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Lehrproben.
gangen werden, wenn die schnlmäßige Staatslehre vollständig und wirksam
sein soll. Nichts ist fehlerhafter, als bei der Staatskunde nur an die Ver-
fassungskunde zu denken. Das gesamte Leben des Menschen im Staate bildet
den Gegenstand der schulischen Staatslehre.
Vor allem sind in der Heimatkunde bestimmte Grundbegriffe kinder-
tümlich zu entwickeln und der Jugend sozusagen zur zweiten Natur zu
machen. Das Leben im Staate ist ein Gemeinschaftsleben. Das heißt:
Keiner lebt für sich selber, jeder ist auf die andern angewiesen und alle
andern sind auf mich angewiesen. Dies gegenseitige, innige und unauf-
hörliche Aufeinanderangewiesensein muß dem Kinde im heimat-
kundlichen Unterrichte zur bewußten Klarheit kommen. Die Heimat bietet
ja die anschaulichsten, handgreiflichsten Belege, da kann man sogar mit
Namen aufwarten und das sollte man auch tun. Die Kinder sind sich
dieser grenzenlosen Abhängigkeit gar nicht bewußt. Dies gesellschaft-
liche Abhängigkeit s bewußtsei u bildet aber die seelische Grund-
tatsache des Staatsbewußtseins, wie das Naturabhängigkeitsbewußtsein die
Wurzel des Gottesbewußtseins.
Die Heimatkunde umfaßt heimatliche Natur-, Erd- und Gewerbekunde
als Einheit und eignet sich um deswillen am besten zur Vorbereitung auf
die Staatsknnde, die ja auch ein konzentrierendes Prinzip, ein wissensver-
knüpfender Gedanke ist.
Nehmen wir nun an, daß einmal die Nahrung besprochen wird. Da
müssen wir ganz persönlich werden; denn wir müssen vom kindlichen Ich
ausgehen. Was ißt du früh, vormittags, mittags, nachmittags, abends? Wer
bereitet dir die Speisen und Getränke? Ohne wen hättest du nichts? Ohne
deine Mutter. Aus wen bist du angewiesen, wenn du Nahrung brauchst?
Wen bittest bn darum um eine Bemme, einer: Apfel?
Man schmücke das ruhig einmal aus. Tie M u t t e r a b h ä n g i g k e i t
ist da der Ausgangspunkt. Aber die Mutter kann dir das nicht alles allein
versorgen. Sie kauft Brot, Fleisch, Milch, Kaffee. Was braucht sie, um
diese Nahrungsmittel kaufen zu können? Wer gibt ihr das Geld? Gibst du
ihr es? Warum nicht? Auf wen ist also deine Mutter angewiesen, wenn
sie Geld braucht? Man mache ja diese Vaterabhängigkeit recht
klar. Denn das Leben in der Familie ist das verkleinertste Spiegelbild
des Lebens in Staat und Gesellschaft. Der Vater verdient das Geld. Dafür
macht die Mutter ihm alles zurecht und pflegt die Kinder. So arbeitet der
Vater für alle, und die Mutter arbeitet auch für alle. Selbst die Kinder
helfen mit und leisten bald dem Vater, bald der Mutter etwas. Wartet
eine große Schwester das kleine Kind, so sorgt es nicht nur für dies, es
hilft damit zugleich der Mutter und nimmt ihr eine Arbeit ab. Es hilft
auch dem Vater. Läge z. B. die Mutter krank, so brauchte man noch ein
Kindermädchen; das erspart sie den: Vater. Heizt ein größerer Knabe den
Ofen an, so nimmt er gleichfalls der Mutter Arbeit ab, und das ist recht und
billig, denn die Mutter hat ja lange genug für ihn gearbeitet und gesorgt.
Man lasse etwa folgende Sätze gewinnen: Der Vater ist für die Mutter
und die Kinder da. Die Mutter ist für den Vater und die Kinder da. Tie
Kinder sind für den Vater und die Mutter da. Jedes ist für die andern
da. Diese Grundgedanken brauchen wir unausgesetzt bis zur höchsten Stufe
hinauf im staatskundlichen Unterricht. Die Tatsachen sind den Kindern be-
kannt; die gegenseitige Abhängigkeit ist schon oft in das Blickfeld ihrer Auf-
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Lehrproben.
