Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 60

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Wartburg-Sonntag. Freuden und Überraschungen warten. Und vereinzelte Jodler hallen jetzt schon aus waldigen Tiefen oder von den wunderherrlichen Felsgebilden des Marientals herüber. Nun denn, ihr breiten Wände mit den Fensterbogen des Sängersaals, du Stätte des Minnegesangs und ritterlicher Tüchtigkeit — sind deine Herren und Knap- Pen, deine Sänger und Edelfrauen bereit? . . . Ich lebe eindringlich die Vergangenheit nach. Mir ist, als war' heut' wiederum Sängerfest. Osterdingen bat heute sein Lied zu bringen oder er verfällt dem Henker. Mir ist, als hört' ich da oben ein Türenschlagen in den Morgengemächern, ein Liedchenträllern der Kam- merfranen, wenn sie vorüberlaufen an offenen Fenstern. Und in Hof und Werkstatt ist ein Klopfen, Scheuern, Putzen. Frau Landgräfin Sophie bewegt sich in einem Gefolge von gesitteten Sängern in lebhafter Unterhal- tung ans dem Burgtor; sie wendet sich mit dem färben- blitzenden Geleit nach rechts, um auf der Höhe des Berg- rückens in bewegtem Gedankenaustausch zu lustwandeln. Gräfin Mechthild tritt bald darauf aus dem Franenpallas mit viel leiserm Gewänderrauschen als ihre hohe Freun- diu, begleitet von wenigen Dienerinnen: sie geht zur Morgenandacht am Waldkreuz. Errötend geht die blasse, süße Frau, da eine Kette von Neugierigen am Tor steht und die Minnigliche züchtig grüßt. Und immer hallen ans weiter Ferne Waldhörner, aus der Landgrafen- schluckst, aus dem Annatal, von heranziehenden Fest- gasten. Knappen und Knechte, die müßigen Schelme, reiten im Stall ans den Pferdekrippen und pfeifen Schalks- lieder oder treiben Possen. Einer thront umgedreht auf des Landgrafen bestem Schimmel, läßt die Beine über den Pferderücken hangen und spielt den empörten Land- grafen, wie er eben den Henker ruft; eiu anderer gibt mit komischer Wildheit den Henker, einen Besen im Arm, die Rechte wie eine Tatze mit Grimassen ausgestreckt,

2. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 62

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
62 Wartburg-Sonntag. Verdeckt, aber die wachsende Stadt drängt darüber hinaus und füllt das ganze Tal; helle Landhäuser sind ans den Waldberg hinaufgeklettert und grüßen zur Wartburg herüber wie mützenschwingende Jungen. Gleich vor uns hat sich der Metilstein vor die Ebene gelagert. Auch er trug eine Zeit lang eine Burg. Aber sie verschwand ebenso rasch wieder wie die „Eisenacher Burg" am an- dern Ende unseres Bergrückens. Die Wartburg ließ solche Nebenbuhler nicht aufkommen. Am nordöstlichen Horizont steht wie erstorben in dieser lebendigen Landschaft der Hörselberg, kahl, lang, rötlichgrau ein feierlich stummer Sarkophag. Dort hat Tannhäuser „im Tann gehaust". Im Tann hausen, heißt aber, in sechs Tannenbrettern ruhen: iin Sarg. Dort war Tannhäuser lebendig tot, unerwacht zur Lebenspflicht. Der Berg war einst der Göttin Hulda geweiht, der unermüdlichen Frau und Mutter, der emsigen Spinnerin. Eine schwächliche Zeit hat später diese Frau und Göttin in eine gefährliche „Venns" verwandelt; und man gesellte ihr einen „Ritter" bei, der nach sündigen Lüsten in Büßertum zusammenknickt, statt daß er sich zu Lebensstolz und Bessermachen aufrafft. Von Norden her haucht uns der Saatenduft der schimmernden Ebene an, Sonntag, Glanz und glühende Luft! ... In der Nähe ein welliges, waldbedecktes Gebirgsgelände, das durchlaufen ist von braungrünen Sommerwiesen mit ihren vielen Blumen und Rispen und Dolden; Felsen voll Heidekraut; weiche, runde Baumwipfel, die sich allerliebst anschmiegen an das sest und starr emporragende Mauerwerk der Sängerburg. Der Tag klang aus. Der Sonnenuntergang glühte langsam zur Erde, gegrüßt von unserm Schaumwein. Indem ich mir nun zurechtlege, was sich aus der Fülle unserer heiter oder ernst gestimmten Gespräche auswählen lasse, sehe ich wieder den betagten Dorffchul- meister aus dem Wasgan im schwarzen Sammetkäppchen

3. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 82

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
82 Die Sudeten und ihre Bewohner. hundert -, so wendete man sich wie ans der böhmischen Seite des Gebirges der Woll- und Leinweberei, außer- dem der Glassabrikation zu. Kaiser Karl Iv. sorgte auch im lausitzischen und schlesischen Nebenland seiner Böhmenkrone durch Herbeiziehen vläinischer Webmeister aus Flandern für Hebung des schon dainals zu hoher Bedeutung für die sndetische Volkswohlfahrt gestiegenen Weberhandwerks. Görlitz, der wichtigste Verkehrsplatz der Lausitz, gründete seinen Bürgerreichtum namentlich auf die Herstellung und den Vertrieb von Tuchstoffen; in Hirschberg heißen noch heute die „Lauben", d. h. der pfeilergetragene Umgang um den Markt unter dein vor- springenden ersten Stockwerk der Häuser, Stricker-, Garn- und Tuchlaube nach den Lagergewölben, die sich einst Dahinter befanden. Friedrich der Große wandte gleich nach der preußischen Besitzergreifung von Schlesien der Glas- und Textilindustrie des Gebirges seine beson-- dere Fürsorge zu. Der Flachs wuchs ja den Sudeten- bewohuern vor der Tür, Spinnen und Weben der Lein- faser war altgewohnte Beschäftigung der Leute nach der sommerlichen Feldarbeit. Dank dem fördernden Einfluß des großen Königs erzielte der Flachsbau und die Lein- Weberei des schlesischen Gebirges einen solchen Aus- fchwung, daß schlesische Leinwand über Hamburg und Bremen nach England, über den von Fugger einst be- gründeten Leinwandstapel zu Augsburg nach Italien ging. In unserm Jahrhundert kam dann der arge Rückschlag. Durch seine Maschinenindnstrie eroberte sich nun umgekehrt England Absatz seiner Leinenwaren anch aus dem Festland, und durch reichliches Einweben von Baumwolle erreichten die. Stoffe eine Billigkeit, mit der die schlesischen Weber nicht zu wetteifern vermochten. Die Not in den lang die Sudetentäler emporziehenden Weber- dörfern erreichte eine bedenkliche Höhe, unheimlich ging zur darbenden Winterzeit der Hungertyphus um. Doch die Krisis ward glücklich überwunden. Heute darf sich Schlesiens Gebirge wieder einer ihren Mann nährenden

4. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 200

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
200 Gaußberg und Inlandeis. gen, und es überkam uns ein Gefühl freudiger Spannung bei dem Gedanken, dem ersehnten Marschziel so nahe zu sein. Seit 116 Tagen lebten wir auf offener Landstraße, stetig wechselten die Bilder und Eindrücke. Natur und Menschen hatten viel des Interessanten geboten, und wir hatten manche Erfahrung sammeln können, aber anch Strapazen und Entbehrungen waren nicht ausgeblieben. Die verzehrenden Strahlen der Sonne, die beschwerlichen Märsche und Flußübergänge, die lästigen Insekten und auch Hunger und Durst traten oft niederdrückend und ermattend den Genüssen und Freuden der so vielseitigen und anregenden Reise entgegen, doch half das Interesse zur Sache und die Freude an der Arbeit hierüber hinweg. Jetzt, in der Nähe der Residenz des großen Balubafürsten Kalamba, winkten uns die Tage der Ruhe und der Vor- bereitung für die Fahrt auf dem Kassai. - Unter dem Jubel der Eingeborenen, die am Eingang und in den Straßen Spalier bildeten, hielten wir am 8. November den Einzug in Mukenge und begrüßten Kalamba, der sich mit den vornehmsten seiner Leute auf der Kiota eingefunden hatte. 12. Gaußberg und Inlandeis. Erich von Drygalski: Zum Kontinent des eisigen Südens. Deutsche Südpolarexpedition. Fahrten und Forschungen des „Gauß" 1901—1903. Berlin 1904, Druck und Verlag von Dietr. Reimer. S. 295—304. (Unbedeutend gekürzt.) Schönes, fonniges Wetter strahlte über dem Eis, als wir das Schiff verließen. Unter endlosem Gehenl wurden die Hunde zusammengekoppelt und dann zunächst lose mitgeführt, da die Schlitten schon vorher an das ebene Eisfeld südlich vom „Gauß" gebracht waren. Wir hatten zur Reise Windkleidung angelegt, aus leichtem, aber festen! Baumwollenzeug bestehend, das man über die wollenen Unterkleider zog, weil Pelze zum Gehen und

