— 36 —
c) für den Wohlstand?
d) für die Bildnug?
[e) für das Seelenheil?^
Was für freiwillige Dienste können auch ohne Amt geschehen (z. B- im Kriege u. s. w.)?
18. ajslrt welchem persönlichen Dienst können alle Bürger sich
beteiligen?
Warum sollten sie es auch von Rechts wegen? (Spr. 18, l) was hängt davon ab? — Unverständige oder gewissenlose Volksvertreter können über ihr Land großen Schaden und arges Unheil bringen — wie z. B. die französische Revolution von
1789 gezeigt hat.
b) Welchen stillen segenbringenden Dienst können und sollten alle gottesfurchtigen Herzen — Kleine und Große — dem Könige und dem Vaterlande leisten? (itim. 2, 1—4.)
19. a) Wie nennt man die allgemeinen Geldbeiträge der
Mitglieder zur Staatskasse?
Wonach bemißt sich die Höhe dieses Beitrages bei jedem Bürger? b) Welche sog. indirekten Steuern sind in unserm Lande eingeführt, um die allgemeine Staatssteuer zu erleichtern? Worin besteht der Unterschied zwischen direkten und indirekten Steuern — l hinsichtlich des besteuerten Gegenstandes?
X hinsichtlich der Zahlenden?
20. a) Welche dritte Art von Einnahmequellen hat die
Staatskasse in unserm Lande? (Nennt die einzelnen Quellen!) b) Wie groß ist die jährliche Haushaltungs-Rechnung (Einnahme und Ausgabe) unsers Staats?
Wie hoch beläuft sich die Einnahme aus: (Welcher dieser drei
a) der direkten Steuer? -Beiträge ist der
b) den indirekten Steuern? 1 höchste? — welcher
c) den Zöllen u. eigenen Erwerbsquellen? ^ der niedrigste?
Merke: Der Staat ist eine Vereinigung der Bürger zu gemeinsamen Arbeiten (durch persönliche und sachliche Leistungen) für das allgemeine Wohl.
Darum: je mehr Gemeinsinn, desto mehr Gemein-wohl.
Jak. 2, 8; - 1 Joh. 3, 18; - 1 Kor. 13, 1-7.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
wh
29
tionelle (beschränkte, verfassungsmäßige) Monar-
chie bezeichnet werden.
2. Deutscher Kaiser ist der jeweilige König von
Preußen; das Deutsche Reich ist also eine Erbmonarchie.
Als Vorsitzender des Bundes beruft der Kaiser den Bun-
desrat und den Reichstag, er unterzeichnet die Reichsgesetze und
ernennt die obersten Reichsbeamten, namentlich den Reichs-
kanzler, er vertritt das Reich nach außen, er erklärt Krieg
(nach Zustimmung des Bundesrats) und schließt Frieden. Zu-
gleich ist er Oberbefehlshaber über sämtliche Truppen
des Reiches im Kriege, er verfügt über die Reichsslotte und
hat auch im Bundesrat als König vonpreußen einen be-
deutenden Einfluß. Der Kaiser verkörpert in seiner Person die
Einheit unseres Volkes.
3. Der Bundesrat, der die Verwaltung des Reiches
leitet und (mit dem Reichstage) die Gesetzgebung des Reiches
ausübt, besteht aus den Bevollmächtigten der einzelnen deutschen
Regierungen, und zwar so, daß die größeren Staaten mehrere
Vertreter haben, jeder Staat aber mindestens einen Vertreter
ernennt. Preußen, dem nach Größe und Einwohnerzahl zwei
Drittel aller Stimmen zukämen, hat bei der Errichtung des
Reiches weise Mäßigung geübt und besitzt deshalb nur 17 Stim-
men ; Bayern hat 6, Sachsen und Württemberg je 4, die übrigen
weniger Stimmen; die Gesamtzahl beträgt 58 Stimmen. Vor-
sitzender des Bundesrates ist der Reichskanzler, der vom
Kaiser ernannt und entlassen wird und zugleich preußischer
Minister sein muß; alle staatsrechtlichen Unterschriften des
Kaisers bedürfen zu ihrer Giltigkeit seiner Gegenzeichnung;
er ist durchaus Beamter und nicht, wie der Erzkanzler im
alten Reiche, selbständiger und noch dazu dem Papste unter-
gebener Reichssürst.