Mutter wagt, den erschlage ich zur Strafe. Habt ihr Kinder untereinander
Zank und Streit, so wendet ihr euch an mich. Ich werde den Streit
schlichten und gebe dem Recht, der Recht hat. So ward Mord und Totschlag
innerhalb einer Familie verboten. Der Vater war Richter und Rächer
in einer Person.
Allmählich vergrößerten sich die „Familien" zu Horden und Geschlechtern.
Es lebten wohl 100 Menschen und mehr beisammen unter einem Häuptlinge,
unter einem Stamm- oder Erzvater. Die Glieder dieser Gemeinschaft durften
sich untereinander auch nichts tun; sonst wurden sie vom Häuptlinge bestraft.
Aber jemanden aus einer fremden Horde oder Sippe zu töten, das galt
noch immer als eine Heldentat. Da unterjochte eine tapfre Sippe eine oder
mehrere benachbarte Sippen. Nun durften sich die Glieder aller dieser
Sippen nichts mehr tun. Das Oberhaupt verbot dies. Du sollst nicht töten,
das hieß jetzt: Du sollst niemanden aus unserer Gemeinschaft umbringen.
Allmählich entstanden größere Stämme, schließlich Völker und Reiche. Inner-
halb des Stammes ward nun der Mord verboten, dann innerhalb des
Volkes, zuletzt innerhalb des Reiches. Wir Christen aber sagen: Du sollst
weder dich noch irgend einen andern Menschen töten.
7. Wer soll den Mord be st rasen? Ursprünglich hieß es: Wer
mich schlägt, den schlage ich wieder. Wie du mir, so ich dir. Aber der
Tote kann sich nicht wehren. Daher müßte der Mörder straflos ausgehen.
Man fühlte aber schon früh, daß der Mord ein schweres Verbrechen ist.
Darum waren die Angehörigen verpflichtet, den Mord zu rächen. Sie waren
ja durch den Mord zunächst geschädigt worden. Ihr Vater, ihr Bruder, ihre
Schwester war ihnen geraubt worden. Nun machten sich die Angehörigen
auf die Beine und suchten den Mörder aus. Sie bewaffneten sich mit
Keulen, Spießen und Pfeilen und suchten den Mörder zu überfallen. Der
aber ahnte schon nichts Gutes und rief seine Angehörigen zu Hilfe. So
kam es durch diese Blutrache zu neuem Blutvergießen. War die Familie
des Mörders stärker, so gewann sie und erschlug womöglich noch einige von
den Angehörigen des Ermordeten. War sie die schwächere, so fiel nicht bloß
der Mörder, sondern auch seine Verwandten. So wurden aus einem Morde
viele. Daß dies ein großer Übelstand war, sah man auch bald ein.
8. Wer soll den Mörder ausforschen? Nehmt jetzt einmal
an, der Vater einer Familie ist erschlagen worden. Fröhlich ging er
auf die Arbeit; unterwegs fiel ihn ein Strolch an und erschlug ihn.
Mutter und Kinder warteten schon länger auf seine Heimkehr; da kommt
ein Bote und meldet das schreckliche Verbrechen. Weinend stehen sie da und
können es kaum fassen, wie das möglich ist. Nehmt nun an, niemand
kümmerte sich um den Mörder. Es wäre die Aufgabe der Mutter und ihrer
Kinder, den Mörder auszuforschen und festzunehmen. Ihre Kinder wären
noch klein. Könnte sie die Kinder allein lassen? Könnte sie allein den
Mörder aufsuchen und festnehmen? Wären aber auch ihre Kinder größer, so
wären sie doch wohl kaum imstande, den Mörder ausfindig zu machen.