5. Für die Oberklassen - S. 14

1857 - Leipzig : Wöller
— 14 — Nr. 28. 29. u. 30. der 1.—4. Ausl, sind ausgefallen; Nr. 31. ist 98. geworden. *28. An Voltes Segen ist alles gelegen. *28. Es herrschte eine anhaltende Trockenheit im Lande, und die drückende Hitze lastete schwer auf den Arbeitern des Feldes und auf dem ermatteten Wandcrsmanne. Der Himmel schien wie verschlossen, denn mehrere Wochen hatte es nicht mehr geregnet, und am Morgen war auf den Blüthen und Blättern kein Tbautröpfchen zu sehen. Die ausgetrock- nete Erde hatte sich in weite Klüfte gespaltet und lechzte nach Regen, und das Fruchtfeld schien zu verschmachten. Da gingen die Kinder des wackern Pflegers von Buchheim jeden Abend hinaus in ihr Gärtchen, wo sie mit eigener Hand die schönsten Blumen erzogen, und jedes trug eine kleine Gießkanne, mit Wasser ge- füllt, am Arme, und sie begossen die Blumen mit emsigem Fleiße. Aber leider! es wollte nicht helfen; denn schnell hatten die brennenden Son- nenstrahlen die wenigen Säfte wieder aus den begossenen Beeten gesogen, und so hingen die Blätter matt und verwelkt herunter, und die Blumen schienen zu sterben, und die Kinder sahen traurig zu den erblassenden Pflänzchen hernieder. Aber in einer Nacht fiel ergiebiger Regen, welcher das schmachtende Erdreich tränkte und die Fluren und die Gartengewächse erfrischte. Jetzt fanden die Kinder ihre Bectchen in neuer Schönheit; denn die halb er- storbenen Blümchen waren erstanden und streueten wieder erquickenden Duft um sich her. Da hüpften die Kinder lustig im Garten und freueten sich der lieblichen neuen Gestalten. „Sieh nur. Vater," sprach Eduard, der ältere Sohn. ,,wir haben die Blumenpflänzchen so oft und so emsig begossen, und dennoch wären sie verdorben ohne den wohlthätigen Regen!" „Ja wohl," antwortete der Vater! „denn es begießt der Gärtner umsonst, wenn Gott nicht das Gedeihen gibt." Und wie es bei dem Erziehen der Blumen ergeht, also wird es auch er- gehen bei jeglichem Werke, das ihr beginnet." „Wenn nicht all' euer Thun und Lassen der Segen von oben begleitet, so werdet ihr, mit aller Anstrengung und Kunst, dennoch nichts zu Stande bringen; denn „ohne Hülfe des göttlichen Segens ist jegliche Mühe vergebens." und „wo der Herr nicht das Haus bauet, so ar- beiten umsonst, die daran bauen." „Und wo der Herr nicht die Stadt behütet, so wachet der Wächter um- sonst," setzte die Mutter hinzu. „Darum liebe Kinder!" so endigte jetzt der Vater, „lasset es euch für euer ganzes Leben gesagt sein: Thut ihr nur immer mit Treue, was eure Kräfte vermögen, und dann flebet um den Segen Gottes. Dieser wird reichlich hinzuthun, war eurer Schwäche gebricht."