Zum Bundesrat entsenden die Einzelstaaten ihre höchsten
Beamten; diese sind an die Weisungen (Instruktionen) ihrer
Regierungen gebunden und stimmen nach einfacher Mehrheit
ab. Preußen kann also überstimmt werden, hat jedoch bei der
Änderung der Gesetzgebung über Heer, Marine, Zölle und
Reichssteuern ein Einspruchsrecht, so daß die festen Grundlagen
des Reiches völlig dem Schutze des mächtigsten Staates anver-
traut sind. — Eine Verfassungsänderung ist unmöglich, sobald
14 Stimmen dagegen sind.
§ 12. Der Reichstag. Bürgerrechte und Bürgerpflichten.
1. Der Reichstag besteht aus den gewählten Ver-
tretern des deutschen Volkes, und zwar beträgt ihre Zahl 397.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
17
Cannä, auf den catalaunischen Gefilden, bei Tours und Poitiers,
die Mongolenschlacht bei Liegnitz, die Eroberung Konstanti-
nopels, Leipzig, Sedan.
In den Kriegen entscheidet endgiltig nicht der Zufall, son-
dern die körperliche, geistige, sittliche und wirtschaftliche Tüch-
tigkeit der Völker: die starken, freiheitsliebenden, fleißigen, an
Zucht und Gehorsam gewöhnten Völker besiegen die schwächlichen,
genußsüchtigen, in sich uneinigen und legen ihnen ihr Joch aus.
So erklärt sich als selbstverschuldet das Schicksal der Griechen
gegenüber den Macedoniern, der Deutschen vom 15. bis zum
19. Jahrh., Preußens 1806, der Polen, deren Staat sogar gänz-
lich vernichtet wurde. Jeder Staat, der seinen Gegnern, sei es
durch eigene Kraft oder durch Bündnisse, nicht gewachsen ist, geht
dem Untergänge entgegen. Darum muß jeder Staat in erster
Linie alle Kräfte anspannen, um seine Selbständigkeit'
(Souveränität) zu wahren: die Selbsterhaltung ist
die oberste Pflicht j e d es S ta ates.
An Bündnissen zu Schutz und Trutz oder auch zum
Angriff zeigt uns die Geschichte eine große Mannigfaltigkeit, sie
leiden aber häufig durch die Uneinigkeit der verbündeten Mächte:
die Tripelallianz gegen Ludwig Xiv., die Koalitionen gegen
Napoleon I., die heilige Allianz, der Dreibund seit 1879.
Nicht in der Abschaffung der Kriege und der Herbeiführung
des ewigen Friedens liegt der Kultursortschritt, sondern
darin, daß die Kriege menschlicher geführt (Genferkonven-
tion) und nur aus berechtigten Gründen unternommen werden.
3. Staatlose Völker, d. h. Völker, die ohne Obrig-
keit, ohne Gesetze und Ordnungen leben, bei denen jeder nach
seiner Willkür in völliger Freiheit handeln kann, giebt es in der
Geschichte nirgends und kann es auch nicht geben. Die Menschen,
die als gesellige Wesen in Gemeinschaften zusammenleben,
müssen gewisse Ordnungen, Einrichtungen, Gesetze, geschriebene
oder ungeschriebene, anerkennen, durch die jeder gezwungen wird,
aus den Volksgenossen die gebührende Rücksicht zu nehmen, da
er seiner Natur nach zunächst nur auf sein Wohl bedacht ist.