Wollten sie viele Tage und Wochen lang nur nach dem Mörder fahnden, so
kostete das ihnen viel Geld. Dazu verdienten sie nichts. Wären sie arm, so
müßten sie das bleiben lassen. Hätten sie eine Wirtschaft, einen Laden, so
könnten sie auch das Haus nicht allein lassen. Kurz und gut, sie könnten
den Mörder nicht verfolgen, sie müßten ihn laufen lassen. Straflos bliebe er,
und er freute sich in seiner Frechheit und Gewissenlosigkeit noch, so unbe-
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sagt ausdrücklich: „Der Vater kann kraft des Erziehungsrechts angemessene
Zuchtmittel gegen das Kind anwenden" (§ 1631).
Was geschieht aber, wenn sich ein verwahrlostes Kind nicht mehr von
seinen Eltern strafen lassen will? Wer soll dann die Strafe vollziehen? Da
muß sich der Vater an das Gericht wenden. Das Gesetz bestimmt nämlich:
„Auf seinen Antrag hat das Vormunöschaftsgericht ihn durch Anwendung
geeigneter Zuchtmittel zu unterstützen" (§ 1631). Dann bringt man das un-
geratene Kind in eine Besserungsanstalt oder in ein Fürsorgeerziehungshaus
oder zu anderen Leuten in die Ziehe.
Wenn aber jemand anders sagen wollte, ich nehme die Kinder an mich
und erziehe sie, so braucht sich das weder der Vater noch die Mutter ge-
fallen zu lassen. Sie haben das Recht, das Kind zu erziehen, zu beaufsich-
tigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Nähme ihnen jemand das Kind
weg, so würde der Staat ihnen das Kind wieder verschaffen und die Ent-
führer bestrafen. Die Familie soll 'eben beisammenbleiben. So schützt der
Staat die Eltern in ihren Rechten.
Der Staat schützt die Eltern in ihren Rechten:
1. indem er den Eltern die elterliche Gewalt über die minderjährigen
Kinder verleiht,
2. indem er die Eltern in Schutz nimmt gegen verwahrloste, ungeratene
Kinder,
3. indem er die Eltern in Schutz nimmt, wenn sich jemand Eingriffe in
die Erziehung der Kinder erlaubt.
4. Der Staat schützt die Kinder in ihren Rechten.
Hilflos, gänzlich hilflos kommen die Kinder auf die Welt, und sie bedürfen
daher sorgsamer Pflege. Zu dieser Pflege verpflichtet der Staat die Eltern.
Gott hat in das Herz der Eltern große Liebe zu den Kindern gelegt, so daß
die allermeisten Eltern ihre Kinder aus eigenem Herzensbedürfnis aufs sorg-
samste pflegen, warten und erziehen. Jedoch gibt es auch zuweilen solche
Eltern, welche ihre Kinder nicht ernähren und erziehen können oder nicht
wollen. Manche sind zu arm, andere sind zu herzlos, und ihnen fehlt der
gute Wille. Da würden viele Kinder vernachlässigt werden und verwahr-
losen. Dagegen schreitet der Staat ein. Zudem kommt es sehr oft vor,
daß Eltern frühzeitig sterben. Wer sollte da für die Kinder, für die ver-
waisten Kinder sorgen? Die Kinder sind oft noch ganz klein, und selbst wenn
sie größer wären, könnten sie noch nicht für sich selber sorgen. Daher Hat
der Staat angeordnet, daß für verwaiste Kinder ein Vormund zu be-
stellen ist. Der Vormund vertritt die Stelle der Eltern. Das bürgerliche
Gesetzbuch sagt ganz ausdrücklich: „Der Vormund hat das Recht und die Pflicht,
für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere das
Mündel zu vertreten" (§ 1793).
Können die Eltern das Kind nicht ernähren, so gibt das Armenamt
Unterstützungen, oder man gibt das Kind bei fremden Leuten in die Ziehe,
oder man bringt es in ein Pflegehaus. Sind die verwaisten Kinder arm,
so werden sie in ein Waisenhaus gebracht. So sorgt der Staat für die
Kinder, wenn die Eltern nicht können oder nicht wollen oder nicht mehr
leben.