6. Für die Oberklassen - S. 78

1857 - Leipzig : Wöller
78 send Jahren, und wenn dem Seiler Franz von Fürs eld, in der weiten Welt draußen etwas Außerordentliches passirte, dachte er immer: „Was werden sie daheim in Fürfeld (es ist das ein kleines Dorf, und steht auf keiner Landkarte), wohl dazu sagen? Was werden sie denken, wenn ich einmal heim komme mit Kutsch' und Pferd? Er ist heimgekommen mit Kutsch' und Pferd, aber hat nicht mehr gehört, was die Fürfelder dazu sagen. An der langen Kirchhofmauer zu Fürfeld hatte früher der Seilermei- stcr seine Werkstätte, und es ging dabei, wie es das Geschäft mit sich bringt, ihm und seinem Lehrjungen immer hinderlich. Der Lehr- junge, er hieß Franz mit Namen, war schon frühe ein absonderlicher Kopf, der sich oft an die Kirchhofmauer stieß, d. h. in Gedanken. Er konnte nicht begreifen, warum man die Todten in eine Mauer einschließe; eine lebendige Hecke wäre viel schöner gewesen. Dann blickte Franz oft hinüber nach dem Plätzchen, wo sein Vater und seine Mutter lagen. Es war gut, daß er sich am Seile halten und rückwärts gehen konnte, denn Thränen verdunkelten sein Auge und seine Knie zitterten. Dort lagen alle seine Lieben, er hatte keine Geschwister und keine Verwandten. Wie das aber so geht: wenn man tagtäglich etwas sieht, merkt man nichts mehr davon und das Gefühl stumpft sich ab. So sah Franz auch bald nicht mehr an die Mauer und sah nicht mehr nach den Gräbern hinüber. Viele tausend Menschen sehen nichts mehr von den Verkehrtheiten und Traurigkeiten auf ihren Wegen, weil sie daran gewöhnt sind, und sic leben gedankenlos fort. Die Zeit der Wanderschaft kam. Franz hatte leichtes Gepäcke, aber auch viel leichten Muth. Als er an dem Kirchhofe vorüberzog und den schmalen abgetretenen Fußpfad sah, den er tausend - und aber- mal tausendmal gemessen hatte, da dachte er mit schwerem Herzen daran, was für neue abgetretene Pfade er jetzt zu wandern habe. Noch ein Blick hinüber nach jener heiligen Stätte, und — fort ging's mit einem lustigen Liede. Franz war ein frommes, Gott vertrauendes Gemüth. Er wanderte nun vorerst nach den südlichen Ländern. Er fand nur selten Arbeit. Da nahm er sich endlich vor, nach Italien zu wandern; er wußte selber nicht recht, warum, aber ein wandernder Handwerksbursche macht kei- nen Umweg, wenn er auch noch so sehr fehl geht. Er fand auch hier wenig Arbeit, denn man hatte inländische Stricke genug und brauchte keine fremden, und auch hier laufen die ärgsten Spitzbuben Angehangen umher. Franz ging zuerst auf Venedig zu. Dort wollte er lernen, große Schiffstaue zu machen. Darnach trug er großes Verlangen. Unterwegs aber muß er mit Trauer sehen, daß seine

7. Für die Oberklassen - S. 49

1857 - Leipzig : Wöller
49 wohlseil. Wenn sie des Vormittags vom Markte nach Hause kam, war sie immer sehr heiter, denn sie hatte alles für ein Spottgcld bekom- men. Die Hühnerchcn kosteten nur sechzehn Groschen, die Mandel Eier nur einen Zwanziger, die Butter nur einen Gulden. Sie war voll Freuden, wenn sie auf diese Arr nur fünf bis sechs Gulden aus- gegeben hatte. — Wie viel kostet der Stoff, Frau Nachbarin? Fr. F.: Der Stoff? — Zwei Gulden dreißig Kreuzer ist er ge- boten. Fr. Kl.: Ja recht; mein Gedächtniß verläßt mich zuweilen. Die gute Frau hatte aber noch das. daß sic alles Geld, was sie einnahm, nur für eine Kleinigkeit ansah. So verkaufte sie ihren Garten und bekam nur eintausend Gulden dafür. Ihre Weinberge trugen ihr nur achttausend Gulden ein. Ihr Haus am Ende nur zehntausend. Sie war recht froh, als sie den' Bettel los war. Sie wissen, Frau Nach- barin, daß sie bald nichts mehr hatte. Das fatale Nur! Ja,das Nur! Fr. F.: Das Nur?- Man sehe doch! Fr. Kl.: Wie viel soll ich ihnen borgen, Frau Nachbarin? Fr. F.: Ach, liebe Frau Nachbarin, ich werde wohl den Stoff stehen lassen. Die Geschichte mit der Frau ist doch sehr traurig. Leben sic wohl, Frau Nachbarin. Nehmen sie mir nichts übel. Fr. Kl.: Ei behüte! Wenn ich dienen kann, recht gern. Leben sie wohl! Chr. Okser. 60. Die Ncryahrsnacht eines Anglücklichcn. 6t Ein alter Mensch stand in der Ncujahrsmitternacht am Fenster, und schaute mit dem Blicke einer bangen Verzweiflung auf zum unbeweglichen, ewig blühenden Himmel, und herab auf die stille, reine weiße Erde, worauf jetzt niemand so frcuden- und schlaflos war, als er. Denn sein Grab stand nahe bei ihm; es war bloß vom Schnee des Alters, nicht vom Grün der Jugend verdeckt, und er brachte aus dem ganzen reichen Leben nichts mit, als Irrthümer, Sün- den und Krankheiten, einen verheerten Körper, eine verödete Seele, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen Jugend- tage wandten sich heute als Gespenster um, und zogen ihn wieder vor den holden Morgen hin, wo ihn sein Vater zuerst ans den Scheide- weg des Lebens gestellt hatte, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend in ein weites, ruhiges Land voll Licht und Ernten und voll Engel bringt, und links in die Maulwnrssgänge des Lasters hinab- zieht; in eine schwarze Höhle voll hcrüntertropfendcn Giftes, voll spielender Schlangen und finsterer, schwüler Dämpfe. Ach, die Schlangen hingen um seine Brust und die Gifttropsen auf seiner Zunge, und er wußre nun, wo er war. Winter, Lesebuch. In 4