Der Fortschritt der Kultur zeigt sich auf diesem Gebiet darin,
daß die Willkür der Obrigkeit möglichst beschränkt und die Ge-
setze ausgeschrieben werden (Drakon, die Zwölftafelgesetze), daß
die Gesetze und Ordnungen dem Wohle des gesamten Volkes
dienen, daß die Bürger vor dem Gesetze alle gleich sind und bei
dem Erlaß derselben mitwirken (in demokratischen Republiken
und konstitutionellen Monarchieen), und daß sie endlich die Ge-
setze als allgemein nützliche und notwendige Einrichtungen gern
und willig befolgen.
Giese, Kleine Siaatskunde.
2
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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13
Gefahr allmählicher Erstarrung, gegen die sie sich nur durch fort-
währende Ergänzung aus den unteren Schichten schützen kann. Wo
eine solche gelingt, hat diese Staatsfonn eine lange Dauer, wo nicht,
geht sie, obgleich oft erst nach langem Siechtum, zugrunde.
Im antiken Griechenland ist nach dem Falle des heroischen
Königtums die aristokratische Republik die allgemeine und langdauernde
Form des Stadtstaats und findet ihre schroffste Ausprägung in dem
einseitigen dorischen Kriegerstaate Sparta. Die römische Republik, das
größte Beispiel einer Aristokratie in der gesamten Geschichte, stattet
ihre Magistrate, an die allmählich die Königsgewalt übergeht, mit
großer Amtsgewalt aus, befristet aber deren Dauer und hält sie unter
strenger Verantwortung, bewahrt in den Volksversammlungen demo-
kratische Formen, und versorgt die Kleinbürger mit Ackerbaukolonien,
macht aber den Senat zum tatsächlichen Träger der Souveränität,
führt den ursprünglich alleinherrschenden Patriziern (Altbürgern) durch
allmähliche Ausdehnung der politischen Rechte auf die Plebejer (Neu-
bürger) fortwährend verjüngende Kräfte zu und bildet so aus der
Verschmelzung der leitenden Kreise beider Stände einen geschäftskun-
digen, von festen Traditionen durchdrungenen Amtsadel (nodilitas).
Sie beginnt zu sinken, als dieser sittlich entartet und der hauptstädtischen
Masse unverständige Zugeständnisse macht. Das Gegenbild Roms
ist Karthago, der Typus einer geistlosen, ganz von Habgier und roher
Völlerei durchdrungenen, aber herrschkundigen Geldaristokratie. — Von
den aristokratischen Stadtstaaten des mittelalterlichen Italien behaupten
sich auf die Dauer nur Genua und Venedig, dieses nächst Rom die
großartigste aller Aristokratien, eine Stadtrepublik, wie dieses (Venedig
nicht nur Hauptstadt, sondern die über Untertanenlande herrschende
Stadt) mit einer aufs feinste berechneten Ämterverteilung, einer ge-
legentlich zu rascher Gewalttat greifenden mißtrauischen geheimen Über-
wachung des gesamten Lebens und einer nüchternen, aber höchst erfolg-
reichen Jnteressenpolitik. Als sie aber 1298 die Zahl der regierenden
Familien abschließt, beginnt sie trotz großer äußerer Erfolge langsam
zu erstarren und nimmt endlich wie Genua ein rühmloses Ende. Auch
die Reichsstädte und die größeren Landstädte Deutschlands sind in
den letzten Jahrhunderten des Mittelalters aristokratische Republiken
unter der Herrschaft der „Geschlechter", des Kaufmannsadels. In
der Gegenwart existiert die ganze Staatsform nicht mehr.
17. Die demokratische Republik geht von der Fiktion der Die demo-
Gleichheit aller aus, ermittelt den Willen des souveränen Volkes ^pübnr^
durch Abstimmung, so daß der Wille der Mehrheit als Wille der
Gesamtheit gilt, und sucht die natürlichen Unterschiede durch künst-
liche Mittel möglichst zu beseitigen, wobei ihr das Gefühl des
Neides, eine charakteristische Eigenschaft jeder Demokratie, zu Hilfe
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
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34
Selbstverwaltung nach englischem Muster unter einem königlichen
Gouverneur.