5. Der Staat bestraft mißratene und belohnt gut-
geratene Kinder. Wenn die Eltern gestorben sind, fällt ihr Vermögen
an die Kinder. Der Staat bestimmt nun, daß die Kinder zu gleichen
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walt; Hetze ich ihn aufs Wild, so läuft er sofort hin und bringt mir das ge-
schossene Wild. Ursprünglich konnte jeder Mensch das als sein Eigentum
betrachten, was er sich irgendwie angeeignet hatte. Fand er irgendwo
Früchte, so nahm er sie an sich und machte sie sich zu eigen. Niemand
wehrte ihm das. Bald ward das anders. Da traf der Mensch aus fremdes
Eigentum, auf Güter, d:e andern gehörten, weil andre Menschen sie her-
gestellt hatten. Da entstand der Streit um den Besitz der Güter, des Bodens,
der Herden. Anfangs ging Gewalt vor Recht. Der'mächtigere nahm Besitz
von der Habe und den Gütern des andern. Dieser Streit, dieser Raub
mißfiel. Da sagten die klügsten und besten Menschen: So kann das nicht
weitergehen, sonst ist des Zankes, des Streites, des Haders, des Kampfes,
des Mordes und Totschlages kein Ende. Das wird ein Krieg aller gegen
alle, und wir schlagen uns noch alle tot.
Schon in der Familie entstand oft Zank und Streit über das Mein und
Dein. Da stritten sich zwei Kinder um einen Apfel; jedes wollte ihn ganz
für sich haben. Da kam die Mutter und sagte: Gebt mir den Apfel; er
gehört keinem von euch beiden, aber ich teile ihn und gebe jedem die
Hälfte. Vater und Mutter erkannten an und bestimmten, was jedem
Kinde als Eigentum gehören sollte. Nun hatte jedes Kind die volle, unbe-
strittene Verfügungsgewalt über den halben Apfel. Wollte ihm jetzt ein
drittes Kind den halben Apfel entreißen, so wäre das Raub oder Diebstahl
gewesen. Das diebische Kind hätte sich zugleich gegen die Anordnung und
das Gebot der Eltern vergangen. Es war ja der Wille und das Gebot der
Eltern, daß jedes Kind unbeschränkt, allein darüber — über den halben
Apfel — verfügen sollte. Der höhere, mächtigere Wille der Eltern hatte
das bestimmt und geboten. Dagegen durfte sich kein anderes Kind auf-
lehnen.
Eigentum der Kinder ist das, was die Eltern
als ihr Eigent rlm anerkannt und dadurch ge-
schützt haben vor Angriffen und Ansprüchen
andrer.
Die Erwachsenen untereinander kamen auch oft in Streit über das
Mein und Dein. Da bestimmte nun der Häuptling der Horde oder Gemein-
schaft: Was jeder sich selber macht oder was er draußen herrenlos findet:
das ist sein persönliches Eigentum; damit kann er machen, was er will;
darüber hat er die volle Verfügungsgewalt. Niemand darf ihm das Eigen-
tum wegnehmen. Wer es aber doch tut, der übertritt mein Gebot, und
den bestrafe ich, weil er mein Gebot übertreten hat. Vieles bauten die
Erwachsenen gemeinsam; gemeinsam gingen sie auf die Jagd und in den
Krieg. Was sie nun gemeinsam erbaut oder erbeutet hatten, das verteilte
dann der Häuptling. So ging das gemeinsame Eigentum in das persönliche
Eigentum eines jeden Genossen über. Nach der Verteilung hatte jeder das
volle Verfügungsrecht über die ihm zugereilten Sachen.
Aus den kleinen Gemeinschaften entstanden später große Völker und
Staaten. Auch der Staat sagte: Was jeder rechtmäßig erworben hat, das
ist sein Eigentum. Das erkenne ich als sein persönliches Eigentum an und
schütze ihn darin. Stets soll er das volle Verfügungsrecht oder die unbedingte
Herrschaft über sein Eigentum haben. Er kann damit anfangen, was er
will. Niemand darf ihn darin hindern, niemand darf es ihm wegnehmen.
Ich nehme das Eigentum aller Bürger in meinen Schutz. Aber die Habe,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]