartesten, magischen Farbenduft umhüllt, strecken da die Marksteine der Geschichte, die Pyramiden, ihre Häupter in die Luft die kein Wölkchen' trübt, ein ewig blaues, klares Lichtmeer.

6. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 473

1887 - Berlin : Dümmler
Die Buren im Oranje-Freistaat. 473 auch nichts. Aber dennoch hat Minche verstanden, ihrem Courmacher anzudeuten, ob er ihr mehr oder weniger gefällt, indem sie danach die Größe ihres Talglichtes einrichtete: je größer die Kerze, desto länger können sie opzitten! Am nächsten Morgen sattelt der Bauer sein Pferd und reitet nach einer andern Farm, wo sich die ganze Sache wiederholt, bis er sich endlich darüber klar wird, welche der Mädchen ihm eigentlich am besten gefallen hat. Zu dieser reitet er zurück, bleibt wieder eine Nacht opzitten und macht feinen Antrag ohne viel Redensarten, der natürlich mit Freuden angenommen wird. Am nächsten Kirchgangstag feiert man die Hochzeit. Stirbt ihm später die Gattin, so erwählt sich der Witwer oft schon nach dm Wochen wieder ein neues Weib. Die alten Bauern haben jedem Kinde meist schon bei der Ge- burt einige Schafe und ein paar Stück Vieh als Eigentum reserviert, ein Besitz, der im Laufe der Jahre oft zu einem ganz ansehnlichen Vermögen heranwächst. Land besitzt jeder mehr, als er nötig hat; dem Sohne wird ein Terrain angewiesen, auf dem er fein Haus bauen und sein Vieh weiden lasfen kann, und wenn ihm das nicht paßt, so spannt er seine Ochsen ein und zieht nach Norden oder Westen in herrenloses Land. Es ist merkwürdig, welche Abneigung der Bauer dagegen hat, irgend welche Nachbarn in seiner Nähe zu wissen. Er will eben unbeschränkter Großgrundbesitzer sein; soweit sein Auge reicht, wenn er es von seinem Lehmhause aus — das ohne eine Spur von Garten oder auch nur einige schattenspendende Bäume da erbaut ist, wo er aus der Wanderung zum letzten Male seine Ochsen ausspannte — über die Ebene schweifen läßt, will er mir eigenes Land sehen, eine fremde Farm in der Nähe wäre ein Nagel zu seinem Sarge, da verkauft er lieber fein Gut und zieht in die Ferne. Das Reifen kostet ihm beinahe gar nichts, denn er läßt sein Vieh auf fremdem Boden weiden. Daß bei folchem Leben die Geistesfähigkeiten des Bauern sich nicht allzu hoch entwickeln, kann niemand wundernehmen. Dennoch ober liebt er es, und das ist ihm hoch anzurechnen, daß er feinen Kin- dern eine wenn auch noch fo primitive Schulbildung zu teil werden läßt. Schulen giebt es aus dem Lande nicht, dafür findet man aber bei- nahe auf jeder Farm einen Hauslehrer. Das sind zwar keine großen Weisen und Schriftgelehrten, mehr wie lesen und schreiben kann der größte Teil derselben nicht, und der Bauer gestattet dem Schul- meister unter der Bedingung, seine Kinder mit diesen Künsten ver-

7. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 400

1887 - Berlin : Dümmler
400 Central-Afrika und die Negerbevölkerung. der dieselben auf Fabeln, Rätseln und Sprichwörter beschränkt. „Namentlich die letzteren, sagt er, zeugen von einer besonderen Ori- ginalität und angeborenem Mutterwitz. Die lyrischen Gesänge sind bei dem engen Gefühlskreise des Negers unbedeutend; die besseren derselben lassen fremden, arabischen Einfluß nicht verkennen." Charakter und Gemütsleben eines Volkes treten am augenschein- lichsten und prägnantesten in dessen Märchen- und Erzählnngslitte- ratur zu Tage, deren Wichtigkeit für die Kulturgeschichte erst gegen- wärtig in ihrem ganzen Umfange gewürdigt wird. So zeigen denn auch die zahlreichen Märchen, welche sich die Betschnanas seit alten Zeiten erzählen, trotz manchen ungeheuerlichen, barbarischen Seiten Züge des lebhaft auffassenden afrikanischen Geistes, welchem selbst höhere moralische Regungen nicht fern liegen. In dieser Beziehung sind die folgenden zwei Märchen, deren Mitteilung wir dem katho- lischen Missionar Casalis verdanken, weit charakteristischer als manche weitläufige Sittenschilderungen. I. Kammapa und Litaolane. Vor sehr alten Zeiten ging einmal das ganze Menschengeschlecht zu Grunde. Ein Ungeheuer, das man Kammapa nennt, verschlang alle, die Großen wie die Kleinen. Dieses Tier hatte eine solche Länge, daß die schärfsten Augen kaum von dem einen Ende zum andern sehen konnten. Nur Eine Frau blieb auf Erden übrig. Diese entging der Gefrässigkeit der Kammapa, weil sie sich versteckt hatte. Sie gebar einen Sohn in einem alten Kuhstalle. Als sie ihren Neugeborenen genau betrachtete, staunte sie nicht wenig, seinen Hals mit Amuletten geschmückt zu sehen. „Da dem so ist" — sprach sie — „soll sein Name Litaolane (der Prophet) heißen. Armes Kind, in was für einer Zeit bist du zur Welt gekommen! Wie wirst du dem Kammapa entgehen? Was werden deine Amulette dir nützen?" So sprechend, sammelte sie draußen einige Handvoll Düngerstroh, die ihrem Säugling als Lager dienen sollten. Als sie aber wieder in den Stall trat, wäre sie vor Schreck und Staunen beinahe des Todes gewesen: das Kind war schon zum Manne herangewachsen und hielt Reden voll Weisheit. Litaolane ging sogleich hinaus ins Freie und wunderte sich über die Stille und Öde ringsumher. „Mutter" — sprach er - „wo sind

8. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 472

1887 - Berlin : Dümmler
472 Deutsch-Südwestafrika. starrenden Hottentottin in einem gelblich-grünen Spülwasser „ge- waschen", dann reinigt die Hausfrau die Tasse wiederum mit einem Taschentuch, welches sie stets in der Hand trägt und mit dem sie zumal die fortwährend niederrieselnden Schweißtropfen abwischt, der Löffel wird erst „rein" geleckt, dann mit dem Daumen ausgedreht, die Tasse halb voll Zucker geschöpft, Milch hiuzugethan und der Rest mit Cichorienabguß angefüllt. Und diefes Gebräu, in dem noch allerhand mögliche organische und anorganische Substanzen herum- schwimmen, muß man mit Todesverachtung hinabwürgen, sonst würde man seine Wirte aufs tiefste beleidigen. Eine andere Liebhaberei der Bauern neben dem ewigen Kaffee- trinken ist ihre Neigung, Süßigkeiten in ganz unglaublichen Quan- titäten zu vertilgen. Besucht ein Bauer die Stadt, so kauft er sich alle Taschen voll Zuckerzeug, die er sämtlich leert, bevor er den Weg nach der Farm zur Hälfte zurückgelegt hat. Die Bauern heiraten in sehr jugendlichem Alter. Sobald ein Jüngling 20 Jahre alt geworden ist, sieht er sich nach einer Lebens- gefährtin um. Bälle oder ähuliche heiratsvermittelnde Einrichtungen giebts nichts der Bauer besteigt daher sein Pferd, reitet von Farm zu Farm, um sich eine Braut unter den Töchtern des Landes aus- zusuchen. Man sieht ihm fchon von fern an, was er im Schilde führt. Er hat sich auffallend rein gewaschen, der Luxus des wollenen Hemdes wird durch einen Papierkrageu, vielleicht selbst durch eine Kravatte erhöht, die Stiefel aus Rohleder werden zur Feier des Tages einmal abgebürstet, der breitkrämpige Filzhut erhält ein neues Band aus blau-weißer Seide und unter den Sattel wird eine neue hellbunte Decke gelegt. So gehts im Galopp nach der nächsten Farm; dort sattelt er ab, trinkt einige Liter Kaffee, raucht ein Dutzeud Pfeifen, ißt dreimal mit der Familie, verfchlingt die Töchter mit den Augen und spricht im übrigen so wenig wie möglich. Nach Sonnenuntergang, wenn Licht in die Stube gebracht ist und die Familie sich anschickt, in die oder das Schlafzimmer sich zu- rückzuziehen, dann faßt er sich ein Herz und fragt die Mutter, die natürlich schon lange aus diesen Wnnsch wartet, ob sie erlaube, daß er mit Minche, oder wie denn die betreffende Auserwählte heißt, noch etwas aufbleiben (opzitten) dürfe. Der Wunsch wird bereitwillig er- füllt, verlegen kommt Minche in die Wohnstube zurück, sie stellt ein Licht auf den Tisch, setzt sich in eine Ecke des Zimmers und sagt nichts. Der Freier sitzt in der andern Ecke, raucht, spuckt und sagt

9. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 60

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Wartburg-Sonntag. Freuden und Überraschungen warten. Und vereinzelte Jodler hallen jetzt schon aus waldigen Tiefen oder von den wunderherrlichen Felsgebilden des Marientals herüber. Nun denn, ihr breiten Wände mit den Fensterbogen des Sängersaals, du Stätte des Minnegesangs und ritterlicher Tüchtigkeit — sind deine Herren und Knap- Pen, deine Sänger und Edelfrauen bereit? . . . Ich lebe eindringlich die Vergangenheit nach. Mir ist, als war' heut' wiederum Sängerfest. Osterdingen bat heute sein Lied zu bringen oder er verfällt dem Henker. Mir ist, als hört' ich da oben ein Türenschlagen in den Morgengemächern, ein Liedchenträllern der Kam- merfranen, wenn sie vorüberlaufen an offenen Fenstern. Und in Hof und Werkstatt ist ein Klopfen, Scheuern, Putzen. Frau Landgräfin Sophie bewegt sich in einem Gefolge von gesitteten Sängern in lebhafter Unterhal- tung ans dem Burgtor; sie wendet sich mit dem färben- blitzenden Geleit nach rechts, um auf der Höhe des Berg- rückens in bewegtem Gedankenaustausch zu lustwandeln. Gräfin Mechthild tritt bald darauf aus dem Franenpallas mit viel leiserm Gewänderrauschen als ihre hohe Freun- diu, begleitet von wenigen Dienerinnen: sie geht zur Morgenandacht am Waldkreuz. Errötend geht die blasse, süße Frau, da eine Kette von Neugierigen am Tor steht und die Minnigliche züchtig grüßt. Und immer hallen ans weiter Ferne Waldhörner, aus der Landgrafen- schluckst, aus dem Annatal, von heranziehenden Fest- gasten. Knappen und Knechte, die müßigen Schelme, reiten im Stall ans den Pferdekrippen und pfeifen Schalks- lieder oder treiben Possen. Einer thront umgedreht auf des Landgrafen bestem Schimmel, läßt die Beine über den Pferderücken hangen und spielt den empörten Land- grafen, wie er eben den Henker ruft; eiu anderer gibt mit komischer Wildheit den Henker, einen Besen im Arm, die Rechte wie eine Tatze mit Grimassen ausgestreckt,

10. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 62

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
62 Wartburg-Sonntag. Verdeckt, aber die wachsende Stadt drängt darüber hinaus und füllt das ganze Tal; helle Landhäuser sind ans den Waldberg hinaufgeklettert und grüßen zur Wartburg herüber wie mützenschwingende Jungen. Gleich vor uns hat sich der Metilstein vor die Ebene gelagert. Auch er trug eine Zeit lang eine Burg. Aber sie verschwand ebenso rasch wieder wie die „Eisenacher Burg" am an- dern Ende unseres Bergrückens. Die Wartburg ließ solche Nebenbuhler nicht aufkommen. Am nordöstlichen Horizont steht wie erstorben in dieser lebendigen Landschaft der Hörselberg, kahl, lang, rötlichgrau ein feierlich stummer Sarkophag. Dort hat Tannhäuser „im Tann gehaust". Im Tann hausen, heißt aber, in sechs Tannenbrettern ruhen: iin Sarg. Dort war Tannhäuser lebendig tot, unerwacht zur Lebenspflicht. Der Berg war einst der Göttin Hulda geweiht, der unermüdlichen Frau und Mutter, der emsigen Spinnerin. Eine schwächliche Zeit hat später diese Frau und Göttin in eine gefährliche „Venns" verwandelt; und man gesellte ihr einen „Ritter" bei, der nach sündigen Lüsten in Büßertum zusammenknickt, statt daß er sich zu Lebensstolz und Bessermachen aufrafft. Von Norden her haucht uns der Saatenduft der schimmernden Ebene an, Sonntag, Glanz und glühende Luft! ... In der Nähe ein welliges, waldbedecktes Gebirgsgelände, das durchlaufen ist von braungrünen Sommerwiesen mit ihren vielen Blumen und Rispen und Dolden; Felsen voll Heidekraut; weiche, runde Baumwipfel, die sich allerliebst anschmiegen an das sest und starr emporragende Mauerwerk der Sängerburg. Der Tag klang aus. Der Sonnenuntergang glühte langsam zur Erde, gegrüßt von unserm Schaumwein. Indem ich mir nun zurechtlege, was sich aus der Fülle unserer heiter oder ernst gestimmten Gespräche auswählen lasse, sehe ich wieder den betagten Dorffchul- meister aus dem Wasgan im schwarzen Sammetkäppchen
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