Die Kolonisation in den fremden Weltteilen hat den Nationen
Europas und ihrer Kultur die Herrschaft über den größten Teil der
Erde gegeben und damit der Weltgeschichte neue Bahnen gewiesen.
Vii. Der Staat im Wötkerverlrefir.
55. Die Stellung des Staates im Völkerverkehr wird be-
stimmt durch seine Souveränität, die eine Unterwerfung unter eine
höhere Autorität ausschließt. Jeder Vertrag mit einem fremden
Staate bringt also eine Beschränkung der Souveränität mit sich. Ist
er unfreiwillig, so bindet er den dazu gezwungenen Staat innerlich
nur so lange, als die Machtverhültnisse, die ihn veranlaßt, fortdauern.
Aus der Souveränität folgt weiter, wenn dieselbstbehauptung es verlangt,
das Recht zum Kriege als der gewaltsamen Form der Politik (Völker-
prozeß). Doch ist über das, was hier Vernunft und Gewissen fordert oder
zuläßt, die Meinung der Zeiten sehr verschieden gewesen. Im Altertum
fühlt sich der Staat nur als Macht und sieht in dem Nachbarn seinen
Feind, den er zu unterwerfen oder zu vernichten strebt (hostis = Fremder
und Feind). Daher ist die Regel nicht der Friede, sondern der Krieg
selbst zwischen Staaten, desselben Volkes; die Griechen als Gesamtheit
fühlten sich sogar grundsätzlich berufen zur Herrschaft über die Aus-
länder (Barbaren; ßanßdoav Exxrjvag ccq/eiv elxög). Daraus folgt
die harte, oft grausame Kriegführung (Abschlachtung oder Versklavung
der Kriegsgefangenen, Zerstörung eroberter Städte u. dgl.). Daneben
bilden sich immerhin gewisse formale Regeln für den Völkerverkehr
aus (feierliche Kriegserklärung durch die römischen Fetialen; Un-
verletzlichkeit der fremden Gesandten). Erst die Eroberung des Ostens
durch Alexander den Großen verbindet große Völkerreiche friedlich
durch die hellenische Kultur und stellt eine Art Gleichgewicht zwischen
den Hauptstaaten des Ostens (Makedonien, Syrien, Ägypten) her. Die
Bildung des römischen Reichs geht aus demselben einseitigen Macht-
streben hervor, faßt aber schließlich die ganze Mittelmeerwelt zu einer
großen Staats- ltnb Kultureinheit zusammen, sichert ihr den inneren
Frieden und bereitet die Idee von der Einheit der Menschheit vor.
50. Dieser verhilft das Christentum, das auf dem Boden der antiken
Kultureinheit erwächst, vollends zum Durchbruch. So fühlt sich die christ-
liche Welt als eine große Völkergemeinschaft und trotz fortdauernder
innerer Gegensätze und Kämpfe doch solidarisch verbunden gegen Heiden-
tum und Islam (die Kreuzzüge). Erst im 16. Jahrhundert kommt diese
Solidarität ins Wanken (Bund Frankreichs mit der Türkei). Zugleich
wächst der friedliche Verkehr der Staaten durch die stehenden Gesandt-
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Europas Altertum Makedonien Syrien Frankreichs
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Inhalt: Zeit: 1914-1918
Vorwort zur zweiten Auflage.
Der 4. August 1914 ist einer der größten Tage in unsers
Reiches Geschichte. Angesichts der drohenden Kriegsgefahr hat
unser Kaiser den Reichstag zur Beratung und Beschlußfassung über
die zum Kriege notwendigen Gelder zusammengerufen. Im Weißen
Saale des Königlichen Schlosses zu Berlin eröffnet Kaiser Wihelm Ii.,
der bisher in seiner 26 jährigen Regierung ein Hort und Schützer
des Friedens war, die außerordentliche Tagung des Reichstages.