8. Für die Oberklassen - S. 50

1857 - Leipzig : Wöller
50 Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf: „Gib mir die Jugend wieder! O Vater, stelle mich auf den Scheideweg wieder, damit ich anders wähle!" Aber sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen, und auf dem Gottesacker erlöschen, und er sagte: ,,Es sind meine thörichten Tage!" — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen, und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen: „Das bin ich!" sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der Reue gruben darin in den Wunden weiter. Die lodernde Phantasie zeigte ihm fliehende Nachtwandler auf den Dächern, eine Windmühle hob drohend ihre Arme zum Zerschla- gen auf, und eine, im leeren Todtcuhause zurückgebliebene Larve nahm allmählig seine Züge an. — Mitten in dem Kampfe floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom Thurme hernieder, wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt. Er schaute um den Horizont herum und über die weite Erde, und er dachte an seine Jugendfreunde, die nun, glücklicher und besser »ls er, Lehrer der Erde, Väter glücklicher Kinder und gesegneter Men- schen waren, und er sagte: „O, ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht mit trockenen Augen verschluinnrern, wenn ich gewollt hätte. — Ach, ich könnte glücklich sein, ihr theuern Aeltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren erfüllt hätte!" Im fieberhaften Erinnern an seine Jünglingszeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Todtenhause auf; end- lich wurde sie durch den Aberglauben, der in der Neujahrsnacht Geister der Zukunft erblickt, zu einem lebendigen Jünglinge. Er konnte es nicht mehr sehen; — er verhüllte das Auge; — tausend heiße Thränen strömten versiegend in den Schnee; — er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komme nur wieder, Jugend, komme wieder!" ----------Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrs- nacht so fürchterlich geträumt. Er war noch ein Jüngling; nur seine Verirrungen waren kein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er, noch jung, in den schmuzigcn Gängen des Lasters umkehren und sich auf der Sonnenbahn zurück begeben konnte, die ins reiche Land der Ernten leitet. Kehre auch du mit um, wenn du auf einem Irrwege stehest! Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden; aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komme wieder, schöne Jugend," — so würde sie nicht wieder kommen! — Iran Paul (Friedrich Richter.) '1

