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Wilhelms Lehrjahre (Fortsetzung).
Auf dem Lebenswege eines Meisters wachsen viele Dornen.
Lieh nur genauer zu, so wirst du solche Dornen auch bei anderen
Ständen finden. Je glänzender Beruf und öffentliche Stellungen
sind, um so arbeitsreicher, dornenreicher sind sie. Ein richtiger
Mann läßt darüber nicht den Ropf hängen, sondern nimmt den
Rampf um das Dasein mutig auf.
„heute vormittag," sagte Falke zu seinem Altgesellen, „muß
ich auf das Gewerbegericht. Der eine Geselle soll die Schlösser
an die Kommode dort anschlagen, die andern sollen an der bestellten
Ausstattung weiter arbeiten. Da der Kleiderschrank fourniert
werden soll, muß darauf geachtet werden, daß die Türen beim
Einsetzen auf Reil geschlitzt werden." Falke ging.
Im Wartezimmer traf er den Obermeister der Glaser-
innung, dann einen älteren Mann, der lverkführer in der großen
Schlosserei war, sowie einen Bäckergesellen. Sie bildeten unter
dem Vorsitz eines Juristen das Gewerbegericht.
vor dem Gerichtstisch erschienen als erste derlchuhmachergehilfe
Riem mit dem Schuhmachermeister Leder. Riem war in Leders
Geschäft als erster Geselle beschäftigt gewesen, während einer
mehrtägigen Geschäftsreise Leders hatte Riem 11 Stunden lang
während der Arbeitszeit gefeiert, weil der Meister angeblich für
Arbeit nicht gesorgt habe. Riem beanspruchte von Leder Bezahlung
dieser 11 Stunden nach dem tarifmäßigen Stundenlohn mit M. 4.40.
Der Beklagte lehnte Zahlung ab, weil hinreichende Arbeit vorhanden
gewesen sei. Der miterschienene Zeuge Leistner bestätigte das mit
dem hinzufügen, die vorhanden gewesene Arbeit habe Riem nicht
gepaßt. Daher habe dieser es vorgezogen, spazieren zu gehen,
statt zu arbeiten. Die wage wurde daher durch Urteil ab-
gewiesen, nachdem sich Riem geweigert hatte, sie zurückzuziehen.
Falkes Geschäft wuchs beständig. Alle Räume waren be-
setzt. Als vorausblickender Geschäftsmann hatte er sich indes
schon früher das v o r k a u f s r e ch t auf das Nachbargrundstück
Nr. 17 im Grundbuch eintragen lassen. 3 Monate nach dem Tode
des Eigentümers durfte es Falke ausüben. Jetzt war es so weit.
Die Erben und Falke erklärten vor einem Notar, daß
sie einig darüber seien, daß das Hausgrundstück Grundbuchnummer
324, heumarkt 17, aus Albert Erich Falke übergehen solle
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gelernt?" — Da sah Wilhelm den Armen an, ja er war es, es war
kein Zweifel — „Robert!" Line lange pause. —
„Komm mit!" „Wohin?" „Nach Nürnberg." „Ich so-----------------
mit Luch?"----------
Wilhelms Augen wurden feucht — er hörte eine leise Stimme
im herzen: „wer zwei Röcke hat, gebe dem einen, der keinen hat."
Lr schnallte den Berliner ab, zog die andere Zacke heraus
und reichte sie ihm. „Vielleicht paßt sie dir?"
Wahrscheinlich hätte die Mutter gescholten, hätte sie gesehen,
daß Gskar ein Hemd gab, weil Roberts Hemd zu schmutzig, zu
zerrissen — zu sehr voll Ungeziefer war.
Der Arme wusch sich lange und gründlich mit Seife am Bache,
ehe er das reine Hemd anzog. —
„Lr ist auch Tischler", sagte Wilhelm, wie um sich zu ent-
schuldigen.
„Lr ist ein Landsmann", meinte Oskar.
„Lr ist ein Mensch", entschied der Bäcker, indem er sagte:
„Die Sohlen sind schon dünn, aber sieh zu, ob du reinkommst."
Robert war es wie im Traum, als er jetzt mit ordentlichen
Stiefeln, in einer ganzen Zacke, wie er sie seit Zähren nicht gehabt,-
ach was war das alles gegen das Schönste — mit gutenmen-
schen dahinschritt.
Mit einem Male schien ihm der Boden unter den Zützen zu
schwinden,- hinter der Waldecke stand mit Seitengewehr und
Karabiner am Lederriemen — der Gendarm.
Sein Auge funkelte. Zm stillen wiederholte er sich den Steck-
brief: schwarzes haar und schwarzer Schnurrbart, ganz zerlumpt,
grüner Rock, zerrissene Stiefel------unter den vieren, die grüßend
vorüberzogen, war der Gesuchte nicht! Sie schritten weiter.--------
„Du siehst so blaß aus, Robert —"
„Laßt nur, das gibt sich bald, nur weiter, weiter." — Bald
ward die Grenze überschritten. Über Hof ging die Wanderschaft,
übers tannengrüne Zichtelgebirge, über Vagreuth in die malerische
fränkische Schweiz.
Bei Erlangen fing aber ein Landregen an. Da zogen sie doch
vor, mit der Bahn nach Nürnberg zu fahren.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelms Wilhelms Roberts Wilhelm Wilhelm Oskar Robert_—"
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Schlacht, so trugen ihn Walküren nach Walhalla. Den Heldentod wünschten
sich alle waffenfähigen Männer, der ganze Heerbann."
Dann sprach er von Karl dem Großen, zu dessen Zeiten sich alle Mann
ohne Uniform, ohne Löhnung in jedem Zahre auf dem Maifelde einfinden
mutzten. Später übte Heinrich I. die Deutschen im Reiten und Zechten, als er
gegen die Reiterscharen der Hunnen kämpfte. Der Strohhut, der Leinen-
kittel verwandelten sich allmählich in eiserne Sturmhauben und Panzer.