Nachdem er die Thronrede verlesen hat, fügt er hinzu: „Ich
kenne keine Parteien mehr; ich kenne nur Deutsche. Und zum
Zeichen dessen, daß Sie fest entschlossen sind, ohne Parteiunter-
schiede, ohne Standes- und Konsessionsunterschiede zusammenzu-
halten mit mir durch dick und dünn, durch Not und Tod, fordere
ich die Vorstände der Parteien auf, vorzutreten und mir dies in
die Hand zu geloben." Die Präsidenten des Reichstages und die
Vorsitzenden der Parteien treten vor und besiegeln durch kräftigen
Handschlag den Treubund zwischen Kaiser, Reich und Volk.
Darauf beginnt die ewig denkwürdige Sitzung, in der der Deuffche
Reichstag seine größte Stunde erlebt. Einstimmig bewilligt er
fünf Milliarden Mark zur Kriegsführung. Der einzige Redner
zu den Vorlagen, der sozialdemokratische Abgeordnete Haase, gibt
bei seinen Ausführungen die Versicherung ab: „Wir lassen in
der Stunde der Gefahr das Vaterland nicht im Stich. — Unsere
heißen Wünsche begleiten unsre zu den Fahnen gerufenen Brüder
ohne Unterschied der Partei!" Die Welt hält den Atem an in
solcher Schicksalsstunde. Das Vorbild des Reichstages löst freudigen
Widerhall im deutschen Volke aus. Die waffenfähige Mannschaft
schart sich um die Fahnen des Kaisers. Niemand will zurück-
bleiben. Die Universitäten werden leer, die Oberklaffen der höheren
l*
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Inhalt: Zeit: 1914-1918
Iv
Vorwort zur zweiten Auflage.
Lehranstalten nicht minder. Aus den Fabriken, Werkstätten und
Bergwerken eilen junge und alte Krieger zu den Waffen. Der
Landmann, der in schwerer Arbeit die Ernte barg, vertauscht die
Sense mit dem Schwerte. Aus den Schreibstuben und Kausläden
drängen sich die Jungen und die Alten, um den Waffenrock an-
zuziehen. Ein einziger Wille beherrscht das deutsche Volk in allen
seinen Schichten: der Wille zum Siege. Und die Zeit ist ernster
als jemals. So viele Feinde sah man noch nie aus unsers Reiches
Grenzen stürzen. Die Engländer, die noch niemals gegen uns
Krieg sührten, haben die Russen, Franzosen und Japaner gegen
uns gehetzt und sind selber gegen uns in den Kamps eingetreten,
um mit vereinten Kräften Deutschland niederzuringen. Wir aber
sind gewillt, unter der Führung unsers geliebten Kaisers für unsers
Reiches Ehre und Bestand bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen.
Furchtlos und kühn treten wir allen unsern Feinden entgegen.
Nun wird in deutschen Landen das Wort des eisernen Kanzlers
wahr: „Wir Deuffche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt!"
Schulter an Schulter mit unserm Brudervolke Österreich-
Ungarn, dem wir Nibelungentreue halten, stemmen wir uns gegen
eine Welt von Feinden mit der festen Gewißheit, daß wir obsiegen
werden. Unerschütterliches Vertrauen zum höchsten Gott, dem
ewigen Weltenrichter, erfüllt unser Volk in allen seinen Gliedern.