9. Für die Oberklassen - S. 59

1857 - Leipzig : Wöller
59 zählte ihr, wie er dazu gekommen sei. Wohl fielen die heissen Thrä- nen ans dem Auge der Mutter auf die kalten Thaler, doch sie musste diese behalten. Der Sohn ging in seinen Beruf und Niemand, als er und die Mutter, wusste, was aus ihm geworden war. Von sei- nem täglichen Solde ersparte er noch so viel, dass alle Vierteljahre der Postbote mit einem schönen Geldbriefe die Hütte der Armen in der Vorstadt von Kolmar aufsuchte. *73. Nach einem Jahre kam er einmal auf Urlaub nach Hause. Ich weiss, wer sich gefreut hat: die Mutter;— aber die Mitschüler auch; denn Giermont war ihnen ein lieber Genosse gewesen. Während seines Urlaubs standen sie in täglichem Verkehr mit ihm. Zu gern woll- ten sie nun wissen, warum er die Schule so plötzlich verlassen hätte und was er jetzt wäre. Er hatte nämlich keinen königlichen Rock an. Allein er wich ihnen aus. Endlich wanderten sie eines Tages in ein kleines Holz vor der Stadt, wo sie früher so manche frohe Stunde mit einander gespielt hatten. Da machten sie ihn denn weich, und er erzählte ihnen den ganzen Hergang. Heisse Thränen liefen den braven Jünglingen unter der Erzählung über die Wangen. Doch mit Thränen ist nichts gethan. Als sie allein waren , hielten sie Rath, ob sie ihn nicht loskaufen könnten, und schrieben in aller Stille an seinen Hauptmann, unter welchen Bedingungen er freige- geben würde. Die Antwort lautete: ,,Mit hundert Thalern kann er losgekauft werden “ Da ernannten die wackern Burschen aus ihrer Mitte einen Kas- senführer und fingen gleich an, zusammen zu legen. Die erste Ein- lage betrug 21 Thäler. Es fehlte zwar noch viel, aber sie verzweifelten nicht Sie beschlossen mit einander, von ihrem monatlichen Ta- schengelde so viel wie möglich zu ersparen, und jeden Monat be- kam der Kassirer einen hübschen Zuschuss. Eine Zeitlang ging die Sache in schönster Verborgenheit Aeitern und Lehrer wussten nichts davon. Ein verlorner oder verlegter Brief aber verrieth einem der letztem den Bund und Plan. Der Lehrer konnte nicht schweigen: er theilte den Aeltern die ganze Begebenheit mit. Er- griffen von der beharrlichen Liebe und Treue ihrer Kinder, mach- ten diese die Loskaufsumme voll. Der Verkaufte wurde losgelas- sen und kam in die Heimath zurück. Ein begüterter, kinderloser Herr nahm ihn aus Freude über seine Kindestreue an Kindesstatt an und hatte an ihm Zeit seines Lebens einen frommen Sohn, und die Mutter hatte an dem Sohne und seinem Pflegevater zwei kräftige Stützen in ihren alten Tagen. Pr. Abifeld.