Die Rreuzzüge gaben dem Rittertum einen herrlichen Rufschwung. Dann
aber kam eine Waffe auf, gegen die auch der stärkste Panzer keinen Schutz
gewährte: das Zeuergewehr. Die Verpflichtung, Rriegsdienste zu leisten,
ward in Geldabgaben umgewandelt. Wohlgeübte Landsknechtsähnlein
schlugen die Schlachten des 14., 15., 16. und 17. Jahrhunderts. Der 30 jährige
Urieg schuf die ersten stehenden deutschen Heere in Bagern, Sachsen und
Preußen. Reben ihnen kämpften wüste Söldnerheere, die die Länder plün-
derten. Der große Soldatenfreund Friedrich Wilhelm I. von Preußen und
sein Waffenmeister Leopold, der alte Dessauer, schufen das mächtige preußische
Heer, mit dem Zriedrich Ii.*den Ruhm der waffenkundigen Deutschen
wieder hell erstrahlen ließ. Dann kam eine lange Zriedenszeit und eine
Vernachlässigung der Zürsorge für das Heer. Dieser Erschlaffung folgte die
Strafe auf dem Zutze. Deutschlands Ehre und Rnsehen sank in den Staub.
1000 Millionen Mark, rühmte sich Napoleon, habe er allein aus dem armen
kleinen Preußen gesogen.
Rber die Nation ermannte sich wieder.
Scharnhorst schuf ein neues preußisches Heer mit neuem^Geist
und begründete die allgemeine Wehrpflicht. Dieses Heer zog
mit Gott, für Rönig und Vaterland in den Rumpf wider Napoleon, schlug
ihn und zog 1814 in Paris ein.
Mit erhobener Stimme schloß der Redner:
„Und Ihr, liebe junge Freunde, seid morgen berufen,
wie einst eure Väter, wie einst auch ich, den schweren, ernsten
Vienst in den Waffen zu erlernen.
Er wird euch schwer, sehr schwer werden. Doch bei jeder,
auch bei der geringsten Arbeit, die eurer harrt, denkt an das große
herrliche Ziel: das Vaterland, die Heimat, die teure Vaterstadt,
das Elternhaus vor dem Zeinde zu schützen."
Oer Übend im Zchützenhaus entwickelte sich zu einem schönen
Zest. Es war lauter Poesie.
Aber, als die jungen Rekruten im Sprühregen einige Tage
später auf dem weiten Exerzierplätze vor der Raserne standen, wohin
sie Unteroffiziere mit Seitengewehr und Patronentaschen geführt
hatten, als sie ihren Namen aufrufen hörten, nach Bataillonen,
Kompagnien eingeteilt in die Reviere rückten, wo sie zu 14 bis 18,
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Extrahierte Personennamen: Karl_dem_Großen Karl Heinrich_I. Heinrich_I. Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I. Leopold Leopold Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Walhalla Maifelde Sachsen Deutschlands Paris Zchützenhaus
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in der einst ein Nürnberger Meister so wunderschön gesungen,
daß kein Geringerer als Goethe ihn gepriesen hat:
Gin' Lichkranz ewig jung belaubt,
Den setzt die Nachwelt ihm aufs Haupt
In Jroschpfuhl all das Volk verbannt,
Vas seinen Meister je verkannt.
Als die Lonne längere Schatten warf, da tanzten, taumelten
die Gesellen — dabei kamen kleine Sticheleien vor, die Ruhe und
Gelassenheit führten nicht mehr das Steuer, Wüste Lchimpfreden
stogen hinüber und herüber. Vergebens suchten die Vorstände,
Frieden zu stiften, bald fing ein wütendes Raufen an, Freunde
griffen helfend zu, sie hieben mit Spazierstöcken zu, Stühle zerbrachen
im Tumult. Der händeringende Wirt war froh, als ein paar
riesige Gendarmerie-Wachtmeister erschienen.
Was für ein Bild beschien der aufgehende Mond! Bader
legte Linden um blutende Röpfe und Zäuste.----------
„Diese jungen, prächtigen Männer, im Grunde so gut, wie
traurig sehen sie nun aus! Da liegen sie in ihrem beschmutzten,
zerrissenen Sonntagsstaat mit der unendlichen Übelkeit in Magen
und Ropf. Und der ganze Wochenlohn ist hin!"
Wilhelm war es, der es sagte. Uber der nun schon wieder be-
ruhigte Wirt meinte:
„So Han mir hoit, mir veutsch'n, mir müass'n unsa Bier hob'n,
und d'mannsbilder (— Mannaleut) müass'n raffa. vö andern
Burscha machen's ja grod so!"
Oa donnerte Wilhelm los:
„Schämen Sie sich, Sie sind —"
„Ruhe", rief ein Wachtmeister, „Sie scheinen der Anstifter zu
sein". Oer Wirt nickte geflissentlich-----
Plötzlich fühlte sich Wilhelm am Arme gepackt, mit fortgerissen,
zum Laufen gezwungen, so daß der wohlbeleibte Wachtmeister
bald die Verfolgung aufgeben nutzte.
Robert war es, der auch mit nüchtern geblieben war. „Ich
sah die Gefahr, wer weitz, ob du nicht viel Lauferei, Termine,
k)aft und Rosten gehabt hättest. Unser Vauerlauf spart dem Amts-
richter die Bemühung, dich freizusprechen, wenn er dich trotz der
zweifelhaften Zeugen für unschuldig erklärt hätte."
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Extrahierte Personennamen: Goethe Wilhelm Wilhelm Wilhelm