Ein Volk, das sich so für Kaiser und Reich einsetzt, kann nicht
untergehen. Es wird ewig bestehen, so lange es solche Kraft ent-
faltet. Groß war die Begeisterung von 1870, ergreifend der Opfer-
sinn von 1813: das Jahr 1914 hat unser Volk größer gesehen als
1813 und 1870. Mit todeskühnem Wagemut schauen wir jeder
Gefahr fest ins Auge. Keine Angst kommt auf. Je mehr Feinde
sich erheben, desto fester fassen wir das Schwert. Das Antlitz
wird ehern. Wir verzichten auf die ruhige Behaglichkeit und
ziehen in den Donner der Schlachten mit dem selbstverständlichen
Pflichtbewußtsein, daß wir Heim und Herd, Weib und Kind,
deutsche Kultur und Gesittung gegen jede andringende Gewalt zu
schützen haben. Wie hell leuchtet deuffcher Wahrheitssinn hinein
in das niederträchtige Lügengewebe unserer Gegner! So soll's
bleiben für alle Zeilen. Aufrichtig, ehrlich wollen wir unser Volk
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Ortsnamen: Schwerte Deutschland Ungarn
Völkerverkehr und Völkerrecht.
21
die Lohne wurden wieder Soldaten, die Soldatenkinder heirateten
untereinander, an die Stelle des Volksheeres war damit ein Krieger-
stand getreten, der selbstbewußt sogar den Kaiser ernannte. Unter
Diokletian wurden die Worte bli-burus und wilss identisch, die fremden
traten in die Führerstellen und höchsten Würden ein und stürzten
schließlich das Kömerreich, wie's die Griechen einst mit dem perser-
reich gehalten hatten (trotz dieser Erfahrung denken die Franzosen
heute daran, Kegimenter aus Afrikanern zu bilden).
Über die alten Germanen muß Eäsar und Tacitus' Germania
nachgelesen werden. Bei den Sueben begegnet uns die Wechselwehr-
pflicht, die auch dahin zielt, die allgemeine Wehrpflicht erträglich
zu machen. Eäsar berichtet: ,,Jeder Suebengau sendet jährlich 1000
Bewaffnete in den Krieg über die Grenze. Die andern bleiben zu
Hause. Die Zurückgebliebenen ziehen dafür das nächste Jahr in
den Krieg, während die andern zu Hause bleiben. So versäumen
sie den Ackerbau nicht, noch die Kenntnis und Übung des Kriegs."
8. Die Wehrpflicht blieb die schwerste von allen Pflichten des
Lebens. So suchte man auch anderwärts Teile des Volks von ihr
zu entbinden. Wir finden an vielen Grten einen besonderen Krieg er-
stand, durch den die Kriegstechnik mächtig gefördert wurde (z. B.
bei den Indern und Ägyptern). In Griechenland galten die Spar-
taner für Kriegsmeister, die vom 7. Jahre an ihr Leben im Lager
(in der Kaserne) verbrachten, in der Kameradschaft der ,,Gleichen"
(Tisch- und Zeltgemeinschaft) gehorchen und befehlen lernten und
auf dem Felde der Ehre ihre Manneskraft voll entfalteten und
Mut und Zucht bewährten. Ein solcher Kriegerstand bildete sich seit
der Zeit Karls des Großen auch unter den Deutschen. Karl wollte
noch alle Gemeinfreien wieder zum Heerbann heranziehen, mußte
aber doch, da er viele und ferne Kriege führte und eine zu schwere
Last aufbürdete, seinem Volke im Jahre 808 das Zugeständnis machen,
zum Landbanne solle jeder sich stellen, zum Heerbanne nur der persön-
lich ausziehen, der vier bebaute Hufen (ein Ackermaß; eine Königs-
hufe umfaßte etwa 40 Hektar) besitze,' die unter vier Hufen be-
säßen, sollten für je vier Hufen einen Mann stellen. Aber auch das
ließ sich nicht halten, und die Landleute wurden immer unkriegerischer.