10. Für die Oberklassen - S. 234

1857 - Leipzig : Wöller
234 sind mit herrlichen, fruchtbaren Landstrichen untermischt, die wie In- seln in einem Sandmeere liegen, und von Flüssen oder Seen gewässert werden; hier findet das Vieh reichliche Nahrung: die genügsamen Kamcele sind aber auch mit den sparsamen, doch meistens wohlrie- chenden Pflanzen, oder mit den Dorngesträuchen zufrieden, die in der Wüste wachsen. Solche fruchtbare Inseln im Sande nennt man Oasis oder Oasen. Sic werden häufig bewohnt und sind meistens durch eine Menge Dattelpalmen verschönert, die darauf wachsen. Die vornehmsten Produkte von Afrika überhaupt sind: Reiß, Getreide, indisches Korn, Hülsenfrüchte, Senncsblätter, Pomeranzen, Zitronen, Datteln, Oel, Kaffee, Zuckerrohr, Gummi, Tabak, Indigo, Baumwolle, Kamcele, Pferde, Schafe, Ziegen, Rindvieh, Büffel, Elephanten, Löwen, Tiger, Panther, Leoparden, Hyänen, Schakals, Antilopen, Zebras, Gir- affen, Affen, Krokodile, Strauße, Pfauen, Papageien und viel anderes Geflügel; Kupfer, Gold u. s. w. Auf der Nordküste von Afrika, die reich an Städten ist, blühen auch städtische Gewerbe und Manufakturen in Scidenwaaren, Leinwand. Leder u.s. f. Im Innern aber beschränkt sich der ganze Kunstflciß der Einwohner auf einige Vaumwollcnzeuge, die sie zu ihrer Bedeckung weben, und dazu gehört nicht viel, denn ihr ganzes Gewand ist ein Schurz, ihre Wohnung ein Zelt oder eine Hütte. Mit allem, was sic sonst bedürfen zu ihrem Unterhalte, sind sic von Gottes Güte reichlich beschenkt. Vieles von dem, was sic haben, können sic zum Handel mit den Europäern und Kanflcutcn anderer Erdthcilc benutzen, >vie z. B. Baumwolle, Gummi, Indigo, Kupfer, Gold, Elfenbein, aus der Nordküste auch Getreide. Und was ver- kaufen sic noch? — Ach, kaum sollte man cs glauben — Fürsten ver- kaufen ihre Unterthanen, Väter ihre Kinder, oder die Kinder ihrer Nachbarn, der Freund oft seinen Freund. — Und an wen? — An die Europäer, damit sie von diesen als Sklaven nach Ainerika geführt werden. In manchen Jahren wurden ehedem über 200,000 Lieger auf solche Art verkauft, sowohl Männer, als Weiber und Kinder. Man bezahlte 30 bis 40 Gulden für den Kopf; aber auch mancher-schöne Jüngling wurde mit allen seinen Ansprüchen auf Lc- bcnsglück für ein Fäßchen Branntwein und oft noch wohlfeiler hinge- geben. Hundert Kriege wurden muthwillig angefangen, nur um Skla- ven zu machen, und oft ganze friedliche Familien von den Soldaten des Fürsten aus ihren Hütten geholt und auf die Schiffe gebracht. Doch dieser abschctiliche Menschenhandel hat in den neuesten Zeiten sehr abgenommen, und cs ist von den Engländern, Holländern, Fran- zosen und Amerikanern befchlosscit worden, ihn ganz abzuschaffen. Jin Innern von Afrika wird er aber leider! fortdauern. Dieser innere Verkehr wird durch Caravancn geführt, die mit Salz, Datteln, Goldstaub und andern Waaren, auch vorzüglich mit Skla-
   bis 10 von 25 weiter»  »»
25 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 25 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 1
1 0
2 0
3 1
4 0
5 9
6 0
7 8
8 0
9 1
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 1
16 2
17 0
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 1
30 1
31 0
32 0
33 10
34 0
35 0
36 2
37 20
38 1
39 2
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 1
46 0
47 1
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 35
2 0
3 4
4 12
5 9
6 7
7 1
8 0
9 2
10 4
11 9
12 13
13 2
14 1
15 3
16 18
17 117
18 2
19 2
20 0
21 75
22 1
23 11
24 17
25 3
26 6
27 5
28 32
29 3
30 1
31 0
32 5
33 3
34 0
35 1
36 10
37 0
38 1
39 25
40 3
41 2
42 15
43 10
44 0
45 9
46 1
47 4
48 18
49 27
50 8
51 0
52 3
53 1
54 17
55 0
56 0
57 4
58 0
59 1
60 0
61 8
62 1
63 1
64 2
65 2
66 3
67 0
68 4
69 0
70 25
71 2
72 1
73 1
74 1
75 9
76 20
77 161
78 3
79 6
80 0
81 27
82 17
83 0
84 20
85 2
86 0
87 14
88 0
89 1
90 1
91 13
92 93
93 7
94 46
95 5
96 1
97 1
98 6
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 1
2 4
3 1
4 0
5 0
6 3
7 0
8 0
9 1
10 0
11 0
12 1
13 3
14 1
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 1
22 0
23 0
24 2
25 1
26 0
27 0
28 1
29 2
30 0
31 0
32 0
33 11
34 1
35 0
36 0
37 0
38 0
39 4
40 0
41 2
42 1
43 6
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 11
51 19
52 0
53 0
54 2
55 0
56 0
57 0
58 0
59 8
60 0
61 0
62 0
63 0
64 1
65 6
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 1
72 0
73 0
74 0
75 1
76 0
77 0
78 0
79 0
80 0
81 20
82 1
83 1
84 0
85 0
86 0
87 0
88 1
89 1
90 0
91 0
92 0
93 0
94 2
95 0
96 1
97 4
98 0
99 0
100 28
101 1
102 7
103 0
104 0
105 0
106 0
107 0
108 0
109 0
110 1
111 8
112 0
113 1
114 2
115 0
116 17
117 0
118 0
119 0
120 0
121 1
122 0
123 3
124 1
125 4
126 0
127 0
128 0
129 1
130 1
131 0
132 0
133 0
134 0
135 0
136 2
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 2
143 6
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 1
152 6
153 0
154 4
155 3
156 0
157 1
158 0
159 0
160 0
161 2
162 0
163 0
164 1
165 0
166 0
167 0
168 1
169 2
170 0
171 0
172 0
173 3
174 0
175 12
176 0
177 1
178 0
179 6
180 0
181 0
182 0
183 3
184 0
185 0
186 0
187 0
188 1
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 1
196 13
197 0
198 0
199 1