Dann waren die Feinde, mit denen man es in jenen Jahrhunderten
zu tun hatte, meist Keitervölker, Kraber und Avaren, Magyaren und
Slaven. So scharten sich weiterhin auch bei uns berittene Leute als
Vasallen um einen Senior bzw. den König, der sie mit Lehen aus-
stattete und dem sie folgten, wohin er gebot. Der Bauer konnte
seiner Wirtschaft leben,' ein erblicher Kitterstand, zu Helm und Schild
geboren, übernahm den Kriegsdienst und beanspruchte für sich allein
das Kecht, Waffen zu tragen (Schwertleite,' Pagen, Knappen, Kitter;
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TM Hauptwörter (200): [T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil]]
22
Zweites Kapitel.
Wappen,' Eisenhelm, Brünne, Kettenpanzer,- verdachte Bosse und
Burgen), das doch die von Festungswerken geschützten Stäöte und
auch die Bauernschaften dort sich nicht nehmen ließen, wo sie durch
Lage oder Begeisterung gestärkt wurden: Friesen im Bampf gegen
Wilhelm von Holland und die Dänen, Schweizer und die Habsburger,
die böhmischen hussiten mit Btangen und Wagen.
9. Die neuen Waffen (Bogen, Faust- und Fahrrohr) kamen,
und der Fernkampf verdarb das ritterliche Bpstem. Bo versuchte
es die Welt mit einer neuen Heeresart, die man doch längst erprobt
hatte, dem Söldnerheer, das eine große Bedeutung gewann, so-
bald ein geordnetes Finanzwesen die Zahlung von Bold ermöglichte.
Beiche Völker bedienen sich zu allen Zeiten gern der Böldner (vor
allem die Handelsmächte wie Barthager und Engländer, Hanseaten
und Holländer),- die Bthener taten's in der Zeit nach dem großen
Briege,' wie Handel und Industrie blühten, nahmen ihnen Btaats-
männer wie Eubulus die Waffen aus der Hand (im 6. Jahrhundert
Pisistratus), weil's die Bürger wünschten: Bthen verteidigen wollte
noch jeder, keiner lange Zeit in der Ferne Kämpfen,' und weil's
die Feldherrn forderten: das Briegführen sei eine Bunst, und nur
die Langgedienten verstünden sich auf sie. Bchon damals ergaben
sich bestimmte Übelstände: die Böldner versagten, sobald die Bold-
zahlung stockte,' sie verkauften sich an den Meistbietenden,' sie suchten
die Beute lieber als die Gefahr. Gegen Ende des Mittelalters mie-
teten die italienischen Btädte kriegsgeübte Grafen (Visconti, äella. Scala)
mit ihren Bcharen, sog. Eondottiere. In Deutschland organisierte
Maximilian die Landsknechte. Basken, Iren und Bchotten, Böh-
men, Bchweizer und Deutsche aus allen Gauen dienten den Fürsten
der Welt, und der deutsche Brieg zeigte das Böldnerwesen in größter
Busdehnung und entsetzlicher Verwilderung. Die Führer neigten auch
damals dazu, unabhängig aufzutreten (Mansfeld, Walle.htein, Bern-
hard von Weimar). Beiner schlimmsten Fehler entkleidet ward dieses
Bystem, wo mächtige Fürsten stehende Heere mit langer Dienstzeit
bildeten, vor allem, wenn die Werbung durch Bushebung von Landes-
kindern ergänzt ward: Frankreich unter Barl V. und Vii., Lud-
wig Xiv. (Louvois)' Österreich seit Leopold I., Preußen seit dem
Großen Burfürsten (Bantonreglement vom l. Mai 1733). Im ganzen
blieb der Dienst eine Bchande oder ein Unglück: auch in Preußen
wurden die meisten Boldaten, um die Brbeitskraft des Volkes zu
schonen (ganze Btädte wie Berlin blieben von der Bantonaushebung
verschont,' die Bantonisten waren meist junge Bauernburschen, die
20 Fahre dienen mußten, aber in Wirklichkeit nur für kurze Wochen
eingezogen wurden), für das ganze Leben angeworben: ungebildete
Böldner, Ztrolche und Bbenteurer, verlorene Böhne gebildeter Fa-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Bold Eubulus Maximilian Maximilian Leopold_I. Leopold_I.
Extrahierte Ortsnamen: Holland Deutschland Brieg Mansfeld Weimar Frankreich Berlin
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Zweites Kapitel. Völkerverkehr und Völkerrecht.
11. Das alte preußische heerspstem blieb auf dem Schlachtfelds
von Jena. In der Zeit schwerster Not schmiedeten Männer wie
Scharnhorst, Gneisenau und Dopen die Waffen des neuen Preußens,
und das Heer, das sie schufen, wurde ein nationales Heer: die all-
gemeine Wehrpflicht (zunächst für die Dauer des Kriegs) ward
die Grundlage des neuen Wesens. Mit der Werbetrommel fiel der
Stock,- einen Anspruch auf Dffizierstellen gewährten fortan im Frieden
Kenntnisse und Bildung, im Kriege ausgezeichnete Tapferkeit, Tüchtig-
keit und Überblick. Das Gesetz vom 3. September 1814 behielt die
allgemeine Wehrpflicht im Prinzip bei, gewährte jedoch den Ge-
bildeten das Privileg der einjährigen Dienstzeit (sie tragen die Kosten
ihrer militärischen Nusbildung zum guten Teil selbst) und bestimmte
darüber hinaus die Dienstzeit auf 3 Jahre bei der Fahne, 2 bei
der Neserve, je 7 Jahre beim ersten und zweiten Nufgebot der
Landwehr. In den fünfziger Jahren erwies sich eine Vermehrung
und Verjüngung des Heeres darum notwendig, weil die Bevölkerung
des Landes sich seit 1814 fast verdoppelt hatte, während man noch
ungefähr die gleiche Zahl zu den Waffen einzog, und weil viele
infolge davon durch den Zufall des Loses völlig freikamen, während
andre 19 Jahre lang dem Kufe des Vaterlandes folgen mußten.
Im Jahre 1860 wurden 49 neue Regimenter errichtet und seit 1863
die Dienstzeit auf 3, 4 und 5, also im ganzen auf nur l2 Jahre
festgesetzt (seit 1888 wieder 19jährige Dienstzeit, dazu Landsturm-
pflicht bis zum 45. Jahre,- seit 1893 Kavallerie und reitende Nr-
tillerie 3, alle übrigen Truppenteile 2 Jahre bei der Fahne. Die
Friedenspräsenzstärke wird von Zeit zu Zeit besonders festgesetzt,
warum? Sind die Gründe zu billigen?). Das ist die Heeresverfassung,
die in den Kriegen 1864, 1866 und 1870 sich bewährt hat und
1867 auf den Norddeutschen Bund und 1875 auf das Deutsche Reich
übertragen worden ist,- das ist die Rüstung, die unser Volk, das
in alter Zeit wohl Sturmkraft (furor Teutonicus) entwickelte, aber
der Nnstrengung und der Nrbeit gegenüber nicht die rechte Nusdauer
zeigte und das später, z. B. im 17. Jahrhundert langwieriges Un-
gemach des Krieges vorzüglich ertrug, während ihm Hitze des Nngriffs
fehlte, nun auf die höhe der Kriegstüchtigkeit gehoben hat (Zpichern,
Gravelotte,'winterfeldzug 1870/71 und die Kämpfe in Deutsch-Südwest-
afrika). wöge unser Volk auch in der kommenden Zeit trotzend
dem feigen Reichtum und der weichlichen Kultur es in der Schule
des Heeres lernen, kräftig und gewandt, tapfer und gehorsam, einfach
und hart zu werden, Eigensinn um des Ganzen willen abzulegen und
entschlossen das Leben für Ehre und Vaterland einzusetzen, allezeit
treu bereit für des Reiches Herrlichkeit.
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Extrahierte Ortsnamen: Jena Deutsch-Südwest-
afrika